Stenographisches Protokoll

717. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Montag, 20., und Dienstag, 21. Dezember 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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717. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Montag, 20., und Dienstag, 21. Dezember 2004

Dauer der Sitzung

                                        Montag,  20. Dezember 2004: 9.04 – 19.35 Uhr

Dienstag, 21. Dezember 2004: 9.04 – 13.32 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontroll­gesetz, das Bundesgesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundes­gen­darmerie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-Novel­le 2005)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Pensionskassen­gesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Nationalbankgesetz 1984 an die IAS-Verordnung angepasst und die Modernisierungs- sowie die Schwellen­wertrichtlinie umgesetzt und das Firmenbuchgesetz, das Aktiengesetz sowie das GmbH-Gesetz geändert werden (Rechnungslegungsänderungsgesetz 2004 – ReLÄG 2004)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bausparkassengesetz geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird (Fortpflanzungsmedizingesetz-Novelle 2004 – FMedGNov 2004)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichts­gesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfe­ge­setz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Bewährungshilfegesetz geändert werden (Strafprozessnovelle 2005)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozial­ver­siche­rungsgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geän­dert werden (Sozialbetrugsgesetz-SozBeG)

7. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizini­scher Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justiz­anstalten

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umwelt­verträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-Novelle 2004)


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9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hoch­leistungsstreckengesetz geändert werden

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2004)

11. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finan­zie­rung des Gesundheitswesens

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­siche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Ärztege­setz 1998 und das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert sowie ein Bundesgesetz zur Qualität von Gesundheitsleistungen und ein Bundesgesetz über Telematik im Gesundheitswesen erlassen werden (Gesundheits­reformgesetz 2005)

13. Punkt: Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (DentG-No­velle 2004)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arzneimittel­gesetz und das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheits­gesetz, das Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhr­gesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert werden

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2005 – FAG 2005) und das Zweckzuschussgesetz 2001, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungs­gesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten und das Tabaksteuer­ge­setz 1995 geändert werden

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

20. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitäts­pakt 2005)

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuer­gesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Konsulargebührenge­setz 1992, das Investmentfondsgesetz 1993, das EU-Quellensteuergesetz, das EG-Amts-


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717. Sitzung / Seite 3

hilfegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Bundes­ab­gabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Zollrechts-Durchfüh­rungsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 sowie das Bundesbahngesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2004 – AbgÄG 2004)

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K) erlassen wird

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhebung des Warenverkehrs (Handelsstatistisches Gesetz 1995 – HStG 1995) geändert wird

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungs­ge­setz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungs­ge­setz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz und das Unterrichtsprak­tikumsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2004)

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz und das Privatfernsehgesetz geändert werden

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (3. Sozial­versicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 3. SVÄG 2004)

31. Punkt: Bundesgesetz zum Schutz vor gefährlichen Produkten (Produkt­sicherheits­gesetz 2004 – PSG 2004)

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird

33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Markenschutz­gesetz 1970 geändert werden und ein Bundesgesetz über die im Bereich des Patent­amtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Patentamtsgebührengesetz – PAG) erlassen wird (Patentrechts- und Gebührennovelle 2004)

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden


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36. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetz-Novelle 1991, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 und das Bundesgesetz be­treffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden

37. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (25. KFG-Novelle), die 3. Kraftfahrgesetz-Novelle, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden

38. Punkt: Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasser­straßenverwaltung – Wasserstraßengesetz

39. Punkt: Seeverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Regierung der Volksrepublik China anderer­seits

40. Punkt: Urkunde zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung des Euro­päischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlage

41. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003 geändert wird

42. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weitere Entwicklung der Ukraine zu einem demokratischen Rechtsstaat (142/A (E)-BR/2004)

43. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2005

*****

Inhalt

Bundesrat

Einwendungen des Bundesrates Stefan Schennach gegen die Tages­ord­nung                         21

Durchführung einer Debatte im Sinne des § 39 Abs. 1 GO-BR .................................... 21

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ........................................................................................................ 21

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 21

Ludwig Bieringer .......................................................................................................... 22

Engelbert Weilharter .................................................................................................... 23

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................. 23

Unterbrechungen der Sitzung ...........................................................................  173, 183

43. Punkt: Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ord­ner für das 1. Halbjahr 2005 ............................................................................................................................. 248

Schlussansprache der Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach ............................ 250

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 19


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717. Sitzung / Seite 5

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 19

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Enthebung des Bundesministers für Inneres Dr. Ernst Strasser vom Amt sowie Betrauung von Bundesminister Günther Platter mit der Leitung des Bundesministeriums für Inneres durch den Bundespräsidenten ........................... 20

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 19

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  19, 252

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bun­desgendarmerie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 2005) (643 d.B. und 723 d.B. sowie 7156/BR d.B. und 7164/BR d.B.) ................................... 24

Berichterstatter: Johann Höfinger ................................................................................ 24

Redner/Rednerinnen:

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 25

Dr. Franz Eduard Kühnel ............................................................................................. 28

Stefan Schennach ........................................................................................................ 30

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................... 32

Helmut Wiesenegg ....................................................................................................... 34

Bundesminister Günther Platter ................................................................................ 36

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 39

Eva Konrad ................................................................................................................... 40

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 42

Reinhard Todt ............................................................................................................... 43

Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 45

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ............................................................................ 46

Edgar Mayer .................................................................................................................. 48

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 50

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Pensionskas­sengesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Nationalbank­gesetz 1984 an die IAS-Verordnung angepasst und die Modernisierungs- sowie die Schwellenwertrichtlinie umgesetzt und das Firmenbuchgesetz, das Aktien­ge­setz sowie das GmbH-Gesetz geändert werden (Rechnungslegungs­ände­rungs­gesetz 2004 – ReLÄG 2004) (677 d.B. und 739 d.B. sowie 7165/BR d.B.) ................................................................................................................. 50

Berichterstatter: Johann Giefing .................................................................................. 51


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717. Sitzung / Seite 6

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bausparkassengesetz geändert wird (740 d.B. sowie 7166/BR d.B.) .......................... 51

Berichterstatter: Johann Giefing .................................................................................. 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 51

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird (Fortpflanzungsmedizingesetz-Novelle 2004 – FMedGNov 2004) (678 d.B. und 741 d.B. sowie 7167/BR d.B.) ................................................................. 52

Berichterstatter: Johann Giefing .................................................................................. 52

Redner/Rednerinnen:

Mag. John Gudenus ..................................................................................................... 52

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ................................................................. 53

Stefan Schennach ........................................................................................................ 54

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 55

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichts­gesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Straf­sachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Bewährungshilfe­ge­setz geändert werden (Strafprozessnovelle 2005) (679 d.B. und 742 d.B. sowie 7168/BR d.B.) .................... 55

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 56

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geän­dert werden (Sozialbetrugsgesetz – SozBeG) (698 d.B. und 743 d.B. sowie 7163/BR d.B. und 7169/BR d.B.) .......................................................................................................... 55

Berichterstatter: Dr. Peter Böhm .................................................................................. 56

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten (699 d.B. und 746 d.B. sowie 7170/BR d.B.) ............ 56

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 56

Redner/Rednerinnen:

Harald Reisenberger .................................................................................................... 57

Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger ............................................................................... 59

Stefan Schennach ........................................................................................................ 60


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717. Sitzung / Seite 7

Dr. Peter Böhm ............................................................................................................. 61

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ................................................................. 63

Wolfgang Schimböck .................................................................................................. 65

Dr. Franz Eduard Kühnel ............................................................................................. 66

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 67

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 67

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 68

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltver­träg­lichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-Novelle 2004) (648 d.B., 313/A und 757 d.B. sowie 7157/BR d.B. und 7171/BR d.B.)                     68

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 68

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hoch­leistungsstreckengesetz geändert werden (758 d.B. sowie 7158/BR d.B. und 7172/BR d.B.) ................................................................................... 68

Berichterstatter: Johann Kraml .................................................................................... 68

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 69

Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger ............................................................................... 70

Manfred Gruber ............................................................................................................ 72

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 73

Roland Zellot ................................................................................................................. 73

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 74

Engelbert Weilharter .................................................................................................... 76

Günther Prutsch ........................................................................................................... 77

Entschließungsantrag der Bundesräte Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger, Engelbert Weilharter, Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunftsprojekt Motorsportzentrum Spielberg – Annahme (E 192-BR/04) .........................................................................................................  71, 78

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. den im Artikel 1 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfas­sungsbestimmungen im Sinne des Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ..................................................................................... 77

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 78

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2004) (672 d.B. und 759 d.B. sowie 7173/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 78

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 78


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717. Sitzung / Seite 8

Redner/Rednerinnen:

Johann Giefing ............................................................................................................. 78

Martina Diesner-Wais .................................................................................................. 79

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 80

Roland Zellot ........................................................................................................... ..... 82

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 83

Helmut Wiesenegg ....................................................................................................... 84

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 85

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (692 d.B. und 708 d.B. sowie 7174/BR d.B.) ...................................................................................................... 85

Berichterstatterin: Michaela Gansterer ........................................................................ 85

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kur­anstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial­ver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungs­gesetz, das Ärztegesetz 1998 und das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert sowie ein Bundesgesetz zur Qualität von Gesund­heitsleistungen und ein Bundesgesetz über Telematik im Gesundheitswesen erlassen werden (Gesundheitsreformgesetz 2005) (693 d.B. und 711 d.B. sowie 7175/BR d.B.) .......... 85

Berichterstatterin: Michaela Gansterer ........................................................................ 85

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Kran­kenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G) (673 d.B. und 716 d.B. sowie 7176/BR d.B.)               85

Berichterstatterin: Michaela Gansterer ........................................................................ 85

Redner/Rednerinnen:

Ing. Reinhold Einwallner ............................................................................................. 86

Edgar Mayer .................................................................................................................. 89

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 92

Engelbert Weilharter .................................................................................................... 94

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 95

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 101

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 11, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 102

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 102

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 103


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717. Sitzung / Seite 9

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (DentG-No­velle 2004) (674 d.B. und 721 d.B. sowie 7177/BR d.B.)        ............................................................................................................................. 103

Berichterstatter: Edgar Mayer ..................................................................................... 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 103

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabak­erzeug­nisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird (700 d.B. und 717 d.B. sowie 7178/BR d.B.) ............................................................................................................... 103

Berichterstatter: Edgar Mayer ..................................................................................... 104

Redner/Rednerinnen:

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 104

Mag. Georg Pehm ...................................................................................................... 105

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 106

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 107

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 108

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arzneimittelgesetz und das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden (676 d.B. und 718 d.B. sowie 7179/BR d.B.) ............. 108

Berichterstatterin: Herta Wimmler .............................................................................. 108

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhr­gesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz ge­ändert werden (675 d.B. und 720 d.B. sowie 7180/BR d.B.) ....................................... 108

Berichterstatterin: Herta Wimmler .............................................................................. 108

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler ............................................................................................................ 109

Helmut Kritzinger ....................................................................................................... 110

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 110

Roland Zellot ............................................................................................................... 111

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 112

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 16, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 112

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 17, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 112


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717. Sitzung / Seite 10

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2005 – FAG 2005) und das Zweckzuschuss­gesetz 2001, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­siche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kran­ken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegs­opfer­versorgungsgesetz 1957, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert werden (702 d.B. und 731 d.B. sowie 7159/BR d.B. und 7181/BR d.B.) ....................................................................................................................................... 112

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger .................................................. 113

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (732 d.B. sowie 7182/BR d.B.)                       113

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger .................................................. 113

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabili­tätspakt 2005) (701 d.B. und 733 d.B. sowie 7183/BR d.B.)                       113

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger .................................................. 113

Redner/Rednerinnen:

Johann Kraml ............................................................................................................. 114

Herwig Hösele ............................................................................................................ 116

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 118

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................. 120

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 122

Mag. Susanne Neuwirth ............................................................................................ 124

Edgar Mayer ................................................................................................................ 126

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 128

Engelbert Weilharter .................................................................................................. 129

Ewald Lindinger ......................................................................................................... 130

Karl Bader ................................................................................................................... 132

Manfred Gruber (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 133

Stefan Schennach ...................................................................................................... 134

Jürgen Weiss .............................................................................................................. 136

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 138

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 138

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 138

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaft­steuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Inter­na­tio-


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717. Sitzung / Seite 11

nale Steuervergütungsgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Konsularge­büh­rengesetz 1992, das Investmentfondsgesetz 1993, das EU-Quellensteuer­ge­setz, das EG-Amtshilfegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Mineral­öl­steu­er­gesetz 1995, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Neugründungs-Förde­rungsgesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorgani­sa­ti­onsgesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Be­wertungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 sowie das Bundesbahngesetz geändert werden (Abgabenänderungs­gesetz 2004 –AbgÄG 2004) (686 d.B. und 734 d.B. sowie 7160/BR d.B. und 7184/BR d.B.) ............................................................................................................... 139

Berichterstatter: Franz Wolfinger ............................................................................... 139

Redner/Rednerinnen:

Johann Kraml ............................................................................................................. 139

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg .......................................................................... 141

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 142

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 144

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 144

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Verminderung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emissionsschutz­gesetz für Kesselanlagen – EG-K) erlassen wird (626 d.B. und 771 d.B. sowie 7185/BR d.B.) ............................................................................................................... 145

Berichterstatter: Ing. Reinhold Einwallner ................................................................ 145

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 145

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg .......................................................................... 146

Ewald Lindinger ......................................................................................................... 146

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 147

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 148

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhebung des Warenverkehrs (Handelsstatistisches Gesetz 1995 – HStG 1995) geändert wird (651 d.B. und 772 d.B. sowie 7186/BR d.B.) .................... 148

Berichterstatterin: Mag. Susanne Neuwirth .............................................................. 148


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717. Sitzung / Seite 12

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 148

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (477/A und 773 d.B. sowie 7187/BR d.B.)          ............................................................................................................................. 148

Berichterstatterin: Mag. Susanne Neuwirth .............................................................. 148

Redner/Rednerinnen:

Gottfried Kneifel ......................................................................................................... 149

Johann Giefing ........................................................................................................... 150

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 151

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 151

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 153

25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geän­dert werden (664 d.B. und 774 d.B. sowie 7188/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 153

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 153

Redner/Rednerinnen:

Roswitha Bachner ...................................................................................................... 153

Josef Saller ................................................................................................................. 154

Eva Konrad ................................................................................................................. 155

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 155

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 156

26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (547 d.B. und 775 d.B. sowie 7189/BR d.B.)                       156

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 156

Redner/Rednerinnen:

Mag. Georg Pehm ...................................................................................................... 156

Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger ............................................................................. 157

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 158

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 159

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Aus­schrei­bungsgesetz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bun­desbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Bun­des­lehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Land- und forstwirtschaftliche Landes­ver­trags­lehrergesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2004) (685 d.B. und Zu 685 d.B. und 767 d.B. sowie 7190/BR d.B.) ...................................................................................... 159


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717. Sitzung / Seite 13

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ............................................... 159

Redner/Rednerinnen:

Edgar Mayer ................................................................................................................ 159

Mag. Susanne Neuwirth ............................................................................................ 161

Eva Konrad ................................................................................................................. 162

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 162

28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz und das Privatfernsehgesetz geändert werden (472/A und 768 d.B. sowie 7191/BR d.B.)     ............................................................................................................................. 163

Berichterstatter: Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ............................................... 163

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ...................................................................................................... 163

Herwig Hösele ............................................................................................................ 164

Theodor Binna ............................................................................................................ 165

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 165

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 166

29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird (704 d.B. und 766 d.B. sowie 7192/BR d.B.) .... 167

Berichterstatter: Dr. Andreas Schnider ..................................................................... 167

Redner/Rednerinnen:

Reinhard Todt ............................................................................................................. 167

Herwig Hösele ............................................................................................................ 168

Stefan Schennach ...................................................................................................... 169

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 169

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 171

30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (3. Sozial­versicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 3. SVÄG 2004) (703 d.B. und 776 d.B. sowie 7161/BR d.B. und 7193/BR d.B.) ........................................................................................................ 171

Berichterstatter: Mag. John Gudenus ........................................................................ 171

Redner/Rednerinnen:

Mag. Susanne Neuwirth ............................................................................................ 172

Franz Wolfinger .......................................................................................................... 173

Eva Konrad ................................................................................................................. 175

Bundesminister Mag. Herbert Haupt ..............................................................  176, 181

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................. 180

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 181

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 182

31. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz vor gefährlichen Produkten (Produktsicher­heits­gesetz 2004 – PSG 2004) (512 d.B. und 777 d.B. sowie 7194/BR d.B.) ............................................................................................................... 182

Berichterstatter: Harald Reisenberger ....................................................................... 183

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 183

32. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (465/A und 764 d.B. sowie 7162/BR d.B. und 7195/BR d.B.)    ............................................................................................................................. 183


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717. Sitzung / Seite 14

Berichterstatterin: Andrea Fraunschiel ...................................................................... 183

Redner/Rednerinnen:

Günther Prutsch ......................................................................................................... 184

Dr. Andreas Schnider .......................................................................................  185, 209

Eva Konrad ................................................................................................................. 187

Mag. John Gudenus ................................................................................................... 189

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ...............................................................  190, 207

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................... 192

Dr. Franz Eduard Kühnel ........................................................................................... 193

Stefan Schennach ...................................................................................................... 196

Dr. Peter Böhm ........................................................................................................... 197

Dr. Karl-Heinz Dernoscheg (tatsächliche Berichtigung) ........................................... 199

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 199

Herwig Hösele ............................................................................................................ 203

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 205

Angela Lueger ............................................................................................................ 206

Dr. Peter Böhm (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 208

Mag. Harald Himmer .................................................................................................. 210

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 211

33. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (687 d.B. und 725 d.B. sowie 7196/BR d.B.)                         211

Berichterstatterin: Andrea Fraunschiel ...................................................................... 211

Redner/Rednerinnen:

Karl Bader ................................................................................................................... 212

Johanna Auer ............................................................................................................. 213

Eva Konrad ................................................................................................................. 214

Dr. Andreas Schnider ................................................................................................ 214

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 215

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 216

34. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungs­gesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halb­leiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Markenschutz­gesetz 1970 geändert werden und ein Bundesgesetz über die im Bereich des Patentamtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Patentamts­gebühren­ge­setz – PAG) erlassen wird (Patentrechts- und Gebührennovelle 2004) (621 d.B. und 770 d.B. sowie 7197/BR d.B.) ......................... 216

Berichterstatter: Mag. Harald Himmer ....................................................................... 216

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 217

Ing. Hermann Haller ................................................................................................... 218

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 218

Engelbert Weilharter .................................................................................................. 219

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 220

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 221


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717. Sitzung / Seite 15

35. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (548 d.B. und 750 d.B. sowie 7198/BR d.B.) ............................................................................................................... 221

Berichterstatter: Mag. Harald Himmer ....................................................................... 221

Redner/Rednerinnen:

Theodor Binna ............................................................................................................ 221

Sissy Roth-Halvax ...................................................................................................... 222

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 223

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 224

36. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetz-Novelle 1991, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 und das Bundesgesetz betref­fend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden (680 d.B. und 751 d.B. sowie 7199/BR d.B.) ............................................................... 224

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ....................................................................... 224

Redner/Rednerinnen:

Günther Molzbichler .................................................................................................. 225

Ing. Hermann Haller ................................................................................................... 228

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 229

Roland Zellot ............................................................................................................... 230

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 231

Günther Molzbichler (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 231

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 232

37. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (25. KFG-Novelle), die 3. Kraftfahrgesetz-Novelle, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (682 d.B. und 752 d.B. sowie 7200/BR d.B.) .... 232

Berichterstatter: Ing. Hermann Haller ........................................................................ 232

Redner/Rednerinnen:

Theodor Binna ............................................................................................................ 232

Sissy Roth-Halvax ...................................................................................................... 233

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 234

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 234

Roland Zellot ............................................................................................................... 235

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 236

38. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasser­straßen­ver­waltung  Wasserstraßengesetz (669 d.B. und 753 d.B. sowie 7201/BR d.B.) ....................................................................................... 236

Berichterstatter: Mag. Bernhard Baier ....................................................................... 236

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler ............................................................................................................ 236

Gottfried Kneifel ......................................................................................................... 237


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717. Sitzung / Seite 16

Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 239

Roland Zellot ............................................................................................................... 239

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 240

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 240

39. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend Seeverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Regierung der Volksrepublik China anderer­seits (611 d.B. und 754 d.B. sowie 7202/BR d.B.) ......... 240

Berichterstatter: Ewald Lindinger .............................................................................. 241

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 241

Gemeinsame Beratung über

40. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend Urkunde zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlage (610 d.B. und 756 d.B. sowie 7203/BR d.B.) ............................................................... 241

Berichterstatter: Ewald Lindinger .............................................................................. 241

41. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003 geän­dert wird (480/A und 755 d.B. sowie 7204/BR d.B.)              ............................................................................................................................. 241

Berichterstatter: Ewald Lindinger .............................................................................. 241

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 40, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 242

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 41, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 242

42. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die weitere Entwicklung der Ukraine zu einem demokratischen Rechtsstaat (142/A (E)-BR/2004 und 7205/BR d.B.) ....................... 242

Berichterstatter: Johann Höfinger .............................................................................. 242

Redner/Rednerinnen:

Ludwig Bieringer ........................................................................................................ 243

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 244

Mag. John Gudenus ................................................................................................... 245

Stefan Schennach ...................................................................................................... 247

Annahme des Antrages des Berichterstatters, dem gegenständlichen Ent­schließungsantrag die Zustimmung zu erteilen (191/E-BR/2004) ......................................................................................... 248

Eingebracht wurden

Antrag der Bundesräte

Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ersatz von Verteidiger­kosten bei strafgerichtlichen Freisprüchen (143/A(E)-BR/04)


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Anfragen der Bundesräte

Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kontrollausschussbericht der Wirtschaftskammer Österreichs – Verletzung von Berichtspflichten (2279/J-BR/04)

Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bieringer, Engelbert Weilharter, Stefan Schen­nach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Beziehungen zwischen Österreich und der Republik Yemen (2280/J-BR/04)

Edgar Mayer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Änderung des Pensionskassengesetzes (2281/J-BR/04)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Ausbau und Förderung der Ökoenergie in Österreich (2282/J-BR/04)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Post-Universaldienstverordnung (2283/J-BR/04)

Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Feinstaubbelastung – Gefähr­dung für ländliche Bevölkerung (2284/J-BR/04)

Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend genaue Aufschlüsselung der Minderheiten­förderung des BMBWK in den Jahren 2003 und 2004 (2285/J-BR/04)

Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend genaue Aufschlüsselung der Minder­heiten­förderung des BMBWK in den Jahren 2003 und 2004 (Zu 2285/J-BR/04)

Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Straßen­verkehrszeichen in Kärnten (2286/J-BR/04)

Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Straßen­verkehrszeichen in Kärnten (Zu 2286/J-BR/04)

Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Straßenverkehrszeichen in Kärnten III – Missachtung des Interpellationsrechtes (2287/J-BR/04)

Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Straßenverkehrszeichen in Kärnten III – Missachtung des Interpellationsrechtes (Zu 2287/J-BR/04)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eisenbahnlinie Spielfeld-Strass–Bad Radkersburg (2063/AB-BR/04 zu 2245/J-BR/04)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Südbahnstrecke im Bereich Graz (2064/AB-BR/04 zu 2246/J-BR/04)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erlass des Bundes­ministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Juni 1990 an den Landes-


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717. Sitzung / Seite 18

hauptmann von Kärnten betreffend Vorkehrungen bei der notwendigen Erneuerung von Straßenverkehrszeichen (2065/AB-BR/04 zu 2256/J-BR/04)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend neue Erkennt­nisse des Scotland Yard-Beraters Charles Hill zum Saliera-Raub (2066/AB-BR/04 zu 2261/J-BR/04)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forschungsförderung in den Jahren 1999 bis 2004 (2067/AB-BR/04 zu 2249/J-BR/04)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitsmarktpolitik von 1999 bis 2004 (2068/AB-BR/04 zu 2252/J-BR/04)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierbarkeit öffentlicher Leistungen (2069/AB-BR/04 zu 2247/J-BR/04)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschwendung von Steuergeldern für Geburtstagsfeste von Regierungsmitgliedern beziehungsweise Staatssekretären durch den Direktor des Kunsthistorischen Museums Hofrat Wilfried Seipel (2070/AB-BR/04 zu 2248/J-BR/04)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bun­desräte Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reformpolitik an Österreichs Universitäten (2071/AB-BR/04 zu 2251/J-BR/04)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veränderungen der Einnah­menstruktur des Landes Oberösterreich und die Auswirkungen auf die Gemeinden (2072/AB-BR/04 zu 2253/J-BR/04)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauenpolitik seitens der Bundesregierung (2073/AB-BR/04 zu 2255/J-BR/04)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Georg Pehm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Planstellen­besetzung (2074/AB-BR/04 zu 2257/J-BR/04)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Johann Giefing, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Schließun­gen von Postämtern in Niederösterreich (2075/AB-BR/04 zu 2244/J-BR/04)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Breit­bandinitiative in Österreich (2076/AB-BR/04 zu 2254/J-BR/04)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Wahrung von Bestimmungen des Datenschutz­gesetzes durch politische Parteien – konkret durch die ÖVP Niederösterreich (2077/AB-BR/04 zu 2258/J-BR/04)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schließung von Kasernen (2078/AB-BR/04 zu 2263/J-BR/04)

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 19

Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich eröffne die 717. Sitzung des Bundes­rates.

Das Amtliche Protokoll der 716. Sitzung des Bundesrates vom 2. Dezember 2004 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Ebner und Kaltenbacher.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich gebe bekannt, dass das Bundes­kanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten die Mitteilung gemacht hat, dass innerhalb des Zeitraumes vom 20. Dezember 2004 bis 3. Jänner 2005 der Bun­desminister für Finanzen, Mag. Karl-Heinz Grasser, durch den Staatssekretär im Bun­desministerium für Finanzen, Dr. Alfred Finz, und dass Bundesminister Günther Platter in seiner Funktion als Bundesminister für Landesverteidigung am 20. Dezember 2004 nach seiner Abreise – das betone ich jetzt – durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, Maria Rauch-Kallat, und am 21. Dezember 2004 durch den Bundes­minister für Wirtschaft und Arbeit, Dr. Martin Bartenstein, sowie in seiner Funktion als Bundesminister für Inneres am 20. und 21. Dezember 2004 durch die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Elisabeth Gehrer, vertreten wird.

Herr Bundesminister! Da ich betont habe: „nach Ihrer Abreise“, möchte ich Sie im Namen des Bundesrates um Folgendes bitten: Wenn Sie unsere Männer sowohl im Kosovo als auch auf dem Golan besuchen, darf ich Sie bitten, die besten Wünsche des österreichischen Bundesrates zu übermitteln. (Allgemeiner Beifall.)

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen – und zwar 2063/AB bis 2078/AB – sowie jener Verhandlungsgegenstände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegen, sowie des Schreibens des Bundeskanzlers be­treffend Amtsenthebung eines Mitgliedes der Bundesregierung unter gleichzeitiger Betrauung eines Mitgliedes der Bundesregierung verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 17)

Beschlüsse des Nationalrates, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwir­kungsrecht des Bundesrates unterliegen:

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanz­ge­setzes 2004 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz 2004 – BÜG 2004) (644 und 748/NR der Beilagen),

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 geändert wird (5. BFG-Novelle 2004) (645 und 749/NR der Beilagen),


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 20

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (642 und 735/NR).

*****

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung unter gleichzeitiger Betrauung eines Mitgliedes der Bundesregierung:

Republik Österreich

Dr. Wolfgang Schüssel

Bundeskanzler

An die

Präsidentin des Bundesrates

Anna Elisabeth Haselbach

Parlament

1017 Wien

GZ 350.000/0006-IV/8/04

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 11. Dezember 2004 ZI. 300.000/3-BEV/04, gemäß Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Ver­fassungsgesetz den Bundesminister für Inneres Dr. Ernst STRASSER vom Amt enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 77 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz Bundes­minister Günther PLATTER mit der Leitung des Bundesministeriums für Inneres betraut.

Mit besten Grüßen

Wolfgang Schüssel

*****

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Den eingelangten Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2003 habe ich dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zugewiesen.

Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates sowie der Entschließungsantrag 142/A (E) des Bundesrates aus 2004 der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schen­nach, Kolleginnen und Kollegen, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Diese Verhandlungsgegenstände und der Entschließungsantrag 142/A (E) des Bun­desrates aus 2004 der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen und die Wahl der beiden Vize­präsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das erste Halbjahr 2005 bilden die Tagesordnung der heutigen Sitzung.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 21

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Kollege Schennach.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

 


9.08

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Geehrte Frau Präsidentin! Bei der Beschlussfassung zur Tagesordnung war uns natürlich noch nicht bekannt, dass es nun bereits eine designierte Innenministerin gibt. Ich beantrage daher die Absetzung des Tagesordnungspunktes 1, Sicherheitspolizeigesetz, und er­suche, dazu eine Debatte durchzuführen, da die designierte Innenministerin in ihren ersten Reaktionen bereits Korrekturen im Amt erkennen hat lassen.

9.08

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für Ihre Wortmeldung. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie haben die Einwendung gegen die Tagesordnung gehört. Es wurde eine Debatte verlangt. Gemäß § 39 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates beschränke ich die Redezeit in dieser Debatte für jeden Redner auf 5 Minuten.

Wir gehen jetzt in diese Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Schennach. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.09

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Kühnel ist voller Optimismus. Ich nehme das einmal zur Kenntnis.

Wir haben nun die interessante Situation, dass es innerhalb von weniger als 20 Tagen drei unterschiedliche Amtsinhaber im Innenministerium gibt. Das ist schon eine außergewöhnliche Situation.

Wir behandeln im Rahmen der heutigen Beschlussfassung die größte Ausschreibung, die es in dieser Weise jemals in einem Ressort gegeben hat. Wir haben hier ein äußerst sensibles Sicherheitspolizeigesetz auf dem Tisch liegen – Sie können das gerne nachlesen, Herr Kollege Kühnel. Die designierte Innenministerin hat bereits andere Ansätze in ihrer künftigen Amtsführung erkennen lassen, als das bei ihrem Amtsvorgänger der Fall war. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Ich finde, es ist ein Zeichen für seriöse Behandlung und auch Fairness gegenüber der neuen Amtsinhaberin, wenn wir dieses wichtige Werk aus dem Hause des Innenministeriums mit ihr diskutieren und nicht nach der Methode, dass die Frauen das aufräumen müssen, was die Männer zuvor vorgelegt haben, vorgehen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

In diesem Sinne ersuche ich auch Sie mit Ihrem großen Verständnis, diesen Tages­ordnungspunkt heute abzusetzen und ehebaldigst neu auf die Tagesordnung zu setzen. – Besten Dank. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.11

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

 


9.11

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Lieber Herr Kollege Kühnel! – Ich hoffe, das „e“ war jetzt lang genug, damit mich Kollege Himmer nicht wieder rügen muss; ich werde Ihre Erwartungen bei der Anlage meines Debattenbeitrages mit Sicherheit berücksichtigen.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 22

Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Tatsächlich: Wir haben ein Gesetzeswerk vor uns, das sehr stark die persönliche Handschrift des bisherigen Innenministers trägt. Dieser ist der Bundesregierung abhanden gekommen, und ich habe nicht die Absicht, über die Begleitumstände und die Motive zu speku­lieren.

Der Herr Bundeskanzler hat es für richtig gehalten, für einen gewissen Zeitraum, den er damals mit bis Mitte Jänner terminisiert hat, Herrn Bundesminister Platter (Bun­desrat Bieringer: Im Höchstfall!) – länger wäre ja auch nicht gegangen, es war wirklich nur höchstens – mit der Amtsführung des Innenministeriums zu betrauen. Er hat dann – aus welchen Überlegungen auch immer; und ob er sich entschieden hat, ist eine andere Frage; offensichtlich sind ja, was im Sinne des Föderalismus durchaus zu begrüßen ist, Ministerernennungen inzwischen in die Kompetenz von Landes­haupt­leuten übergegangen – eine Innenministerin berufen, die am Mittwoch angelobt wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister Platter hat in seiner kurzen Amtszeit – aber ich gebe zu, es ist eine vernünftige Lösung, dass er sich um sein „angestammtes“ Ressort kümmert, in dem es ja genügend Aufräumarbeiten vorzunehmen gilt – nicht erkennen lassen, dass er einen anderen Ansatz wählen würde.

Die künftige Frau Bundesminister hat sich zu dieser Vorlage bisher nicht geäußert – das ist richtig, das war in Zwischenrufen von ÖVP-Seite während des Redebeitrages des Kollegen Schennach zu hören; aber sie hat doch zumindest verbal deutlich andere Ansatzpunkte gewählt, sodass eine Diskussion mit ihr über dieses Thema außer­ordentlich fruchtbar sein könnte. Ich weiß es nicht, aber das ist immerhin eine Hoffnung. Ich glaube daher, dass es sinnvoll und notwendig wäre, diese doch sehr zentrale Vorlage in dieser Situation mit einer Amtsinhaberin zu diskutieren, die dann auch die Durchführung dieses Gesetzes zu verantworten haben wird.

Sollten sich die Mehrheitsfraktionen dafür entscheiden, dem Antrag des Kollegen Schen­nach nicht Rechnung zu tragen – obwohl vieles dafür spricht –, so wird es sicherlich eine andere Möglichkeit geben, die künftige Frau Bundesminister dahin gehend zu befragen, wie sie es mit den Intentionen dieses Gesetzes hält. Ich ver­spreche Ihnen, Kollege Kühnel, damit Sie nicht ganz so enttäuscht über meine Wort­meldungen sind, dass ich dafür sorgen werde, dass es die Möglichkeit zu dieser Aussprache mit ihr geben wird.

In diesem Sinne kündige ich an, dass wir von der SPÖ den Antrag des Kollegen Schennach unterstützen werden, und lade Sie ein, eine solch offene, vorurteilsfreie Debatte über Fragen der österreichischen Sicherheit im Zusammenhang mit diesem Gesetz mit der künftigen Amtsinhaberin zu führen, was doch auch in Ihrem politischen Interesse liegen muss. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.15

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bieringer. – Bitte.

 


9.15

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Christkind kommt erst in vier Tagen und sicher nicht heute.

Ich halte ausdrücklich fest: Die österreichische Bundesregierung ist durch Herrn Bun­desminister für Inneres Günther Platter hier im Bundesrat vertreten. Er alleine ist bei Tagesordnungspunkt 1 ressortmäßig zuständig. Es besteht daher überhaupt kein Grund, hier irgendetwas abzuändern.


Bundesrat
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Lieber Herr Kollege Konecny, wenn du schon die Verfassung strapazierst, dann darf ich dir mitteilen, dass der Herr Bundespräsident Günther Platter zum Bundesminister für Inneres bestellt hat. Meines Wissens ist ein bestellter Minister so lange Ressort­minister, bis der neue Minister bestellt und vom Herrn Bundespräsidenten angelobt worden ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da dies erst am Mittwoch geschieht – wie du sicher den Medien entnommen hast –, besteht überhaupt kein Grund, die Tagesordnung zu ändern. (Bundesrat Konecny: Am Freitag hast du noch etwas anderes gesagt!) Zum anderen kannst du versichert sein: Die künftige Innenministerin Prokop wird die hervorragende Sicherheitspolitik des Dr. Ernst Strasser mit Sicherheit weiterführen, so, wie sie auch Günther Platter weitergeführt hat. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Jetzt glauben Sie ans Christkind!) Wenn es Ihnen nicht passt, dann ist das Ihr Problem, aber wir sind davon überzeugt, dass die österreichische Bevölkerung auch unserer Meinung ist und diese hervorragende Arbeit von Ernst Strasser und jetzt jene von Günther Platter auch dementsprechend würdigen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.17

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wie­lharter.

 


9.17

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark) (zur Geschäftsbehand­lung): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Auch meine Fraktion wird dem Ansinnen des Kollegen Schennach nicht zustimmen (Bundesrat Reisenberger: Überraschung!), und zwar schon deshalb nicht, Herr Kollege Konecny, Herr Kollege Schennach, weil wir eine funktionierende Bundesregierung haben (ironi­sche Heiterkeit bei der SPÖ) und die Kontinuität auf allen Ebenen gegeben ist. Die Ressortverantwortung wird wahrgenommen. Und würde man Ihrer Diktion, Herr Kolle­ge Schennach, folgen, dann würden Sie – und ich unterstelle Ihnen vorweg einmal diesen Versuch – den Parlamentarismus lahm legen. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Immer wieder sind etwa vor dem Auslaufen von Legislaturperioden auch Personal­entschei­dungen auf Regierungsebene bedingt. Es steht vor keiner Wahl fest, aus welchen Personen sich die künftige Regierung zusammensetzen wird. Dann müsste man immer, wenn die Legislaturperioden zu Ende gehen – um Ihrer Diktion und Idee zu folgen –, letztlich auch die Handlungsfähigkeit des Parlaments einstellen.

Zweiter Punkt. Warum nicht? – Sie sprechen davon, dass es um eine wichtige Ge­setzesmaterie geht. Das steht außer Zweifel, aber: Die gesetzgebende Körperschaft ist der Nationalrat, ist das Parlament und nicht die Regierung. Die gesetzgebende Kör­perschaft ist voll funktionsfähig, so wie auch in der Regierung Kontinuität gegeben ist.

Daher, meine Damen und Herren, wird meine Fraktion in keiner Weise dem Ansinnen des Kollegen Schennach Rechnung tragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.19

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse über den Antrag des Bundesrates Schennach, den Tagesordnungspunkt 1 betreffend die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz von der Tagesordnung abzuset­zen, abstimmen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 24

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 1 ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist nicht die Zweidrittelmehrheit. (Bundesrat Gruber: Noch nicht!)

Es bleibt daher bei der Tagesordnung wie vorgesehen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich beabsichtige, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 2 und 3, 5 bis 7, 8 und 9, 11 bis 13, 16 und 17, 18 bis 20 sowie 40 und 41 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Bun­desgesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundes­gendarmerie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-No­velle 2005) (643 d.B. und 723 d.B. sowie 7156/BR d.B. und 7164/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen, wie vorgesehen, zum 1. Punkt.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Höfinger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Johann Höfinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Bericht des Ausschus­ses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezem­ber 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Grenzkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder und die Verfügung über die Wachkörper der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie und das Beamten-Dienstrechtsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 2005).

Hohes Haus! Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich darf daher zum Antrag kommen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein. Als Erster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny.

Ich nehme an, dass die freiwillige Redezeitbeschränkung jedem bekannt ist. 10 Minu­ten, Kollege Konecny; ab dem fünften Redner sind es dann 6 Minuten. – Bitte.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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9.22

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vielleicht noch einen kleinen Nachtrag zur Debatte, die wir soeben abgewickelt haben; Kollege Bieringer lächelt schon, er weiß wohl, was ich jetzt sagen werde. Irgendwie muss der ÖVP am Samstag, Sonntag ein paulinisches Wun­der begegnet sein, denn am Freitag war es eben jener Kollege Bieringer, der für eine Umgestaltung der heutigen Tagesordnung dergestalt plädiert hat (Bundesrat Reisen­berger: Na schau!), dass man das Gesetz, das wir jetzt zu debattieren haben, mit der Frau Bundesminister debattieren kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bitte schön, ich anerkenne plötzliche Sinneswandlungen als legitim. (Bundesrat Bieringer: Nein!) Das Wochenende war ein beschauliches, Kollege Bieringer ist zu einer anderen Einsicht gekommen worden (Bundesrat Bieringer: Nein!), dementsprechend debattieren wir jetzt, und ich werde das auch folgsam tun. (Bundesrat Bieringer: Sie müssen schon dazusagen, Herr Kollege, ich habe ausdrücklich gesagt, wenn sie heute angelobt wird, dann auf den Schluss der Tagesordnung – und nur dann!)

Es ging doch wohl darum, das Gesetz mit ihr debattieren zu können, aber, wie gesagt, kein Problem. Wir werden diese Möglichkeit schaffen, die Frau Bundesminister wird uns mit Sicherheit, das heißt, ob mit Sicherheit kann ich nicht sagen, aber hoffentlich sagen, was sie von den hier vorgeschlagenen Maßnahmen hält.

Das Gesetz, mit dem Herr Bundesminister Strasser angetreten ist, umfasst aus meiner Sicht drei Bereiche, und meine Fraktion hat zu diesen drei Bereichen einen sehr differenzierten Zugang.

Es geht zunächst einmal um Maßnahmen, die einen Versuch darstellen, in bestimmten Bereichen durch die Ausweitung gesetzlicher Möglichkeiten Sicherheitsrisken auszu­schalten. Es ist über diese Vorschläge intensiv und auch im Detail diskutiert worden, und es sind Lösungen zustande gekommen, die vielleicht nicht zur Begeisterung hin­reißen, die aber im Prinzip auch wir mitzutragen in der Lage sind.

Es ist mir bewusst, und ich sage das ausdrücklich, dass es sich in jedem einzelnen dieser Fälle um eine Gratwanderung zwischen Datenschutz und zivilen Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger handelt, dass dieser Grat mit einem unter dem Eindruck einer sehr weit reichenden Kriminalitätswelle entstandenen Unsicherheitsgefühl zu begehen ist und es ein sehr, sehr schwieriges Unterfangen ist, nicht auf der einen oder auf der anderen Seite hinunterzurutschen.

Es handelt sich dabei einerseits um die Schaffung von Schutzzonen, wo es – rechts­staatlich nicht unbedenklich, gar keine Frage – ein Wegweisungsrecht und ein Betre­tungsverbot geben soll, ohne dass eine konkrete Handlung von der betreffenden Per­son gesetzt werden muss, sondern eben auf Grund der Umstände die Überlegung, der Verdacht besteht – etwa im Bereich Drogenhandel –, dass die betreffende Person solche Handlungen setzen oder begünstigen könnte.

Wie gesagt, rechtsstaatlich ein Grenzfall. Etwas, das keine strafbare Handlung ist, son­dern eine optische Erscheinung, ein Verhalten, wird, wenn auch in moderater Form – „Wegweisung“ heißt ja nicht „einsperren“ – pönalisiert.

Wir haben zweitens den Bereich der Videoüberwachung. Dabei handelt es sich um einen Eingriff in eine Art von informationeller Selbstbestimmung der Menschen. Auf der anderen Seite müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass dadurch für die Exekutive Mög­lichkeiten geschaffen werden, die nahezu jeder Private in seinem Bereich ganz selbst­verständlich in Anspruch nimmt. Die Zahl der Kameras, der Videokameras ist unend­lich. Der Unterschied ist, dass sie privat betrieben werden, gewissermaßen als Aus­druck eines erweiterten Hausrechtes. Der Exekutive waren diese Möglichkeiten bisher weitestgehend verwehrt, außer in konkreten Verdachtsfällen.


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Im vorliegenden Gesetzesbeschluss ist nun die Möglichkeit vorgesehen, an Brenn­punkten der Kriminalität sichtbar und mit entsprechenden Hinweisen, die den Bürger darauf aufmerksam machen, dass er sich in eine derart überwachte Zone begibt, Kameras aufzustellen. Während der Detailberatungen ist die Bestimmung hinzuge­kommen, dass Bänder – wenn sie Beweismaterial sind, gilt das selbstverständlich nicht – nach 48 Stunden zu löschen sind. Es soll ja keine Bewegungskartei der öster­reichischen Bevölkerung ad infinitum entstehen. Aber ich sage ganz ehrlich, dass das auch für mich wirklich eine Gratwanderung ist und in der Interessenabwägung eben auch die Möglichkeit der Zustimmung enthalten ist.

Drittens – und hiebei geht es in Wirklichkeit eher um eine Technisierung einer Maß­nahme, die unproblematisch auch heute getroffen werden kann – geht es um die auto­matisierte Kfz-Kennzeichenerfassung. Überall kann ein Gendarm oder ein Polizist stehen und Nummern aufschreiben, an der Grenze, an einem x-beliebigen Parkplatz. Wenn also insbesondere auf den großen Parkplätzen bei Einkaufszentren eine solche Einrichtung installiert wird, so tut diese an sich nichts anderes – vielleicht etwas mechanischer, datenmäßig umfangreicher –, als bisher auch der Gendarm mit Kugel­schreiber und Zettel hat erledigen können. – Das ist noch die unproblematischste Maßnahme.

Schließlich: die Schaffung der bundesweiten Gewalttäterkartei; auch eine Gratwan­de­rung, wo zwei Interessen ganz klar gegeneinander abzuwägen waren.

Auf der einen Seite geht es ja um Menschen, die in einem ganz spezifischen Bereich, nämlich in Bezug auf Gewalt gegen Frauen, straffällig oder, korrekterweise gesagt, auffällig – es muss nicht notwendigerweise eine Straffälligkeit sein – geworden sind und die weggewiesen wurden, etwa aus der ehelichen Wohnung. Nun leben wir in einer mobilen Gesellschaft. Es gibt Zweitwohnsitze, es gibt Wohnsitzveränderungen in hohem Tempo und in großer Zahl, und die lediglich lokale Speicherung dieser Daten hat auch in der Praxis dazu geführt, dass es Fälle gegeben hat, in denen eine Weg­weisung gewissermaßen übertreten wurde, dagegen aber nicht vorgegangen werden konnte, weil in dem anderen örtlichen Bereich der Exekutive keine entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestanden sind; so etwa bei einem Zweitwohnsitz.

Wieder eine Gratwanderung, eine Interessenabwägung, aber ich kann nachvollziehen, dass hier die Interessenabwägung zugunsten der geschlagenen, misshandelten Frauen ausgefallen ist.

In all diesen vier Bereichen eine interessante Debatte, eine schwierige Abwägung, aber letztendlich doch etwas, wo wir politisch durchaus mitstimmen können.

Der zweite große Bereich betrifft die Zusammenlegung der beiden Exekutivkörper. Hier sind insbesondere auch in den Gesprächen mit den Landeshauptleuten wesentliche Fortschritte gegenüber den ursprünglichen Plänen des Ressorts erzielt worden. Es gibt zwar einen einheitlichen Wachkörper, aber die Unterstellungsverhältnisse sind im We­sentlichen entsprechend der bisherigen Teilung Polizei – Gendarmerie aufrecht geblie­ben. Es ist damit insbesondere aus der Sicht der Länder – und das ist für den Bun­desrat wichtig – zumindest einmal vom Gesetzestext her keine Verschlechterung eingetreten.

Allerdings ist anzumerken, dass sich das Innenministerium nach dieser Einigung ein nicht unproblematisches Durchgriffsrecht bis zum letzten Beamten dieser vereinheit­lichten Exekutive durch die sehr weit gehende Definition des inneren Dienstes geschaffen hat, was man sich zumindest in der Praxis sehr genau anschauen muss.

Ich komme aber nun, nachdem ich gesagt habe, dass wir diese Maßnahme zugunsten einer hoffentlich erhöhten Sicherheit begrüßen – eine organisatorische Maßnahme, die


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wir zwar anders durchgeführt hätten, die aber im Prinzip richtig ist –, zu jenem Punkt, wo ich sagen muss: Das stellt nun die Intentionen völlig auf den Kopf!

Innenminister Strasser hat ein Jahr lang mit der Fiktion operiert, dass es nur eine ganz niedrige Zahl von Leitungsposten geben wird, die anlässlich dieser Zusammenführung der Exekutive neu ausgeschrieben werden. Es war hier im Bundesrat, wo zum ersten Mal – interessanterweise nicht von Herrn Minister Strasser; manchmal haben Vertre­tungen durchaus ihren Reiz, da wird etwas ausgeplaudert, was der Ressortchef nicht so gerne sagen möchte – tatsächlich angekündigt wurde, dass mehr als 5 000, etwa 5 300 so genannte Leitungsfunktionen neu ausgeschrieben werden. Bei einem Per­sonalstand von rund 30 000 kann man sich vorstellen, was das für Leitungsfunktionen sind. Da geht es nicht um zentrale befehlsgebende Stäbe, sondern da geht es um jeden, der zwei oder drei Leute in irgendeiner Form in einem Unterstellungsverhältnis kommandiert.

Ich frage noch einmal: Können Sie sich vorstellen – ich habe mit Kollegem Himmer diesbezüglich schon einmal die Klingen gekreuzt –, dass ein Unternehmen der Privatwirtschaft innerhalb eines Jahres jeden Leitungsposten bis hinunter zu einem, der zwei oder drei Leute unter sich hat, neu ausschreibt?

Wer mit der Exekutive etwas zu tun hat, der weiß heute schon, wie das dort abläuft. Das ist zu spüren, das ist zu merken. Es häufen sich die anonymen Anzeigen, das Mobbing erreicht ungeahnte Höhepunkte, weil jeder, der einen solchen Job hat, diesen natürlich wieder haben möchte und verteidigt. Es gibt aber immer mehr als einen anderen, der diesen Job auch gerne hätte.

Ich könnte jetzt in Klammern dazusagen, es ist vielleicht Sinn der jetzt getroffenen Personalentscheidung, dass die Funktion des Innenministers in den Händen des niederösterreichischen ÖAAB bleibt, damit sichergestellt ist, dass die Postenbeset­zungen à la niederösterreichischem Straßendienst durchgeführt werden. Aber ich weiß nicht, ob das die Intentionen sind.

Klar ist – obwohl Herr Kößl ausdrücklich gesagt hat, es sei ja nur selbstverständlich, dass sich der Minister für solche Positionen die besten Köpfe aussuchen wird; die sind halt alle schwarz gefärbt, aber der springende Punkt ist gar nicht die politische Umfär­bung, ob sie stattfindet oder nicht –, der springende Punkt ist, dass die Exekutive ein Jahr lang im Wesentlichen mit sich selbst beschäftigt sein wird. Jeder gegen jeden!

Hinzu kommt, dass alle, die gemeint haben, ihren Job fix in der Tasche zu haben, weil sie mit Herrn Strasser gut sind, doppelt verunsichert sind, weil sie nicht wissen, ob mit der neuen Ministerin ein ebenso gutes Einvernehmen bestehen wird. Herrn Minister Platter ist es erspart geblieben, sich hier festlegen zu müssen.

Die totale Verunsicherung der Exekutive ist heute schon die Folge. Am Ende des nächsten Jahres wird sich das langsam legen, wenn die Posten besetzt sind, aber glauben Sie mir, der Kriminalitätsbekämpfung dient diese Lahmlegung der Exekutive nicht. Und das vor allem ist der Grund dafür, dass wir zu einem Gesetz, das in anderen Stücken durchaus positive Ansätze hat, nein sagen müssen – im Interesse der Beschäftigten, im Interesse der Sicherheit Österreichs und im Interesse einer Exe­kutive, die sich auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren können soll, nämlich darauf, gegen diese Kriminalitätswelle vorzugehen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.36

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 28

9.37

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Politik hat die Aufgabe, die Probleme des Zusammenlebens der Menschen zu lösen. Der Mensch hat ein großes Beharrungsvermögen entwickelt, er neigt zu Rou­tine, und das führt langfristig zu bedeutenden Verkrustungen. Die Entwicklung der Menschheit geht aber zweifelsohne weiter.

Wenn das Ist und das Soll – um es etwas nüchtern darzustellen – zu weit auseinander klaffen und es dringender Reformen bedarf, gibt es zwei theoretische Lösungsansätze: Der eine ist die Revolution, der andere die Evolution, wobei bei der Evolution eben das schrittweise stetige Voranschreiten die Maxime ist.

Wir wissen aus der Geschichte, dass die Revolutionen, zumindest die Französische, aber auch die Oktoberrevolution in Russland, äußerst blutig abgelaufen sind und dass jene, die die Revolution ausgelöst haben, sie nicht immer überlebt haben. Wenn ich allerdings in den Westen blicke, in die heutigen Vereinigten Staaten von Amerika, beziehungsweise auch nach England, in Länder, die heute, was die Dauer ihrer demokratischen Entwicklung betrifft, einsame Vorbilder sind, dann ist zu sagen, in England ist die glorreiche Revolution 1689 ausgesprochen ruhig verlaufen, und auch in den USA hat es seit 1776 keine Revolution mehr gegeben.

Damit will ich ausdrücken, dass die Demokratien ein gigantisches Erneuerungs­potential haben, dass der Wettstreit der Ideen entsprechend kanalisiert ist.

Nun für Österreich: Die Zeiten haben sich zweifelsohne geändert. Die Globalisierung wird von jedem Politiker nicht nur am Sonntag in den Mund genommen, sondern Reformen sind auch in Sonntagsreden immer wieder angesagt. Der Reformbedarf wird überall beklatscht, aber dann, wenn es konkret wird, möchte man versuchen, das etwas hintanzustellen.

Ich darf aber auch daran erinnern, dass wir seit 1995 Mitglied der Europäischen Union sind, dass es dort das Tampere-Abkommen gibt, zu dem sich die Regierungschefs entschlossen haben, dass wir bei Europol und Eurojust intensiv mitarbeiten beziehungsweise versucht wird, auch die Zusammenarbeit im Bereich des Inneren in Europa massiv zu verstärken.

Die große Koalition hat zum Schluss bewiesen, dass sie überhaupt nicht mehr voran­schreiten kann. Es gibt genügend Beispiele, das zu untermauern. Die notwendigen Reformen haben sich aufgehäuft.

Nun hat sich seit dem Jahr 2000 ein Reformfenster aufgetan, das glücklicherweise immer noch offen ist, und auch der Reformwille ist weiterhin gegeben.

Neulich war eine Klausur der ÖVP-Wien im Hotel am Sachsengang. (Bundesrat Konecny: Waren alle 20 dort?) Dort hat der Lehrlingsbeauftragte der Bundesregie­rung, Herr Blum aus Vorarlberg – die sind immer sehr nüchtern und realistisch und machen gute Vorschläge –, unter anderem Folgendes gesagt: Die Idee zur Reform sei 5 Prozent wert, das Umsetzen einer Reform jedoch 95 Prozent. (Bundesrat Konecny: Das weiß die ÖVP-Wien ganz genau!) – Man kann sicher über die Prozentsätze streiten, aber im Grunde genommen ist die Umsetzung das Entscheidende.

Die Idee der Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie hatte bereits der von Ihnen besonders geschätzte – ich meine natürlich, von meiner linken Seite – ehe­malige Minister Olah beziehungsweise später der zuerst im Kanzleramt und dann im Innenministerium tätig seiende Minister Löschnak. Entscheidend aber war für die jetzige Bundesregierung, dass der Präsident des Rechnungshofes schon vor mehreren


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717. Sitzung / Seite 29

Jahren deutlich festgehalten hat, dass eine Zusammenlegung von Polizei und Gen­darmerie dringend notwendig ist.

Heute steht das Sicherheitspolizeigesetz zur Diskussion und zur Entscheidung, ob wir einen Einspruch erheben oder nicht, und diese Reform ist nun endlich auf dem Wege. Es ist dies ein Meilenstein der österreichischen inneren Sicherheitspolitik, und das gehört entsprechend gewürdigt.

Ich habe aus Ihrer Rede, Herr Professor Konecny, gehört, dass Sie durchaus Ver­ständnis haben für diese Reformen, aber leider – wie das eben bei Ihnen so oft ist – können Sie ihnen aus irgendwelchen Gründen, die Sie uns dann entsprechend breit schildern, nicht zustimmen. (Bundesrat Reisenberger: Wieder einmal nichts verstan­den!) Sie sollten sich auch überlegen, ob Sie wegen der Sicherheitspolizeireform zum Verfassungsgerichtshof gehen, denn hier ist die Frage zu stellen, welchen praktischen Nutzen das einerseits für Österreich hat, andererseits, ob ein Sinn in einer derartigen Maßnahme zu sehen ist. (Bundesrat Konecny: Sie meinen, die Verfassung ist eine Frage des Sinns, oder was?) – Außer Ihr Grundsatz der Fundamental-Opposition feiert wieder selige Urständ.

Jetzt zur Polizei- und Gendarmeriereform: Hier kommt es zu einer Zusammenlegung der Kompetenzen, und es werden endlich die diversen Überschneidungen zwischen Polizei und Gendarmerie beseitigt. Die unterschiedlichen Entscheidungsstränge wer­den glatt gezogen, könnte man sagen, die unterschiedliche Ausbildung wird verein­heitlicht. Bewaffnung, Ausrüstung, unterschiedliche Kommunikationssysteme werden ebenfalls auf eine gemeinsame Basis gestellt, um zu erreichen, dass vor allem schnell gearbeitet werden kann und nicht vielleicht an irgendwelchen Übermittlungen die entsprechende Nacheile scheitert.

Dieser Meilenstein des Sicherheitspolizeigesetzes hat aber auch noch eine andere Begründung, denn es ist damit zu rechnen, dass wir uns mit dieser Reform da und dort Geld des Steuerzahlers ersparen – es muss immer Ziel des staatlichen Handelns sein, hier mit dem Euro entsprechend umzugehen.

Was bedeutet dieser Meilenstein noch? – Es kommt hier zu einer Zusammenlegung von 36 verschiedenen Stellen zu neun Landespolizeikommanden. Wenn man die Zoll­wache von früher noch dazurechnet, dann wären das sogar 45 gewesen, und diese ergeben dann neun insgesamt.

Eines möchte ich Ihnen nicht ersparen: In der „Presse“ vom 15. Dezember 2004 ist nachzulesen, dass in einer Umfrage 60 Prozent der Österreicher die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie befürworten. Wenn ich das Wahlergebnis von 2002 zugrunde lege, dann haben ÖVP und FPÖ 52 Prozent: Damit ist klar, dass auch von Teilen der Grünen und der SPÖ diese Reform positiv gesehen wird. (Bundesrat Gruber: Nur weil sie die Details nicht kennen!) Ja, ja, sicher! Sie können all das nachlesen, ich gebe Ihnen gerne den Artikel, damit Sie eine Qualitätszeitung zur Kenntnis nehmen. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Nächster Punkt: Durch diese Reform werden ungefähr 13 000 Polizisten und 14 000 Gendarmen zu 27 vereint. (Bundesrat Konecny: Nein, bitte nicht! Lassen Sie die Tausend dabei!) Durch diese Zusammenlegung der Kommandostellen kommt es dazu, dass zirka 500 zusätzliche Polizisten im Außendienst verwendet werden können, um eine effiziente und wirksamere Kriminalitätsbekämpfung durchführen zu können.

In Oberösterreich schaut das in der Praxis so aus – wenn ich Ihnen das kurz darlegen darf –: Die Bundespolizeidirektion Linz, Wels, Steyr, das Landesgendarmeriekom­mando Oberösterreich und das Zollwache-Inspektorat Oberösterreich werden zum Landespolizeikommando Oberösterreich zusammengefasst.


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Die Videoüberwachung ist ein weiterer Fortschritt in der Präventivwirkung, denn bisher war es durchaus möglich, in Kaufhäusern Videoüberwachung durchzuführen, aber auf öffentlichen Plätzen nicht.

Auch die Einrichtung von Schutzzonen ist eine bedeutende neue Maßnahme.

Die erweiterte Gefahrenerforschung erleichtert die Arbeit des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Zusammenfassend möchte ich sagen – vor allem an die Sozialdemokraten und die Grünen gerichtet –: Sehen Sie doch bitte die Verbesserungen, die durch diesen Reformschritt gesetzt werden!

Ich gratuliere Bundesminister Strasser, der Bundesregierung und auch dir, Herr Bun­desminister Platter, zu dem Stehvermögen für diesen Jahrhundertschritt, denn Sicher­heit ist auch für wirtschaftliche Entscheidungen – nämlich in der Standortfrage – von großer Bedeutung. Durch diese Reform wird sichergestellt, dass unser Sicherheits­apparat fit für das 21. Jahrhundert ist.

Zuletzt möchte ich meinen ganz besonderen Dank aussprechen dem Bundesminister für Inneres – dem früheren und dem jetzigen –, dem „team 04“ für die intensive Arbeit, für die lange Planung. Und – das ist auch ein Grundsatz im Bauen, und mich freut, dass er auch hier Anwendung findet –: Eine lange Planung bedeutet eine kurze Umsetzung. Wenn die kurze Umsetzung gegeben ist, ist der Sicherheitsapparat in kürzester Zeit fit für das 21. Jahrhundert. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.47

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet: Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte.

 


9.47

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Küh­nel, Sie haben in einem Punkt sicher Recht – und das haben wir auch nie bestritten –: Die Zusammenführung von Gendarmerie, Polizei und des dritten Wachkörpers ist eine sinnvolle Maßnahme, ist eine Maßnahme der Effizienz. Es ist allerdings immer die Frage, unter welchen Vorzeichen Zusammenlegungen gemacht werden und ob mit der Zusammenlegung das erreicht wird, was man am Ende will, nämlich eine verstärkte Sicherheitsgarantie. – Das sind Fragen, die Sie hier nicht beantwortet haben, denn ob die frei gewordenen Kollegen und Kolleginnen jetzt tatsächlich in den Außendienst kommen oder versucht wird, irgendwelche internen Verwendungen zu finden, das werden wir erst sehen.

Kommen wir zurück: Wir hätten dieses Gesetz – ich habe das heute schon einmal gesagt – gerne mit der neuen Innenministerin diskutiert. Kollege Konecny hat schon darauf hingewiesen, dass wir von Seiten der Opposition zur Kenntnis nehmen, dass der Bundeskanzler unter Kuratel gestellt ist, was den Entscheidungsbereich betrifft, aber es wird hier trotzdem eine interessante Diskussion werden. (Bundesrat


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Bieringer: Das reden Sie sich so lange ein, bis Sie es selbst glauben!)

Nein, ich finde es eine interessante Entscheidung, Kollege Bieringer, an die Spitze des Innenministeriums einmal eine Frau zu stellen – wir wissen, dass kein Ministerium seine Amtsträger so verändert hat wie das Innenministerium. Aus meiner Sicht ist das ein sehr interessanter Schritt. (Bundesrat Bieringer: Das hat der Herr Bundeskanzler vorgeschlagen, und was ist da schlecht daran?!) Nein, eh nicht! (Bundesrat Bieringer: Wieso kritisieren Sie es dann immer?! Das versteht kein Mensch mehr!) Aber der Vorgang ist interessant, Herr Kollege Bieringer, wie es dazu kommt! (Bundesrat Bieringer: Die ÖVP war es, die die erste Sozialministerin gestellt hat! Die ÖVP war es, die die erste Nationalratspräsidentin gestellt hat! Sie müssen das zur Kenntnis nehmen, ob es Ihnen passt oder nicht! Und die ÖVP ist es, die die erste Innen­ministerin stellt!) Genau, mit Prölls Hilfe!

Herr Kollege Kühnel weiß es ja am besten ... (Bundesrat Bieringer: ... wenn sie mit Van der Bellens Hilfe gekommen wäre, dann könnten Sie uns das vorhalten! – Bundesrat Gruber: Sie können sich zu Wort melden!) – Kollege Bieringer ist einfach noch immer darüber glücklich, dass in seinem Bundesland erstmals eine Landes­hauptfrau an der Spitze des Landes steht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Und von dieser Freude ist er bis heute noch voll erfüllt. (Heiterkeit und Beifall bei Bun­desräten der SPÖ.) Das soll man ja auch einmal sagen dürfen. Das ist schon in Ordnung.

Kollege Kühnel, Kollege Bieringer – mir ist es egal, beide kennen das aus den Landesorganisationen der ÖVP, die bei weitem kleiner sind; die ÖVP-Wien ist eine ganz kleine Organisation –, Sie wissen, was es bedeutet, wenn es heißt, es müssen Listen erstellt werden oder es muss gar ein Parteiobmann gefunden werden. Da ist eine Landespartei, auch im kleineren Zuschnitt, eher etwas gelähmt. Nun aber haben wir eine Organisation bestehend aus Polizei und Gendarmerie, die jetzt 5 300 Posten ausschreibt. Wir alle wissen, was es in einem Großunternehmen bedeutet, wenn sich jetzt die einzelnen Kollegen und Kolleginnen bewerben müssen. Sie müssen das Koordinatensystem, die Netzwerke berücksichtigen, aufbauen – Kollege Konecny hat gesagt, sie werden sehr lange mit sich selbst beschäftigt sein. Das kann man einmal mit Sicherheit annehmen.

5 300 ausgeschriebene Posten, nehmen wir einmal an 7 000 oder 6 000 Bewerbun­gen, das wird eine enorme Beschäftigung mit sich selbst sein, noch dazu, wo die Rösser an der Spitze ausgetauscht wurden, wo die Koordinaten in diesem Sinne nicht stimmen.

Es stellt sich nach wie vor die Frage, ob der Mittelweg, der hier beschritten wurde, nämlich zu sagen: Wir interpretieren das Ausschreibungsgesetz in die Richtung, dass wir hier ausschreiben müssen!, ob dieser Mittelweg richtig war. Es handelte sich mit Sicherheit in weiten Bereichen um eine Entscheidung mit Ermessensspielraum, ob die Ausschreibung in dieser Form als Massenausschreibung notwendig ist. Sie haben sich auf Grund der Zusammenführung der drei Wachkörper aus ganz bestimmten Gründen für eine Massenausschreibung entschieden. Kollege Bieringer, du bist ein ÖAABler, du weißt, wie das geht. Es steht immer auch ein ganz bestimmtes Interesse dahinter.

Man kann wahrscheinlich jetzt schon eine Wette annehmen. Die Personalvertretungs­­wahlen haben ein anderes Ergebnis gezeigt, als die ÖVP haben wollte, die ÖH-Wahl hat ein anderes Ergebnis gezeigt. Deshalb verändern wir immer wieder die Grund­lagen. Bei der Polizei machen wir es mit Postenausschreibungen. Wetten, dass die Mehrheit der 5 300 plötzlich ÖAAB-Mitglieder sind, dass einige auch bei der Freiheit­lichen Partei zu finden sind. So wird das geschehen. Wir brauchen keine Sorge zu haben, auch bei der künftigen Frau Innenministerin, auf die ich mich sehr freue – das wird ein spannendes Projekt –, wird das so sein, denn sie ist ja in Niederösterreich in der Wolle gefärbt worden und weiß wahrscheinlich auch ganz genau, wie das geht.

Deshalb werden wir im nächsten halben Jahr im Bereich der Kriminalstatistik, im Bereich der Verbrechensbekämpfung, im Bereich der Verbrechensaufklärung keine goldenen Zahlen schreiben. Wir werden uns hier nicht besonders hervortun. Und die ohnedies zutiefst irritierte und verunsicherte Exekutive ist einmal mehr irritiert und verunsichert worden.


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717. Sitzung / Seite 32

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie werden das heute beschließen, das haben Sie ja ganz klar zum Ausdruck gebracht. Ich möchte nicht verhehlen, dass die Zusammenlegung an sich eine Sache ist, die in Ordnung geht, dass auch die Arbeiten des Projektmanagements, des „team 04“, sicher eine hervor­ragende Grundlage ... (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) – Kollege Bieringer ist heute extrem nervös. Ich weiß nicht, was heute mit ihm los ist.

Darin, nachträglich verschiedene personelle Situationen so darzustellen, wie man es braucht, wie man es sich wünscht, hat diese Regierung größte Erfahrung.

Kommen wir zum zweiten Teil der heutigen Gesetzesvorlage, dem Sicherheitspolizei­gesetz. Auch darin gibt es sicher, wie zum Beispiel § 80b, gute Ansätze, generell wird jedoch die Ermächtigung ein Stückchen weiter ausgedehnt.

Wir glauben, dass Sie mit der Sperrzonenverordnung den Sicherheitsbehörden keinen guten Dienst erweisen. Ich nehme an, dass es eine ganze Reihe von Schulen geben wird, die eine solche Schutzzone für sich fordern. Die Sicherheitsdirektionen werden dann entscheiden müssen, ob man sie macht oder nicht.

Immer dann, wenn ich ein Gesetz mache, muss ich mir überlegen: Wie groß wird der Anfall sein? – Es konnte diesbezüglich keine wirkliche Schätzung erfolgen. Das hätte ich mir jedoch schon erwartet, nämlich dass man sagt: Wir nehmen an, dass es in einer ersten Phase 10, 15 besonders risikoreiche Schulen sind. Aber offensichtlich gibt es dazu keine Zahlen.

Was aber ist dann, wenn es eine Schule gibt, die das beantragt hat, sie aber nicht in die Schutzzone aufgenommen wurde und dort dann wirklich etwas passiert? – Dann bleibt der schwarze Peter – in diesem Sinne wortwörtlich der schwarze Peter – bei der Exekutive. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Innenminister Strasser – heute muss man ja sagen: Präsident Strasser, aber als Innenminister Strasser hat er das hier noch lapidar gesagt – hat gemeint: Jeder Tourist darf mit der Videokamera herumrennen, nur die Exekutive nicht. – Das ist eine typische Verwechslung von Äpfeln mit Birnen: Welche Auswirkungen hat die Exekutive mit ihren Kameras und welche ein Tourist mit seiner Kamera? Vor allem die Motive sind unter­schiedliche, denn es ist ein Unterschied, ob das Schloss Schönbrunn gefilmt wird oder ob eine allgemeine Überwachung durchgeführt wird. Das ist eine Frage, die sich die Gesellschaft stellen muss: Wie weit wollen wir eine überwachte Gesellschaft sein? (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Immer der Rechtsschutzbeauftragte. Da haben wir wieder das Problem der Zweidrittelmehrheit, Kollege Kühnel, das wisst ihr. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Ihr wollt immer Blanko-Schecks! Ihr diskutiert nicht, aber ihr wollt gleichzeitig für die Diskussionsverweigerung einen Blanko-Scheck. Das gibt es nicht! Kollege Bieringer hat gesagt: Weihnachten ist heute noch nicht! Und deshalb bekommt auch ihr diesen Blanko-Scheck nicht, weil eben, wie Kollege Bieringer sagt, heute noch nicht Weih­nachten ist. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm.)

In diesem Sinne sind wir leider genötigt, diesem Gesetz unsere Zustimmung zu verweigern. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.58

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet: Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


9.58

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 33

Kolle­gen! Herr Bundesrat Schennach (Bundesrat Schennach: Ja!) und Herr Bundesrat Konecny (Bundesrat Konecny: Hier!) meinen, man sollte heute diesen Punkt von der Tagesordnung absetzen. Schauen Sie, liebe Kollegen, es ist egal, ob wir das heute, morgen oder nach den Feiertagen diskutieren, von euch wird es immer ein Nein geben. Daher sind wir verpflichtet, dem Gesetz Rechnung zu tragen und es heute zu behan­deln.

