Parlamentskorrespondenz Nr. 1093 vom 18.11.2019

Neu für den Verfassungsausschuss

SPÖ fordert Abschaffung des Amtsgeheimnisses und Verankerung einer Informationspflicht

Wien (PK) – Aus der letzten Gesetzgebungsperiode aufgegriffen hat die SPÖ auch eine Verfassungsnovelle (60/A) und einen Gesetzentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz (61/A), die darauf abzielen, das Amtsgeheimnis durch eine umfassende Informationspflicht von Behörden und anderen staatlichen Stellen zu ersetzen.  Beide Entwürfe knüpfen an jene Vorschläge an, die bereits in der 25. Gesetzgebungsperiode zur Diskussion standen, letztlich – trotz weitgediehener Verhandlungen – aber gescheitert sind (siehe dazu 395 d.B. aus der XXV. Gesetzgebungsperiode).

Ziel der Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und der Verankerung einer Informationsverpflichtung für öffentliche Stellen ist es, staatliches Handeln transparenter zu machen und den Zugang von BürgerInnen zu Informationen zu erleichtern. In diesem Sinn sollen unter anderem die Ministerien, die Landesverwaltungen, das Parlament, die Gerichte und weitere Organe des Bundes und der Länder verpflichtet werden, Informationen von allgemeinem Interesse von sich aus zu veröffentlichen. Gleichzeitig ist ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht der BürgerInnen auf Zugang zu Informationen vorgesehen.

Der Antrag der SPÖ enthält allerdings auch einige Einschränkungen. So soll etwa weiter Geheimhaltungspflicht bestehen, wenn die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit durch Veröffentlichungen oder Auskunftserteilungen gefährdet würde, wenn dies zur Wahrung von wirtschaftlichen und finanziellen Interessen der Gebietskörperschaften geboten ist oder wenn es zwingende außenpolitische Gründe erfordern. Ebenso bliebe der Öffentlichkeit der Zugang zu Dokumenten, die der Vorbereitung einer Entscheidung dienen, verwehrt. Besonders berücksichtigt werden muss zudem das Grundrecht auf Datenschutz.

Besondere Bestimmungen sieht die Verfassungsnovelle für staatsnahe Unternehmen und für das parlamentarische Interpellationsrecht vor.

Auskunftserteilung binnen acht Wochen

Detaillierte Ausführungsbestimmungen zur Verfassungsnovelle enthält der vorgelegte Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz. Demnach wären die vom Gesetz erfassten Stellen verpflichtet, Informationsansuchen grundsätzlich innerhalb von acht Wochen nachzukommen, wobei diese Frist in Ausnahmefällen um weitere acht Wochen verlängert werden könnte. "Offensichtlich schikanöse" Anfragen sollen allerdings nicht beantwortet werden müssen. Gleiches gilt für Anfragen, deren Beantwortung einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde. Werden durch die Informationserteilung Rechte dritter Personen berührt, sind diese laut Antrag "nach Tunlichkeit" anzuhören. Anfragen an die unrichtige Stelle wären grundsätzlich so schnell wie möglich weiterzuleiten.

Verweigert eine Stelle die gewünschte Auskunft, etwa mit Berufung auf einen Ausnahmetatbestand, könnte sich der bzw. die Betroffene an das Verwaltungsgericht wenden. Für den dazu notwendigen Bescheid soll allerdings eine Gebühr von 20 € fällig werden.

Für staatsnahe Unternehmen, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen, soll das Informationsfreiheitsgesetz laut Antrag in eingeschränkter Form gelten. So sollen diese etwa nicht dazu verpflichtet sein, von sich aus Informationen von allgemeinem Interesse im Internet bereitzustellen. Auch müssten sie keine Auskünfte erteilen, wenn ihre Wettbewerbsfähigkeit oder ihre geschäftlichen Interessen beeinträchtigt wären. Gänzlich ausgenommen wären börsennotierte Gesellschaften und Unternehmen, die unter dem beherrschenden Einfluss börsennotierter Gesellschaften stehen. Bei unzulässigen Auskunftsverweigerungen will die SPÖ die BeschwerdeführerInnen auf den Zivilrechtsweg verweisen, erste Instanz soll jenes Landesgericht sein, in dessen Sprengel das informationspflichtige Unternehmen seinen Sitz hat.

Sowohl die beantragte Änderung der Bundesverfassung als auch das Informationsfreiheitsgesetz benötigen eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Einen ähnlichen Vorstoß zur Abschaffung der Amtsverschwiegenheit haben auch die NEOS unternommen, ihre Initiative geht in einigen Punkten aber über die SPÖ-Anträge hinaus. (Schluss) gs