Parlamentskorrespondenz Nr. 272 vom 10.03.2021

Wirtschaftsausschuss debattiert KMU-Bericht und wirtschaftliche Corona-Folgen

Gesetzesbeschlüsse unter anderem zu Verhältnismäßigkeitsprüfung vor dem Erlass von Berufsreglementierungen und Digitalisierungsfondsgesetz

Wien (PK) – Der Wirtschaftsausschuss widmete sich heute den Entwicklungen der Klein- und Mittelbetriebe im Rahmen der COVID-19-Krise. Laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck werde alles getan, um diese Unternehmen in der Krise zu unterstützen.

Des Weiteren behandelte der Wirtschaftsausschuss die Einführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung vor dem Erlass von Berufsreglementierungen und das Digitalisierungsfondsgesetz.

Schramböck: KMU so gut wie möglich durch Krise bringen

Österreichs kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben sich vor Ausbruch von der COVID-19-Pandemie sehr gut entwickelt: Rund 346.200 Unternehmen zählten 2019 zu den Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben mit rund 2,1 Millionen Beschäftigten und rund 53.200 Lehrlingen sowie einer Bruttowertschöpfung von 135 Mrd. € (60% der Gesamtwertschöpfung). Der Bericht von Bundesministerin Margarete Schramböck zum Thema "KMU im Fokus 2020" (III-254 d.B.) bescheinigt der klein- und mittelständischen Wirtschaft bis zum Ausbruch der Weltwirtschaftskrise durch die COVID-19-Pandemie demnach eine positive Entwicklung. In der vergangenen Dekade hätten die KMU insgesamt höhere Zuwächse als Großunternehmen verzeichnet. 2020 änderte sich die Lage dramatisch: Zwischen Mitte März und Juni 2020 gab es um 23% weniger Neugründungen als im Vergleichszeitraum 2019. Zu den am stärksten beeinträchtigten Wirtschaftsbereichen zähle die Beherbergung und Gastronomie, wo der Umsatz zwischen Jänner und September 2020 um ein Viertel eingebrochen ist. Auch Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen – hier vor allem Reisebüros und Reiseveranstalter - und der Verkehr sind stark von der Krise betroffen. Die beiden größten Wirtschaftsbereiche Produktion und Handel hätten deutliche Umsatzrückgänge verzeichnet, während die Beschäftigten bislang durch Kurzarbeit weitgehend in den Betrieben gehalten werden konnten. Dennoch könnten einige Wirtschaftsbranchen dem Bericht zufolge zu den "Gewinnern" der Krise gezählt werden, allen voran der Sektor Information und Kommunikation. Laut Bericht hat sich die Digitalisierung als wesentliches Instrument zur Krisenbewältigung herauskristallisiert.

Für den österreichischen Standort sei es von großer Bedeutung, die KMU so gut wie möglich durch die aktuelle Krise zu bringen, betonte Bundesministerin Schramböck. Sie hob dazu etwa die Maßnahmenpakete in den Bereichen Liquidität und konjunkturelle Maßnahmen hervor. Auch vom Gemeindepaket sollen KMUs profitieren, unterstrich die Ministerin. Es lohne sich aber auch der Blick auf jene, die gut durch die Krise gekommen sind, etwa im produktiven Bereich. Als wichtige Faktoren bezeichnete Schramböck Maßnahmen wie die Kurzarbeit, den Umsatzersatz und den Härtefallfonds.

Josef Schellhorn (NEOS) warf das Thema Bürokratieabbau auf. Außerdem ging es ihm um die Treffsicherheit der Maßnahmen, aber auch um Nachbesserungen im Insolvenzrecht sowie um die Themen digitaler Wandel und Exportoffensive. Erwin Angerer (FPÖ) befürchtete angesichts der drastischen Entwicklung bei den KMUs in den letzten Monaten irreparable Schäden.

Für Christoph Matznetter (SPÖ) stand die unbürokratische Auszahlung der Beihilfen im Vordergrund und er forderte deren Abrechnung im Zuge des Steuerausgleichs. Laut Andreas Ottenschläger (ÖVP) stellen niederschwellige Zugänge zu Förderungen eine Gratwanderung dar. Einerseits müsse die Treffsicherheit der Maßnahmen durch Einholung von Informationen gewährleistet werden, andererseits müssten Überförderungen vermieden werden. Elisabeth Götze (Grüne) unterstrich, dass der Großteil der Hilfen rasch ankomme, es gebe jedoch Fälle, in denen die Prüfung länger dauere.

Der Ausschuss nahm den Bericht einstimmig zur Kenntnis. Er wird bei der nächsten Plenardebatte des Nationalrats behandelt.

