Parlamentskorrespondenz Nr. 740 vom 02.07.2020

Unterrichtsausschuss spricht sich für Verschiebung der Neuen Oberstufe aus

Weitere Beschlüsse zu Schulversuchen und Veröffentlichung der Maturaaufgaben passierten den Ausschuss

Wien (PK) – Für ein Paket an Gesetzesänderungsvorhaben (237 d.B.) im Schulbereich fasste der Unterrichtsausschuss heute einen einstimmigen Beschluss. Konkret sieht die Vorlage von Bildungsminister Heinz Faßmann vor, das nunmehr erprobte Modell der Neuen Oberstufe zu überarbeiten und deshalb zwei Jahre später als geplant zu starten. Außerdem sollen Lehrgänge für Früherziehung eingerichtet werden dürfen, Schulversuche in den Bereichen Leistungssport, Kunst und IT sollen in den Regelbetrieb übergehen, die Matura-Prüfungsfragen sollen nach Prüfungsende veröffentlicht werden, Änderungen am Bibliothekenverbund vorgenommen und Prüfungstaxen an land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen sollen harmonisiert werden. Das Gesetzespaket kann somit im Nationalrat behandelt werden.

Im Rahmen einer Aktuellen Aussprache mit dem Bildungsminister standen die Digitalisierung der Schulen und die Strategie zum Schulbetrieb im Herbst im Zuge der Covid-19-Krise im Zentrum des Interesses der Ausschussmitglieder. Außerdem wurde der Bericht über den Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) 2019 über die europäische Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen debattiert.

Neue Oberstufe soll später starten und Matura-Fragen nach Prüfungsende veröffentlicht werden

Dass der für 2021 geplante Start der Neuen Oberstufe (NOST) für alle zumindest dreijährigen mittleren und höheren Schulen ab der 10. Schulstufe um zwei Jahre auf 1. September 2023 verschoben werden soll, warf im Ausschuss Fragen bei MandatarInnen der SPÖ, FPÖ und NEOS auf. So stellte FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl, die Frage nach einer generellen Absage der NOST in den Raum, da den SchülerInnen mit der NOST ein "belastender Rucksack umgehängt" werde. Martina Künsberg Sarre von den NEOS interessierte, warum die Entscheidung nicht den Schulen überlassen werde, worauf seitens der ÖVP-Mandatarin Gertraud Salzmann auf die weiterhin geltende Freiwilligkeit der NOST verwiesen wurde. Katharina Kucharowits (SPÖ), die sich als Befürworterin der NOST über den Verbleib der Evaluierungsergebnisse zur NOST erkundigte, erfuhr vom Bildungsminister, dass diese zwar vorliegen, aber noch Rückfragen bei den AutorInnen notwendig seien. Für eine Verschiebung plädierte die ÖVP. So berichtete Salzmann (ÖVP), dass die Rückmeldungen der Schulen zur NOST sehr unterschiedlich ausgefallen seien und es teilweise viele Probleme gebe, die auch zu hohen Drop-out-Raten führen könnten. 

In der Debatte durchwegs positiv wurde das Vorhaben bewertet, die Matura-Aufgaben nach Prüfungsende zu veröffentlichen.

Neue Lehrgänge für Früherziehung und Schulversuche sollen in Regelbetrieb übergehen

Zum Thema der Lehrgänge für Früherziehung äußerten sich in der Debatte MandatarInnen der ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS zu Wort. Die Bildungssprecherin der Grünen, Sibylle Hamann erklärte auf eine Frage von Katharina Kucharowits (SPÖ), dass die früher optionale Ausbildung zur Früherziehung nun nachgeholt werden könne, was auch berufsbegleitend möglich sei.

Ebenfalls auf positive Resonanz stieß der Vorschlag des Ministeriums, bestehende Schulversuche in den Bereichen Leistungssport und darstellende Kunst in das Regelschulwesen zu überführen. Als Rahmenbedingungen sind unter anderem Kooperationsverträge mit Partnerorganisationen, Regelungen für das Ausscheiden von SchülerInnen aus dem Leistungssport oder künstlerischen Bereich, Chancengleichheit bei Aufnahmeverfahren und eine längere Ausbildungsdauer vorgesehen. Sinngemäß sollen die Regelungen auch für die Übernahme des Schulversuchs für das private Realgymnasium der Wiener Sängerknaben gelten. Ein weiterer Schulversuch soll ab 1. September 2022 mit einem erweiterten Ausbildungsangebot der Theresianischen Akademie übernommen werden. SchülerInnen ab der 10. Schulstufe sollen künftig zwischen einer dritten lebenden Fremdsprache und einem erweiterten Ausbildungsschwerpunkt zur Förderung von digitalen, naturwissenschaftlichen und technischen Kompetenzen wählen können. Mit einer Änderung des land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes soll der Schulversuch der Höheren Lehranstalt für Landwirtschaft und Digitalisierung nunmehr als "Höhere Lehranstalt für Informationstechnologie in der Landwirtschaft" in den Regelbetrieb übergehen.