Die Hauptsorge, Herr Kollege Schennach, gilt deiner Meinung nach eigentlich der Postenbesetzung. Für uns ist nicht die Postenbesetzung entscheidend, sondern wichtig ist, dass die besten Leute auf dem richtigen Platz sind! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das haben die Freiheitlichen bis heute immer getan (ironische Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen), und ich hoffe, dass die Kollegen von der ÖVP dies auch tun werden. Denn die österreichische Bevöl­kerung weiß, die Demokratie ist gut, die Menschen sind gut. Aber auf der öster­reichischen Exekutive lastet ein hohes Maß an Verantwortung für die Bevölkerung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir von Polizei und Gendarmerie reden, dann müssen wir ein bisschen in die Geschichte zurückgehen, um die Funktion von Polizei und Gendarmerie überhaupt verstehen zu können. 1527 wurde erstmals die Polizei eingerichtet – sehr interessant. Bis zu diesem Zeitpunkt waren es Bürger­wehren, die für die Sicherheit vor allem im städtischen Bereich verantwortlich waren und die Marktordnung und so weiter vollzogen haben.

Maria Theresia und vor allem Kaiser Joseph II haben nach 1776 große Bereiche in der Monarchie ausgebaut und letzten Endes für uns alle eine große Sicherheitsoffensive eingeleitet. Mit dem Revolutionsjahr 1848 ist die Gründung der österreichischen Gen­darmerie vollzogen worden. Die Agenden wurden dann 1870 neu geordnet. Von Polizei und Gendarmerie konnte in dieser Zeit, wie ich meine, sehr viel an Verantwortung übernommen werden: Bewältigung von Sicherheitsfragen in der Monarchie, während des Ersten Weltkrieges, der Zwischenkriegszeit, des Zweiten Weltkrieges und des Wiederaufbaus.

Wenn Österreich heute eines der sichersten Länder der Welt ist, so sollten wir nicht anstehen, der österreichischen Exekutive, ob Polizei oder Gendarmerie, für die bisher gezeigte Verantwortung zu danken. Ich glaube, dazu sind wir alle verpflichtet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die österreichische Gendarmerie und die Polizei – das sollten wir auch wissen – waren Vorbild für Sicherheitskräfte im großen Land China, in Bulgarien und für die türkische Polizei. Deren große Polizeichefs haben die sehr erfolgreiche österreichische Sicher­heitspolitik als Vorbild für ihre Länder genommen. (Bundesrat Schennach: Dann haben die aber etwas missverstanden: Türkei, China!) – Die haben alles verstanden.

Seit 1965 erfolgte ein ständiger Ausbau von Polizei und Gendarmerie. Es wurde zum Beispiel die Notrufnummer 133 eingeführt – für jedermann von großer Bedeutung. Es entstanden Spezialeinheiten für Terrorismus, Suchtgifthandel, Kriminaldienst, Hunde­staffel, Alpindienst, Strahlenschutz, Umweltkriminalität. Eine gewisse Arbeitsteilung war Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit.

Die Arbeitsteilung bei der Exekutive, also von Polizei und Gendarmerie, erfolgte dahin gehend, dass die Polizei für die Landeshauptstädte und weitere sechs Städte, wie Steyr, Wels, Leoben und noch drei weitere, zuständig war und die Gendarmerie für alles andere, also für den gesamten ländlichen Bereich. Ihre Leistung – ich habe es schon gesagt – war hervorragend. Im Jahr 1993 erfolgte eine Neuregelung der Exe­kutive. Es wurden die Organisation, die Sicherheitsgruppe und die Exekutive neu geregelt.


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717. Sitzung / Seite 34

Auf Grund ständiger Verbesserungen im Informationsbereich und verbesserter tech­nischer Ausrüstung werden schon länger Überlegungen im Hinblick auf eine Zusam­menarbeit von Polizei und Gendarmerie angestellt. Die Doppelgleisigkeit im Sicher­heitsbereich hat keine Berechtigung mehr.

Der neue Gesetzentwurf enthält folgende Schwerpunkte: Zusammenführung der Wachkörper, gemeinsame Datenermächtigungen, einheitliche Überwachungsmöglich­keiten, gemeinsame Gefahrenforschung, nur eine Sicherheitsakademie für Sicher­heitsausbildung, Verbesserung der Grenzübereinkommen, ein einheitliches Organi­sationsgesetz, straffe Führungsstrukturen und bessere Möglichkeiten für die Erfüllung von Sicherheitsaufgaben.

Die Sicherheit ist unseren Bürgern sehr viel wert. Daher sollten wir der besten Struktur in straffer Form die Zustimmung geben. Die beste Ausbildung unserer Beamten muss unser gemeinsames Ziel sein, auch die beste Ausrüstung für unsere mit modernsten Kenntnissen ausgestatteten Beamten. Von großer Bedeutung für unsere Bürger ist eine schnelle Erreichbarkeit im Ernstfall. Mit diesem Gesetz werden wir derzeit das Beste für unsere Bürger tun.

Herr Bundesrat Konecny! Irgendwo gibt es eine gewisse Ähnlichkeit zwischen uns beiden. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Die werde ich Ihnen schon sagen. Allerdings muss ich etwas verteidigen, was Herr Kollege Konecny vergessen hat, und zwar Folgendes. Es ist unglaublich, was sich in meiner Gemeinde im Jahr 1993 abgespielt hat. Unser Gendarmerieposten ist nach fast 150-jährigem Bestand – er wurde 1849 gegründet – ausradiert, zugesperrt worden. Weder Interventionen der Kärntner Landesregierung, des Kärntner Landtages, der Marktgemeinde noch eine Unterschriftenaktion haben genützt. Und da frage ich mich schon, mit welcher Berechtigung man heute andere Überlegungen für nicht gut hält.

Ich möchte Sie wirklich bitten, dieses Gesetz, das derzeit die beste Möglichkeit ist, die Sicherheit Österreichs zu erhöhen, auf das die Österreicher warten, das letzten Endes auch aus Gründen der Sparsamkeit erfolgt, für uns zu beschließen. Ich glaube, das ist eine große Leistung und gehört in die Liste all jener Reformen, die wir heuer schon gemeinsam beschlossen haben. Die Sicherheit muss uns das wert sein. Und ich glaube, das sollten wir alle sehr ernst nehmen.

Noch einmal, Herr Kollege Konecny: Wenn Sie es verzögern wollen, dann plaudern wir drüber, aber Sie sagen bei guten Reformen fast immer nein. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.07

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wiesenegg. – Bitte.

 


10.07

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Geschätzte Frau Präsident! Lieber Freund, Herr Minister, grüß dich Gott! (Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Eduard Mörike, ein ganz berühmter Dichter, hat einmal gemeint, man muss sich auf etwas freuen können. Dieses Sicherheitspolizeigesetz zählt für mich nicht dazu.

Geschätzte Mitglieder des Hohen Hauses! Herr Minister! Ich begrüße es, dass wieder eine Frau an die Spitze eines sehr wichtigen Ressorts gekommen ist. (Beifall bei Bundesrätinnen von SPÖ und Grünen.) Wie sie aber den Spagat zwischen dem, was sie heute gesagt hat, nämlich Menschlichkeit und Härte, schaffen wird, das werde ich mir in den nächsten Tagen ganz besonders ansehen.

Nun, geschätzte Damen und Herren, passen Sie ganz besonders auf. Ich bin der Meinung wie viele andere auch, und da werden Sie verwundert sein, dass ich nicht


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717. Sitzung / Seite 35

unbedingt an alten Traditionen festhalten muss, und bin auch überzeugt, dass das neue Sicherheitspolizeigesetz Synergien freisetzen wird, ich weiß nur noch nicht, in welche Richtung.

Meine Damen und Herren! Die Zusammenlegung zweier unterschiedlicher Sicherheits­organisationen, und das sind sie nun einmal, bringt jedoch vor allem vorerst Unsicher­heit nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch bei unseren Beamten, und das in einer Zeit, in der die Frage der Sicherheit in der Öffentlichkeit ohnehin einen beson­deren Stellenwert hat.

Über die 5 316 Beamten mit Leitungsfunktionen, die sich neu bewerben müssen, wurde heute schon viel gesprochen. Geschätzte Damen und Herren in diesem Haus! Ich sehe aber schon eine gewisse Gefahr im Hinblick auf Parteibuchwirtschaft auf dem Rücken unserer Sicherheit. Niemand kann – und das sei bitte erwähnt – nach den überall stattgefundenen Färbelungsaktionen diesen Eindruck, den ich da habe, ent­kräften. Ich bin so viel mit Gendarmeriebeamten beisammen, dass ich mir schon denken kann, wie diese Lösung dann aussehen wird.

Geschätzte Damen und Herren! Ich stehe einem ganz großen Unternehmen vor. Wenn ich diese Aktion der Neuausschreibung von 5 000 Mitarbeitern so durchführte, könnten wir morgen unser Unternehmen – es ist ein ganz großes Unternehmen – zusperren. Was da geschieht, kann nur der ermessen, der ein bisschen eine Ahnung von diesen Größenordnungen hat.

Schwer wiegend dabei ist, dass der direkte Zugriff auf die zusammengelegten neuen Sicherheitswachkörper nur mehr von einer – und da müssen Sie gut aufpassen – politischen Entscheidungsebene oder vom Landeshauptmann erfolgt, was bei der Struktur alt nicht der Fall war.

Allein auf Grund dieser Tatsache meine ich – ich sage das auf Grund von demo­kratiepolitischen Betrachtungen in speziellen Fällen –, dass die Ein-Mann- oder Eine-Frau-Entscheidungsebene auf jeden Fall nicht zu begrüßen ist. Und die überdimen­sionalen Sicherheitsstrukturen lösen das Problem der derzeit bei uns bestehenden Kriminalität mit all ihren Facetten auch nicht.

Zusätzliche Sicherheitsbeamte, so sagen mir die Personalvertreter der Sicherheits­wache, werden dabei keine zur Verfügung gestellt, ganz im Gegenteil, im ländlichen Raum wird der Personalstand noch mehr ausgedünnt. Und hier liegt für mich als Bundesrat und Bürgermeister die Hauptkritik. Ohne mehr Beamte ist unser Sicherheits­standard nicht zu halten, geschweige denn zu verbessern.

Geschätzte Damen und Herren! Ich nehme daher die heutige Diskussion erneut zum Anlass, nochmals auf die schwierige Personalsituation bei der Gendarmerie hinzu­weisen, die nicht gelöst ist. Das Versprechen, die im System festgelegten Planposten sind bis heute nicht erfüllt, im Gegenteil. Ein Beispiel aus meinem Bezirk: Es fehlen noch die versprochenen, durch Minister Strasser schriftlich zugesagten zehn Plan­posten, ohne die Lkw-Kontrollstelle Musau einzurechnen, auf die ich dann noch zu sprechen kommen werde.

Weiters stellt sich bei diesem Sicherheitspolizeigesetz für mich schon die Frage, ob bei der Regelung – und das werden viele nicht wissen –, Artikel 1 Ziffer 17, § 57 Absatz 3, der Datenübermittlung insgesamt den datenschutzrechtlichen Standards entsprochen wird. Die weitgehend ohne Bezugnahme auf einen bestimmten Zweck zulässige Über­mittlung aller verarbeiteten Daten stellt für mich einen weit reichenden Eingriff in grund­rechtlich geschützte Rechtspositionen dar.

Meine Damen und Herren! Der Tiroler Landtag – und das ist wichtig für meine Kollegen aus dem Land Tirol – hat sich ebenfalls bereits mit der erwähnten Strukturveränderung


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befasst, diese kritisiert und diskutiert und konnte zu einem klaren Ergebnis kommen – Frau Präsident, ich zitiere –:

„Die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Länder sind im Zuge der Sicher­heitsreform insbesondere in den Bereichen der Katastrophenprävention und –bekämp­fung bzw. Krisenmanagement zu verstärken, um effiziente Übergänge bei der Vollzugs­zuständigkeit bei einzelnen Sachmaterien und einen direkten Zugriff auf die Exekutive sicherzustellen.

Im Zuge der Zusammenlegung von Polizei, Gendarmerie und Zollwache“ – die Ge­meindewachkörper, geschätzte Damen und Herren, sind nicht inkludiert; das wäre ja auch ein Ansatzpunkt, die Gemeindewachkörper hier mit einzubinden – „zu einem bundesweit einheitlichen Exekutivwachkörper und der damit verbundenen Einrichtung einer neuen Kommandostruktur in den einzelnen Ländern sind föderale Strukturen anzudenken, die dem Land auch ein Mitspracherecht“ – und jetzt kommt der Punkt – „bei der Bestellung von Leitungsfunktionen sicherstellen“.

Geschätzte Damen und Herren! Ich könnte noch stundenlang über diese Sache refe­rieren, aber es leuchtet ja schon dieses wunderbare rote Lämpchen. Ich bin also der Überzeugung – und ich glaube, wir sind ja Bundesräte –, dass hier in diesen Bereichen keine Erfüllung föderalistischer, demokratischer Grundsätze vorliegt. Daher werde ich diesem Gesetz in wesentlichen Teilen auch nicht die Zustimmung erteilen.

Ich bitte dich, lieber Herr Minister, deiner künftigen Kollegin die Tiroler Anliegen näher zu bringen. Ich gehe davon aus, dass du das mit Sicherheit machen wirst. Wir haben unser Problem bei der Lkw-Kontrollstelle Musau. Bitte nimm das mit auf den Weg! Wenn dazu die Beamten fehlen, wenn diese Beamten nur bei spontanen Kontrollen eingestellt werden, dann ist diese Kontrollstelle zahnlos. Und diese Kontrollstelle liegt, wie Sie, meine Damen und Herren, wissen, an der B 179. Diese hat eine große Sogwirkung auf die deutsche Autobahn A 7 und ist ein großes Problem für die Tiroler Bevölkerung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.14

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist der Herr Bundes­minister. – Bitte.

 


10.14

Bundesminister für Landesverteidigung, betraut mit der Leitung des Bundes­ministeriums für Inneres, Günther Platter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Damen und Herren! Zum Ersten: Eines der großen Projekte, die sich die Bun­desregierung in dieser Legislaturperiode vorgenommen hat, ist die Zusam­men­legung der Wachekörper. Wenn man sich die neuen Bedrohungsszenarien anschaut – internationaler Terrorismus, insbesondere, was das Innenministerium be­trifft, die globale Kriminalität –, ist eines klar: dass die Exekutive bestmöglich organi­siert werden muss, um höchstmögliche Sicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher zu schaffen.

Geschätzte Damen und Herren! Diese sicherheitspolizeilichen Herausforderungen können mit den Strukturen der siebziger Jahre nicht mehr bewältigt werden. Daher ist die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie, der Wachekörper, sinnvoll und auch notwendig, damit wir weiterhin das sicherste Land der Welt sein können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Sie haben vorher gehört, ich fahre im Anschluss an diese Debatte nach Bosnien und bin morgen im Kosovo. Ich besuche die Soldatinnen und Soldaten gemeinsam mit dem Herrn Bundespräsidenten, so wie das öfter der Fall ist. Jedes Mal, wenn ich zurückkomme, denke ich mir: Wir haben es gut! Und wissen


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Sie, warum wir es eigentlich gut haben? – Weil wir in Frieden, Sicherheit und Freiheit leben können. Und dazu leistet die Exekutive Großartiges. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber wir müssen permanent daran arbeiten, dass dieses subjektive und objektive Sicherheitsgefühl der Österreicherinnen und Österreicher erhalten bleibt. Stillstand in der Sicherheitspolitik wäre ein Rückschritt. Deshalb sind diese Maßnah­men, die heute hoffentlich beschlossen werden, von immenser Bedeutung.

Geschätzte Damen und Herren! Die Zusammenlegung ist notwendig, dies zeigt die internationale Erfahrung. Das fordert darüber hinaus auch der Rechnungshof. Es sagt aber auch der Hausverstand, dass diese Zusammenlegung erfolgen muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit März 2003 laufen die Vorbereitungen für diese Zusammenlegung auf Hochtouren. Hunderte Mitarbeiter haben hervorragende Konzepte ausgearbeitet, und international wurde das sehr intensiv beobachtet und gelobt. Tausende Mitarbeiter wurden informiert. Es ist auch sehr gut, dass die Kon­zepte für diese Zusammenlegung nicht nur in Wien erarbeitet werden, sondern dass man sich der Diskussion stellt. Tausende wurden informiert, und es haben auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst diese Organisation weiterentwickelt. Daher möchte ich heute all jenen, die mit dieser Problematik beschäftigt waren, intensivst gearbeitet haben, allen Experten im Sicherheitsbereich meinen besonderen Dank und meine Anerkennung aussprechen. Es sind einige Repräsentanten heute hier. Sie haben sehr, sehr viel geleistet. Meinen herzlichsten Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Innenminister Dr. Ernst Strasser hat es sich gemeinsam mit der Bundesregierung zum Ziel gesetzt, dass es machbar ist, dass die Zusammenlegung der Wachekörper durchgeführt wird. Er hat Ziele eindeutig vorgegeben, die notwendig sind, damit diese Zusammenlegung positiv über die Bühne geht.

Geschätzte Damen und Herren! Einige Ziele davon: Vereinfachung und Zusam­menführung von Führungs- und Administrationsebenen, konsequente Einführung moderner Arbeitsmethoden und Arbeitstechniken, Ressourcenbündelung zur Stärkung des exekutiven Außendienstes, international kompatible polizeiliche Strukturen und Implementierung der Kriminalitätsbekämpfung auf allen Ebenen der Sicherheits­exe­kutive.

Meine Damen und Herren! Was bedeutet nun diese Zusammenlegung der Polizei und Gendarmerie, der Wachekörper? – Ich nenne zehn Punkte dazu.

1. Punkt: Anstelle dieser 45 Kommandostrukturen werden wir nur mehr neun Kom­mandostrukturen haben, das heißt, in jedem Bundesland ein Kommando.

2. Punkt: Schlanke und klare Strukturen vom Inspektionskommandanten bis zum Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit.

3. Punkt: Einheitliches Erscheinungsbild. Es wird das die Visitenkarte Österreichs sein.

4. Punkt: Weniger Verwaltung, dafür aber mehr Mitarbeiter im Außendienst, was immer verlangt wird. Über 500 Exekutivbeamte mehr werden im Außendienst und weniger in der Verwaltung tätig sein – ein ganz wichtiger Punkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

5. Punkt: Die Kriminalität, wie Sie alle wissen, kennt keine Grenzen. Überwachungs­grenzen der Polizei gehören in Zukunft der Vergangenheit an.

6. Punkt: Unseren Bürgern werden kompetente Ansprechpartner in allen Dienststellen zur Verfügung stehen. Die Exekutivbeamten stehen zur Verfügung, dass die Bürger dementsprechend beraten werden. Beratung ist in der Sicherheitspolitik ganz beson­ders wichtig, aber auch die enge Zusammenarbeit zwischen Exekutive und Bevöl-


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kerung. Die Exekutive muss auch von der Bevölkerung entsprechende Informationen bekommen, und das natürlich auch umgekehrt.

7. Punkt: Einheitliche, stark reduzierte Arbeitsprozesse sind das Um und Auf der neuen Polizei.

8. Punkt: einheitliche Ausbildung, einheitliche Ausrüstung, einheitliche Kommunika­tions­systeme, einheitliche Kriminalitätsbekämpfung, einheitlicher Verkehrsdienst. Da­durch besteht mehr Flexibilität, aber auch mehr Effizienz im Einsatz.

9. Punkt: Vorteile für die Mitarbeiter, bessere Karrierechancen durch bessere Ausbil­dung, höhere Einkommen für Außen-, Nacht- und Wochenenddienste. Berufsspezifi­sche Erschwernisse werden im Dienst- und Pensionsrecht anerkannt.

10. und wesentlichster Punkt: Die Zusammenlegung dieser Wachekörper bedeutet ein Mehr an Sicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher.

Geschätzte Damen und Herren! Wie geht es nun weiter? Die Überführung der Zollwache wurde bereits im März 2004 durchgeführt. Nach der Beschlussfassung im Nationalrat habe ich bereits angeordnet, dass vorbehaltlich der heutigen Beschluss­fassung alles darangesetzt wird, dass die Umsetzungsschritte gemacht werden. Wir müssen schauen, dass diese Zeit der Verunsicherung, was auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft, sehr kurz ist, dass diese Struktur so rasch wie möglich Platz greifen kann. Ich gehe davon aus, dass die wesentlichsten Bereiche dieses neuen Sicherheitspolizeigesetzes, insbesondere was die Zusammenlegung der Wachekörper betrifft, am 1. Juli 2005 umgesetzt sein werden. Dazu gibt es Projektteams mit 32 Pro­jekten. Projekte gibt es unter der Leitung des Brigadiers Franz Lang, aber auch Projekte innerhalb der einzelnen Bundesländer. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass hier ein Landeslenkungsausschuss eingerichtet worden ist, damit diese regionale Umsetzung gemeinsam mit den Ländern erfolgen kann.

Geschätzte Damen und Herren! Die heute vorliegende SPG-Novelle beinhaltet aber auch andere wichtige Punkte, wie sie teilweise bereits von einigen Rednern genannt wurden. Einer davon ist die Videoüberwachung. Der Einsatz von Videotechnik ist ein wichtiger Aspekt in der Kriminalitätsbekämpfungsstrategie und führt in Verbindung mit anderen polizeilichen Maßnahmen zweifellos zum Erfolg. Videoüberwachung an Krimi­nalitätshäufungspunkten, so genannten Hot Spots, hat zum einen einen präventiven Charakter, und zum anderen können Videoüberwachung und Videoaufzeichnung im Anlassfall bei der Begehung von kriminellen oder terroristischen Handlungen eine bedeutende Hilfe zur Aufklärung begangener Straftaten sein. Ein wesentlicher Punkt ist bei dieser Regelung, dass die Rechtsschutzbeauftragten mit eingebunden sind.

Ein weiterer Punkt, der aus meiner Sicht in dieser Novelle zum Sicherheits­polizei­gesetz sehr wichtig ist, ist die Schutzzone. Die Einrichtung von Schutzzonen ist ein weiteres wichtiges Instrument zum Schutz unserer Kinder, zum Schutz unserer Jugendlichen vor gefährlichen Angriffen, insbesondere im Bereich der Suchtmittel­kriminalität.

Ich selbst war einmal im Bereich des Suchtgiftmissbrauches tätig und habe gesehen, was sich hier abspielt, welcher Gefahr hier Kinder und Jugendliche ausgesetzt werden. Daher ist es für mich eine sensationelle Angelegenheit, wenn nun diese Schutzzonen eingerichtet werden. Das heißt, dass in Zukunft an Orten, wo sich überwiegend Min­derjährige aufhalten, insbesondere bei Schulen, bei Tagesheimen, bei Kindergärten, an Orten, wo Personen strafbaren Handlungen ausgesetzt sein können, durch die Sicherheitsbehörde eine Schutzzone von bis zu 150 Metern um das Schutzobjekt errichtet werden kann. Ich glaube – und vermutlich sehen das alle Damen und Herren hier im Bundesrat so –, dass das eine ganz besonders wichtige Maßnahme ist.


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Geschätzte Damen und Herren! Die Zusammenlegung der Wachekörper Gendarmerie und Polizei ist für mich ein historischer Moment. Ich hätte es mir nicht gedacht, dass das Innenminister Strasser mit seinen Experten schafft. Ich bin daher der Meinung, dass der 9. Dezember, an dem die Beschlussfassung im Nationalrat erfolgte, und auch dieser heutige Tag, der 15. Dezember – es wäre wirklich unnötig, hier eine Verschie­bung durchzuführen –, historische Tage für die Sicherheitspolitik sind. (Bundesrat Gruber: Entschuldigung, aber heute ist der 20.!)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren Experten, noch einmal herzlichen Dank für Ihr Engagement, und ich ersuche Sie, dass dieser Meilenstein der Sicherheitspolitik gesehen wird und alle hier im Bundesrat vertretenen Damen und Herren dieser ganz bedeutenden Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes die Zustimmung erteilen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.26

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. – Bitte.

 


10.26

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kollegen, die zu Beginn der Sitzung dafür eingetreten waren, diesen Tagesordnungspunkt heute nicht in Verhandlung zu nehmen, haben einen wichtigen Hinweis unterlassen, nämlich wann es denn gefällig wäre und wie man das Problem beseitigen wollte, das mit einem zwangsläufig rück­wirkenden In-Kraft-Treten verbunden ist. Sie wissen alle, dass wesentliche Teile des Gesetzesbeschlusses mit 1. Jänner des kommenden Jahres in Kraft treten sollen, und eine weitere Verzögerung hätte zwangsläufig zur Folge, dass es zu einem rückwir­kenden In-Kraft-Treten kommt. Die verfassungspolitischen Folgen, die so etwas hat, und die Bedenklichkeit eines solchen Vorganges verbieten es von selbst, einer solchen Erwägung näher zu treten.

Die Organisation der Sicherheitsbehörden und des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch den Bund hat naturgemäß zahlreiche Berührungspunkte mit den Ländern. Losgelöst vom Ergebnis des Verfassungskonvents und daher offenkundig fürs Erste auch erfolgreicher ist die Neuordnung der Bundeswachkörper, wobei es zu einem konstruktiven Zusammenwirken des Innenministeriums mit den Ländern kam. Da die Länder selbst keine Wachkörper unterhalten dürfen und bei der Vollziehung der Landesgesetze auf die Mithilfe der Bundesexekutive angewiesen sind und überdies gemeinsam mit den Gemeinden Teilverantwortung für die öffentliche Sicherheit haben, kommt einer guten Zusammenarbeit große Bedeutung zu.

Natürlich kann man sich im Beziehungsgeflecht Innenministerium, Sicherheits­direk­tionen, Polizei und Landesbehörden auch andere Konstruktionen vorstellen. Von der jetzt gefundenen Lösung unterscheiden sie sich im Wesentlichen aber dadurch, dass sie nicht auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen sind. Politik wird gemeinhin als Kunst des Möglichen beschrieben. Dagegen gibt es den Einwand, das Mögliche herbeizuführen sei keine große Kunst, die Kunst der Politik liege darin, das Notwendige möglich zu machen. Es ist Innenminister Strasser zu danken, dass er dieser Aufgabe erfolgreich nachgekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Einige aus Sicht der Länder in der Regierungsvorlage noch unbefriedigend geregelte Punkte veranlassten die Landeshauptmännerkonferenz zu einem nachdrücklichen Vorstoß, und es ist dem Innenministerium zu danken, dass hier eine befriedigende Lösung gefunden wurde. Das betrifft in erster Linie – Herr Kollege Konecny hat schon darauf hingewiesen – die Unterstellung der Bezirkspolizeikommanden unter die Be-


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zirks­hauptmannschaften und die Eingrenzung der Zuständigkeit der Landespolizeikom­manden für den inneren Dienst auf die Durchführung von Einsätzen. Nach der Regierungsvorlage wären sie auch für die Planung und Leitung zuständig gewesen, was zu einer problematischen Vermischung von Wachkörper- und Behördenfunktionen geführt hätte.

Die strategische Führung bleibt also bei den Sicherheitsdirektionen und Bezirks­hauptmannschaften, und es ist zu hoffen, dass sie nicht im Wege der Ressourcen­steuerung durch die Polizei konterkariert wird und damit ins Leere läuft.

Von vornherein unbestritten war die Fortschreibung der bereits bisher bestehenden und bewährten Regelung, wonach personalorganisatorische Maßnahmen im Bereich von Bezirks- oder Stadtpolizeikommanden im Einvernehmen mit dem Landes­haupt­mann vorzunehmen sind.

Offen, allerdings auch nicht Inhalt der vorliegenden Novelle, ist die Forderung der Länder, wonach die Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in den Sicherheitsdirektionen, also auf Landesebene, belassen und personell aus­reichend ausgestattet werden sollen. Es wäre interessant zu erfahren, ob es dabei bleibt oder ob tatsächlich weiter geplant ist, diese Einrichtungen zu zentralisieren.

Zum Schluss noch zwei kurze weiterführende Anmerkungen. Dass in Vorarlberg mit den Gemeindesicherheitswachen jeder 9. Exekutivbeamte von den Gemeinden und auch vom Land bezahlt wird, sollte die Polizei nicht dazu verleiten, bei der aus­reichenden Dotierung mit Planstellen im Ausgleich dazu kürzer zu treten. Es ist anzu­erkennen, dass die von Minister Strasser im letzten Stellenplan erkämpften Planstellen dazu führen, dass in nächster Zeit bestehende Lücken wieder geschlossen werden können. Das Landesgendarmeriekommando hat erst kürzlich darauf hingewiesen, dass im nächsten Jahr nach Abschluss der notwendigen Ausbildungsmaßnahmen so viel Personal wie schon lange nicht mehr zur Verfügung stehen wird.

Dass Gemeinden im Interesse der Verkehrssicherheit dazu übergehen müssen, beispielsweise die Überwachung von Geschwindigkeitsübertretungen privaten Unternehmen zu übertragen, weil sich die örtliche Gendarmerie dazu personalbedingt nicht in der Lage sieht, ist kein befriedigender Zustand.

Ein zweiter Punkt: In den letzten Jahren waren wir mit größeren Katastrophen­ereignissen konfrontiert, die in die zweckmäßige Forderung gemündet haben, dass der Landeshauptmann als zentraler regionaler Katastrophenmanager und direkter An­sprechpartner aller Einrichtungen des Bundes installiert werden soll. Das ist ein ver­fassungspolitisches Anliegen, das noch seiner Erledigung harrt. Es betrifft nicht nur den Innenminister, sondern auch den Bundesminister für Landesverteidigung. Wir wis­sen das bei ihm in guten Händen, und ich möchte ihm zum Schluss auch dafür danken, dass er die undankbare Aufgabe, für kurze Zeit zwei so sensible Ressorts zu führen, mit Bravour gemeistert hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.32

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


10.32

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie ist im Prinzip eine sinnvolle Angelegenheit. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich auch positiv auswirken wird. Ob das allerdings in den nächsten Jahren schon passieren wird, daran habe ich sehr große Zweifel, denn die schon oft erwähnte Ausschreibung von 5 300 Posten wird auf jeden Fall dazu führen, dass in


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den nächsten Jahren die Polizei sehr stark mit sich selbst beschäftigt sein wird. Ähnliches haben wir im Zuge der Universitätsreform gesehen: Große Veränderungen führen dazu, dass eine Organisation sich sehr stark mit internen Dingen beschäftigen muss. (Bundesrat Mag. Himmer: Also keine Veränderungen!) – Schon Verän­derun­gen, aber halt mit Maß und Ziel, und ob die 5 300 Posten wirklich so ausgeschrieben werden müssen, das ist halt die Frage. Das Interessante ist nämlich, dass diese Postenausschreibungen für die ÖVP schon einen Mehrwert bringen, was es aus ihrer Sicht durchaus nachvollziehbar macht, dass man das alles in einem Aufwaschen macht. Man könnte sagen, die ÖVP sieht die Sache so: Hauptsache, das Ergebnis ist in Ordnung.

Interessant ist schon, dass immer von den besten Köpfen die Rede ist, aber, sagen wir einmal, die nötige Farbenblindheit bei der Bestellung dieser besten Köpfe dann nicht immer gegeben ist. Und ich wage zu behaupten, dass, wenn man sich die zukünftigen besten Köpfe anschaut, ein ganz erstaunlich großer Anteil an schwarz eingefärbten besten Köpfen darunter zu finden sein wird. (Bundesrätin Gansterer: Es sind halt die besten! Was sollen wir machen?) Wenn Sie der Meinung sind, das ist automatisch so und das ist eine Voraussetzung, um in die Partei aufgenommen zu werden, dann muss man das im Detail beweisen. Es sollte aber im Prinzip bei einer Stellenbesetzung nicht ausschlaggebend sein, bei welcher Partei jemand ist, aber ich fürchte, das wird in diesem Fall allerdings passieren. (Bundesrat Mag. Himmer: Genauso wird es auch gehandhabt!) Das werden wir dann in der Zukunft, glaube ich, sehr gut sehen können, ob es wirklich so ist, wie Sie es jetzt behaupten. Ich bezweifle das jedenfalls sehr stark.

Für problematisch halte ich die Frage der Schutzzonen, denn da fehlen absolut die notwendigen Kriterien. Wo sind die Kriterien, die festlegen, ob eine Schutzzone um eine Schule sinnvoll ist oder nicht? Es gibt sicher Fälle, wo man objektiv sagen kann, ja, hier ist auf jeden Fall eine Schutzzone notwendig, aber es gibt einen sehr, sehr großen Graubereich, und da ist dann die Frage, wie sinnvoll, wie willkürlich da die Entscheidungen gefällt werden.

Zum Thema Überwachung muss ich generell sagen, es muss schon eines klar sein: Überwachung kann kein Allheilmittel sein, und es wird auch in einem absoluten Über­wachungsstaat immer noch Kriminalität geben. Also wenn gesagt wird, dass eine erhöhte Überwachung dazu führt, dass die Abschreckung größer ist und dass die Kriminalität sinkt, dann bezweifle ich das sehr stark. Man muss hier immer daran denken, dass es hier auch um Grundrechte geht; also die Frage der Überwachung ist eine höchst sensible. (Beifall bei den Grünen.)

Was sicher nicht passieren wird, ist, dass durch eine erhöhte Überwachung das sub­jektive Sicherheitsgefühl langfristig erhöht wird. Damit dieses subjektive Sicher­heits­gefühl der Menschen erhöht wird, muss auch die Aufklärungsrate steigen, und das wird meiner Meinung nach, zumindest in den nächsten Jahren, nicht passieren. Aber das können wir dann im nächsten Jahr überprüfen, ob sich das so eingestellt hat.

Es werden auch neue Uniformen, so schön sie sein mögen, das Sicherheitsgefühl nicht steigern, und diese Ausschreibungen werden, wie ich schon ausgeführt habe, in den nächsten Jahren die Polizei sicherlich sehr stark mit sich selbst beschäftigen.

Interessant wäre gewesen – das sei abschließend gesagt –, dieses Thema mit dem bislang dafür zuständigen Bundesminister Strasser oder aber mit der zukünftig dafür zuständigen Bundesministerin Prokop zu diskutieren. Nichts gegen den hier anwe­senden Herrn Minister, aber das sind halt die zwei Personen, von denen die eine in der Vergangenheit dafür zuständig war und die andere in der Zukunft dafür zuständig sein wird. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Für ein paar Tage – seien Sie mir nicht böse, aber ich glaube, es ist nachvollziehbar, dass es interessanter wäre, das mit der Dame zu


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diskutieren, die zukünftig dafür zuständig ist. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Medial hat sie ja schon ein paar interessante Ansätze verlauten lassen. Ich freue mich schon auf die Diskussionen mit der zukünftigen Bundesministerin und bin gespannt, wie sehr sich diese Ansätze auch in Zukunft bei ihrer Arbeit zeigen werden. Ich glaube aber, Sie müssen uns schon zugestehen, dieses unser Ansinnen, dieses Thema mit der zukünftigen Bundesministerin zu diskutieren, war durchaus ein nachvollziehbares und ein vernünftiges, aber wir werden das sicher nachholen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

10.37

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. Ich erteile ihm das Wort.

 


10.37

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Kollegen und Kolleginnen! Noch ein paar kurze Worte an den Herrn Bun­desminister in seiner Funktion als Landesverteidigungsminister. Ganz kann er sich ja in den letzten Tagen nicht getrennt haben von dem Amt. Es ist hier bekannt, dass ich nicht immer auf seiner Seite stand, zumindest in einem Punkt nicht: das waren diese leidigen Abfangjäger. Aber das ist nicht das Thema.

Der Herr Bundesminister hat, wie es in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zu lesen stand, „wegen Führungsfehlern und Ausbildungsabsurditäten im Bundesheer den Kopf hinhalten“ müssen, und ich hoffe, dass es nur dabei geblieben ist. Denn so, wie in Deutschland der Bundeswehrbeauftragte, der ehemalige Staatsanwalt und SPD-Abgeordnete Penner, festgestellt hat, dass die meisten Anschuldigungen als Rohr­krepierer zu bezeichnen sind und dass ein Verdacht auf strafrechtliche Vergehen in den wenigsten Fällen zutreffend ist und manches schlicht aufgebauscht und oft aus persönlichen Gründen hervorgezerrt worden ist, hoffe ich und bin ich überzeugt, dass das im Bundesheer bei uns auch der Fall ist. Ich hoffe, dass der Herr Bundesminister diese Sache in seiner gewohnt tüchtigen Art erledigen kann.

Aber jetzt zurück zu unserem heutigen Gesetz. Ich glaube, es ist ein notwendiges Gesetz. Ich bin Wiener Bundesrat und zitiere daher jetzt meinen Wiener Landes­parteiobmann Heinz Christian Strache. Er sagt, dass wir ein Plus von 40 Prozent im Bereich der Kriminalität haben, ein Minus von 20 Prozent bei der Aufklärung. Anders ausgedrückt: 73 Prozent der 700 000 Delikte im Jahr werden nicht aufgeklärt. Und ich bin überzeugt und setze meine ganze Hoffnung darauf, dass diese Zusammenlegung der Wachkörper die Möglichkeit bietet, bessere Resultate zu liefern.

Er erwähnt auch, dass von den 2 600 jüngst in Wien angezeigten Drogenhändlern 1 500 Afrikaner waren, von denen 1 470 – das sind 98 Prozent – ein laufendes Asyl­verfahren haben. Also hier ist es wirklich notwendig, entscheidend einzugreifen, und es wartet auf die neue Ministerin eine Menge Reparaturarbeit.

Was mich an dieser Zusammenlegung der Wachkörper jedoch stört, ist – und das wurde uns im Ausschuss durch einen Herrn des Ministeriums gesagt – die Schaffung einer neuen Identität.

Wofür brauchen die Wachkörper eine neue Identität? War die bisherige Identität der Wachkörper schlecht? Haben die bisherigen Wachebeamten der verschiedenen Wach­körper unter ihrer bisherigen Identität gelitten? Ist es nicht üblich, Traditionen schlei­fend mitzunehmen und in die neue Identität hineinzutragen?

Bundesminister Strasser hat vor ein paar Jahren einmal auf die Anfrage des Kollegen Weilharter bezüglich einer Zusammenlegung folgende sehr sympathische Antwort


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gegeben: Eher gehen Katholiken und Protestanten gemeinsam in die Kirche, als dass sich Polizei und Gendarmerie in eine gemeinsame Uniform stecken lassen. Ich finde, das ist eine sehr witzige, und wahrscheinlich war es bis heute eine zutreffende Antwort. Ich gratuliere auch Herrn Minister Strasser, dass er diese Aufgabe bravourös löst. – Ich meine jetzt aber nicht die Uniformierung, sondern die Zusammenlegung.

Dieses Gesetz hat also zwei Väter und eine Mutter: Minister Strasser, Minister Platter und ab nun Ministerin Prokop. Minister Platter war heute auch der Meinung, es wird mehr Sicherheit schaffen. Ich bin überzeugt davon.

Aber jetzt zur Identität. – Muss man in der neuen Uniform wie eine chinesische Polizistin ausschauen? (Der Redner hält ein Foto mit einer Chinesin in Uniform in die Höhe. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Wo ist das Problem?) Die neue Uniform unterscheidet sich nämlich gar nicht sehr stark von der einer chinesischen Polizistin, oder von einem Polizisten einer Militärdiktatur, von dem ich hier leider keine Aufnahme habe. (Bundesrat Schennach: Der Kollege hat ja gesagt, dass die chinesische Polizei bei uns in der Schulung war!) Wenn er jedoch so ausschaut (der Redner zeigt ein Foto von einem Mann in Uniform vor): Das ist ohnehin der Prototyp, aber er hat eine Figur, wie sie der durchschnittliche österreichische Polizist oder Gendarm in Zukunft nicht haben wird. Es ist, ich möchte sagen, ein männliches Mannequin, welches die Uniform hier angezogen bekommen hat. Schaut schnittig aus, mit zwei weißen Passepoils, was in Österreich absolut unüblich ist. Und das, was mich besonders stört, ist: Dass er am Kragenspiegel das, was die Gendarmerie mit Stolz seit 150 Jahren ungefähr trägt, nämlich die Fliegende Granate, nicht mehr hat. (Heiterkeit bei Bundesräten der Grünen.)

Es heißt also mit einem Wort Polizei, aber man nimmt der Gendarmerie die Mög­lichkeit, sich auch darzustellen. Hier (der Redner zeigt ein entsprechendes Foto) noch die gute alte Uniform der Gendarmerie, die von nun an ins Museum kommen wird und nicht mehr uns als Elitewachkörper Österreichs in unserem Dasein begleiten wird. (Bundesrat Schennach: Was ist die „Fliegende Granate“?)

Liebe Kollegen! Ich meine nicht, dass die Tradition stationär sein muss, insbesondere die von Uniformen. Sie hat fließend zu sein, aber angesichts dessen, was wir von der neuen Uniform hier optisch zu sehen bekommen, kann ich heute schon sagen, wir werden am Anfang glauben, es ist eine Besatzungstruppe, die uns uniformmäßig begleiten wird. (Bundesrat Schennach: Eine chinesische!)

Dieses bewusst Eine-neue-Identität-Schaffen, indem man die alte Identität abschafft, heißt doch, dass die alte Identität schlecht gewesen sein muss, und das war sie nicht! Die Gendarmen und die Polizisten haben ihre Uniformen gerne und mit Stolz getragen. Warum muss man alles abschaffen?

Ich kann nur hoffen, dass die neue Ministerin, Frau Minister Prokop, ab Mittwoch versuchen wird, österreichischen Geist in eine zukünftige neue österreichische Uniform einzuhauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.44

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Todt. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


10.45

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz kurz zu Herrn Gudenus. Nachdem er uns die Geschichte mit den Uniformen erzählt hat, möchte ich auch auf seine Zitate – er hat Heinz-Christian Strache zitiert – eingehen. Heinz-Christian Strache, Zahntechniker von Beruf, wurde von der FPÖ ja längere Zeit als potentieller


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Nachfolger des Innenministers Strasser gehandelt. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Sie wissen ja, es ist jener Heinz-Christian Strache, der Meinungsverschiedenheiten mit dem Säbel austrägt, nicht auf demokratischer Ebene. So gesehen müssen wir dem Herrn Bundeskanzler direkt dankbar sein, dass er für dieses wichtige Ressort jetzt eine Frau ausgewählt hat (Bundesrat Konecny: Die ist nicht satisfaktionsfähig für den Strache!), und wir freuen uns schon auf die demokratische Auseinandersetzung mit ihr. Sicherheit ist nämlich sehr wichtig, und man kann sie nicht dem Herrn Heinz-Christian Strache überlassen, der seine Meinungsverschiedenheiten mit Säbeln austrägt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber jetzt zu dem hier zur Diskussion stehenden Bundesgesetz. – Die Zusam­men­legung von Gendarmerie und Polizei ist eine politische Entscheidung, über die man selbstverständlich diskutieren kann. Man muss nicht unbedingt an Traditionen fest­halten. Selbstverständlich entstehen auch dabei Synergieeffekte – auf Grund gemein­samer Beschaffung, gemeinsamer Ausbildung und so weiter, und so fort. Es ergeben sich auch Einsparungspotentiale, die wir durchaus anerkennen.

Zunächst aber – und meine Kollegen haben das ja bereits ausgeführt – wird nur Unsicherheit geschaffen durch die Ausschreibung der Leitungsfunktionen. In diesem neuen Sicherheitswachekörper werden die Leute erst einmal mit sich selbst beschäftigt sein, um sich entsprechend bewerben zu können.

Herr Bundesminister! Sie haben vom Sicherheitsgefühl gesprochen. Wenn man sich das Sicherheitsgefühl – und Herr Kühnel hat von Zahlen gesprochen – von den Zahlen her anschaut, so muss man heute feststellen, dass es im Jahr 1999 500 000 Krimi­nalitätsfälle gegeben hat und im Jahr 2003 bereits 700 000 Kriminalitätsfälle gibt. Das ist ein Anstieg um 40 Prozent!

Wäre die Aufklärungsquote von 50 Prozent im Jahr 1999 gleich geblieben, dann wäre es ja noch gut, aber leider ist diese Aufklärungsquote auf 37 Prozent gefallen. Das ist ein Minus von 13 Prozent bei der Aufklärung!

Herr Bundesminister! Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist hier nicht gegeben. Es gibt immer mehr Hinweise auch aus der Bevölkerung, von Menschen, die genau diese Unsicherheit verspüren. Diese Unsicherheit muss bekämpft werden, diese Unsicher­heit muss den Menschen genommen werden. Erst dann kann man wieder von einem entsprechenden Sicherheitsgefühl sprechen.

Herr Bundesrat Kühnel hat gesagt – und Sie, Herr Minister, haben das ebenfalls gesagt –, dass es 500 zusätzliche Beamte im Streifendienst mehr geben wird. Wenn man bedenkt, dass seit dem Jahr 2000 bei der Polizei und bei der Gendarmerie rund 3 000 Planstellen gestrichen wurden, merkt man, es fehlen immer noch 2 500. Das kann nicht mehr Sicherheit bedeuten, denn Posten zu streichen ist gerade in diesem Bereich problematisch.

Ich weiß nicht, wie Sie hier mehr Sicherheit schaffen wollen. Allein in Wien fehlen 1 000 Polizisten! Der Herr Innenminister hat jetzt 400 Polizeischülerinnen und Polizei­schüler aufgenommen. Das ist immer noch ein Defizit von 600! Wie werden Sie die Planposten besetzen, wie werden Sie den Menschen mit der Besetzung der neuen Polizei mehr Sicherheit geben können, wenn Ihnen diese Beamten fehlen?

Das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist sehr wichtig, aber dieses Gefühl kann durch dieses Gesetz nicht verstärkt werden. Sie gefährden dieses Sicherheits­gefühl durch die Postenstreichung, durch die Schließung von Gendarmerieposten, denn eine der wichtigsten Maßnahmen, die es immer gegeben hat, war das Kaputt­sparen der Exekutivwachekörper.


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Wir lehnen genau das ab, denn wir meinen, dass mehr Sicherheit nur durch mehr Planposten im Bereich der Exekutive gegeben sein kann. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.50

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich erteile ihm das Wort.

 


10.50

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich denke, der vorhin diskutierte Punkt, ob wir diesen Tagesordnungspunkt verschieben können, ist schon ausgiebig besprochen worden. Auch die neue Bundesministerin wird sich sehr freuen, wenn sie bereits dieses neue Gesetz vorliegen hat, wenn sie ihr Amt antritt.

Und ich sehe das eigentlich, auch was die Opposition betrifft, ehrlich gesagt gar nicht so negativ, weil ich ja doch aus der Debatte heraushöre, dass es von der Opposition Zustimmung zu diesem Gesetz gibt. Es ist nur leider dann nicht möglich, das auch bei der Abstimmung zu sehen. Wenn ich mich nicht verhört habe, ist es ja so, dass die Grünen es grundsätzlich begrüßen, dass Gendarmerie und Polizei zusammengeführt werden, während die Sozialdemokraten aufgeschlossen sind, was das Thema der Schaffung von Schutzzonen mit Videoüberwachung betrifft.

Das Problem ist nur, dass sich die Opposition in diesen Punkten so teilt, dass dann beide insgesamt dagegen sind. Aber rein flächenmäßig hätten wir zu dem gesamten Themenbereich die Zustimmung der Opposition. Und das zeigt ja auch einmal für das Gesetz selber, dass die angegangenen Themen so falsch nicht sein können.

Zu Punkt 1: Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei. – Wenn der Herr Minister hier von Evangelen und Katholiken gesprochen hat: Auch die sind ja schon gemeinsam in die Kirche gebracht worden. Wie wir ja wissen, hat ja auch das schon stattgefunden. (Bundesrat Schennach: Bis auf Sankt Pölten!)

Und jetzt kommt eben diese effizientere Struktur bei den Sicherheitswachekörpern. Ich halte das für sehr wichtig, und ich muss ganz ehrlich sagen, dass der Einspruch der Sozialdemokratie in diesem Punkt wirklich nicht nachvollziehbar ist. Wenn man es geschichtlich betrachtet – auch das ist ja schon angesprochen worden –, so waren es Minister von Ihnen, die vor vielen Jahren diesen Versuch gemacht haben, aber zuge­gebenermaßen gescheitert sind. Die Vernunft hinter diesen Überlegungen aber ist ja evident und wird ja eigentlich auch von den Grünen bestätigt.

Was die Schutzzonen betrifft: Keine Frage, die Freiheit ist ein wichtiges Gut. Niemand will in einem Überwachungsstaat leben. Wir sollten uns aber schon der Tatsache bewusst sein, dass in der globalisierten Welt, in der wir leben, diese Fülle von Daten natürlich den einzelnen Bürger sehr transparent macht. Mit jedem Telefonat, das wir führen, mit jedem Einstieg ins Internet, mit jeder Kreditkartenzahlung, die wir tätigen, ist unser eigenes Leben nachvollziehbar. Das ist nicht nur positiv; ich glaube, darüber sind wir uns alle einig. Ich kann aber wirklich eines nicht nachvollziehen: Was gibt es bei die­ser Einrichtung von Schutzzonen – die doch dazu dienen soll, unseren Kindern, unseren Jugendlichen Schutz in Bezug auf organisierte Kriminalität, in Bezug auf Drogenkriminalität zu geben – im Einzugsbereich einer Schule zu schützen, was, Frau Kollegin Konrad, gibt es da so viel Sensibles zu diskutieren?

Ich bin ein Mensch, der auf seine Privatsphäre Wert legt, aber dass ich dabei beob­achtet werde, was ich im Umfeld von 150 Metern von einer Schule mache – ich kann einfach nicht nachvollziehen, was es dabei zu schützen gibt!


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Wenn wir hier eine Güterabwägung machen – auf der einen Seite den Schutz der Kinder und der Jugendlichen, auf der anderen Seite eine hochphilosophische Sache, den Schutz vor der Einschränkung der persönlichen Freiheit, indem ich dabei beob­achtet werde, was ich im Umfeld einer Schule mache –, müssten wir hier ausführlicher und noch komplizierter und möglicherweise unter Einrichtung von 17 Gremien – vielleicht auch der Hochschülerschaft – diskutieren, ob wir das machen können. Das halte ich wirklich für absurd! (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Lassen Sie mich zu diesem Themenbereich noch etwas sagen, weil immer wieder gesagt wurde, in der Privatwirtschaft gebe es das nicht; Kollege Konecny und ich haben das schon einmal diskutiert. Es ist nicht unrichtig, dass eine gewisse Verun­sicherung gegeben ist, wenn Positionen neu ausgeschrieben werden. Darüber brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren. Gleichzeitig gibt das aber – und das ist das Positive daran – vielen engagierten Kollegen auch die Möglichkeit, sich für neue Funktionen zu bewerben. Und das hat auch einen gewissen Motivationsfaktor.

Und wenn Sie immer wieder von „Umfärbung“ sprechen: Ich finde es ja wirklich könig­lich, dass die Sozialdemokratie immer noch von Umfärbung spricht, weil ja das immer beinhaltet, dass es zunächst eine Einfärbung gegeben haben muss, weil ja sonst nicht umgefärbt werden kann. Aber Sie bleiben immer noch bei dem Begriff der Umfärbung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Beim Kollegen Strasser war es ja so, dass es bei jeder Postenbesetzung, bei der er keinen Sozialdemokraten genommen hat, sozusagen nur zu einer Umfärbung kommen konnte, weil eben alles Sozialdemokraten waren. Und daraus hat man ihm einen Vorwurf gemacht.

Lassen Sie mich sagen, was ich für eine Erfahrung mit Minister Strasser gemacht habe, als es im 3. Bezirk darum gegangen ist, die Position des Stadthauptmanns neu zu besetzen. Weil ich dort Bezirksparteiobmann bin, hat mich diese Frage interessiert, und die Auskunft von Minister Strasser – und das hat er dann auch so umgesetzt – war: Erstens einmal wird es eine Frau, wird es eine Stadthauptfrau; zweitens ist sie eine Rote, aber sie ist gut. – Und die wurde das! So wurde das bei Minister Strasser gemacht, und so würde ich es mir hie und da auch von Ihnen im Roten Wien wünschen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dann können wir uns gerne in der Demokratie wechselseitig dort auf die Finger schauen, wo bessere Leute auf der Strecke geblieben sind. Aber ich bin überzeugt davon, dass auch unter einer Frau Minister Prokop diese Ausschreibungen in einem ganz wesentlichen Ausmaß objektiv laufen werden. Subjektivitäten sind natürlich bei der Beurteilung von Personen immer beinhaltet. Es ist ja bei euch in der Sozial­demokratie auch innerparteilich so, dass ihr euch nicht immer ganz einig seid, wer eine gute Person ist und wer nicht.

Aber von diesen anthropologischen Details abgesehen bin ich überzeugt davon, dass es auch bei Frau Minister Prokop eine faire Ausschreibung dieser Funktionen geben wird, und ich glaube, dass dieses neue Sicherheitsgesetz uns allen in Österreich, im sichersten Land der Welt, auch eine gute Zukunft bringen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.57

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. Ich erteile ihm das Wort.

 


10.57

Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn


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man die Debatte, die heute hier in diesem Haus zu einem sehr zentralen Gesetzes­vorhaben dieser Regierungsperiode gelaufen ist, verfolgt hat, hat man schon den Eindruck, dass es Ihnen einerseits ein bisschen Leid tut, heute hier keinen einstim­migen Weg zu finden. Die Idee ist alt. Die Idee dieser Zusammenführung ist eine, die schon mehrmals von Innenministern in der Zweiten Republik umzusetzen versucht wurde. Es ist eben der jetzigen Reformregierung, dem Innenminister Ernst Strasser überlassen gewesen, dieses Vorhaben mit seinem Team in langer Arbeit und in langer Planung zu einer gesetzlichen Grundlage zu führen.

Deshalb kann ich auch nicht ganz nachvollziehen, warum man jetzt über das prinzi­pielle Gesetz noch einmal diskutieren sollte, sondern es geht jetzt wirklich an die Umsetzung. Es haben hier Hunderte Beamte und Hunderte Mitarbeiter des Minis­teriums eine großartige Arbeit geleistet, und diesen möchte ich von dieser Stelle auch namens meiner Fraktion sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Sicherheit ist einfach das zentrale Thema staatlichen Wirkens, und Sicherheit teilt sich auf in subjektive und objektive Sicherheitsgefühle. Ich glaube, hier haben wir alle miteinander große Verantwortung. Und wenn ich die Ausführungen des heutigen Tages höre, dann stelle ich fest – ich zitiere da auch meinen Vorredner –, dass hier durchaus Konsens besteht. Es bleibt eigentlich ein einziger Bereich offen: Dabei geht es – und das war auch der zentrale Punkt des Herrn Professors Konecny – um 5 300 Neuausschreibungen.

Ich glaube, hier sollte man die Dinge ins rechte Lot rücken, denn wenn verschiedene Organisationen zusammengeführt werden, dann hängt das nicht so sehr, lieber Kollege Gudenus, an den fliegenden Granaten am Revers – ich glaube, die Gendarmerie wird es verkraften, dass es moderne und neue, Vertrauen erweckende Uniformen gibt –, sondern es geht eher darum, dass aufnehmende Gruppen auch die Chance bekom­men, sich für Funktionen zu bewerben.

Es geht also um die Motivation der zusammengeführten Gruppen, und es ist auch die Zahl 5 300 eine an den Haaren herbeigezogene, denn in zentralen Leitungsfunktionen geht es um einen ganz geringen Anteil, um einen wirklich geringsten Anteil von Neu­ausschreibungen; der überwiegende Teil der Ausschreibungen erfolgt nur mit dem Ziel, Chancengleichheit für alle Angehörigen der bisher bestehenden Wachkörper zu gewährleisten. Hier geht es selbstverständlich um die Motivation dieser Wachkörper. Diese Geschichte wird auch sehr schnell umgesetzt werden. Am Ende des Jah­res 2005 werden diese Neuausschreibung und diese Neubesetzung der Geschichte angehören.

Ich glaube, gerade diese Chancengleichheit für alle Mitglieder der Wachkörper ist ein Motivationsschub und sicherlich keine Selbstlähmung; alles andere wäre Bevorzugung einzelner Wachkörper gewesen. Ich danke auch hier für dieses sehr korrekte, allen Gesetzen entsprechende System.

Alles zusammen, glaube ich, ein großartiges neues Gesetz! Ich glaube, es ist vernünf­tig, an dieser Stelle zu danken. Es ist schade, dass die Opposition diesen wichtigen Tag doch für Oppositionspolemik nutzt (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen) und hier nicht den gemeinsamen Weg findet. Ich hätte mich darüber sehr gefreut.

Ich möchte ganz zum Schluss ein kleines Datum nennen, denn es wurde ja gerade auch von deiner Seite, Stefan, das Thema Personalvertretungswahlen angesprochen. Ich habe mir die Zahlen aus dem Heimatbezirk Ernst Strassers, der ja auch meiner ist, ausgehoben. Beim Dienststellenausschuss des Bezirkes Grieskirchen hat die Liste ÖAAB-FCG bei der vergangenen Personalvertretungswahl einen Zugewinn von 22 Prozent gehabt. (Bundesrat Prutsch: Das ist Personalpolitik! – Bundesrat Gruber: Das ist Personalpolitik pur!) Das hat nichts mit Personalpolitik zu tun (weitere Zwi-


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schen­rufe bei der SPÖ), sondern das hat, glaube ich, damit zu tun – es sind dieselben Beamten, die im Jahr 1999 wahlberechtigt waren –, dass man dort, in der Heimat von Ernst Strasser, mit der Tätigkeit unseres Innenministers wirklich sehr zufrieden war.

In diesem Sinne: Danke sehr! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Frei­heitlichen.)

11.03

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Letzter auf der Rednerliste dazu ist Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrat Schennach: Jetzt kommt der ÖAAB! Jetzt werden wir wissen, wie es geht!)

 


11.03

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schennach, der ÖAAB ist angetreten – danke für die kurze Anmoderation.

Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt – oft gehört, immer wieder gerne wiederholt –, und das wollen wir natürlich auch bleiben. Aber die sich rasch verändernde Gesellschaft hat natürlich auch das Ihrige dazu beigetragen, dass es hier rasch zu reagieren gilt. Deshalb hat der damalige Innenminister Dr. Ernst Strasser das Projekt „Die neue Exekutive“ gestartet. Dieses Projekt ist durch die Projektgruppe „Team 04“ bestens vorbereitet und trägt die Handschrift unseres Innenministers Ernst Strasser, der auch gegen unsachliche Widerstände immer an seiner konsequenten Sicherheitspolitik festgehalten hat.

Bedauerlicherweise (Bundesrat Gruber: Ist er damit gescheitert!) ist es ihm nicht möglich, die Umsetzung dieses Projektes zu begleiten. Sie haben ja schon von einer Staatskrise gesprochen, als der Herr Minister zurückgetreten ist und unser Bundes­kanzler rasch reagiert hat und Herrn Minister Platter als Minister eingesetzt hat. Jetzt, wo Ihnen der Herr Bundeskanzler mit Frau Ministerin Prokop sozusagen ein Weih­nachtsgeschenk macht, sind Sie auch wieder nicht zufrieden! Jetzt müssten Sie an und für sich umkehren, Herr Kollege Gruber, und sagen – auch die Frauen natürlich –: Danke! Es gibt ein besonderes Weihnachtsgeschenk des Bundeskanzlers! Ich danke Ihnen! (Bundesrat Boden: Für den „Onkel Erwin“ ist das ein Weihnachtsgeschenk, nicht für uns!) – Ein besonderes Weihnachtsgeschenk – auch für Sie, lieber Kollege! (Bundesrat Boden: Für den „Erwin-Onkel“!)

Wichtigstes Ziel des Projektes ist es, die bestmöglichen organisatorischen Voraus­setzungen zu schaffen, um den Bürgern unseres Landes nachhaltig größtmögliche Sicherheit zu garantieren. Die bereits erwähnte einheitliche Struktur soll durch Schaf­fung und Sicherung von Führungsvoraussetzungen der Garant dafür sein, dass alle vorhandenen personellen und materiellen Strukturen der Exekutive für die innere Sicherheit Österreichs genutzt und weiterentwickelt werden.

Es ist also – und das wird, glaube ich, außer Streit gestellt – die wichtigste Reform der österreichischen Exekutive in der jüngeren Geschichte eine dringende Anpassung an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Es gibt, bitte, in der Exekutive Struktu­ren, die vor 70 Jahren entwickelt wurden! Wer sich daran klammert, darf sich nicht als moderne, fortschrittliche Partei bezeichnen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Wir Sozialdemokraten sicher nie: 70 Jahre alte Strukturen können nicht gut sein, denn die sind 1930 gemacht worden, 1935!)

Veränderte Erscheinungsformen und Strukturen der Kriminalität bringen es mit sich, dass sich die Entwicklung der exekutiven Einsatzkräfte in Richtung der demo­graphischen Verhältnisse und Verkehrswege zu orientieren hat, denn organisiertes Verbrechen kennt schon lange keine Grenzen mehr. Natürlich hat die Osterweiterung


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auch ihren Teil dazu beigetragen. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, örtliche und sachliche Zuständigkeiten flexibler zu gestalten.

Um es noch einmal zu betonen: Von der Regionalität zur Internationalität, von der regionalen Einzel- und Gruppentäterschaft zur internationalen Struktur, von der Ein­zeltat zur vernetzten Strukturierung, zu multiplen Seriendelikten durch gesteuerte Banden – so hat sich die Kriminalität entwickelt. Die Verfolgung von Straftätern kann deshalb nicht an einer Stadt- oder Gemeindegrenze aufhören, nur weil die Gendar­merie zuerst um die Genehmigung einer weiteren Strafverfolgung über ihre Rayons­grenze hinaus ersuchen muss oder gar in den Zuständigkeitsbereich einer Bundes­polizeibehörde kommt und dann zuerst um eine Bewilligung der Rayonsüberschreitung fragen muss. Das ist weder effizient noch flexibel.

Die Zusammenführung der Wachkörper – Bundessicherheitswache, Gendarmerie, Kriminal­beamtenkorps und Teile der Zollwache, die in Vorarlberg ja bereits im Mai dieses Jahres in die Gendarmerie integriert wurde – gewährleistet eine schlanke Struktur sowie die Entstehung eines neuen, einheitlichen Wachkörpers mit der Be­zeichnung „Bundespolizei“ mit neun Landespolizeikommanden. Also von österreichweit 45 Kommandostrukturen erfolgt eine Optimierung auf 9. Dieses Bild (der Redner hält eine Graphik in die Höhe), das gönne ich Ihnen jetzt, das sagt nämlich mehr als tausend Worte. Das sind die bisherigen Strukturen: 45 in Österreich. – Und so (der Redner zeigt eine andere Graphik) wird es im Juli 2005 aussehen – Frau Konrad, bitte hören Sie mir zu! So wird es also nächstes Jahr im Juli aussehen. Diese Reform wird umgesetzt – sie wird ganz sicher umgesetzt! –, und so wird die neue Struktur in Österreich aussehen.

Wenn das nicht effizient und modern ist, dann weiß ich es nicht mehr! Das bedeutet auch weniger Verwaltung und 500 Mitarbeiter zusätzlich, wie der Herr Minister bereits betont hat, im exekutiven Außendienst. Es wird kein Dienstposten eingespart, und zusätzlich werden in den nächsten Jahren weitere Dienstposten geschaffen. Im Jahr 2005 werden zusätzlich insgesamt 163 Millionen € an Budgetmitteln bereitgestellt. 163 Millionen €!

Ein einheitliches Erscheinungsbild, gleiche Ausbildung und Ausrüstung, Zusam­menführung der Kommunikationssysteme – diese Bündelung der Kräfte und Ressour­cen bringt sicher ein Mehr an Sicherheit für unsere Bevölkerung.

Wichtig ist auch die Mitsprachemöglichkeit der Landeshauptleute bei der Ernennung auf Dienstposten. Hier ist wieder einmal der Föderalismus zum Durchbruch gekom­men, weil Sicherheitspolitik auch regionale Gesichtspunkte haben muss und darauf Rücksicht nehmen muss. Und dass dann schlussendlich alles auf ÖAAB eingefärbt wird, das glaubt wirklich keiner von Ihnen hier in diesem Saale. Denn dann müssten, wenn die Landeshauptleute ein Mitspracherecht haben, in Salzburg nur noch rote Postenkommandanten sein, in Kärnten vielleicht nur noch blaue, in Wien auch nur noch rote und in allen übrigen Ländern schwarze, vom ÖAAB. – Das glaubt doch wirklich niemand bei einem Objektivierungsverfahren, wie es hier angedacht ist. Das wird Ihnen niemand abnehmen!

Das Sicherheitspolizeigesetz bringt auch wesentliche Verbesserungen im Bereich der Kriminalprävention, die Einrichtung von so genannten Schutzzonen, sofern in diesen Bereichen überwiegend Minderjährige von nach dem Strafgesetzbuch, dem Verbots­gesetz und dem Suchtmittelgesetz strafbaren Handlungen bedroht sind. Dies ist ein wichtiger und sinnvoller Beitrag zur Drogenprävention, zur Drogenbekämpfung und zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen. In dieses Segment reiht sich auch die Möglichkeit der Videoüberwachung öffentlicher Plätze, die ein ganz wichtiger Schritt ist;


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Kollege Himmer hat das wirklich in ausgezeichneter Art und Weise eindrücklich dargestellt.

Schließlich bringt eine zentrale Gewaltschutzdatei die Möglichkeit, Wegweisungen beziehungsweise Betretungsverbote evident zu halten. Diese wichtige Maßnahme ist eine Möglichkeit, Gewalt im Bereich der Familie, insbesondere gegen die Frauen, einzudämmen. Und da ist mir der Schutz der Frauen und Kinder wichtiger als eine eventuelle Gratwanderung, wie sie Herr Professor Konecny angedeutet hat.

Noch so gründliche Analysen und noch so richtige Entschlüsse sind jedoch für den Erfolg dieses ambitionierten Projektes zu wenig. Dazu gehört auch seine Akzeptanz, vor allem durch die MitarbeiterInnen. Sicher ist es vorgezeichnet, dass mehr als 5 000 Dienstposten neu ausgeschrieben werden. Alle 31 000 Beamtinnen und Beam­ten können sich dafür bewerben. Dafür werden sich 32 Arbeitsgruppen im Ministerium sowie eine in den Bundesländern mit den Details des Dienstrechtes, der Uniformierung et cetera auseinander setzen.

In diesem Zusammenhang ersuche ich die Ministerin – ich darf das, bitte, dem hier an­wesenden Herrn Minister mit auf den Weg geben – und die Verantwortlichen des Ministeriums, bei dieser wichtigen Angelegenheit die Personalvertretung in diese Prozesse mit einzubinden.

Unsere Exekutive leistet in den verschiedensten Einsatzbereichen hervorragende Arbeit. Geben wir ihr also mit einem neuen, modernen, effizienten Sicherheits­polizei­gesetz auch die Handhabe, die gesetzliche Voraussetzung dafür, nachhaltige Struk­turen für eine zukunftsorientierte Exekutive aufzubauen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm.)

11.11

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. Danke.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Bankwesengesetz, das Versiche­rungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Pensionskassen­ge­setz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das National­bankge­setz 1984 an die IAS-Verordnung angepasst und die Modernisierungs- sowie die Schwel­lenwertrichtlinie umgesetzt und das Firmenbuchgesetz, das Aktiengesetz sowie das GmbH-Gesetz geändert werden (Rechnungslegungsänderungs­ge­setz 2004 – ReLÄG 2004) (677 d.B. und 739 d.B. sowie 7165/BR d.B.)


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3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bausparkassengesetz geändert wird (740 d.B. sowie 7166/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 2 und 3 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu Punkt 2 wäre Herr Bundesrat Todt. Für ihn übernimmt der Vor­sitzende des Justizausschusses, Herr Bundesrat Giefing, die Berichterstattung.

 


Berichterstatter Johann Giefing: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handels­gesetz­buch, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapierauf­sichts­gesetz, das Pensionskassengesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Nationalbankgesetz 1984 an die IAS-Verordnung angepasst und die Moder­nisierungs- sowie die Schwellenwertrichtlinie umgesetzt und das Firmenbuchgesetz, das Aktiengesetz sowie das GmbH-Gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich stelle daher den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Na­tionalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bau­sparkassengesetz geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich stelle daher den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichte.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezem­ber 2004 betreffend ein Rechnungslegungsänderungsgesetz 2004.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bausparkassengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


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4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird (Fortpflan­zungs­medizingesetz-Novelle 2004 – FMedGNov 2004) (678 d.B. und 741 d.B. so­wie 7167/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung.

Berichterstatter wäre wieder Herr Bundesrat Todt gewesen. Ich bitte den Ausschuss­vorsitzenden, Herrn Bundesrat Giefing, den Bericht zu erstatten.

 


Berichterstatter Johann Giefing: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des National­rates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fortpflan­zungsmedizingesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich stelle daher den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Gudenus das Wort.

 


11.15

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Kollegen und Kolleginnen! Wir wollen heute ein Gesetz beschließen, welches ich als ein Gesetz des Lebens bezeichnen möchte, ein Gesetz, welches für das Leben ist.

Wenn wir zum Beispiel nach Holland schauen, so erfahren wir, dass sogar Sterbehilfe für Lebensmüde erlaubt werden soll. Ich halte das für eine derartige moralische Abnormität, dass mir dafür eigentlich die richtigen Begriffe fehlen. Deswegen habe ich einleitend das uns hier vorliegende Gesetz auch als „ein Gesetz des Lebens“ bezeichnet.

Es ist betrüblich, dass wir jetzt, wo am 1. Jänner runde 30 Jahre vergangen sind, seit in Österreich die Abtreibung – was heißt „die Abtreibung“?; der Kindsmord an nicht Geborenen! – legalisiert worden ist, feststellen müssen, dass rund 20 000 bis 80 000 Kinder – aber halten wir uns an die niedrigere Zahl, die ist eher verifizierbar – jährlich abgetrieben werden. (Bundesrätin Konrad: Es gibt keine offiziellen Zahlen zum Thema ...!) Es sind dies jene Kinder, die uns in Zukunft auch – sehr egoistisch gesehen – für die Wirtschaft und für die Pensionen fehlen werden.

Es ist daher erfreulich, wenn durch dieses neue Gesetz und die Medizintechniken „schon“ – unter Anführungszeichen – rund 6 000 Kinder geboren werden konnten. Aber das ist natürlich nur eine kleine Zahl gegenüber dem, was bisher an Morden passiert ist.

