Parlamentskorrespondenz Nr. 1372 vom 30.11.2021

Verkehrsausschuss beschließt EU-konforme Qualifikationen für Binnenschifffahrt

Debatte zu Sicherheitsuntersuchungen, Flughafenentgelten, intelligenten Verkehrssystemen und COVID-19-Fonds

Wien (PK) – Zusätzliche Verkehrssicherheit und klare Qualitätsstandards in der Binnenschifffahrt sollen Änderungen im Schifffahrtsgesetz bringen. Eine Novelle, mit der EU-Vorgaben umgesetzt werden, wurde vom Verkehrsausschuss heute einstimmig beschlossen.

Debattiert wurde vom Ausschuss auch der Bericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB) für das Jahr 2020. Der SUB zufolge ist bei Schiene, Schifffahrt, Seilbahnen und Zivilluftfahrt weiterhin ein hohes Sicherheitsniveau gegeben. Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen, da sich die SPÖ gegen die Enderledigung des Berichts aussprach. Einstimmig zur Kenntnis genommen wurden hingegen der Bericht über die Festlegung von Flughafenentgelten laut dem Flughafenentgeltegesetz (FEG) sowie der Verkehrstelematikbericht 2021 über Entwicklungen im Bereich der intelligenten Verkehrssysteme.

Die Berichte zu den Zahlungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für August 2021 und September 2021 für den Bereich Mobilität wurden mehrheitlich, ohne die Stimmen der FPÖ-Abgeordneten, vom Verkehrsausschuss zur Kenntnis genommen.

Qualifikationen für die Binnenschifffahrt

Zur Umsetzung einer EU-Richtlinie hat die Bundesregierung eine Novelle des Schifffahrtsgesetzes (1161 d.B.) vorgelegt. Damit erfolge eine Harmonisierung der europäischen Bestimmungen zu Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt und schafft einheitliche Mindest-Qualifikations- und Tauglichkeitsstandards für die gesamte nautische Besatzung, erläuterte der Verkehrssprecher der Grünen Hermann Weratschnig. Die neuen Regelungen sollen die Mobilität von Besatzungsmitgliedern in Europa erleichtern und die Sicherheit in der Binnenschifffahrt erhöhen. Sie berücksichtige auch Umweltinteressen, etwa bei der Errichtung von Schiffsanlagestellen. Weratschnig brachte zudem einen Abänderungsantrag ein. Dieser diene der Behebung von Redaktionsversehen, erklärte er. Die Umsetzung der EU-Richtlinie fand auch die Zustimmung von ÖVP-Abgeordnetem Lukas Brandweiner.

Künftig wird es eine Datenbank für Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher geben. Die Kosten für Einrichtung dieses elektronischen Registers trägt die via donau – Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH. Mit der Novelle geht auch die Zuständigkeit für die Abnahme von Prüfungen für das Schiffsführerpatent – 20 m vom Bund an die Länder Wien, Niederösterreich und Oberösterreich über.

Verkehrsministerin Leonore Gewessler erläuterte, dass die Sicherheit ein Schwerpunkt der EU-Richtlinie sei, dem mit der Novelle Rechnung getragen werde. Die Details der Umsetzung werde die Schiffbetriebsverordnung ihres Ressorts regeln. Im Allgemeinen handle es sich um kleinere Änderungen der bisherigen Bestimmungen, etwa bei den Umweltauflagen. Die Bestimmungen über das Führen von Sportfahrzeugen seien mit der Novelle nicht geändert worden, teilte die Ministerin auf eine Nachfrage von SPÖ-Abgeordnetem Dietmar Keck mit.

Flughafenentgelte wurden 2021 einvernehmlich angehoben

Für Flughäfen, von denen aus Fluglinien internationalen Luftverkehr betreiben und auf denen mehr als 100.000 Passagiere jährlich befördert werden, werden laut Flughafenentgeltegesetz (FEG) Entgelte auf Antrag eines Nutzerausschusses vom Verkehrsministerium (BMK) genehmigt. Das gilt für die Flughäfen Wien, Salzburg, Innsbruck, Graz, Linz und Klagenfurt. Das BMK berichtet, dass 2020 (III-480 d.B.) entsprechende Konsultationsverfahren stattgefunden haben. Für den Flughafen wurde insgesamt eine Anhebung der Entgelte von 1,45%, bei den anderen vom FEG umfassten österreichischen Flughäfen von 1,95% genehmigt.

Verkehrsministerin Gewessler antwortete auf die Frage der Abgeordneten Melanie Erasim (SPÖ) und Gerhard Deimek (FPÖ) nach den für 2022 zu erwartenden Entwicklungen mit dem Hinweis auf eine heuer beschlossene FEG-Novelle, die im kommenden Jahr wirksam wird. Sie beziehe Faktoren wie einen Rückgang von Flügen aufgrund einer Krise, aber auch den Lärmschutz bei der Festlegung der Entgelte ein, sagte Gewessler. Auf die verringerte Zahl der Abflüge aufgrund der COVID-19-Situation hätten einige Flughäfen bereits heuer reagiert, indem sie den Fluglinien weniger als die höchstzulässigen Entgelte verrechnet haben, teilte sie NEOS-Abgeordnetem Johannes Margreiter mit.