Als Wertschätzung gegenüber der Theresianischen Akademie und den Wiener Sängerknaben wertete Nico Marchetti (ÖVP) die Übernahme der Schulversuche. Eva Blimlinger (Grüne) unterstrich die weitreichende Autonomie, die den Schulen im Unterricht zukomme und betonte die Unterstützung der Grünen für das Anliegen.

Ausschuss für Änderungen beim Bibliothekenverbund und einheitliche Prüfungstaxen an land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen

Die im Gesetzespaket vorgesehene Einbindung der Bibliotheken der Pädagogischen Hochschulen in den Österreichischen Bibliothekenverbund wertete Blimlinger als Puzzleteil auf dem Weg der Autonomie der Pädagogischen Hochschulen. Außerdem befinde sich, bis auf einzelne FHs, nun der gesamte tertiäre Sektor im gemeinsamen Verbund. Als Gründe für die Eingliederung werden in den Gesetzeserläuterungen Verwaltungseffizienz und Verbesserung der Qualität der fachlichen Unterstützung angegeben. Außerdem soll ein neu zu schaffender Beirat laut Vorlage die OBVSG beraten und Empfehlungen aussprechen können und damit informell eingerichtete Arbeitsgruppen ablösen.

Weiters mitbeschlossen wurde, die Prüfungstaxen an land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen per Adaption des Prüfungstaxengesetz zu harmonisieren. Mangels einer Rechtsgrundlage konnten die PrüferInnen bisher nicht finanziell abgegolten werden, war den Erläuterungen zu entnehmen.

Ausschussdebatte zum Bericht über den Nationalen Qualifikationsrahmen 2019

Die Nationale Koordinierungsstelle für den Qualifikationsrahmen (NKS) prüft eingereichte Qualifikationsansuchen und ordnet sie einem von acht NQR-Qualifikationsniveaus zu. Die Koordinierungsstelle erstellte einen Jahresbericht (III-128 d.B.), der heute im Unterrichtsausschuss debattiert wurde. Auf Fragen der Abgeordneten Martina Kaufmann, Eva-Maria Himmelbauer (beide ÖVP), Eva Blimlinger (Grüne) und Eva Maria Holzleitner (SPÖ) zu Herausforderungen im Berichtsjahr sowie zum Ablauf und Zeitplan von nicht formalen Zuordnungen berichtete Bildungsminister Faßmann, dass mit dem NQR ein Transparenzinstrument zur Verfügung stehe, mit dem eine Vergleichbarkeit auf europäischer Ebene möglich werde. Die Finanzierung der im Österreichischen Austauschdienst angesiedelten Koordinierungsstelle durch den Bund betrage 300.000 € pro Jahr. Die Zuordnung nicht formaler Abschlüsse erfolge wie bei anderen Zuordnungen durch einen Prozess aus Ansuchen, gefolgt von Gutachten sowie Stellungnahmen durch den Beirat und gefolgt von der finalen Zuordnung durch eine Steuerungsgruppe. Als eine wesentliche Neuerung berichtete Faßmann von der Einrichtung von sechs Servicestellen. Als nächster Schritt sei die Zertifizierung von berufsbildenden Maßnahmen außerhalb des bestehenden Bildungssystems geplant, erklärte der Minister.

Digitalisierung der Schulen, Sommerschulen und Schulbetrieb im Herbst dominierten die aktuelle Aussprache mit Minister Faßmann

Die Aktuelle Aussprache mit Bildungsminister Faßmann nutzten die Abgeordneten mit Fragen zum 8-Punkte-Plan für den digitalen Unterricht, Sommerschulen, aber auch um die weitere Strategie des Ministeriums zum Schulbetrieb im Herbst im Kontext der Corona-Krise zu diskutieren.