Wir sind eine Gesellschaft ohne Kinder, wie hier die Zeitung „Zur Zeit“ als Schlagzeile auf der ersten Seite schreibt. Wir freuen uns wohl auf das Christkind, dabei sinken die Geburtenraten.

Die deutsche Vizepräsidentin des Bundesrates, Dr. Antje Vollmer – sie ist eine Grüne –, findet auch – und das gehört auch noch zur Kultur des Lebens oder zur Unkultur des Todes –:


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„Am Ende des Lebens wird Töten zur Tat der Nächstenliebe verklärt. Die Schilderung von schier unerträglichen Einzelfällen soll einer Veränderung der Rechtslage für alle den Weg ebnen.“

In Deutschland ist die Thematik, die wir heute behandeln, gesetzlich anders geregelt. Sie beklagt dann auch:

„Die Tatsache, dass dafür menschliche Embryonen herbeigeschafft, beforscht und somit verbraucht werden müssen, erscheint als unausweichlicher Preis für einen erhofften Heilungserfolg.“

Dieses Gesetz, das uns heute hier vorliegt, bietet nicht die Möglichkeit, dass man Embryonen für einen Heilungserfolg oder ökonomisch verwerten kann. Ich hoffe sehr, dass dieses Gesetz von all jenen, die es handhaben, auch richtig interpretiert wird.

Man versucht jetzt durch Unterstützung des Kinderwunsches die rückläufigen Gebur­tenzahlen ein bisschen aufzubessern. Ich glaube, das wird nicht mehr gelingen. Da sind die anderen im Vorteil, die das Gesetz der Abtreibung ausnützen wollen. Ich beklage zutiefst, dass die Landeshauptfrau von Salzburg ab dem nächsten Jahr in ihren Kliniken die Abtreibungen gesetzlich durchbringen möchte. (Rufe bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Konrad: Das ist das Gesetz! – Bundesrat Gruber: 30 Jahre Gesetz, Herr Kollege!) Na ja, aber es ist ein unmenschliches Gesetz! Es ist ein uns alle schädigendes Gesetz! (Bundesrat Gruber: Es will niemand! Es will niemand, aber es muss die Möglichkeit geben! – Schlimmer sind die Dunkelziffern!)

Wir sprechen ja heute über ein anderes Gesetz: Wir sprechen über ein Gesetz des Lebens und die medizinisch unterstützte Fortpflanzung. (Bundesrat Gruber: Schlimmer sind die Dunkelziffern!) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Anwendung medizini­scher Methoden zur Herbeiführung einer Schwangerschaft. Ich hoffe, sie wird so oft wie nötig und so oft wie gewünscht von den Paaren herbeigeführt werden können.

Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder in einer ehe­ähnlichen Lebensgemeinschaft zulässig. Alle „Spielereien“, die man oft medial zu hören bekommt, werden, so hoffe ich, in diesem Gesetz ausgeschlossen. Diese medizinische Möglichkeit wird nur dann angewandt werden, wenn die eine natürliche Möglichkeit nicht greift, nicht möglich ist.

In das Gesetz und seine Auswirkungen im Detail einzugehen ist vielleicht nicht die Aufgabe hier vom Rednerpult aus. Dieses Gesetz ist ein sehr ausgewogenes Gesetz. Es schützt die Interessen der Mutter, es schützt die Interessen des Vaters, es schützt die Interessen eines möglichen Samenspenders, und es schützt insbesondere auch die Diskretion in diesem Zusammenhang. Es ist kein marktschreierisches Gesetz, es ist ein Gesetz, welches im Stillen wirken wird, um den Österreichern und Öster­reiche­rinnen, die hoffentlich alle noch Kinder auf natürliche Weise bekommen, und jenen, die es nicht auf einfache Art und Weise schaffen, den Kinderwunsch zu erfüllen.

Ich wünsche dem Gesetz viel Gutes und danke dem Ministerium für dessen Aus­arbeitung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.22

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Mag. Miklautsch das Wort.

 


11.22

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Es freut mich natürlich, dass dieses Gesetz als „Gesetz des Lebens“ solche Anerkennung hier im Bundesrat findet. Ich wollte Ihnen ergänzend noch mitteilen, dass wir ganz bewusst das Problem


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des Klonverbotes nicht angesprochen haben – die Problematik des therapeutischen Klonens und des reproduzierenden Klonens –, sondern dass wir uns darüber noch unterhalten werden. Gleiches gilt auch für den Bereich der Präimplantationsdiagnostik. Ich wollte Sie nur darüber informieren, dass wir hiezu noch weitere Gespräche führen werden.

Ich selbst bin persönlich auch sehr froh darüber, dass es uns mit diesem Fortpflan­zungsmedizingesetz gelungen ist, Paaren, die wirklich einen Kinderwunsch haben, dessen Erfüllung praktisch zu erleichtern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

11.23

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


11.23

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Eigentlich hätte ich mir durch Ihren spontanen Rede­beitrag nach der ersten Rede erwartet, dass Sie sich für die Frauen in die Bresche werfen, nämlich dann, wenn Kollege Gudenus von „Kindsmord“ spricht. Das impliziert, dass Frauen Mörderinnen sind. Wenn Kollege Gudenus mit einem Nostalgieblick eine Zeit wieder herbeisehnt, in der es Engelmacherinnen gegeben hat, in der Frauen be­straft wurden, als der Tatbestand eines Schwangerschaftsabbruches verfolgt wurde (Bundesrat Dr. Böhm: Das hat er nicht gesagt!), als sehr viele Frauen durch schlechte medizinische Versorgung, durch unhygienische Maßnahmen an solch einem Eingriff gestorben sind, dann wäre es richtig gewesen, wenn eine Justizministerin das beste­hende Gesetz verteidigt hätte und dafür gesorgt hätte, dass Frauen nicht kriminalisiert werden.

Was heißt denn das? Was ist der Umkehrschluss aus dem Diskussionsbeitrag des Herrn Gudenus? – Dass Schwangerschaftsabbruch verboten ist, das heißt, er wird wieder unter Strafe gestellt. (Bundesrat Dr. Böhm: Nein! Nicht wünschenswert!) – Natürlich ist er nicht wünschenswert! Das wird doch wohl jeder hier ... (Bundesrat Dr. Böhm: Hoffentlich sagen Sie es auch einmal!) – Das wissen Sie sehr wohl, Herr Kollege Böhm! Das ist der letzte (Bundesrat Dr. Böhm: Hoffentlich!), manchmal ver­zweifelte Weg. Niemand wird einen Schwangerschaftsabbruch quasi als Tagesemp­fehlung anbieten, sondern das ist ein letzter Weg. (Bundesrat Dr. Böhm: Eben! Da sind wir uns einig!)

Aber diese Möglichkeit rückgängig zu machen – und das war in der Rede des Herrn Gudenus impliziert –, das ist impliziert, wenn man von „Kindsmord“ spricht. (Bundesrat Mag. Gudenus: Flankierende Maßnahmen ...!)

Seien wir froh, dass es, wenn keine Maßnahme mehr greift, noch eine Möglichkeit gibt. Sie wissen, es gibt ganz andere Maßnahmen, die es Frauen viel, viel leichter machen würden, Kinder zu haben: wenn die Kinderbetreuung besser funktionieren würde, wenn wir flächendeckend entsprechende Kinderbetreuung auch ganztägiger Natur hätten (Bundesrat Dr. Böhm: Da sind wir uns einig!), wenn die allein erziehenden Mütter entsprechende Unterstützung hätten und wenn die Betriebswelt, die Wirtschaftswelt familienfreundlicher und kinderfreundlicher wären. (Bundesrat Mag. Himmer: Jetzt widerspricht er sich selber!) – All das wäre wesentlich sinnvoller als eine Nostalgie­debatte darüber, wie es vor 30 Jahren war. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desräten der SPÖ.)

Dem Fortpflanzungsmedizingesetz werden wir gerne unsere Zustimmung geben, denn es weitet die Möglichkeiten der medizinisch unterstützten Fortpflanzung aus, ins-


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besondere wenn eine medizinische Behandlung bevorsteht, zum Beispiel bei Che­motherapie, einer HIV-Erkrankung oder Hepatitis-C-Infektion. Wir begrüßen diese Möglichkeit, einem Kinderwunsch nachzukommen.

Wir hätten uns aber schon gewünscht, zeitgemäß auch eine Möglichkeit zum Beispiel für lesbische Lebensgemeinschaften vorzusehen, denn es gibt nicht nur Lebens­gemeinschaften jener Art, wie Sie vielleicht Herr Gudenus versteht. Auch in erst­genanntem Fall besteht Kinderwunsch. Dass das nicht vorgesehen wurde, ist ein Wermutstropfen an diesem Gesetz, das wäre sicherlich sinnvoll gewesen.

Es ist wichtig, was die Frau Bundesministerin gesagt hat, dass eine bestimmte Diskussion derzeit noch nicht eröffnet wurde, nämlich den menschlichen Zellkern anzutasten. Dazu möchte ich einen vor den Nazis geflüchteten österreichischen Wis­senschafter und Publizisten zitieren, Erwin Chargaff, der in seinem Buch „Das Feuer des Heraklit“ gemeint hat: Jedes Mal, wenn die Menschheit an die Kerne geht, gerät sie aus den Fugen. – Er hat damals den Atomkern und die menschliche Zelle gemeint.

Ich warne vor dem Klonen, ich warne davor, den Eingriff in die menschliche Zelle, in das menschliche Leben, gesetzlich zu ermöglichen. Ich bin froh darüber, dass das Gesetz dies nicht vorsieht, damit wenigstens in diesem Bereich – wenn es schon beim Atomkern passiert ist – nicht etwas aus den Fugen gerät.

Wir Grüne werden diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

11.28

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist offenkundig auch nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfe­gesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Bewährungshilfegesetz geändert werden (Strafprozessnovelle 2005) (679 d.B. und 742 d.B. sowie 7168/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozialbetrugsgesetz – SozBeG) (698 d.B. und 743 d.B. sowie 7163/BR d.B. und 7169/BR d.B.)


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7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend eine Verein­barung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Ver­sorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justiz­anstalten (699 d.B. und 746 d.B. sowie 7170/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 7, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 5 und 7 ist Herr Bundesrat Kraml. Ich bitte ihn um die Berichte.

 


Berichterstatter Johann Kraml: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Staatsanwalts­chafts­gesetz und das Bewährungshilfegesetz geändert werden, Strafprozessnovelle 2005.

Der Bericht liegt schriftlich vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters komme ich zum Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des National­rates vom 10. Dezember 2004 betreffend eine Vereinbarung gemäß Arti­kel 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten.

Auch hiezu liegt der Bericht schriftlich vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.

Berichterstatter zu Punkt 6 ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Dr. Peter Böhm: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erstatte Ihnen den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des National­rates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetz­buch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und die Konkursordnung zur Be­kämpfung des Sozialbetrugs geändert werden, Sozialbetrugsgesetz – SozBeG.

Auch hiezu liegt Ihnen der schriftliche Bericht vor. Ich beschränke mich daher auf die Verlesung der Antragstellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Reisenberger. Ich erteile ihm das Wort.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 57

11.32

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zu diesen Tagesord­nungspunkten vorwegschicken, dass unsere Fraktion den Punkten 5 und 7 die Zustim­mung erteilen wird. Es wäre zwar da und dort die eine oder andere Änderung wünschenswert gewesen, aber in Summe ist das eine Sache, die durchaus zu unterschreiben ist. Nicht so ist es allerdings bei Punkt 6, und auf diesen möchte ich ein wenig eingehen.

Allein die Formulierung „Bekämpfung des Sozialbetrugs“ sagt ja eigentlich schon sehr viel aus. Es geht in Wirklichkeit um nichts anderes als ein kriminelles Delikt. Genau aus diesem Grund ist es mir auch so wichtig, vom Terminus „Schwarzarbeit“, wie er gerne gebracht wird, wegzukommen und auf des Pudels Kern zu kommen. Es ist der Schwarzunternehmer, um den es geht, denn nur er schafft die Möglichkeit bezie­hungsweise bringt Menschen in die Situation, etwas zu tun, was nicht den Gesetzen entspricht, was nicht gesetzeskonform ist. (Bundesrat Kneifel: Das ist falsch!)

Wir hatten also hier eine neue Möglichkeit. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben aber wieder einmal die Chance vertan, wirklich effektiv Gesetze zu machen, nämlich nicht nur für die Beschäftigten, für die Kolleginnen und Kollegen, für die es alles andere als lustig ist, wenn sie sich für einen Apfel und ein Ei beschäftigen lassen müssen, nur damit sie Arbeit haben, sondern auch für die Wirt­schaft. Das muss Ihnen, glaube ich, klar sein. Die schwarzen Schafe, um die es hier geht, werden immer mehr. Wenn ich mir gewisse Bereiche anschaue, muss ich sagen, die schwarzen Schafe sind schon in der Überzahl. Das kann nicht im Sinne unserer Wirtschaft sein. Das kann auch nicht im Sinne der vielen Kolleginnen und Kollegen in kleinen und mittleren Betrieben sein, die teilweise ohnehin ums Überleben kämpfen müssen und dann eine solche Konkurrenz haben.

Es kann nicht ein Gesetz geben, das Folgendes vorgibt: Bei Straftaten – und eine kriminelle Handlung ist gesetzt worden, wenn ein Unternehmer seine Beschäftigten nicht angemeldet hat, und so weiter und so fort, da gibt es eine Reihe von Dingen – kann ich noch bis zum Schluss der Hauptverhandlung, also faktisch bis zum Ende des Verfahrens, sagen: Jetzt habe ich mir das schon monatelang erspart, sie sind mir eh erst später draufgekommen, ich habe noch immer Zeit gehabt, aber jetzt zahle ich das!, was eigentlich meine Pflicht gewesen wäre, was ich von Haus aus hätte zahlen müssen. Damit ist alles erledigt. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann doch kein Gesetz sein, das unter dem Vorwand von tätiger Reue fünf Minuten, bevor das Urteil ergeht, noch die Möglichkeit bietet, sich wiederum von allem zu distanzieren!

Das heißt, ich lasse mich klagen, warte bis kurz vor dem Urteil, entscheide dann und kassiere – sage ich jetzt einmal brutal – die Zinsen des Geldes, wenn ich es auf das Sparbuch gelegt habe, das ich eigentlich schon längst dem Sozialstaat zur Verfügung stellen hätte müssen oder abgeben hätte müssen – nicht zur Verfügung stellen.

So ähnlich ist es bei den Anmeldungen. Gerade in der heutigen Zeit, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ist es unbestritten, dass man mit EDV und E-Mails absolut keine Probleme mehr hätte, innerhalb kürzester Zeit – ich will nicht sagen Minuten, aber Stunden – eine ordentliche Anmeldung durchzuführen. Will man das eigentlich? Offensichtlich nicht! Und das ist das Problem, meine sehr verehrten Damen und Herren. Der Großteil der Wirtschaft macht es selbstverständlich, muss es auch machen, und so gehört es sich. Einige wenige – mit Ausnahme der Baubranche, aber auch der Frächterbranche, wo ich schon zuerst gesagt habe, dass ich nicht mehr die einigen wenigen sehe, sondern dort sind schon bald einige wenige die Anständigen, die Anmeldungen und dergleichen ordnungsgemäß durchführen – melden nicht an,


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 58

und zwar auf Kosten der Allgemeinheit, auf Kosten der anderen und auf Kosten des Wettbewerbs – vergessen Sie das nicht! –, und machen sich ein Körberlgeld.

So kann es nicht sein! So kann man aber auch keine Gesetze machen, dass man sagt: Bis zum Schluss kannst du es dir noch selbst aussuchen, was passiert.

Anständige und ordentliche Anstellungen sind also nicht nur im Sinne der Arbeit­nehmer, sondern auch der Arbeitgeber. Die Konkurrenz ist da ganz klar und deutlich zu sehen. Was ist dabei herausgekommen? – Wenn man auf Baustellen geht, bietet sich folgendes Bild: Ich muss euch sagen, es ist fast menschenverachtend, wenn man zusehen muss, wie Kollegen, die genau wissen, dass sie nicht ordentlich angemeldet sind, denen man gesagt hat, sie dürfen arbeiten, sie bekommen etwas, weil sie das Geld brauchen, im Grunde genommen keine andere Chance haben, wie Tiere gejagt werden, davonlaufen, weil eben eingeschritten werden muss. Und derjenige, der dafür verantwortlich ist, der Schwarzunternehmer, sitzt dort und kann sich bis zur letzten Minute aussuchen, was passiert. So kann es nicht sein!

Das ist in Wirklichkeit nichts anderes als Sozialbetrug, der tagtäglich begangen wird. Ich glaube, hier hätten wir die Chance gehabt, klare Fronten zu schaffen. Wir haben diese wieder einmal an uns vorübergehen lassen. Regelungen zu schaffen, die in vielen Bereichen wirkungslos bleiben, das ist eben eine Art von Gesetzen, die Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, offensichtlich mitverantworten werden, mitverantworten müssen, wenn Sie dieser Regelung in dieser Form zustim­men.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Arbeiterkammerpräsident Tumpel hat am 2. Dezember in einer Pressekonferenz darauf hingewiesen – ich möchte das noch einmal in Erinnerung bringen –, dass diese Probleme in vielen Bereichen mit einem relativ einfachen System, nämlich der Generalunternehmerhaftung, in den Griff bekommen hätten werden können. Die ÖVP, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, hat es seit Jahren immer wieder ganz bewusst vermieden, Lösungen zu treffen. Auch in Zeiten der großen Koalition konnten wir zwar über alles sprechen, nur wurden diese Vorschläge immer wieder von Ihrer Seite aus abgelehnt. Sie vertreten eine Lobby, wobei ich nicht weiß, ob das wirklich eine Lobby ist, die es verdient, von Ihnen vertreten zu werden. Vor allem auch im Bereich der Unternehmer sollten Sie sich wirklich ansehen, vor wem Sie wieder in die Knie gegangen sind oder in die Knie gehen.

Um dem Vorwurf, der so gerne immer wieder kommt – habt ihr bessere Vorschläge? was hätten wir denn besser machen können? –, gleich zu begegnen, sage ich: Wir haben als ÖGB, auch mit der Arbeitgeberseite, die Sozialpartner, ein Projekt ausge­arbeitet, wie solch ein Gesetz aussehen könnte. Es wurde negiert. Präsident Verzet­nitsch hat bei der letzten Nationalratssitzung wieder einmal – ich sage bewusst: wieder einmal; Frau Minister, Sie werden das wissen – den seit 8. Juli 2003 bestehenden Antrag angesprochen, der sich genau damit auseinander setzt, Punkt für Punkt. Es sind über 15 Seiten, wie dieses Gesetz aussehen könnte, welche Möglichkeiten be­stehen – nicht nur einseitig vom ÖGB. Wie gesagt: Die Sozialpartner, gemeinsam Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite, haben Vorschläge erarbeitet, um zu disku­tieren, einzubringen und eine Basis für ein Gesetz zu schaffen.

Sie haben diese Chance nicht nur vertan, nein, Sie haben in Wirklichkeit wiederum in einer Husch-Pfusch-Manier etwas über die Bühne gebracht, was niemandem etwas bringt, außer einer kleinen Gruppe, die Betrüger sind, nämlich Sozialbetrüger! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie damit leben können, ich verstehe das nicht!


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 59

Meine Fraktion und ich werden diesem Antrag sicher nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.40

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Bogens­perger. Ich erteile ihm das Wort. (Die Beleuchtung im Saal wird schwächer. – Bun­desrat Konecny: Wir wissen, dass es mit der Regierung zu Ende geht! Aber so drastisch? – Heiterkeit bei der SPÖ.)

 


11.40

Bundesrat Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch zum Tagesordnungspunkt 6, Bekämpfung des Sozialbetrugs, sprechen. Erlauben Sie mir, dass ich nur einige Daten aus meinem Bereich, der Finanz, aufzeige.

Die Betrugsbekämpfungseinheit KIAB, Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung, die bei der Finanz angesiedelt ist, besteht seit 1.7.2002. Die KIAB hat in Zusam­menarbeit mit den Finanzämtern und der Steuerfahndung so genannte Aktionstage durchgeführt.

Ein Aktionstag „Betrugsbekämpfung Baugewerbe“ war am 22.6.2004. Es waren 875 Bedienstete – wie gesagt, von Finanzamt, KIAB und Steuerfahndung – im Einsatz. 1 958 Unternehmen wurden geprüft, 592 Baustellen kontrolliert. Davon waren 34 Schwarz­unternehmen, wo Nachforderungen an Einkommensteuer und USt gege­ben waren. 135 Beschäftigte waren nicht ordnungsgemäß angemeldet. Eine Nachfor­derung von 7,2 Millionen € ist herausgekommen, 0,5 Millionen € an Sicherstellungs­aufträgen.

Ein Aktionstag „Betrugsbekämpfung Transportgewerbe“ – Kollege Reisenberger hat es vorhin angeschnitten – fand am 11.11.2004 statt. 624 Beamte der Zoll- und Finanz­ämter waren im Einsatz. 45 Kontrollorte gab es im ganzen Bundesgebiet, 1 564 Fahr­zeuge wurden kontrolliert. Forderungspfändungen: 6,4 Millionen €.

Ein Aktionstag noch: „Abgabeneinbringung“, am 24.11.2004. 260 Bedienstete waren im Einsatz. Es kam zu Sofortzahlungen in Höhe von 2,4 Millionen €, 602 Forderungs­pfändungen im Gegenwert von über 4,8 Millionen €, 361 Sachpfändungen und 2 151 Forderungserhebungen.

Aktion „Sonderprüfung Investitionszuwachs“: 860 Sonderprüfungen im Oktober 2004; davon 376 Fälle mit Nachforderungen, das sind 44 Prozent. Mehrergebnis im Oktober: insgesamt 40,5 Millionen €.

Der Steuer- und Abgabenbetrug und der Sozialversicherungsbetrug führen zu Wett­bewerbsverzerrungen, schaden der Wirtschaft und jedem Einzelnen, der dadurch eine höhere Steuerleistung und Sozialversicherungsleistung erbringen muss. Bei der Betrugsbekämpfung durch das Bundesministerium für Finanzen geht es nicht darum, die Wirtschaft durch verstärkte Kontrollen zu belasten, sondern faire Bedingungen für alle sicherzustellen.

Kollege Reisenberger! Es gibt überwiegend schon Betriebe, die die Gesetze einhalten.

Es ist aus unserer Sicht eine wichtige Maßnahme, die hier vorliegt. Daher stimmen wir dem Gesetzesantrag gerne zu. Es ist auch zu erwarten, dass sich dadurch einiges ändern wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.43

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Schennach das Wort.

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 60

11.43

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Die Novelle zur Strafprozessordnung, die hier vorliegt, findet natürlich unsere Zustimmung. Es ist eine ganze Reihe von Modernisierungen und Adaptierungen enthalten, zum Beispiel die Modernisierung der Protokollführung, wie sie bereits im Zivilverfahren durchgeführt wird, weiters Adaptierungen zum Beispiel bei der Telefonüberwachung, bei den Rekursen in Haftsachen und so weiter. Es geht auch um die Diskussion über gerichtsmedizinische Gutachten und die daraus resultie­renden Streite. All diese Dinge werden hier repariert oder novelliert, dem werden wir auch gerne zustimmen.

Wir hätten auch dem Sozialbetrugsgesetz gerne zugestimmt, zumindest der Minis­terialvorlage. Die Ministerialvorlage ging doch wesentlich weiter als das, was dann durch Abänderungsanträge plötzlich herausgekommen ist. Diese Abänderungsanträge, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, verhindern heute hier die Zustimmung, die die Ministerialvorlage bekommen hat.

Prinzipiell bin ich einmal froh, dass nach Jahren der Diskussion darüber, neue Straf­tatbestände zu erfinden hinsichtlich der „Erschleichung von Sozialleistungen“, wie das bei FPÖ und ÖVP immer wieder tituliert wird und in der Vergangenheit tituliert worden ist, davon Abstand genommen wurde, sodass das nicht der Fall ist. Aber wir sehen nun, dass der Ministerialentwurf eine ganze Reihe von sehr fortschrittlichen Dingen enthal­ten hat.

Dazu gehört zum Beispiel, dass die Sozialversicherungsanmeldung mit dem Arbeits­antritt erfolgen muss. Das ist genau dieser wichtige Punkt, der so viele Betrugs­möglichkeiten eröffnet hat, nämlich dann, wenn es auf der Baustelle eine Kontrolle gab und dort gesagt wurde: Der Dienstnehmer ist gerade in Anmeldung. – Genau das wurde jetzt aufgeweicht, nun heißt die Formulierung: „bei Arbeitsantritt, spätestens jedoch bis 24 Stunden des ersten Beschäftigungstages“. Da besteht jetzt genauso wieder ein Graubereich, bei dem man sich nicht auskennt.

Wichtig wäre es gewesen, dass man die Interessengemeinschaft, die es zwischen Schwarzarbeitgeber und Schwarzarbeitnehmer manchmal gibt, durchbricht, indem man eine ganz klare Regelung hat. Und die Regelung heißt: Wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zu arbeiten beginnt, zu diesem Zeitpunkt muss er oder sie angemeldet sein. Jetzt ist wieder eine Diffusität möglich; das heißt, es kommt eine Kontrolle, und man sagt: Ja, wir sind gerade in der 24-Stunden-Frist. – Genau das öffnet dem Missbrauch Tür und Tor.

Das Nächste wäre gewesen – und wir Grüne fordern das ja in der Umweltpolitik schon längst –, dass wir auch in diesem Bereich eine Beweislastumkehr brauchen. Die Behörden können regelmäßig die Dauer einer illegalen Beschäftigung nicht nach­weisen. Diese Beweislast muss man umkehren: Die Dienstgeber müssen beweisen, ab wann eine Person ordentlich beschäftigt ist und wann nicht. Das ist ein neuer Ansatz, und dieser Ansatz hilft wesentlich, diese Symbiose, vor allem im Fracht- und im Baugewerbe, der Schwarzarbeitgeberei zu durchbrechen.

Wäre das alles enthalten gewesen, wir hätten dem gerne zugestimmt; selbst der Rege­lung der tätigen Reue, die nicht strafgesetzbuchkonform ist, nämlich zu der anderen Regelung, die hier sehr weit ausgelegt werden kann. Das heißt, bis jetzt war die tätige Reue bis zu dem Zeitpunkt möglich, zu dem die Behörde vom Verschulden des Täters oder der Täterin erfahren hat. Beim Sozialbetrug soll die tätige Reue aber bis hin zur mündlichen Verhandlung möglich sein. Das ist mehr als großzügig und im Strafrecht wahrscheinlich einzigartig. Wir hätten sogar das noch akzeptiert.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 61

Aber die Aufweichung beziehungsweise der Spin, den die Anträge von FPÖ und ÖVP im Nationalrat bewirkt haben, sodass die Ministerialvorlage dermaßen verändert worden ist, macht es uns nicht möglich, in diesem Punkt zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.49

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Universitätsprofessor Dr. Böhm. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.49

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Bundesregierung hat ja bereits in ihrem Regierungsprogramm angekündigt, dem so genannten Sozialbetrug verschärft den Kampf anzusagen. Und sie hat das in­zwischen mit dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates über ein entsprechendes Sozialbetrugsgesetz auf legislativer Ebene auch voll verwirklicht.

Erklärte Zielvorstellung dabei war, das gesellschaftliche Bewusstsein dafür zu schär­fen, dass der Sozialbetrug kein geringfügiges oder gar Kavaliersdelikt darstellt; und das lediglich deshalb, weil dabei nicht – zwischen Anführungszeichen – „nur“ ein Indivi­duum, ein Mitbürger an seinem Vermögen geschädigt wird, zumindest nicht unmittel­bar, sondern vielmehr die Allgemeinheit – zwischen Anführungszeichen: „bloß“ die Allgemeinheit –, sei es im Sinne der Beitragsgemeinschaft im System der Sozialver­sicherung, sei es die Gemeinschaft der Steuerzahler. Dem gerade dieser Form der Kriminalität entsprechenden sozialen wie auch rechtlichen Unwertgehalt musste zwei­fellos mehr als bisher Ausdruck verliehen werden, und zwar auch mit den Mitteln des gerichtlichen Strafrechts, sosehr wir alle hier im Hohen Hause uns darüber im Klaren sind, dass die strafrechtliche Erfassung und Pönalisierung rechtswidrigen wie auch gesellschaftlich unerwünschten Verhaltens stets die Ultima Ratio im System der Sanktionen eines freiheitlichen Rechtsstaates bedeutet. Folglich galt es, sowohl eine Erweiterung bereits vorhandener Strafbestimmungen und die Ausdehnung ihres Straf­rahmens – das heißt auch höhere Strafsätze – vorzusehen, als auch neue Tatbestände zu schaffen, um bisher noch nicht erfasstes Unrecht in die Strafbarkeit des Sozial­betrugs mit einzubeziehen.

Ein Beispiel für eine bereits bestehende Strafbestimmung, die aber im Tatbestand er­weitert worden ist – wenn auch für manche Kritiker offenbar nicht weit genug –, ist der so genannte Sozialversicherungsbetrug. Unter dem neuen, präzisen – ich würde sagen: präziseren – Titel „Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversiche­rung und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz“ wird zunächst der entsprechende Tatbestand vom ASVG, Allgemeinen Sozialversiche­rungs­gesetz, bisher § 114, in das Strafgesetzbuch, jetzt § 153 lit. c, übergeführt. Allein damit wird ein Zeichen gesetzt, dass dieses sozialwidrige Verhalten nicht bloß den Tatbestand einer strafrechtlichen Sondervorschrift im Sozialversicherungsrecht erfüllt, sondern künftig einen solchen des allgemeinen Strafrechts.

Das mag man mit der Bezeichnung als symbolische Gesetzgebung abtun, wie immer man zu einer solchen stehen mag. Demgegenüber sind aber darüber hinaus zwei neue Tatbestände geschaffen worden, einmal der § 153 lit. d Strafgesetzbuch zur schärferen Erfassung des betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz mit einer Straf­drohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Zum anderen belegt der neue § 153 lit. e Strafgesetzbuch unter dem Titel „Organisierte Schwarzarbeit“ alle Formen des gewerbsmäßigen Anwerbens, Vermittelns oder Überlassens illegal erwerbstätiger Personen, der gewerbsmäßigen Beschäftigung oder Beauftragung einer größeren Zahl


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717. Sitzung / Seite 62

solcher Personen oder der gewerbsmäßigen führenden Tätigkeit in einem größeren Kreis illegal erwerbstätiger Personen mit einer Strafdrohung von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe.

Ich verweise darauf, Herr Kollege Reisenberger, dass „Anwerben“, „Vermitteln“, „Überlassen“, „Beschäftigung“, „Beauftragung“ ja deutlich unternehmerbezogen und nicht arbeitnehmerbezogen sind.

Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte sollen sich künftig im Strafverfahren der beim Bundesministerium für Finanzen eingerichteten Spezialabteilung für Betrugsbekämp­fung und zentrale Koordinierung bedienen können, um ihre Ermittlungen wegen sol­cher Delikte zielgerichteter als bisher ausführen zu können.

Als eine wesentliche Maßnahme zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung sieht meine Fraktion die künftig zum Regelfall erklärte Pflicht zur Anmeldung zur Sozialver­sicherung bereits bei Arbeitsantritt, jedenfalls aber innerhalb des ersten Beschäfti­gungstages an. Ich sage, „Antritt“ wäre sicher das Optimum, aber immerhin, „innerhalb des ersten Tages“ ist wohl eine sehr klare Zielvorgabe.

Diese Pflicht bezieht sich zwar nicht auf alle relevanten Daten, aber immerhin auf die Mindestangaben; das sind die Dienstgeber-Kontonummer, Vor- und Familienname sowie die Versicherungsnummer beziehungsweise das Geburtsdatum der beschäftig­ten Person sowie der Ort und der Tag der Beschäftigungsaufnahme. Da brauchen wir also gar keine Beweislastumkehr, diese Angaben sprechen für sich!

Freilich sollen diese neuen Meldebestimmungen erst dann in Kraft treten, wenn der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz mit Verordnung feststellt, dass die zur Erfüllung der taggleichen Anmeldung zur Sozial­versicherung erforderlichen technischen Mittel, sei es auch nur auf telefonischem Weg – das geht schon heute –, und nicht auch durch elektronische Datenfernüber­tragung, zur Verfügung stehen.

Alles in allem sind wir mit diesen legislativpolitischen Maßnahmen einen entscheiden­den Schritt auf dem Weg, den Sozialbetrug zu bekämpfen, vorangekommen – das denke ich doch! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Das sollte und könnte auch die parlamentarische Opposition durchaus anerkennen. Gewiss kann man sich in dieser Richtung immer noch mehr vorstellen und wünschen; dies dann freilich nicht nur auf dem Gebiete des Strafrechts – sei es des Verwaltungs­strafrechts, sei es des allgemeinen gerichtlichen Strafrechts – als der Definition der äußersten Grenzen des gesellschaftlich-rechtlich gerade noch oder eben nicht mehr Erlaubten, vielmehr auch und vornehmlich auf der Ebene positiver Anreize durch steuerliche Begünstigungen – auf einem Teilgebiet verweise ich hiezu auf das Luxem­burger Modell –, aber auch durch förderliche Rahmenbedingungen für das Klein- und Mittelgewerbe. Es wäre gewiss ein vorbildlicher, parteienübergreifender Beitrag zur Erreichung dieses Zieles, könnten alle im Hohen Haus vertretenen Parteien dem vorliegenden Reformvorhaben ungeachtet dessen, ob und inwieweit es ihren eigenen Zielvorstellungen voll gerecht worden ist, in dieser gemeinsamen Intention zustimmen.

Nicht minder bedeutsam erscheint die Strafprozessnovelle 2005; ich fasse mich hier sehr kurz. Ich kritisiere an ihr nicht, dass es nicht zu der zunächst geplanten Verkleine­rung der schöffengerichtlichen Senate gekommen ist. Gewiss wäre die Einsparung der Arbeitskraft eines Berufsrichters wünschenswert gewesen, gerade in Zeiten knapper Personalressourcen. Ist aber die Parität bei der Besetzung der Richterbank wirklich so vernachlässigenswert? Gerade wenn man die Beteiligung von Laienrichtern ernst nimmt und sie nicht bloß auf ein Sprachrohr der Berufsrichter reduziert, also auf ein schmückendes Beiwerk der Richterbank?


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717. Sitzung / Seite 63

Überaus positiv beurteile ich an der Novelle, dass sie nach dem bewährten Vorbild des Zivilprozesses endlich auch die Form der Protokollführung im Strafverfahren moder­nisiert und flexibilisiert. Besonders begrüße ich die neu geschaffene Möglichkeit der Durchführung von Rechtshilfevernehmungen im Wege einer Videokonferenz. Das wäre nämlich die Rückkehr zum Grundsatz der Unmittelbarkeit des Beweisverfahrens, allerdings bedürfte es hiezu des Ausbaus einer entsprechenden technischen Infra­struktur.

Auf dem Gebiete der Überwachung einer Telekommunikation – das wurde heute schon angesprochen – werden aktuelle Gesetzesänderungen nachvollzogen.

Mein letzter Punkt: In Bezug auf die Bestellung von Sachverständigen aus dem Kreise des wissenschaftlichen Personals einer Organisationseinheit einer Universität wird der jeweiligen Leitung besser als bisher die Wahrnehmung von Aufsicht und Kontrolle ermöglicht. Das ist meines Erachtens angesichts aktueller Probleme mit dem Wiener Gerichtsmedizinischen Institut organisationsrechtlich unverzichtbar, auch im Sinne der Wahrnehmung der Dienstaufsicht.

Das heißt aber durchaus nicht, dass das erkennende Gericht damit künftig nicht mehr einen bestimmten Sachverständigen seines Vertrauens bestellen könnte. Das ist im Gegensatz zu früheren Bedenken, die auch aus Justizkreisen geäußert wurden, aus­drücklich festzuhalten. (Vizepräsident Mag. Pehm übernimmt den Vorsitz.)

Im Blick auf alle diese Verbesserungen im Ablauf der strafprozessualen Vorgänge wird meine Fraktion diesen beiden heute vorliegenden justizpolitischen Reformvorhaben gerne ihre Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.01

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Miklautsch. – Bitte.

 


12.01

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Zunächst möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen, dass ich leicht schief vor Ihnen stehe. Ich habe ziemlich starke Kreuzschmerzen, daher bin ich etwas in meiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt. Entschuldigung dafür, bitte!

Auch ich möchte meine Ausführungen gerne mit einigen Bemerkungen zur Strafpro­zessreform beginnen. Es freut mich, dass hier gewürdigt wurde, dass es uns mit der Strafprozessreform gelungen ist, einen von vielen Schritten in Richtung Verfahrens­beschleunigung zu machen. Durch die neue Form der Protokollierung, wie sie nunmehr auch im Strafprozess vorgesehen ist – im Zivilprozess haben wir das ja schon –, durch die Protokollierung mit Tonband beziehungsweise mit Videoaufnahmen steht zu erwarten, dass es zu einer Beschleunigung der Strafprozesse kommen kann und wird.

Wichtig ist mir auch, dass es uns durch diese Novelle gelungen ist, das allseits bekannte Problem – Herr Dr. Böhm hat es bereits angesprochen – mit dem Gerichts­medizinischen Institut in Wien einer Lösung zuzuführen, die die Zustimmung sowohl der universitären Entscheidungsträger als auch die Zustimmung der Richter, die in weiterer Folge in diesem Bereich damit arbeiten werden, erhalten hat. Wir sind daher davon überzeugt, dass wir hiemit eine vernünftige Lösung im Interesse aller gefunden haben.

Zum hier heute heftig diskutierten Punkt des Sozialbetrugs möchte ich anführen, dass ich mir auch gewünscht hätte – das sage ich an dieser Stelle ganz offen und ehrlich –, dass die Regierungsvorlage in der vorgelegten Form durchgegangen wäre, dass diese Regierungsvorlage den Nationalrat unverändert passiert hätte. Ich würde lügen, wenn


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ich etwas anderes sagen würde. Mir wäre das lieber gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen.)

Faktum in diesem Zusammenhang ist aber auch – und davor dürfen wir Politiker nicht unsere Augen verschließen, denn wir müssen uns auch den Erfordernissen der Praxis zuwenden –, dass mir von Unternehmerseite mitgeteilt wurde – wie Sie wissen, bin ich keine Unternehmerin –, dass es in der Praxis sehr schwierig sein wird, vor Dienstantritt eine Anmeldung bewerkstelligen zu können. Soll womöglich der Polier von der Baustelle aus per SMS eine Anmeldung an die Sozialversicherungsträger vornehmen? Daher wurde der Kompromiss gefunden, dass diese Anmeldung spätestens bis 24 Uhr des ersten Arbeitstages zu erfolgen hat.

Was ergibt sich daraus für uns in der Praxis? Wie Sie wissen, ist in diesem Sozial­betrugsgesetz vorgesehen, dass mit den Ermittlungstätigkeiten im Zusammenhang die­ses Gesetzes die KIAB betraut wird, eine Ermittlungstruppe mit einer sehr großen Expertise im Bereich Schwarzarbeit, im Speziellen mit der Ausländerbeschäftigung. Die KIAB wird sich mit Sicherheit auf diese neuen Regelungen einzustellen wissen. Dies vor allem auch deshalb, und darauf möchte ich hier im Bundesrat auch noch hin­weisen, weil die derzeitige Rechtslage eine Anmeldung innerhalb von sieben Tagen erlaubt. Wenn ich dem die jetzige Lösung gegenüberstelle, so haben wir damit einen wirklich ganz großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Das wollte ich an dieser Stelle noch einmal betonen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mir ist auch wichtig, noch einmal auf die Einwendungen der Herren Bundesräte Schen­nach und Reisenberger im Zusammenhang mit dem § 153c einzugehen. Es handelt sich dabei um jene Bestimmung, nach der die tätige Reue bis zum Ende der Haupt­verhandlung vorgesehen ist. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass dies geltendes Recht ist. Diese Regelung gibt es schon seit einigen Jahren – wie lange genau, weiß ich nicht – im § 114 ASVG, und diese Regelung hat sich in der Praxis bestens bewährt. Es ist daher so, wie es Herr Dr. Böhm bereits sehr treffend ausgeführt hat, dass wir jetzt praktisch diese Bestimmung aus dem ASVG in das Strafgesetzbuch transferieren, um zu dokumentieren, dass dieser Tatbestand für uns einen besonderen Unrechtsgehalt aufweist und wir ihn deswegen auch im Straf­gesetzbuch verankert wissen wollen.

Weiters möchte ich noch darauf hinweisen, dass dieses Sozialbetrugspaket für uns tatsächlich ein Paket darstellt, in dessen Rahmen wir auch Änderungen in der Konkurs­ordnung und im Firmenbuchsrecht vorgesehen haben. Es wird nunmehr möglich, jene Schwarzfirmen, die in Konkurs gehen, sofort und auch mit „Adresse unbekannt“ – denn das ist meist der Fall, sodass eine Zustellung nicht möglich ist – im Firmenbuch anzuführen, um damit zumindest künftige Geschäftspartner entsprechend warnen zu können. Für mich ist das ein ganz wesentlicher Punkt, der, wie ich hoffe, auch in der Praxis gut greifen wird, damit dieses gesamte Maßnahmenpaket in weiterer Folge auch erfolgreich sein wird.

Wie ich der Tagesordnung entnehme, und das wurde hier im Bundesrat bislang noch nicht angesprochen, behandeln wir auch die Vereinbarung über die medizinischen Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justiz­anstalten. Letztes Mal, als ich die Ehre hatte, hier zu stehen, haben Sie mich gefragt, wann das denn kommen werde. Damals habe ich Ihnen gesagt, das sei auf Schiene, und heute werden wir das hier beschließen. Ich wollte nur noch einmal besonders darauf hinweisen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

12.07

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 65

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.07

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Eingangs zu diesem Themenbereich vielleicht ein paar Fakten. Univ.-Prof. Schneider, ein Lands­mann von mir, hat ausgerechnet, dass etwa 11 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das sind monetär ausgedrückt 23,1 Milliarden €, mehr oder minder schwarz über die Baustelle, über den Ladentisch, über das offiziell nicht existierende Lohnkonto gehen. Es hat dazu interessanterweise eine davon abweichende Zahl der Statistik Austria gegeben, die nur bei etwa 4 Prozent gelegen ist. Ich habe versucht, den Hintergrund zu ergründen. Die Statistik Austria hat festgestellt, dass man dort Güter bewerte, während Professor Schneider die Dinge monetär betrachte.

Wir sehen hier also einen riesigen volkswirtschaftlichen Schaden, und ich sage das hier jetzt auch ganz bewusst als selbständig Erwerbstätiger, Frau Bundesministerin, einen Schaden, den wirklich auch kleine und mittlere Betriebe erleiden. Dazu ein weiteres Faktum: Letztes Wochenende war in der Samstag/Sonntag-Ausgabe der Zeitung „Der Standard“ zu lesen: „AK-Vorwürfe: Möbel Lutz zahlt Weihnachtsgelder nach.“ Jetzt muss man sich einmal vorstellen – Herr Dr. Kühnel belächelt das zwar –: Es geht dort nicht um ein paar Leute, sondern in diesem Betrieb sind 8 000 Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, und ich weiß nicht, ob es einmal in Ihrer langen Beamtenkarriere, Herr Dr. Kühnel, denkbar gewesen wäre, dass das Weih­nachtsgeld vom Bundesbesoldungsamt nicht angewiesen worden wäre. Von diesen 8 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind 2 000 so genannte geringfügig Beschäftigte. Man muss sich das einmal vorstellen, wie da gearbeitet wird – 2 000 von 8 000! –, und ein geringfügig Beschäftigter – das werden viele hier herinnen vielleicht gar nicht wissen – hat in seinem Lohnsackerl 316 € 19 Cent pro Monat. So schaut das aus. Offensichtlich, denn sonst würde sich das niemand in diesem Medium zu behaup­ten getrauen, reicht es dort nicht einmal dazu, ordnungsgemäß das Weihnachtsgeld auszuzahlen.

Wenn es zu solchen eklatanten Wettbewerbsverzerrungen kommt, dann frage ich mich schon: Wo bleibt meine gesetzliche Interessenvertretung, die Wirtschaftskammer? Die hätte zum Beispiel schon lange die Möglichkeit gehabt, mit einer Wettbewerbsklage vorzugehen, mit einer Verbandsklage – das wird mir die Frau Justizministerin bestä­tigen –, aber nein, dazu wird geschwiegen!

Zweites Beispiel: Am 27. August behauptete in der „Zeit im Bild 2“ ein REWE-Mana­ger – zu diesem Konzern gehören bekanntlich Bipa, Billa, Merkur und Mondo –, dass er gezwungen worden sei, einen Teil der Löhne schwarz auszuzahlen. Das muss man sich einmal vorstellen: in einem Konzern dieser Größenordnung, der nach meinem Infor­mationsstand an die 30 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt! Der Manager hat dort erklärt, dass er Teil eines inneren Zirkels eines menschen­verachten­den Systems gewesen sei.

Ich begrüße es, wenn hiemit ein erster Schritt gemacht wird, Frau Bundesministerin, um Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Ich weiß das von vielen kleinen Unterneh­merinnen und Unternehmern. Da kommt eine Gebietskrankenkassen-Prüfung – jetzt gibt es ja eine gemeinsame mit der Finanz; der Kollege hat vorhin kurz darauf hinge­wiesen –, und die schauen sich das an, die rechnen das genau nach. Mitunter stellt sich heraus, dass dort oder da nicht dem Kollektivvertrag entsprechend abgerechnet wurde. Das ist dann alles auf Heller und Pfennig nachzuzahlen. Ich finde das auch richtig so, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten ordentliche Arbeit im Be­trieb, und dementsprechend hat auch die Entlohnung auszusehen.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 66

Dass unsere Fraktion arge Bedenken hat, dass wir mit diesem Gesetz noch nicht das erreichen, was wir brauchen, um Wettbewerbsgleichheit zwischen kleinen und mitt­leren Unternehmen und großen Konzernen herzustellen, hängt mit ein paar Dingen zusammen, die ich noch ganz kurz erwähnen möchte. Ich meine, dass es noch an der entsprechenden personellen Ausstattung und der Erweiterung der rechtlichen Möglich­keiten der Kontrollbehörden mangelt, dass es auch notwendig wäre, ein Regressrecht der Sozialversicherung gegenüber dem Arbeitgeber bei einem Arbeitsunfall eines Schwarzarbeiters anzuhängen. Ich würde sogar so weit gehen, dass man auch Spitzenmanager mit in die Pflicht nimmt und nicht nur irgendwie anonym einen Konzern.

Bezüglich der tätigen Reue habe ich rechtspolitische Bedenken, denn das ist unter Umständen in einem Finanzverfahren, üblicherweise jedoch nicht, und das wird mir Professor Böhm bestätigen, in einem Strafprozess möglich.

Ich meine, diese Dinge sind nachzujustieren, wenn auch hier – ganz richtig – ein erster, guter Schritt in die richtige Richtung gemacht wurde. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

12.12

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.13

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Drei Themen stehen jetzt auf der Tagesordnung. Das Erste ist die Strafprozessnovelle 2005. Herr Professor Böhm hat das hier schon entsprechend unterfüttert, wenn man das so ausdrücken darf. Dennoch möchte ich hier vor allem eines hervorheben, dass es nämlich nach langen, langen Jahren gelungen ist, Möglichkeiten zu schaffen, um die Verfahren einer Beschleuni­gung zuzuführen, was für die Rechtsicherheit in Österreich von großer Bedeutung ist.

Das Zweite ist der Sozialversicherungsbetrug. Wir haben jetzt von allen möglichen Seiten gehört, dass es einfach zu wenig scharf sei, für andere ist es vielleicht wieder etwas zu radikal, ich denke jedoch, es ist zumindest einmal ein doch ernst zu nehmender Versuch, dem Sozialversicherungsbetrug zu Leibe zu rücken.

Der Sozialversicherungsbetrug ist auf jeden Fall etwas, das den Sozialversicherungen Geld in höchstem Maße entzieht, selbstverständlich aber auch dem Finanzminister, und das die Schwarzarbeit bisher gefördert hat. Dem soll jetzt ein Riegel vorgeschoben werden. Dieser Riegel muss sich aber doch auch ein bisschen an der Praxis orientieren. Wenn man den idealen Standpunkt vertritt, dass ein Unternehmer bereits eine Woche, 14 Tage vorher weiß, dass er bei der und der Baustelle 200 Arbeiter braucht und dann auch alle 200 tatsächlich kommen, dann ist das vom idealen Stand­punkt her sicherlich großartig. Allein die Praxis schaut leider etwas anders aus. Wenn zum Beispiel eine Winter-Baustelle gegeben ist, Herr Kollege Gruber, dann muss man mit großem Bedauern feststellen, dass von diesen 200 vielleicht nur 80 die Arbeit an dem betreffenden Montag auch tatsächlich antreten. Die anderen 120 erscheinen nicht. Ich will jetzt nicht analysieren, aus welchen Gründen, aber Faktum ist: Sie sind nicht an der Arbeitsstelle. (Bundesrat Gruber: Woher beziehen Sie als Beamter Ihre umfas­senden Kenntnisse der Wirtschaft?)

Daher ist die jetzige Regelung, dass man nur jene anmeldet, die sich am ersten Tag auch tatsächlich dort befinden, ein vernünftiger Schritt, denn alles andere würde An­meldung, Rückmeldung, Abmeldung und so weiter bedeuten, was sicherlich eine große Verzögerung verursachen würde.


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Manche sagen, dass die Anmeldung in der vorgesehenen Form von den Unter­nehmern nicht durchführbar sei. In dem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, dass ohnehin ein Zwei-Schritt-Verfahren vorgesehen ist, dass man also am Tag des Arbeitsantritts die Grunddaten zur Verfügung stellt und dann in einem zweiten Schritt diese Daten vervollständigt.

Ich bin der Meinung, dass das ein doch ernst zu nehmender Versuch ist, dem Sozialversicherungsbetrug zu Leibe zu rücken, denn dadurch wird erreicht, dass die Sozialversicherung mehr Geld bekommt, der Finanzminister mehr Einnahmen hat, und es wird endlich auch der Versuch unternommen, Waffengleichheit zwischen den ordentlich geführten Unternehmen, Firmen und so weiter und den schwarzen Schafen herzustellen, also schwarze Schafe durch diese Maßnahmen zu dezimieren. (Bun­desrat Schennach: Die schwarzen Schafe sind aber sicherlich keine ÖVPler!)

Sollten diese Instrumente jedoch nicht ganz greifen, bitte, in Österreich ist es doch durchaus möglich, wieder eine Novelle einzubringen. Unsere Gesetze strotzen ja nur so vor diversen Novellen.

Als Letztes möchte ich auf die Artikel-15a-Vereinbarung bezüglich der Sozialversiche­rungsleistung für unsere Häftlinge eingehen. Frau Bundesministerin, Sie haben es schon erwähnt, dass das auf Schiene ist. Ich darf Ihnen aber, da das bisher noch von niemandem aus dem Justizausschuss des Bundesrates erwähnt worden ist, eine kleine Botschaft mitgeben: Wir würden uns freuen, wenn es zu einer Dauerregelung käme, denn, wie gesagt, es liegt uns auch am Herzen, dass unsere Häftlinge ent­sprechend gesundheitlich versorgt werden. (Bundesrat Schennach: Das wäre sinn­voll!)

In diesem Sinne stimmt meine Fraktion allen drei Gesetzen zu, was im Grunde genom­men nicht anders zu erwarten war. (Bundesrat Schennach: Welche Überraschung!)

Zum Schluss noch eine kurze Bemerkung: Offensichtlich haben wir deswegen heute hier gelegentlich eine schummrige Beleuchtung, weil in Österreich auf Grund welcher Umstände auch immer nicht genügend elektrische Energie vorhanden ist. (Heiterkeit bei allen Fraktionen. – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.18

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend eine Strafprozessnovelle 2005.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 68

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Sozialbetrugsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Kranken­anstalten für Insassen von Justizanstalten.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltverträglichkeits­prüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-Novelle 2004) (648 d.B., 313/A und 757 d.B. sowie 7157/BR d.B. und 7171/BR d.B.)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hochleistungs­strecken­gesetz geändert werden (758 d.B. sowie 7158/BR d.B. und 7172/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 8 und 9 ist Herr Bundesrat Kraml. Ich ersuche darum, beide Berichte unter einem zu erstatten. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


Berichterstatter Johann Kraml: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert werden (UVP-G-Novelle 2004).

Der Bericht liegt schriftlich vor. Ich komme zum Antrag:

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlagen am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und

2. den im Artikel 1 des gegenständlichen Beschlusses des Nationalrates enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen.

Weiters bringe ich den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 und das Hochleistungsstreckengesetz geändert werden.

Der Bericht liegt ebenfalls schriftlich vor. Ich komme zur Antragstellung:

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehr den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



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717. Sitzung / Seite 69

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen nun in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


12.21

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Novellierung des UVP-Gesetzes beruht auf einer EU-rechtlichen Grundlage, nämlich der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie. Meiner Ansicht nach sind aber nicht alle Vorgaben bei dieser Umsetzung berücksichtigt worden, und in einigen Punkten gibt es sogar eine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Gesetz.

Prinzipiell ist die Einbindung von NGOs sehr positiv zu bewerten. Für mich stellt sich nur die Frage: Warum müssen zwei Minister bewerten, ob eine Umweltorganisation eine Umweltorganisation ist? Es gibt ganz genaue Kriterien dafür, nämlich dass der Zweck „Schutz der Umwelt“ in den Statuten dieser Organisation enthalten sein muss, dass dieser Zweck seit drei Jahren in den Statuten stehen muss und dass gemein­nützige Ziele verfolgt werden. Ich verstehe nicht ganz, warum da zwei Minister entscheiden müssen, ob diese Voraussetzungen erfüllt worden sind, noch dazu, wenn der zweite Minister der Wirtschaftsminister ist. Ob eine Umweltorganisation diese Kriterien erfüllt oder nicht, ist eine Rechtssache und nicht eine politische Entscheidung!

Warum können NGOs mit dieser Entscheidung dann nicht vor den Verwaltungs­gerichtshof gehen? Eigentlich müssten ja alle Parteien in einem Verfahren die gleichen Rechte und den gleichen Zugang zu den höheren Gerichten haben.

Ein weiterer positiver Punkt der Novelle ist die Verlängerung der Funktionsdauer des Umweltsenates.

Eine Schwachstelle wiederum sind fehlende Umsetzungen im Feststellungsverfahren. Es gibt ein EuGH-Urteil im Falle Wales gegen United Kingdom, in dem festgestellt wurde, dass auch Nachbarn und NGOs ein Recht darauf haben, ein Feststellungs­verfahren zu beantragen. Das ist auch europäisches Recht, aber in unserer Umset­zung der UVP-Richtlinie hat dieses Urteil leider keinen Niederschlag gefunden. Es ist ja sehr häufig so, dass die zuständigen Behörden nicht unbedingt willig sind, ein Um­weltverträglichkeitsprüfungsverfahren zu beantragen – es wird sehr oft umgangen oder „geleugnet“ oder wie auch immer man das formulieren mag –, und auch das Engage­ment der Umweltanwaltschaften ist nicht immer gleich toll. Die Gemeinden sind auch sehr oft zurückhaltend bei der Beantragung dieses Feststellungsverfahrens, weil sie eben in erster Linie die Arbeitsplätze und die nächsten Wahlen im Sinn haben. Warum also die Nachbarn und die NGOs dieses Recht, solch ein Feststellungsverfahren zu beantragen, nicht bekommen, ist mir nicht erklärlich. Es wäre eigentlich EU-Recht. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Auer.)

Ein positiver Punkt ist die Erweiterung der UVP-pflichtigen Vorhaben. Auch diese Erweiterung ist zum Großteil auf EU-Recht zurückzuführen. Daneben waren einige Problemfälle aus der Praxis Anlass für diese positive Änderung, wie zum Beispiel – etwas, was die Grünen schon bei der Umweltverträglichkeitsprüfungsnovelle 2000 gefordert haben –, dass die UVP-Pflicht für sämtliche Maßnahmen in Gletscher­schigebieten gegeben ist. Bei der Erweiterung der UVP-pflichtigen Vorhaben handelt es sich allerdings in erster Linie um zusätzliche Vorhaben in den Spalten 2 und 3, für die ein verkürztes Verfahren durchzuführen ist und die deshalb keinerlei Bürger­beteili­gung beinhalten.

Zum Zeitplan der Umweltverträglichkeitsgutachten: Bisher war es so, dass die Aus­wirkungen des Vorhabens gemäß § 1 nach dem Stand der Technik und nach dem


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717. Sitzung / Seite 70

Stand der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften in einer umfassenden und zusammenfassenden Gesamtschau und unter Berücksichtigung der Genehmigungs­kriterien des § 17 darzulegen waren, und zwar von amtlicher Seite. Jetzt ist es so, dass die zur Beurteilung vorgelegte Umweltverträglichkeitserklärung und andere vom Pro­jekt­werber vorgelegte Unterlagen nach dem Stand der Technik aus fachlicher Sicht zu bewerten und zu ergänzen sind.

Das heißt, es ist letztendlich das amtliche Umweltverträglichkeitsgutachten mehr oder weniger eliminiert worden. Die Amtssachverständigen müssen jetzt nur mehr die vom Betreiber vorgelegten Umweltverträglichkeitserklärungen prüfen und ergänzen. Das mag zwar die Behörde entlasten, damit wird aber auch der Schwerpunkt der inte­grativen Beurteilung des Projekts in den Aufgabenbereich des Betreibers gelegt. Ob da die Objektivität nicht zum Teil auf der Strecke bleibt? (Beifall bei den Grünen.)

Und wenn die Beamten zu genau bewerten oder ergänzen oder vielleicht etwas zu viel hinterfragen, dann müssen sie eine Überschreitung des Zeitplanes im Bescheid begründen. Damit wird der Druck auf die Behörde noch weiter erhöht.

Bei der Straßen-UVP hat der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass eines Enteignungs­verfahrens zur S 1 unter Berufung auf die UVP-Richtlinie erkannt, dass eine UVP für die Straße zum Detailprojekt stattzufinden hat. Eine UVP im Trassenverordnungs­verfahren ist nicht mehr ausreichend. Das heißt, dass diese Auflagen, die sich jetzt aus dem UVP-Gesetz mehr oder weniger ergeben, künftig per Bescheid mitgeteilt werden. Und das ist auch gut und richtig so.

Aber entgegen dem an und für sich geplanten Ministerialentwurf wird es weiterhin mehrere Bescheidverfahren geben und nicht nur von einer Stelle, sondern sehr wohl vom Land – von da kommen die wasserrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Bescheide – und vom Bund. Beim Bund kommen die Bescheide dann noch dazu vom Verkehrsminister. Wir hätten uns gewünscht, dass der Umweltminister dafür zuständig wäre.

Unsere Forderungen waren: eine strategische Umweltprüfung des Gesamtverkehrspla­nes; ein Straßenbescheidverfahren, in dem neben dem Bundesrecht auch landes­rechtliche Bewilligungspflichten zu beachten sind; dass die weichenden Behörden, besonders die Naturschutzbehörde, eine Parteienstellung in diesem Verfahren erhal­ten; eine volle Parteienstellung für NGOs, Bürgerparteien, Nachbarn und Amtsorgane mit Rechtszug an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts.

Diese Forderungen werden durch das neue UVP-Gesetz nicht erfüllt, deshalb werden wir auch nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

12.28

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Bogensperger. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.28

Bundesrat Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hoher Bundesrat! Ich möchte auch zur Änderung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes sprechen.

Es sind mit dieser Änderung beim UVP-Gesetz massive Verbesserungen vorgesehen, wie sie Kollegin Kerschbaum schon erwähnt hat: Beteiligung der Öffentlichkeit an den Verfahren zur Genehmigung großer Projekte, Erweiterung der Parteienstellung, Möglichkeiten für NGOs, den Gang zum VwGH anzutreten, vor allem ist jetzt – was mir wichtig erscheint – eine raschere Vorgangsweise und ein rascheres Verfahren möglich.


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717. Sitzung / Seite 71

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, ich komme aus dem Bezirk Knittelfeld, wo der A1-Ring liegt, wo das Projekt Spielberg mit dem Investor Dietrich Mateschitz vorerst an der UVP gescheitert ist. Es sollen hier nicht nur Autorennen abgehalten werden, sondern daneben Schulen, Forschungszentren, Hotels et cetera entstehen.

Ich komme aus einer Region, der Mur-Mürz-Furche, wo auf Grund des Einbruches der Stahlindustrie Großbetriebe wie die Voest, Zeltweg, das Gussstahlwerk Judenburg, die Eisenbahnwerkstätten in Knittelfeld, das Kohlebergwerk in Fohnsdorf massiv Arbeits­plätze abgebaut beziehungsweise sogar zugesperrt haben wie etwa der Kohlebergbau Fohnsdorf. Wir in unserer Region benötigen dringend Arbeitsplätze, besonders für unsere Jugend.

Jetzt würde ein Großinvestor kommen, der Herr Mateschitz, der in der Region 700 Millionen € investieren möchte. Er kann das aber jetzt auf Grund der UVP-Prüfung nicht machen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: In Oberösterreich wurden 200 Millionen in die Voest gesteckt, und es ist nicht gelungen!)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Bogensperger, Weilharter, Hösele, Zellot, Prutsch, Binna, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunftsprojekt Motorsportzentrum Spielberg, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 8 der Tagesordnung

Das Projekt Motorsportzentrum Spielberg ist mit einer Investitionssumme von insge­samt 700 Millionen € Leitprojekt und Zukunftschance für die Entwicklung der Region Aichfeld/Murboden, die Steiermark sowie für das gesamte Österreich. Das Projekt, das auf der Erweiterung der bestehenden Anlagen des ehemaligen Formel-1-Ringes basiert und die Ansiedlung verschiedenster Institutionen aus dem Bereich Forschung und Entwicklung auf dem Gelände anstrebt, ist Grundlage für die Sicherung und für die zusätzliche Schaffung von Tausenden Arbeitsplätzen in der Region. Mit Entscheidung vom 3. Dezember hat der Unabhängige Umweltsenat den Bescheid der Landes­regierung Steiermark, mit dem die Genehmigung erteilt wurde, aus formellen und materiellen Gründen aufgehoben. Auf Grund dieses Bescheides und unter Berücksich­tigung der Bedeutung des Projektes für den Wirtschaftsstandort Österreich wurde eine eigene Task force zwischen Bund und Land Steiermark eingerichtet, mit dem Ziel, alles zu unternehmen, damit dieses Projekt realisiert werden kann. Die Steiermärkische Landesregierung bekennt sich mit einem einstimmigen Beschluss vom 13. Dezember 2004 nachdrücklich zum Projekt Spielberg und strebt seine Realisierung mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten an. Der Nationalrat bekennt sich mit Beschluss vom 9. Dezember 2004 zum Projekt Spielberg.

Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesrat bekennt sich zur Erweiterung der Anlage des ehemaligen Formel-1-Ringes in Spielberg als Leitprojekt und Zukunftschance für die nachhaltige Entwicklung der Region Aichfeld/Murboden zum Wohle der regionalen Bevölkerung.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit der Steiermärkischen Lan­desregierung im Rahmen der Task force „Spielberg“ alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Realisierung des Projektes Motorsportzentrum Spielberg zu gewährleisten.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 72

Weiters sind im Rahmen der Task force unverzüglich Beratungen darüber aufzu­nehmen, wie eine geeignete Begleitung von Projekten und Vorhaben von über­regionaler Bedeutung zur optimalen Koordination der befassten Stellen auf Bundes- und Landesebene realisiert werden kann und ob und in welcher Weise weitere gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden können, um Verfahrensabläufe zu optimie­ren.“

*****

Bitte, unterstützen Sie diesen Entschließungsantrag! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.32

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Der von den Bundesräten Dipl.-Ing. Bogensperger, Hösele, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Zu­kunfts­projekt Motorsportzentrum Spielberg ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gruber. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.33

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden als Sozial­demokraten der Regierungsvorlage, mit der das Bundes-Verfassungsgesetz und das Umweltverträglichkeitsgesetz geändert werden, unsere Zustimmung geben; unsere Zustimmung deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Bundesminister, weil es möglich war, im Rahmen von Verhandlungen erhebliche Verbesserungen zu erreichen.

Die wichtigsten Punkte aus unserer Sicht:

Erstens: Bei großen Verkehrsvorhaben werden Genehmigungsbescheide zusammen­gefasst. Damit wird eine Verkürzung der Verfahren erreicht.

Zweitens: Die Trassenverordnungen werden durch ein Bescheidverfahren ersetzt.

Drittens: Standortgemeinden können in der Frage, ob eine UVP unbedingt notwendig ist, den Verwaltungsgerichtshof anrufen.

Viertens: Bürgerinitiativen und NGOs können im Hauptverfahren jetzt wieder den Verfas­sungsgerichtshof beziehungsweise den Verwaltungsgerichtshof anrufen.

Fünftens: Auch für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken soll nach der Trassen­verordnung noch ein Genehmigungsverfahren folgen, in dem eine UVP berücksichtigt werden kann.

Sechstens: Klargestellt wurde auch, dass NGOs hinsichtlich ihrer Zulassung zu UVP-Verfahren den Verfassungsgerichtshof anrufen können.

Mit dieser UVP-Gesetzesnovelle setzen wir die Aarhus-Konvention weitestgehend um, und dies führt zu einer verbesserten Beteiligung der Öffentlichkeit bei großen Umwelt­projekten.

Mit diesen Punkten wurden drei für uns Sozialdemokraten wichtige Ziele erreicht: Verfahrensbeschleunigung, Stärkung der Parteienrechte und Einbindung der NGOs. Wir werden diesem Gesetz daher unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

12.35

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 73

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


12.35

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte Stellung nehmen zum Entschließungsantrag, der vom Kollegen Bogensperger eingebracht wurde.

Herr Kollege Bogensperger! Dieses Projekt in Spielberg mag vielleicht ein sehr zentrales, wichtiges für Ihre Region sein. Was ich wirklich für wichtig halte, ist, diese Regionen – wir haben viele; Sie in der Steiermark, wir auch in Oberösterreich – zu unterstützen. Arbeitsplätze sind das Rückgrat dieser Regionen. Sie gehören gestärkt, sie gehören unterstützt, sie gehören gefördert. (Bundesrat Dipl.-Ing. Bogensperger: Das ist ein Projekt für ganz Österreich!)

In mancherlei Hinsicht muss man aber die Sicherung der Arbeitsplätze in einem größeren Kontext sehen. Und etwas verwundert mich schon: Die Berichte in den Medien belegen, dass der Steiermärkischen Landesregierung die Probleme, die jetzt zu einem ablehnenden Bescheid geführt haben, schon seit geraumer Zeit bewusst gemacht worden sind und diesbezüglich nicht reagiert wurde. (Beifall bei den Grünen.)

Dass ein Projekt von einer Projektgröße von 700 Millionen €, von dem sich Herr Mate­schitz ja längst distanziert hat, zu 90 Millionen € vom Land Steiermark gefördert werden soll, ist auch außerordentlich gut, und ich denke, mit den 90 Millionen € kann man sehr viel anderes im Bereich Bildung, Forschung, Betriebsansiedlung machen.

Was für uns etwas verwunderlich ist in diesem Antrag, ist die Task force. Ich meine, den Ausdruck „Task force“ kenne ich bislang nur aus den Schwarzenegger-Filmen. Einen derart eigenwilligen Begriff für progressive, fortschrittliche Maßnahmen zu verwenden, erscheint uns etwas befremdend.

Was klar ist für uns – und das möchte ich hier feststellen für die grüne Fraktion –, ist, dass wir dazu stehen, dass es ganz wichtig ist, die Arbeitsplätze und die Regionen im ökonomischen Kontext und in ökonomischer Hinsicht zu fördern und zu fordern.

Dem Entschließungsantrag, so wie er jetzt vorliegt – Kollege Hösele hat ihn uns nur überreicht, man hat in dieser Form auch nicht das Gespräch gesucht, um etwaige Adaptierungen vorzunehmen –, können wir so nicht näher treten. Wobei es für uns völlig klar ist, dass das Ziel „Arbeitsplätze in die Regionen“ ein zentrales sein muss und vorangetrieben werden muss und außer jedem Zweifel steht. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Ing. Kampl: Arbeitsplätze sind wichtig!)

12.38

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Zellot. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.38

Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Mit dieser UVP-Novelle wird die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie in österreichisches Recht umgesetzt. Diese Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie ist natürlich ein Fortschritt in der Gesetzgebung, was die UVP-Novelle betrifft.

Wichtige Änderungen sind auch im Bereich der UVP für die Bundesstraßen und für die Hochleistungsstrecken – was positiv ist – vorgesehen. Um diese Verfahren europa­rechtskonform und rechtssicher zu gestalten, sollen der Trassenverordnung immer Genehmigungsverfahren folgen, in denen die UVP berücksichtigt werden kann. 


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 74

Ein weiteres Anliegen dieses Entwurfs ist eine klare Regelung der Zuständigkeit der UVP-Behörde für in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften bereits vorgesehene Enteignungen. Diese sollen in Zukunft nur in wenigen Bereichen von der UVP-Behörde, mehrheitlich jedoch von den bereits bisher zuständigen materiengesetzlich dafür vorgesehenen Behörden durchgeführt werden. 

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich glaube und ich bin auch überzeugt davon, dass das ein gutes Ergebnis ist. Dieses Ergebnis ist auch deshalb gut, weil wir in verschiedenen Bereichen, gerade was die Öffentlichkeit betrifft, Fortschritte erzielt haben, weil die Öffentlichkeit hier mehr eingebunden ist.

Ich glaube, dass die Bevölkerung, dass die Betroffenen in den verschiedenen Be­reichen, was Trassenplanung, was Trassenführung anlangt – egal, ob in Bezug auf Straße oder Bahn –, sozusagen immer mündiger werden und nicht nur Kritik üben, sondern auch positive Vorschläge einbringen. Und Vorschläge der Bevölkerung haben ja bereits gezeigt, dass verschiedene Trassenführungen in Österreich – egal, ob in Bezug auf Bahn, Straße oder Tunnel – zum Wohle der dort lebenden Bevölkerung abgeändert werden konnten. Das also hat der Gesetzgeber erkannt – und deshalb stehen wir jetzt knapp vor einem positiven Gesetzesbeschluss.