EU-Anpassung: Verhältnismäßigkeitsprüfung vor neuen Berufsreglementierungen wird eingeführt

Zur Umsetzung einer EU-Richtlinie stand im Wirtschaftsausschuss eine Gesetzesvorlage der Bundesregierung auf der Tagesordnung, wonach bei neuen oder abgeänderten Berufsreglementierungen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung eingeführt werden soll (645 d.B.). Damit sollen Schranken bei der Aufnahme und Ausübung reglementierter Tätigkeiten innerhalb der EU abgebaut und ein gemeinsames Verfahren auf Unionsebene geschaffen werden, so Elisabeth Götze (Grüne). Im Wesentlichen wird das Prüfungsverfahren konkretisiert, da die Prüfung der Vereinbarkeit von neuen Vorschriften, die die Berufs- und Erwerbsfreiheit einschränken, nach unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen auch bisher geboten war.

Keine Zustimmung gab es seitens der NEOS und der SPÖ. Während die SPÖ ihre Zustimmung im Plenum in Aussicht stellte, sofern Änderungen umgesetzt werden, um ein Gold-Plating zu verhindern, vermissten die NEOS Rechtsfolgen in Zusammenhang mit dem Gesetz. Es bestehe die Möglichkeit der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, erläuterte Schramböck dazu. Das Gesetz wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ angenommen.

Bürokratieabbau durch Anpassungen im Maß- und Eichgesetz

Mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie sollen die Definitionen der Basiseinheiten im "Internationalen System für Einheiten im Messwesen" (SI) im Maß- und Eichgesetz an den technischen Fortschritt angepasst werden und so zur einheitlichen Anwendung des Internationalen Einheitensystems beitragen (661 d.B.). Laut Regierungsvorlage soll neben redaktionellen Anpassungen klargestellt werden, dass bei Entfall der gesetzlichen Eichpflicht auch keine Eichungen mehr vorzunehmen sind. Weitere Erleichterungen betreffen die Vorschriften bei nicht verzehrbaren Umhüllungen bei Lebensmitteln. Außerdem soll auf eine Weiterführung des Metrologiebeirates verzichtet werden, um überschneidende Kompetenzen zu vermeiden.

Für die Grünen begrüßte Martin Litschauer die Initiative, die zum Bürokratieabbau beitrage. Positiv standen dem Gesetz auch die anderen Fraktionen gegenüber. Die Regierungsvorlage wurde einstimmig angenommen.

Digitalisierungsmaßnahmen der Bundesverwaltung werden vorangetrieben

Mit dem Digitalisierungsfondsgesetz wird der Digitalisierungsfonds eingerichtet, um die Digitalisierung in der Bundesverwaltung voranzutreiben, erklärte Wirtschaftsministerin Schramböck. Die Mittel des Fonds über bis zu 80 Mio. € wurden im Bundesfinanzgesetz 2021 für das Finanzjahr 2021 bereits gebunden veranschlagt, unterstrich sie gegenüber den Abgeordneten. Für das Finanzjahr 2022 wird ebenfalls eine gebundene Dotierung von bis zu 80 Mio. € vorgesehen (682 d.B.). Projekte wie der elektronische Impfpass und der elektronische Schülerausweis fallen beispielsweise unter Digitalisierungsmaßnahmen, führte die Wirtschaftsministerin aus.

Im Vordergrund stehen Projekte, die zur Umsetzung der IT-Konsolidierung im Bund und zum Ausbau der IT-Services für BürgerInnen und Unternehmen oder zur Optimierung von Verfahrensabläufen beitragen, sagte Schramböck und betonte, die Mittel sollen insbesondere für die Konzeption, Entwicklung und Umsetzung relevanter Projekte zur Verfügung stehen. Eine Verwendung der Mittel zur Bedeckung laufender Betriebskosten sei demnach ausgeschlossen. Laut Maria Theresia Niss (ÖVP) werden damit Projekte gefördert, die die Effektivität bei Amtswegen steigern.

Die SPÖ forderte hingegen eine andere Ausgestaltung. Petra Oberrauner setzte sich dafür ein, in Zeiten der Krise mehr Geld in die Wirtschaft zu bringen, statt in die Verwaltung. Mit den NEOS gemein waren Forderungen nach mehr Transparenz. Für die FPÖ äußerte sich Erwin Angerer kritisch, der erst die konkreten Projekte kennen möchte. Auch Christoph Matznetter (SPÖ) konnte dem Gesetz nicht zustimmen. Er äußerte Bedenken wegen der Höhe der Mittel des Fonds und kritisierte das Projekt "Kaufhaus Österreich". Private können dies besser, zog Gerald Loacker mit bei der Kritik an dem Kaufhaus Österreich. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bezeichnete er als sehr schleppend. Das Gesetz wurde schließlich mit den Stimmen der Koalition beschlossen. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) mbu/gla


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