Als wichtiges Anliegen mit Dynamisierungsschub durch das Herunterfahren des Unterrichts erklärte Faßmann den 8-Punkte-Plan für den 200 Mio. € an Budget zu Verfügung stünden. Die Kernpunkte seien bessere technische Anbindungen der Bundesschulen, die Ausbildung der Lehrenden, Online-Kurse, ein gemeinsamer Auftritt der Schulen in einem Portal sowie die Ausstattung der Sekundarstufe 1 mit Endgeräten für Schulen bis zum nächsten Jahr. Die SozialdemokratInnen warfen ein, dass die Beschaffung der Endgeräte zu lange dauere. Katharina Kucharowits interessierte außerdem die Höhe der Kosten, die SchülerInnen bzw. deren Erziehungsberechtigte für die Endgeräte zu zahlen hätten. Der Bildungsminister verwies darauf, dass ein rechtlich einwandfreier Beschaffungsvorgang von 80.000 bis 160.000 Geräten diese Zeit benötige und der Markt diese Anzahl an Geräte nicht in kurzer Zeit zu Verfügung stellen könne. Die Kosten für die SchülerInnen bezifferte er mit ca. 25 € pro Jahr. Maria Theresia Niss (ÖVP) sieht die Ausstattung als Hauptpunkt des Masterplans sowie die LehrerInnenbildung im Sommer als ersten wichtigen Schritt, der aber zu einem langfristigen werden müsse. SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid bedauerte, dass von 50 Mrd. € an Covid-19-Hilfen nur 200 Mio. € für die Digitalisierung der Schulen zu Verfügung stünden.

Die Frage, wie der Schulbetrieb im Herbst angesichts der Covid-19-Krise weitergehe, interessierte die BildungssprecherInnen der Fraktionen Sibylle Hamann (Grüne), Martina Künsberg Sarre (NEOS) und Hermann Brückl (FPÖ). Wenn es die Infektionslage zulasse, sollen die Schulen im Herbst im normalen Betrieb starten, erklärte Faßmann. Das Bildungsministerium diskutiere mit ExpertInnen diverse Szenarien, wobei jenes mit lokalen Corona-Ausbrüchen am realistischsten erscheine, so der Minister. Ziel sei es, im Fall von Verdachtsfällen Schulen schnell testen zu können, weshalb man derzeit die Testmethode mittels Gurgelwasser ausarbeite. Im Notfall werde laut Faßmann wieder ein Schichtbetrieb oder ortsungebundener Unterricht stattfinden. Auf die Frage von Künsberg Sarre zur Matura neu informierte der Minister, den Erstellungsprozess der Aufgaben von Teil zwei der Mathematik-Matura zu überarbeiten, da diese als Hauptproblem bei den schlechten Ergebnissen ausgemacht wurden.

Beim Thema der Sommerschule interessierten sich FPÖ-Mandatarin Edith Mühlberghuber und Fiona Fiedler (NEOS) für die Anzahl und Ausgewogenheit der Standortverteilung. Das Standortkonzept stamme von den Bildungsdirektionen und umfasse 500 Standorte, informierte Faßmann. Eine ausgewogene Verteilung war Teil des Auftrags und die Transportkosten für die SchülerInnen werde über den Familienlastenausgleichsfonds finanziert. Abgehalten werden die Sommerschulen von 1.200 LehrerInnen und 1.500 Studierenden, wobei der Unterricht der letzteren als Praktika angerechnet würden. Dafür sei zwar keine Bezahlung vorgesehen, sehr wohl aber würden ECTS-Punkte vergeben werden, so Faßmann. Auf eine Frage von Nico Marchetti, die Sommerschule als Pilotprojekt zu etablieren, zeigte sich der Minister für eine Wiederholung offen, sofern die Schulen auf Zufriedenheit stoßen.

Die Bildungssprecherin der SPÖ Sonja Hammerschmid bedauerte in der Debatte, dass in der "PädagogInnenausbildung neu" auf den Master-Studiengang verzichtet werden soll, obwohl die wissenschaftliche Bildung wesentlich zum Erfolg beitrage, wie Studien aus Finnland belegen würden, so Hammerschmid. Der Minister führte die lange Ausbildungsdauer von sieben Jahren ins treffen und dass die Primarstufe wissenschaftlich fundiert sei.

Aufgrund einer Frage von Nico Marchetti (ÖVP) zu den Ergebnissen der Deutschförderklassen präsentierte der Bildungsminister die jüngsten Zahlen. So haben 80% der SchülerInnen sich nach einem Jahr verbessert und konnten in den ordentlichen Unterricht wechseln, 15%  verblieben in den Förderklassen und 5% hätten Österreich verlassen. (Fortsetzung Unterrichtsausschuss) gun


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