Nicht ganz einfach war es, Entscheidungen bezüglich Umweltverträglichkeit, Wirt­schaftsfaktor und Technologie in den verschiedenen Ministerien auf einen gemein­samen Nenner zu bringen. Das ist, wie gesagt, nicht ganz einfach, ich bin aber der Überzeugung, dass mit diesem Gesetz – und das zum Wohle der österreichischen Bürgerinnen und Bürger – eine Verfahrensbeschleunigung bewirkt werden kann.

Abschließend zum Antrag betreffend Spielberg und diese Region in der Steiermark. Diesen Antrag zu befürworten kann man nur als positiv bezeichnen, hat sich doch gezeigt, dass die Zusammenarbeit mehrerer Bundesländer, so zum Beispiel Kärnten und der Steiermark, was Umwelt- und Wirtschaftsprojekte anlangt – in diesem Zusam­menhang nenne ich etwa den Koralmtunnel –, fast immer von Erfolg gekrönt ist. Mit diesem Antrag kann es zur Stärkung von Regionen zweier Bundesländer kommen – und deswegen habe ich mich dazu bereit erklärt, diesen Antrag aus Kärntner Sicht zu unterstützen, vor allem auch unsere Grenzregionen sowie die Region Knittelfeld zu unterstützen und dabei zu helfen, ein Bundesland in wirtschaftlichen und umwelt­politischen Angelegenheiten zu fördern. Ein Motorsportzentrum und die damit verbun­dene Entwicklungsstrategie erfahren daher selbstverständlich unsere Unterstützung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.42

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


12.42

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich heute und gerade bei dieser Gesetzesvorlage meinen Kollegen Pröll hier im Bundesrat vertreten darf, fiel es doch in meine Zeit als Umweltministerin, dass mir – nach jahrelangen, zähen Verhandlungen meiner Vorgängerinnen – der Durchbruch im Umweltverträg­lichkeitsprüfungsgesetz gelungen ist und in meiner Amtszeit dieses Gesetz auch tatsächlich umgesetzt werden konnte. Ich denke, dass mit der heutigen Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes – auch mit der Frage: Bundesverfassungs­ge­setz betreffend Verlängerung des Umweltsenates – sehr wichtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt werden. Wir versuchen, in drei großen Teilen gemeinsam eine Antwort zu geben.


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Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 75

Erstens: die Verlängerung des Umweltsenates, zweitens: Wie setzen wir internationale Verpflichtungen, die Aarhus-Konvention und damit die Bürgerbeteiligung entsprechend auch im UVP-Gesetz um? Und drittens: Wie können wir für ProjektbetreiberInnen und ProjektplanerInnen – ich nenne immer die weibliche Form, meine Damen und Herren, um die Zeit zu verkürzen; als Frauenministerin steht mir auch die Verwendung dieser Form zu; die Herren dürfen sich aber auch angesprochen fühlen – den Ablauf dieser Verfahren effizienter konzentrieren und gestalten?

Zum ersten Punkt, sehr geehrte Damen und Herren: Der Umweltsenat ist weisungsfrei und läuft bis Ende des Jahres 2004. Er bedarf daher als zweite Instanz, die in dieser Vorlage vorgesehen ist, einer entsprechenden Verlängerung. Der Umweltsenat wird mit diesem Gesetz bis zum Jahre 2010 verlängert und damit im Behördenverfahren als Instanz auch weiterhin zur Verfügung stehen.

Zweiter Punkt: Bürgerbeteiligung. Wenn man Umweltpolitik in ihren zwei wichtigen Eckpunkten sieht, nämlich Transparenz und Beteiligung, dann ist es gut, dass wir es nunmehr Umweltorganisationen ermöglichen, stärker auch im Verfahrensverlauf am UVP-Verfahren zu partizipieren und ihre Vorstellungen sowie die Einhaltung von Umweltvorschriften entsprechend umzusetzen.

Damit sind, wie ich meine, die zentralen Antworten gegeben auf das, was in der Aarhus-Konvention angesprochen wurde beziehungsweise worauf diese abgestellt ist.

Der dritte Punkt, nämlich die Frage: Welche Antwort geben wir im Verfahren selbst, um stärker, schneller und besser koordiniert die entsprechenden Antworten geben zu können? – In diesem Zusammenhang haben wir einen Schwerpunkt gesetzt, wonach zum Beispiel künftig keine Trassenverordnung mehr erlassen wird, sondern der Verkehrsminister die UVP im Rahmen eines Bescheidverfahrens macht. Dabei wer­den alle von den Bundesministerien zu vollziehenden Bundesgesetze angewendet und darüber hinaus auch alles, was in den Bundesländern zu koordinieren ist – bis hin zur gutachterlichen Tätigkeit –, stärker gemeinsam geplant, damit Ablaufsysteme be­schleu­nigt und ein entsprechendes Maß an Rechtssicherheit gewährleistet werden kann.

So gesehen ist die Änderung betreffend die Verlängerung des Umweltsenats und auch die Frage der Bürgerbeteiligung, die heute mit dieser UVP-Gesetz-Novelle erfolgt, ein richtiger Schritt in Richtung Transparenz und Beteiligung der Bürger an umwelt­relevanten Prozessen.

Zum nächsten Punkt und damit auch zum aktuellen Thema Spielberg: Es bringt nichts, jetzt mit Schuldzuweisungen – welcher Art auch immer – zu agieren. Tatsache ist: Es geht darum, wie wir ein Projekt, das für die Region, das für die Menschen in dieser Region, aber auch für das ganze Land wichtig ist, so begleiten, dass dieses Projekt sowohl den Anforderungen des Umweltschutzes entspricht als auch in dieser Region umsetzbar bleibt.

Mit dem heutigen Antrag der ÖVP-Fraktion wird versucht, diesem Projekt in einer derzeit schwierigen Phase wieder auf die Beine zu helfen. Ich hoffe jedenfalls sehr, dass es gelingt, einen für alle Beteiligten zufrieden stellenden Weg zu finden.

Ich wünsche diesem Gesetz und auch seiner Umsetzung in den nächsten Jahren alles Gute. Es ist wichtig für die Umwelt, aber auch wichtig für die Rechtssicherheit in unserem Lande. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.47

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Weilharter.

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 76

12.47

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Da zu diesem Tagesordnungspunkt auch die Situation rund um den „Österreich-Ring“, um den „A1-Ring“ angesprochen wurde, ein paar Bemerkungen meinerseits. Darüber wird ja bei uns sehr emotional diskutiert: über den Motorsport, über die Weiterführung der Formel 1 in der Region Aichfeld-Murboden. Beides, sowohl das Pro als auch das Contra, haben sicherlich Berech­tigung. Auf der einen Seite wird mit dem Argument Arbeitsplätze operiert, auf der anderen Seite werden umweltrelevante Themen in die Diskussion eingebracht.

Die Tourismusbranche sagt, wir brauchen dort die Formel 1; auf der anderen Seite wiederum gibt es jedoch Vertreter des „sanften Tourismus“, die da ihre Bedenken haben. – In Summe: eine Diskussion, die fast alle Facetten der Wirtschaft einer Region umfasst.

Vielleicht sollten wir jedoch in dieser Stunde versuchen, all diese Standpunkte beiseite zu lassen, und ich darf daher jetzt einen völlig Unbefangenen in dieser Diskussion zitieren, beziehungsweise ein Ergebnis, das Herr Universitätsprofessor Dr. Freisitzer errechnet hat. Herr Professor Freisitzer beschäftigt sich mit der so genannten Umweg­rentabilität, auch mit der von Sportveranstaltungen. So hat Professor Freisitzer berech­net, dass bei der Ski-WM in Schladming beispielsweise der Einsatz von 1 € Einnahmen von 3 € gebracht hat.

Da muss man sich aber dessen bewusst sein, dass diesbezüglich der „A1-Ring“ vor vier Jahren bereits weiter war: Der Einsatz von 1 € hat damals Einnahmen von 9 € gebracht! Daher, meine Damen und Herren, steht allein aus wirtschaftlicher und finanzieller Sicht außer Zweifel, dass wir uns anstrengen sollten, dieses Projekt wieder zu realisieren und diesem sozusagen neues Leben einzuhauchen. (Bundesrat Schennach: Wie viel Steuern hat Ecclestone gezahlt?)

Zweiter Punkt, Herr Kollege Schennach, weil Sie jetzt mit dem Steuerargument kommen: Es sollte uns auch bewusst sein, dass wir jetzt in der glücklichen Situation sind, dass private Investoren sozusagen Geld in die Hand nehmen und dort inves­tieren; das ist vielleicht auch der Unterschied zu früher.

Wichtig ist weiters – ich sage das ganz bewusst, bin ich doch selbst in einem Motor­sportverein in der Steiermark tätig –, endlich auch einmal den Mut zu haben, eine Fläche, ein Gebiet schwerpunktmäßig als Motorsportgebiet auszuweisen, denn so kann das, was wir alle nicht wollen, nämlich die so genannten schwarzen Rennen, unterbunden werden (Bundesrat Schennach: Das GTI-Treffen am Wörthersee beispiels­weise!); solche Rennen finden ja zentral im Bereich des „A1-Ringes“ statt.

Dritter Punkt, der sehr wesentlich ist: Dabei denken wir nicht nur an den Motorsport-Ort, sondern es sollte auch das Ausbildungszentrum für Verkehrssicherheit in Spiel­berg belebt werden. Gerade für diese Ausbildung, für dieses Technikzentrum, das der ÖAMTC dort betreibt, ist es sehr wichtig, dass die „Symbiose“ Motorsport/Aus­bildung/Verkehrssicherheit zentral vereint ist und so Geld und Arbeitsplätze in diese Region gebracht werden.

Daher: Diese Entschließung sollte gerade in einer Länderkammer keine Ablehnung erfahren, geht es dabei doch um das berechtigte Anliegen eines Landes, geht es dabei um eine berechtigte Forderung des Landes Steiermark. Daher sollte hier nationaler Konsens herrschen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.51

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wünscht dazu noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Prutsch. (Ruf: Noch ein Steirer!)

 



Bundesrat
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12.51

Bundesrat Günther Prutsch (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Als Steirer möchte ich zum Entschließungsantrag bereffend Motorsport­zentrum Spielberg Folgendes sagen: Das ist ein Großprojekt mit sowohl regionaler als auch überregionaler Bedeutung; mein Kärntner Kollege Zellot hat das ja bereits ange­sprochen.

In dieser Frage ist es meiner Ansicht nach wichtig, geschlossen aufzutreten und zusam­menzuarbeiten. Dafür, was in dieser Sache geschehen ist, gibt es natürlich Ursachen, jedoch: Jetzt über Fehler zu reden ist nicht die Zeit. Die Zeit wird aber sicherlich noch kommen, wo wir über politische Verantwortlichkeiten reden müssen! Jetzt aber steht die Entwicklung dieser Region im Vordergrund.

Verhehlen möchte ich in diesem Zusammenhang jedoch nicht, dass man sich natürlich auch kritisch umweltpolitischen Belangen zuwenden sollte; das ist auch eine Frage, die die Menschen bewegt. Im Vordergrund steht aber die regionale Entwicklung. Das ist ganz wichtig!

Daher freue ich mich, dass wir gemeinsam, glaube ich (Bundesrat Schennach: Mit Stimmenmehrheit!), oder mit Stimmenmehrheit diesen Entschließungsantrag anneh­men werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.52

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wünscht dazu noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend eine UVP-Gesetz-Novelle.

Der gegenständliche Beschluss enthält in dessen Artikel 1 Verfassungsbestimmungen, die nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundes­rates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Drittel der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, den im Artikel 1 des vorliegenden Beschlusses enthaltenen Verfassungsbestimmungen im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit unter Berücksich­ti­gung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


Bundesrat
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Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dipl.-Ing. Bogensperger, Hösele, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Zukunftsprojekt Motorsport­zentrum Spielberg“ vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen, und ich bitte jene Bun­desrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Ent­schließung ist daher angenommen. (E 192-BR/2004.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen­ge­setz 1971 und das Hochleistungsstreckengesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2004) (672 d.B. und 759 d.B. sowie 7173/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir kommen nun zum 10. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Fröhlich. Ich bitte um Ihren Bericht, Frau Bundesrätin.

 


Berichterstatterin Christine Fröhlich: Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich stelle den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich ergänze: Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Giefing. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.56

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Zahl der Einwegverpackungen steigt laut Bericht der Wirtschaftskammer ständig. Erstmals sank bei Mineralwasser die Mehrwegquote auf 43,6 Prozent, während sie im Jahre 2000 noch bei 65 Prozent lag. Innerhalb von drei Jahren hat sich also der Anteil um mehr als 20 Prozent verringert. – Freiwillige Selbst­verpflichtung funktioniert in der Praxis leider nicht; dies ist der klare Beweis dafür.

Wir müssten, so meine ich, dieser Entwicklung per Gesetz einen Riegel vorschieben. Wenn nicht endlich gehandelt wird, ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis die Pfand-Mehrweg-Flasche ein Unikat im Supermarktregal sein wird. Dies kann jedoch nicht wirklich in unserem Interesse sein.


Bundesrat
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Ebenso geht es bei diesem Gesetz um die Umsetzung der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte in nationales Recht. Solche Geräte sind im täglichen Leben, als Wegbegleiter in unserer Gesellschaft, in Haushalten und Büros nicht mehr wegzu­denken. In privaten Haushalten fallen rund 45 Prozent des jährlichen Elektroschrotts, und zwar in der Größenordnung von 100 000 Tonnen an. Die Geschwindigkeit tech­nischer Erneuerungen geht zunehmend rascher vor sich; daher erhöhen sich auch die Abfallmengen laufend.

Die EU-Elektronik-Altgeräte-Richtlinie verfolgt das Ziel, diese Abfallmengen und die Belastung dieses Abfalls mit gesundheitlich bedenklichen Stoffen zu reduzieren. Jeder Hersteller soll für die Finanzierung der Entsorgung jener Abfälle zuständig sein, die durch seine Produkte anfallen: entweder direkt oder durch Teilnahme an einem kollektiven System.

Die Grundzüge dieser EU-Richtlinie sind in der vorliegenden Novelle zum Abfall­wirtschaftsgesetz enthalten. Das Gesetz spricht von der kostenlosen Abgabe von Geräten in Geschäften sowie von Sammelstellen beziehungsweise der Verpflichtung des Handels, bei Neukauf von Elektrogeräten ein Altgerät derselben Art oder Funktion kostenlos zurückzunehmen.

Mit einigen Teilen der Umsetzung dieser Richtlinie sind wir jedoch nicht einverstanden, so zum Beispiel was die Verpflichtung für Gemeinden anlangt, Abgabestellen für Elektro- und Elektronik-Altgeräte einzurichten, denn es fragt sich schon, wer die zusätzlichen Kosten hiefür tragen soll. – Ich befürchte, dass diese neuen Sammel­kosten bei den Gemeinden anstatt bei den Herstellern hängen bleiben und in „logischer Folge“ und in Form von Müllgebühren an die Konsumenten weitergegeben werden.

Weiters werden die Abfallbesitzer verpflichtet, diese Abfälle vor Übergabe an die Deponien untersuchen zu lassen; die Abfälle müssen registriert werden.

Die Abfallsammler haben diese Aufgabe ebenso wie die Abfallbehandler. Wer jedoch die Formulierungen genau liest und analysiert, der wird feststellen können, dass diese leider sehr unpräzise sind, vor allem was den Punkt der Übernahme der Kosten angeht. Wir haben die Befürchtung, dass wieder einmal die Gemeinden und deren Bürger zur Kasse gebeten werden. Der Endverbraucher hat zwar in Zukunft die Möglichkeit, derartige Elektronik- und Elektrogeräte gratis bei den Sammelzentren abzu­geben, es gibt aber die Verpflichtung, dass zwischen den Herstellern, den Importeuren und den Gemeinden diesbezüglich entsprechende Vereinbarungen getrof­fen werden müssen. – Bis heute kenne ich eine solche Vereinbarung allerdings nicht. Ich weiß auch nicht, was geschieht, wenn derartige Vereinbarungen nicht getroffen werden.

Wir haben auch die Befürchtung, dass die vorgesehenen Koordinierungsstellen in Zukunft möglicherweise auch als Lobbyist, als Lobby-Stellen für die Hersteller fungieren können. Wenn es keine Vorschriften für die Unternehmer und Betriebe gibt, dann nützt es sehr wenig, an die Menschen zu appellieren, sie mögen doch bei ihrem täglichen Einkauf an die Müllberge denken. Bei diesem Gesetz müsste meines Erachtens mehr geschehen. Wir können dem daher unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.01

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


13.01

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ja, wir leben in einem tech-


Bundesrat
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nischen Zeitalter, in dem all diese Elektrogeräte notwendig und, wie ich glaube, auch nicht mehr wegzudenken sind. Wir leben aber auch in einer Wegwerfgesellschaft: durch kürzere Funktionszeiträume und den schnelleren technischen Fortschritt erscheinen erst gekaufte Geräte gleich wieder erneuerungswürdig – und daher ist beim Kauf bereits an die Entsorgung zu denken.

Das oberste Prinzip muss meiner Überzeugung nach Müllvermeidung heißen, das zweite Prinzip Verwertung – eine nachhaltige Kreislaufführung zum Schutz der Men­schen und der Umwelt –, das dritte Prinzip Beseitigung, Ablagerung von emissions­neutralen Rückständen unter Schonung der Deponieräume.

Der wichtigste Punkt in dieser Gesetzesänderung ist die Umsetzung der EU-Richtlinie der Elektro- und Elektronik-Altgeräte, die besagt, dass Hersteller und Importeure von Elektro- und Elektronikgeräten verpflichtet sind, Sammelstellen einzurichten und sich an den Kosten für die Sammel- und Verwertungsstellen zu beteiligen. In unseren Gemeinden müssen Abgabestellen errichtet werden, die weitgehend aber bereits vorhanden sind.

Kollege Giefing hat gesagt, dass man dann nicht weiß, wer die Kosten trägt. Dazu würde ich sagen: Bis jetzt sind solche Geräte von den Gemeinden teilweise schon gesammelt worden; die Handhabung der Kosten war unterschiedlich: entweder hat sie der Abfallwirtschaftsverband getragen oder die Gemeinden (Bundesrat Wiesenegg: Das ist ja der Bürger!) oder die einzelnen Bürger. Genau das soll nun eben klar gere­gelt sein: dass die einzelnen Bürger die Geräte zu den Sammelstellen bringen können – und zwar gratis! Das gibt uns auch die Sicherheit, dass dieses Angebot angenommen wird.

Es soll auch eine unabhängige Koordinationsstelle eingerichtet werden, um die Finan­zierung und die Koordination bei den Gemeinden sicherzustellen.

Zudem wird auch die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie umgesetzt, die Informationen und Miteinbeziehung bei der Erstellung des Bundes-Abfallwirtschaftsplans und bei der Genehmigung von größeren Behandlungsanlagen sicherstellt, wodurch das Abfallwirt­schaftsgesetz transparenter, aber nicht immer einfacher wird.

Meine Damen und Herren! Da uns die Umwelt am Herzen liegt, stimmen wir diesem Gesetz zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Oh-Rufe bei den Grünen.)

13.04

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


13.04

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Frau Kollegin Wais! Auch uns ist die Umwelt ein Anliegen, und deshalb stimmen wir dieser Novelle nicht zu.

Die aktuelle Novelle soll drei EU-Richtlinien umsetzen: die strategische Umweltprüfung, die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie und die Elektro- und Elektronika-Altgeräte-Richt­linie. – Die Umsetzungsfristen für zwei dieser Richtlinien sind bereits im Sommer abgelaufen. Das heißt, wir sind zur Abwechslung wieder einmal zu spät dran.

Die wichtigsten Inhalte dieser Novelle sind die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Erstellung des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes, die Prüfung und allenfalls Durchführung einer strategischen Umweltprüfung bei der Erstellung des Bundes-Abfallwirtschafts­planes, Öffentlichkeitsbeteiligung, insbesondere Parteienstellung von Umweltorganisa-


Bundesrat
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tionen, bei Genehmigungsverfahren für IPPC-Anlagen sowie die rechtlichen Rahmen­bedingungen für das Sammeln und Verwerten von Elektro- und Elektronika-Altgeräten.

Die einzige Richtlinie, die in unseren Augen gut umgesetzt worden ist, ist die EAG – die Elektro- und Elektronika-Altgeräte-Richtlinie –, wobei wir aber da kritisieren, dass nicht wirklich geklärt ist, ob jetzt die Gemeinden auf den Kosten für die Sammlung sitzen bleiben oder nicht. Ich hoffe jedoch, dass das noch rechtzeitig geklärt wird und dass den Gemeinden keine Kosten entstehen, denn Elektronik-Schrott ist ja eigentlich auch ein Rohstoff, mit dem man in Zeiten wie diesen, wo Rohstoffe knapper und teurer werden, sicherlich bald wieder Geschäfte machen kann.

Die Umsetzung bezüglich SUP und Öffentlichkeitsbeteiligung sowie Rechtsschutz und Partizipationsmöglichkeiten beim IPPC-Genehmigungsverfahren sind aber in unseren Augen nicht ausreichend, und zwar aus folgenden Gründen:

Bei der Beteiligung beim Bundes-Abfallwirtschaftsplan kann man nicht davon reden, dass sie frühzeitig und effektiv sei, so wie das an und für sich in der EU-Richtlinie verlangt wird. In der EU-Richtlinie steht: Die Öffentlichkeit muss in frühzeitiger und effektiver Weise die Möglichkeit erhalten, sich an der Vorbereitung und Änderung oder Überarbeitung der Pläne und Programme zu beteiligen; und weiters soll die Öffent­lichkeit ein Recht auf Stellungnahme haben, wenn alle Optionen noch offen sind.

In unserem Gesetz wird das so umgesetzt: Das Bundesministerium stellt den Entwurf für den Abfallwirtschaftsplan auf seine Homepage, und man kann sich dann sechs Wochen lang die Zeit nehmen, diesen Entwurf zu studieren – wenn man ihn zufälligerweise auf der Homepage gefunden hat. Es kann dann jeder Mann und jede Frau – das ist ja sehr löblich – eine Stellungnahme dazu abgeben.

Das Problem ist nur: Wer weiß schon, dass gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt, der Entwurf des Abfallwirtschaftsplanes auf der Homepage des Lebensministeriums zu finden ist? – Ich denke, dass zumindest die Umweltorganisationen rechtzeitig davon informiert werden müssen. Eigentlich müssten sie schon bei der Erstellung des Entwurfs eingebunden werden, denn dass bei einem fertigen Entwurf noch alle Optionen offen stehen, wie es heißt, ziehe ich schon in Zweifel. Deshalb muss ich auch bezweifeln, dass diese Richtlinienumsetzung auch wirklich richtlinienkonform ist.

Prinzipiell wäre es eben wünschenswert, dass man zumindest die NGOs schon während der Erstellung des Entwurfs mit einbezieht und mitarbeiten lässt. Das setzt jedoch voraus, dass man an einer Öffentlichkeitsbeteiligung wirklich interessiert ist und nicht nur gezwungenermaßen eine EU-Richtlinie umsetzt oder die Zugriffszahlen der Homepage des Lebensministeriums erhöhen will.

Innerhalb von sechs Wochen ab Veröffentlichung hat jedermann beziehungsweise jede Frau die Möglichkeit der Stellungnahme, aber eben nur derjenige, der davon weiß. Informiert werden nur die Bundesländer, das Wirtschaftsministerium, der Städte- und der Gemeindebund, die Wirtschaftskammer, die Arbeiterkammer und die Land­wirt­schaftskammer. (Bundesrat Ing. Kampl: Städtebund!) – Ja, der Städte- und der Gemeindebund! Die werden informiert; NGOs, die sich an und für sich sehr häufig mit diesen Problemen beschäftigen, werden leider nicht darüber informiert und müssen sich ihre Informationen aus dem Internet holen.

Ich frage mich, warum die Wirtschaftskammer und die Landwirtschaftskammer eine besonders betroffene Öffentlichkeit im Sinne der SUP-Richtlinie und der ÖB-Richtlinie sind, während das die NGOs nicht sind! Weiters frage ich mich auch, ob der Abfall­wirtschaftsplan wirklich solch eine Lappalie ist, dass man ihn in sechs Wochen – beziehungsweise wenn man ihn ein bisschen zu spät findet, nur in drei, vier oder fünf


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Wochen – wirklich genau studieren und fundiert dazu Stellung nehmen kann! – Ich denke, dafür sollte man sich wirklich Zeit nehmen.

Auch bei der Umweltprüfung des Abfallwirtschaftsplanes ist wieder der gleiche Ablauf geplant – und auch da muss ich sagen: Meiner Meinung nach ist das genau nicht effektiv und nicht frühzeitig, und deshalb auch nicht richtlinienkonform.

Ein weiterer Kritikpunkt für uns ist, dass es für Umweltanwaltschaften und NGOs keine Beschwerdebefugnis an den Verfassungsgerichtshof gibt. – Das wurde vorhin schon beim UVP-Gesetz erwähnt: Es gab einen Entscheid des Verfassungsgerichtshofes bezüglich eines Enteignungsverfahrens bei der S 1; auf Grund dieses Entscheids wird jetzt auch hier die Möglichkeit der Umweltanwaltschaft, eine Beschwerde gegen die Anlagengenehmigung vor dem Verfassungsgerichtshofs einzubringen, gestrichen. – Die Frage ist nur: Wo soll sich die Umweltanwaltschaft dann beschweren? Beim Salzamt?

Ein weiteres Problem dieser Vorlage ist, dass es keine Parteienstellung von Bürger­initiativen bei IPPC-Genehmigungsverfahren mehr gibt. Umweltorganisationen erhalten im Genehmigungsverfahren von IPPC-Anlagen Parteienstellung, wenn sie sich mit dem Wirtschaftsminister und dem Umweltminister darauf einigen, dass sie auch eine Umweltorganisation sind; darüber haben wir vorhin schon gesprochen.

Es gibt aber auch noch andere Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, und das sind Bürgerinitiativen; diese haben im Umweltverträglichkeitsverfahren Parteienstellung, beim IPPC-Genehmigungsverfahren jedoch nicht. Eine Erklärung dafür habe ich in den Unterlagen nirgends gefunden.

Die vorliegende AWG-Novelle ist eine Minimalübersetzung der Öffentlichkeits­beteili­gungsrichtlinie und der Strategischen Umweltprüfungsrichtlinie. Die Einbindung der Öffentlichkeit ist unzureichend – und meiner Meinung nach nicht richtlinienkonform. Die Veröffentlichung von fertigen Plänen im Internet mit einer sechswöchigen Frist zur Stellungnahme hat nichts mit gelebter Partizipation im Sinne der Aarhus-Konvention zu tun. Deshalb werden wir dieser Richtlinie nicht zustimmen!

Frau Ministerin, ich hätte aber noch eine Frage an Sie: Wir hatten – vor längerer Zeit geplant – für heute auch noch die Ökostromgesetznovelle auf der Tagesordnung; diese ist jetzt von der Tagesordnung genommen worden, weil sie im Nationalrat nicht beschlossen wurde. Könnten Sie mir bitte in Vertretung von Herrn Minister Pröll, wenn möglich, folgende Frage beantworten: Wird jetzt weiterverhandelt, um ein neues Gesetz zu beschließen, oder wird es eine Einspeiseverordnung geben, die das Land beziehungsweise die Landeshauptleute und die Minister für Umwelt und Wirtschaft gemeinsam beschließen müssen? Diese Einspeiseverordnung müsste ja am 1. Jänner vorhanden sein. Gibt es dazu Verhandlungen? Wird sie bis 1. Jänner fertig sein? Oder gibt es dann wieder einen rechtsleeren Raum in diesem Bereich? Vielleicht könnten Sie mir das beantworten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.12

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Zellot. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


13.12

Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Novellierung des Abfallwirt­schafts­gesetzes zeigt, dass natürlich jeder sehr umweltbewusste Politik betreiben will. Die Bundesregierung schafft mit dieser Novellierung die Rahmenbedingungen für einen weiteren positiven Ausbau der österreichischen Umweltpolitik. Es wurde heute schon erwähnt, dass darin drei wichtige Punkte eingebunden werden: Trotz dieser


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Maßnahmen ist die Vermeidung, die Verwertung und vor allem die Beseitigung von gewissen Stoffen, aber auch Problemstoffen wichtig! Jeder bekennt sich dazu.

Da das Wort „Elektroschrott“ und der Umstand, dass davon Mengen von 80 000 bis 100 000 Tonnen anfallen, heute schon erwähnt wurden, möchte ich auch darauf hin­weisen, dass mit dieser Abfallwirtschaft zum Beispiel die Schlachtabfälle in der Land­wirtschaft, die auch in dieser Größenordnung anfallen, und zwar die Fettanteile von den Schlachtabfällen zu 80 bis 100 Tonnen österreichweit, mit der heutigen Technik bereits zu Biodiesel umgewandelt werden können, was eine sehr positive Entwicklung ist.

Ich kenne die Entwicklung in Österreich insgesamt nicht. Wie schaut es eigentlich aus mit der Verwertung und Beseitigung von Restspeiseöl, Altspeiseöl? Dies wird ja schon in verschiedenen Bundesländern mit Sammelaktionen sehr intensiv betrieben, auch zur Produktion von Biodiesel, der laut EU-Richtlinie ab 2005 dem Treibstoff beigemengt werden kann – also eine positive Verwertungsmöglichkeit.

Ich sehe aber natürlich auch, dass eine aktive Umweltpolitik in der Entsorgung nur in den Gemeinden richtig vorangetrieben werden kann. Deswegen gibt es auch die Sorge, dass diese zusätzliche Aktivität nicht nur den Gemeinden angelastet werden soll. Es ist eine ganz besondere Herausforderung, dass die Koordinationsstellen zwischen den Sammelstellen, den Verwertungssystemen und den Produzenten abzu­stimmen sind, denn es darf mit diesem Gesetz nicht die Eifersucht entstehen, dass die Industrie glaubt, die Gemeinde kann sich durch dieses neue Sammelsystem ein Kör­berlgeld verdienen. Ich glaube, es sollten alle positiv zu dieser Entsorgung, die ja immer mehr wird, stehen und es sollte der Gemeinde natürlich auch kein zusätzlicher Schaden zugefügt werden.

Wenn da keine zusätzlichen Kosten entstehen, dann ist mit dieser Novellierung der österreichischen Umweltpolitik und dieser Abfallwirtschaft ein positives Element hinzugefügt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.16

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Bundesminister.

 


13.16

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Es ist sehr spannend zu sehen, wie einen die Vergangenheit ständig einholt. Ich erinnere mich noch mit einigem Amüsement an die nächtelangen Verhand­lungen mit der Elektroindustrie über die Kühlgeräteentsorgung und die damals eingeführte Abgabe für die Konsumenten, nämlich die Entsorgungsgebühr. Diese wird mit diesem Gesetz abgeschafft beziehungsweise dem Hersteller überantwortet, was ich an sich richtig finde. Zum damaligen Zeitpunkt war, glaube ich, dieser Weg der einzig mögliche, um auch das Bewusstsein entsprechend zu schärfen.

Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzip: Das sind die Grundlagen für die österreichische Umweltpolitik, vor allem auch im Bereich der Abfallwirtschaft. Es sind drei grund­sätzliche Leitmotive, an denen wir uns orientieren: die Vermeidung, die Verwertung und die Beseitigung. – In diesen Kontext reihen sich die Novelle 2004 und drei Bereiche der Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie ein, die dafür sorgen wird, dass die Öffentlichkeit bei der Erstellung des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes und bei Genehmigungsverfahren für größere Behandlungsanlagen verstärkt informiert und einbezogen werden kann.

Zum Zweiten: die Umsetzung der Richtlinie über Strategische Umweltprüfung. – Die Richtlinie legt fest, wann Pläne und Programme umweltprüfungspflichtig sein sollen,


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die Erstellung eines Umweltberichts, die Öffentlichkeitsbeteiligung, die Einbeziehung von Umweltbehörden im Verfahren und gegebenenfalls auch grenzüberschreitende Kon­sultationen. Der wohl wichtigste Bereich ist die Umsetzung der Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte, sodass nach dieser Novelle ab 13. August 2005 alle alten und kaputten Elektrogeräte von den entsprechenden Sammeleinrichtungen oder dem Handel EU-weit gratis zurückgenommen werden müssen. Ziel ist, dass pro EU-Bürger und Jahr rund vier Kilogramm Elektroschrott auf diese Art und Weise gesam­melt werden.

Die bestehenden Sammelstrukturen der Gemeinden werden weiter benutzt. Die Behandlungskosten, die bisher von den Gemeinden, von den Kommunen getragen worden sind, sind ab Mitte August 2005 von den Herstellern und Herstellerinnen zu übernehmen. Eine entsprechende Verordnung ist auch schon in Begutachtung.

Neben der schon im Abfallwirtschaftsgesetz 2002 verankerten Herstellerverantwortung ergänzt diese Novelle die gesetzlichen Grundlagen insbesondere in drei Punkten: die unabhängige Koordinierungsstelle, welche die Finanzierung der Sammelinfrastruktur bei den Gemeinden sicherzustellen hat, die Verankerung einer Vereinbarung über die Finanzierung der Sammelinfrastruktur und der Öffentlichkeitsarbeit im Abfallwirtschafts­gesetz sowie eine Vereinbarung, die sicherstellen soll, dass bestimmte Kosten den Kommunen abzugelten sind.

Insgesamt erscheint dies eine sehr angemessene, vernünftige Weiterentwicklung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002. Wir dürfen alle im Parlament vertretenen Parteien um ihre Zustimmung ersuchen.

Noch kurz zur Frage von Frau Bundesrätin Kerschbaum betreffend das Ökostrom­gesetz: Hätte die SPÖ die Zustimmung gegeben, so hätten wir jetzt ein neues Gesetz. Dieses haben wir nicht. Es wird daher selbstverständlich verhandelt, um die auslau­fende Verordnung durch eine neue Verordnung ab 1. Jänner 2005 zu ersetzen – diese nun allerdings auf Grund des alten, des bisherigen Ökostromgesetzes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.19

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Wiesenegg. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


13.20

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Es ist wirklich spannend, zu sehen, wie die Geschichte einen einholt. Ich bin sehr froh, dass Kollegin Fröhlich heute gerade zu diesem Tagesordnungspunkt die Berichterstattung übernommen hat, ist es doch ihr Gatte, der als Bürgermeister keine Zeit vergeudet und keinen Leserbrief auslässt, um die Belastungen der Gemeinden aufzuzeigen; das letzte Mal beim so genannten Heimgesetz. Ich bin sehr froh, Frau Bundesrätin Fröhlich, dass du das gemacht hast.

Obwohl die Frau Minister bereits in ihrer Beantwortung auf die Kostensituation der Gemeinden Rücksicht genommen hat, hoffe ich als Bürgermeister einer Gemeinde, die vorbildlich bei der Entsorgung ist – Frau Fröhlich sollte das auch einmal aufzeigen, dass Reutte beispielgebend in Tirol ist –, aber doch, dass im Gesetz hundertprozentig sichergestellt ist, dass nicht die Gemeinden als Verhandler mit den Firmen auftreten müssen – ich habe es Tag für Tag und Tag für Tag erlebt, wie schwierig diese Situation ist –, sondern die Verbände, und dass dort, wo es keine Verbände gibt – es gibt auch Gemeinden, wo keine Verbände sind –, das unbedingt der Bundes­gesetz­geber tun muss, damit nicht zusätzlich eine Leistung bei den Gemeinden hängenbleibt, die nicht abgegolten werden kann.


Bundesrat
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Liebe Christl Fröhlich! Ich bin sehr froh, dass die ÖVP dem zustimmt, das heißt, wir werden uns diesem Thema sicher in einer politischen Auseinandersetzung stellen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.21

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein, auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend eine Vereinba­rung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Ge­sundheitswesens (692 d.B. und 708 d.B. sowie 7174/BR d.B.)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Un­fall­versicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Ärzte­gesetz 1998 und das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesund­heits­wesen geändert sowie ein Bundesgesetz zur Qualität von Gesundheitsleistungen und ein Bundesgesetz über Telematik im Gesundheitswesen erlassen werden (Gesundheitsreformgesetz 2005) (693 d.B. und 711 d.B. sowie 7175/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­ge­setz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Kranken­an­stal­ten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G) (673 d.B. und 716 d.B. sowie 7176/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 11 bis 13 ist Frau Bundesrätin Michaela Gansterer. Ich ersuche, die Berichte in einem zu erstatten.

 


Berichterstatterin Michaela Gansterer: Ich bringe den Bericht des Gesund­heits­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betref­fend eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finan­zierung des Gesundheitswesens.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Verlesung.


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Ich komme sogleich zum Antrag.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Ärztegesetz 1998 und das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert sowie ein Bundesgesetz zur Qualität von Gesundheitsleistungen und ein Bundesgesetz über Telematik im Gesund­heitswesen erlassen werden (Gesundheitsreformgesetz 2005).

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher erübrigt sich ebenfalls dessen Verlesung.

Ich komme sogleich zum Antrag.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz über die Einrich­tung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten (Privatkranken­anstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G).

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher erübrigt sich auch in diesem Fall dessen Verlesung.

Ich komme sogleich zum Antrag.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Ing. Einwallner. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


13.25

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf gleich zu Beginn meiner Ausführungen festhalten, dass wir beim Tagesordnungspunkt 11 zustimmen werden, bei den Tages­ordnungspunkten 12 und 13 werden wir nicht zustimmen.

Die Artikel-15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesund­heitssystems haben wir sehr kritisch hinterfragt, kommen aber zu dem Schluss, dass es doch positive Ansätze gibt, denen wir zustimmen können. Dazu gehört zum Bei­spiel, dass es ausgeschlossen und verhindert wurde, dass es zu Zwangsprivatisie­rungen von Gesundheitseinrichtungen kommt. Auch kann die Bundesagentur nichts gegen den Willen der Sozialversicherung beschließen, da die Sozialversicherung und die Länder in den Landesplattformen gleich stark vertreten sind.

Ebenfalls unsere Zustimmung findet die Tatsache, dass das Gesundheits­qualitäts­ge­setz in dieser Vereinbarung verankert wurde. Dazu ist allerdings schon auch anzu-


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717. Sitzung / Seite 87

merken, dass es eine Herausforderung in den folgenden Jahren sein wird, dieses Gesetz mit Leben zu erfüllen.

Ich denke, dass man sich all die Maßnahmen, die in diesem Bereich getroffen werden, sehr genau und gründlich dahingehend anschauen muss, ob sie auch die erwünschten und erhofften Einsparungen enthalten und ob sie auch wirklich so greifen, wie man sich das vorstellt. Als Beispiel darf ich den Landesgesundheitsfonds des Landes Vorarlberg anführen, der bis dato noch nicht die erwarteten Erfolge und Effizienzsteigerungen gebracht hat, wie der zuständige Landesrat Bischof letzte Woche bestätigte.

Jetzt zum Tagesordnungspunkt 12, der unter anderem das Bundesgesetz über Tele­matik im Gesundheitswesen behandelt; es geht hier hauptsächlich um die Übertragung von Daten. Die größte Schwierigkeit dabei ist aus meiner Sicht, dass nicht ganz klar ist, welche Daten übertragen werden dürfen, wer Zugang zu diesen Daten hat. Das halte ich für eine sehr gefährliche Maßnahme, denn es sollen all jene Zugang zu diesen Daten haben, die sie aus gesundheitsrelevanten Gründen kennen müssen.

Wenn man das jetzt ein bisschen genauer betrachtet, dann kann es vielleicht auch beim Abschluss einer privaten Krankenversicherung plötzlich notwendig sein, gesund­heitsrelevante Daten bekannt zu geben, und da stellt man sich natürlich schon die Frage, in welche Hände dann diese Daten kommen – noch dazu völlig unkontrolliert! Darin sehe ich eine große Gefahr.

In diesen sensiblen Daten sollen auch Lebensgewohnheiten abgespeichert werden. Da stellt sich die Frage: Wo ist der Anfang? Welche Daten sollen noch gespeichert wer­den? Was darf da alles eingetragen werden? Ich denke, dass gerade im Bereich der Gesundheit mit den Daten sehr sensibel umgegangen werden soll, und aus diesem Grund fordere ich hier noch klarere Regelungen ein beziehungsweise wären klarere Regelungen durchaus wünschenswert gewesen.

In der vorliegenden Form findet das Bundesgesetz über Telematik im Gesund­heitswesen keine Zustimmung unsererseits, weil es eben nicht den Anforderungen eines modernen Datenschutzes entspricht und auch nicht die notwendigen Einsichts­rechte für die Patienten gewährleistet.

Zum Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Kran­kenanstalten, Tagesordnungspunkt 13, ist Folgendes anzumerken, meine Damen und Herren: Die zirka 30 Privatspitäler in Österreich bekommen seit dem Jahr 2002 aus den Mitteln der Krankenversicherungsträger rund 72 Millionen €. Das sind um 18 Pro­zent mehr als im Jahr 2000. Zum Vergleich dazu: Der Mehraufwand für die öffentlichen Spitäler betrug im gleichen Zeitraum 5,25 Prozent.

Ich denke, dass hier ein Ungleichgewicht vorhanden ist, und deshalb können wir auch diesem Gesetz nicht zustimmen.

Die vorliegenden Regelungen fordern zum Beispiel erstmals auch ein Qualitäts­krite­rium ein, aber bestimmte bestehende Sonderregelungen wie etwa die Ausnahme von ökonomischer Verschreibweise von Medikamenten wurden leider nicht angepasst.

Meine Damen und Herren! Wenn wir hier im Bundesrat schon über gesund­heits­politische Maßnahmen sprechen, dann sollten wir uns, so meine ich, doch auch einmal die gesamte Gesundheitspolitik der Regierung Schüssel genauer anschauen. Wenn man einen Blick auf die Gesundheitspolitik dieser Regierung wirft, dann kann man eines immer wieder klar erkennen: Es wird ein Weg beschritten und konsequent fort­gesetzt, der immer und immer wieder das gleiche Ziel verfolgt, nämlich: unsoziale Belastungen für kranke und bedürftige Menschen!


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Lassen Sie mich nur ein Beispiel bringen – dazu habe ich auch einen persönlichen Bezug –: die Leistungskürzungen im Bereich der Sehbehelfe. 35 Millionen € Leis­tungskürzung für Augenkranke und Sehschwache – die größte Leistungskürzung, die bisher beschlossen wurde! (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat.) Ja, das stimmt, als Optiker, und als Optiker habe ich natürlich hautnah erfahren, was die Bundesregierung damit verursacht hat. Zuerst Ankündigungen in der Öffentlichkeit, dann wieder zaghaftes Zurückziehen, Änderungen, Unklarheiten bis zum heutigen Tag – als Vertragspartner weiß ich bis heute noch nicht, wie die Regelungen mit 1. Jänner aussehen werden. Das ist doch traurig und auch einer Bundesregierung nicht würdig, dass man im Gesundheitsbereich die Menschen so verunsichert und so im Regen stehen lässt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zu dieser Maßnahme sollte man auch einmal die Folgewirkungen hinterfragen. Nur zur Erklärung: Bisher war es notwendig, um von der Krankenkasse einen anteiligen Kostenersatz für einen Sehbehelf zu bekommen, einen Augenfacharzt aufzusuchen. Das war natürlich auch einer der Hauptgründe dafür, zum Augenarzt zu gehen und eine Vorsorgeuntersuchung beim Augenarzt durchzuführen. Jetzt ist natürlich anzu­nehmen – und das sind die Bedenken, die viele Augenfachärzte mit mir teilen –, dass die Zahl genau dieser Vorsorgeuntersuchungen zurückgehen wird. Als Folge dieser Kürzungen werden weniger Menschen zum Augenarzt gehen, werden weniger Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden, und es wird vermehrt zu schweren und bleibenden Augenerkrankungen kommen. (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Das ist in diesem Bereich sicherlich zu kritisieren. Wir wissen auch noch nicht, welche Folgekosten dadurch entstehen werden. (Bundesrat Kneifel: Sie sehen das zu stark durch die Parteibrille! – Bundesrätin Bachner – in Richtung des Bundesrates Kneifel –: Nein, aber wirklich nicht! Das sagen auch viele Ärzte, die nicht unserer Fraktion angehören!) Nein, das ist Meinung vieler Augenfachärzte, die diese Bedenken mit mir teilen und nicht durch eine parteipolitische Brille sehen. (Bundesrätin Bachner: Ja, so ist es!)

Wie sieht hier die Denkweise aus? Angesprochen darauf, dass der Selbstbehalt auf Sehbehelfe um das Dreifache erhöht wird – so wird es in Zukunft sein –, antworten doch tatsächlich Vertreter dieser Regierung: Das betrifft ohnehin fast niemanden! Staatssekretärin Haubner etwa sagt: Ja diejenigen, die Designerbrillen um 5 000 € kaufen, brauchen ohnehin keinen Zuschuss!

Meine Damen und Herren! Diese Brillen zeigen Sie mir erst einmal, die 5 000 € kosten! (Bundesministerin Rauch-Kallat: Das war versprochen! 5 000 Schilling!) Das war versprochen. Das war wahrscheinlich ähnlich versprochen wie die drei Wurstsemmeln um 10 € von Nationalrätin Fuhrmann. Ein ebensolcher Versprecher ist das jetzt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Diese Erhöhung trifft vor allem wieder die älteren Menschen, Empfänger kleiner Einkommen, Empfänger kleiner Pensionen. (Bundesministerin Rauch-Kallat: Nein! Die sind ausgenommen!) Doch. (Bundesministerin Rauch-Kallat: Die sind ausgenommen!) Nein, die sind nicht ausgenommen, Frau Minister; das müssen Sie mir erklären.

Man erhöht bei Brillen den Selbstbehalt um mehr als 50 €, und dann stellt man sich gönnerhaft hin und erhöht die Pensionen um 10 € – das ist die Politik dieser Bun­desregierung: unsozial und unklug! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundes­rates Kritzinger.)

Ihre Lösungen sind einseitig, führen zu weiterem Sozialabbau. Ihre Lösungen sind nicht zukunftsfähig. Ihre Lösungen berücksichtigen nicht. Das ist einer der Vorwürfe, den ich Ihnen machen muss: dass es in Österreich über 1 Million Menschen gibt, die


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weniger als 780 € im Monat haben, und für diese sind diese Belastungen massiv. Diese Belastungen treffen, wie gesagt, eben wieder kleine und schwache Einkom­mensempfänger.

Klar erkennbar in der Gesundheitspolitik: Es fehlt Ihnen der Mut, neue Wege in der Finanzierbarkeit des Systems zu gehen, dafür belasten Sie weiter die Versicherungs­nehmer und die österreichische Bevölkerung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.35

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


13.35

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! (Bundesrat Stadler: Ist das eine Designerbrille oder eine Parteibrille?) Das ist keine Parteibrille, möchte ich vorwegnehmen. (Bundesrat Reisen­berger: Sonst wäre sie ja schwarz!)

Wenn man den Blick auf die Gesundheitspolitik wirft, kann man keineswegs von unsozialen Belastungen sprechen. (Bundesrätin Bachner: Das sagt ein Gewerk­schafter! Jessas Maria, Edgar, schäm dich!) Es ist eher eine Erfolgsgeschichte, eine österreichische Erfolgsgeschichte der Sonderklasse. Bitte, wir haben das beste Gesundheitssystem der Welt. (Bundesrat Konecny: Noch!) Was gibt es da herum­zumotzen, Herr Professor? (Bundesrat Konecny: Noch!) Werden wir auch mit dieser Reform, mit diesem neuen Gesetz nach wie vor haben. (Bundesrat Dr. Böhm – in Richtung SPÖ –: Schauen Sie nach Deutschland!)

Herr Professor Böhm sagt es, und ich sage auch: Schauen Sie über die Grenze, dann sehen Sie, wie man ein Gesundheitssystem buchstäblich herunterwirtschaften kann! Das ist dramatisch, das möchte ich hier einwenden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­rufe bei der SPÖ. – Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

Aufgabe unseres Gesundheitssystems ist es, die Menschen umfassend bei der Erhaltung ihrer Gesundheit zu unterstützen und ihnen im Krankheitsfall rasch und effektiv zu helfen. Es ist notwendig, diese Vorgänge zu instrumentalisieren und ihre Ausführung an konkret messbaren Fakten zu prüfen.

Ich habe jetzt wirklich viele, viele Beispiele für Sie, und ich darf Sie bitten, mir zuzu­hören.

Ein wirksames und zeitgemäßes Gesundheitssystem für die Menschen wird vor allem zwei Dinge erfüllen müssen: Es muss die Sicherheit einer hochwertigen und effizienten Versorgung geben, und es muss die Menschen unterstützen, gesund zu bleiben und Krankheiten vorzubeugen. In diesem Verständnis arbeitet die Gesundheitsreform mit fünf konkreten Handlungsfeldern: erstens Gesundheitsförderung, zweitens Qualitäts­sicherung, drittens Innovationen, viertens Strukturreformen, fünftens Finanzierung.

Bei der Gesundheitsförderung hat sich das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen in Zusammenarbeit mit dem Obersten Sanitätsrat auf einen Katalog von Gesund­heitszielen verständigt, in dem die zentralen Herausforderungen an das öster­reichische Gesundheitswesen vor dem Hintergrund der Überlegungen der WHO dar­gestellt und quantifiziert werden.

Bei den so genannten großen Volkskrankheiten ergeben sich drei vordringliche Ziele: die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs ist die zweithäufigste Todesursache, Diabetes gehört zu jenen Erkrankungen, deren Zahl jährlich am meisten ansteigt, die WHO spricht sogar von einer Diabetesepidemie. Es wird zielgerichtet darauf hingearbeitet, genau diese Zahlen zu senken.


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Dazu gibt es einige spezifische Begleitmaßnahmen.

Vorsorgeuntersuchung neu: Erstmals 2005 wird nun alters- und geschlechtsspezifisch differenziert untersucht und gezielt auf die Erreichung definierter Vorsorgeziele hingearbeitet.

Die medizinische Vorsorge: Dafür werden zur Durchführung weiterer wesentlicher Vorsor­geprogramme und Behandlungsmaßnahmen von überregionaler Bedeutung im Rahmen der Artikel-15a-Vereinbarung zum Gesundheitswesen ab 2005 3,5 Millionen € zur Verfügung stehen.

Die Novelle zum Tabakgesetz: Zigarettenkonsum stellt in Österreich das bedeutendste vermeidbare Gesundheitsrisiko und die größte Ursache für frühzeitige Sterblichkeit dar. 2,3 Millionen Österreicherinnen und Österreicher rauchen regelmäßig, zirka 800 000 davon sind stark nikotinabhängig, und 14 000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Tabakkonsums. Die österreichischen Sozialversicherungen haben dafür jedes Jahr Behandlungskosten in Höhe von 2 Milliarden € aufzuwenden. In diesem Sinne beinhaltet die Novelle zum Tabakgesetz einen umfassenden Schwer­punkt­katalog, über den wir heute noch diskutieren werden.

Zweiter Punkt: Qualitätssicherung, Gesundheitsqualitätsgesetz. Im Rahmen der Ver­hand­lungen über die Artikel-15a-Vereinbarung mit den Bundesländern ist es gelungen, die Notwendigkeit einer Qualitätssicherung für das österreichische Gesundheitswesen für alle Sektoren der Gesundheitsdienstleistungen außer Streit zu stellen. Ein Rahmen­gesetz zur umfassenden, sektorübergreifenden Qualitätssicherung mit der Verpflich­tung zum Aufbau einer Qualitätsberichterstattung, mit Sanktionsmechanismen bei we­sentlichen Verstößen im Bereich der Qualitätssicherung, mit einer österreichweit einheitlichen Planung und Dokumentation ist Teil des vorliegenden Gesundheits­reformgesetzes 2005.

Drittens: Innovationen. – Das Gesundheitstelematikgesetz hat, wie bereits ange­sprochen wurde, zum Ziel, bundeseinheitliche Mindeststandards für die Datensicher­heit beim elektronischen Transport von Gesundheitsdaten zu schaffen.

Faktum ist, dass erhebliche Datenmengen mittels elektronischen Medien ausgetauscht werden. Dabei sei erwähnt, dass aktuell eine große Anzahl personenbezogener Gesund­heitsdaten per Fax und mit allen damit verbundenen Vertraulichkeitsrisken über­mittelt werden.

Das Gesundheitstelematikgesetz, Herr Bundesrat Einwallner, greift in keiner Weise in die mit dem Datenschutzgesetz gewährleisteten Rechte ein. Im Gegenteil: Durch die verbindliche Festlegung von Mindestsicherheitsstandards für den elektronischen Daten­transport trägt es dazu bei, dass die Geheimhaltungsrechte wirksam gewahrt werden können. Die Vorteile der Nutzung von telematischen Anwendungen sind unver­kennbar. Auf diese Weise können zum Beispiel – um nur zwei Punkte zu erwähnen – Doppeluntersuchungen vermieden werden, und in Notfällen stehen dem behandelnden Arzt die benötigten Daten unmittelbar zur Verfügung.

Die e-card: Mit der flächendeckenden Einführung der e-card für alle ÖsterreicherInnen im Jahr 2005 wird nun eines der modernsten und sichersten Gesundheitskarten­projekte auf Chipkartenbasis in Europa verwirklicht; ein Meilenstein in der euro­päischen Gesundheitslandschaft. Ausgehend von der Praxis Dr. Milan Kornfeind – die Burgenländerinnen und Burgenländer werden sich freuen –, wo jetzt der Musterbetrieb für zirka 2 700 Trausdorfer und Osliper Patienten begonnen hat, sollen bis Ende 2005 rund acht Millionen sozial- und krankenversicherungspflichtige Bürger und die 12 000 Vertragsordinationen mit der intelligenten Chipkarte ausgestattet sein.


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In der Artikel-15a-Vereinbarung zum Gesundheitswesen wurde die Einsetzung einer österreichischen Steuerungsgruppe zur Planung und Akkordierung der Einführung des elektronischen Gesundheitsaktes vereinbart. Die Steuerungsgruppe wird unter Einbin­dung aller Parteien und Interessengruppen die Einführung der ELGA, der Elektro­nischen Gesundheitsakte, in Österreich begleiten und beraten.

Der Aufbau einer Elektronischen Gesundheitsakte bedeutet überhaupt auch einen Quantensprung für die Qualität des Gesundheitssystems, weil damit im Regelfall die sofortige Verfügbarkeit jeder Krankengeschichte gesichert ist, es zu einer besseren Kommunikation zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten kommen wird und damit zur tatsächlichen Vermeidung von Doppel- und Dreifachuntersuchungen.

Vierter Punkt: Strukturreformen. – Die Länder und der Bund haben sich rechtzeitig vor dem Auslaufen am 31. Dezember 2004 der auf vier Jahre befristeten Vereinbarung über die Spitalsfinanzierung auf die Inhalte eines neuen innerstaatlichen Vertrages zur Gesundheitsreform geeinigt. Mit der neuen Artikel-15a-Vereinbarung gelingt es erstmals, nicht nur die Bedingungen für die Verteilung der Finanzmittel festzu­schrei­ben, sondern auch wichtige strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem zu veran­kern.

Fünfter Punkt: Finanzierung. – Die Finanzierung ist natürlich das Hauptstück der Ge­sund­heitsreform. Erst nach sehr schwierigen Verhandlungen gelang es, einen mit den Ländern akkordierten Vertragsentwurf zu erstellen. Unsere Frau Ministerin hat in einem wahren Marathon mit viel Geschick, Fingerspitzengefühl und Hartnäckigkeit einen neuen Vertrag ausgehandelt, der auch von den Sozialdemokraten – man höre und staune! – im Nationalrat mit beschlossen wurde.

Zur nachhaltigen Absicherung des Gesundheitssystems ist es erforderlich, neue Mittel bereitzustellen. Erstens: Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um moderate 0,1 Prozent – das ergibt Mehreinnahmen von 120 Millionen € –; Erhöhung des Spitals­kostenbeitrages von 7,98 € auf 10 €, wobei es jedem Bundesland überlassen bleibt, diese Maßnahme umzusetzen – hier beträgt das Volumen 15 Millionen € –; Erhöhung der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage um 90 € auf dann 3 540 € – Mehreinnahmen in Höhe von 30 Millionen €. Weiters gehört die Erhöhung der Tabaksteuer in dieses Segment, 18 Cent pro Packung – Mehreinnahmen von 90 Millionen €.

Nun zur Neuregelung des Kostenersatzes für Sehbehelfe, und da möchte ich ganz klar betonen: Das war ein Vorschlag der Burgenländischen und Wiener Gebietskranken­kasse – und die sind nicht unbedingt ÖVP-dominiert, dort gibt es SPÖ-Mehrheiten –, deshalb muss man sich mit diesem Vorschlag auseinander setzen und deshalb wurde er auch umgesetzt. Das Einsparungspotential ist hier mit zirka 35 Millionen € veran­schlagt. Brillen und Kontaktlinsen bleiben als Leistungen der Krankenversicherung bestehen. Die Sozialversicherung übernimmt dabei grundsätzlich den gesamten Betrag über 72,60 €, das ist schon klar. Aber wichtig in diesem Zusammenhang ist der Punkt, dass für als Angehörige geltende Kinder bis 27 Jahre die Mindestkostenbeteiligung auch weiterhin 23 € beträgt. Dies entspricht also der bisherigen Rechtslage.

Die erwähnten Maßnahmen ergeben Mehreinnahmen von 300 Millionen €, die je zur Hälfte an Länder und Gemeinden zur Finanzierung der Krankenanstalten und die Kran­kenkassen fließen.

Bei kritischer Betrachtung ist dies ein Schritt in die richtige Richtung, für die Finan­zierung der maroden Krankenkassen sind aber sicher weitere Maßnahmen erforder­lich, um, wie erwähnt, eines der besten Gesundheitssysteme auch finanziell weiterhin abzusichern, so zum Beispiel der Beitrag der Pharmakonzerne für die Krankenkassen­finanzierung oder die im ersten Vertragsentwurf vorgesehene Senkung der Rezept­gebühr auf Generika.


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Parallel dazu wurde im Rahmen der Verhandlungen zum Finanzausgleich auch verein­bart, mit einem Maßnahmenmix insgesamt 300 Millionen an Kostendämpfungen zu erreichen. Die wichtigste Maßnahme dabei ist die Reduktion der Belagstage durch den Wegfall falscher Verrechnungsanreize bei verschiedenen klinischen Eingriffen.

Abschließend ist zu sagen, dass sich die Bundesländer und der Bund in einer gemeinsamen Kraftanstrengung darauf geeinigt haben, dass in den nächsten Jahren wesentliche Strukturänderungen in der Organisation und in der Finanzierung der öster­reichischen Gesundheitsvorsorge erfolgen. Es ist dies ein zukunftsweisendes, mit Vernunft und Augenmaß geschnürtes Reformpaket, das von einem hervorragenden Gesundheitsmanagement unserer Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zeugt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.46

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Lichtenecker. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


13.47

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Position der Grünen zu diesem sehr heiklen, sensiblen Bereich der Gesundheit ist die, dass wir bei den Tagesordnungs­punkten 11 und 12 dagegen sind, während Tagesordnungspunkt 13 unsere Zustim­mung erfahren wird. Bei den Tagesordnungspunkten 11 und 12 sind wir deshalb dagegen, weil unsere tiefe Überzeugung die ist, dass das zu wenig weit reichend ist, zu wenig nachhaltige Sicherung gibt und zu wenig innovative Wege geht.

Es gibt in der Gesundheitsökonomie ein Buch mit dem Titel „Pricing the priceless“. Ich denke, das enthält genau das Richtige, nämlich sozusagen das Bewerten des Unbe­zahlbaren. Es geht da um die schwierige Thematik und den sensiblen Bereich der Gesundheit im Leben eines Menschen. Es bedarf einer sehr umfassenden Anstren­gung und der Einbeziehung aller Kräfte in diesem Land, um tatsächlich eine Neuor­ganisation des Gesundheitswesens auf die Beine zu stellen.

Unser Gesundheitswesen ist weltweit durchaus präsentabel, aber um es tatsächlich abzusichern, Frau Ministerin, bedarf es mehr als jener Maßnahmen, die momentan vorliegen, insbesondere jener in den Tagesordnungspunkten 11 und 12 enthaltenen, wo es um die Neuorganisation des Gesundheitswesens geht, und zwar mit folgenden Hauptpunkten: Überwindung der Trennung der einzelnen Sektoren, intra- und extra­muraler Bereich, Inangriffnahme der Kostendämpfung und Finanzierbarkeit, Vorantrei­ben der Vorsorgemaßnahmen. All das soll die Neuorganisation des Gesundheits­wesens bewirken, doch wir haben große Zweifel, dass das damit machbar ist.

Beim Tagesordnungspunkt 12 sind es geschlagene acht Gesetze, die mit zwei neuen Gesetzen verändert werden sollen. Das eine ist das Gesundheitsqualitätsgesetz, das in der Form, wie es vorliegt, durchaus unsere Zustimmung findet, Frau Ministerin. Nachdem aber leider nicht getrennt abgestimmt wird und es wiederum sozusagen eine Sammelabstimmung gibt, kann ich das hier nur in dieser Form zum Ausdruck bringen.

Was sicher schwierig ist, ist das Thema Gesundheitstelematikgesetz. Da ist ganz klar – die Kritik der ARGE Daten zeigt das auch –, dass es Mängel gibt, die den Datenschutz betreffen, so zum Beispiel der Umstand, dass Daten aus dem medizinischen Sektor manchmal sehr kurzfristig gültig sind, ihre Gültigkeit verlieren, aber trotzdem weiterhin gespeichert werden. Das liegt dem Gesundheitstelematikgesetz ein Bild eines Men­schen zugrunde, wo auf Reparatur abgezielt wird. Das ist ein sehr mechanis­tisches Grundverständnis. Wir meinen, dass diese Gesetzesvorlage viel zu wenig weit greift,


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um den Menschen als Ganzes zu sehen, um den Menschen in seiner Würde, aber auch in all seinen Bereichen der Datensicherheit abzusichern.

Ich möchte nun auf das Thema „Landesgesundheitsfonds“ eingehen. Das ist ein Bereich, der nicht jene Beachtung findet, die er eigentlich verdienen würde. Es sollen neun Landesgesundheitsagenturen eingerichtet werden.

Die Stimmgewichte sind noch nicht wirklich festgelegt. Fakt ist, dass, so wie es jetzt ausgelegt ist – Frau Ministerin, vielleicht können Sie uns da noch Näheres sagen –, zum Beispiel die Stimme eines Vertreters der Gebietskrankenkasse dasselbe Gewicht hat wie jene eines Vertreters der Bauernkrankenkasse. Kollege Tiefnig, bei aller Wertschätzung der Bauernkrankenkasse, es sollte hier auf jeden Fall eine Vertretung geben, die tatsächlich dem Gewicht der jeweiligen Kasse entspricht. (Bundesrätin Bachner: Vor allem der Versicherungslandschaft entspricht!) – Entsprechend der Versicherungslandschaft, ganz genau.

Aber das ist ja auch die Schwierigkeit: Wenn man die Ländervertretungen auf der Länderebene regeln lässt, dann wird das Probleme mit sich bringen. Hier muss man ganz klar festhalten, dass das eine Schwierigkeit sein wird in Bezug auf die Selbst­verwaltung der Sozialversicherung und des Versicherungsverbandes. Der Verfas­sungs­jurist Öhlinger merkt dazu an, dass diese Gesundheitsagenturen oder das Konzept dazu durchaus wackelig ist und wiederum eines sein kann, das verfas­sungsrechtlich nicht halten wird.

Generell ist diese Verländerung ein schwieriger Bereich, der in dieser Form nicht unsere Zustimmung finden wird.

Nun zum Thema „Krankenanstalten-Arbeitsgesetz“. – Wir haben jetzt acht Jahre das Gesetz, es gibt jedoch – zumindest erfahre ich das so aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis, in dem Ärztinnen und Ärzte vertreten sind – keine wesentlichen Ver­besserungen. Ich bin jedes Mal aufs Neue schockiert darüber, welche Zustände in diesem Bereich herrschen. Die Vorstellung, tatsächlich auf die Hilfe dieser Menschen angewiesen zu sein, jagt mir jedes Mal sozusagen den kalten Schauder über den Rücken, also wenn man sich vorstellt, dass man jemanden nach 24 oder 28 Stunden zur Diagnose, zur Unterstützung bei Operationen braucht. – Das ist dem Personal nicht zumutbar!

Strafbestimmungen gibt es in dieser Form nicht, und die Überschreitungen haben nach wie vor keine Auswirkungen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat.) – Das ist ein Thema, das man dringend einer Lösung zuführen müsste, bezie­hungsweise wenn man schon acht Gesetze ändert, hätte man auch das berück­sichtigen sollen.

Das Gesundheitspaket ist halt ein Bereich, der tatsächlich nicht sozial ausgewogen ist und die Ungleichbehandlung in diesem Land verstärkt. Es wird auch nicht – davon bin ich überzeugt – zur nachhaltigen Sanierung der Kassen beitragen. Es ist eine Maßnahme, mit der Österreich wird leben müssen – aber die Grundpfeiler im Gesund­heitswesen werden nicht angetastet. Dabei ginge es um die Vereinheitlichung der Beiträge und Leistungen der Krankenversicherungen. Da gibt es krasse Unterschiede, da müssen Schritte gesetzt werden!

Ein wichtiger Punkt: die Erweiterung der Beitragsgrundlage, die Erhöhung der Höchst­bemessungsgrundlage – an diesen markanten Schaltstellen, Frau Ministerin, müsste man arbeiten. Weiters vermissen wir nach wie vor eine bundeseinheitliche Bedarfs­planung. Außerdem muss die Beseitigung der Defizite in verschiedenen Bereichen, wie Rehab, Psychotherapie und so weiter, forciert werden.


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Wir sind gerne bereit, weiter über Gesundheitsreformen nachzudenken – aber in eine Richtung, die tatsächlich sozial ausgewogen ist und den Erwartungen und Bedürf­nissen der Menschen in diesem Land auch tatsächlich gerecht wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.55

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


13.55

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Werte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, eingangs zwei Repliken auf die Ausführungen des Kollegen Einwallner zu machen.

Kollege Einwallner hat gesagt, dass es die Absicht der Bundesregierung ist, das Gesundheitssystem zu Lasten der Bezieher kleiner Einkommen zu finanzieren. (Rufe bei der SPÖ: Das ist richtig!) Herr Kollege, ich stelle klar: Das ist nicht der Fall! Gerade für die Bezieher kleiner Einkommen bis 700 € gibt es diese Ausnahmen – und gerade in diesem Punkt unterscheiden wir uns von der Sozialdemokratie, denn Sie hätten alle, ohne Ausnahme, durch eine Beitragserhöhung zur Kasse gebeten! (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Herr Kollege Einwallner, Sie haben in Ihren Ausführungen Ihre Sorge betreffend den Datentransfer zum Ausdruck gebracht. Sie haben davon gesprochen, dass es vielleicht zu einem Datenmissbrauch und zu einer Datenschutzverletzung innerhalb der privaten Versicherungswirtschaft kommen wird.

Herr Kollege, wissen Sie, was Sie mit Ihrer Aussage getan haben? – Sie unterstellen rund 70 000 Mitarbeitern der österreichischen privaten Versicherungswirtschaft, dass sie mit dem Datenschutz nicht sorgsam umgehen, dass sie im Datenschutzbereich Rechtsverstöße machen, dass sie unverlässlich sind! (Rufe bei der SPÖ: Das hat er nicht gesagt!) Ich verwahre mich dagegen, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Gesetzesmaterien, vor allem die Verein­barung zwischen dem Bund und den Ländern, die so genannte Artikel-15a-Ver­einbarung, läuft mit Jahresende, mit 31. Dezember dieses Jahres, aus. Daher ist es notwendig, eine neue Vereinbarung zu treffen.

In dieser neuen Vereinbarung wird – und das ist das Entscheidende – die Finanzierung des Gesundheitswesens für ganz Österreich sehr klar geregelt. Das heißt, dass es von 1. Jänner 2005 an mittelfristig, nämlich bis 2008, wieder eine geordnete Finanzierung des Gesundheitswesens in Österreich geben wird.

Bei der vorliegenden Artikel-15a-Vereinbarung handelt es sich um eine längerfristige Sicherstellung der Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens, vor allem ist ein mittel­fristiger Zeitraum vorgesehen, nämlich von 2005 bis 2008. Gleichzeitig wird es zu einer flächendeckenden Sicherung und Verbesserung der Qualität der Gesund­heits­leistun­gen in Österreich kommen, weil auch die Verankerung der Leistung und vor allem des Geltungsbereichs in dieser Vorlage enthalten ist.

Nicht vergessen werden darf folgender Umstand, meine Damen und Herren: Bedeu­tend ist natürlich auch, dass der Weiterentwicklung ein entsprechender Stellenwert eingeräumt wird.

Ich habe es in meiner Replik schon angesprochen: Sehr wichtig werden auch die Dokumentation und der Datentransfer sein. Der Datentransfer erscheint mir überhaupt


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sehr wichtig, nicht nur, was die Kostenseite betrifft, sondern auch, weil die Behandlung insgesamt effizienter und besser werden kann.

Meine Damen und Herren! Es wird auch die Förderung von Gesundheitsvorsorge­programmen festgeschrieben; das ist als Schwerpunkt in dieser Regierungsvorlage klar deklariert.

Sehr wichtig, meine Damen und Herren – und auch dieser Punkt ist zu nennen –, ist, dass erstmals in der Geschichte der österreichischen Gesundheitspolitik auch die Prävention verankert ist. Die Prävention hat in dieser Vorlage einen entsprechenden Stellenwert bekommen, und das ist etwas, was es noch nie gegeben hat.

Aus den oberwähnten Gründen wird, meine Damen und Herren, meine Fraktion selbstverständlich diese Reformen sehr gerne mittragen und in keiner Weise an einen Einspruch denken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.59

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


13.59

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsiden­tin! Hoher Bundesrat! Lassen Sie mich in der gebotenen Kürze zu einem sehr umfas­senden Gesetzeswerk Stellung nehmen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir es heute auch hier im Bundesrat beschließen können.

Ich möchte Herrn Bundesrat Mayer sehr, sehr herzlich dafür danken, dass er in seinen Ausführungen schon umfassend über die Inhalte dieses Gesetzes berichtet hat und ich daher nicht mehr darauf eingehen muss. Man muss nicht alles immer wieder sagen, auch müssen dies nicht alle tun. Ich möchte mich daher darauf beschränken, mich erstens zu bedanken und zweitens auf die Debattenbeiträge der einzelnen Bundesräte einzugehen.