Intelligente Verkehrssysteme: Erneuerung der technischen Grundlagen und Ausbau der Vernetzung

Die Begriffe "Verkehrstelematik" und "intelligente Verkehrssysteme" (IVS) beziehen sich auf digitale Anwendungen zur Steuerung und Optimierung des Verkehrssystems. Die Plattform der österreichischen IVS-Akteure, unter denen auch die öffentliche Hand eine zentrale Rolle einnimmt, ist die ITS Austria. Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) wird in der ITS Austria über die Agentur AustriaTech aktiv, die jeweils zur Jahresmitte einen Tätigkeitsbericht an das Parlament zu erstellen hat. Wie die Berichte der letzten Jahre orientiert sich auch der aktuelle Bericht (III-356 d.B.) an den Schwerpunkten des Arbeitsprogramms der ITS Austria, das im Oktober 2018 veröffentlicht wurde.

Der Verkehrstelematikbericht 2021 zeige eine breite Palette von Projekten für die Digitalisierung des Verkehrssystems, sagte Johann Singer (ÖVP). Für Alois Stöger (SPÖ) steht bei der Vernetzung der einzelnen physischen Komponenten des Mobilitätssystems und der vorhandenen Verkehrsinformationsdienste der Nutzen für die Bevölkerung durch multimodaler Reiseinformationsdienste im Vordergrund. Gerhard Deimek (FPÖ) sprach die Zukunftsperspektiven des automatisierten Fahrens an. Seitens der NEOS interessierte sich Johannes Margreiter für die Entwicklungen im Bereich der "Mobility as a Service" (MaaS) und der kooperativen ITS-Dienste (C-ITS). Die Digitalisierung im Verkehrsbereich werfe aber auch neue Datenschutzfragen auf, meinte er.

Die Bereitstellung multimodaler Reiseinformationsdienste ist laut Gewessler bereits sehr gut ausgebaut. Aktuelle Schwerpunkte sind laut der Ministerin die Überarbeitung des Zugangs zu Buchungs- und Ticketingsystemen sowie bei der Standardisierung, der Berücksichtigung von Personen mit besonderen Bedürfnissen und im Bereich Radfahren. Zentral für die Digitalisierung des Verkehrsbereichs sei die Graphenintegrationsplattform (GIP) mit den daraus erzeugten Datenprodukten. Seit dem Jahr 2017 werde intensiv an der technischen Erneuerung der GIP-Software gearbeitet und auch aktuell weiter vorangetrieben, teilte Gewessler den Abgeordneten mit.

Die Verkehrsministerin verwies auch auf aktuelle Projekte, mit denen innovative Mobilitätskonzepte, unter anderem im Bereich der MaaS, in Pilotversuchen umgesetzt werden sollen. Österreich liege international an der Spitze bei Zukunftsthemen wie kooperativen ITS-Dienste (C-ITS), betonte Gewessler. Dabei tauschen vernetzte Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur Daten und Informationen aus. 2020 seien bereits wichtige Schritte für die Markteinführung von C-ITS gesetzt worden. Die erste straßenseitige Ausrollung solcher Dienste am Autobahnnetz, die den ersten Baustein zur Etablierung von CCAM-Diensten in Österreich bilden sollen, sei bereits im Gange. CCAM steht für "Cooperative, Connected and Automated Mobility", also für ein kooperatives, vernetztes und automatisiertes Mobilitätssystem. Unterstütztes bzw. automatisiertes Fahren sei zwar noch weitgehend Zukunftsmusik und erst in einigen Jahrzehnten zu erwarten. Österreich habe aber bereits die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um solche Anwendungen im Verkehr erproben und Erfahrungen damit sammeln zu können. Der Frage des Datenschutzes werde beim Ausbau neuer Verkehrsdienste selbstverständlich hohe Aufmerksamkeit geschenkt.

Verringertes Verkehrsaufkommen während der COVID-19-Pandemie führte zu weniger gemeldeten Vorfälle bei SUB

Der jährliche Bericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB) gibt Auskunft über die sicherheitsrelevanten Ereignisse auf der Schiene, in der Schifffahrt, bei Seilbahnen und in der Zivilluftfahrt in Österreich (III-442 d.B.). Die Restriktionen der COVID-19-Pandemie hätten zu einem leichten Rückgang der gemeldeten Vorfälle und zu weniger Sicherheitsuntersuchungen geführt, entnahm Johann Singer (ÖVP) dem Bericht. Er wollte von der Ministerin wissen, wie das BMK die Qualität der Sicherheitsuntersuchungen garantiere und wie die Zusammenarbeit mit der Justiz geregelt sei.

