Parlamentskorrespondenz Nr. 1188 vom 20.10.2022

1,3 Mrd. € Energiekostenzuschuss für Unternehmen und Verbesserungen beim Datenaustausch für den Härtefallfonds passieren Bundesrat

Grünes Licht für Erweiterung des finanziellen Urlaubsersatzes und 7. Phase der Sonderbetreuungszeit

Wien (PK) – Zur Kompensation steigender Energiepreise beantragten die Koalitionsfraktionen einen Energiekostenzuschuss für Unternehmen, der deren Liquidität aufrechterhalten soll. Dieser nahm mit dem Bundesrat heute seine letzte parlamentarische Hürde. Eine ebenfalls von ÖVP und Grünen angestoßene Novelle zur Optimierung des Informationsflusses beim Härtefallfonds erzielte Einstimmigkeit.

Die mehrheitliche Zustimmung der Länderkammer fanden die Umsetzung eines EuGH-Urteils zum finanziellen Urlaubsersatz für Arbeitnehmer:innen, eine weitere Phase der Sonderbetreuungszeit für mit COVID-19 infizierte Kinder und eine Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, wonach dem AMS bei aufgedeckter Schwarzarbeit mehr Ermessenspielraum eingeräumt wird.

Kostenzuschuss für energieintensive Unternehmen und verbesserter Datenaustausch beim Härtefallfonds

Um steigende Energiekosten von Unternehmen abzufedern und deren Liquidität aufrechtzuerhalten, sollen diese einen Zuschuss der Energie-Mehrkosten für Treibstoff, Strom und Gas erhalten. Das sieht ein mehrheitlich angenommener Antrag der Regierungsfraktionen vor. Betriebe, deren Energiekosten mindestens drei Prozent ihres Umsatzes betragen, können den Zuschuss beantragen. Für Betriebe, die weniger als 700.000 € Jahresumsatz machen, gilt diese Drei-Prozent-Hürde nicht. Die Förderung sieht vier Förderstufen vor, wobei in der Basisstufe 1 die Preisdifferenz zwischen 2021 und 2022 mit 30% gefördert wird. Bis zu 1,3 Mrd. € (inkl. Abwicklungskosten) seien hierfür in den Finanzjahren bis 2023 vorgesehen.

Eine weitere Initiative von ÖVP und Grünen zielt auf eine Verbesserung des Datenaustausches beim Härtefallfonds ab. Die Novelle zum Härtefallfondsgesetz erhielt die einhellige Zustimmung im Bundesrat. Personen, die in mehrfach geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen standen sowie fallweise Beschäftigte, die nach der Richtlinie des Sozialministeriums eine Förderung nach dem Härtefallfondsgesetz erhalten können, sollen möglichst umfassend dazu informiert werden. Hierzu wird die Datenübermittlung durch den Dachverband der Sozialversicherungsträger an die gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer:innen ermöglicht.

SPÖ: Unternehmen brauchen keine "Almosen", sondern sichere Rahmenbedingungen

Bereits der Bezug des Gesetzestitels auf energieintensive Unternehmen sei schon falsch, bemängelte Andrea Kahofer (SPÖ/N), da alle Betriebe mit einem Jahresumsatz unter 700.000 € pauschal subventioniert würden. Unternehmer:innen wollten jedoch keine "Almosen", sondern sichere Rahmenbedingungen, um zu Wirtschaft und Gesellschaft etwas beitragen zu können. An diesen fehle es jedoch, weshalb Unternehmer:innen kaum noch kalkulieren und planen könnten und somit der Wirtschaftsstandort Österreich gefährdet sei. Kahofer gab zu bedenken, dass Zuschüsse lediglich für Strom und Gas, nicht jedoch für Treibstoff vorgesehen seien, obwohl auch treibstoffabhängige Unternehmen zu kämpfen hätten. Die CO2-Bepreisung habe laut Kahofer in der gegenwärtigen Lage keinen Sinn, da ohnehin nur noch jene mit dem Auto fahre würden, die keine andere Wahl hätten.

Koalition will Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Wirtschaftsstandort stärken

Christian Buchmann (ÖVP/St) verwies auf die Expertisen von Wirtschaftsforschungsinstituten, die für das nächste Jahr eine "Stagflation" (das gleichzeitige Auftreten von Stagnation und Inflation) prognostizieren würden. Dies werde Österreich genauso wie seine wichtigsten Handelspartner betreffen, weshalb die Bundesregierung versuche die Effekte der Verwerfungen insbesondere auf den Energiemärkten abzufedern. Es gehe um die Wettbewerbsfähigkeit sowohl der heimischen Unternehmen als auch des Wirtschaftsstandortes insgesamt, so Buchmann.