Zuerst möchte ich vielleicht festhalten: Die Gesundheitsreform, von der wir seit Beginn meiner Amtszeit an gesprochen und die wir umfassend, in einem fast zwölf Monate dauernden Prozess sehr breit diskutiert haben, steht, und zwar entgegen allen Unkenrufen, die von den Medien oder von Politikerinnen und Politikern laut wurden. Man hat dieser Regierung unterstellt, nach der Pensionsharmonisierung werde sie nicht mehr die Kraft haben, auch noch das große Gesundheitsreformpaket durch­zuziehen. Die Gesundheitsreform sei damit gestorben, es werde sie also nicht geben. – Gott sei Dank, sie lebt, wir dürfen sie heute beschließen, und wir werden sie sehr konsequent ab 1. Jänner 2005 umsetzen, denn darum geht es ja vor allem, meine Damen und Herren, dass diese Gesundheitsreform nicht Makulatur, Papier bleibt, sondern tatsächlich umgesetzt wird. Da gibt es noch eine Menge zu tun. Da wird es vielleicht noch den einen oder anderen Konflikt geben, da wird es ein sehr starkes Controlling geben müssen, das darauf achtet, ob die Länder tatsächlich das umsetzen, was sie mit uns im 15a-Vertrag ausgehandelt haben, und, wenn nicht, welche Sanktionen wann zu greifen haben.

Ich sage Ihnen das ganz bewusst als Länderpolitikerinnen und Länderpolitiker, denn darauf wird es letztendlich ankommen. Die Qualität der Gesundheitsreform wird sich bei ihrer Umsetzung zeigen.

Ich möchte mich aber bedanken, bedanken bei allen, die sich an diesem langen Dis­kussions- und Entwicklungsprozess beteiligt haben, das waren eine große Gruppe von Expertinnen und Experten, viele Betroffene im Gesundheitswesen, in einem Reform­dialog, in einer Gesundheitskonferenz, in insgesamt 16 Gesundheitsdialogen und in einem virtuellen Prozess im Internet, wo sich jeder, der einen Beitrag leisten wollte,


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beteiligen konnte, aber auch bedanken bei den Landesräten aus den Bundesländern, die sehr intensiv dabei mitgearbeitet haben.

Ich möchte mich hier ganz besonders bei Vorarlberg bedanken, beim Herrn Landesrat Bischof, der auch einer ist, der immer wieder aktiv mit wichtigen Innovationen, insbe­sondere auch mit der Gesundheitsförderung in Erscheinung tritt, bei der Frau Landes­rätin Zanon, bei der früheren Landesrätin Heidinger aus Salzburg, die ebenfalls mitge­arbeitet hat, bei Landesrat Aichinger aus Oberösterreich, der mitgearbeitet hat, vor allem aber auch bei Landesrat Sobotka aus Niederösterreich, der ja als Finanzlandes­rat und auch zuständiger Spitalslandesrat wesentliche Impulse eingebracht, beide Seiten dieser Medaille gesehen hat und auch seine Erfahrung mit einbringen konnte und in manch schwierigen Verhandlungssituationen mit niederösterreichischer Vehe­menz auch dafür gesorgt hat, dass wir nicht scheitern, sondern dass weiter verhandelt wird.

Das ist relativ leicht, weil dies alles Landesräte meiner Fraktion sind, was allerdings auch nicht immer etwas sagt. Manchmal kann man ja auch unterschiedliche Interessen zwischen Ländern und Bund haben. Aber ich möchte mich ganz bewusst auch beim Landesrat aus Kärnten bedanken, dem Finanzlandesrat der FPÖ, der hier mitgear­beitet hat, und ganz bewusst auch bedanken bei den Landesräten der SPÖ, die sehr wesentlich auch im Diskussionsprozess um den 15a-Vertrag – es hat uns auch keiner zugetraut, dass wir es schaffen, ihn in zehn Tagen zu verhandeln – mitgearbeitet haben. Es ist kein Wunder, es waren primär Frauen, was mich besonders freut, und da hat sich gezeigt, dass die Frauenebene funktioniert. (Beifall des Bundesrates Dr. Böhm.) Es war Frau Landeshauptmann Burgstaller, die sich als zuständige Landes­rätin für Gesundheit tatsächlich in die Verhandlungen gesetzt hat. Es waren die neu gekürte Gesundheitsstadträtin von Wien, Renate Brauner, die ich noch aus meiner Zeit als Wiener Landtagsabgeordnete gut kenne, und auch Herr Landesrat Rezar aus dem Burgenland, der im Entwicklungsprozess wesentlich mitgedacht hat, aber auch Landesrat Erlitz, mit dem ich auch in den Gesprächen davor gute Kontakte hatte, oder Frau Landesrat Stöger, die ich laufend informiert habe.

Ich möchte mich auch beim Herrn Abgeordneten Grünewald bedanken, der kein Landesrat ist, sondern der Gesundheitssprecher der Grünen, der in diesem ganzen Prozess wirklich immer ein hervorragender Partner war, wenn es darum ging, neue Entwicklungen zu überlegen oder Wege zu suchen, wo wir einen breiten Konsens finden können. Das ist etwas, meine Damen und Herren, worum es mir wirklich in diesem Prozess gegangen ist. Denn Gesundheitspolitik ist eine derart sensible Materie, dass es unser aller Anliegen sein muss, hier nicht zu verunsichern, sondern den Menschen in unserem Land Sicherheit zu geben, dass sie ein gutes, hervor­ragendes, ausgezeichnetes Gesundheitssystem haben, nicht das beste der Welt – das ist das Einzige, wo ich mit Herrn Bundesrat Mayer nicht ganz der gleichen Meinung bin –, denn es hat Lücken. Ich weiß nicht, vielleicht ist es das beste der Welt, denn es wird kein perfektes Gesundheitssystem geben. Es gehört zu den besten der Welt, aber es hat Lücken und Defizite, darüber dürfen wir uns nicht hinwegschwindeln, meine Damen und Herren, sondern darüber müssen wir reden.

Jedes Gesundheitssystem der westlichen Welt steht großen Herausforderungen gegen­über, denn wir haben eine demographische Entwicklung, die enorme Kosten verursacht, und wir haben Gott sei Dank einen medizinischen Fortschritt, der enorme Kosten verursacht. Beides ist nicht in Frage zu stellen, das sind Tatsachen, denen wir begegnen müssen, und wir versuchen, mit dieser Reform eine gute Antwort darauf zu geben.

Ich möchte mich auch noch bedanken, damit ich es nicht vergesse, bei den Beam­tinnen und Beamten meines Hauses und den Beamtinnen und Beamten der Bun-


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desländer, denn es ist nicht selbstverständlich, meine Damen und Herren, dass Beamte bis 3 Uhr in der Früh sitzen, dass sie von Sonntagmittag bis Sonntagabend in ihren Büros in den Ländern sitzen, um die fertig gestellten Texte tatsächlich noch einmal durchzusehen, noch einmal zu korrigieren und bis 21 Uhr Rückmeldung zu geben, und dann wieder unsere Beamten bis 4 Uhr in der Früh sitzen, damit am Montag um 9 Uhr in der Früh tatsächlich dieser 15a-Vertrag für den Ministerrat am Dienstag bereit liegt. Das ist nicht selbstverständlich. Dafür ein ausgesprochen herz­liches Dankeschön und natürlich auch an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kabinett, die diesen Prozess begleitet haben und natürlich genauso lang immer gesessen sind und mitgearbeitet haben. Meine Damen und Herren, das ist durchaus einen Applaus auch an die Mitarbeiter wert. (Allgemeiner Beifall.)

Lassen Sie mich ganz kurz nur auf die Debattenbeiträge eingehen. Herr Bundesrat Einwall­ner! Ich möchte einmal mehr, einfach nur um der Wahrheit Genüge zu tun, festhalten: In diesem Diskussionsprozess waren von meinem Haus oder von mir persönlich nie Zwangsprivatisierungen geplant. Ich habe das immer wieder gesagt, aber man soll Geschichtsfälschung nicht perpetuieren. Es hat immer wieder Oppositionspolitiker gegeben, die versucht haben, uns das zu unterstellen. Aber ich möchte Ihnen hier authentisch sagen, es war nie eine Zwangsprivatisierung geplant. Es war auch nie geplant, die Selbstverwaltung oder die Sozialversicherung auszu­schalten. Das wäre gar nicht möglich gewesen und wäre auch nicht sinnvoll gewesen, denn sie sind die, die das meiste Geld in das System einbringen, aber nicht zum Selbstzweck, sondern als Beiträge eines jeden von uns. Jeder von uns zahlt dort hinein, und die Selbstverwaltung ist, und das sagt ja schon das Wort, dazu angehalten, es selbst gut zu verwalten, und darauf kommt es an. (Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger.)

Daher war auch nie geplant, dass die Krankenversicherungen weniger Mitspracherecht haben, ganz im Gegenteil. Sie bekommen ja durch dieses System – und auch das war von Anfang an geplant – mehr Mitsprachemöglichkeiten.

Auf das Gesundheitstelematikgesetz gehe ich dann noch ein, wenn ich mich mit den Ausführungen von Frau Kollegin Lichtenecker beschäftige. Ich werde dann auch die Fragen von Herrn Kollegen Einwallner beantworten.

Was den PRIKRAF anbelangt, Herr Kollege, muss ein Missverständnis vorliegen. Das, was Sie gesagt haben, ist im Jahr 2000 passiert und nicht jetzt, denn damals hat es jahrelang keine Valorisierung gegeben. Diese ist dann im Jahr 2000 mit den 12 Pro­zent nachgeholt worden. In der Zwischenzeit hat es wieder keine Valorisierung gegeben, und auch mit diesem Gesetz hat es keine Valorisierung gegeben, es ist nur die bisherige Verordnung in ein Gesetz übernommen worden. Aber ich stehe hier und sage ganz offen, es wird diese Valorisierung geben müssen, denn die privaten Krankenanstalten werden ohne diese nicht kommen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Daher werden wir das sicher in einem weiteren Schritt tun. Es geht ja auch noch um die Konsolidierung der Krankenkassen, darauf komme ich auch noch zurück. Jetzt hat es hier allerdings keinerlei Erhöhung dieser Mittel gegeben, sehr wohl hat es sie aber im öffentlichen Bereich gegeben, aber nicht im PRIKRAF.

Lassen Sie mich noch etwas zu den von Ihnen behaupteten unsozialen Belastungen sagen. Es ist mir schon ein Anliegen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wenn es nach mir ginge, ich würde gerne allen alles gratis geben. Aber ein Schelm ist der, der mehr gibt, als er hat, oder er ist ein Scharlatan. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben die wunderbare Geldvermehrung noch nicht geschafft. Wir treten auch hier nicht als Wunderheiler oder als Vermehrer von Brot und Wein auf, sondern wir müssen


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mit dem, was wir haben, das Auslangen finden. Verantwortungsvolle Politik trachtet danach, möglichst sensibel damit umzugehen.

Glauben Sie mir, auch mir wäre es nicht leicht gefallen, Rezeptgebühren zu erhöhen oder den Selbstbehalt bei Sehbehelfen zu erhöhen. Aber ich sage Ihnen ein Beispiel dazu, ein einziges Beispiel, ich könnte Ihnen viele nennen: Noch vor für Jahren – das ist keine lange Zeit, das Jahr 1999, Ende der vorletzten Regierung, der großen Koalition, das hat aber nichts damit zu tun, das sage ich auch – haben wir bei Dick­darmkrebs eine durchschnittliche Überlebensrate von acht bis zehn Wochen gehabt, weil zu spät erkannt, weil mit den damaligen Medikamenten trotz Operationen Über­lebensrate im Schnitt acht bis zehn Wochen. Kosten der Behandlung eines Dick­darmkrebses: zwischen 70 € und 140 € insgesamt ohne Operation, insgesamt an Medikamentation, also Chemotherapie.

Dann hat es ein neues innovatives Medikament gegeben, Entwicklung der Pharma­wirtschaft, grandios, wird seit fünf Jahren bei uns angewandt. In der Zwischenzeit hat Österreich die höchste Fünfjahresüberlebensrate bei Dickdarmkrebs, und die durch­schnittliche Überlebensrate liegt bei zwei Jahren, das heißt geschenkte eindreiviertel Jahre im Schnitt für jeden Patienten. Zusätzlich noch Vorsorgeuntersuchung, etwas frühere Erkennungsrate. Kosten: Operation plus ein Medikamentendurchgang 2 200 €, also mehr als das Zehnfache, nämlich das Fünfzehnfache, das aber bis zu acht Mal pro Patient in der Chemotherapie, sprich durchschnittliche Kosten bei Dickdarmkrebs mit Operation zwischen 30 000 und 40 000 € pro Patient.

Jetzt sage ich Ihnen eines: Wenn ich Dickdarmkrebspatient bin oder einen Angehö­rigen habe, der Krebs hat, dann wünsche ich mir – Gott sei Dank ist das in Österreich so –, dass jeder, der das braucht, es bekommt, unabhängig davon, ob er es sich leisten kann oder nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt sage ich Ihnen noch eines: Da bezahle ich lieber bei anderen Dingen. Sie können alle Österreicherinnen und Österreicher fragen, es wird jeder sagen: Okay, da ver­zichte ich lieber auf die 5 bis 7 € Zuschuss. Bei vielen Sehbehelfen war das nur so viel. Klar, das war auch der Grund, warum die Krankenkassen das vorgeschlagen haben, es waren zum Teil Bagatellzuschüsse. (Bundesrat Ing. Einwallner: Bis zu 32 €, Frau Minister, das wissen Sie!) Da bezahle ich lieber für meine Brille um 46 oder 47 € mehr, wenn ich die Sicherheit habe, dass, wenn ich eine derartige Krankheit habe oder auch eine andere, mir dann der Staat die Behandlung bezahlt und ermöglicht, dass ich wieder gesund werde oder einige gewonnene Lebensjahre habe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich zu den Sehbehelfen noch etwas sagen. Wir haben selbstverständlich alle Rezeptgebührenbefreiten ausgenommen, das sind die Mindestrentner, das sind auch Familien mit mehreren Kindern, die um Rezeptgebührenbefreiung ansuchen und ein geringes Einkommen haben. Man kann auch um Rezeptgebührenbefreiung ansu­chen, wenn man eine gewisse höhere Belastung und ein geringes Einkommen hat. Es sind selbstverständlich Kinder bis 15 Jahre voll ausgenommen, und es ist der Selbst­behalt für die Familienbeihilfen beziehenden Kinder bis 27 bei 23 € geblieben. Wir haben da also sehr wohl Rücksicht genommen, und ich denke, dass das eine gute Maßnahme ist.

Ich wäre auch zur Rezeptgebührenerhöhung gestanden. Ich bin sehr traurig, dass die SPÖ sich dann entschlossen hat, nicht dazu zu stehen, denn wenn wir alle vier das gemeinsam getragen hätten, hätten wir das erklären können, und ich hätte sehr vernünftig die Splittung zwischen Generika und Originalpräparat gehabt. Das hätten die Österreicherinnen und Österreicher auch akzeptiert. Das war nicht möglich. Okay, akzeptiere ich, aber irgendwoher müssen wir das Geld, das wir brauchen, auch


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nehmen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Eben: Erweiterung der Beitragsgrundlage!) Meine Damen und Herren! Die Gesundheitspolitik, die ohne Geld auskommt, muss erst erfunden werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da würden mir im Zweifelsfall wieder Bibelzitate einfallen, aber auf die können weltliche Politiker nicht zurückgreifen oder zumindest die ÖVP-Politiker tun das nicht.

Lassen Sie mich noch ganz kurz auf die Ausführungen von Frau Bundesrätin Lichten­ecker und auch von Herrn Bundesrat Einwallner eingehen, was die Gesundheits­telematik anbelangt. Gerade weil Gesundheitsdaten so sensibel sind, muss es sicher sein. Das ist der Grund, warum wir das Gesundheitstelematikgesetz schaffen. Es hat schon vor zwei Jahren den vergeblichen Versuch eines meiner Vorgänger gegeben, so ein Telematikgesetz durchzubringen. Dieses Telematikgesetz regelt nur, was im Daten­schutzgesetz festgehalten ist, und dass, wenn es Gesundheitsdaten sind, dies besonders sensibel bei der Übertragung gehandhabt werden muss.

Sie haben gesagt: überholte Daten, Frau Bundesrätin Lichtenecker. Es kann schon sein, dass das überholt ist, aber manchmal kann das für die Krankheitsentwicklung durchaus wichtig sein. Wenn Sie sagen, dieses Gesetz greift nicht ganzheitlich, dann muss ich sagen, dieses Gesetz ist überhaupt nur die Grundlage dafür, dass wir weiterarbeiten dürfen. Das ist deswegen ganz wichtig, weil wir weiterarbeiten müssen, wenn wir den Anschluss nicht verlieren wollen.

Ich habe ein Beispiel, das mich schon vorsichtig sein lässt. Drei, vier oder fünf meiner Vorgänger sind gescheitert an der Umsetzung der Gesundheitskarte. Ich freue mich, dass es gelungen ist, dass im Moment die Karte im Plan ist, und wir sind guter Hoff­nung, dass die Gesundheitskarte Ende 2005 bei allen Österreicherinnen und Öster­reichern ist. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Es ist eh ein Drama, dass es so lange dauert!) – Natürlich! Aber wissen Sie, warum das so war? – Weil während der Entwicklung dieser Karte jedes Jahr unter anderem neue Wünsche an diese Karte gekommen sind und die Politikerinnen und Politiker nicht den Mut hatten zu sagen, aus, jetzt bleiben wir bei dem Stand, den wir beschlossen haben, und ändern nicht ununterbrochen die Entwicklung.

Ich war die Erste, die sich geweigert hat, wie ich das übernommen habe, dass irgendwelche zusätzlichen Maßnahmen hier noch aufgebürdet werden. Das ist jetzt der erste Schritt, und wir wissen genau, in welchen Schritten wir die Karte weiterentwickeln werden.

Genauso ist es beim Gesundheitstelematikgesetz. Das ist der erste Schritt, und ich bin sehr froh, dass wir im ersten Quartal 2005 eine Steuerungsgruppe einsetzen werden. Ich werde dazu nicht nur alle GesundheitspolitikerInnen der Parteien einladen, sondern auch alle Datenschutzpolitiker, also Verfassungsexperten der Parteien, damit wir eben sensibel damit umgehen und ganz genau festlegen, welche Gesundheitsdaten in welcher Form überhaupt gespeichert werden dürfen oder müssen, wie eine gemein­same Dokumentation im intra- und extramuralen Bereich aussehen soll und wer überhaupt welche Zugangsberechtigung zu welchen Daten haben darf, welche der Patient selbst bekommt – ohne dass dies Anlass für Panikreaktionen ist, auch da muss man in bestimmten Situationen vorsichtig umgehen. Aber generell bin ich der Meinung, der mündige Patient sollte Zugang zu all seinen Gesundheitsdaten haben. Es ist festzulegen, welche Zugangsberechtigung der Gynäkologe, der Zahnarzt, die Haus­krankenpflegerin, die Sozialversicherung, die private Krankenversicherung haben dür­fen. Ich bin der Meinung, da muss man extrem vorsichtig sein.

Und da finden Sie in mir eine Partnerin, die mit äußerster Sorgfalt vorgehen wird, und ich bin überzeugt, es wird uns auch gelingen, hier einen gemeinsamen Weg zu finden, so wie wir es auch bei der Gesundheitsreform getan haben.


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Sie haben auch noch die Gewichtung der Stimmen angesprochen in Bezug auf die Krankenkassen und die Sozialversicherung der Bauern. Genau das haben wir auch diskutiert im Zusammenhang mit der 15a-Vereinbarung. Es war den Ländern wichtig, dass es bei ihnen bleibt, und ich verstehe das. Die Zahl der Bauern ist im Burgenland, in Tirol oder in Vorarlberg ungleich höher als in Wien und spielt dort natürlich auch eine andere Rolle. Das, worauf wir geachtet haben, ist, dass die Regelung verfassungs­konform bleibt. Es war kein leichter Weg, diese Verfassungskonformität zu finden, auch nicht für Herrn Verfassungsrechtler Professor Öhlinger, denn einmal hat er gesagt, das muss eine GesmbH sein, dann hat er wieder gesagt, das darf keine GesmbH sein. Also ein bisschen irritiert war ich da schon.

Wir haben jetzt ohnehin einen Weg gefunden, der, glaube ich, durchaus gangbar ist, und wir haben sichergestellt, dass es eine Mindestzahl gibt, sodass zumindest jede Sozialversicherung einen Vertreter drinnen haben kann. Aber es gibt natürlich auch wechselseitige Vertretungen und natürlich auch die Möglichkeit der Gewichtung nach den Zahlen.

Was das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz anbelangt, habe ich schon gesagt, zuständig ist Bundesminister Bartenstein, und der war auch schon aktiv. Wir haben das nicht vergessen in unserem Gesundheitsreformpaket. Er hat vergangenen September die Vertreter aller Bundesländer eingeladen – sie sind leider zu keiner Einigung ge­kommen.

Und ich sage das ganz bewusst in der Länderkammer, meine Damen und Herren: Es ist nicht der Bund, der hier bremst, sondern es sind die Bundesländer, die natürlich nicht ganz zu Unrecht wegen der Folgekosten Sorge haben. Daher werden wir uns in dieser Frage wirklich zusammensetzen müssen, denn ich bin auf Ihrer Seite: Ein Arzt oder eine Krankenschwester, die 26 Stunden im Dienst ist – das kann man in einem Katastrophenfall billigen, aber nicht im normalen Alltag. In Katastrophenfällen gelten sowieso andere Kriterien. Also da werden wir uns wirklich zusammensetzen müssen.

Noch drei kleine Dinge. Die bundeseinheitliche Bedarfsplanung, Frau Bundesrat, gibt es. Der österreichische Strukturplan „Gesundheit 2010“ liegt vor, war im gesamten Gesundheitsreformpaket dabei. Wir haben unsere Aufgaben gemacht. Jetzt müssen wir ihn – und das steht im 15a-Vertrag – bis zum Ende des Jahres 2005 mit den Ländern endverhandeln. Mein Ziel ist es, im Halbjahr fertig zu sein, plus/minus zwei, drei Monate, damit rechtzeitig alles umgesetzt werden kann.

Auch die Psychotherapie haben wir nicht vergessen, denn wir werden im ersten Halbjahr 2005 nicht nur die Gesundheitsberufe auf neue Beine stellen. Da sind wir in der Endphase, ich wollte nur nicht alles unter Druck unter einem endverhandeln. Da, glaube ich, ist es gut, noch die zwei, drei Monate für die Gespräche zu nützen. Wir denken auch an eine gesetzliche Interessenvertretung für die Psychotherapeuten, damit diese dann auch eine bessere Basis für die Verhandlungen zu einem Gesamt­vertrag haben. Und natürlich geht es auch um die von mir bereits angesprochene Bereinigung der Krankenversicherungen, denn da haben Sie Recht, die brauchen eine nachhaltige Basis, und um die werde ich mich noch in den ersten drei Monaten 2005 kümmern. Sie können sicher sein, ich lasse niemanden aus der Verpflichtung heraus. In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.24

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 



Bundesrat
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14.24

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, man muss doch noch einmal auf diesen Punkt eingehen, den Kollege Ein­wall­ner angesprochen hat. Frau Bundesministerin! Sie haben zuerst davon ge­sprochen, dass es durchaus vertretbar ist, dass 35 Millionen € den Augenkranken, den Seh­schwachen entzogen werden, und haben gesagt, die Mindestrentner seien ausge­nommen.

Ich glaube, ich komme nicht ganz umhin, noch einmal klarzustellen, dass diese Maß­nahme für jene, die es sich nicht richten können, die kleine Einkommen haben, wirklich am einschneidendsten ist. Wenn Sie von den Mindestrentnern sprechen, dann meinen Sie jene, nehme ich an, die eine Ausgleichszulage beziehen, die also ein Bruttoein­kommen inklusive der Ausgleichszulage in der Höhe von 640 € haben.

Aber wie schaut es denn insgesamt aus bei den Senioren, die zu Recht so sehr be­troffen von dieser Ihrer Maßnahme sind? – Es gibt ja Gott sei Dank sehr wortreiche Stellungnahmen von den Seniorenorganisationen zu diesem Bereich, auch von Ihrer politischen Richtung, Frau Bundesministerin. Bedenken wir, dass die Durchschnitts­pension in Österreich 708 € bei den Arbeitern ausmacht, 1 178 € bei den Angestellten, 1 057 € bei den Eisenbahnern, 1 436 € beim Bergbau, 1 082 € bei den Angehörigen der gewerblichen Wirtschaft, 628 € bei den Bauern, die offensichtlich generell hier aus­genommen sind. Und dann gibt es bekanntlich noch eine achte Pensionsversicherung, der Sie im Sozialversicherungs-Organisationsrecht besondere Bedeutung einräumen: die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates. Hier liegt die Durchschnitts­pension bei 4 759 €.

Ich glaube, dass dieser Personenkreis wirklich unter dieser Gesundheitspolitik leidet. Sie haben vorhin einen schönen Satz gesagt: Nur ein Schelm gibt das aus oder verspricht das, was er nicht hat. Frau Bundesministerin! Da, glaube ich, werden auf diese Bundesregierung große Probleme zukommen, denn die Steuerpolitik, die Sie betreiben, wird für Steuerausfälle sorgen, die es dieser Republik schwer machen werden, ihren Verpflichtungen im Bereich der Pensionsvorsorge, der Gesundheits­vor­sorge nachzukommen.

Bedenken Sie, dass wir 2001 noch ein Körperschaftsteueraufkommen von 6,2 Milliar­den € hatten und dass das heuer – bei sehr vorsichtigen Schätzungen – nur mehr 3,6 Milliarden € ausmachen wird! Das ist Ihre Entlastungspolitik – aber für Konzerne und für jene, die es sich in der Bilanz im Sinne dieser Gruppenbesteuerung, die jetzt eingeführt wurde, richten können. (Bundesrat Bader: Die schaffen keine Arbeitsplätze, gell?) – Ja, die schaffen Arbeitsplätze, ganz richtig: in Moldawien, in Vietnam, wo immer! (Beifall bei der SPÖ.) Der Kollege, der diesen Zwischenruf gemacht hat, soll sich vielleicht einmal von einem Wirtschaftstreuhänder oder Steuerberater dieses Gruppenbesteuerungssystem ganz genau erklären lassen. Wenn Sie sich das ansehen, dann werden Sie erkennen, wo der Staat künftig Geld lukrieren wird. In­zwischen liegen wir ja im Körperschaftsteuerbereich bereits hinter der Slowakei. Ich habe allerdings noch keinen slowakischen Betrieb gesehen, der hier in Österreich investiert und Arbeitsplätze schafft. (Widerspruch bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Himmer: Fragen Sie den Androsch!)

Aber jetzt zu einer ganz wesentlichen Sache, zum Organisationsrecht. Sie haben hier eine Lanze dafür gebrochen, Frau Bundesministerin, dass hier alle eingebunden werden, dass hier Demokratie herrscht und vieles mehr. Schauen wir uns einmal an, was eigentlich herauskommt bei diesem Sozialversicherungs-Organisationsrecht, das Sie uns hier auf den Tisch legen! Es ist eigentlich nur auf Machterhalt ausgerichtet.


Bundesrat
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(Zwischenbemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat.) Das ist ganz richtig, es ist eigentlich nur darauf ausgerichtet.

Auch dieses Gesetz wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, und wenn ich mir anschaue, was hier von Ihnen wieder produziert wurde, dann heißt es hier zum Beispiel – ich weiß, man muss den Koalitionspartner fast schon ein bisschen unter „Artenschutz“ stellen –, es soll immer der Dritte aus der Wirtschaftskammer, aus der Arbeiterkammer mit einrücken in die Selbstverwaltungsgremien, wenn ich das richtig verstehe. Warum es nur einen Dritten gibt, weiß ich nicht. Es gibt zum Beispiel bei den Senioren auch eine grüne Seniorenvertretung. Warum diese dort ausgegrenzt wird, das weiß ich nicht.

Unter dem Strich schaut es so aus – ich komme noch einmal auf die Notare zurück –, dass 2,7 Millionen Versicherten in der Pensionsversicherung der Arbeiter und Ange­stellten 800 Notare gegenübergestellt werden. Das muss man sich einmal vorstellen! (Bundesrat Konecny: Das ist Demokratie!) So schaut bei Ihnen Demokratie aus, Frau Bundesministerin! 800 Notare haben bei Ihnen so viel Gewicht wie 2,7 Millionen Versicherte in der Pensionsversicherung der Arbeiter und Angestellten.

Was kommt jetzt unter dem Strich heraus? Das Ganze ist ja schon wieder so komplex, dass Sie sicher wieder eine Reihe von Lehrmeinungen von verschiedenen Verfas­sungsrechtlern bekommen werden. Unter dem Strich kommt heraus, dass 5,25 Mil­lionen Arbeitnehmer und Pensionisten 677 Dienstgebern gegenüberstehen. Ich muss Ihnen sagen, ich führe selbst einen Betrieb, und das eigentlich sehr partnerschaftlich. Ich glaube, es ist nicht in Ordnung, dass jene, die eine Gruppe von 5,25 Millionen repräsentieren, auf einmal nur mehr zu 46 Prozent mitreden dürfen.

Ich würde daher sagen, Frau Bundesministerin: Es ist noch nicht zu spät! Zurück mit diesem Gesetz an den Start! Handeln Sie als Demokratin! Das würde ich jedem hier herinnen empfehlen, jeder Kollegin und jedem Kollegen, der auf dem Boden der Bundesverfassung steht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

14.30

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrats erfolgt getrennt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrats vom 10. De­zember 2004 betreffend eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organi­sation und Finanzierung des Gesundheitswesens.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrats vom 10. De­zember 2004 betreffend ein Gesundheitsreformgesetz 2005.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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717. Sitzung / Seite 103

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrats vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (DentG-Novelle 2004) (674 d.B. und 721 d.B. sowie 7177/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Mayer übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 104

Berichterstatter Edgar Mayer: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird, zur Kenntnis.

Der schriftliche Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher gleich zum Antrag: Der Ge­sund­heitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Wortmeldungen liegen keine vor. Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Berichterstattung wünscht auch kein Schlusswort.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird (700 d.B. und 717 d.B. sowie 7178/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun kommen wir zum 15. Punkt der Tages­ordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Mayer übernommen. Ich bitte wieder um den Bericht.

 


Berichterstatter Edgar Mayer: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucher­schutz (Tabakgesetz) geändert wird.

Der schriftliche Bericht liegt Ihnen vor, ich komme deshalb gleich zum Antrag: Der Ge­sund­heitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit – in Klammern: auch aller Raucherinnen und Raucher – den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


14.35

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Wir haben gerade vorher die Gesundheitsreform beschlossen, von der ich sagen muss, das ist ein Paradigmenwechsel, denn es ist das erste Mal, dass nicht nur die medizinische Versorgung etwas gilt, sondern auch die Vorsorge.

Wenn man hört, dass 14 000 Menschen jährlich an den Folgen des Tabakkonsums sterben, davon 3 800 an Lungenkrebs, dann sind das wirklich alarmierende Zahlen, die zu denken geben. Wenn wir dann noch hören von wissenschaftlich anerkannten Studien, dass das Passivrauchen noch schädlicher für den menschlichen Körper ist als das Rauchen selbst, dann ist es, glaube ich, unsere politische Verpflichtung, jene zu schützen, die sich für ein rauchfreies Leben entschieden haben.

Die Erwachsenen sind, glaube ich, mündig genug, um selbst zu entscheiden, ob sie ein gesundes Leben führen oder ob sie ihr Risiko wesentlich steigern wollen, an Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischer Bronchitis oder Atemwegserkrankungen zu erkranken. Bei unseren Kindern aber, die unser wichtigstes Gut sind, sind wir angehalten, bestmögliche Aufklärung zu geben, ihnen Vorbild zu sein und sie zu schüt­zen, denn gerade in der Wachstums- und Entwicklungsphase können die Schädigun­gen noch größer sein. Wir wissen, dass von jenen Menschen, die bereits in jungen Jahren zu rauchen beginnen, jeder Zweite ein Leben lang raucht.

Erschreckende Zahlen sind für mich als Mutter, dass in der Altersgruppe der 15-Jährigen bereits 20 Prozent der Burschen und 26 Prozent der Mädchen täglich rauchen. Daher ist diese Novelle des Tabakgesetzes voll berechtigt.

Einige Schwerpunkte daraus: Verbot des Sponsorings für Tabakerzeugnisse sowie der Tabakwerbung ab dem Jahr 2005 in den Printmedien, im Radio und Internet, ab 2007 im Kino und auf den Plakaten, bessere Aufklärung, Rauchverbot an öffentlichen Orten, eine genaue Beschilderung, wobei die Möglichkeit besteht, Raucherzimmer einzu­richten.

Ich finde es aber auch als Nichtraucherin positiv, dass in der Novelle zum Tabakgesetz nicht eine so strenge Handhabung vorgesehen ist wie in anderen Ländern, denn ich glaube, dass das, was total verboten wird, erst richtig interessant wird. Ich begrüße es daher, dass für den Bereich der Gastronomie eine freiwillig auferlegte, schrittweise Einschränkung vorgesehen ist. In Gaststätten mit einer Fläche über 75 Quadratmetern müssen Nichtraucher-Zonen geschaffen werden.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 105

Das In-Verkehr-Bringen von einzelnen Zigaretten oder von Packungen mit unter 20 Zigaretten ist verboten. Ich glaube, das ist besonders wichtig in Bezug auf unsere Jugendlichen, denn diese haben meistens nicht so viel Geld und bevorzugen eher Einzelzigaretten oder kleinere Packungen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Auch ich!) – Na dann ist es vielleicht auch für Sie gut.

Zum Abschluss: Ich glaube, jeder, dem die Gesundheit ein Anliegen ist, muss für dieses Gesetz stimmen. Daher freue ich mich, dass dieses Gesetz einstimmig verab­schiedet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.39

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pehm. – Bitte.

 


14.39

Bundesrat Mag. Georg Pehm (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Nichtraucher ist nun am Wort. Wenn man das Wort „Rauchen“ in eine APA-Abfrage tippt und die letzten paar Wochen als Zeitraum eingibt, dann kommen Meldungen zu Tage wie: Bulgarien setzt Rauchverbot mit 1. Jänner 2005 um. Neuseeland ruft zum ersten rauchfreien Wochenende auf. Bhutan verbietet als erstes Land der Welt den Verkauf von Tabakwaren. Oder auch: EU verstärkt Kampf gegen das Rauchen mit drastischen Bildern. Und ganz aktuell wis­sen wir aus der vergangenen Woche aus Österreich, es wird 2005 den ersten rauch­freien Opernball geben.

Was ich damit sagen möchte, ist: Wir sehen an diesen Schlagzeilen – weltweit, egal, welches Land, egal, welche Volkswirtschaften –, es wird versucht, den Kampf gegen das Rauchen zu gewinnen, das Rauchen einzudämmen.

Diese Bemühungen sind auch gut verständlich – und die Kollegin hat ja schon einige Daten angesprochen –: Wir wissen, dass Rauchen die Gesundheit massiv gefährdet. Studien sprechen davon, dass der Tabakkonsum für den Tod von jährlich über 4 Mil­lionen Menschen weltweit, 650 000 in der EU und 14 000 in Österreich verantwortlich zu machen ist, dass Lungenkrebs bei Männern mittlerweile die Todesursache Num­mer 1 geworden ist.

Rauchen ist eine lebensgefährliche Angelegenheit, und darum begrüßt meine Fraktion, dass diese Gesetzesinitiative erfolgt ist. Wir werden sie unterstützen mit all den Maß­nahmen, die damit verbunden sind – von der Einschränkung von Werbe- und Spon­soring-Möglichkeiten bis hin zu den neuen Schutzmaßnahmen für Nichtraucher. Wir stimmen dieser Novelle zu.

Aber, geschätzte Damen und Herren, uns muss gleichzeitig bewusst sein, dass wir den Kampf gegen das Rauchen nicht allein mit Verboten gewinnen werden. Mindestens ebenso – mindestens ebenso! – wichtig ist es, dass wir auf zwei Ansätze Wert legen:

Erstens: Prävention bei Kindern und Jugendlichen, Aufklärung, Information dieser Ziel­gruppe, das „Cool-Machen“ von Nichtrauchen bei Jugendlichen, und zweitens: attrak­tive Ausstiegshilfen für Raucherinnen und Raucher. – Das sind die zwei Ansätze, auf die wir wesentlich mehr Augenmerk legen müssen. Es muss nicht nur das Rauchen schlecht gemacht und verboten werden, sondern das Nichtrauchen als erstrebenswert, als gut dargestellt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Bundesrat Schennach: Und Alkohol?) – Das trifft auf andere Suchtmittel in ebensolcher Weise zu; heute reden wir über das Rauchen.

Und ich sage Ihnen das auch aus authentischer, persönlicher Erfahrung: 25 Jahre hindurch habe ich geraucht, fast zwei Drittel meines jungen Lebens. 25 Zigaretten pro Tag waren es, aber seit gut sechs Wochen zähle ich mich nun zu den Nichtrauchern.


Bundesrat
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(Allgemeiner Beifall und Bravorufe. – Bundesrat Schennach: Das ist Populismus! – Heiterkeit.) Ich danke Ihnen dafür und klopfe auch auf Holz, dass das weiterhin so bleibt, aber möglich war das nur deswegen, weil mir jemand beim Ausstieg vom Rauchen geholfen hat.

Ich sage auch, dass es begrüßenswerte Ansätze in der Prävention gibt, in den Aus­stiegshilfen. Was wir aber tatsächlich brauchen, ist sozusagen ein Ruck, der durch die Jugend-Szene geht, und ein Ruck, der bei Raucherinnen und Rauchern entsteht, damit man mit dem Rauchen aufhört.

Aufklärung bei Kindern und Jugendlichen ist auch deswegen wichtig, damit die nächsten Studien nicht wieder österreichische Jugendliche beim Rauchen an der traurigen Spitze unter 35 europäischen Nationen sehen. Mehr Ausstiegshilfen wollen wir deswegen, damit beispielsweise das Europäische Netzwerk für die Prävention des Rauchens beim nächsten Mal nicht mehr feststellen muss, dass in Österreich das Angebot an Therapieeinrichtungen für jene, die ihrer Sucht ein Ende setzen wollen, unter 28 Ländern vergleichsweise schwach ist.

Meine Fraktion stimmt dieser Novelle zu, weil es ein richtiges Signal ist und wir die Hoffnung haben, dass wir statt Verbotsmeldungen aus aller Welt in der „Austria Presse Agentur“ auch einmal lesen können: Österreichs Jugendliche finden das Rauchen „un­cool“ und das Nichtrauchen „cool“, oder auch eine Überschrift wie: Ich habe mit dem Rauchen aufgehört, weil mich meine Krankenkasse dabei unterstützt hat. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

14.44

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Lichtenecker. (Ruf bei der ÖVP: Rauchen Sie? – Heiterkeit.)

 


14.45

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es war in unserer Fraktion nicht ganz leicht zu entscheiden, wer die Pro-Rede übernimmt: Also ich habe die Pro-Rede für diese Vorlage übernommen.

Werbung, Sponsoring – vollkommen klar! – ist ein Bereich, den man einschränken muss, insbesondere hinsichtlich der Jugend.

Zu den Ausführungen in Bezug auf die Packungsgrößen: Natürlich sind Jugendliche wesent­lich preiselastischer. Je größer die Packung, umso teurer die Zigaretten; das ist richtig. Wobei ich bezweifle, dass die Jugendlichen so preiselastisch sind, dass man damit verhindert, dass sie rauchen, und insofern glaube ich auch – und das sieht man ja auch bei den Alkopops und derartigen Getränken –, dass Jugendliche eine an sich in vielen Bereichen doch relativ niedrige Preiselastizität aufweisen.

Und da hätte ich es durchaus für klug befunden, dass man in Österreich kleinere Packungen erhalten kann. Zum Beispiel in Großbritannien ist das üblich: Man kann kleine Packungen mit fünf oder sechs Zigaretten kaufen (Bundesrat Schennach: Sogar eine!) – und sogar eine, sagt der Kollege; das kenne ich so nicht –, und damit hat man den Vorteil, dass man am Abend nicht so viel raucht, wenn man dazu neigt.

Es sind auch die Rauchverbote in den öffentlichen Räumen begrüßenswert, wobei hier schon anzumerken ist – und ich denke, es hat im Ausschuss ein Stück geklärt werden können –, dass es ja sozusagen in der Selbstbestimmung der Verantwortlichen der einzelnen Gebäude liegt zu sagen: Gibt es Räume, wo man rauchen kann oder nicht?, dass es also auch so etwas gibt wie Selbstbestimmungsrecht – Selbstbestimmungs­recht so lange, solange es nicht die Freiheiten oder die Gesundheit der anderen


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717. Sitzung / Seite 107

beeinträchtigt. Und das halte ich hier in dieser Form schon fest, dass auf solche Dinge auch zu achten ist.

Kollege Pehm hat schon die Wichtigkeit der Prävention ausgeführt, was tatsächlich ein essenzieller Faktor im Bereich der Jugendlichen ist und was wir in dieser Form absolut begrüßen können, aber hier sind wirklich neue Bilder notwendig. Und nachdem die steirische Fraktion heute schon überschreitend in Aktion getreten ist, sei auch hier erwähnt: Der Kollege von Ihnen aus der Steiermark, Schwarzenegger, mit der dicken Zigarre übt in den öffentlichen Medien ja nicht wirklich eine Vorbildwirkung für die Jugend aus!

Summa summarum ist es ein Gesetz, dem wir zustimmen können und werden, wobei hier angemerkt sei, Frau Ministerin, dass es sicher in diesem Bereich in Bezug auf Ent­wöhnung, Suchtprävention und so weiter sicherlich noch viel zu tun gibt. Aber Sie können da jederzeit mit unserer Unterstützung rechnen, wenn es um gute, vernünftige, selbst bestimmte Lösungen geht. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Mag. Pehm.)

14.48

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­ministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


14.48

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsiden­tin! Hoher Bundesrat! Nachdem ich in meiner letzten Rede die Zeit sträflichst über­zogen habe – ich möchte mich auch für Ihre Geduld bedanken –, werde ich diese Zeit jetzt und beim nächsten Tagesordnungspunkt wieder einbringen.

Ich möchte mich nur sehr, sehr herzlich für die Einmütigkeit bei diesem Gesetz bedan­ken. Ich möchte Herrn Bundesrat Pehm zum Ausstieg gratulieren und ihn zum Durch­halten ermuntern. Ich denke, dass das ein ganz, ganz wichtiger Schritt ist auch in der Bewusstseinsbildung der Bevölkerung. Wir sind hier einen, glaube ich, ohnehin mode­raten österreichischen Weg gegangen.

Ich persönlich möchte niemanden entmündigen, auch wenn Sie das in manchen Ge­schäften, mit einem ganz netten Bild von mir versehen, glauben könnten. Es geht mir darum, die Selbstbestimmung selbstverständlich zu erhalten, aber all jenen Mut zu machen, die aussteigen wollen, vor allem aber die jungen Menschen daran zu hindern, dass sie einsteigen.

Im Übrigen sind die 19- und 20-Stück-Packungen ein Wunsch der Tabakindustrie. Das trägt auch vor allem zur Prävention bei den Jugendlichen bei: Je mehr drin sind, desto teurer ist die Packung.

Wir werden natürlich sehr darauf achten müssen, dass dieses Gesetz nicht Makulatur bleibt, wir werden auf die Einhaltung achten müssen. Aber jeder von Ihnen ist gefor­dert, meine Damen und Herren! Es ist manchmal unangenehm bei mir im eigenen Klub, wenn eine Kollegin oder ein Kollege anfängt zu rauchen, zu sagen: In Sitzungen ist seit Jahren Rauchverbot, und ich fordere es ein. – Ich habe mich damit nicht immer nur beliebt gemacht, aber in der Zwischenzeit traut sich, wenn ich im Raum sitze, ohnehin schon keiner mehr. Also: Jeder von uns ist aufgefordert, seinen Beitrag zu leisten!

Wir werden hier noch viel zu tun haben, aber ich würde Ihnen – jedem Einzelnen, der noch Raucher oder Raucherin ist – gerne mit auf den Weg geben: Es ist nie zu spät, den ersten Schritt zu tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Bun­desräten der SPÖ und der Grünen.)

14.50

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 108

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker ist die Einzige aus ihrer Fraktion, die im Saal anwesend ist. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ich habe vier Stimmen! – Heiter­keit.) – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arzneimittelgesetz und das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden (676 d.B. und 718 d.B. sowie 7179/BR d.B.)

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arznei­mittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert werden (675 d.B. und 720 d.B. sowie 7180/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 16 und 17 ist Frau Bundesrätin Wimmler. Ich darf daher bitten, beide Berichte unter einem zu bringen.

 


Berichterstatterin Herta Wimmler: Der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arzneimittelgesetz und das Bun­desgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden, liegt Ihnen schrift­lich vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

Auch der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert werden, liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 109

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


14.53

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Wir setzen uns hier mit einer Regierungs­vorlage auseinander, mit welcher die von der Berichterstattung genannten Gesetze geändert werden. Wenn man sich die Regierungsvorlage ansieht, dann sieht man, dass ein Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen geschaffen wird, und zwar im Rahmen der Agentur für Ernährungssicherheit, und dass die Agentur wie schon bisher dem Bundesamt für Ernährungssicherheit – dem Bundesamt für Sicherheit im Gesund­heitswesen – sämtliche erforderlichen Mittel zur Wahrnehmung der Aufgaben gemäß § 6 und § 6a zur Verfügung zu stellen hat.

Es ist also geplant, wieder eine neue Agentur, die den Namen „PharmMed-Austria“ trägt, zu schaffen und diese der AGES, die ja 2002 gegründet wurde, anzuhängen.

Im Hintergrund, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, stehen Rechnungs­hofberichte, nämlich ein negativer Rechnungshofbericht darüber, wie mit Meldungen über unerwünschte Nebenwirkungen in Österreich umgegangen wird: Gutachten wer­den erst nach Monaten erstattet. Die Europäische Union weist auch darauf hin, dass die Gutachten nicht rechtzeitig erstellt werden.

Bei dieser Gelegenheit muss man doch fragen, meine geschätzten Damen und Herren der Regierungsparteien: Kennen Sie den Rechnungshofbericht über die Entwicklung der AGES? Kennen Sie das Schreiben von fünf Leitern von Untersuchungsstellen, wo sie darauf hinweisen, dass die Lebensmittelsicherheit nicht mehr gewährleistet ist?

Und obwohl Sie aus Rechnungshofberichten wissen, meine Damen und Herren, dass Ausgliederungen keine Kostenreduktion mit sich bringen, geschieht nun wieder Fol­gendes: Es wird wieder ausgegliedert. Es wird eine neue Agentur gegründet und in der AGES etabliert. Das heißt, die AGES wird mit neuen Aufgaben betraut. Sie muss eine Reihe zusätzlicher Arbeiten übernehmen, und das, obwohl weder die Geldmittel noch das Personal in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen.

Der Rechnungshof hat da noch ein weiteres Problem erkannt. Er sagt, dass durch die Schaffung dieser Agentur und durch die Auslagerungen massive und nahezu unlös­bare Interessenkonflikte für die Organisationen entstehen, die kontrollieren, die bewer­ten und die begutachten sollen, gleichzeitig aber von jenen Auftraggebern leben, deren eingesandte Proben sie zu beurteilen haben. Sie müssen selbstverständlich marktfähig sein. Je strenger sie sind, desto weniger Aufträge werden sie bekommen; je milder sie sind, desto mehr schaden sie der gesundheitspolitischen Zielsetzung.

Diese Hürde wird nicht nur laut Rechnungshof schwer zu überspringen sein, sondern wird auch international so gesehen. Wenn man sich das Beispiel USA anschaut: Dort sind solche Untersuchungsanstalten – Ernährungssicherheit, Arzneimittelsicherheit – im hoheitsrechtlichen Bereich angesiedelt. Das in den USA, wo die freie Markt­wirtschaft ja so hochgehalten wird! Das hat sicher seine Gründe.

Darum, meine geschätzten Damen und Herren, werden wir dieser Vorlage nicht zu­stimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.56

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 110

14.57

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Minister! Ich möch­te die Gelegenheit benützen – wer immer das (einen kleinen Topf mit einem Weih­nachtsstern, der auf dem Rednerpult steht, in die Hand nehmend) spendiert hat (Präsi­dentin Haselbach: Ich!) –, für den schönen Weihnachtsstern ein Dankeschön zu sagen. Danke vielmals, Frau Präsidentin! (Allgemeiner Beifall.)

Und in dieser weihnachtlichen oder adventlichen Atmosphäre möchte ich sagen: Fürchtet euch nicht, ich werde eine kurze Rede halten! (Heiterkeit.)

Wir verhandeln heute hier über ein Gesetz, das ganz tief in den menschlichen Bereich hineinreicht, nämlich über eine Novellierung und Ergänzung einer EU-Bestimmung betreffend das menschliche Blut, die Testung, Verarbeitung, Lagerung, aber auch die Identifizierung von Spendern und Empfängern. Eine gewisse Transparenz in diesem Bereich wird immer dringender. Blut, dieser Lebenssaft des Menschen, ist heute größtenteils entmystifiziert. Wir wissen, welche Rolle das Blut im Bereich der Medizin schon im Mittelalter gespielt hat. Heute wird es ausgetauscht, gewaschen, ange­reichert, abgezapft.

Die SPÖ wollte ja auch diesem Gesetz zustimmen. Sie hat eine Erweiterung erwartet, was aus finanziellen Gründen momentan nicht möglich war.

Ich hatte im Zusammenhang mit Blut etwas Interessantes, ja Erschreckendes aus meinem Bekanntenkreis erfahren, vor Monaten schon: Ein junges Paar, sie 25, er 28, hatte einen Autounfall. Ein Pkw fuhr diesem jungen Paar seitlich ins Auto hinein. Es gab Verletzte; es waren vier Damen und ein Chauffeur im anderen Auto, und es war Blut auf dem Boden. Die junge Frau, die an der Hand sehr schwer verletzt war, ist dann aber noch aufgestanden – die anderen sind auf dem Boden gelegen –, hat einer dieser Damen die Hand gehalten, hat sie gestreichelt und wollte ein bisschen Trost spenden. Der Mann, der sie angefahren hat, ist hergekommen, hat der jungen Frau die Hand gereicht und hat sich entschuldigt. – Es hat sich dann im Krankenhaus heraus­gestellt, dass diese Damen und auch der Mann mit Aids infiziert waren!

Diese junge Frau hat Monate des Schreckens erlebt, weil sie nicht wusste: Ist sie jetzt auch angesteckt oder nicht? – Das hat mich schwer beeindruckt, und ich habe mir gedacht: Was man da heute alles an Forschungen auch in diesem Bereich machen kann! Man kann identifizieren, man kann testen – es muss in diesem Bereich einfach etwas geschehen!

Ich glaube, der heutige technische Fortschritt im Gesundheitsbereich durch die Instru­mente der elektronischen Informationstechnologie, die über Schlüsselinformationen verfügt und uns diese liefert, auch in dem sensiblen Bereich der Daten, hat nun eine gesetzliche Regelung erfahren. Es sind da Maßnahmen ergriffen worden, und damit, glaube ich, wird viel verhindert, etwa dass Blut oder auch Blutbestandteile Krankheiten übertragen.

Die neue Regelung wird in hohem Maße einen hohen Qualitätsstandard in diesem Bereich gewährleisten. Deswegen wird unsere Fraktion unbedingt für dieses Gesetz stimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.01

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


15.01

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Beim Tagesordnungspunkt 16, betreffend das Blutsicherheitsgesetz, geht es ganz klar um die Umsetzung einer EU-Richtlinie,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 111

und diese wird natürlich in dieser Form auch unsere Zustimmung finden. Es ist klug und gescheit, das jetzt auch bei uns in dieser Form zu regeln.

Was den Tagesordnungspunkt 17 betrifft, so halten wir es nicht für klug, Agenden der Hoheitsverwaltung sozusagen auszulagern, zu privatisieren, in eine Ges.m.b.H überzu­führen, gerade in einem sensiblen Bereich wie jenem der Prüfung von Medikamenten. Wir glauben, dass es gerade in diesem Bereich klüger gewesen wäre, dies in der Hoheitsverwaltung zu belassen. Wir sehen auch, dass es Interessen­konflikte gibt. Es ist ganz klar, dass es zu Beeinträchtigungen in der Objektivität kommt, wenn durch den Finanzierungsdruck die Situation entsteht, dass die prüfende Behörde gleichzeitig auch auf private Aufträge angewiesen ist. Das halten wir in dieser Form für nicht tragfähig, und wir werden daher dem Gesetz in dieser Form auch nicht zustimmen können.

Abschließend sei noch einmal auf den Titel eines gesundheitsökonomischen Buches, den ich heute schon einmal erwähnt habe, verwiesen: „Pricing the Priceless“. Und genauso sollten wir es mit einem so wichtigen und hoch sensiblen Bereich halten und diesen in der Hoheitsverwaltung belassen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.03

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Zellot. – Bitte.

 


15.03

Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Frau Präsidentin! Geschätzte Minis­ter! Meine geschätzten Damen und Herren! Ein paar Sätze zum Bundesgesetz und zur Regierungsvorlage über das Ernährungssicherheitsgesetz, das Arzneimittelgesetz, aber vor allem das Blutsicherheitsgesetz, das meine Vorredner schon angesprochen haben und das natürlich sehr wichtig ist und in Zukunft auch mehr Sicherheit bietet, nicht nur für die Betroffenen, sondern vielleicht auch für die zuständigen Einsatzkräfte und die vor Ort helfenden Personen.

Ich möchte vielleicht noch einen Punkt zum Ernährungssicherheitsgesetz erwähnen. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass die Produkte, die den Bereich Ernährung betref­fen, dauernd und genauer kontrolliert werden. Sie sind eine wesentliche Voraus­setzung für unsere Gesundheit und vor allem für unsere Ernährungssicherheit. Aus meiner Sicht geht es nicht darum, wer dafür zuständig ist, wer diese Prüfung durch­führt. Ich glaube, für den einzelnen Konsumenten ist die Sicherheit im Lebensmittel­bereich wichtig. Durch die gesetzlichen Verordnungen und durch das Ernährungs­sicherheitsgesetz ist natürlich auch garantiert, dass wir im Vergleich zu anderen Staaten hier im europäischen Raum auch eine gewisse Vorbildwirkung haben. Dafür sind die bisherigen Gesetze ebenso wie auch die neuen ein Garant. (Vizepräsident Weiss übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn wir uns das Gesetz über Arzneimittel und die österreichische Arzneimittel­indus­trie, über die Beschäftigten und über den Umsatz ansehen, dann können wir fest­stellen, dass dieses Gesetz auch zeitgemäß geworden ist. Es geht dabei auch um die Schnelligkeit, in der neue Arzneimittel auf den Markt gebracht werden können. Deswegen war es auch wichtig, in diesem Gesetz die Effizienz und die Schnelligkeit zu verankern, mit der neue Medikamente auf den Markt gebracht werden, um so auch schneller zum Patienten gelangen zu können.

Ich glaube, in Summe gesehen ist dieses Gesetz ein zukunftsorientiertes Gesetz, vor allem für jene, die es dringend brauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bun­desräten der ÖVP.)

15.06

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 112

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat das Wort.

 


15.06

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Wir haben in Österreich eine sehr hohe Qualität auch in der Blut­sicherheit. Mit diesem Gesetz werden auch hier einige Maßnahmen gesetzt, die diese Qualität dem State of the Art, also dem Stand der Wissenschaft anpassen und diese Sicherheit noch verbessern.

Mit der Ausgliederung des ehemaligen Bundesinstituts für Pharmakologie aus dem Gesundheitsministerium und der Eingliederung in die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit setzen wir einen wichtigen Schritt, um die Kontrolle im Arznei­mittelwesen und das Zulassungsverfahren zu verbessern. Hier haben wir Handlungs­bedarf, was den zeitlichen Rahmen anbelangt, weil die Zulassungsverfahren viel zu lange dauern. Mit der Ausgliederung können wir aber auch eine entsprechende Gebüh­renerhöhung, die von den Pharmafirmen auch durchaus akzeptiert wird, wenn sie dadurch einen rascheren Zugang bei der Zulassung haben, erreichen und gleichzeitig auch die Kontrolle, die Pharmakovigilanz verbessern.

In diesem Sinne ersuche ich Sie um Ihre Zustimmung. Wir brauchen diese Verbes­serung in diesem Bereich dringend, und ich danke all jenen, die diesem Gesetz zustim­men können. (Beifall bei der ÖVP.)

15.08

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz und weite­re Gesetze geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanz­aus­gleichsgesetz 2005 – FAG 2005) und das Zweckzuschussgesetz 2001, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche-


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 113

rungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Son­derunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferver­sor­gungsgesetz 1957, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuran­stal­ten und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert werden (702 d.B. und 731 d.B. sowie 7159/BR d.B. und 7181/BR d.B.)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (732 d.B. sowie 7182/BR d.B.)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend eine Vereinba­rung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiter­führung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitäts­pakt 2005) (701 d.B. und 733 d.B. sowie 7183/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 18 bis 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 18 bis 20 ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Bogensperger. Ich bitte ihn um die Berichte.

 


Berichterstatter Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger: Der Bericht des Finanzausschus­ses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzaus­gleichs­gesetz 2005) und das Zweckzuschussgesetz 2001, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeres­versorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten und das Tabaksteuergesetz 1995 geändert wer­den, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zur Antragstellung:


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 114

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Auch der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlasten­aus­gleichs­gesetz 1967 geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Daher komme ich sogleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend eine Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientierten Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitätspakt 2005) liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor. Daher komme ich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Kraml. Ich erteile ihm das Wort.

 


15.12

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Der Finanzausgleich regelt die Finanztransfers zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften des Staates, und es liegt nun einmal in der Natur der Sache, dass der Finanzausgleich immer auch ein Kompromiss ist – ein Kompromiss, bei dem es natürlich auch immer wieder Unzufriedene gibt: Bekommen die kleinen Gemeinden etwas mehr, dann sind es die Städte, die unzufrieden sind, oder es ist umgekehrt.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ hat im Nationalrat dem Finanzausgleich zuge­stimmt. Im Bundesrat ist uns das – auf Grund des anderen Abstimmungsmodus – leider nicht möglich.

Der Herr Staatssekretär sieht den Finanzausgleich naturgemäß von der hell erleuch­teten Seite. (Bundesrat Bieringer: Von der richtigen Seite!) Ich meine, dass es bei diesem Finanzausgleich auch Schattenseiten gibt, und mit diesen Schattenseiten werde ich mich ein wenig befassen.

Im Nationalrat hat sich ein ÖVP-Abgeordneter dazu verstiegen, von der „Quadratur des Kreises“ zu sprechen. – Ich glaube, er hat dem Finanzminister etwas zu lange zugehört und hat sich da von der Rhetorik blenden lassen. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Meine Damen und Herren! Konkret erhalten die Länder und Gemeinden durch den neuen Finanzausgleich während der kommenden vier Jahre Geld vom allgemeinen Steuerkuchen, und zwar jährlich um 212 Millionen € mehr; dazu kommen noch 100 Millionen aus dem gesamten staatlichen Steuertopf, und zusätzlich 12 Millionen € für die Finanzierung der Landeslehrer. Neben dem Mehr an Geld gibt es auch einen geänderten abgestuften Bevölkerungsschlüssel, der sich zugunsten der Gemeinden mit bis zu 10 000 Einwohnern auswirken wird. Damit wurde eine langjährige Forderung der Kleingemeinden berücksichtigt. – Ein ganz passables Paket, könnte man meinen.

Aber so, wie das bei der Bundesregierung immer der Fall ist, folgt dem Positiven natürlich sofort ein Belastungspaket. Unterm Strich werden die Gemeinden wieder einmal weniger herausbekommen, als sie zuvor erhalten haben. Es ist das die so genannte Pferdefußpolitik, und diese beherrscht die Regierung ja hervorragend. (Beifall bei der SPÖ.)

Und so ist es auch diesmal, meine Damen und Herren. Den ausverhandelten Leis­tungen des Bundes stehen die Mindereinnahmen der Gemeinden durch die kommen­den Etappen der Steuerreform gegenüber. Hier kommt es dann für die Gemeinden wieder zum berühmten Nullsummenspiel: Es ist nicht mehr Geld in der Gemeinde­kasse, als das immer der Fall war.

Meine Damen und Herren! Im Zuge des Finanzausgleiches war eine Zeit lang auch die Wohnbauförderung ein Diskussionsthema. Letztendlich hat man aber dann doch eingesehen, dass die Wohnbauförderungsmittel wichtige Konjunkturgeber sind, die in


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der Bauwirtschaft und im Baugewerbe für Beschäftigung sorgen. Ich meine, dass man die Wohnbauförderungsmittel auf Länderebene auch zweckbinden sollte.

Auf der einen Seite gibt also der Finanzminister – und lässt sich dafür auch noch kräftig feiern –, und auf der anderen Seite lässt er sich die Steuerreform zu einem gut Teil von den Ländern und von den Gemeinden finanzieren. Dazu kommt dann auch noch der Stabilitätspakt, in dem sich die Länder verpflichtet haben, ihre Überschüsse abzu­liefern.

Meine Damen und Herren! Und dann steht auch noch drinnen, dass die Gemeinden zu einem ausgeglichenen Haushalt verpflichtet sind. – Na, festschreiben lässt sich sehr viel.

Wie schaut denn das bei den Gemeinden aus? – Ich nehme als Beispiel meinen eigenen Bezirk: Von den 42 Gemeinden, die es dort gibt, können 26 Gemeinden den Haushalt nicht mehr ausgleichen. Ich glaube, in Oberösterreich sind es an die 50 Pro­zent der Gemeinden, die das nicht mehr schaffen. Das sind Gemeinden, die null finan­ziellen Spielraum haben, und wenn man es provokant ausdrücken will, dann ist es für sie so, dass sie, wenn sie einen Radiergummi und einen Bleistift anschaffen müssen, zuerst die Genehmigung beim Land einholen müssen.

Meine Damen und Herren! Wie sollen diese Gemeinden investieren, wenn sie keinen Spielraum haben? Und wir alle wissen, dass über 50 Prozent der Gemeindebudgets in die regionale Wirtschaft fließen und dort für Aufträge und auch für die Erhaltung und Absicherung der Arbeitsplätze sorgen.

Den Gemeinden fehlen in Zukunft jene Mittel, die durch die Steuerreform den Groß­konzernen gegeben werden, zum Beispiel mit der Gruppenbesteuerung und der massiven Senkung der KöSt. Wir haben heute schon gehört, dass es bisher immer an die 6,2 Milliarden € an KöSt gegeben hat und es heuer nur mehr an die 3,6 Milliarden sein werden. Das ist ein Minus von 2,6 Milliarden €, und dieses Geld fehlt den Gemein­den.

Dieses Geld fehlt den Kleinbetrieben und den Kommunen, und das, glaube ich, ist die Schattenseite des Finanzausgleichs. Den Gemeinden immer mehr Aufgaben und dafür immer weniger Geld geben, das, glaube ich, lässt sich auf Dauer nicht machen.

Ich wundere mich auch des Öfteren über die Lobgesänge der ÖVP-Bürgermeister zu diesem Finanzausgleich (Bundesrat Dr. Böhm: Der Wiener Bürgermeister ist anderer Meinung!), denn wenn sie sich die eigene Gemeindekassa anschauen, dann müssen sie wissen, dass sie hier keinen Lobgesang von sich geben sollten (Bundesrat Gruber: Dann müssen sie Tränen in den Augen haben! Tränen! Leider!), sondern sie sollten sich dafür einsetzen, dass sie wirklich mehr Geld vom Bund bekommen. (Bundesrat Gruber: Das ist zum Weinen für die Gemeinden!)

Meine Damen und Herren! Noch ganz kurz zum Gesundheitspaket, denn auch da geht es um 300 Millionen €. Mit diesem Paket werden die Bürgerinnen und Bürger massiv belastet, und zwar einseitig. Beim Brillenzuschuss zum Beispiel geht es um drei Millionen Bürgerinnen und Bürger, die auf Sehbehelfe angewiesen sind – und genau da fahren Sie mit dem Rasenmäher drüber! Dass mit der Streichung des Zuschusses auch gleich die Gebrauchsdauer von zwei auf drei Jahre hinaufgesetzt wurde, halte ich für sehr bedenklich.

Wen trifft es, wenn die Krankenversicherungsbeiträge um 0,1 Prozent erhöht werden? Wen trifft es, wenn die Rezeptgebühren ein weiteres Mal erhöht werden, und zwar von 4,35 € auf 4,45 €? Wen trifft es, wenn den Ländern bei der Erhöhung des Spitals­beitrages, und zwar von 7,98 auf 10 €, freie Hand gelassen wird? (Zwischenrufe der


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Bundesräte Weilharter und Dr. Böhm.) Wen trifft es, wenn Sie den Brillenzuschuss streichen? – Es trifft immer wieder die Ärmeren!

Meine Damen und Herren! Als Resümee kann man sagen: Der Finanzausgleich ist in seinen Grundzügen in Ordnung, er wird allerdings durch die Mindereinnahmen der Steuerreform wieder verwässert.

Der Stabilitätspakt belastet in der vorliegenden Form, weil er die finanziellen Spiel­räume der Gemeinden gewaltig einengt oder sie ihnen überhaupt nimmt. Das Gesund­heitspaket finanzieren sich die Bürgerinnen und Bürger selbst – auch da einseitig vor allem jene, die krank sind.

Alles in allem ist das wieder eine ganze Reihe von Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Das ist also das „Weihnachtsgeschenk“ der Bundesregierung an die Österreicherinnen und Österreicher! – Da können wir nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.20

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Hösele das Wort.

 


15.21

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kraml hat hier mit großer Verbalakrobatik versucht, einen Schleuderkurs seiner Partei nicht nachvollziehbarer zu machen, weil er „unnachvollziehbar“ ist. (Zwischenruf des Bundesrates Gruber.) – Ja, der Häupl versteht es nicht, der Schaden versteht es nicht, der Rieder versteht es nicht, alle verstehen es nicht. Ich lese Ihnen jetzt etwas vor. (Bundesrat Gruber: Der Hösele auch nicht!) – Ich verstehe es besser; der Herr Vizebürgermeister von Bad Gastein soll sich mit dem Bürgermeister von Salzburg ausmachen, wie das richtig ist.

In den „Salzburger Nachrichten“ vom 30. Oktober 2004 habe ich folgende Überschrift gefunden: „Die SPÖ-Bürgermeister Häupl und Schaden sind verbittert über Gusen­bauers Njet, Schaden für Umdenken des SPÖ-Parteipräsidiums“.

Dann hat Bürgermeister Schaden im ORF ein Interview gegeben, das Sie, vor allem wenn Sie das Ziel haben sollten, vielleicht im Jahr 2006 wenigstens als Juniorpartner wieder an einer Regierung beteiligt zu sein, doch ernst nehmen sollten. Ich zitiere Schaden:

„Ich stehe zu dieser Lösung, die ich mitausverhandelt habe und ich sage auch dazu, die SPÖ muss aufpassen, dass man ihr nicht die Fähigkeit zur Regierung abspricht. Regieren heißt Verantwortung zu tragen und das heißt auch manchmal unangenehme Entscheidungen mitzutragen. Das ist, glaube ich, auf allen politischen Ebenen jedenfalls eine Pflicht und eine Tugend, mit der nicht leichtfertig umgegangen werden soll.“ – Zu dieser Tugend bekennen wir uns! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kompromisse sind in einer verantwortungsvollen Politik notwendig. Es geht darum, gute und tragfähige Kompromisse zu schließen, nicht faule. Ein solch guter und tragfähiger Kompromiss ist unter allen Gebietskörperschaften in staatspolitischer Verantwortung für den Finanzausgleich 2005 bis 2008 erzielt worden. Erfreulicher­weise hat mein Vorredner auf die Verbesserungen für die Gemeinden und die Länder hingewiesen, sodass ich das hier jetzt nicht noch einmal wiederholen muss.

Ich möchte eines ganz besonders ansprechen: Es ist in Wirklichkeit eine Trendwende zu Gunsten der Länder und Gemeinden eingeleitet worden. Von 1997 bis 2003 stiegen


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die Anteile des Bundes von 70,2 auf 72,7 Prozent, während jene der Länder von 13,2 auf 12 Prozent und jene der Gemeinden von 16,6 auf 15,3 Prozent zurück­gegangen sind. Jetzt bekommen, wie schon ausgeführt worden ist, die Länder und die Gemeinden zusätzliche Finanzzuweisungen, einerseits für das Gesundheitswesen, andererseits insbesondere auch für die Landeslehrer. Ich möchte darauf hinweisen: Das ist ganz besonders wichtig für sonderpädagogische Maßnahmen und für Bun­desländer, die ihrer Topographie entsprechend Kleinschulen haben.

Ich möchte weiters darauf hinweisen, dass das Institut für Föderalismusforschung in seinem jüngsten Bericht, der letzte Woche publiziert wurde, eingangs zwar Folgendes festgestellt hat:

„Kritisch anzumerken ist, dass es wieder nicht gelang, eine bereits beim Abschluss des Finanzausgleiches 1997 – 2000“ – das wird noch unter einer SPÖ-geführten Regierung gewesen sein; die Verhandlungspartner des Bundes werden, ich nehme an, damals noch Vranitzky und Klima gewesen sein, weil das 1996 ausverhandelt wurde – „beab­sichtigte grundlegende Reform des österreichischen Finanzausgleiches umzusetzen. Angesichts der Budgetprobleme bei allen Gebietskörperschaften war eine Fortschrei­bung der oft kritisierten Zustände wohl der beste Kompromiss.“

Dann wird aber ganz ausdrücklich – und diese Schlussfolgerung möchte ich vorlesen – Folgendes festgehalten:

„Positiv ist anzumerken, dass der Finanzausgleich wiederum einvernehmlich zwischen den drei Ebenen Bund, Ländern und Gemeinden ausverhandelt werden konnte. Wenn auch keine grundlegenden Strukturreformen gelangen, so ist doch weiters positiv, dass der Trend der vergangenen Finanzausgleichsperioden, die Finanzmasse des Bundes zulasten der finanziellen Gestaltungsspielräume der Länder zu erhöhen, gestoppt wurde.“

Jetzt sage ich Ihnen ganz nüchtern: Die Steuerreform finanzieren sich die Bürger ohne­hin selbst, die müssen alle Gebietskörperschaften gemeinsam tragen. Ich kann es nicht nachvollziehen, wenn Länder und Gemeinden mehr kriegen, hier zu hören, dass die Gemeinden jetzt weniger kriegen. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.