Eine aus ihrer Sicht auffällige Diskrepanz zwischen der Zahl der gemeldeten Unfälle und den tatsächlich durchgeführten Sicherheitsuntersuchungen konstatierten die SPÖ-Abgeordneten Melanie Erasim und Julia Herr. Sie sahen, wie SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger, weiteren Diskussionsbedarf. Die SPÖ beantragte daher, den Bericht nicht endzuerledigen und im Plenum weiter zu diskutieren, blieb mit diesem Vorstoß aber in der Minderheit. Allerdings merkte auch FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek an, dass die SUB personell "chronisch unterbesetzt" sei, was vor dem Hintergrund der Einhaltung der gebotenen Sorgfalt eine sehr lange Dauer von Untersuchungen ergebe. Johannes Margreiter (NEOS) drängte auf die Entschärfung von Eisenbahnkreuzungen, auf die der Großteil der Unfälle mit Personenschaden im Schienenverkehr entfällt.

Bundesministerin Gewessler unterstrich, ihr Ressort unternehme große Anstrengungen, um die Qualität der Sicherheitsuntersuchungen sicherzustellen. Daher sei sowohl in die technische Ausrüstung als auch in die Fortbildung der MitarbeiterInnen investiert worden. Außerdem habe man zusätzliche Planstellen in der SUB geschaffen, die Ausschreibungen seien im Laufen oder würden unmittelbar bevorstehen. Bei der Frage der Dauer der Untersuchungen sei zu berücksichtigen, dass es sich oft um sehr komplexe Sachverhalte handle. Die Zahl der Anforderungen von ExpertInnen der SUB aus dem Ausland sei im Steigen, da österreichische Firmen in zunehmendem Maße an der Herstellung von Flugzeugmotoren beteiligt seien. Die Zusammenarbeit mit dem Justizministerium sei per Erlass geregelt. Die Zuständigkeiten seien klar festgelegt und die Kooperation laufe sehr gut, betonte Gewessler. Was die Diskrepanz von gemeldeten Unfällen und tatsächlich eingeleiteten Untersuchungen betrifft, so sei das darauf zurückzuführen, dass der Begriff "Unfall" sehr weit gefasst sei, hieß es seitens des Ressorts. Weiters habe sich die Meldekultur deutlich verbessert, weshalb daher auch viele weniger schwerwiegende Vorfälle an die SUB gemeldet würden.

Förderung von umweltfreundlicher Mobilität aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds

Die Ausschuss befasste sich aus der Reihe der regelmäßigen Mitteilungen des BMK zu den Zahlungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für den Bereich Mobilität mit den Berichten für August 2021 (III-445 d.B.) und September 2021 (III-468 d.B.) Während der Bericht für August 2021 keine weiteren Auszahlungen zeigt, ist dem Monatsbericht September 2021 zu entnehmen, dass die Zahlungen des KLIEN Klima-Konjunkturpakets auf insgesamt 6,78 Mio. € gestiegen sind. Darin enthalten sind Mittel, die über das Programm Energieforschung geflossenen sind, sie beliefen sich zum Berichtszeitpunkt auf 2,43 Mio. €.

Die Berichte geben Auskunft über zwei Maßnahmen, die aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds finanziert wurden, nämlich die Notvergabe zur Aufrechterhaltung des Schienenverkehrs während der Pandemie auf der Westbahnstrecke sowie über die Forschungsförderung des KLIEN Klima-Konjunkturpakets 2020, führte ÖVP-Abgeordneter Joachim Schnabel aus. Die Forcierung von Innovationen sie für das Ziel der Dekarbonisierung, insbesondere im Bereich des Güterverkehrs, von großer Bedeutung.

Johannes Margreiter (NEOS) meinte, aus den Problemen, die es bei der Notvergabe auf der Westbahnstrecke gegeben habe, müsse das Ressort für die Zukunft lernen. Er wollte von der Ministerin wissen, ob an die Einführung eines 2-G-Nachweises für Bahnreisende gedacht sei. Die Verkehrsministerin sagte, dazu gebe es keine Überlegungen, allerdings werde die FFP2-Maskenpflicht in Zügen in der nächsten Zeit zweifellos aufrechterhalten werden. Die Notvergabe von Verkehrsdiensteverträgen sprach auch Ausschussobmann Alois Stöger (SPÖ) an, der sich unzufrieden mit der Behandlung der MitarbeiterInnen von Leihfirmen durch ein Bahnunternehmen zeigte. Dieser Punkt sollte bei künftigen Vergaben jedenfalls berücksichtigt werden, meinte er. Gewessler wies darauf hin, dass es nur in begrenztem Umfang möglich sie, über Verkehrsdiensteverträge weitere Auflagen festzulegen, da es sich Bestellungen von Verkehrsleistungen und nicht um Förderungen handle. (Fortsetzung Verkehrsausschuss) sox