Auch viele Arbeitsplätze würden auf dem Spiel stehen, wie Maria Huber von den Steirischen Grünen ergänzte. Die Situation sei dramatisch und der Energiekostenzuschuss eine "akute Hilfsmaßnahme". Daher bringe sie kein Verständnis für eine Ablehnung des Zuschusses auf. Auch Betriebe mit unter zehn Beschäftigten würden davon profitieren, unterstrich Huber. Langfristig müsse jedoch der Ausstieg aus fossilen Energieträgern forciert werden – auch um die Abhängigkeit von Russland zu beenden. Ein Schritt in diese Richtung sei der kürzlich von der Bundesregierung bekannt gegebene Transformationsfonds.

FPÖ fordert auch Unterstützung für Transportwirtschaft

Die Energiepreise seien in Österreich vor allem auch durch Maßnahmen der Bundesregierung, wie etwa die CO2-Bepreisung, signifikant angestiegen, erklärte FPÖ-Mandatar Michael Bernard aus Niederösterreich. Die Belastungen seien für die Unternehmen mittlerweile nicht mehr tragbar. Der Energiekostenzuschuss sei auch aus der Sicht von Spartenvertreter:innen zu niedrig, käme zu spät und gestalte sich zu kompliziert. Vor allem die heimische Transportwirtschaft befinde sich in einer existenzbedrohenden Lage und "fahre dem Sonnenuntergang entgegen", was auch für die ohnehin schon angespannte Versorgungssituation dramatische Folgen haben könne. Bernard brachte daher einen Entschließungsantrag ein, in dem zur Entlastung des Transportgewerbes etwa die Streichung der CO2-Abgabe, die Einführung eines Gewerbediesels und eine generelle Steuersenkung auf Treibstoff gefordert wird. Dieser blieb in der Minderheit.

Bernards Oberösterreichischer Fraktionskollege Markus Steinmaurer kritisierte die "Gießkanne" der Bundesregierung, die sich als untaugliches Instrument zum Krisenmanagement erwiesen habe. Die Ratschläge Energieministerin Leonore Gewesslers zum Energiesparen bezeichnete er als "zynisch". Dem Energiekostenzuschuss stimme seine Fraktion zu, wenngleich dieser "nur der Beginn" sein könne.

Umsetzung von EuGH-Urteil bei finanziellem Urlaubsersatz

Die mehrheitliche Zustimmung der Länderkammer fand eine  Novellierung  des Urlaubsgesetzes, des Landarbeitsgesetzes und des Heimarbeitsgesetzes, wonach eine EuGH-Entscheidung vom November 2021 und ein darauf basierendes OGH-Urteil vom Februar 2022 umgesetzt werden sollen. Demnach stehe künftig auch Arbeitnehmer:innen, die ihr Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig beendet haben, eine finanzielle Ersatzleistung für nicht verbrauchten Urlaub zu. Für das aktuelle Urlaubsjahr ist diese Bestimmung allerdings auf den EU-weit vorgeschriebenen Mindesturlaub von vier Wochen beschränkt.

Neuerlicher Anspruch auf Sonderbetreuungszeit bis Jahresende

Mehrheitlich grünes Licht gab es auch für die 7. Phase der Sonderbetreuungszeit. Diese Betreuungszeit kann damit im Falle einer COVID-19-Infektion der Kinder rückwirkend ab dem Schulbeginn am 5. September in Anspruch genommen werden. Das umfasst auch Kinder in Volksschulen und in Krabbelstuben und bei Tageseltern. Der erneute Rechtsanspruch, der bis Jahresende 2022 gilt, greift auch im Falle einer behördlichen Schließung von Klassen oder Kindergruppen, in diesem Fall auch für ältere Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr sowie im Falle einer notwendigen Betreuung von Menschen mit Behinderung.

Mehr Spielraum für das AMS bei  aufgedeckter Schwarzarbeit

Mit einem Initiativantrag von ÖVP und Grünen wurde eine Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes angestoßen, die heute die mehrheitliche Zustimmung der Bundesrät:innen fand. Ziel der neuen Regelungen ist es, Härtefälle für österreichische Betriebe und ausländische Beschäftigte zu vermeiden, wenn es ohne Absicht zu einem Verstoß gegen die Bestimmungen über die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmer:innen gekommen ist. Bisher wurden sowohl der betroffene Betrieb als auch die betroffenen ausländischen Beschäftigten für ein Jahr für weitere Bewilligungen gesperrt, wenn sie mehr als einmal ohne aufrechte Beschäftigungsbewilligung ertappt wurden. Künftig soll dieser Automatismus fallen und dem AMS ein gewisser Spielraum bei minderschweren Gesetzesverletzungen eingeräumt werden. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin glaubhaft machen kann, dass konkrete Maßnahmen ergriffen wurden, um weitere Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz zu verhindern. (Fortsetzung Bundesrat) wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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