Worüber ich gerne rede – längerfristig sollte auch darüber gesprochen werden –, ist, dass es natürlich ein Ziel sein müsste, den Finanzausgleich insgesamt transparenter zu gestalten. Es gibt die verschiedensten Überlegungen, ob man einen einheitlichen, fixen Prozentsatz des Gesamtsteueraufkommens für die Finanzausgleichspartner festlegen könnte, denn dann kann man sich die nachfolgenden Streitigkeiten, wer bei welcher Steuererhöhung oder bei welcher Senkung wie benachteiligt wird oder nicht, sparen. Das ist aber ein längerfristiges Prinzip.

Eine zweite Frage, die auch wichtig wäre anzusprechen, ist, ob es eine stärkere Aufgabenorientierung des Finanzausgleiches geben könnte. Dabei geht es insbeson­dere um die Bevölkerungszahl. Es gibt aber andere Spezialsituationen in Bundes­ländern, die größere Flächen aufweisen oder gewisse topographische Erfordernisse haben. Ich kann das natürlich auch für mein Bundesland ganz besonders unter­streichen; dafür möchte ich auch werben. Wir hatten in den letzten Jahrzehnten – ich will nicht genau orten, wieso das alles so ist; einerseits wird es mit den Problemen der damals verstaatlichten Grundstoffindustrie zusammenhängen, andererseits mit der Topo­graphie und mit gewissen infrastrukturellen Benachteiligungen des Südens Öster­reichs, die es im Verkehrswesen jahrzehntelang gegeben hat – eine schwierige wirt­schaftliche Situation in der Steiermark, die in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem Aufholprozess geführt hat, den wir gerne fortsetzen wollen. Da würde uns ein aufgabenorientierter Finanzausgleich sehr helfen.


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Auf Grund dieser strukturellen Problematik bekennt sich das Land Steiermark zwar ausdrücklich zum Finanzausgleich und zum Stabilitätspakt, wird ihn aber im Jahr 2005 nicht erfüllen können. Dies ist mehrfach auch den Vertretern des Bundes in den Verhandlungen mitgeteilt worden. Ich wiederhole dies heute, weil die Stimmen der fünf steirischen VP-Bundesräte dem Paket hier die Mehrheit bringen, insgesamt gibt es aber ein ganz klares Bekenntnis auch der Steiermark zum Stabilitätspakt und zum Finanzausgleich, weil der Finanzausgleich eine wesentliche Besserstellung für Länder und Gemeinden bringt.

Abschließend darf ich doch auf den Erfolg der stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik des Bundes mit einem kleinen ... (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Das wird man erst sehen!) – Das wird man nicht erst sehen, das ist jetzt österreichische Zeitgeschichte! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrat Konecny: Okay, diese Regierung ist Geschichte!) 1999, Herr Bundeskanzler Viktor Klima, mittlerweile nicht mehr in Österreich, und Herr Finanzminister Rudolf Edlinger, mittlerweile in der wohl­verdienten Politikerpension, ein im Altsystem Lebender ... (Bundesrat Gruber: Nur kein Neid, Herr Kollege!) – Ich habe keinen Neid. Herr Vizebürgermeister, ich habe wirklich keinen Neid! Wissen Sie, wo Österreich im Jahr 1999 beim Budgetdefizit, gemessen am Bruttonationalprodukt, war? (Bundesrat Gruber: Wer war mit in der Regierung? Die ÖVP! Sie sind ein Kindeswegleger!) Und wer war Finanzminister im Jahr 1997? 30 Jahre lang Finanzminister von der SPÖ, 30 Jahre lang Bundeskanzler von der SPÖ! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was war das Resultat? – 14. Platz in der EU, knapp die rote Laterne verfehlt, gerade noch vor Portugal!

Wo sind wir heute, 2004? – Bundeskanzler Schüssel, Finanzminister Grasser, Staats­sekretär Finz: Österreich ist auf dem siebten Rang! (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Wo wart ihr?) Und wo ist Deutschland? Wo ist Deutschland heute? – Damals war Deutschland vor uns unter Bundeskanzler Kohl, heute ist Deutschland weit hinter uns! (Bundesrat Prutsch: So ein Blödsinn!) Das ist ... (Bundesrat Schennach: Deutsche Wiedervereinigung!) – Die deutsche Wiedervereinigung ist eine große Sache, aber die würde ja starke Impulse bringen. (Bundesrat Gruber den Sitzungssaal verlassend –: Bei so viel Blödsinn kann man nur rausgehen!) – Ja, das kann ich mir schon vorstellen, aber man muss der Wahrheit ins Auge sehen können. Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreichs Wirtschaft weist seit Jahren ein höheres Wirtschaftswachstum als Deutsch­land aus, Österreich hat ein weit geringeres Budgetdefizit als Deutschland, Österreich hat sich in den letzten Jahren im EU-Ranking wesentlich verbessert. Das ist die große Leistung einer stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik unserer Bundesregierung, zu der ausdrücklich zu gratulieren ist. (Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger.)

In diesem Sinne werden wir dem heute vorliegenden Gesetzespaket gerne unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.30

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Meinung eines Redners mag als unrichtig ange­sehen werden, sie als „Blödsinn“ oder „Schande“ in Zwischenrufen zu bezeichnen, ist aber schon eine leichte Grenzüberschreitung. Ich bitte, darauf Rücksicht zu nehmen. (Bundesrat Konecny: Das muss von der ÖVP gekommen sein!)

Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker.

 


15.31

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Finanzausgleichsverhand-


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lungen sind ein schwieriges und komplexes Unterfangen. Ich stehe nicht an, hier zu sagen, es gibt tatsächlich auch ein paar Fortschritte.

Der erste Fortschritt, den ich in diesem neuen Finanzausgleichsgesetz sehe, ist, dass wichtige bestehende Bundesabgaben, wie zum Beispiel die Tabaksteuer, die Energie­abgaben, die Normverbrauchsabgabe, in gemeinschaftliche Bundesabgaben umge­wan­delt werden und zusätzlich ein einheitlicher Aufteilungsschlüssel eingeführt wird. Das halte ich wirklich für einen großen Fortschritt.

Ein Positivum an dem Ganzen ist auch, dass Möglichkeiten geschaffen worden sind, mit denen man die interkommunale Zusammenarbeit vorantreibt. Dadurch ist es mög­lich, Effizienzkriterien bei Betriebsansiedelungen zu forcieren. Das ist ein wesentlicher Bereich, der auch zur Überwindung des Kirchturmdenkens führen wird.

Herr Kollege Hösele, Sie haben gesagt, man muss der Wahrheit ins Auge schauen, die Wahrheit sei den Menschen zumutbar. Manche Bereiche sind aber eine Zumutung. Der erste Bereich, den Sie so löblich hervorgehoben haben, waren die 12 Millionen € mehr für die Landeslehrer und -lehrerinnen und für die Abdeckung des sonderpäda­go­gischen Förderbedarfes. Das halten wir Grüne für zu wenig, beziehungsweise ist die Regelung ja wirklich ein Armutszeugnis, nämlich zuerst Wochen und Monate zu verhandeln, ob denn die Lehrer zur Gänze in die Landesverwaltung übergehen oder nicht, und das Ergebnis ist wiederum eine Fortschreibung der bestehenden Lage.

Eine grundsätzliche Anmerkung, Herr Hösele – das haben Sie ja auch kurz angezo­gen, aber dann vernachlässigt, weiter auszuführen –, zum Thema, dass man nicht eine grundsätzliche Reform angegangen ist, nämlich tatsächlich einen aufgabenorientierten Finanzausgleich durchzuführen. Das ist eigentlich einer unserer Hauptkritikpunkte in diesem ganzen Bereich, insbesondere das Zusammenführen von Ausgaben-, Aufga­ben- und Einnahmenverantwortung. Die Regierung war auch bei diesem Finanzaus­gleich wieder säumig, und so, wie es derzeit ausschaut, wird auch der Konvent da nicht wirklich etwas ändern, was wir sehr bedauern.

Dass bei diesen Finanzausgleichsverhandlungen viel verschleppt worden ist, ist ja auch daran zu merken, dass wir eine neue Periode haben – und schon ist die nächste Arbeitsgruppe eingerichtet, die wieder über Änderungen verhandeln und beraten soll.

Ein wesentlicher Punkt, ein Punkt, den ich für einen zentralen für die Medien- und Werbewirtschaft halte, ist das Thema der Werbeabgabe. Kollege Kneifel ist offenbar bei Tisch, die Frau Präsidentin Zwazl ebenfalls, aber eine Sache, die sich besonders die ÖVP und der Wirtschaftsbund immer anheften, möchte ich doch erwähnen. Was ist passiert? – Die Werbeabgabe wurde nicht abgeschafft. Das ist ein ganz, ganz großer Nachteil für die Medien- und Werbewirtschaft. Die Neugestaltung des abgestuften Be­völ­kerungsschlüssels kommt Gemeinden unter 10 000 Einwohnerinnen und Einwoh­nern zugute. Das ist der eine Teil. Aber was ist mit den größeren Gemeinden, die in der Regel das wesentliche und essentielle ökonomische, bildungspolitische sowie kulturpolitische Zentrum in den Regionen sind? – Wir halten es für einen Nachteil, dass man die größeren Gemeinden nicht wirklich stärkt!

Dieser Finanzausgleich orientiert sich sehr maßgeblich wieder am Ausgleichsprinzip. Unsere Vorstellungen sind jedoch, dass er sich genauso am Aufkommens- und Be­darfs­prinzip orientiert, damit auch entsprechend allokationspolitische und stabilitäts­politische Ziele, auch im Sinne der Konjunkturstabilisierung, tatsächlich realisiert wer­den können. Insoferne werden wir TOP 18 in dieser Form nicht zustimmen können.

In Bezug auf das Familienlastenausgleichsgesetz, in Bezug auf diese Änderungen, die unter TOP 19 vorgesehen sind, habe ich heute schon ausgeführt, dass es nicht mög­lich ist, dass wir dazu unsere Zustimmung erteilen, und zwar auf Grund dessen, dass


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da das große Paket der Gesundheitsreform quasi hineingepackt ist, der wir nicht zustimmen können, weil wir glauben, dass sie einige sehr unsoziale Maßnahmen inkludiert.

Bei TOP 20, Herr Kollege Hösele, haben Sie die stabilitätsorientierte Budgetpolitik so sehr gelobt. Diese stabilitätsorientierte Budgetpolitik kann man diskutieren, auch die Konvergenzkriterien, aber ist das denn alles, was wir an Preisstabilität, Zinsniveau und Währungsstabilität haben, oder gibt es auch noch andere Bereiche, die wir brauchen, außer der Haushaltsdisziplin? Das sind Kriterien, an denen sich Wirtschaftspolitik orientieren soll, und ich denke, dass auch auf europäischer Ebene die Diskussion be­treffend die Erweiterung der Konvergenzkriterien begonnen hat. (Bundesrat Dr. Böhm: Ändern Sie die EU-Kriterien! Sie waren ja so für die EU!)

Darum ist es auch ein zentraler Punkt, dass die Stabilitätsbereiche, die hier wieder beschlossen worden sind, für uns einerseits zu kurz greifen. Andererseits halte ich das, was jetzt beschlossen worden ist, für sehr wichtig, weil es dem Wahlzyklus der lau­fenden Periode dient. Bis 2006 wird sich das gut ausgehen, wenn die Regierung so lange hält. (Staatssekretär Dr. Finz: Keine Sorge!) – Ich glaube, sorgen müssen Sie sich, nicht ich mich, da braucht man nur zuzuschauen. Aber wie auch immer.

Der Punkt ist, dass 2008 – und verschiedene Experten belegen das auch – massive Sparpakete auf uns zukommen werden. Daher ist das ein heikler Bereich, dem wir in dieser Form nicht näher treten können.

Was wir uns gewünscht hätten, wäre eine generelle, grundsätzliche Diskussion der Kriterien bei einem neuen Finanzausgleichsgesetz, was wir jedoch absolut vermissen. Herr Staatssekretär, vielleicht ist das auch die Aufgabe, das beim nächsten Finanz­ausgleich weiterzuverhandeln. Vielleicht kann man diesem Prinzip wirklich einmal näher treten, da es ja auch von verschiedenen anderen Vertretern Ihrer Fraktion oder der Sozialdemokraten oder auch der freiheitlichen Fraktion immer wieder genannt wird, um tatsächlich einen langfristig ausgerichteten Ausgleich der Länder und Gemeinden zu finden. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.39

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm das Wort.

 


15.39

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Lichtenecker! Wir wollen natürlich das Land mit der besten Sicherheit sein, wir wollen das Land mit den höchsten Sozialleistungen sein, wir wollen das Land mit Vollbeschäftigung sein, wir wollen besonders international ganz vorne sein – aber all das wird sich ohne Geld nicht machen lassen.

Die Geldvermehrung funktioniert allerdings nicht parallel zu euren Wünschen, und das ist halt das Problem! (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Effizienter einsetzen! – (Bundes­rat Konecny: Gemeinden fördern statt Abfangjäger kaufen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nun einmal so auf der Welt: Mit 31. Dezember 2004 läuft der bisherige Finanzausgleich aus, und wir sollten sehr froh sein, dass die Bundesregierung und die Landeshauptleute mit den Finanzreferenten, mit dem Städtebund und dem Gemeindebund eine Einigung zum Finanzausgleich gefunden haben, der eine einigermaßen – ich sage jetzt „einigermaßen“, denn ich bin mit vielem auch nicht einverstanden – gerechte Möglichkeit für die österreichische Zukunft darstellt.


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Ziel für Bund, Länder und Gemeinden ist es, einen gesamtstaatlichen ausgeglichenen Haushalt zu ermöglichen. Große Sorgen, meine Damen und Herren, machen etwa die Krankenanstaltenfinanzierung und die Landeslehrerkosten beziehungsweise die Er­trags­anteile der Gemeinden. Ich glaube, die Bundesregierung hat sich unter Bei­behaltung der Maastrichtkriterien sicherlich sehr bemüht, in diesem Rahmen für die Zukunft einigermaßen Ordnung zu halten. Ziel wird es sein, im Gesundheitswesen eine Ausgabenreduktion zu ermöglichen. Es wird eine Erhöhung der Höchstleistungs­bei­träge in der Krankenversicherung kommen. Ferner wird es eine Erhöhung der Tabaks­teuer und eine Erhöhung des Spitalkostenbeitrages geben. Außerdem wird der Ersatz für Landeslehrer fortgeführt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind ja einige Bürgermeister unter uns, und ich glaube, wir sollten uns einmal freuen, dass es zum ersten Mal seit 1948 mög­lich war, dass die Gemeinden, und zwar die kleinen Gemeinden, etwas mehr bekom­men. (Bundesrat Schennach: Klein! – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Und was ist mit den großen Gemeinden?) Dennoch ist das sehr interessant. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Herr Kollege! Bagatellisieren wir die Kleinen nicht! Kollege Schennach! Es gibt in Österreich 2 359 Gemeinden, und davon werden immerhin 2 286 profitieren. Wa­rum? – In diesen 2 286 Gemeinden mit unter 10 000 Einwohnern leben 4 531 671 Menschen, die bisher nur Nachteile hatten. Sie hatten bisher nur die Hälfte! Was ein Wiener wert ist, ist aber auch einer in den Provinzen und den Gemeinden wert! (Bundesrat Konecny: Wien ist eine Gemeinde und ein Land, das wissen Sie ganz genau, und daher können Sie so nicht rechnen! Das ist Unfug!)

Herr Kollege Konecny! Seit 1948 wurde dieser Nachteil der kleinen Gemeinden immer wieder prolongiert. Die SPÖ hat sich noch nie darum gekümmert, obwohl ihre Bürger­meister Sturm gelaufen sind! Das kann ich als Kärntner sagen: Wir haben einen SPÖ-Gemeindebundchef, der sich um die Gemeinden bemüht, aber er rennt an, und zwar bei den Sozialisten und in erster Linie bei Bürgermeister Häupl. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich freue mich aber auch, dass die Sockelbeträge angehoben wurden, und zwar von 102 S oder 7,44 € im Jahr 2000 auf 72,66 € im Jahre 2004. (Bundesrätin Bachner: Das ist zu wenig!) Das sind kleine Schritte, aber wir von den Gemeinden haben dafür auch Verständnis. Es ist aber auch so, dass der Vervielfacher gemäß § 10 des Finanz­ausgleichsgesetzes bisher für 10 000 Einwohner 1 1/3 betrug, für 10 000 bis 20 000 Einwohner 1 1/2 , für 20 000 bis 50 000 2 und für Gemeinden mit 50 000 Ein­wohnern 2 1/3. Das hatte zur Folge, dass wir bisher in den Gemeinden die ent­sprechenden Probleme hatten und einfach nicht mehr in der Lage sind, unsere Infrastruktur zu erhalten. Allein in Österreich haben wir ein ländliches Wegenetz von über 100 000 Kilometern in Gebieten, in denen Menschen wohnen, und die Abwan­derung beträgt bis zu 17 Prozent.

Bürgermeister Häupl war auch bei diesem Finanzausgleich nicht kompromissbereit. Er war der Härteste und ist für die Probleme der Stadt Wien beziehungsweise für die großen Städte sehr stark in die Bresche gesprungen. So können wir in Österreich nicht Politik machen! Wir wollen die Menschen im ländlichen Bereich, nämlich dort, wo sie geboren sind, halten, denn dort machen wir auch unsere Fremdenverkehrspolitik und haben unsere Fremdenverkehrseinnahmen, und letzten Endes soll doch auch unsere wunderschöne Natur erhalten bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Konecny.) Selbstverständlich auch die Arbeitsplätze!


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Daher ist es das Ziel der Bundesregierung – und vor allem der FPÖ-Beteiligung an dieser Regierung –, dass jeder Österreicher, ganz gleich, wo er in Österreich behei­matet ist, gleich viel wert ist. Wir sollten, glaube ich, Dank aussprechen, und ich stehe nicht an, heute als Bürgermeister hier zu sagen: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war endlich möglich, die Tür etwas aufzumachen. Aber es müssen weitere Schritte folgen, denn wir können nicht stehen bleiben, sondern müssen darauf schauen, dass die Situation der Problematik angepasst wird.

Lieber Kollege Kraml! Wenn du glaubst, dass wir kein Weihnachtsgeschenk für die Österreicher haben ... (Zwischenruf des Bundesrates Kraml.) Aber erstmals wird dies eines sein, lieber Kollege! Du bist lange genug Bürgermeister und Vize, du kennst die Sorgen, du weißt, wie es in den Gemeinden ausschaut! Akzeptieren wir das! – Das sollte man auch sagen. (Bundesrat Gruber: Ich weiß aber auch, wie es um die Infrastruktur in den Bezirken und Landeshauptstädten steht!) Das wissen wir auch! Wir haben das 1945 gewusst, als die Städte „auf dem Boden“ waren. Aber wir haben heute kein Verständnis mehr dafür, dass die großen Unterschiede beibehalten werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Liebe Kollegen! Ich habe versucht, einige Dinge ins richtige Lot zu rücken, damit die Bun­desregierung weiß, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Und ich möchte die Bundesregierung heute ersuchen, diesen Weg fortzuschreiten.

Aber man kann ja machen, was man will, liebe Kollegen von der SPÖ und von den Grünen: Ihr seid fast immer dagegen! (Bundesrat Schennach: Was?) Ich habe gesagt: Ihr seid fast immer dagegen! (Bundesrat Schennach: Wollen Sie jetzt eine tatsäch­liche Berichtigung?) Ja, da kann man eine Berichtigung machen! (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Sie müssen noch Abbitte tun!)

Liebe Kollegen! Frau Lichtenecker! Wir wollen – wie ich eingangs gesagt habe – ein Österreich schaffen, wo sich alle wohl fühlen, wo es einen entsprechenden Wohlstand gibt und wo wir glücklich sind. Wir wollen letzten Endes Politik für alle Menschen machen, und zwar für alle gleich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Und warum tun Sie das nicht?)

15.48


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Finz das Wort.

 


15.48

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Mein sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Diesem Finanzausgleichsgesetz, das wir heute hier zu behandeln haben, ist natürlich ein Paktum vorangegangen, welches unter anderem von Vizebürgermeister Rieder, von Landesfinanzreferenten Pfeifenberger, von Bürgermeister Schaden vom Städtebund und von Präsidenten Mödlhammer vom Gemeindebund unterzeichnet wurde. – Es muss dies also ein gutes Ergebnis sein!

Für Wien ist es ein speziell gutes Ergebnis. Wien bekommt zwar nicht als Gemeinde etwas dazu, aber im Rahmen der 100 Millionen für die Länder bekommt Wien im­merhin – ohne Landeslehrer gerechnet – um 19, 2 Millionen mehr. Aus diesem Grund konnte Vizebürgermeister Rieder dem Ganzen sehr wohl seine Zustimmung geben. (Zwischenruf des Bundesrates Gruber.)

Es wird immer wieder betont – und Herr Bundesrat Kraml hat das heute auch getan –: Die Gemeinden und die Länder mussten sich an der Steuerreform beteiligen. – Sehr wohl mussten sie das, denn sie sind ja auch die Nutznießer! Wenn wir auf Grund dieses attraktiven Steuerpaketes den Wirtschaftsstandort absichern, neue Unterneh­men anlocken und auf Grund der Gruppenbesteuerung Konzernzentralen hierher kommen, wer bekommt denn dann eine höhere Kommunalabgabe? Wer ist denn auf


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Grund des Anteils an den besseren Lohnsteuern, weil es mehr Beschäftigte und attraktive Beschäftigungsplätze bei Konzernzentralen gibt, mit beteiligt? Man kann doch nicht nur die Einnahmenseite sehen und an der Ausgabenseite nicht beteiligt sein! (Zwischenruf des Bundesrates Gruber.)

Herr Bundesrat! Sie haben gesagt, dass Sie sich maßgeblich beteiligt haben. – Lassen wir alles im Stall, und schauen wir, wie es wirklich ist! Ab 2007 wirkt die Steuerreform dann nachhaltig mit den gleichen Beträgen. Das sind 3 Milliarden €. Von diesen 3 Milliarden € tragen der Bund 1,9 Milliarden, die Länder 734 Millionen und die Gemeinden 414 Millionen; die Anteile des Bundes betragen somit 62,3 Prozent, die der Länder 24,1 Prozent und die der Gemeinden 13,6 Prozent. Wer trägt also den maßgeblichen Anteil? – Weit mehr als die Hälfte trägt der Bund, und diese Reform kommt allen zugute!

Es ist heute noch nicht alles erwähnt worden, und darum ist es wichtig, dass man das nochmals wiederholt: Der Stabilitätspakt sieht vor, dass es 2008 wieder ein ausge­glichenes Budget gibt. Frau Bundesrätin! Daher gibt es auch kein neues Belastungs- oder Sparpaket, so wie es in der Vergangenheit der Fall war. Wir erreichen „close-to-balance“ wieder im Jahr 2008.

Im Gesundheitswesen sind Mehreinnahmen zur Erhaltung unseres Spitzenplatzes in diesem Bereich vorgesehen. Es war allerdings – das möchte ich betonen – eine Länder- und Gemeindeforderung, dass diese Mehraufwendungen dort finanziert wer­den, und daher war es auch gerechtfertigt, dass wir hier ein gemeinsames Paket machen.

Zu den Landeslehrern möchte ich sagen, Frau Bundesrätin, dass man dabei berück­sichtigen muss, dass die Schülerzahl geringer wird. (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.) In zehn Jahren verlieren wir 100 000 Schüler, trotzdem behalten wir den gleichen Schlüssel bei und haben noch 12 Millionen dazugegeben. (Bundesrat Gruber: Vielleicht wirkt sich das positiv auf PISA aus!)

Zur Kritik der Gemeindefinanzierung: Wir hätten auch gerne einen aufgabenorientierten Bevölkerungsschlüssel. Daher haben wir beim letzten Finanzausgleich im Paktum mit dem Städtebund und Länderbund vereinbart, dass uns ein Modell für einen neuen, aufgabenorientierten Bevölkerungsschlüssel vorgelegt wird, denn das ist in erster Linie Aufgabe der Städte und Gemeinden.

Ich kann Ihnen den Brief einmal zukommen lassen: 14 Tage vor Beginn der Finanz­ausgleichsverhandlungen haben uns Bürgermeister Häupl seitens des Städtebundes und Präsident Mödlhammer seitens des Gemeindebundes ein Schreiben geschickt, in dem sie uns mitteilen, dass sie sich nicht auf einen aufgabenorientierten Bevölkerungs­schlüssel einigen konnten. – Das war die Hausaufgabe, die sie zu erledigen gehabt haben.

Daher haben wir wenigstens irgendetwas gemacht, und immerhin kommen vom Betrag von 100 Millionen € nicht nur den Gemeinden bis 10 000 Einwohner in Summe 80,5 Millionen zugute, sondern der Rest kommt allen Gemeinden zugute, sodass es auf Grund dieses Finanzausgleiches keine Verlierergemeinden gibt. Da hat es schon Briefe von den SPÖ-Bürgermeistern gegeben, dass alles umsonst gewesen sei, und zu vielen Aussendungen gab es Beilagen, dass sie Verlierer sind. – Es hat aber niemand verloren, sondern alle haben gewonnen!

Einen Punkt sollte man auch erwähnen: Es hat sich sehr wohl etwas weiterentwickelt: Ab dem Jahr 2005 gibt es einen gemeinschaftlichen Schlüssel, nach dem die Ertrags­anteile für die Länder und Gemeinden berechnet werden. Im Hinblick auf den Vorwurf,


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dass wir uns quasi die Zuckerstückchen heraussuchen und dort erhöhen, wo wir praktisch 100 Prozent Abgabenerfolg haben, möchte ich daher sagen: Diesen Vorwurf kann es nicht mehr geben, weil es in Zukunft nur mehr einen einheitlichen Aufteilungs­schlüssel geben wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Außerdem wurden die Gemeinden ermächtigt, Vereinbarungen über eine Teilung des Ertrages aus der Kommunalsteuer zu treffen. Das ist schon ein richtiger Schritt in Richtung Regionenfinanzierung. Das bisherige Modell entspricht heute nicht der Bevöl­kerungsentwicklung. Wenn Sie sich das anschauen, dann sehen Sie um die Städte herum Großräume. Die Gemeinden und Städte wachsen in eine Region zusammen, und daher muss da heute auch gemeinsam finanziert werden.

Ferner möchte ich erwähnen, dass die Parkometerabgabe eine ausschließliche Ge­meindeabgabe in Form der freien Beschlussrechtsabgabe wird.

Weitere abgabenrechtliche Themen der Gemeindefinanzierung werden in einer Arbeitsgruppe beraten. In diesem Zusammenhang wird auch die Möglichkeit der Ab­schaffung der Werbeabgabe untersucht. Das haben wir noch nicht aufgegeben. Es geht aber nicht an, dass Herr Bürgermeister Häupl vor Kongressen der Werbewirt­schaft sagt, dass er für eine Abschaffung ist, zur gleichen Zeit aber durch seinen Vizebürgermeister und Chefverhandler ausrichten lässt, dass die Zustimmung dazu nur erfolgt, wenn der Bund das zu 100 Prozent ersetzt. Das ist eine schöne Abschaffung, wenn es ein anderer bezahlen muss! Auf diesem Niveau werden wir sicherlich nicht weiterfahren!

Im Großen und Ganzen gratuliere ich aber dem Finanzausgleichspartner. Ich glaube, wir haben einen wirklich guten Finanzausgleich geschaffen. Letzterer kann natürlich nie für alle zufriedenstellend sein, es ist dies aber ein großer Schritt vorwärts, und zwar allen Unkenrufen zum Trotz, dass wir es nicht schaffen werden. Wir haben es, wie immer, auch hier geschafft! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.55

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Mag. Susan­ne Neuwirth das Wort.

 


15.55

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Redezeit ist leider heute ziemlich beschränkt, und weil ich zu den Leuten gehöre, die sich daran halten, muss ich es Ihnen ersparen – was Sie bestimmt sehr bedauern werden –, genau zu erklären, welche Rolle Herr Bürgermeister Schaden in diesen Finanzverhandlungen als Vorsit­zender des Städtebundes eingenommen hat. Vor allem Herr Kollege Hösele wird das vermutlich sehr bedauern! (Bundesrat Gruber: Er kapiert das sowieso nicht!) Ebenso muss ich Ihnen leider ersparen, die Situation in Deutschland nach der Wieder­ver­einigung zu erklären, denn das würde heute meine Redezeit bei weitem sprengen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm.)

Ich kann natürlich auch bei Kohl beginnen, Herr Kollege; Sie beginnen ja auch immer gerne irgendwann in der Vergangenheit! (Bundesrat Dr. Böhm: Unter Kohl war es besser!) Ich beschränke mich heute jedoch auf die Rolle der Länder, denn das ist eigentlich das, was wir hier zu vertreten haben.

Herr Staatssekretär! Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass Sie es zum Schluss dann doch geschafft haben. Das stimmt! Es waren allerdings diesmal insgesamt acht


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Verhandlungsrunden nötig, um zwischen den Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden diesen Abschluss des Finanzausgleiches herzustellen.

Es ist auch bereits darauf hingewiesen worden, dass es nicht gelungen ist, eine schon bei den letzten Finanzausgleichsverhandlungen angestrebte grundlegende Reform des österreichischen Finanzausgleiches zu Stande zu bringen; dies deshalb – so darf ich es darstellen –, weil es in allen Gebietskörperschaften gravierende Budgetprobleme gibt. Die jetzt sozusagen erreichten Konsequenzen sind in vielen Bereichen nicht so zufriedenstellend, wie wir uns das wünschen würden, und sie stellen auch nur den kleinsten gemeinsamen Nenner dar. Hauptursache dafür ist, wie gesagt, neben der anhaltend schwachen Konjunkturlage auch die Budgetpolitik des Bundes.

Gerechtigkeit zu schaffen, sehr geehrte Damen und Herren, war für die Vergleichs­verhandlungen von Ländern und Kommunen das Ziel, das man sich gesteckt hatte, und dieses wurde bei weitem nicht erreicht, wenn auch in manchen Bereichen das Schlimmste abgewendet werden konnte, und um nichts anderes ist es eigentlich gegangen.

Wie hat das Ganze begonnen? – Zuerst wurde von Seiten des Finanzministers dafür Stimmung gemacht, dass Länder und Gemeinden gar nichts bekommen werden, und jetzt wird es als großer Erfolg verkauft, dass nun doch insgesamt 212 Millionen auf Länder und Gemeinden aufgeteilt werden. (Bundesrat Dr. Böhm: Na ist das schlecht?) Es ist zu wenig, Herr Kollege! (Bundesrat Dr. Böhm: Es ist immer zu wenig!)

Herr Kollege Kraml hat schon darauf hingewiesen, dass zum Beispiel die Mittel der Wohnbauförderung gefährdet waren, und es ist allein ein Verdienst der Verhandler der Länder, dass die Höhe der Wohnbauförderung unverändert mit 1,8 Millionen € fest­geschrieben wurde. Wenn es nämlich um die Wohnbauförderung geht, Kolleginnen und Kollegen, dann wird von Seiten des Finanzministers immer nur die budgetäre Seite gesehen. Dabei wird völlig übersehen, dass Wohnbauförderung nicht nur ein wesent­liches Instrument der Sozialpolitik ist, sondern auch ein wichtiges Steuerungs­instru­ment für die Integrationspolitik, für die Wirtschaftspolitik, für die Raumordnung und natürlich auch für Umweltfragen. Eine Kürzung dieser Mittel wäre fahrlässig und ist glücklicherweise abgewendet worden.

Sie haben darauf hingewiesen, Herr Staatssekretär, dass in Zukunft, ab 2007, der Bund die Hauptlast der Steuerreformen der letzten Jahre und auch des nächsten Jahres tragen wird. Wer aber hat bislang die Hauptlast getragen? – Das waren nämlich auch wieder die Länder und Gemeinden! Mehreinnahmen an neuen Steuern sind ausschließlich dem Finanzminister zugeflossen, und dabei ging es insgesamt um nicht weniger als 2,1 Millionen € im Jahr.

Es sind auch die Länder – und das möchte ich heute als Ländervertreterin hier aus­drücklich betonen –, die ausgerechnet für jene gesellschaftlichen Bereiche zuständig sind, in denen die Kosten in den nächsten Jahren weiter steigen werden, also die Bereiche Gesundheit, soziale Absicherung und Mobilität. Die Kosten für die Kranken­anstalten wachsen auf Grund des medizinischen Fortschritts und des Anteils an älteren Menschen überproportional, das wissen wir. Nicht nur in Salzburg übersteigen die Kosten der Spitäler seit einigen Jahren die vorgesehenen Beiträge der Sozialver­siche­rungen. Über die Finanzierung dieses Spitalspaketes, dieses Gesundheitspaketes ha­ben wir allerdings – ich werde jetzt nicht mehr in die Details gehen – ganz andere Vorstellungen als die, die heute hier beschlossen werden.

Ich möchte auch ein Wort zur zunehmenden Motorisierung sagen. Diese erhöht nämlich den Druck auf einen leistungsfähigen Nahverkehr – das ist heute noch nicht erwähnt worden –, und zwar dann, wenn man den Dauerstau – und den kennen wohl Sie alle, insbesondere wenn Sie herein nach Wien fahren – verhindern will. Leider zieht


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sich der Bund aus diesen Kofinanzierungen immer mehr zurück. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Ganz aktuell will jetzt der Bund von der Stadt Salzburg, dass wir in der Stadt die S-Bahn-Haltestellen übernehmen, die eigentlich Bundesangelegenheit sind. Um ein weiteres Beispiel aus dem Bereich Flachgau zu erwähnen: Dort wird auch der Flachgautakt für Pendler vom Bund mit immer weniger Mitteln bezahlt.

Wenn wir also über den Anteil der Länder am Finanzausgleich reden, dann reden wir in Wirklichkeit über Gesundheitsvorsorge, wir reden über soziale Absicherung, und wir reden über Mobilität. Wer hier immer weiter kürzt, gefährdet die Grundversorgung gerade der Bevölkerung, die auch die Steuern für diese Bereiche zahlt.

Ein Wort noch zum Stabilitätspakt: Unserer Meinung nach wird hier Geld umverteilt, ja – aber in die falsche Richtung, nämlich auf Kosten der Länder und Gemeinden, Herr Staatssekretär, die längst nicht das hereinbekommen, was sie in den letzten Jahren verloren haben und was sie mit der kommenden Steuerreform verlieren werden! Mit diesem Stabilitätspakt wird auch Geld hinausgeworfen, insofern, als Millionenbeträge an große Konzerne gehen, aber die kleinen Unternehmen natürlich nichts davon haben. Einer solchen Umverteilung werden wir selbstverständlich nicht zustimmen können. (Bundesrat Ing. Kampl: Zweckgebunden!)

Die Kommunen verlieren österreichweit durch die Steuerreform bereits 2004 64 Mil­lionen im Jahr, ab dem Jahre 2005 werden es 400 Millionen € sein. Für das Bundes­land Salzburg sind es 22,3 Millionen €. Allein die Stadt Salzburg muss zirka 8 Millionen im Jahr einsparen; sie bekommt durch das, was jetzt verhandelt wurde, 900 000 € heraus. Das ist bei weitem nicht das, was wir brauchen würden, denn – um Ihnen nur drei Beispiele im Vergleich zu nennen –: Was bedeuten 8 Millionen weniger? – 8 Millionen sind das gesamte Radwegebudget einer Stadt wie Salzburg; es würde bedeuten, drei Kindergärten bauen zu können; oder es entspricht dem gesamten ÖV-Angebot für ein Jahr.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist zwar gelungen, in den Finanzaus­gleichs­verhandlungen für Länder und Gemeinden das Schlimmste abzuwenden und zumin­dest einigermaßen Rechtssicherheit für die nächsten Jahre herzustellen. Insgesamt aber ist der Budgetpolitik des Bundes ein schlechtes Zeugnis auszustellen. Deshalb können wir heute auch dem Gesamtpaket unsere Zustimmung nicht erteilen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.03

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile ihm das Wort.

 


16.03

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der vorliegenden 15a-Vereinbarung zur Finan­zierung des Finanzausgleiches und des Gesundheitspaketes ist natürlich ein direkter Zusammenhang gegeben. Es handelt sich tatsächlich um eine der schwierigsten Materien, und sie wurde in einem für alle Betroffenen zuträglichen Maß, denke ich, sehr positiv umgesetzt. Die Rahmenbedingungen für die Länder und Gemeinden wur­den verbessert, und es ist gelungen, in finanziell schwierigen Zeiten mehr Mittel einzusetzen. Im Gesundheitswesen werden dadurch dringend notwendige Struktur­reformen angegangen.

Die wesentlichen Bereiche des Finanzausgleiches sind das Gesundheits-Struktur­paket, die Stärkung finanzschwacher Gemeinden und der Stabilitätspakt; Letzterer ist uns allen bekannt und ein für mich wesentlicher Bereich. Ich möchte nochmals darauf zurückkommen, weil ich hier meinem Bundesratskollegen Einwallner aus Vorarlberg


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noch eine Antwort schuldig bin, und zwar bezüglich der Finanzierung der Kranken­anstalten sowie die Schaffung ... (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) – Es ist einige Minuten her, lieber Kollege Schennach; ich werde das dann noch erläutern, wenn es gestattet ist. (Bundesrat Schennach: Bitte!) – Danke!

Die Schaffung einer Bundesgesundheitsagentur sowie auf Länderebene die Organi­sation von Landesgesundheitsfonds nach dem Vorarlberger Beispiel ist, glaube ich, nicht ausreichend diskutiert worden. Das Vorarlberger Beispiel wird also übernommen. Das Gesundheitssystem der Zukunft muss „ein vernetztes sein oder es wird unter­gehen“, lautet ein Zitat von Professor Dr. Günter Hennersdorf. Dieses Zitat ist einer der Leitsätze des Modellprojektes Vorarlberger Gesundheitssystem.

Um Qualität, Quantität und Finanzierbarkeit unseres Gesundheitssystems erhalten zu können, war eine Strukturreform unerlässlich. Unser Landesrat Dr. Hans-Peter Bischof, Arzt und Visionär im Gesundheitswesen, hat dazu als einen der Lösungsansätze das Modellprojekt des „Vorarlberger Gesundheitsfonds“ entwickelt. Dabei soll es zu einer deutlichen Effizienzsteigerung an der kosten- und konfliktträchtigsten Schnittstelle Extramural/Hospitär kommen. Das Grundsatzmotto lautet: „Ganzheitlich planen – aus einem Guss finanzieren“. Im Mittelpunkt aller Überlegungen muss aber der Patient stehen, der sich darauf verlassen kann, ja muss, dass ihm im Bedarfsfall die best­mögliche medizinische Behandlung und Betreuung zur Verfügung steht, denn wer krank ist, muss sich auf den sicheren Schutz der Solidargemeinschaft in Form eines hochwertigen und effizienten Gesundheitssystems verlassen können.

Das entscheidende Handicap im derzeitigen System stellt das Problem dar, dass in den Bereichen Krankenhäuser und niedergelassene Versorgung völlig getrennte Ver­antwortlichkeiten bestehen. Dadurch wird in vielen Fällen die durchgängige Patienten­betreuung behindert und ein guter Nährboden für Kosten treibende Doppelgleisigkeiten gefördert. Vor allem das duale Finanzierungssystem verursacht eine ausgeprägte Schnittstellenproblematik, was zu einem weiteren Verlust an Effizienzpotenzial führt, das von Experten auf insgesamt bis zu 20 Prozent geschätzt wird.

Grundsätzlich ist Wert auf die Tatsache zu legen, dass es beim Vorarlberger Pilot­projekt nicht primär darum geht, für das Gesundheitswesen weniger Geld auszugeben, sondern die vorhandenen Mittel noch besser einzusetzen. Durch diese innere Ein­sparung frei werdende Mittel können für neue Herausforderungen wie die demo­gra­phische Veränderung der Gesellschaft und kostenaufwendige neue medizinische Ver­fahren zur Verfügung gestellt werden.

Der Vorarlberger Gesundheitsfonds basiert vorerst auf einer freiwilligen Vereinbarung zwischen allen wesentlichen Partnern: Land, Gemeinden, Bund, Hauptverband, Träger der sozialen Krankenversicherung und Ärztekammer. Damit hat sich das Projekt als richtiger Wegweiser zur Reform des Gesundheitswesens nach intensiver Überzeu­gungsarbeit durchgesetzt. Die nun vorliegende, neue Vereinbarung übernimmt im Wesentlichen das Vorarlberger Modell, und da kann ich dem Bundesministerium nur gratulieren zu seinem Weitblick und seinem Reformwillen, neue, praktikable Systeme einzuführen.

Also: Von einem nicht funktionierenden Vorarlberger Fonds oder gar von einer Aus­sage des Landesrates Bischof in diese Richtung habe ich, lieber Herr Bundesrat Einwallner, nichts gehört! Das muss ich in aller Entschiedenheit zurückweisen. Das Vorarlberger Modell ist ein Vorzeigemodell, eines, das vom Bund übernommen worden ist, und deshalb hat es auch entsprechendes Lob und entsprechende Anerkennung verdient.

Es wird mit den Gesundheitsplattformen auf Landesebene und mit der Gesund­heitsagentur auf Bundesebene erstmals in Österreich Instrumente zur gemeinsamen,


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sektorübergreifenden Planung und Steuerung der Finanzmittel für Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte geben, an denen sich Länder und Sozialversicherungen gleichermaßen verbindlich beteiligen.

Wichtig für die Länderinteressen in diesem Bereich, bei diesen Agenturen, ist auch die Tatsache, dass die Länder im Kernbereich der Krankenanstalten, genauso wie die Sozialversicherung im Kernbereich der niedergelassenen Versorgung, in dieser Bundesagentur nicht überstimmt werden können. Die Landesgesundheitsplattformen werden zu gleichen Teilen von Land, Sozialversicherung und Bund besetzt, wobei Ärztekammer und Patientenanwaltschaft jeweils eine Stimme bekommen. Gesichert ist auch, dass sich erstmals Privatkrankenanstalten wie die Ordensspitäler an dieser Planung beteiligen können.

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz noch erwähnen, dass auch das Gesetz für die privaten Krankenanstalten, PRIKRAF, geändert wurde. Hier darf die Anmerkung nicht fehlen – die Frau Bundesministerin ist darauf eingegangen –, dass die Valo­risierung der Punktewerte für Privatkrankenhäuser rasch einer Lösung zugeführt wird.

Frau Kollegin Neuwirth! Bitte vergessen Sie nicht, jede Reform muss auch finanzierbar sein! Die Finanzierung der entsprechenden Systeme haben wir in den letzten Jahr­zehnten verabsäumt, deshalb haben wir auch derart gewaltige Probleme. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Mit dieser sozial ausgewogenen Reform sind alle Voraussetzungen gegeben, dass unser Spitalsystem finanzierbar bleibt. (Zwischenruf des Bundesrates Gruber.) Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben, auch Ihnen, Herr Kollege Gruber! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.10

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile ihr das Wort.

 


16.10

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich schließe mich gleich meinem Vorredner an: Auch bei mir geht es um die Gesundheit, allerdings in einer etwas anderen Form. Es geht mir um die Tabaksteuererhöhung. Ich habe an und für sich kein Problem damit, wenn meine Zigaretten jetzt um 30 Cent teurer werden und 2007 noch einmal um 30 Cent teurer werden. Das ist sicher nicht das Problem.

Das Problem, das ich sehe, ist, dass die Zigaretten zum Beispiel in Tschechien oder in der Slowakei ungefähr die Hälfte dessen kosten, was sie bei uns kosten. Das hat sich natürlich auch schon in den letzten Monaten ausgewirkt. Ausnahmsweise bringe auch ich einmal ein schlechtes Beispiel aus Deutschland: In Deutschland hat es ebenfalls eine Tabaksteuererhöhung gegeben, woraufhin die Einnahmen aus der Tabaksteuer im Vergleichszeitraum um 3,3 Prozent gesunken sind, einfach deshalb, weil die Leute die Zigaretten nicht mehr in Deutschland gekauft haben, sondern dazu ins Ausland gefahren sind.

Diesen Einkaufstourismus hat es bei uns Anfang der neunziger Jahre auch bei Lebensmitteln schon sehr intensiv gegeben. Das hat sich zum Glück gelegt. Bei den Zigaretten wird das bei einer derartigen Tabaksteuererhöhung sicher wieder zuneh­men. Die Frage ist eben, ob wir dann insgesamt nicht auch einen Einnahmenverlust verzeichnen werden.

Es hat die Wirtschaftskammer Österreich – Bundesgremium der Tabaktrafikanten – in einer Presseaussendung festgehalten:


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„Wenn der Politik die Aufrechterhaltung der Trafikenstruktur und des Tabaksteuer­aufkommens wichtig ist, muss sie rasch Ausgleichsmaßnahmen treffen: Wir brauchen eine noch konsequentere Bekämpfung des Tabakschmuggels und eine zumindest befristete Anpassung der Mindesthandelsspanne für Trafikanten, um die Folgen des Steuer- und Preissprungs abzufedern.“

Wie gesagt, das ist nicht meine Aussage, sondern eine Aussage von Herrn Peter Trinkl, dem Obmann des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten der Wirtschafts­kam­mer Österreich. Dieses Gremium hat auch Alternativen berechnet, wie bei annähernd gleichen Steuereinnahmen eine derartige Preiserhöhung kurzfristig verhindert werden könnte. Ich würde Sie bitten, dass Sie sich das vielleicht noch einmal anschauen, zumindest im Hinblick auf 2007 – denn wir beschließen hier auch die Erhöhung für 2007 –, und sich das bis dahin vielleicht noch einmal überlegt.

Ich sehe schon ein, Rauchen ist ungesund; ich sollte zumindest weniger rauchen. Aber es ist ganz sicher weder für die Wirtschaft noch für meine Gesundheit besser, wenn die Menschen die Zigaretten nicht mehr beim Trafikanten in Österreich, sondern im benachbarten Ausland kaufen, denn Trafiken sind – im Gegensatz zu Tankstellen, worüber wir das letzte Mal diskutiert haben – auch Nahversorger. Ich denke, das sollte nicht vergessen werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.13

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Weilharter das Wort.

 


16.13

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Der Erstredner, Kollege Kraml, aber auch Kollegin Neuwirth haben darüber Klage geführt, dass im Finanzausgleich alles zu wenig ist, sie wünschen sich für einzelne Gebietskörperschaften und einzelne Details mehr Geld.

Faktum ist, Geld ist leider immer zu wenig vorhanden. (Bundesrat Kraml: Schlechte Steuerpolitik!) Erinnern Sie sich doch daran, Kollege Kraml – Kollegin Neuwirth ist derzeit nicht im Saal –, es gab die Finanzminister Vranitzky, Klima, Edlinger; damals waren die Einnahmen noch etwas höher, aber Geld war auch zu wenig da, denn gerade in Ihrer Finanzverantwortung, als Sie die Finanzminister gestellt haben, haben Sie 2 400 Milliarden Schilling an Staatsschulden hinterlassen.

Meine Damen und Herren! Wenn der Finanzausgleich in einer Länderkammer debat­tiert und behandelt wird, so steht es, glaube ich, für alle Parteien außer Zweifel, dass es das Ziel ist und dass eben die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden das Ziel haben, einen gesamtstaatlichen Finanzausgleich zu erreichen, dessen Folge und Konsequenz ein ausgeglichener Haushalt ist. Es ist in der Vorlage auch ein Zeitrahmen bis 2008 vorgegeben. Ich frage Sie: Wer will das nicht? – Ich glaube, jeder, der Finanzverantwortung und politische Verantwortung trägt, kann dazu nur ja sagen.

Die Verwaltungsreform – das geht ebenfalls aus der Vorlage hervor – wird natürlich auch eine wesentliche Grundlage für Einsparungen im Verwaltungsbereich liefern. Vor allem wird als Grundlage dafür das Ergebnis des Österreich-Konvents verwendet werden. Es ist sehr positiv, dass hier dieses Ergebnis einfließen wird.

Mein Kollege Bürgermeister Siegi Kampl hat auf den abgestuften Bevölkerungs­schlüs­sel mit den Ertragsanteilen hingewiesen. In Summe ist das sicherlich eine positive Entscheidung, ein positiver Schritt, wodurch – der Herr Staatssekretär hat es auch gesagt – die Gebietskörperschaften und vor allem die Gemeinden finanziell gut dotiert und bedient werden.


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Ein weiterer Punkt des Finanzausgleiches ist das Gesundheitswesen. Hier kommt man, wenn man die Vorlage liest und die Zahlen nachrechnet, drauf: Es wird darauf abgezielt, dass es im Bereich des Gesundheitswesens in den Ländern zu einer Effizienzsteigerung kommt. Andererseits gibt es aber gleichzeitig – und das muss ja, bitte schön, einer Länderkammer auch ein Anliegen sein – die Ermächtigung an die Länder, dass sie die Einhebung dieser Beiträge oder auch – wenn Beiträge schon eingehoben werden – deren Erhöhung in Eigenverantwortung durchführen können.

Meine Damen und Herren, das hat nicht nur den Vorteil, dass dabei die Länder in Eigenverantwortung entscheiden können, sondern ich bin auch überzeugt davon, dass sich damit erstens die Kosten im Rahmen halten werden und dass darüber hinaus natürlich auch Transparenz über die Finanzierung des Gesundheitswesens in den Ländern gegeben ist.

Wie es funktioniert, dafür kann ich Ihnen auch ein Beispiel nennen: Das Bundesland Kärnten hat auf diese Erhöhung verzichtet, und es befindet sich – wenn man es so sagen möchte – im Ranking der Gesundheitsversorgung im Vormarsch. Die Kärntner Freunde zeigen uns in diesem Bereich den gelebten Föderalismus, und dass man mit diesem Finanzausgleich wirklich ohne Mehrbelastungen durchaus gut leben kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.17

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Lindinger. Ich erteile ihm das Wort.

 


16.17

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat unseres Gemein­dereferenten in Oberösterreich, Landesrat Josef Ackerl, zum Finanzausgleich: „Eine kleine Beruhigung für die Gemeinden, aber vermutlich nicht mehr.“ (Bundesrat Ing. Kampl: Von was für einem Jahr? Vom 90er?) – Nein, diese Aussage ist vom 20. 12. 2004; dieser Tag ist heute, glaube ich. (Bundesrat Weilharter: ’95 hätte er weinen müssen!)

Geschätzte Damen und Herren! Österreichs Kommunen sorgen dafür, dass grund­legende Bedürfnisse der Menschen befriedigt werden. Sie sorgen für eine intakte Infrastruktur. 70 Prozent des Straßennetzes werden von den Gemeinden betreut, hinzu kommen die Versorgung mit Trinkwasser und die Entsorgung von Abwasser und Müll. Gemeinden sorgen auch dafür, dass die Anliegen im Sozial- und Gesundheitsbereich funktionieren, sie sind verantwortlich für Kindergärten, Horte, Krabbelstuben und für die Erhaltung der Schulen. Gemeinden tätigen aber auch 60 Prozent aller öffentlichen Investitionen. 72 Prozent der Aufträge bleiben in der jeweiligen Region und kommen zum Großteil dem Gewerbe in der Region zugute.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, nur Gemeinden, die finanziell gut ausgestattet sind, können diese vielfältigen Aufgaben wahrnehmen. Diese Bundesregierung ist dafür verantwortlich, dass Gemeinden in Zukunft nicht in vollem Umfang die Leistun­gen aufrechterhalten können. Ich werde Ihnen einige Beispiele dafür nennen.

Die Entwicklung der Abgangsgemeinden am Beispiel Oberösterreich ist bedenklich. Während zwischen den Jahren 1999 und 2002 die Zahl jener oberösterreichischen Gemeinden, die ihren ordentlichen Haushalt nicht ausgleichen konnten, in einer Band­breite zwischen 76 und 107 relativ konstant blieb, konnten 2003 bereits 155 von 445 Gemeinden ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen.

Die Abgänge der oberösterreichischen Gemeinden haben 2003 bereits eine Summe von rund 27 Millionen € erreicht. Eine vollständige Abgangsdeckung wird bei diesen


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Gemeinden nicht mehr möglich sein. Heuer, geschätzte Damen und Herren, werden es 200 Gemeinden sein, die ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können. Es ist wirklich bedenklich und ein bitterer Ausblick, wenn man in die Zukunft schaut. Die finanzielle Ausstattung der Gemeinden wird durch die Politik der Bundesregierung zunehmend verschlechtert. Schon die steuerlichen Maßnahmen der letzten Jahre haben die Gemeinden viel Geld gekostet. Der Anteil der Gemeinden am Gesamtabgabenertrag ist seit dem Jahr 1990 um 1,5 Prozentpunkte zurückgegangen, das bedeutet, dass der Anteil jener Gemeinden um 7,8 Prozent gesunken ist. Das kann nicht so weitergehen und wird durch diesen Finanzausgleich auch nicht abgedeckt.

Die Steuerreform 2005 wird die finanzielle Situation der Gemeinden weiter verschärfen. Für Oberösterreich bedeutet das insgesamt ein Minus von 36 Millionen €, im Jahr 2005 ein Minus von 62 Millionen € und im Jahr 2007 ein Minus von 51 Millionen €. Sie sehen also in der Vorschau, dass die Gemeinden immer weniger vom Steuerkuchen bekom­men werden.

Meine Damen und Herren! Entlastung der Gemeinden ist ein Gebot der Stunde! Die Politik des Aushungerns der Gemeinden muss beendet werden. Das bedeutet, dass die Gemeinden entlastet werden müssen. Die Gemeinden sind der größte Investor, wie ich vorhin ausgeführt habe, und der Anteil der kommunalen Investitionen am Gesamt­bruttoinlandsprodukt ist bereits von 1,4 auf 1 Prozent zurückgegangen, und das bedeutet auch für die Wirtschaft erhebliche Einbußen.

In diesem Zusammenhang gibt es einige Forderungen an den Bund, über die man diskutieren und die man in Zukunft auch erfüllen sollte, nämlich: deutliche Erhöhung des Anteils der Gemeinden am gesamten Steueraufkommen, Abschaffung des Konso­lidierungsbeitrags an den Bund von zirka 106 Millionen €, Übernahme des EU-Beitrags in der Höhe von 83 Millionen € durch den Bund und Abschaffung der Deckelung des Bundes im Bereich der Krankenanstaltenfinanzierung.

Da viele Kollegen sagen, dass die Gemeinden mehr bekommen werden: Ich habe hier die Liste, in der es heißt „Bundes-BZ gemäß § 23“. An Mehrbeträgen für Gemeinden finden sich hier 3 100 €, 1 144 €, 7 000 € – bei großen Gemeinden – und 1 219 € angeführt.

Wie sieht nun die Budgetentwicklung einer Gemeinde im Vergleich 2004 und 2005 aus? – Meine Gemeinde, deren Bürgermeister ich seit 13 Jahren bin, hat zwar auf Grund des Finanzausgleichs um 66 000 € mehr bekommen, aber durch die Erhöhung des Krankenanstaltenbeitrags, der Sozialhilfeverbandsumlage und der Landesumlage unter dem Strich ein Minus von 57 000 € zu verkraften. 57 000 € sind für eine Ge­mein­de in der Größenordnung von nahezu 6 000 Einwohnern sehr viel.

Als Folge davon kann es bei verschiedenen Gemeinden zum Verkauf der Trinkwasser­versorgung, der Abwasserentsorgung kommen, Angebote in der Kinderbetreuung müssen zurückgenommen werden. Sie sehen, meine Damen und Herren, dem Aus­verkauf und der Zurücknahme von Leistungen wurden alle Tore geöffnet.

Wir werden es den Eltern sagen, wenn kein Kindergarten errichtet werden kann, wir werden es den Bewohnern sagen, wenn die Straßen nicht mehr erhalten werden können. Wir werden es den freiwilligen Feuerwehren sagen, wenn kein Feuerwehrhaus errichtet werden kann. (Bundesrat Wolfinger: Sagen Sie das in Ihrem Gemeinderat!) Und wir werden es den Kindern und der Jugend sagen, wenn die Freizeitangebote zurückgenommen werden, und wir werden den Menschen auch sagen, wer für diesen Zusperr- und Aushungerungskurs verantwortlich ist. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Wir glauben: Gemeinden brauchen Zukunft! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Schennach.)

16.25

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Bader das Wort.

 


16.25

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Zickzackkurs der SPÖ zum Thema Finanzausgleich ist eigenartig. Kollege Lindinger hat soeben angekündigt, dass man es den Eltern sagen werde, wenn das und jenes nicht mehr geht. (Vizepräsident Mag. Pehm über­nimmt den Vorsitz.) Auch wir werden es den Bürgermeistern draußen sagen, dass die SPÖ gegen diesen Finanzausgleich auftritt und damit den Gemeinden wichtige Ein­nahmen vorenthalten möchte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gott sei Dank wird das nicht gelingen, weil wir hier die entsprechenden Beschlüsse fassen werden. (Bundesrat Gruber: Sagen Sie die ganze Wahrheit!) – Geh bitte, gerade Sie müssen den Mund aufmachen, Herr Kollege Gruber; in der Zeit, als sie Bürgermeister von Gastein waren, war es die höchstverschuldete Gemeinde ganz Österreichs, also bitte! (Ah-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es geht da, so meine ich, schon auch ein wenig darum, dass man mit den Gemein­definanzen auch verantwortungsbewusst umgehen muss, gell? – So! (Bundesrat Gruber: Die Schulden hat ein VP-Bürgermeister gemacht, und als die SPÖ den Bürgermeister stellte, wurde zurückgezahlt!) – Ja, ja. Das wissen wir schon. Jetzt gehen Sie einmal nicht hinaus, Sie können gerne auch einmal zuhören.

Grundsätzlich muss ich sagen, dass es schon eine große Freude ist, dass das Paktum abgeschlossen werden konnte, dieser Stabilitätspakt, das Gesundheitspaket, dass das alles im Interesse der Gemeinden unter Dach und Fach ist. Ich möchte im Speziellen auf die Gemeinden eingehen. Trotz des Paktbruchs durch die SPÖ, trotz der vielen Stol­persteine, die die SPÖ auf diesen Weg gelegt hat, wird dieser Finanzausgleich im Interesse der Gemeinden ab dem 1. Jänner Gültigkeit haben.

Gerade in diesem Zusammenhang stelle ich mir schon auch die Frage, ob, wenn SPÖ-Vertreter Verhandlungen führen und – das war bisher immer so – diese Verhandlungen auch im Konsens beendet werden, diese Verhandler auch ein entsprechendes Mandat seitens der SPÖ zu einem solchen Abschluss hatten. Wenn die jetzt auf einmal nicht mehr so gut sind, bitte schön, dann müsst ihr eben andere Leute schicken. Ande­rerseits sind jedoch ein Bürgermeister Häupl, ein Stadtrad Rieder oder ein Bürger­meister Schaden keine Nobodys in der SPÖ. Das muss man ja auch einmal dazu gesagt haben.

Dieser Finanzausgleich bringt den Gemeinden ganz einfach mehr Geld in die Kassa, und der Zickzackkurs der SPÖ ist auch hier wieder deutlich zu sehen. Auch das muss man einmal klar gesagt haben. Auf der einen Seite wird während der Verhandlungen „Gemeinden brauchen Zukunft – Gemeinden brauchen Geld“ plakatiert. Das Ergebnis der Verhandlungen bringt mehr Geld für die Gemeinden, und auf einmal sagt die SPÖ: Nein, das wollen wir eigentlich nicht. – Ein bisschen zum Narren gehalten werden da die Gemeinden und die Bürgermeister draußen also schon.

Das Gleiche gilt ja auch für den Gesundheitsbereich. Gerade SPÖ-Politiker haben für diese Reform eigentlich nie einen anderen Vorschlag gehabt, als die Kassenbeiträge zu erhöhen. Jetzt werden sie geringfügig erhöht – und jetzt will sie das natürlich auch wieder nicht! (Bundesrätin Bachner: Nicht wegen der Erhöhung der Kassenbeiträge!)


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Scheinbar sind das immer wieder nur Lippenbekenntnisse, die wir von der SPÖ hören, wenn sie sich mit der Verantwortung für den ländlichen Raumes brüstet, wie wir das beispielsweise im Zusammenhang mit den Postamtsschließungen gehört haben. Jetzt sieht man, was Ihnen der ländliche Raum tatsächlich wert ist.

Ein einheitlicher Schlüssel bei der Aufteilung der Steuern, der mit diesem Finanz­ausgleich vereinbart wurde, ist etwas sehr Positives. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Das haben wir ohnehin betont!) Damit konnte eine lang erhobene Forderung des Gemeindebunds erfüllt werden.

Ich möchte noch einmal auf das Thema Wohnbauförderung zurückkommen. Das ist ein für den ländlichen Raum sehr wesentliches Thema. Wir als ÖVP-Vertreter haben nie verstanden, dass der große Vorsitzende der SPÖ die Wohnbauförderung als Körber0l­geld für die Landeshauptleute abqualifiziert hat. Ich kann für Niederösterreich sagen, dass dieses Geld auch tatsächlich für Wohnbauförderung verwendet wird. Das ist ein ganz wesentlicher Beitrag für die Wirtschaft im ländlichen Raum. Alleine in meinem Bezirk sind im heurigen Jahr durch die Wohnbauförderung 20 Millionen € an bauwirk­samen Maßnahmen ausgelöst worden.

Die 100 Millionen € für Gemeinden unter 1 000 Einwohnern bedeuten ein Plus von 15,68 € pro Einwohner. Das macht für unseren Bezirk 400 000 € mehr für die Gemeinden des ländlichen Raums aus, für meine Gemeinde beispielsweise 24 000 €.

Ich meine auch, dass die 12 Millionen €, die für die Sicherung der Schulstandorte im ländlichen Raum zusätzlich gegeben werden, ein positives Signal sind und auch im Rahmen von Sondermaßnahmen die Wichtigkeit und die Bedeutung des ländlichen Raumes wirklich unterstreichen. Bisher war es ja so, dass von diesen Geldern nur die Stadt Wien profitiert hat. Ich bin also froh, dass diese Maßnahmen gesetzt werden.

Zum Schluss stellt sich für mich natürlich auch nach wie vor die Frage des abgestuften Bevölkerungsschlüssels. Es ist ein wichtiger Schritt gelungen, Herr Staatssekretär. Das ist anzuerkennen. Wir sind aber sicherlich noch lange nicht am Ende des Weges angelangt, weil auch heute immer noch nicht einzusehen ist, warum ein Bürger in der Bundeshauptstadt um so viel mehr wert sein soll als ein Bürger im ländlichen Raum. (Bundesrat Dr. Böhm: Die SPÖ wird das nie aufgeben!)

Außerdem denke ich, dass eine Stadt wie Wien, die beispielsweise bis heute noch immer keine Pensionsreform 2000 beschlossen hat, keine Pensionssicherungs­re­form 2003 und scheinbar auch bei der Harmonisierung nicht mitgehen will, Geld in Hülle und Fülle haben muss und daher nicht unbedingt Geld aus dem Bundestopf braucht.

Insgesamt finde ich also großartig, was für die kleinen Gemeinden da heraus­gekommen ist, und daher sind wir mit diesem Finanzausgleich vorerst einmal zufrie­den. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.31

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Gruber zu Wort gemeldet.

Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berich­tigen­den Behauptung und die Darstellung des zu berichtigenden Sachverhalts zu beschrän­ken. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


16.32

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Bader! Ich möchte zu Ihren Aussagen Folgendes klarstellen: In der Zeit,


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als ich Bürgermeister in Bad Gastein war, sind 35 Millionen Schilling – ich sage das jetzt noch in Schilling – getilgt worden, aus einer Schuld, die zwischen 1964 und 1974, also während zehn Jahren, durch den ersten ÖVP-Bürgermeister in Bad Gastein gemacht worden sind. (Ah so-Rufe bei der SPÖ.)

Die Gemeinde Bad Gastein wird diese Schulden noch bis 2014 zurückzuzahlen haben. Bis 2014! Bader hat behauptet, ich hätte in Bad Gastein den höchsten Schuldenstand gehabt. (Bundesrat Mag. Himmer: Das stimmt ja auch!) – Das ist nicht wahr, Herr Kollege! Ihr Parteifreund, Herr Bürgermeister Anton Kerschbaumer hat bei seinem bedauerlichen Abgang – er ist ein halbes Jahr später leider verstorben – der Gemeinde Bad Gastein 352 Millionen Schilling Schulden hinterlassen bei einem ordentlichen Haushalt von 60 Millionen Schilling. Und daran zahlt die Gemeinde heute noch – bis 2014! Das möchte ich hier gesagt haben! Als Bürgermeister habe ich von diesen Schulden innerhalb von zehn Jahren neben anderen Investitionen 35 Millio­nen Schilling getilgt. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

16.33

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


16.33

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Lieber Kollege! Durch dieses Hin- und Herwogen der Debatte zwischen ÖVP und SPÖ ist jene Gemeinde, über die wir alle hier am besten Bescheid wissen, Bad Gastein. Ich muss ehrlich sagen: Ich kann jetzt schon in der Nacht herbeten, was in Gastein los ist. (Heiterkeit bei den Grünen, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kommen wir auf die Ausführungen des Kollegen Bader – wo ist er denn? – zu sprechen, der von Stolz gesprochen hat. – Herr Kollege, es ist etwas herausgekom­men für die kleinen Gemeinden. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Kampl.) – Mein Gott, Herr Bürgermeister von Gurk! Bitte! Es ist etwas herausgekommen für die kleinen Gemeinden, und das ist richtig, und das war notwendig. Aber so, dass wir jetzt Zeit dafür verschwenden sollten, um mit stolz geschwellter Brust an dieses Rednerpult zu treten und wieder abzugehen, ist es wirklich nicht.

1997, beim letzten Finanzausgleich, wurde fixiert, dass man eine grundlegende Reform macht. Lieber Kollege Bader! Ist diese grundlegende Reform erfolgt? – Nein! (Bundes­rat Dr. Böhm: Fragen Sie Wien!) – Na, kommen Sie, lieber Kollege Böhm! Ich weiß, in diesem Land sind an allem die Sozialisten schuld. (Bundesrat Dr. Böhm: Das habe ich ja nicht behauptet!) – Bitte! Es ist keine grundlegende Reform!

Die grundlegende Reform, lieber Kollege Himmer, wäre nämlich der aufgaben­orien­tierte Finanzausgleich gewesen. Den gibt es jedoch nicht! Der ist ausgeblieben. Auch die Zusammenführung von Ausgaben-, Aufgaben- und Einnahmenverantwortung ist ausgeblieben. Das ist nicht einmal diskutiert worden, und es ist nicht umgesetzt wor­den. Das wäre schön gewesen, dann könnten heute alle sagen: Wir sind stolz, es hat einen Durchbruch gegeben.

Jetzt gibt es ein Bündel von Kompromissen, Kompromisse, zu deren Bearbeitung schon ab 1. Jänner wieder Arbeitsgruppen eingesetzt werden. Der Kompromiss ist: Kleine Gemeinden wie zum Beispiel Gurk und andere kriegen mehr Geld. Dazu kom­men noch die 12 Millionen € für den Mehraufwand bei Lehrern, Strukturprobleme und spezielle sonderpädagogische Förderungen. Das ist auch gut so.

Gut ist und wichtig war, dass auch eine ganze Reihe von Bundesabgaben in eine gemeinsame Abgabe umgewandelt wurden und – bitte, damit Sie auch hören, dass


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das positiv ist – dass es einen einheitlichen Aufteilungsschlüssel gibt bei der Kon­zessionsabgabe, Versicherungssteuer, Normverbrauchsabgabe und so weiter und so fort.

Jetzt gibt es aber bereits wieder eine Arbeitsgruppe. Ich halte diese Arbeitsgruppe ja gar nicht für so blöd, denn eines der größten Ärgernisse ist – Frau Präsidentin Zwazl, Sie werden mir da jetzt als Zeitzeugin beipflichten –, dass der größte Unsinn weiter aufrechterhalten wurde, nämlich die unsinnige Werbeabgabe. Das ist eine Strafsteuer.

Gleichzeitig ist es aber offensichtlich nicht gelungen – in acht Verhandlungsrunden nicht gelungen – zum Beispiel die Frage zu klären: Gibt es eine Handymastensteuer der Gemeinden oder nicht? Als Grüner hielte ich das für gar keine so blöde Idee: Werbeabgabe weg! Handymastensteuer her! Wir bekämen damit nämlich ein Korrektiv in die Hand, mit dem wir die Anbieter auf einen Masten zwingen könnten. Diese könnten sich dadurch nämlich die Steuer vierteln, und wir könnten damit diese Lawine an Handymasten kräftig reduzieren. Das wäre eine interessante Sache gewesen. Aber das zu fixieren, ist in langen und verzögerten acht Verhandlungsrunden nicht gelungen.

Vielleicht noch ein Punkt, Herr Kollege Bürgermeister von Gurk! Es ist schon auch ein bisserl ein Unfug passiert bei den Erhöhungen für die kleinen Gemeinden. Es gibt nämlich so eine Art negativen Anreiz: Wenn heute eine große Gemeinde es schafft, interessante Betriebe anzusiedeln, dann kann es sein, dass sie auf Grund dieser Regelung in Summe nachher weniger Geld bekommt als zuvor. Es stimmt schon, dass Sie die Kommunalsteuer und die Parkometerabgabe jetzt ein bisschen selber gestalten können. – Ich vergesse ja nichts Positives, ich sage das ja auch dazu.

Wir müssen uns aber auch mit dieser negativen Anreizwirkung beschäftigen. Seien wir doch einmal ganz ehrlich: Gurk ist wichtig, Gurk ist schön, aber innovativ, wirtschaftlich innovativ sind größere Gemeinden! Das werden Sie sicher bestätigen. (Bundesrätin Roth-Halvax: Das wollen wir gerade ändern!) – Bei Ihnen ist es ganz super, aber Sie leben im Umland und schnuppern die Wiener Großraumluft, Frau Kollegin, deshalb wird Ihre Gemeinde auch stärker aufgefüttert. Sie befinden sich so quasi im Wind­schatten von Wien, und das ist schon in Ordnung so. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist die Arroganz der Großstadt!) – Nein, das ist überhaupt keine Arroganz, Herr Kollege Gudenus! (Bundesrätin Dr. Lichtenecker – in Richtung ÖVP –: Er ist aus Tirol!) Sie von der Wieden wissen, dass das keine Arroganz ist, wenn man manchen Wiener Umlandgemeinden sagt, dass sie im Windschatten der Großstadt segeln. Und das tut die Frau Kollegin doch auch ein bisschen, wenn wir ganz ehrlich sind. – Sie wird es mir vielleicht nachher unter vier Augen bestätigen. (Bundesrätin Roth-Halvax: Die Wiener glauben, sie sind ...!) – Mein Gott, was die Wiener glauben! Fragen Sie doch Ihren Staatssekretär, der ist ein Wiener, dann wissen Sie, was die Wiener glauben. (Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.) – Das weiß ich selber auch. Ich habe mich erkundigt, was die Wiener glauben, denn das habe ich am Anfang nicht gewusst. (Bundesrat Mag. Himmer: Was glauben sie denn?)

