Parlamentskorrespondenz Nr. 439 vom 13.04.2021

Zadić: Europäische Staatsanwaltschaft wird operative Tätigkeit mit Juni aufnehmen

Justizausschuss genehmigt die Ausdehnung des Europäischen Rechtshilfeabkommens in Strafsachen auf Gibraltar

Wien (PK) – Justizministerin Alma Zadić hat heute den Abgeordneten im Justizausschuss den EU-Vorhabensbericht 2021 ihres Ressorts vorgestellt. Die Ressortchefin sieht die für ihren Bereich zentralen Punkte auf EU-Ebene in der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, in und von Sicherheitsbelangen sowie in Digitalisierungsschritten und dem europäischen Green Deal. Was die Europäische Staatsanwaltschaft betrifft, sei die Aufnahme der operativen Tätigkeit mit 1. Juni 2021 geplant, informierte Zadić im Ausschuss. Der Bericht wurde von ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Zudem hat sich der Justizausschuss einstimmig für die Ausweitung des Europäischen Rechtshilfeabkommens in Strafsachen auf Gibraltar ausgesprochen.

EU-Vorhabensbericht: Weitere Stärkung der Sicherheitsunion im Fokus der EU-Justizpolitik

Das Bemühen um eine weitere Stärkung der europäischen Sicherheitsunion durch Maßnahmen zur Förderung der effizienteren Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus hebt unter anderem der Bericht des Justizministeriums zu EU-Jahresvorhaben für 2021 hervor (III-238 d.B.). EU-seitig sei etwa ein digitales Paket zur verbesserten justiziellen Zusammenarbeit für den Straf- und Zivilrechtsbereich sowie eine Überarbeitung der Richtlinie über die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten angedacht. Abgesehen von den anhaltenden pandemiebedingten Herausforderungen und Folgemaßnahmen zum Brexit werde das Jahr 2021 insgesamt durch eine Vielzahl neuer EU-Legislativvorschläge zunehmend den Gestaltungswillen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Umsetzung ihrer übergreifenden Ziele zum Ausdruck bringen, ist dem Bericht zu entnehmen.

Die europäische Justizpolitik leistet nach Ansicht des Justizministeriums einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung aktueller Herausforderungen, wie insbesondere der Bedrohung durch Terrorismus und organisierte Kriminalität, aber auch der Unterwanderung der europäischen Grundwerte durch Eingriffe in rechtsstaatliche Prinzipien. Um europäische Instrumente zum Nutzen der BürgerInnen auch in der Praxis bestmöglich einsetzen zu können, sei eine Konzentration auf ausgewählte Bereiche gepaart mit Maßnahmen für bessere Rechtsetzung und Implementierung unabdingbar. Diesen schon in den letzten Jahren eingeschlagenen Weg setzen dem Bericht zufolge die Europäische Kommission und die aktuelle Triopräsidentschaft mit den von ihnen vorgelegten Arbeitsprogrammen fort. Befürwortet werden demnach auch die inhaltlichen Prioritäten der Arbeitsprogramme. Exemplarisch werden die wichtigen Bemühungen zur verstärkten Nutzung der Potentiale der Digitalisierung bei gleichzeitiger Begegnung der auftretenden Gefahren wie illegale Inhalte und Hass im Netz hervorgehoben. Das Justizministerium engagiere sich dementsprechend intensiv für eine Verordnung zu einem Binnenmarkt für digitale Dienste, heißt es im Bericht.

Die Jahresvorschau zeige, dass es auf europäischer Ebene neben Corona ein intensives Arbeitsprogramm auch im Justizbereich gebe, unterstrich Justizministerin Alma Zadić in der Diskussion mit den Abgeordneten. Die zentralen Punkte seien die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie, Sicherheitsbelange, Digitalisierungsschritte und der europäische Green Deal.

Was die Europäische Staatsanwaltschaft betrifft, sei die Aufnahme der operativen Tätigkeit mit 1. Juni 2021 geplant, hielt Zadić gegenüber Petra Bayr (SPÖ) und Philipp Schrangl (FPÖ) fest. An der Spitze stehe die Generalstaatsanwältin, die Behörde unterstehe dem Europäischen Parlament. Jeder teilnehmende Mitgliedsstaat könne zudem einen Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin für die Behörde ernennen, so die Justizministerin. Was den Auswahlprozess für die österreichische Vertreterin – eine Oberstaatsanwältin – betrifft, habe es mehrere BewerberInnen gegeben, wobei die zuständigen Personalsenate die Auswahl getroffen hätten. Zudem gebe es je zwei delegierte Staatsanwälte in den Mitgliedsstaaten, auch hier sei das Auswahlverfahren abgeschlossen. Der dementsprechende Gesetzesvorschlag zu deren Installierung soll laut der Ressortchefin im nächsten Justizausschuss behandelt werden.

Corinna Schwarzenberger (ÖVP) und Astrid Rössler (Grüne) interessierten sich für den aktuellen Stand der Diskussion zum Digital Services Act, also den Vorschlag der EU-Kommission zu einem Binnenmarkt für digitale Dienste. Die Bundesregierung setze sich auf allen Ebenen für eine schnelle Umsetzung ein, da es eine europäische Regelung für Plattformen brauche, betonte Zadić. Man arbeite daran, dass das hohe österreichische Niveau im Rahmen des heimischen Kommunikationsplattformengesetzes weiterhin gehalten werde. Der Digital Services Act soll laut der Justizministerin auch Wohnungsplattformen wie etwa "Airbnb" umfassen. So soll etwa die Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden erleichtert werden.

Die Plattform "Fit for Future" der Europäischen Kommission ziele darauf ab, EU-Rechtsvorschriften leichter handhabbar und verständlicher zu machen, erklärte Zadić gegenüber Ulrike Fischer (Grüne), die nach der Position des Justizministeriums gefragt hatte. Skeptisch zeigte sich die Ressortchefin, ob das damit verbundene "One-in, one-out-Konzept" für den Justizbereich das richtige Mittel darstelle. Aktuell seien keine Rechtsakte von den Deregulierungsbestrebungen betroffen, so die Ministerin. Zudem dürften die hohen Schutzstandards, etwa für ArbeitnehmerInnen oder für VerbraucherInnen, nicht verringert werden.

Ausdehnung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf Gibraltar

Eine Regierungsvorlage, die eine Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland betreffend die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf Gibraltar bezweckt, wurde im Justizausschuss einstimmig angenommen. Gibraltar stelle ein anderes als die im Übereinkommen erwähnten Gebiete dar, weshalb die Vereinbarung der Genehmigung des Nationalrats bedürfe, ist den Erläuterungen zu entnehmen (631 d.B.). Da die Durchführung eines parlamentarischen Genehmigungsverfahrens bis zum vorgesehenen Datum im Oktober 2019 nicht möglich gewesen sei, habe Österreich zunächst einen rechtswahrenden Einspruch erhoben. Mit der Übermittlung der österreichischen Note zur Vereinbarung werde der rechtswahrende Einspruch gegen die Ausdehnung des Übereinkommens zurückgezogen. (Fortsetzung Justizausschuss) med