Wenn Sie dem heute zustimmen – und Herr Präsident Jürgen Weiss wird uns jetzt noch einmal ein paar segensreiche Gründe dafür nennen, warum Sie zustimmen –, dann sage ich Ihnen: Wer dem heute zustimmt – nämlich auch dem Stabilitätspaktziel, das hier angegeben ist! –, der stimmt heute einer Steuer- und Abgabenerhöhung 2008 zu!

Die Erreichung eines gesamtstaatlichen Nulldefizits im Jahr 2008, wie sie hier fest­gelegt worden ist, ist nämlich nach Adam Riese so nicht zu erreichen. – Das heißt, mit dieser Beschlussfassung stellen Sie heute einen Blankoscheck für eine Abgaben- und Steuererhöhung für 2008 aus, damit Sie das Ziel dieses Beschlusses, den Sie heute mit Mehrheit fassen, auch erreichen können. (Bundesrat Dr. Böhm: Nein!)


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Mit diesen Abtauschgeschäften, die derzeit darin enthalten sind, können Sie es nicht erreichen. – Einer solchen Steuer- und Abgabenerhöhung stimme ich heute nicht zu. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.41

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Vizepräsident Weiss. – Bitte, Herr Präsident.

 


16.41

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schennach hat vorhin gemeint, Innovation sei in den Großräumen zu Hause. Ich lade herzlich zu Betriebsbesichtigungen nach Vor­arlberg ein, zu Weltmarktführern bei Produkten der elektronischen Messtechnik, ange­siedelt in Kleinstgemeinden auf dem Land. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – (Bundesrat Schennach: In Vorarlberg ist das Rheinland sowieso schon zusammengewachsen ...! Aber ich komme gerne!)

Ich will jetzt nicht auf Kosten von Kollegen anderer Bundesländer Einladungen aus­sprechen, aber ähnliche Beispiel finden wird überall im ländlichen Raum, nicht nur im Nahbereich von Wien, sondern auch weit draußen im Waldviertel, in Kärnten und in anderen Regionen. Der Zwischenruf, es handle sich um eine Anmaßung aus der Sicht der Großstadt, hat schon etwas für sich gehabt.

Dass die Änderungen des Finanzausgleiches in verschiedene Gesetze hineinreichen und damit zu einer Sammelnovelle führen, liegt in der Natur der Sache; es ist nicht die einzige auf der heutigen Tagesordnung, wenngleich in keinem einzigen Fall ein sach­fremder Zusammenhang gegeben wäre. Nicht ganz unproblematisch ist, dass wir heu­te sozusagen eine Sammeltagesordnung mit einer ganz großen Zahl von Geset­zesbeschlüssen haben: Es sind 35 Prozent jener Gesetzesbeschlüsse, die wir heuer in den bisherigen Sitzungen zu behandeln hatten.

Zur Unübersichtlichkeit der Rechtsordnung trägt nicht unmaßgeblich bei, dass in derselben Sitzung unter mehreren Tagesordnungspunkten ein und dasselbe Gesetz mehrfach geändert wird. In einer ganzen Reihe von Bundesgesetzen geschieht das zwei Mal. In einem Fall, nämlich der Änderung des ASVG und verwandter Gesetze, schaffen wir es, in einer Sitzung ein und dasselbe Gesetz drei Mal zu novellieren. – Das heißt, es wird dann unter drei verschiedenen Fundstellen im Bundesgesetzblatt nachzuschlagen sein.

Ich verkenne nicht, dass die elektronische Kundmachung und das Rechtsinformations­system des Bundes dieses Problem weitgehend lösen, aber es ist trotzdem ein gesetzgeberischer Schönheitsfehler. (Bundesrat Dr. Böhm: Sicher!)

Der Finanzausgleich ist in dieser Form der letzte vor dem Abschluss des Österreich-Konvents. Wenn man die auf dem Tisch liegenden Beratungsergebnisse des zustän­digen Ausschusses verfolgt, kommt man zur Annahme, es wird dabei bleiben, dass wir einen Finanzausgleich in dieser Form auch in Zukunft diskutieren werden (Bundesrat Schennach: Das klingt aber nicht gut!), weil es aus Sicht des Bundes wie auch der Länder eine ganze Reihe von offenen Fragen gibt, bei denen aber offenkundig kein gemeinsamer Nenner gefunden wird.

Aus Sicht der Länder weise ich nur auf die Bestandsfestigkeit des Finanzausgleiches hin. Es wäre durchaus wünschenswert, dass er auf eine längere Dauer, auf eine größere Transparenz hin angelegt ist. – Kollege Hösele hat schon darauf hingewiesen.

Nun zu zwei Gesichtspunkten, die von Vorrednern angeführt wurden. Das eine ist der Bereich der Zusammenführung von Einnahmen-, Aufgaben- und Ausgabenverant­wor­tung (Bundesrat Schennach: Genau!): Das klingt recht gut, aber erstaunlich ist, dass


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es immer bei diesem Schlagwort bleibt. Mich würde sehr interessieren, wie das in der Praxis aussehen würde.

Es gibt zur Lösung dieses Problems eigentlich zwei Varianten: Man führt die Aufgaben- und Ausgabenverantwortung (Bundesrat Schennach: Zusammen!) an die Wahrneh­mung der Einnahmenverantwortung heran. Das heißt dann in Österreich – das kann man wollen, aber man soll es auch sagen! –: kaum mehr Landesgesetzgebung und kaum mehr eigenständiges Agieren der Länder und Gemeinden, weil der Bund natürlich für den Großteil, für den weitaus überwiegenden Teil der Einnahmen die Ein­nahmenverantwortung trägt. (Bundesrat Dr. Böhm: Das stimmt!)

Das soll man so sagen, wenn man es will. Es ist aber auch die andere Variante denkbar, dass man die Einnahmenverantwortung an die Aufgaben- und Ausgaben­verantwortung anpasst. (Bundesrat Schennach: So ist es!) Dann soll man das sagen, man muss es aber auch wollen. (Bundesrat Schennach: Einnahmen sind die Res­sourcen!) Ich habe damit kein Problem, stelle aber nur fest, dass wir in Österreich ein Problem damit haben, dass, wenn noch Restbestände unterschiedlicher Steuerhoheit vorhanden sind, manche Politiker etwa ein Problem damit haben, dass gemeindeweise unterschiedliche Hundesteuer zu bezahlen ist. – Jedenfalls deuten parlamentarische Anfragen darauf hin.

Auch das Beispiel der Werbeabgabe geht ja in diese Richtung. Das war ursprünglich eine von den Ländern und Gemeinden unterschiedlich geregelte Abgabe. Das wollte man nicht. (Bundesrat Schennach: Ja!) Man ist dann zu einer Vereinheitlichung gekommen, will das jetzt aber auch abschaffen. Dafür gibt es medienpolitische Grün­de – das ist gar keine Frage –, aber das ist doch ein ganz gutes Beispiel dafür, wie wenig ernst es mit dem Argument ist, man wolle Einnahmenverantwortung der Länder und der Gemeinden mit der notwendigen Konsequenz, dass es eben unterschiedliche Steuersysteme in den einzelnen Ländern und Gemeinden gibt.

Man kann in der Schweiz beobachten, dass es funktioniert – und nicht schlecht funk­tioniert. Ich sehe aber null Bereitschaft bei denen, die das propagieren, das in Öster­reich auch haben zu wollen, ganz abgesehen davon, dass man auch kritisch hinter­fragen kann, ob das für Österreich passend wäre. (Bundesrat Schennach: Aber, Herr Kollege, was wir derzeit haben, ist ein Einnahmenzentralismus und ein Ausgabenföde­ralismus, und da müssen wir doch einmal durch!) – Es gibt noch eine weitere Facette! Es gibt auch Ausgabenföderalismus, der vom Bund veranlasst ist, nämlich überall dort, wo der Bund anschafft und die Länder und Gemeinden zahlen sollen. Das ist auch noch eine Sonderform dieses Spannungsverhältnisses. (Bundesrat Schennach: Das gibt es auch!)

Nun wieder zurück zum Finanzausgleichsgesetz. Die Änderung des Finanzausgleichs­gesetzes und der Nebengesetze fußt auf einer politischen Vereinbarung mit den Ländern und Gemeinden, dem traditionellen Finanzausgleichspaktum. Dass es im Bundesrat als der parlamentarisch verfassten Ländervertretung in der Bundesgesetz­gebung aber Stimmen gibt, die von diesem Konsens der Länder und Gemeinden in ihrem Abstimmungsverhalten nichts wissen wollen, ist schon einigermaßen erstaunlich. (Bundesrat Dr. Böhm: Unverständlich!)

Das gilt auch für die 15a-Vereinbarung über die Reform des Gesundheitswesens und den österreichischen Stabilitätspakt. Eine 15a-Vereinbarung kommt ja ihrem Wesen nach nur deshalb zustande, weil sich alle Länder mit dem Bund darauf verständigen und ihren Willen ausdrücken, diese Vereinbarung möge zustande kommen. – Sonst würden sie ja nicht unterschreiben. (Bundesrat Dr. Böhm: Natürlich!)

Daher ist es schon merkwürdig, wenn in jenem Organ, das für sich in Anspruch nimmt, die Interessen der Länder zu vertreten, gesagt wird, wir haben da eine andere Inter-


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essenlage, nämlich eine parteipolitische. Das ist ja zulässig, aber dann soll man es den jeweiligen Ländern auch deutlich sagen. (Bundesrat Dr. Böhm: Richtig!)

Wie wird das in der Praxis aussehen? – Die sozialdemokratischen Landtagsabgeord­neten des Landes Wien werden der Regierungsvorlage des Landeshauptmannes Häupl auf Abschluss dieser 15a-Vereinbarungen im Landtag zustimmen. – Jetzt ist Herr Kollege Gruber leider nicht anwesend: Gleiches werden die Salzburger sozialde­mokratischen Landtagsabgeordneten tun – einer Regierungsvorlage der Landeshaupt­frau Burgstaller zuzustimmen.

Alle anderen Sozialdemokraten, die in den Ländern in Regierungsverantwortung einge­bunden sind, werden das auch tun. Ich denke, dass wohl auch die grünen Landtags­abgeordneten des Landes Oberösterreich einer Regierungsvorlage zustimmen werden, die Herr Landesrat Anschober mit beschlossen hat und die dem Landtag vorliegt. (Bun­desrätin Dr. Lichtenecker: Mit Vorbehalten! Einschränkungen! – Ruf bei der ÖVP: Das gibt es im Landtag nicht!) – Sie stimmen zu! Sie wissen ja ganz genau, dass es solche vorbehaltlichen Zustimmungen oder Ablehnungen nicht gibt. Es gibt ein klares Ja oder ein klares Nein, und das vermisse ich in diesem Punkt bei Ihnen.

Wenn wir uns vor Augen halten, wer aller in den Ländern dieser Vereinbarung zu­stimmt – vereinigte Sozialdemokraten und Abgeordnete der Grünen, wo sie in Regie­rungsverantwortung eingebunden sind –, dann kann ich nur sagen: Wir sind mit unse­rer Zustimmung in der allerbesten Gesellschaft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

16.50

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist offensicht­lich auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. De­zember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2005 bis 2008 geregelt und das Zweckzuschussgesetz 2001 sowie weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlasten­aus­gleichsgesetz 1967 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend einen Österreichischen Stabilitätspakt 2005.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein


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Handzeichen. (Bundesrat Schennach: Das ist die Steuererhöhung! Jetzt müsst ihr aufpassen, die Steuererhöhung!) – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuer­ge­setz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Internationale Steuer­vergütungsgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Konsulargebühren­gesetz 1992, das Investmentfondsgesetz 1993, das EU-Quellensteuergesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Mineralölsteuerge­setz 1995, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Neugründungs-Förderungs­gesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisations­ge­setz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Bewer­tungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 sowie das Bundesbahngesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2004 – AbgÄG 2004) (686 d.B. und 734 d.B. sowie 7160/BR d.B. und 7184/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Wolfinger. – Ich bitte um den Bericht, Herr Bundes­rat.

 


Berichterstatter Franz Wolfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommen­steuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungs­steuer­ge­setz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfen­gesetz 1996, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Konsulargebührengesetz 1992, das Investmentfondsgesetz 1993, das EU-Quel­lensteuergesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorgani­sations­gesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Be­wertungsgesetz 1955, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 sowie das Bundesbahngesetz geändert werden.

Der Inhalt des Gesetzes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


16.54

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Abgabenänderungs­gesetz werden 20 Gesetze geändert. Auffallend ist dabei die Vielzahl von Korrekturen


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in erst vor kurzem beschlossenen Gesetzen. – Das wirft kein gutes Licht auf die Arbeit der Koalition!

Meine Damen und Herren! Ich stehe hier aber auch nicht an, auf die positiven Regelungen bei diesen Gesetzesänderungen hinzuweisen, die da sind:

die Erweiterung des Umfangs der abzugsfähigen Aus-, Fortbildungs- und Umschu­lungskosten – es ist positiv zu sehen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Nachbarland arbeiten – die fachliche Definition heißt hier „Grenzgänger“ –, jetzt auch in die Negativsteuer einbezogen werden. Das ist in Ordnung;

die Gleichstellung von ausländischen mit inländischen Investmentfonds ist ein richtiger Schritt;

der Anreiz zu einer raschen Markteinführung von Biokraftstoffen im Mineralöl­steuer­gesetz ist ebenfalls wünschenswert und auch ein weiterer Schutz für unsere Umwelt.

Am 1. Oktober 2005 soll nämlich die Beimischung von Biosprit zu 2,5 Prozent und ab 1. Oktober 2008 zu 5,75 Prozent bei den Treibstoffen verpflichtend sein. Für diese dann sauberen Kraftstoffe wird die Mineralölsteuer um 0,5 Cent je Liter Diesel und Benzin gesenkt. Für Kraftstoffe, die diese Kriterien nicht erfüllen, wird die Mineral­ölsteuer bei Diesel um 0,8 Cent je Liter und bei Benzin um 1,3 Cent je Liter angehoben.

Meine Damen und Herren! Die Ausstattung der Diesel-PKW mit Russpartikelfiltern bringt für den Umweltschutz eine Entlastung. Was mir dabei allerdings fehlt, sind die Busse und die LKW; diese sind nicht einbezogen, belasten jedoch die Umwelt ebenfalls massiv.

Das Bonus-Malus-System, so wie es jetzt vorliegt, halte ich für einen falschen Ansatz. Ich hätte mir hier eher ein Belohnungsschema gewünscht.

Meine Damen und Herren! Die weiteren Reparaturarbeiten betreffen Gesetze, die wir auf Grund falscher finanzpolitischer und auch gesellschaftspolitischer Dimensionen ablehnen, erstens, weil schon das ursprüngliche Gesetz nicht unseren Erwartungen entsprochen hat, oder zweitens, weil die Korrektur einfach nicht das ist, was wir uns vorstellen.

Meine Damen und Herren! Würden Sie Gesetze ordentlich machen, dann hätten wir viele Probleme nicht, die wir jetzt haben, und wir bräuchten nicht dauernd zu repa­rieren. Das ist nicht nur in fiskalpolitischer Hinsicht so. Ich habe auch in meiner letzten Rede zum Budgetbegleitgesetz darauf hingewiesen, dass der Verwaltungs-, der Verfassungsgerichtshof seit 2002 insgesamt elf Gesetze – oder Teilbereiche davon – aufgehoben hat. – Das heißt, schlampig und schludrig gearbeitet. (Ruf bei der ÖVP: Der Verwaltungsgerichtshof!)

Herr Bundesminister, Herr Staatssekretär! Wie war es früher? – Das interessiert mich jetzt nicht. Sie sind jetzt an der Arbeit, und Sie machen die Gesetze so. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auch jetzt ist es wieder so: Wenn Sie bei der Besteuerung der nicht entnommenen Gewinne eine entsprechende Richtlinie eingezogen hätten – wir haben das vorgeschlagen! –, bräuchten Sie heute nicht nachzubessern, und der Steuerzahler hätte sich insgesamt Geld erspart. Mit dem ursprünglichen Gesetz haben Sie ein Scheunentor geöffnet, das Sie jetzt zu einem Teil wieder schließen müssen, weil Sie es sich steuerlich nicht leisten können.

Die Reparaturarbeiten bei der Gruppenbesteuerung sind ja auch nicht ohne. Ände­rungen, die noch vor In-Kraft-Treten des Gesetzes durchgeführt werden müssen,


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sprechen nicht gerade von Kompetenz. Das ist ungefähr so, als würde ich mir ein Auto kaufen und müsste es gleich, bevor ich es überhaupt ausgeliefert bekomme, zur ersten Reparatur fahren. – Genau so ist das bei der Gruppenbesteuerung! Auch da haben Sie gepfuscht!

Das Gesetz der Gruppenbesteuerung ist insgesamt gesehen ein Kniefall vor den großen Gesellschaften, die mit diesem Gesetz die Möglichkeit erhalten, die Verluste ihrer ausländischen Gesellschaften den eventuellen Gewinnen im Inland gegen­zurechnen und damit keine Steuern zu zahlen. Es kann nicht sein, dass der Portier eines Großunternehmens mehr Steuern bezahlt als das Unternehmen, für das er arbeitet. In diese Richtung gehen wir aber bei dieser Gruppenbesteuerung.

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Sie haben Steuergeschenke gemacht und Gestaltungsformen ermöglicht, die dem Staat Millionen Euro kosten werden. Sie haben es verabsäumt, ein modernes Konzernsteuerrecht und insgesamt steuerpolitische Richtlinien zu schaffen, die der Bevölkerung Steuergerechtigkeit signalisieren.

Meine Damen und Herren! Wenn ich die letzten Diskussionen in diesem Hause hier so Revue passieren lasse, dann habe ich immer das Gefühl, dass der kleine Steuer­zahler – damit meine ich ganz einfach die arbeitende Bevölkerung – jene Steuern zahlen muss, die wir zur Aufrechterhaltung des Staatsgefüges brauchen. Die Kon­zerne, die Großkonzerne werden weitestgehend geschont.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Politik, die nicht der Mehrheit der Bevölkerung dient, und so eine Politik lehnen wir ab. Daher gibt es zu den vorliegenden Gesetzes­änderungen insgesamt von uns keine Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

17.01

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


17.01

Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Kraml! Ein Abgabenänderungsgesetz enthält immer eine Fülle von Einzel­bestimmungen. Das gesamte Steuerwesen ist ein lebendiger Prozess, und es geht darum, mögliche Dinge zu tun. Es geht aber sicherlich nicht um eine Verbeugung vor Konzernen, und es geht sicherlich nicht darum, den Großen etwas zu schenken und den Kleinen etwas wegzunehmen, wie Sie soeben gesagt haben, sondern es geht darum, über Steuersenkungen ein gerechtes Steuersystem zu schaffen und den Standort Österreich zu sichern.

Ich kann mir schon vorstellen – und diese rote Linie, dieser rote Faden geht durch die heutige Diskussion –, dass Sie sich in vielen Bereichen sehr schwer tun, wirklich konkret Dinge zu bringen, warum Sie diese guten Dinge jetzt nicht mit uns beschließen wollen. Sie suchen nur die Haare in der Suppe.

Ich darf Ihnen einfach zum Start sagen, dass ein geordnetes Finanzsystem wichtig ist, und dieses Finanzsystem ist in den letzten vier Jahren unbestreitbar sehr gut geordnet worden. Diesbezüglich ist sehr viel geschehen, und die Herbstprognose der EU zeigt nicht Einzelerfolge, sondern sie zeigt schlicht und einfach, dass in sämtlichen wirt­schaftsrelevanten Daten Österreich über dem Durchschnitt liegt, besser als der Durchschnitt der gesamten EU-Länder ist. Ich möchte jetzt gar nicht jeden einzelnen Punkt hervorheben, aber es ist kein einziger Punkt mehr vorhanden, wo wir unter dem Schnitt oder auch nur im Schnitt sind. Wir sind überall besser.


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Wir können uns jetzt in einem Abgabenänderungsgesetz Dinge leisten, die wir uns vor fünf Jahren nicht hätten leisten können, ohne den Weg einer geordneten Finanzpolitik zu verlassen. Wir können uns auch leisten, ein ungeahntes Steuersenkungsprogramm zu machen, und ich möchte mich hier wirklich bedanken – ganz besonders beim Herrn Staatssekretär und seinen Mitarbeitern. Da ist gute Arbeit geleistet worden, und da gibt es ein geordnetes Finanzwesen. Trotz der hohen Belastungen aus der Vergangenheit ist es möglich, ein geordnetes Finanzwesen zu haben, und es ist möglich, sogar ein riesiges Steuersenkungsprogramm – das größte in der Geschichte Österreichs – durchzuführen und bei weitem nicht die Maastricht-Kriterien nach unten auch nur zu streifen.

Ich kann mir schon vorstellen, dass Ihnen das Leid tut, dass Sie da jetzt nicht dabei sind, aber bitte vergessen Sie nicht den gemeinsamen Weg, vergessen Sie nicht den Weg, auch Mitverantwortung in diesem Staat zu tragen. Ich glaube, in einer letzten Sitzung des heurigen Jahres ist es ganz gut, auch einmal die gemeinsamen Dinge hervorzuheben. Es ist heute auch sehr viel Lob gespendet worden, und ich glaube, das gibt durchaus Anlass zu Hoffnung.

Ich möchte einen Punkt noch herausheben, der mir ganz besonders wichtig ist. Es ist in diesem Abgabenänderungsgesetz ein Punkt drinnen, der ein großes Anliegen ist und der gerade den ländlichen Raum trifft. Es ist da eine große Verbesserung bei der Vermietung von Gebäuden nach Betriebsaufgabe vorgesehen. Es gibt da eine Fülle von Beispielen. Es sind meistens große Gasthöfe in Dorfzentren, in Märkten, für die kein Nachfolger gefunden wurde und wo es bisher sehr schwer war, diese Gebäude zu vermieten, ohne hohe Steuern zu zahlen. Hier ist eine fundamentale Besserung eingetreten. Ein altes Anliegen des Wirtschaftsbundes Oberösterreich.

In meinem Bezirk befindet sich ein Gasthof, der ein halbes Ortszentrum darstellt, der jetzt seit vier Jahren leer ist. Hätte es diese Änderung schon früher gegeben – diese ist eben erst durch geordnete Finanzen möglich geworden –, dann wäre dort längst wieder Leben. Ich halte das für sehr wichtig und möchte mich gerade für diesen Punkt im Interesse des ländlichen Raums, der heute hier schon oft angesprochen worden ist, ganz besonders bedanken. Ich möchte auch noch einmal sagen, dass Innovation und Leben sehr wohl im ländlichen Raum stattfinden und nicht nur im Bereich der Großstädte.

Deshalb ein Ja meiner Fraktion zu diesem Abgabenänderungsgesetz verbunden mit vielem Dank für die gute Arbeit, die hier geleistet wird für geordnete Finanzen in unserem Staat. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

17.05

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


17.06

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben hier eine Gesetzesvorlage, die die Änderung von 20 Steuergesetzen beinhaltet. Wir haben mehrmals hier im Bun­desrat schon gemeinsam deponiert, dass eine derartige Vorgangsweise nicht wirklich produktiv und effizient ist in der Form, dass man tatsächlich auch differenziert Stellung nehmen kann.

Kollege Spiegelfeld-Schneeburg, ich kann dir gleich einen Punkt nennen, wo wir nicht im Spitzenfeld sind. Das ist ein zentraler Punkt, ein zentraler für den Wirtschafts­standort, ein zentraler für die Entwicklung, ein zentraler für die Innovation, und das ist die Forschungsquote. Ein legendärer Bereich, wo Österreich inzwischen im letzten


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Drittel der EU-15 ist. Und das halte ich wirklich für eine markante und schwierige Geschichte.

Unter diesen 20 Änderungen von Gesetzeslagen befinden sich auch mehrere ver­kehrs- und umweltrelevante Punkte. Einer ist zum Beispiel die Begünstigung der Anschaffung von Partikelfiltern für PKWs ab Mitte 2005. Keine Frage, Feinstaub ist gefährlich, weil krebserregend, er trägt zum Treibhauseffekt bei. Der Verkehr verur­sacht diese Partikel zu 50 Prozent. Insofern ist diese Regelung natürlich ein Schritt vorwärts, ein positiver Schritt, wobei grundsätzlich schon zu bedenken ist, ob man PKW-Anschaffungen per se fördert. Zu sagen ist auch, dass verbrauchsstarke Fahrzeuge relativ gering belastet sind und LKWs und Busse nicht erfasst werden.

Das heißt, die Forderung wäre natürlich die Nachrüstung der Dieselfahrzeuge, die LKWs und Busse ebenfalls zu erfassen und die steuerliche Begünstigung von Diesel­treibstoffen im Generellen abzuschaffen.

Ähnlich zweischneidig verhält es sich auch mit den Biokraftstoffen. Es ist nicht überall Bio drinnen, wo möglicherweise Bio draufsteht, und insofern ist die Bezeichnung „Biotreibstoff“ eine sehr fälschliche Bezeichnung beziehungsweise auch ein Etiketten­schwindel. Mit dieser Regelung, wie sie momentan vorliegt, wird nicht die Umwelt vordergründig, sondern werden im Wesentlichen die Großproduzenten gefördert. Inso­fern sollte man diese Gesetzesvorlage tatsächlich auf Biotreibstoffe, die aus biologi­schem Anbau aus ökosensiblen Regionen kommen, beschränken und eine seriöse Besteuerung des Kfz-Verkehrs beziehungsweise des Treibstoffverbrauches vorantrei­ben. – Das ist das eine, was im Umweltbereich anzumerken ist.

Ein weiterer Bereich ist das Thema der Gruppenbesteuerung. Der Rechnungshof hat eine sehr kritische Stellungnahme dazu abgegeben, aber ich sehe nicht, was hier passiert ist, ich sehe keine Veränderungen zum Begutachtungsentwurf. Wenn Kollege Spiegelfeld-Schneeburg die Standortsicherung anführt, dann ist das klarerweise ein wichtiger zentraler Punkt, nur mit dieser Regelung wird der Standort nicht gesichert.

Ich zitiere aus dem Begutachtungsentwurf des Rechnungshofes, dass bei der Abga­benverwaltung, bei der Gruppenbesteuerung zu berücksichtigen ist, dass es sich natürlich um ausländische Rechtsordnungen handelt. Diese Überprüfung wird vielfach Schwierigkeiten bereiten. Es wird ein besonders hoher Aufwand erwartet. Es werden EDV-mäßige Voraussetzungen bei den Finanzämtern erwartet, die derzeit nicht zur Verfügung stehen. Genauso ist es mit dem Prüfpersonal.

Weiters: Es ist nicht auszuschließen – das ist jetzt die direkte Zitierung –, dass steuer­sparende Verlustverwertungsmodelle geschaffen werden, welche wiederum einen besonders hohen Vollziehungsaufwand bei den Finanzämtern erfordern.

Hierin liegt sozusagen der Steuerhinterzug bei Großkonzernen zum Nachteil der KMUs. Dieser Nachteil darf nicht eintreten, und das stellt der Rechnungshof in dieser Form fest.

Das Letzte, was der Rechnungshof noch anmerkt, ist, dass neben der vorgesehenen Verminderung des Aufkommens aus der Körperschaftsteuer auch unverhältnismäßig viel Aufwand entstehen wird. Und genau dieser Passus der Gruppenbesteuerung ist meiner Meinung nach ein absoluter Kontrapunkt im Bereich der Standortsicherung und im Bereich der Sicherung der KMUs.

All diese Punkte, die ich angeführt habe, sind einige der Gründe, warum wir gegen dieses Bündelpaket von 20 Steuergesetzesänderungen stimmen werden. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.11

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 144

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


17.11

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Wenn man sich die heutige Vorlage, also das Abgabenänderungs­gesetz 2004, näher anschaut, so werden Sie feststellen, dass über weite Strecken Rechtsanpassungen an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, des Ver­waltungsgerichtshofes, des Europäischen Gerichtshofes sowie an neues EU-Verord­nungsrecht enthalten sind. Es sind dabei aber auch wesentliche Verbesserungen enthalten. Zum Beispiel wird alles, was bis jetzt bei der Arbeitnehmerverköstigung – also Essensbons – nur in Steuererlässen geregelt war, jetzt direkt in das Gesetz aufgenommen.

Darüber hinaus tragen wir auch einer Judikatur des Verfassungsgerichtshofes Rech­nung, dass man die Kosten für ordentliche Universitätsstudien jetzt allgemein als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben absetzen kann.

Im Falle der Gruppenbesteuerung möchte ich festhalten, dass es da eine europäische Entwicklung gibt. Es gibt ja schon beim Europäischen Gerichtshof Verfahren, dass innerhalb der EU generell eine Gruppenbesteuerung kommen soll. Wir haben sie schon vorweg gefasst, haben im Vergleich die besten Prozentsätze, die einfachste Form, wie man das machen kann, und haben damit im Vergleich im Steuerwettbewerb in der ganzen Europäischen Union als Erste den Fuß drinnen. Und dadurch, dass wir einer Entwicklung zuvorkommen, die sich im europäischen Steuerrecht ergibt, haben wir natürlich einen wesentlichen Standortvorteil. Man soll nicht immer der Letzte, sondern nach Möglichkeit der Erste sein.

Wenn wir in diesem gesetzlichen Bereich schon etwas machen, dann nehmen wir selbstverständlich gleichzeitig auch Reparaturen vor. So wird jetzt zum Beispiel die Regelung, dass bei grenzüberschreitenden Gruppen im Falle einer Gruppenauflösung eine modifizierte Form der Nachversteuerung bisheriger Auslandsverluste vorgenom­men wird, präzisiert.

Es ist heute zum x-ten Mal bei der Normverbrauchsabgabe wieder beanstandet wor­den, dass LKWs und Busse nicht dabei sind. Wir hätten sie auch gern dabei, nur können Sie mir bitte eine Firma nennen, die schon geeignete technische Geräte hiefür hat. In diesem Fall hätten wir das heute selbstverständlich mit geregelt. Was man nicht hat, das kann man jetzt noch nicht regeln.

In diesem Sinne würde ich Sie doch einladen: Studieren Sie das Abgaben­änderungs­gesetz und stimmen Sie dem zu. Es sind sehr gute Regelungen enthalten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.14

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


Bundesrat
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22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Ver­min­derung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen (Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K) erlassen wird (626 d.B. und 771 d.B. sowie 7185/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Nun kommen wir zum 22. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Einwallner. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


Berichterstatter Ing. Reinhold Einwallner: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die integrierte Vermeidung und Vermin­derung von Emissionen aus Dampfkesselanlagen erlassen wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Daher komme ich gleich zum Antrag.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


17.15

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Der vorliegenden Fassung des Gesetzes kön­nen wir so nicht zustimmen, weil die dazugehörige Luftreinhalteverordnung immer noch ausständig ist, die Umsetzung der vier EU-Richtlinien viel zu spät erfolgt und es teilweise noch einen Rückschritt darstellt in Bezug auf das ursprüngliche Gesetz.

Worum geht es in diesem Gesetz überhaupt? – Einerseits sollen die Emissionen be­grenzt werden, die standortabhängigen Immissionssituationen berücksichtigt werden und eine Sanierung und Anpassung von Altanlagen erfolgen. Dazu ist es notwendig, die entsprechenden EU-Richtlinien umzusetzen.

Um welche geht es da? – Einerseits um die Richtlinie zur Vermeidung und Vermin­derung der Umweltverschmutzung, weiters um zwei Richtlinien zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen und um die so genannte Seveso-II-Richtlinie, die Richtlinie zur Beherrschung von Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen.

All diese EU-Richtlinien hätten eigentlich längst umgesetzt werden sollen. Das hätte bereits zwischen 1995 und 1999 passieren sollen. Es hat demnach vier Verfahren seitens der EU wegen Vertragsverletzung gegeben. In zwei davon ist Österreich schon verurteilt worden, in zwei Fällen laufen die Klagen noch.

Herr Minister! Wo lagen die Versäumnisse der Regierungen, warum sind entsprechen­de Schritte nicht gesetzt worden? Die Umsetzung der Richtlinien würde ein völlig neues Luftreinhaltegesetz bedeuten beziehungsweise für die entsprechenden Kessel­anlagen erfordern.

Diese Änderung im Generellen in dieser Gesetzesvorlage bedeutet auch, dass Grenz­werte erhöht worden sind, und insofern stellt diese Änderung einen Rückschritt für uns dar. Die Frage ist: Wie ernst nimmt es diese Regierung tatsächlich mit dem Kyoto-Ziel?


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 146

Das Thema Klimawandel haben wir letzte Woche wieder sehr stark in den Medien gehabt bei dieser internationalen Konferenz. Da ging es darum, wie hoch die volks­wirtschaftlichen Kosten durch den Klimawandel sind, was die Erderwärmung bedeutet, und es erfolgte wieder ein klares Bekenntnis seitens der EU, dass die EU eine Vorreiterrolle spielen soll und einnehmen muss. Die Frage ist: Wo reiht sich Österreich mit diesem Beschluss ein? Mit der vorliegenden Gesetzesvorlage ist kein guter und kein effizienter Schritt zum Thema Erreichung des Kyoto-Ziels gesetzt worden. (Beifall bei den Grünen.)

17.18

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


17.19

Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Es gibt da kleine Diskussionen. Wir sind in unserer Fraktion und auch ich persönlich bin der Meinung, dass dieses Emissionsschutzgesetz durchaus ein Fortschritt ist, dass es eine gute Neufassung ist, die in die richtige Richtung weist. Es ist mir schon klar, dass Ihnen, liebe Frau Kollegin, vielleicht manchmal etwas zu langsam geht, aber ich bitte schon auch – auch im Sinne des vorhin Gesagten –, die wirtschaftliche Standort­sicherung in Österreich zu beachten. Wir wissen, wie wichtig das Kyoto-Ziel ist. Ich glaube, es ist auch Konsens von uns allen hier, in die richtige Richtung zu gehen. Gerade Österreich ist diesbezüglich ein Vorreiter, und ich glaube, dass dieses Gesetz sehr wohl genau diesen Intentionen entspricht, gerade deshalb, weil es auch eine Gesamtneufassung ist und Boden und Wasser umfasst.

Man kann sich immer mehr wünschen – wir haben bald Weihnachten –, aber für den heutigen Tag ist es völlig ausreichend und ein gutes Gesetz. (Bundesrätin Dr. Lichten­ecker: Ist es nicht, Georg!) – Ich bin der Meinung, liebe Roberta, es ist so! (Bundes­rätin Dr. Lichtenecker: Ist es nicht! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber das liegt vielleicht in der Natur der Sache.

Ich glaube, auch da ist den zuständigen Mitarbeitern im Ministerium für die gute Arbeit zu danken, es ist ein vernünftiges und richtiges Gesetz. Dem Herrn Minister ist für die Umsetzung zu danken. Und in diesem Sinne wird unsere Fraktion mit Freude für dieses Gesetz stimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.20

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Lindin­ger. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


17.21

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Die vorliegende Änderung des Emissions­schutz­gesetzes für Kesselanlagen ist eine längst überfällige Anpassung an bestehende Standards. Den Anforderungen der EU-Richtlinien wird mit dieser Novelle Rechnung getragen.

Es wird immer behauptet, wir seien besser als andere Länder in Europa. – Geschätzte Damen und Herren! Auf einigen Gebieten sind wir sicherlich besser, aber noch aus Zeiten anderer Legislaturperioden, anderer Bundesregierungen, nicht dieser Legislatur­periode und auch nicht der vorherigen. Wir waren in Europa Vorreiter in der Umwelt­politik, heute sind wir zum Nachläufer in Europa geworden. (Bundesrätin Dr. Lichten­ecker: Dann dürft ihr nicht zustimmen, Ewald! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bei dieser Bundesregierung können wir froh sein, dass es hier zu einer Verbesserung und nicht zu einer Verschlechterung – wie bei anderen Gesetzen, etwa der Pen-


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 147

sionsharmonisierung, dem Polizeigesetz, der Gesundheitsreform – kommt. Jede Verringerung der Grenzwerte entlastet die Luft, den Boden und das Wasser. Ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung ist in diesem Gesetz mit der Regelung der Sanierung und Anpassung von Altanlagen sowie deren Heranführung an den Stand der Technik doch geglückt.

Etwas kritisch betrachte ich die zukünftige Möglichkeit der Prüfung der Anlage durch Ziviltechniker, neben dem TÜV. Die Praxis wird es zeigen.

Im Lichte von Verbesserungen und zum Schutze der Umwelt werden wir diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.22

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.23

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Seit einem knappen Vierteljahrhundert haben wir im Wege des Dampfkesselemissionsgesetzes erstmals konkrete Emissionsobergrenzen in Öster­reich. Es ist dieses Dampfkesselemissionsgesetz dann weiterentwickelt worden zu dem schon erwähnten Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen.

Manches hat uns nun dazu motiviert, jetzt aus diesem Luftreinhaltegesetz das Emis­sionsschutzgesetz für Kesselanlagen zu machen. Warum? – Weil es vor allem auch um Emissionen in Richtung Wasser und Boden geht und nicht nur in Richtung Luft. Es wurde das schon gesagt.

Es ist keine Verurteilung durch den EuGH erfolgt, sondern lediglich ein Erkenntnis, dass bestimmte Artikel der Richtlinien in Sachen Großfeuerungsanlagen nicht umge­setzt wurden. Damit hat es sich aber auch. Das habe ich bereits im Ausschuss des Nationalrates sowie im Plenum gesagt.

Österreich als Vorreiter oder Nachläufer der Umweltpolitik: Überzeugen Sie sich selbst, meine Damen und Herren, wenn wir in Sachen Schadstoffe seit 1990 nicht nur keine Zunahme, sondern beim Schadstoff Schwefeldioxid sogar eine Reduktion um 54 Pro­zent, also mehr als die Hälfe, bei Stickoxyden um 28 Prozent und bei Staub um immerhin 42 Prozent, also immerhin knapp die Hälfte, hatten.

Richtige Umsetzungslücken haben vor allem auch deswegen bestanden, weil die Euro­päische Union von uns die Umsetzung nicht in Vollzugsvorschriften, sondern konkret im Gesetzeswege einfordert, weswegen nicht nur die Großfeuerungsanlagenrichtlinie, sondern auch die IPPC-Richtlinie und Seveso-Richtlinie in dem Sinne umzusetzen gewesen wären.

Das ist, finde ich, in gut ausdiskutierter Weise geschehen. Und ich freue mich darüber, dass mehr als nur die Regierungsfraktionen diesem Gesetz im Nationalrat – und wohl auch hier im Bundesrat – die Zustimmung erteilt haben – respektive die Zustimmung nicht verweigern werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.25

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 148

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhebung des Waren­verkehrs (Handelsstatistisches Gesetz 1995 – HStG 1995) geändert wird (651 d.B. und 772 d.B. sowie 7186/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


Berichterstatterin Mag. Susanne Neuwirth: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die statistische Erhebung des Warenverkehrs geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in Schriftform vor. Ich komme daher zum Antrag.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 149

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 16. De­zember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen keine vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstatterin ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit, der Antrag ist somit angenommen.

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (477/A und 773 d.B. sowie 7187/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir kommen nun zum 24. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


Berichterstatterin Mag. Susanne Neuwirth: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in Schriftform vor. Ich komme daher zum Antrag.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 16. De­zember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


17.28

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist das erklärte Ziel dieser Bundesregierung, Vollbeschäftigung in diesem Land zu erreichen. Zur Erreichung dieses Zieles gibt es die verschiedensten Wege und Möglichkeiten, organisatorische Maßnahmen und vieles mehr. Eine große Bedeutung haben dabei die Betriebe in unserem Lande – die großen genauso wie die mittleren und die kleinen.

Eine wesentliche Maßnahme und eine „dienende Hand“ zur Erreichung dieses Zieles ist auch die Einrichtung des Arbeitmarktservice, des AMS. Ich habe mich der Mühe unterzogen, einmal die Finanzströme des Arbeitmarktservice zu durchleuchten, und zwar – wir sind ja in der Länderkammer dieser Republik – einmal im Hinblick darauf, wie das mit dem Aufkommen und der Verwendung der Gelder in den verschiedensten Bundesländern ausschaut.

Man kommt auf enorme Ungleichgewichtigkeiten, enorme Differenzen, wenn man sich vor Augen führt, was jedes Bundesland an Aufwendungen, an Beiträgen in die Arbeits­losenversicherung einzahlt und was andererseits vom AMS zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit, also für Vermittlungstätigkeit aufgewendet wird. Mir ist da zum Beispiel aufgefallen, dass die Arbeitnehmer meines Bundeslandes Oberösterreich mehr als 779 Millionen in die Arbeitslosenversicherung einbringen, im Gegensatz dazu Wien vom AMS Mittel beansprucht, die um 259 Millionen höher sind als das Aufkommen in diesem Bundesland. Das heißt, dass andere Länder für die Beseitigung der Arbeits­losigkeit in Wien natürlich mitbezahlen müssen.

Ich bin zwar für Solidarität – sie ist wichtig! –, aber ich glaube, dass Föderalismus auch Wettbewerb bedeutet, dass wir uns bemühen müssen, überall die besten Methoden anzuwenden, um das Ziel Vollbeschäftigung in diesem Lande wirklich zu erreichen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Es fällt nämlich dabei auf, dass es schon Unterschiede darin gibt, wie man an dieses Ziel herangeht. Ich will gar nicht Wien oder einem anderen Bundesland die Rute ins Fenster stellen. Es hat sogar einen Projektversuch gegeben: Es sind ein Jahr lang Beschäftigte des AMS Oberösterreich in einem Coaching-Projekt in der AMS-Geschäftsstelle Dresdnerstraße, Brigittenau, tätig gewesen. Bezirksvorsteher Lacina hat sich über diesen Projektversuch sehr gefreut, weil er nach einem Jahr dazu geführt hat, dass in dieser speziellen Geschäftsstelle Dresdnerstraße die Arbeitslosigkeit unter Assistenzleistung der Trainer des AMS Oberösterreich um 14,7 Prozent gesunken ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich muss noch Folgendes ergänzen: Wie schaut es denn in den restlichen AMS-Geschäftsstellen in Wien aus? – Dort ist die Arbeitslosenrate nur um 3,3 Prozent gesunken. Da muss man doch zu denken anfangen und fragen: Bitte, was ist da los? Da muss meiner Meinung nach irgendwo der Wurm drinnen sein.

Wenn man jetzt diese Senkung der Arbeitslosigkeit um 14,7 Prozent auf alle AMS-Geschäftsstellen in Wien hochrechnet, dann kommt man auf eine Höherbeschäftigung von 11 800 Personen in Wien! 11 800 Personen mehr hätten Arbeit gefunden, wenn in


Bundesrat
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allen Geschäftsstellen in diesem Jahr so gearbeitet worden wäre wie in der Dresdner­straße. Hochachtung vor diesen Leuten! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich habe mir auch angeschaut, was ein Vermittlungsfall in den Bundesländern kostet. Die Kosten für die Vermittlung eines Arbeitslosen in den Zustand der Arbeit fallen sehr unterschiedlich aus. Österreichweit ist der Durchschnittswert 9 384 €. So viel kostet die Vermittlung eines Arbeitslosen in den Zustand der Arbeit.

In Wien kostet dieses Projekt pro Person 20 000 €, im Burgenland 8 000 €, in Kärnten 6 000 €, in Salzburg 5 000 €, in der Steiermark 9 000 € – das liegt im Schnitt –, in Tirol 4 900 € und so weiter. Ich glaube, es sollte uns in der Länderkammer schon zu denken geben, dass es da so unterschiedliche Tätigkeiten und Kosten gibt.

Wenn man diese Einsparungen, 20 000 € pro Person, auf ganz Wien umlegt, hätte das Arbeitsmarktservice für die anderen Bundesländer in Österreich um 236 Millionen € mehr zur Verfügung. Das sind Unsummen an Geld! Das ist eine enorme Summe, die man für produktive Arbeitsmarktverwaltung, für Innovation und für andere Fördermaß­nahmen verwenden könnte. Ich glaube, das wäre es wert, noch genauer angesehen zu werden.

Dankenswerterweise sind andere Geschäftsstellen sehr an diesem Modell interessiert. Ich habe große Hoffnung, dass damit die Produktivität des Arbeitsmarktservice erhöht wird und dass wir mehr Leute in Arbeit bringen können. Was nämlich die Beschäftigten der AMS-Geschäftsstelle Brigittenau zusammenbringen, das bringen andere in ande­ren Wiener Gemeindebezirken genauso zusammen, wenn sie entsprechend angeleitet und zur Produktivität hingeführt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich denke, dass es hoch an der Zeit ist, alle optimierenden Maßnahmen auszu­schöpfen, um mehr Leute in Arbeit zu bekommen, um unser gemeinsames Ziel – da, glaube ich, besteht hier im Haus kein Unterschied –, weitgehend Vollbeschäftigung in diesem Lande zu haben, auch tatsächlich zu erreichen. Dafür sollten wir uns einsetzen, das wäre das Ziel auch wert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.36

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Giefing. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


17.36

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mit diesem Tagesordnungspunkt steht in Wirklich­keit wiederum die Umsetzung einer EU-Richtlinie auf dem Programm unseres nationa­len Parlaments.

Bereits mit 31. Dezember 2003 hätte diese Richtlinie umgesetzt werden müssen. Seit einem Jahr ist man also schon säumig. Ich hätte gedacht, dass die Regierung diese Überzeit in Anspruch nimmt, um ein ordentliches Gesetz zu fabrizieren. Bedauerlicher­weise wird diese EU-Richtlinie jedoch nur sehr unzureichend erfüllt, Teile davon werden gar nicht umgesetzt. Wenn es um die Rechte und den Schutz der Arbeit­nehmer und Arbeitnehmerinnen geht, lässt sich die Regierung, wie so oft, sehr viel Zeit.

Zum Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz. Das Recht auf Versetzung bei gesund­heitlichen Problemen wird in der Klausel 4 der Richtlinie ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) – Nein, es sind alle drei Punkte zusammengefasst. (Bundesrätin Bachner: Du bist beim falschen Tagesordnungspunkt!) – Wir haben alle drei zusammengefasst. (Bundesrätin Bachner: Nein, nein! Jetzt ist Arbeitsmarkt


Bundesrat
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dran!) – Ich habe gedacht, es sind alle drei Punkte zusammengefasst. (Ruf: Nein!) Gut, dann räume ich das Feld und melde mich beim nächsten Tagesordnungspunkt wieder.

17.37

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


17.37

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Die vorliegende Gesetzesnovelle findet unsere Zustimmung. (Ruf bei der ÖVP: Bravo!) Der zentrale Grund dafür, warum ich mich zu Wort melde, sind die Ausführungen des Kollegen Kneifel, die mich sehr an eine Aussendung in Oberösterreich vom zuständigen Wirt­schaftslandesrat in Kombination mit dem zuständigen Wirtschaftskammerpräsidenten in Bezug auf die AMS-Gelder erinnert.

Ich möchte diesbezüglich schon klarstellen, dass es einer differenzierten Analyse bedarf. Diese ewigen Polemiken um das schlechte Wien – und alles andere sei doch so gut! – sind einfach völlig verkürzt und undifferenziert. (Ruf bei der ÖVP: ... Fakten gesammelt!) Das AMS Oberösterreich leistet gute Arbeit. Ich denke, erfolgreiche Modelle sollen ausgetauscht werden, aber klar ist auch, dass die Einnahmenstruktur in Wien eine andere ist, genauso wie die Ausgabensituation auf Grund dessen, dass Wien einfach in einer anderen Situation ist. Sie haben andere Problemlagen in Bezug auf die Jugendarbeitslosigkeit, auf die Altersarbeitslosigkeit, genauso auf die Lang­zeitarbeitslosigkeit.

Wien hat eine andere spezifische Situation in Bezug auf Zuzugsgebiet, kulturelles Zentrum, Bildungs- und Gesundheitszentrum. Diesbezüglich gibt es andere Einnah­men- und Ausgabenströme, und das gilt es mit zu berücksichtigen.

Dass es ein erfolgreiches Modell gibt in Oberösterreich und, wie ich annehme, sicher­lich auch in vielen anderen Regionalgeschäftsstellen in Österreich, ist gut so, darauf können wir stolz sein und es auch sozusagen woanders implementieren wollen. Aber generell gilt es auch, an den Wirtschaftsminister die Forderung zu stellen, die ent­sprechenden AMS-Mittel zur Verfügung zu stellen – er ist ja heute da (Bundesrat Dr. Kühnel: Noch mehr Geld, noch mehr Arbeitsplätze!) –, und damit ist es, so hoffen wir, in Zukunft wieder in besseren Händen, als es bislang war. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.39

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Bar­tenstein. – Bitte.

 


17.40

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Danke vielmals – auch für die offensichtlich breite Zustimmung zu dieser Vorlage, die im Wesentlichen dafür sorgt, dass dann, wenn jemand Anspruch auf eine Korridorpension hat und auch wenn diese Korridorpension in Anspruch genommen wird, trotzdem beim Arbeitgeber der Malus anfällt; selbstverständlich nur dann, wenn der Arbeitgeber seinen Beitrag zu diesem Übertritt in die Korridorpension leistet, das ist klar.

Aber lassen Sie mich in zwei oder drei Minuten auf das eingehen, was Herr Bundesrat Kneifel und Frau Bundesrätin Lichtenecker gesagt haben.

Natürlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehe ich davon aus, dass in Fragen der AMS-Beiträge, auch in Fragen der Steuern, Stichwort Finanzausgleich, auch zum Beispiel in der Frage, ob Saisoniers beschäftigen oder nicht beschäftigen –


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auch das ist regional durchaus unterschiedlich –, das Prinzip der Solidarität ein in diesem Land unbestrittenes ist.

Ich gehe weiters davon aus, dass mir dann, wenn man mich frägt: Welches ist denn der regionale Arbeitsmarkt in diesem Lande, wo die Dinge am besten stehen?, Ober­österreich einfällt. Oberösterreich ist am nächsten an der Vollbeschäftigung dran, Oberösterreich hat ein exzellent agierendes AMS mit Herrn Obrovski und seinem Team an der Spitze. Das ist nicht nur Glück, sondern Oberösterreich hat auch eine Struktur von Unternehmungen, wo einige exzellente ganz Große, zum Beispiel die Voest, aber auch sehr viele exzellente Mittelständler tätig sind; durchaus Mittelständler, die in ihren Marktnischen Weltmarktgeltung haben:  Engel, Miba, viele andere.

So gesehen ist es nahe liegend, dass man auf das Know-how, das in Oberösterreich vorhanden ist, zurückgreift, um dort, wo vieles zusammenkommt, natürlich auch die Phä­nomene der Großstadt, der besonders großen Großstadt, der Hauptstadt, Optimie­rungen auf dem Arbeitsmarkt vorzunehmen. Wenn dieses Pilotprojekt jetzt ein gelun­genes Beispiel dafür ist, dass mit gewissermaßen nicht eingekauftem, sondern geliehenem Know-how überproportional gute Erfolge erzielbar sind, dann spricht manches dafür, aus diesem Pilotprojekt mehrere zu machen.

Ich bitte den Bundesrat um Verständnis dafür, dass ich nicht derjenige sein möchte, der sagt: Die Mittel sind zu viel, dahin, dorthin!, sondern dass ich das, soweit möglich, den sozialpartnerschaftlichen und auch den regionalen Entscheidungsträgern im Ver­antwortungsbereich des AMS überlassen möchte. Dass hier Diskussionen geführt werden, ist klar, aber wenn es am Schluss ein einvernehmliches Ergebnis zwischen Landesgeschäftsführern und Bundesgeschäftsführern gibt, wenn es hier vor allem im Verwaltungsrat des AMS dann mit Zweidrittelmehrheit der Sozialpartner Gemeinsam­keiten gibt, so soll mir das recht sein und Ihnen sicher auch.

Ziel bleibt die Vollbeschäftigung. Wir sind ein Stück weit davon entfernt, das ist klar. Wenn die Wirtschaftsdaten so bleiben, wie sie angekündigt sind, nämlich 2,5 Prozent Wachstum im nächsten Jahr, dann kann ich Ihnen, meine Damen und Herren des Bundesrates, die Prognose stellen: Die Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr wird rück­läufig sein! Voraussetzung dafür, wie gesagt, ist ein Wirtschaftswachstum von jenseits 2 Prozent. Aus Sicht Österreichs werden wir diese Prognose halten können. Ich lese aber gerade in diesen Stunden, dass ein weiteres, ein deutsches Wirtschaftsfor­schungsinstitut die Prognosen für Deutschland von ohnehin nur 1,5 Prozent auf 1,3 Pro­zent zurückgenommen hat. Keiner von uns kann vorhersagen, wie sich der Euro im Verhältnis zum Dollar im nächsten Jahr entwickeln wird und wie letztlich der Ölpreis aussehen wird – zwei ganz entscheidende Größen mit Einfluss auf die Wirt­schaftswachstumsdaten.

So gesehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehe ich davon aus, dass die gesamtösterreichische Solidarität sich innerhalb des AMS und auch der Mittelverteilung weiterhin findet, und unterstütze alle Bestrebungen, dann, wenn man besonders gute Erfolge in einem Bereich erzielt hat, zu versuchen, diese Erfolge auch in andere AMS-Verantwortungsbereiche, in andere Regionen, unter anderem auch in die Bundes­hauptstadt Wien, zu transferieren. – Danke, Herr Vorsitzender. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.44

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.


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Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

25. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (664 d.B. und 774 d.B. sowie 7188/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir kommen nun zu Punkt 25 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Bader. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


Berichterstatter Karl Bader: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, den Bericht des Aus­schusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden, zu erstatten.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 16. De­zember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bachner. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


17.46

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir beraten heute die Änderung des Arbeitszeitgesetzes und das Arbeitsruhegesetz. Dies ist in Umsetzung der Arbeitsrichtlinie der Euro­päischen Union für das Bordpersonal geschehen.

Leider findet sich in der gesetzlichen Vorlage, die wir heute beraten, nicht die kom­plette Umsetzung der Richtlinie, die vorgegeben ist. Zum Beispiel sieht die Richt­linie der Europäischen Union unter anderem auch Schutzmaßnahmen bei Versetzung, bei gesundheitlichen Problemen, speziell bei Nachtarbeit und so weiter vor. Das wurde in unserer Vorlage, die wir jetzt beraten, nicht nachvollzogen.

Weiters fehlt uns – und da haben wir große Bedenken – eine gleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit. Diese fehlt in der Vorlage zur Gänze. Es soll zwar das Arbeits­zeitgesetz für das fliegende Personal gelten, jedoch ohne klare Regelung der Arbeits- und Ruhezeiten. Diese Regelung soll durch bescheidmäßige Genehmigung auf Antrag des jeweiligen Luftfahrtunternehmens erfolgen. Angesichts des hohen Konkurrenz­druckes bei den Luftfahrtunternehmen, den wir alle kennen, können wir uns lebhaft vorstellen, was dies für die Beschäftigten in der Luftfahrt bedeutet. Das Luftfahrtunter­nehmen sagt, was es will, die Behörde stellt den entsprechenden Bescheid aus, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfahren dann, wann sie arbeiten und wann sie ruhen dürfen. Jegliche Mitbestimmung ist bei dieser Gesetzesvorlage ausgeschaltet.


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Wir können uns schon jetzt vorstellen, welche Interessen den Vorrang bekommen werden. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die Interessen der Arbeitnehmer mehr bewertet werden als die des Luftfahrtunternehmens, zumal wir auch immer wieder über Standortsicherung und so weiter reden. Wir sehen hier eine starke Gefährdung der Rechte der Arbeitnehmer. (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Auf Grund der Möglichkeit der Arbeitszeitregelung per Bescheid ist aus unserer Sicht auch noch einzuwenden, dass es dadurch für die Verkehrsinspektoren sehr schwierig werden wird, Arbeitszeitregelungen auch tatsächlich nachzuvollziehen und etwaige Überschreitungen zu beanstanden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Aus unserer Sicht gehören Arbeitszeitregelungen so gestaltet, dass sie jedenfalls im Gesetz festgeschrieben sind und nicht, wie in diesem Fall, durch Bescheid geregelt werden. Deshalb wird unsere Fraktion diesem Gesetz nicht die Zustimmung geben. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Heimflug – vor allem einen sicheren! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.49

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bun­desrat Saller.

 


17.49

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Festzustellen ist eingangs auf alle Fälle, dass durch diese Regierungsvorlage eine EU-konforme Rechtslage geschaffen wird. Wir schaffen ein Gesetz für die Luftlinien, die es in Österreich gibt, eine Regelung, die längst fällig war. Andere waren säumig; mich wundert, dass der Gewerkschaftsbund und so weiter hier nicht schon längst tätig geworden sind. (Bundesrätin Bachner: Dürfen jetzt wir die Gesetze machen? Das freut mich! Sie brauchen es mir nur zu sagen, ich habe nichts dagegen!) Nein, aber man kann Initiativen setzen und etwas tun, aber diesbezüglich ist wenig geschehen.

Worum geht es? – Wir schaffen unter anderem eine notwendige und gewünschte Sonderregelung von Mindestruhe- und Höchstarbeitszeiten unter Beibehaltung des bis­herigen Systems der bescheidmäßigen Festsetzung. Konkret bedeutet das 96 arbeits­freie Kalendertage pro Jahr, mindestens sieben arbeitsfreie Kalendertage pro Monat und ebenso die Pflicht zur Bekanntgabe dieser arbeitsfreien Kalendertage mindestens zehn Tage im Voraus.

Es gibt keine negativen Auswirkungen, sondern vielmehr Verbesserungen in Bezug auf effiziente Maßnahmen, was das Arbeitsinspektorat betrifft. Das muss man schon auch anfügen, das ist auch positiv zu sehen.

Es steht noch eine Verordnung des EU-Parlaments ins Haus, daher ist die besondere Detaillierung sicher auch ein Problem; es könnte ja durchaus sein, dass wir das in absehbarer Zeit wieder ändern müssen.

Ich darf noch einmal feststellen, dass es um eine EU-konforme Übertragung einer seit Jahrzehnten bestehenden Praxis und rechtlichen Regelung geht, wobei es bislang keine Probleme gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP.)

17.51

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 155

17.51

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Gleich anknüpfend an die Ausführungen meines Vorredners, der auf eine bevorstehende Regelung seitens der EU hingewiesen hat: Es wäre mir neu, dass Österreich nicht auch selbständig Rege­lungen treffen kann. Es würde sich auch diese Regelung auf eine EU-Richtlinie beziehen.

Zweitens wäre es mir auch neu, dass die österreichische Bundesregierung Gesetze deshalb nicht beschließt, weil sie weiß, dass sie diese in absehbarer Zeit wieder ändern muss. Genau das passiert nämlich momentan doch des Öfteren.

Nun zum Thema. Wie schon meine Vorrednerin, Frau Bachner, gesagt hat, halten auch wir die bescheidmäßige Festsetzung für ein Problem. Die Bescheide des Minis­teriums haben sich vor allem an den Erfordernissen zur Sicherstellung der Flugsicher­heit zu orientieren, und ich meine, Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutz sollte doch eigens geregelt werden. Ich stelle mir das nicht so vor, dass das in einen Bescheid hineingeschrieben wird.

Es ist zwar von der EU durch diese Richtlinie die Möglichkeit gegeben worden, diese Regelungen auch bescheidmäßig zu treffen, allerdings hat sich das auf Länder bezogen, die eine andere Rechtstradition haben. In Österreich ist Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz immer noch etwas, was in Gesetzen festgehalten wird, und nicht etwas, was per Verordnung kommt. Ich finde, das sollte man beibehalten. Aus diesem Grund werden wir dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.53

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, Sie haben das Wort. – Bitte.

 


17.53

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Vorsitzen­de! In aller Kürze: Entscheidend ist, glaube ich, die Anmerkung von Herrn Bundesrat Saller, nämlich dass es um die Fortführung einer seit Jahrzehnten bestehenden Regelung geht, und nicht – so wie Sie den Eindruck versucht haben zu vermitteln, Frau Bundesrätin Bachner –, dass das etwas Neues wäre: Arbeitszeitregelung per Be­scheid.

In einem gebe ich Ihnen Recht, nämlich dass es durchaus eine Variante ist, natur­gemäß von dieser bescheidmäßigen Genehmigung abzugehen und die Substanz im Gesetz zu verwirklichen. Wir haben darüber nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, da in absehbarer Zeit auf EU-Ebene eine neuerliche Veränderung erfolgen wird, dass wir dann unsere Arbeitszeitgesetzgebung darauf abstellen.

Nochmals: Erstens handelt es sich bei der bescheidmäßigen Genehmigung um die Fortführung einer seit Jahrzehnten bestehenden Praxis.

Zum Zweiten ist erstmals das Bordpersonal nicht explizit vom Arbeitszeitgesetz ausge­nommen, sondern, ganz im Gegenteil, erfasst. So gesehen eine schrittweise Inte­gra­tion unter das Dach des Arbeitszeitgesetzes.

Nachdem die Air Operator’s Certificate Verordnung, diese AOCV, bereits einige Tage nach dem Ministerratsvortrag neu erlassen wurde, gibt es für die bescheidmäßige Erteilung dann auch die entsprechenden Voraussetzungen, und zwar sowohl in


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Sachen Luftverkehrssicherheit als auch in Sachen Arbeitnehmerschutz. Wenn Sie so wollen, eine deutliche Besserstellung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.54

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung. – Ich darf bitten, dass zur Abstimmung Platz ge­nommen wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (547 d.B. und 775 d.B. sowie 7189/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Bader übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Karl Bader: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird.

Dieser Bericht liegt Ihnen allen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pehm. – Bitte.

 


17.56

Bundesrat Mag. Georg Pehm (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als ich mich vergangenes Wochenende auf diesen Tagesordnungspunkt vorbereitet habe, sind mir zum Beispiel Michael Scharang beziehungsweise sein Roman „Der Sohn eines Landarbeiters“ und die Romane von Franz Innerhofer „Schöne Tage“ oder „Schattseite“ in der Bibliothek in die Hände gefallen. Ich erwähne diese beiden deshalb – Michael Scharang, Franz Innerhofer –, weil sie in ihren großartigen Werken das schwere Leben von Landarbeiterinnen und Landarbeitern in den fünfziger, sech­ziger bis herauf zu den siebziger Jahren beschrieben haben.

Landarbeiterinnen und Landarbeiter in Österreich führen ein schweres, ein schwieriges Leben, obwohl sich daran selbstverständlich einiges geändert hat, vieles zum Bes­seren. Diese Berufsgruppe ist heute selbstbewusst wie andere auch. Sie verfügt über


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Rechte wie andere auch. Sie erzeugt hervorragende Produkte, was beispielsweise auch an den burgenländischen Winzerinnen und Winzern zu sehen ist.

Aber ebenso richtig ist heute nach wie vor: Die Arbeit in einem Weingarten beispiels­weise jetzt bei Minusgraden ist Schwerstarbeit! Die Arbeit im Sommer bei 35 Grad im Schatten draußen auf dem Feld ist Schwerstarbeit! Die Arbeit im Wald bei Schneelage, jetzt beispielsweise, oder in anderen Situationen, die physisch enorme Ansprüche an die Arbeitskräfte stellen, ist Schwerstarbeit!

Dazu kommt noch, dass viele dieser Arbeiten in einem gefährlichen Umfeld stattfinden. Dazu kommt noch, dass sie oftmals unter Zeitdruck, unter Stress stattfinden müssen. Zuletzt kommt noch hinzu, dass viele dieser Arbeiten nicht wirklich toll bezahlt werden. – Landarbeit ist also Schwerstarbeit!

Was schlagen Sie jetzt mit dieser Novelle vor? Ist das eine Verbesserung für eine Personengruppe, die wirklich Schwerstarbeit verrichtet? – Sicherlich kann man positiv erwähnen, dass die Absicht besteht, im Arbeitnehmerschutz einen weiteren Schritt zu setzen. Man kann positiv anführen, dass jetzt Landarbeiterinnen und Landarbeiter ebenfalls die Möglichkeit erhalten, Familienhospizkarenz in Anspruch zu nehmen. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wird angehoben, das ist ebenfalls ein positiver Punkt.

Wesentlich schwer wiegender, wesentlich gravierender sind die Verschlechterungen in diesem Landarbeitsgesetz, die 25 000 Landarbeiterinnen und Landarbeiter schlechter stellen, als das bisher der Fall war.

Da ist einerseits vor allem die Streichung der Urlaubsentschädigung für diese 25 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu nennen und andererseits natürlich die Streichung des Postensuchtages für diese Berufsgruppe. Das, was Sie hier tun, bewirkt, dass jemand, der beispielsweise viele Jahre als Landarbeiter in Kärnten gearbeitet hat, jetzt aber nicht mehr arbeiten kann, nicht einmal mehr das Recht auf einen Postensuchtag hat, wenn er selbst diese anstrengende Berufstätigkeit aufgeben muss. Und für solch ein Signal stehen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht zur Verfügung.

Landarbeiter verrichten Schwerstarbeit – machen Sie es Ihnen nicht noch schwerer. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.00

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Bo­gensperger. – Bitte.

 


18.01

Bundesrat Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch nur kurz zur Änderung des Landarbeitsgesetzes sprechen.

Kollege Pehm hat es vorhin schon gesagt: Es kommt hiemit zu einer dringend not­wendigen Anpassung zwischen Arbeitern und Angestellten. Die in diesem Segment Beschäftigten, früher als Mägde und Knechte bezeichneten Arbeiter, haben es auch heute nicht leicht. Denken wir nur, wie Sie gesagt haben, an die Forstarbeiter, an die Landarbeiter in den Großbetrieben, die bei jedem Wind und Wetter hinaus und ihre Arbeit im Freien verrichten müssen.

Es ist das auch heute oft noch sehr schwere körperliche und gefährliche Arbeit. Gott sei Dank hat sie heute aber ein anderes Image. Die in diesem Bereich Beschäftigten haben auch selbst sehr stark daran gearbeitet, dass ihr Berufsbild verbessert wurde.


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Da sind ja nicht nur einfache, sondern oft auch sehr schwierige Arbeiten zu verrichten. Es gibt heute Spezialmaschinen, wenn wir da auch wieder nur an den Forstbereich denken, Einrichtungen, und es steckt viel Erfahrung dahinter, dass man mit diesen Geräten und Maschinen umgehen kann.

Kollege Pehm hat vom Entfall der Postensuchtage gesprochen. Dazu muss man ergänzen: Der Entfall des Postensuchtages kommt nur bei Selbstkündigung zum Tragen, also wenn die Landarbeiter selbst kündigen, dann entfällt der Tag; wenn der Betrieb den Mitarbeiter kündigt, gibt es den Tag nach wie vor. (Bundesrat Mag. Pehm: Ja, bei Selbstkündigung entfällt er!)

Ich möchte von hier aus dem Präsidenten Abgeordneten zum Nationalrat Josef Winkler dafür danken – er ist der Präsident der Landarbeiter –, der sich unermüdlich für die Anliegen dieser Menschen einsetzt. Es ist dies eine relativ kleine Gruppe, aber nichtsdestotrotz steht ihr ein starker Mann vor, und ich möchte ihm recht herzlich dafür danken, dass er sich so stark dafür einsetzt.

Ich denke, dass mit diesem Gesetz eine Anpassung von Arbeitern und Angestellten gegeben ist, und hoffe auf Ihre Unterstützung für diese Gesetzesvorlage, da diese eine wirkliche Verbesserung für diese Personen bringt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.03

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Herr Bundesminister, Sie haben das Wort.

 


18.03

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Österreichs Landarbeiter sind in der Tat eine kleine, aber wichtige Gruppe unserer Bevölkerung und des Wirtschaftslebens; es ist das von beiden Red­nern sehr richtig beschrieben worden.

Ich bin nicht der Meinung, dass es ein ausgesprochener Nachteil ist, im Fall einer Selbstkündigung keinen freien Tag zur Postensuche zu erhalten. Das ist vielmehr eine Frage der Angemessenheit. Wenn ich selbst aktiv beschließe, den Arbeitgeber zu wechseln, braucht es dann ... (Bundesrat Mag. Pehm: Oder beschließen muss!) – Das gibt es, Herr Bundesrat, nicht, sondern wenn, dann eventuell krankheitshalber und aus ähnlichen Gründen.

Ich glaube, das ist eine Frage der Gerechtigkeit genauso wie die Urlaubsaliquotierung. Sie haben das, Herr Bundesrat, mit anderen Worten umschrieben. Aber tatsächlich ist diese Urlaubsentschädigung denjenigen zugute gekommen, die ganz genau kalkuliert haben, wie sie vorgehen müssen, wann zu kündigen ist, um dann beim nächsten Arbeitgeber wieder den vollen Urlaubsanspruch zu haben.

Im Sinne der 90, 95 Prozent der Arbeitnehmer, die solche Überlegungen nicht ange­stellt haben, war es eine Frage der Fairness und Gerechtigkeit, diese Änderung herbeizuführen.

Manch andere Maßnahme wird für Österreichs Landarbeiter nachvollzogen. Auch ich schließe mich dem Präsidenten der entsprechenden Kammer, Herrn Abgeordnetem zum Nationalrat Winkler, an; er hat sich da unermüdlich eingesetzt. Letztlich sind diese gesetzlichen Veränderungen auch ein Ausfluss des Engagements des Präsidenten der Landarbeiterkammern. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.05

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.


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Weitere Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit; der Antrag ist somit angenommen.

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landes­leh­rer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Ausschreibungsge­setz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Auslandszu­lagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landesvertragslehrergesetz 1966, die Reisege­bührenvorschrift 1955, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertrags­lehrer­gesetz und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2004) (685 d.B. und Zu 685 d.B. und 767 d.B. sowie 7190/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 27. Punkt der Tages­ordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg über­nommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg: Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Be­schluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend die Dienstrechts-Novelle 2004 zur Kenntnis bringen.

Der Ausschussbericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Ich darf berichten, dass der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus nach Bera­tung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke sehr.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


18.07

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Mit der vorliegenden Dienstrechts-Novelle 2004 werden insgesamt 18 Gesetzesänderungen mit eingebaut. Vorausgegangen sind in-


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ten­sive sozialpartnerschaftliche Verhandlungen der Bundesregierung mit der Ge­werkschaft öffentlicher Dienst. Das Ergebnis kann als konsensualer sozialpartner­schaftlicher Kompromiss bezeichnet werden.

Allgemein positiv zu bewerten – das wurde auch so bewertet – ist der respektable Gehaltsabschluss von 2,3 Prozent, der den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffent­lichen Dienst eine spürbare Anpassung bringt und in den Gehaltsschemata ent­sprechend wirksam wird. In Gehaltsabschlüsse der letzten Jahre wurden immer wieder auch Einmalzahlungen mit eingebaut, die natürlich nicht schemawirksam sind – davon wurde abgegangen.

Die Bundesbediensteten haben in den letzten Jahren bereits einen großen Beitrag zur Budgetkonsolidierung, und zwar durch Posteneinsparungen und Ausgliederungen erbracht und haben sich – als oft zu Unrecht in Misskredit gebrachte Berufsgruppe – diesen Abschluss redlich verdient.

Die Diskussion um eine moderne Gehaltsentwicklung als Umverteilung der Lebens­verdienstsumme ist mit diesem Gehaltsabschluss ebenfalls lanciert worden. So, wie bereits in einigen Verwaltungsebenen der Länder diskutiert wird, wird jetzt auch im Bereich des Bundes eine derartige Reform in die Wege geleitet.

Als logische Konsequenz ist in diesem Zusammenhang auch die Vorgabe zur Einführung einer Pensionskasse für den öffentlichen Dienst verhandelt worden, wobei dabei nicht auf die in den ausgelagerten Betrieben des Bundes beschäftigten Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter vergessen werden sollte.

Für die Landesbediensteten des Landes Vorarlberg wurde bereits im Jahre 2001 eine umfassende Gehaltsreform durchgeführt, die eine Umverteilung der Lebensverdienst­summe zum Inhalt hat. Höhere Einstiegsgehälter und ein degressiver Verlauf der Gehaltsentwicklung sind Eckpunkte. Also: Weg vom Senioritätsprinzip – hin zu einer Gehaltsentwicklung, die es jungen Familien ermöglicht, entsprechende Gehälter für Investitionen zu lukrieren. Damit verbunden ist auch ein modernes Dienstrecht, mit welchem unter anderem eine Abschaffung der Pragmatisierung vorgesehen ist.

Die Vorarlberger Gemeinden haben – ebenfalls in mehrjähriger Aufbauarbeit – eine in den Grundzügen identische Reform ausgearbeitet. Dieser Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der Begutachtungsphase und bringt den NeueinsteigerInnen sowie jenen Kolleginnen und Kollegen, die in das neue System optieren, ebenfalls wesentlich höhere Einstiegsgehälter.

Die Ernennungserfordernisse des alten Dienstrechtes wurden auch in ein funktions­bezogenes System umgewandelt: Somit entscheidet nicht unbedingt die Schulbildung über eine Einstufung, sondern die bewertete Stelle ist der entscheidende Faktor.

Mit diesen Reformen verbunden war auch die Einführung einer Pensionskassa für alle Landes- und Gemeindebediensteten, und zwar bereits im Jahre 2002.

Wichtig ist auch der in der letzten Nationalratssitzung eingebrachte und von allen vier Parteien getragene Entschließungsantrag, in dem die Bundesregierung ersucht wird, ein einheitliches Bundes-Mitarbeiterrecht unter Berücksichtigung berufsspezifischer Anforderungen auszuarbeiten. Weiters wird die Bundesregierung darin ersucht, sachgerechte, funktions- beziehungsweise arbeitsplatzbezogene Lösungsmodelle für den öffentlichen Dienst – in Anlehnung an das „Bologna-Modell“ – dahin gehend zu entwickeln, dass bei Gewährleistung einer Gleichwertigkeit von Fachhochschul- und Studienabschlüssen mit Universitätsabschlüssen die Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen dienst- und besoldungsrechtlich die gleiche Behandlung wie Universitätsabsolventen erfahren. (Unruhe im Saal.)


Bundesrat
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Eine besondere Neuerung bringt auch die Normierung des gesetzlichen Mindest­rah­mens für Telearbeit im Dienstrecht der Beamten und Vertragsbediensteten. Damit verbunden ist auch eine familienpolitische Maßnahme, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert.

Es bleibt zu hoffen, dass diese Maßnahmen rasch von den Ländern und Gemeinden übernommen werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.12

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, es freut mich, wenn sich alle so gut verstehen und miteinander plaudern, fragen, wie’s geht und so weiter. Das ist alles sehr erfreulich, nur: Ich würde trotzdem bitten, dem Redner zuzuhören!

Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Neuwirth. – Bitte.

 


18.12

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Dienstrechts-Novel­le 2004 handelt es sich, wie wir bereits detailliert gehört haben, einerseits um den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst für 2005 und andererseits um zahlreiche Detailverbesserungen, die einvernehmlich zwischen Bund und Gewerkschaft öffentli­cher Dienst vereinbart wurden, so zum Beispiel die Telearbeit für Beamte, die Anpassung der Anlagen an vorgenommene Organisationsänderungen, die Arbeits­platzbewertung und viele andere Dinge mehr.

Grundsätzlich ist zu diesem Gesetz zu sagen, dass es viele positive Bestimmungen enthält, die auch unsere Zustimmung finden. Es ist außerdem wirklich außerordentlich erfreulich, dass es zu diesem konsensualen Abschluss zwischen der Gewerkschaft öffentlicher Dienst und dem Dienstgeber auf Seiten des Bundes gekommen ist. Eine derartige Vorgangsweise würden wir uns auch in anderen Bereichen wünschen. Leider ist es ja zumeist nicht der Stil dieser Bundesregierung, dass die Betroffenen in die Verhandlungen mit einbezogen werden und auch auf sie gehört wird, wie zahllose andere Beispiele – einige davon haben wir ja auch heute schon diskutiert und werden wir morgen noch diskutieren – zeigen.

Zurück zur gegenständlichen Novelle. Folgendes ist nämlich trotzdem bedauerlich an diesem heutigen Beschluss: Durch eine Neuformulierung der Bestellungserfordernisse für Beamte wird klargestellt, dass momentan ausschließlich Absolventen von Univer­sitäten als Akademiker gelten und folglich nur diese A-Beamte werden können, nicht aber Absolventen von gleichwertigen Fachhochschulen. Das ist derzeit so. Das ist aber schade, denn wenn man sich zum „Bologna-Prozess“ bekennt – und ich nehme an, Sie alle bekennen sich dazu –, dann müsste man ja gleichwertige Studien mit gleichen Punktezahlen auch gleich behandeln.

Man hätte also durchaus die Chance ergreifen und gleich in diesem Gesetz diese Punkteanzahl festlegen können. In Wirklichkeit gibt es nämlich gar kein Problem, gesetzlich sicherzustellen, dass dort, wo akademische Abschlüsse oder besondere Qualifikationen erforderlich sind, die akademisch sind, die Planstellen auch mit Absolventen von Fachhochschulen besetzt werden. Das einzige Problem, sehr geehrte Damen und Herren, das es derzeit wirklich gibt, ist, Bakkalaureats-Absolventen in das Bundessystem einzubauen. Auch da wäre es absolut wichtig, möglichst rasch zu einer Regelung zu kommen, um den bereits Studierenden – diese sind ja schon in Ausbildung – in diesem Bereich auch mitteilen zu können, welche Chancen das Bakkalaureat künftig im öffentlichen Dienst haben wird.


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Es ist also zu bedauern, dass die Chance im Nationalrat nicht ergriffen wurde, diesem Entschließungsantrag der SPÖ zuzustimmen; wir hoffen aber dennoch auf eine rasche Neuregelung auch für die Fachhochschulabsolventen.

Da die positiven Ergebnisse überwiegen, stimmt die SPÖ dieser Novelle zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.16

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


18.16

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Morak! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gab ja auch auf Seiten der Grünen massive Bedenken, vor allem wegen dieser Regelung, mit der Fach­hochschulabsolventen und -absolventinnen nicht für höhere Posten im öffent­lichen Dienst zugelassen worden wären. Es gab im Nationalrat dann einen von allen vier Parteien getragenen Antrag, mit dem die Regierung aufgefordert wurde, das ehestbaldig zu reparieren. Ich hoffe sehr, dass dieser Antrag dann auch umgesetzt wird. Ich nehme an, es haben alle Parteien entsprechendes Interesse daran, denn sonst wäre das ja im Nationalrat keine einstimmige Sache gewesen.

Wichtig ist, dass das so schnell wie möglich geschieht. Ich frage mich nur, warum das überhaupt so im ursprünglichen Entwurf geregelt war, so dort dringestanden ist. An ein Versehen kann ich da nicht ganz glauben. Ihre „Begründung“ dafür ist mir bis heute nicht klar.

Zum „Bologna-Prozess“ kann man stehen, wie man will, aber wenn man in Österreichs Bildungspolitik sagt, wir wollen Fachhochschulen, dann muss schon auch klar sein, dass für die Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen die Möglichkeiten klar geregelt sind. Wenn jetzt Leute ihr Studium machen – und das im guten Glauben, dass sie damit auch Chancen im öffentlichen Dienst haben – und feststellen mussten, dem ist nicht so, so ist der Aufschrei, der da durch die Fachhochschulen gegangen ist, absolut nachvollziehbar.

Es kann nicht so sein, meine Damen und Herren, dass Absolventinnen und Absol­venten plötzlich vor der Tatsache stehen, dass sie für ein mögliches Berufsfeld als nicht geeignet betrachtet werden. Ich hoffe, diese Sache wird bald bereinigt!

Im Vertrauen darauf, dass das geschehen wird, werden wir auch hier zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.17

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.


Bundesrat
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28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Privatradiogesetz und das Privatfernsehgesetz geändert werden (472/A und 768 d.B. sowie 7191/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg: Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalis­mus über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz und das Privatfernsehgesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich darf weiters berichten, dass der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag stellt, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke sehr.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


18.20

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Staatssekretär! Wir hatten ja schon bei anderer Gelegenheit das Vergnügen, über die heutige Novellierung zum Privatradiogesetz zu diskutieren. Meine Damen und Herren! Seitens der Grünen ist nicht das Gesetz an sich oder das, was hier novelliert wird, das große Ärgernis, sondern es war – worüber ich auch mit dem Herrn Staatssekretär diskutiert habe – immer die Frage, wer sieht wo die Rechtssicherheit.

Während ein privater Sender versucht, den Instanzenweg zu gehen, zum Verwaltungs­gerichtshof geht, mit seiner Beschwerde Recht bekommt, ändern der Gesetzgeber und Sie mit Ihrer Zustimmung heute mitten in einem laufenden Verfahren die Spielregeln. Das ist einmalig, meine Damen und Herren, und bedeutet letztlich für ein junges Unter­nehmen einen neuerlichen Instanzengang, nämlich nun zum Verfassungsgerichtshof. Das kann ja nicht sein. Auch wenn das, was der Verwaltungsgerichtshof hier gefunden und wo der Verwaltungsgerichtshof eine erstinstanzliche Lizenzvergabe sozusagen aufgehoben hat, möglicherweise eine Marginalie ist, die zwischenzeitlich von den beiden betroffenen Sendern geändert wurde, ist es doch bedenklich, wenn wir heute mit einer Beschlussfassung in ein laufendes Verfahren nachträglich eingreifen.

Das Bundeskanzleramt, der Herr Staatssekretär spricht von Rechtssicherheit, nämlich für die beiden anderen Sender. Aber auch der Beschwerde führende Sender muss sagen: Wo ist meine Rechtssicherheit? Ich habe das – Herr Kollege Himmer, Sie wer­den das aus Sicht der Wirtschaft verstehen – finanziert, ich habe einen langen Instanzenweg behördlich finanziert und habe Recht bekommen! Aber Sie beschließen heute nun mit Mehrheit, wir ändern die Spielregeln. Jetzt kann dieser betroffene Sender, Radio Energy, den gesamten Weg auf einer anderen Ebene, nämlich jener des Verfassungsgerichtshofes, gehen und sagen: Moment, der Gesetzgeber kann


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doch nicht während eines Verfahrens die Spielregeln ändern. Das ist keine Rechts­sicherheit für ein Unternehmen!

Herr Kollege Bieringer, das ist jetzt nicht pro oder contra „Welle Salzburg“, das ist auch nicht eine Frage pro oder contra „Kronehit Graz“, sondern es stellt sich einzig und allein diese juristische Frage. Es ist keine Diskussion – und darin bin ich mit dem Herrn Staatssekretär eins –, dass das, was hier zu ändern ist, vielleicht wirklich eine I-Tüpferl-Reiterei war – es wird vielleicht für das Protokoll etwas schwierig sein, das so niederzuschreiben. Die Begründung dafür, dass man einen Bescheid aufhebt, muss man erst einmal finden. Aber es hat etwas gefehlt für diesen Bescheid, und das hat der Verhaltungsgerichtshof festgestellt. Er hat dem Beschwerde führenden Unternehmen Recht gegeben und Bescheide aufgehoben.

Mit Ihrer heutigen Zustimmung greifen Sie da ein. Das möchten wir mit unserer Kontra­stimme im Sinne der Rechtssicherheit, die einmal so und einmal so ist ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, Herr Kollege Bieringer, schauen Sie, das ist ein Totschlag­argument! Es geht um 46 Arbeitsplätze, sagte Kollege Bieringer. Darum geht es auf beiden Seiten. Recht muss Recht bleiben, ob 46 Arbeitsplätze da oder dort. Es ist ein laufendes Verfahren.

Frau Kollegin, ich danke, dass Sie mit Frau Kerschbaum den Ordnerdienst teilen. Ich sehe das rote Licht. Da ich hier der einzige Kontraredner bin, möchte ich das ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Es ist sehr nett, ich finde diese überfraktionelle Zusam­menarbeit rührend. Ich habe den Wink verstanden und werde dem Wink auch Folge leisten. Ich glaube, das, was ich zu sagen hatte, ist gesagt, und ich sehe, dass die Wirtschaft schon meine Argumente zu teilen beginnt. Vielleicht gelingt mir doch eine Überraschung. Auch Kollege Himmer hat schon genickt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

18.24

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hösele. – Bitte.

 


18.25

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei aller Würdigung der Argumente des Kollegen Schennach (Bundesrat Schennach: Sind schon zu würdigen!), da ja doch fast ein Rechts-Ayatollah ... (Bundesrat Schennach: Frau Präsidentin!) Ein Ayatollah des Rechts, so habe ich das gemeint, der eine rechts­fundamentalistische ... (Bundesrat Schennach: Mich als „Rechts-Ayatollah“ bezeich­nen!) Ich hätte gedacht im Sinne einer multikulturellen Toleranz, wie es das immer ist, an sich formulierungswürdig, würde ich meinen, dass ich dann doch einen etwas ande­ren Zugang habe – soll ich jetzt sagen einen rechtspragmatischen Zugang, der eben für Rechtssicherheit sorgen soll.

Ich bin wirklich nicht selbst Hörer des „Kronehit Radio“ in Graz, das ja als „Grazer Stadtradio“ seit 1998 lizenziert ist. Die sind eingeführt, die haben Millioneninvestitionen getätigt. Die werden unter anderem von relativ vielen jungen Menschen gehört, von Menschen, die meiner Familie angehören, allein das würde ich ... (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Nicht nur deswegen, würde ich meinen. Die werden gehört, die haben sich mit großer Schwierigkeit auf dem Markt etabliert.

Insgesamt haben sich seit 1998 viele Privatradios mit großen Schwierigkeiten etabliert. Das duale System hat ja immer wieder gerade in der Gesetzgebung und Rechts­setzung neue Fragestellungen aufgeworfen. In diesem Zusammenhang ist diese kleine Novelle ein weiterer Schritt zur Etablierung eines stabilen dualen Systems, schafft


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Rechtssicherheit, schafft Sicherheit, dass gewisse Sendeformate weitergetragen wer­den können, dass am Medienstandort Österreich die Leute, die in Graz und Salzburg schon auf Sendung sind, auf Sendung bleiben können. Und das ist richtig und gut so.

Ich danke allen, die dieser Gesetzesvorlage zustimmen werden, und insbesondere dem Herrn Staatssekretär, der seit dem Jahre 2000 eine ganze Reihe von Maßnahmen auf die Reihe gebracht hat, damit auch das duale System in Österreich seine Aus­prägung wesentlich verbessern kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.27

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Binna. – Bitte. (Bundesrat Schennach: Binna muss ja die Befangenheit der SPÖ zum Ausdruck bringen!)

 


18.28

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Kollege Schennach, die SPÖ-Fraktion wird diesem I-Tüpferl-Gesetz die Zustimmung erteilen, weil ich glaube, es gibt schon auch sehr positive Ergebnisse. Ich möchte nur erwähnen, dass „Kronehit Radio“ seit 6. Dezember die bundesweite Zulassung bekommen hat und als Freund Tirols auch „Live Radio Tirol“ seit 6. Dezember lan­desweit sendet.

Was ich trotzdem bekritteln muss, ist: Zuerst macht man ein Gesetz, dann kommt man drauf, es passt nicht ganz – und nach der Novellierung kommt man dann drauf, man kann einige Bestimmungen bereinigen.

Generell geht es um einen Entfall des Erfordernisses der Zustimmung der Gesellschaft bei Änderung der Beteiligungsverhältnisse. Nach der bisherigen Praxis der Regulie­rungsbehörde gegenüber allen Privatradio- und Privatfernsehbetreibern konnte das gesetzliche Erfordernis der Zustimmung der Gesellschaft bei Änderung von Beteili­gungsverhältnissen bis zum Ende des Berufungsverfahrens nachgewiesen bezie­hungsweise in Gestalt einer Auflage im Berufungsbescheid erfüllt werden.

Nach einem jüngst ergangenen VwGH-Erkenntnis ist dies nicht zulässig, was dazu führen würde, dass mehrere zum Teil schon lange auf Sendung befindliche Betreiber ihre Lizenzen verlieren. Durch diese Novelle entfällt dieses Erfordernis, wobei dies auch für bereits anhängige Verfahren gilt, weil diese Bestimmung in der Praxis über­haupt keine Schutzfunktion hat und nach der Judikatur des VwGH zu unüberwindlichen Restriktionen führt.

Ich habe zu diesem Gesetz schon vorher gesprochen und darf positiv erwähnen, dass „freequENNS Liezen“ und „Live Radio Salzkammergut“, die in meinem Bezirk beheimatet sind, weiterhin bestehen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.30

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär Morak, Sie haben das Wort.

 


18.30

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin mir der Zeit, der Stunde und des Datums bewusst. Ich werde ... (Bundesrat Konecny: Es ist eh nicht spät! Wir können ruhig noch ein bisschen ...!) Gut, dann werden wir ein bisserl länger plaudern; ist kein Problem. (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Ich bin sowohl im Nationalrat als auch hier im Bundesrat durchaus positiv überrascht von der Zuwendung, die die Medienszene Österreichs


Bundesrat
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neuerdings erfährt. Ich glaube, diesbezüglich hat es in den letzten Jahren Defizite gegeben, aber vor allem, was im Bereich der Privatmedien besteht, dass wir hier durchaus die Berechtigung ableiten können, uns diesem Thema ausgiebig und aus­führlich zu widmen, auch an einem 20. Dezember.

Ich möchte in erster Linie einmal darauf hinweisen, dass es sich hiebei um einen Initiativantrag des Nationalrates handelt. Zweitens glaube ich, es steht hier im Raume, aber auch im Plenum des Nationalrates außer Frage, dass höchstgerichtliche Erkennt­nisse zu akzeptieren sind.

Worum geht es also in diesem speziellen Fall? – Es sind Lizenzen aus sehr formalen Gründen quasi aufgehoben worden, und der Nationalrat hat sich den Kopf darüber zerbrochen, was eigentlich die Gründe sind, die hinter diesem Gesetz stehen, und was der Wille des Gesetzgebers in Medienfragen ist.

Ich bin dem Nationalrat sehr dankbar für diesen Initiativantrag, dafür, dass er da Klarheit schafft, dass er meint, da sei Rechtssicherheit herzustellen, und dieses Gesetz ist so gemeint und nicht anders. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, habe ich den Auftrag des Nationalrates und verstehe ich auch die Diskussion hier im Bundesrat.

Die heute zu behandelnde Materie wurde in den letzten Tagen immer wieder stark kritisiert. Es wurde sogar die Behauptung aufgestellt, dass man sich vom Nationalrat oder von der Bundesregierung ein Gesetz „bestellen“ könnte. Es ist für mich, wie ich meine, durchaus einsehbar, dass es hier um die medienpolitische Verantwortung in diesem Lande geht und dass man die private Radioszene schützen möchte, damit sie sich konsolidieren kann.

In diesem Sinne sehe ich diesen Initiativantrag, in diesem Sinne sehe ich aber auch die Entwicklung der Privatmedienszene in Österreich, und ich glaube, dass es eine gute Entscheidung sein wird, sollten Sie sich, meine Damen und Herren, hier zu einer Zustimmung entschließen.

Damit wir auch die Diskussion, die ich seinerzeit mit Bundesrat Schennach hier draußen im Vorraum geführt habe, vom Tisch haben: Es war hier die Rede von „Anlassgesetzgebung“; das war auch Teil der einen oder anderen Äußerung eines Politikers in den Medien. Dass das mit Sicherheit nicht so ist, geht, wie ich meine, aus einer Entscheidung der KommAustria im Jahre 2001 hervor. Es war durchaus eine sehr mutige Entscheidung, einen großen Medienteilnehmer im Printmedienbereich so zu behandeln, wie es die Gesetzeslage vorgeschrieben hat. Und ich glaube, in diesem Sinne würden Sie ein gutes Werk an der österreichischen Medienszene machen, sollten Sie sich entschließen, dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung nicht zu verweigern. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.33

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


Bundesrat
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29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird (704 d.B. und 766 d.B. sowie 7192/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zum 29. Punkt der Tages­ordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Schnider übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Dr. Andreas Schnider: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Kulturaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Filmförderungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zum Antrag.

Der Kulturausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. – Bitte.

 


18.35

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Bei diesem Gesetz gibt es auch einige positive Punkte. Positiv ist, dass es jetzt eine Lizenzregelung gibt, obwohl es die dafür zuständige Behörde bereits gibt.

Positiv zu bemerken ist auch, dass künftig der Filmwirtschaftsbericht auch dem Na­tionalrat vorgelegt werden muss; somit kann dieser Filmwirtschaftsbericht auch öffentlich diskutiert werden.

Wir kritisieren aber den massiven Ausbau der Kompetenzen des Direktors des Österreichischen Filminstitutes. Ich möchte Folgendes dazu bemerken:

Der Bundeskanzler ernennt den Direktor. Dieser steht damit in direkter Abhängigkeit vom Bundeskanzler. Der Direktor bestimmt die Mitglieder der Projektkommission, die wiederum bestimmen, welche Filme förderungswürdig sind und welche Filme nicht. (Bundesrat Dr. Kühnel: Irgendwer muss ja die Entscheidung treffen!) – Natürlich muss irgendwer die Entscheidung treffen, nur: Bedenken Sie die Abhängigkeit! Ich führe das gerne zu Ende und zeige Ihnen, wie sich das Ganze darstellt, wenn sich die Macht dann schließt.

Der Direktor hat jetzt auch in diesem Filmförderungsbeirat das Stimmrecht erhalten. Es zieht sich da ein abgesicherter Machtstrang durch, Herr Kühnel. So ist das ganz einfach. Wir reden hier über das Filmförderungsgesetz – und nicht über den Öster­reichischen Gewerkschaftsbund. Der Österreichische Gewerkschaftsbund ist ein Verein und wählt sich seine Funktionäre selber, und über die haben Sie nicht zu bestimmen, Herr Kühnel. (Bundesrat Konecny: Das fällt ihnen auch noch ein!) Filmförderung ist Filmförderung und nicht Gewerkschaftsbund! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Damit Ihnen das auch klar ist! Herr Kühnel, vergleichen Sie nicht immer Äpfel mit Birnen und Orangen mit Bananen und so weiter! Bleiben Sie bei dem, was es ist!


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Zum Filmrat: Dieser sollte beratende Funktion haben. Ich frage Sie: Warum führt der Bundeskanzler den Vorsitz? Warum wird der Vorsitzende nicht vom Filmrat selbst bestimmt? Und ich frage Sie noch etwas: Welche Funktion hat zudem der Herr Vizekanzler, der eigentlich für Verkehrsfragen in Österreich zuständig ist, im Filmrat? Welche hat er dort? Geht es im Filmrat auch um Verkehr – oder worum geht es dort? Da geht es eigentlich um Filmförderung und um Filme und nicht um den öster­reichischen Verkehr.

Alles in allem geht es dabei also um eine ziemliche Machtfülle für den Direktor des Österreichischen Filminstitutes, und es geht um die direkte Einflussmöglichkeit durch den Bundeskanzler. Es fällt auf, dass diese Novelle in der zeitlichen Nähe der Neubesetzung des Direktors des Österreichischen Filminstitutes von Ihrer Mehrheit aller Voraussicht nach beschlossen werden wird. Die Kompetenzen des neuen Direk­tors, der durch den Bundeskanzler ernannt wird, werden massiv ausgeweitet. Mit diesem Gesetz wird bei der Filmförderung eine geschlossene Gesellschaft zwischen Bundeskanzler und Direktor des Österreichischen Filminstitutes geschaffen.

Unserer Auffassung nach ist die Bindung von Personen an politische Entschei­dungsträger demokratiepolitisch sehr bedenklich. Daher werden wir dieser Novelle nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hösele. – Bitte.

 


18.40

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens ein­mal möchte ich feststellen, dass ich davon ausgehe, dass der Bundeskanzler der Republik Österreich auf demokratische Weise zum Bundeskanzler der Republik Österreich bestellt worden ist (Beifall bei der ÖVP) und der parlamentarischen Kontrolle voll und ganz unterliegt. (Bundesrat Dr. Kühnel: Richtig!) Damit auch die Verantwortung für das klargestellt ist. So viel zum Ersten. (Bundesrat Konecny: Wir können nur sagen, der parlamentarischen Kontrolle unterliegt der Herr Staatssekretär!) Auch das ist der Fall.

Zweitens: Sie haben es selbst angesprochen, es wird erstmals ein Filmwirtschafts­bericht dem Parlament zugeleitet. Es gibt dann sogar die Möglichkeit, das dann ganz ausführlich und streng kontrollierend zu diskutieren. Ich vergleiche da jetzt nicht mit anderen Systemen ... (Bundesrat Todt: Habe ich auch positiv vermerkt, Herr Hösele!) – Ja. Einer der wichtigsten Punkte in der Demokratie ist meiner Auffassung nach, dass man Verantwortung übernimmt und auch Verantwortung trägt, und das ist in diesem Fall eindeutig klargestellt für das Kompetenzzentrum des österreichischen Films, nämlich das Österreichische Filminstitut. Das ist nämlich dadurch insgesamt in seiner Förderwirkung gestärkt worden. Das ist ein wichtiger Beitrag, der in dieser Novelle zum Ausdruck kommt.

Ich verfolge ja schon jahrelang diese Diskussionen, wonach angeblich eine gewisse andere Art der Kulturpolitik im Gange sei, als das früher der Fall gewesen sei. Da sage ich jetzt ganz nüchtern dazu: Ja, selbstverständlich ist es eine andere Art der Kultur­politik! Früher wollte man Kultur und Kunst parteipolitisch vereinnahmen und instru­mentalisieren – jetzt wird nach allen Richtungen gefördert, insbesondere ist das auch in der Frage der Filmwirtschaft der Fall.

Das Budget des Österreichischen Filminstitutes ist erhöht worden. Erstmals ist ein Fern­sehfilm-Förderungsfonds geschaffen worden. In diesem Gesetz wird das nun


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weiterentwickelt, indem es auch eine Nachwuchsförderung gibt. Das sind alles sehr positive Dinge, die besonders hervorgehoben werden sollen, die aber auch dazu anregen, in diversen anderen Gebietskörperschaften Initiativen zu setzen.

Ich kann das für unser Bundesland Steiermark sagen: Wir haben heuer erstmals eine zentrale Filmförderungsinstitution geschaffen, die „Cine Styria“, die mit 1 Million € dotiert wird.

Ich glaube, das sind die entscheidenden Fragen: Wie stärkt man den Medien- und Filmstandort Österreich? Wie fördert man Qualität, wie heimisches Schaffen? Und ich glaube, das ist mit dieser Gesetzesnovelle ganz ausgezeichnet gelungen. Deswegen werden wir ihr sehr gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.43

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


18.43

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Kollege Schnider würde wahrscheinlich sagen, das ist eine Dis­kussion, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Für uns ist es in diesem Fall halb voll. Wir werden diesem Gesetz zustimmen, denn es ist ein richtiger Weg, und jede Initiative in diese Richtung ist zu begrüßen. Der Filmwirtschaftsbericht an das Parlament zeigt, dass nun erkannt wurde, welche Bedeutung der gesamte Sektor Filmwirtschaft als Standortfrage in der Kultur, in der Technik, als Arbeitsplatz, als europäischer Motor hat. Ich finde es ganz hervorragend, dass ein Gesamtbewusstsein wieder entsteht, welcher Motor Filmwirtschaft an sich, in alle Bereiche ausstrahlend, ist.

Was Kollege Todt allerdings kritisiert hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Es gibt ja kaum einen Ausschuss, der Entscheidungsträger berät, in dem der Entscheidungs­träger selbst den Vorsitz führt. In der Regel kommen Beiräte zu einem Ergebnis, um Entscheidungsträger zu beraten. Dass da der Bundeskanzler gleichzeitig der Vor­sitzende ist, gehört zum halb leeren Glas. Das ist eine unelegante Lösung.

Die Sache mit dem Direktor, der auch vom Bundeskanzler ernannt wird, erhöht diesen schalen Geschmack und verstärkt die Intention, hier vom halb leeren Glas zu sprechen. Wir hoffen aber, dass es auch diesbezüglich einmal eine Novellierung geben wird und dass wir da zu einer anderen Grundlage kommen.

Trotzdem ist es generell ein positiver Schritt in die richtige Richtung. Der Filmstandort Österreich ist von enormer Bedeutung. Da liegen enorme Potentiale für die Zukunft, die bislang vielfach unterschätzt wurden, und deshalb werden wir diesem Gesetzes­beschluss unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

18.45

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär Morak, bitte.

 


18.45

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist tatsächlich ein spannendes Thema, der österreichische Film. Wir haben versucht, hier einige Tempi zu setzen, die, glaube ich, im Zuge der Zeit ange­bracht sind, damit wir mehr Laufbilder von Österreich bekommen.

Ich erwähne nur die Erhöhung des Budgets des Bundes auf 9,6 Millionen € im Bereich des ÖFI, eine 20-prozentige Erhöhung des Filmförderungsinstrumentes im BKA, und natürlich auch die Dotierung des Fernsehfilmförderungsfonds mit 7,5 Millionen €. Ich will damit sagen, es ist mehr Geld für den Film vorhanden als je zuvor.


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Das Zweite ist, dass hiemit ein Gesetz novelliert wird, das im Grunde alle sechs Jahre unspektakulär geändert worden ist. Ich erinnere mich noch an die Diskussionen, die ich damals noch mit Scholten und Wittmann geführt habe, nicht darüber, ob das Glas halb voll oder halb leer ist, sondern darüber, wer eigentlich das Sagen hat.

Es ist eine relativ schwierige Entscheidung, und man muss sie irgendwann einmal treffen: Macht man Gremialfilme – oder macht man Filme, wo einer die Verantwortung trägt? Und wir sind da, wie ich meine, durchaus den Mittelweg gegangen. Wir haben hier nicht einen Intendanten bestellt, der sagt, wo es langgeht, wie das am Theater durchaus schon seit Jahrhunderten funktioniert: Ein Direktor sagt, was gespielt wird. Ein Direktor sagt, wann’s gespielt wird. Und ein Direktor sagt, wie oft’s gespielt wird. Der Direktor – nehmen Sie einmal den Burgtheaterdirektor her – wird vom Bun­deskanzler bestellt, egal, ob er jetzt Vranitzky heißt, Klima heißt, Schüssel heißt, wie auch immer. Es war so, und ich gehe einmal davon aus, es ist ganz gut, dass das so geregelt worden ist, und ich nehme an, das Burgtheater, die Staatsoper und auch die Volksoper funktionieren ganz gut.

In diesem Sinne habe ich mir die Anfrage an meine Beamten erlaubt, wo es denn das überhaupt noch gibt, dass andere Gremien beziehungsweise beratende Gremien durchaus auch mit dem Bundeskanzler zum Beispiel oder mit dem jeweiligen Minister besetzt werden, der zu beraten ist und der dort den Vorsitz führt.

Ich komme gerade aus der E-Government-Initiative: Auch dort führt der Herr Bun­deskanzler zusammen mit dem Herrn Vizekanzler den Vorsitz. Es macht auch Sinn, dass Entscheidungsträger, die Themen abarbeiten, die im Grunde die gesamte Republik betreffen, dort den Vorsitz führen und die Wünsche, Beschwerden und das entgegennehmen, was das Thema im Grunde „befeuert“.

Ich glaube, dass sich der Herr Bundeskanzler dieses Themas annehmen will. Selbst­verständlich werde auch ich dort drinnen sitzen, werde zuhören oder mir Ratschläge geben lassen. Das, glaube ich, ist eine Aufwertung des Themas.

Wo findet denn eine solche Vorgangsweise noch statt? Im Beirat für Mediation, da hat das Bundesministerium für Justiz den Vorsitz; im Beirat für Asyl- und Migrationsfragen, da hat der Bundesminister für Inneres den Vorsitz; im Nationalen Sicherheitsrat, wo der Bundeskanzler den Vorsitz führt, und so weiter.

Also ich glaube, das ist durchaus eine geübte Praxis, die unter jedwedem Bundes­kanzler stattfindet, und ich glaube, man sollte dahinter nicht etwas vermuten, was sich möglicherweise durchaus als übertriebene Angst darstellt.

Ich glaube, dass jene Maßnahmen, die wir in diesem Bereich getroffen haben, die Wichtigkeit dieses Themas unterstreichen. Der Rückfall der Rechte beispielsweise ist schon erwähnt worden. Aber glauben Sie mir, Wichtigkeit hat auch mit Geld zu tun in diesem Zusammenhang – und auch damit, dass eine eindeutige Zuordnung einer Verantwortung stattfindet, nämlich zum Direktor des Filminstitutes, den man dann auch beim Namen nennen, den man dann auch zur Verantwortung ziehen kann. Auf der anderen Seite legen wir auch Schwergewicht darauf, wer denn im Produktionsbereich die Verantwortung trägt. Ich glaube, gerade in Ländern, in denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk so eine wesentliche Rolle gespielt hat, wie das in kleinen Ländern der Fall war, so unter anderem auch in Österreich, ist es wichtig, dass wir auch den freien Produzenten in diesem Markt neu positionieren.

So gesehen ist dieses Gesetz, würde ich einmal sagen, ein gutes Gesetz. Ich glaube, man sollte es sich anschauen, man sollte es evaluieren. Ich glaube, die Personal­entscheidung – wenn sie unter den Filmschaffenden fragen, werden Sie das bestätigt bekommen – ist eine gute, die da der Bundeskanzler mit dem neuen Direktor des


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Filminstitutes getroffen hat. Auch die Einbindung des alten Direktors über seine Zeit hinaus, um eine ordentliche „Schlüsselübergabe“ sicherzustellen, ist eine gute Vor­gangsweise. Da zeigt der neue Direktor Kompetenz, aber auch Großzügigkeit im Umgang mit dem Thema.

Ich glaube, Sie sollten sich dazu aufraffen, diesem Gesetz zuzustimmen. Tun Sie es! Auch wenn Sie es nicht tun, glaube ich, dass Sie mit der einen Hälfte dieses Gesetzes, von der Sie gesprochen haben und der Sie zustimmen können, auf einem guten Weg sind. Lassen wir uns im Kulturausschuss überraschen! – Ich danke Ihnen für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen sowie des Bundesrates Schennach.)

18.50

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beam­ten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (3. Sozial­ver­sicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 3. SVÄG 2004) (703 d.B. und 776 d.B. sowie 7161/BR d.B. und 7193/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zum 30. Punkt der Tagesordnung.

Es ist dies der Tagesordnungspunkt, wo Einvernehmen unter den Fraktionen besteht, dass wir ihn noch abhandeln, weil der Herr Bundesminister für Soziales sein Kommen zugesagt hat. Ich nehme an, er wird in wenigen Minuten da sein, und schlage vor, dass wir beginnen.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Gudenus übernommen.

 


Berichterstatter Mag. John Gudenus: Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallver­sicherungsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen wohlformuliert in schriftlicher Form vor; ich beschränke mich daher auf den Antrag:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



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Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Neuwirth. – Bitte.

 


18.53

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere, dass jetzt der zuständige Herr Bundesminister nicht da ist. Wir beschäftigen uns heute wieder einmal mit einem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz deshalb, weil der Verfassungs­ge­richtshof die Reform des Hauptverbandes aufgehoben hat, die im Wesentlichen nur eines zum Ziel hatte, nämlich die Machtverhältnisse dort zu verändern. Das hätte ich natürlich gerne mit dem Bundesminister selber diskutiert.

Erinnern Sie sich, Kolleginnen und Kollegen, 2000 war ein wichtiges Jahr, da gab es nur ein Thema für die Regierungsparteien, das ihnen wirklich wichtig erschien, nämlich im Hauptverband passe gar nichts. Ein besonderer Dorn im Auge der Regie­rungs­koalition war allerdings ein Spitzenfunktionär, der Spitzenfunktionär im Haupt­verband schlechthin, nämlich der Herr Sallmutter, denn dieser wollte einen starken Haupt­verband, und er hat sich erlaubt zu sagen, dass er Beitragserhöhungen nicht aus­schließen könne. Da gab es einen richtigen Aufschrei, der durch das Land ging, Protest landauf, landab von Seiten der ÖVP und der Freiheitlichen: Was, da gibt es jemanden, der Beitragserhöhungen will? Das können wir uns keinesfalls gefallen lassen! Der muss auf jeden Fall weg, mit allen Mitteln muss der weg!, hat es geheißen, denn Beitragserhöhungen kommen für uns nicht in Frage. Daran werden Sie sich doch erinnern, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP. (Bundesrat Boden: War das nicht auch der Gaugg, den sie weggelobt haben?) Ja, den auch, den Herrn Gaugg.

Als Folge dieses Denkens haben die Regierungsparteien mit dieser verfassungs­widri­gen Reform eine Bestimmung eingeführt, die vorgesehen hat – das muss man sich einmal vorstellen! –, dass leitende Funktionäre kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine, auch wenn sie die Kollektivvertragsfähigkeit in fremdem Namen ausüben, nicht Mitglieder dieses Führungsgremiums im Hauptverband sein dürfen! – Das wäre ungefähr so, wie wenn man festgelegt hätte, dass jemand, der schwarze Anzüge trägt, nicht Mitglied im Führungsgremium sein darf. Das würde sich nicht wesentlich davon unterscheiden. (Bundesrat Dr. Böhm: Nicht ganz!) – Nicht ganz, da haben Sie Recht, dunkelblau wäre vielleicht auch noch eine Möglichkeit gewesen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Dass das so natürlich nicht geht, war jedem klar. Die logische Konsequenz war, dass der Verfassungsgerichtshof völlig zu Recht diese Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben hat. Der Bundesregierung – und ich nehme an, auch Ihnen hier herinnen – war völlig klar, dass diese Bestimmung verfassungswidrig ist. Das ist ja der besondere Zynismus in diesem Fall: Nicht nur wir in der Opposition haben das gewusst, nein, alle haben von Anfang an gewusst, dass da etwas gefordert wird, dass da etwas im Gesetz verankert wird, was mit Sicherheit nicht halten wird.

Trotzdem waren ÖVP und Freiheitliche wild entschlossen, dieses Gesetz zu be­schließen. Es ging ja schließlich nur um eines: den Sallmutter wegzubekommen, so nach dem Motto: Ist dieser Mann weg, haben wir einen neuen Hauptverband! (Bun­desrat Baier: Das wünschen sich in der SPÖ auch viele!) Herr Kollege! Ist das vielleicht ein Weihnachtswunsch von Ihnen, dass wir uns das auch gewünscht hätten? (Bundesrat Stadler: So macht es die ÖVP in Oberösterreich!) Sie haben das jedenfalls so schlecht beschlossen – aufgehoben wurde das alles, Herr Kollege; beinahe alles.


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Jetzt haben wir noch genau – jetzt habe ich mir die Tage nicht ausgerechnet –, ich glaube, acht Tage Zeit bis Ende dieses Jahres, eine verfassungskonforme Lösung zu finden, und um das geht es heute. Das, was uns heute allerdings vorliegt, Kolleginnen und Kollegen, setzt den bisherigen Bestrebungen die Krone auf, denn der künftige Hauptverband, wie er jetzt vorgesehen ist, wird im Wesentlichen durch zwei Cha­rakteristika bestimmt.

Erstens: Dieser Hauptverband wird zu 100 Prozent in den Einflussbereich der ÖVP wandern, eingeschwärzt. (Bundesrätin Bachner: Na geh, so eine Überraschung! Das hätte ich nie vermutet!) Überraschenderweise! (Bundesrat Boden: Ist die FPÖ wieder umgefallen?) Das Dunkelblau kommt nicht mehr vor, ja. (Bundesrat Dr. Böhm: Wie war es denn bisher?)

Zweitens, Kolleginnen und Kollegen – und das ist noch viel weniger lustig –: In diesem Hauptverband werden die Vertreter von 300 000 Unternehmen die Vertreterinnen und Vertreter von 3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sprich von Arbeiterin­nen und Arbeitern und Angestellten, majorisieren können. Sehr geehrte Damen und Herren, das hat mit einer demokratischen Struktur überhaupt nichts mehr zu tun! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Wenn schon in der Demokratie gilt: ein Mensch – eine Stimme, und ich glaube, Sie von der ÖVP haben das heute schon irgendwann im Laufe dieses langen Tages gesagt, wieso gilt es plötzlich im Hauptverband nicht mehr, warum zählt dort die Stimme eines Unternehmensvertreters zehn Mal so viel wie die Stimme eines Arbeitneh­mer­vertre­ters? Das sind Wahlrechte aus dem vorigen Jahrhundert, so haben Sie es sich früher gewünscht! Das ist außerdem verfassungsrechtlich zumindest bedenklich. (Bundesrat Gruber: Wird eh wieder aufgehoben!) – Ich hoffe, dass das wieder aufgehoben wird, denn eindeutig nachgewiesen ist, dass es dieser Regierung und somit den Parteien, die diese Regierung unterstützen, in der Gesundheitspolitik – wie in vielen anderen Bereichen auch – nur darum geht, Macht auszuüben. Gesundheitspolitik ist für Sie Machtpolitik! Dass wir das völlig ablehnen, das, glaube ich, können auch Sie verstehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.59

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Ich frage mich, ob wir jetzt nicht doch die Sitzung unterbrechen sollen. (Zwischenrufe.) Wir verhandeln jetzt seit zehn Stunden. Der Herr Bundesminister hat gesagt, er kommt. Wir haben jetzt eine 10-minütige Rede hinter uns, bei der er nicht anwesend war. Ich würde bitten, dass die Fraktionsvorsitzenden jetzt ganz schnell die Köpfe zusammenstecken, um zu beraten, was wir tun sollen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck kurz die Sitzung. (In diesem Moment betritt Bun­desminister Mag. Haupt den Sitzungssaal. – Beifall.) Sehen Sie, Herr Minister, so kommt man zu Applaus!

Wir setzen die Sitzung fort mit dem zweiten Redner zum 30. Tagesordnungspunkt. Es ist dies Herr Bundesrat Wolfinger. – Bitte.

 


19.01

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin Neuwirth, ich lasse mich jetzt auf keine Farbenspiele ein. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Schade! – Heiterkeit.) Ja, für Sie!

Einige Anmerkungen zum  3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004. – Wie be­reits gehört, ist die Reform des Hauptverbandes durch ein Erkenntnis des Verfas­sungs­gerichtshofes aufgehoben worden. Diese Aufhebung wurde damit begründet,


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dass die obersten Gremien nicht aus den Mitgliedern der Versicherungsträger gebildet wurden. Träger sind die Gebietskrankenkassen und die Sozialversicherungsanstalten.

In Zukunft sollen die Verwaltungskörper auf zwei Gremien reduziert werden: a) die Trägerkonferenz, die Recht setzende und kontrollierende Funktion hat, sowie b) den Verbandsvorstand, der für die Geschäftsführung zuständig ist.

Die Trägerkonferenz hat die Entscheidungen zu treffen und besteht aus neun Obmän­nern der Gebietskrankenkassen und dem ersten Stellvertreter, zwei Obmännern der Betriebskrankenkassen und dem Stellvertreter und dem Obmann und einem Stellvertreter der Sozialversicherungsanstalten sowie drei Seniorenvertretern, die von den Seniorenorganisationen entsandt werden.

Der Verbandsvorstand besteht aus zwölf Personen. Davon sind fünf Arbeitneh­mer­vertreter nach dem Ergebnis der Arbeiterkammerwahlen im Verhältnis 4 : 1 für die SPÖ, fünf Arbeitgebervertreter nach dem Ergebnis der Wirtschaftskammerwahl im Verhältnis 4 : 1 für die ÖVP, ein Bauernvertreter und ein Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst mit Stimmrecht und zwei Vertretern ohne Stimmrecht.

Aus meiner Sicht muss ich feststellen, dass im Verbandsvorstand leider keine Seni­orenvertreter vorgesehen sind, obwohl es über 2 Millionen Pensionisten gibt, die daher keine Vertretung haben.

Der Verbandsvorstand hat die vom Verfassungsgerichtshof geforderte Einbindung sei­ner Mitglieder in die Sozialversicherungen berücksichtigt. In Zukunft sind alle Sozial­versicherungsträger vertreten, und das ist sicherlich keine falsche Entscheidung.

Die Strukturen werden schlanker, die Geschäftsführung wird dem Vorstand gegenüber weisungsgebunden sein, und es wird weiterhin der Grundsatz der Selbstverwaltung gelten.

Nun zu einem anderen Thema. – Ab 1. Jänner 2006 wird es in Österreich zirka 8 Millionen E-Cards und 12 000 Lesegeräte geben, die 43 Millionen Krankenscheine pro Jahr ablösen werden. Mit der Einführung der E-Cards sollen Einsparungen im Verwaltungsbereich, bei den Ärzten und bei den Krankenkassen erzielt werden und eine Anpassung an die neuen Kommunikationstechniken erfolgen.

Ab 1. Jänner 2006 soll daher flächendeckend in ganz Österreich die Chip-Karte einge­führt sein. Als Servicegebühr sollen pro Jahr 10 € von jenen eingehoben werden, die bis jetzt die Krankenscheingebühr bezahlt haben. Keine Krankenscheingebühr haben Gewerbetreibende, Bauern, Beamte und Eisenbahner bezahlt, da sie als Ausgleich Selbstbehalte in anderer Form entrichtet haben.

Bei den Pensionisten wurde der Krankenversicherungsbeitrag von 3,5 auf 3,75 Prozent erhöht. Sie haben daher die Servicegebühr, meine ich, als Vorleistung bereits bezahlt.

Begonnen hat alles mit der Magnetstreifenkarte, die der alten Bankomat-Karte ähnlich war. Die neueste Version der E-Card verfügt über einen eigenen Speicherchip. Derzeit sind nur die persönlichen Daten gespeichert – zum Schutz vor Missverständnissen und Fehl-Notrufen. Die Verschlüsselung der persönlichen Daten erfolgt mit den derzeit besten verfügbaren Methoden.

Vorgesehen ist jedoch, dass der Versicherte, wenn er es wünscht, auch seine Ge­sundheitsdaten speichern lassen kann, die er bei einem Notfall dem behandelnden Arzt mitteilen will. Bekannte Krankheiten, wie Allergien gegen Medikamente, die Blutgruppe oder Krankheiten, wie Diabetes, kommen dabei in Frage.

Die E-Card kann aber auch als Bürgerkarte verwendet werden. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war es für die Verantwortlichen, Herrn Dr. Kandlhofer und viele andere, ein


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langer und schwieriger Weg, dieses Megaprojekt umzusetzen. Dafür sei allen Beteilig­ten herzlicher Dank ausgesprochen!

Durch die E-Card wird es zu beachtlichen Einsparungen im Verwaltungsbereich kom­men. Ziel für die Zukunft muss es sein, die E-Card zur EU-weit anerkannten elektronischen Chip-Karte für die Kranken- und Sozialversicherung vorzubereiten. Die Funktion als Bürgerkarte mit elektronischer Signatur und einer Unzahl weiterer, technischer bereits realisierter Möglichkeiten lassen erahnen, dass die E-Card mehr ist als nur ein Krankenscheinersatz.

Unsere Fraktion wird daher den vorgelegten Gesetzentwürfen gerne ihre Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.07

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte. (Bundesrat Ing. Kampl war bereits auf dem Weg zum Rednerpult.) Nach dem Herrn Bundesminister, Herr Bürgermeister! (Heiterkeit.)

 


19.08

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, ich bin da jetzt nicht ... (Bundesrat Ing. Kampl: Ich wollte auch kontra reden!) Wenn Sie kontra reden wollen, das höre ich mir natürlich gerne an, aber das können Sie ja dann nachholen.

Im Jahre 2000 hat die Regierung angekündigt, sie habe vor dem Hauptverband zu demokratisieren. – Es war das eine interessante Ankündigung, aber die Umsetzung des Ganzen war dann noch viel interessanter, die hatte nämlich genau ein Ergebnis: Salmutter wurde abgesetzt. – Na ja, das ist auch eine Variante, wenn auch nicht unbedingt die Demokratisierung, die man sich vielleicht vorstellen würde.

Durch dieses Vorgehen hat sich allerdings schon die immense Kreativität von ÖVP und auch FPÖ bewiesen, wenn es darum geht, diverse Organisationen in ihrem Sinne zu gestalten. Ähnliches Vorgehen werden wir in der morgigen Sitzung dann noch weiter zu behandeln haben.

Die Kritik an der nun vorliegenden Änderung im Detail. – Einerseits sind in der Träger­konferenz in Zukunft die Obmänner und Obfrauen und auch deren Stellvertreter und Stellvertreterinnen vertreten. Das ergibt dann eine Mehrheit von Arbeitgeberver­tre­tern – und das, obwohl die überwiegende Anzahl von Arbeitnehmern einer viel klei­neren Anzahl von Arbeitgebern gegenübersteht. Es ist nicht ganz nachvollziehbar, weshalb das so geregelt wurde.

Nicht nachvollziehbar ist auch, warum die Versicherungsanstalt des Österreichischen Notariates in die Trägerkonferenz aufgenommen wurde, denn damit werden, wenn man es genau betrachtet, die 800 Notariatsversicherten mit 1,4 Millionen Versicherten der Wiener Gebietskrankenkasse gleichgestellt, und das ist doch zumindest mathematische Kreativität; man könnte es auch anders bezeichnen. Nachvollziehbar ist das nicht, und gerecht ist es wahrscheinlich auch nicht.

Dass Vertreter von Seniorenorganisationen dabei sein sollen, ist prinzipiell eine interessante Idee. Ich bin auch nicht dagegen, dass die mitreden, aber sachlich ist es doch nicht ganz gerechtfertigt, weil immerhin die demokratische Legitimation fehlt, in diesem Gremium auch mitzusprechen, wie sie die anderen Vertreter sehr wohl haben. Und es sind auch andere Gruppen nicht vertreten. Es ist da also schon eine etwas willkürliche Regelung getroffen worden.

Diese drei Beispiele, die ich jetzt aufgezählt habe, sind alles Beispiele für recht will­kürliche Regelungen in diesem Zusammenhang, wie auch damals die Aus­schluss-


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kriterien willkürlich waren und genau deshalb vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden. Es ist anzunehmen, dass das auch diesmal wieder drohen wird.

Zur Frage der Selbstverwaltung ist zu sagen: Es ist schon klar, dass diese Regierung nicht unbedingt begeistert ist von Selbstverwaltungsorganen, aber entweder man gewährt Selbstverwaltung, dann muss man sie auch einhalten, oder man schafft sie ab. Es allerdings in einen Gesetzestext hineinzuschreiben und dann faktisch nicht zu gewähren, das wird nicht funktionieren.

Mir ist auch völlig unverständlich, weshalb es so lange gedauert hat, bis dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes Rechnung getragen wurde. Wir haben das jetzt wirklich wenige Tage vor Ablauf der Frist hier zur Beschlussfassung, buchstäblich auf den letzten Drücker.

Besonders bedauerlich ist aber, dass sehr, sehr viele wichtige Entscheidungen in dieser Zeit von einem Gremium gefällt wurden, das als nicht verfassungsgemäß zusammengesetzt deklariert war. Das ist etwas, was schon zu denken gibt. Ich frage mich, wieso es so lange gedauert hat, bis das repariert wurde. Und ich frage mich auch, wann das wieder zu reparieren sein wird.

Wir können leider diesem Punkt nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesrat Ing. Kampl schickt sich an, sich neuerlich zum Rednerpult zu begeben.)

19.11

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Noch immer nicht, Herr Bürgermeister! Jetzt kommt der Herr Bundesminister dran. – Bitte, Herr Bundesminister Haupt.

 


19.11

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich möchte zunächst die letzte Frage aufklären, warum es so lange gedauert hat.

Es hat insgesamt ein Jahr gedauert, und auf Wunsch der Sozialpartner, die eine einvernehmliche Regelung zur Neuordnung des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger verhandeln wollten, haben wir auch den Sozialpartnern eine Fristerstreckung gewährt, die schlussendlich dann in der Nacht von Donnerstag auf Freitag – ich glaube, das war der 8. oder 9. November – geendet hat. Es wurde uns von Seiten der Arbeiterkammer, aber auch von Seiten der Bundeswirtschaftskammer mitgeteilt, dass diese Gespräche schlussendlich an der mangelnden Bereitschaft, paritätische Verhältnisse, wie sie für den Hauptverband und andere Träger vorgesehen waren, im Interesse beider auch in den Krankenversicherungsträgern einzuführen, gescheitert sind.

Ich darf damit auch gleich auf den Vorwurf „Umfärbelung“ zu sprechen kommen, die schon von der ersten Rednerin, als ich noch nicht hier war, releviert und auch von der Vertreterin der grünen Fraktion angesprochen wurde.

Wir hätten uns diesen Vorwurf gefallen lassen müssen, wenn wir nicht vice versa die heutige Trägerkonferenz gleich abgebildet hätten wie die seinerzeit existierende Haupt­versammlung der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie darauf hinweisen, dass ein privates Verfahren vom Kollegen Haberzettl auf der einen Seite, auf der anderen Seite ein so genanntes Drittelverfahren der Fraktion der Österreichischen Sozialdemokratischen Partei ebenfalls beim Verfassungsgerichtshof eingebracht worden ist.

Zum Zeitpunkt der verfassungsmäßigen Judikatur sind beide Vorhaben, einerseits das Vorhaben Haberzettl, hier seine eigenen Individualrechte wieder herzustellen, und auf


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der anderen Seite das Vorhaben der Sozialdemokratischen Partei, das Sozialrechts-Änderungsgesetz, § 58, aus 2001 einer verfassungsmäßigen Prüfung zu unterziehen, dem Verfassungsgerichtshof vorgelegen, und daher ist die entsprechende Judikatur nach Kenntnis des Verfassungsgerichtshofes von beiden Materien erfolgt.

Nun ist die Frage – da Sie immer wieder die Verfassungskonformität relevieren –, was der Verfassungsgerichtshof dazu im Einzelnen tatsächlich ausgeführt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass der Verfas­sungsgerichtshof selbstverständlich die bestehenden unterschiedlichen Paritäten zwi­schen den Krankenversicherungen – 5 : 1 – und der Unfallversicherung – 1 : 1 – sehr unterschiedlich bewertet hat. Dazwischen sind die anderen Träger mit ihren Paritäten zwischen Arbeitgebern und Arbeiternehmern drinnen.

Unbestritten ist auch, dass der Hauptverband der österreichischen Sozialversiche­rungsträger, nämlich die Hauptversammlung, vom Verfassungsgerichtshof expressis verbis nicht aufgehoben wurde, sondern, im Gegenteil, nach dem Judikat des Haupt­verbandes die sozialdemokratische Fraktion im November ihre Klage beim Verfas­sungsgerichtshof zurückgezogen hat.

Offensichtlich hat die Sozialdemokratie den gleichen Schluss gezogen wie ich und meine Beamten, dass der Hauptverband in der Zusammensetzung der Generalver­sammlung, einschließlich der Sozialversicherungsanstalt des österreichischen Notari­ates und einschließlich der Repräsentanz sämtlicher Betriebskrankenkassen, reprä­sentiert durch die Wiener Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe, als ausreichend legitimiert zu betrachten ist.

Frau Kollegin aus Tirol, Sie fragten: Warum ist das Notariat hier enthalten? – Weil das Notariat von der ersten Stunde an aus der österreichischen Sozialgesetzgebung heraus Bestandteil des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungs­träger gewesen ist.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass es sehr unterschiedliche Sozialversiche­rungsträger gibt: die kleinen Träger, wie etwa der Träger des österreichischen Berg­baues, mit knapp 100 000 Versicherten, die Gebietskrankenkasse des Landes Vorarl­berg, Burgenland und Kärnten, die große Wiener Gebietskrankenkasse und die Oberösterreichische und Steirische Gebietskrankenkasse mit mehreren Millionen Versicherten.

Es ist nie in einer Art Holdingkonstruktion, was der Hauptverband ist, eine paritätische Abbildung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verlangt worden in der Tradition der österreichischen Sozialversicherungen und der Selbstverwaltung seit 1929, son­dern eine Abbildung der Selbstverwaltung und ein Delegationsrecht der Selbstverwal­tung zur Wahl der entsprechenden Organe.

Dieses Delegationsrecht ist im vorliegenden Gesetzestext voll enthalten. Die Wahllegi­timation für die Arbeiterkammerwahlen, die Wirtschaftskammerwahlen und die anderen Wahlen und Träger sind zusammengefasst. Die neuen drei Vertreter der Pensionisten, die sich in diesem Gremium befinden, werden von den Pensionistenorganisationen ebenfalls vorgeschlagen und dann von der Trägerkonferenz gewählt. Es werden sich daher alle Kriterien, die im Judikat des Verfassungsgerichtshofes, im dortigen Erkennt­nis, in den einzelnen Punkten festgehalten sind, nach dem Willen, nach den Vor­stellungen und Wünschen des österreichischen Verfassungsgerichtshofes abgebildet, wiederfinden.

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass es durchaus Sinn macht, auch die Senioren da mit zu berücksichtigen. Die Seniorenorganisationen aller Parteien und auch die Seniorenorganisation des Österreichischen Gewerkschaftsbundes haben in


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den letzten Jahren mehrfach moniert, dass ihre Nichtvertretung im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger dazu geführt hat, dass die Senioren bei Geldbeschaffungsaktionen und notwendigen Geldzuführungen zum Hauptverband überproportional sozusagen in die Ziehung genommen wurden.

Daher ist es, glaube ich, auch wichtig, dass die Organe von Seiten der Senioren mitgestaltet werden. Und wenn man sich die Parität zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertretern und den Seniorenvertretern ansieht, kann man mit Fug und Recht sagen, dass es, wenn nicht jeder gegen seine eigenen Interessen dort partei­politische Interessen wahrnimmt, ein ausgewogenes Gremium sein wird.

Sehr geehrte Frau Kollegin von den Grünen, Sie, aber auch die Erstrednerin haben durchaus Recht: Wenn es zu einem parteipolitischen Gremium wie in der Vergangen­heit verkommt, dann wird es parteipolitische Mehrheiten oder Minderheiten, je nach Wahlausgang, in den entsprechenden Sozialversicherungen geben.

Ich halte es aber auch für bedeutend – und das war auch mein Ziel; das wurde aber im Nationalrat als „Brosamen am Tisch des Herrn“ und Ähnliches bezeichnet –, dass sich mit der Wahl von zwei Virilisten ohne Stimmrecht erstmals alle politisch relevanten Kräfte, und zwar sowohl der Arbeitnehmer- als auch der Arbeitergeberseite, in Zukunft zumindest im Hauptverband finden werden.

Ich weiß heute nicht, wer bei den nächsten Wahlen die dritte Kraft in den Arbeit­geberverbänden und wer die dritte Kraft in den Arbeitnehmerverbänden sein wird. Unter diesen Umständen habe ich mich dafür eingesetzt, dass dann die grüne Fraktion in beiden Gremien drinnen ist. Und unter diesen Umständen habe ich mich dafür eingesetzt, dass meine eigene Fraktion wieder dort drinnen ist, sowie dafür, wenn ich auf das Jahr 2000 zurückgehe, dass die Österreichische Volkspartei als dritte Kraft wieder in dem einen oder anderen Gremium ist. (Ironische Heiterkeit und demon­strativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Auch das haben wir in den letzten vier Jahren gehabt! So ist es aber, sehr geehrte Damen und Herren, bei Wahlen. So ist es bei Wahlen! (Zwischenrufe.) Man kann sich nur wiederfinden, wenn man auch in der Demokratie Wahlen gewinnt. „Umfärbelung“ wäre, wenn man nicht berücksichtigt hätte, wie Wahlen ausgehen, sondern eo ipso, unabhängig vom Wahlausgang, Funktionen besetzt hätte. Es ist aber nicht einmal dem Böswilligsten im Nationalrat gelungen, das mir und der Intention dieses Gesetzes zu unterstellen.

Zum Zweiten: Die Darstellung, dass die Änderungen des Hauptverbandes der öster­reichischen Sozialversicherungsträger dazu geführt hätten, dass Kollege Sallmutter abgesetzt wird, ist unrichtig. Ich darf Sie schon darauf hinweisen, dass es im alten Hauptverband ein eindeutig dominiertes Mehrheits-Stimmverhalten gegeben hat, dass man mit damals 62 Prozent der Stimmen in der Arbeiterkammerwahl 100 Prozent der Mandate besetzt hat; vice versa auch in den Gremien der Wirtschaftskammer.

Ich glaube daher, dass es gut ist, wenn in unserem Staate das Verhältniswahlprinzip schlussendlich in allen Gremien anerkannt ist und wenn man auch dort zumindest mit der Formel nach D’Hondt und dem dortigen Bestellungsverfahren auch den jeweils zweit- und drittstärksten Kräften sowohl in der Kurie der Arbeitnehmer- als auch in der Kurie der Arbeitgebervertreter einen Platz und zumindest ein Mitsprache- oder ein Mitwirkungsrecht im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger einräumt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Für Sie hier im Bundesrat möchte ich auch noch auf eine interessante Tätigkeit hinweisen: Wir haben im „Hauptverband neu“ im Jahr 2000 auch das damalige Zukunftsgremium geschaffen und damit das erste Mal den Versuch


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unternommen, im Hauptverband den Selbsthilfeorganisationen – von den Behinderten­organisationen bis hin zu den Selbsthilfeorganisationen für spezielle Erkrankungen – einen Stellenwert bei der Gestaltung der zukünftigen Entwicklung des österreichischen Gesundheitssystems einzuräumen.

Ich bleibe gerne beim eigenen Heimatbundesland und suche nicht gerne den Span im Auge eines anderen, wenn er im eigenen Auge deutlich und klar sichtbar ist: Der Gesundheitsreferent aus meinem Heimatbundesland hat kein einziges Mal in all den Jahren an dieser Sitzung teilgenommen und hat mit anderen Ländervertretern sämt­liche Beratungen in diesem Gremium blockiert, indem dort keine entsprechenden Mehrheiten vorhanden waren, um einen Beschluss zu fassen. So kann man auch mit Selbsthilfegruppen, so kann man auch mit Behindertenvertretern, so kann man auch mit Vertretern aus dem Kreise der Betroffenen umgehen, wenn sie dort kompetent ihre Vorstellungen für die Entwicklung des österreichischen Hauptverbandes und des österreichischen Gesundheitssystems formulieren wollen.

Daher ist es meiner Ansicht nach wichtig, dass im „Hauptverband neu“ diese Blockade durch die Gebietskörperschaften nicht mehr möglich sein wird, weil es ähnlich wie im Nationalrat möglich ist, bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder mit der dortigen Mehrheit dieser, also unter Umständen mit einem Drittel und knapp weniger, gültige Beschlüsse zu fassen.

Ich sage das deswegen auch hier im Bundesrat – trotz der vorgerückten Stunde – so lang und ausführlich, weil ich glaube, dass es auch nicht uninteressant ist, in den Berichterstattungen in den Landtagen die Regierungsmitglieder darauf aufmerksam zu machen, dass es in Zukunft sinnvoller ist, bei der Entwicklung des Hauptverbandes für die Zukunft mitzugestalten – und nicht wieder zu versuchen, durch Daheimbleiben dieses Beschlussgremium ad absurdum zu führen. Ich wünsche mir das, weil ich auch weiß, dass die Selbsthilfeorganisationen oft besser wissen, wo der Schuh in unserem Gesundheitssystem drückt, als sehr viele von jenen, die in der Vergangenheit dort ausschließlich das Sagen hatten.

Ich meine daher, sehr geehrte Damen und Herren, dass der Entwurf, so wie er hier gelungen ist, die Verfassungskonformität behält. Ich habe das in mehreren Punkten schon ausgeführt. Wenn Sie es genauer haben wollen, dann kann ich Ihnen das, einschließlich eines Gutachtens von Professor Öhlinger zu dieser Thematik, auch noch lang und ausführlich vorlesen, um als Nichtjurist keinen Fehler zu machen. – Herr Kollege Schennach, Sie haben ja bereits darauf hingewiesen, dass Sie Gott sei Dank ausgiebig Zeit haben, um sich auch dieses wichtige Thema zur Genüge anzuhören. Ich möchte aber für die Mehrheit des Gremiums, weil ja auch die Protokolle des Nationalrates nachzulesen sind, Ihre Zeit nicht überstrapazieren. Das Wichtigste zu diesem Thema habe ich ausgeführt.

Ich möchte allerdings zur Kostenfrage schon auch noch etwas sagen, weil in der heutigen Debatte auch die Kostenfrage des Gesundheitspaketes mehrfach releviert wurde. Auf eines lege ich jedenfalls Wert: dass mit der neuen Gebühr in der Höhe von 10 € für die Chipkarte eine deutliche Solidarität zwischen Gesunden und Kranken stattfindet, denn mit der alten Krankenscheingebühr wurde ihnen, wenn sie viermal im Quartal krank waren – ein chronisch Kranker mit Zucker zum Beispiel – viermal die Krankenscheingebühr abverlangt. Das war deutlich mehr, als nunmehr die Gebühr von 10 € sein wird.

Nachdem nicht nur da, sondern auch in vielen Gremien – auch von Seiten der Sozialdemokratie, der Arbeitnehmervertretungen und von vielen anderen, auch von Seiten der Wirtschaftsvertreter – Selbstbehalte im Sinne des Prinzips der Solidarität der Gesunden mit den Kranken verlangt worden sind, haben wir, glaube ich, auch mit


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diesem Punkt eine Umsetzung, die durchaus der Mehrheit der Wünsche, die an uns herangetragen worden sind, Rechnung trägt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Endurteil über eine Verfassungskonformität wird vermutlich wieder der Verfassungsgerichtshof treffen. Ich wiederhole es zum x-ten Male: Meiner Auffassung nach ist eine Überprüfung eines Gesetzes durch den Verfas­sungsgerichtshof keine Katastrophe, sondern für einen Rechtsstaat etwas, das im Interesse der Bürger, die glauben, nicht verfassungsmäßig berücksichtigt zu sein, wün­schenswert ist. Ich möchte nicht wieder die alte Zeit haben, wo man mit einfachen Verfassungsbestimmungen – von den Taxistandplätzen bis was weiß ich, wohin – die österreichische Bundesverfassung überladen hat, um einzelnen Lobbies Genüge zu tun. Da halte ich einfache Gesetze mit einer verfassungsmäßigen Überprüfung durchaus für sinnvoller. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)

Ich hoffe, ich habe die wichtigsten Kritikpunkte ordnungsgemäß aus meiner Sicht aufklären können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.25

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kampl. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Bundesrates Ing. Kampl –: Siegi, rasch! Es ist alles gesagt! – Bundesrat Ing. Kampl: Machen wir schon! Machen wir schon!)

 


19.25

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzter Herr Bundesminister! Zum Sozialversicherungs-Änderungsgesetz: Ich glaube, es gehört letztendlich auch ein gewisser Mut dazu, dass man bereit ist, mit Verbesserungen in der Versicherungs­struktur überhaupt einmal zu beginnen. Gott sei Dank hat man das gemacht!

Auch wenn der Verfassungsgerichtshof das Erkenntnis ausgesprochen hat, dass der Hauptverband zu reformieren sei, so muss man sagen: Das hat ja nicht geschadet, denn es wurde damit die ganze Struktur auch verbessert. Als positiv ist zu erwähnen: Im Hauptverband sollten alle Versicherungsträger zusammengeführt werden, und zwar mit dem Ziel, eine verbesserte Organisation im Hauptverband zu haben.

Ziel ist es auch, das Sozialversicherungsrecht zu verbessern. Durch folgende Maß­nahmen kommt es zu Verbesserungen: Ausweitung der Zuschussregelung, gesetzliche Regelung für Mehrfachversicherung – was, glaube ich, sehr wichtig ist –, besserer Zugang für Versicherungsnehmer durch Zusammenlegung zum Beispiel der Eisenbah­ner- und der Bergbauversicherung, Zuschussregelung für Tumorbehandlung, Verein­fachung durch die Chipkarte – auf diese werde ich noch zu sprechen kommen –, Strukturausgleich zwischen Gebietskrankenkasse und Hauptverband, Verlängerung der Übergangsregelungen für geringfügig Beschäftigte.

Die Gesetzesvorlage ist sehr gut. Die FPÖ wird die Zustimmung erteilen. Geschätzte Frau Bundesministerin! – Herr Bundesminister Haupt ist gerade nicht im Saal. – Die morgige „Kronen Zeitung“ wird die Frage in den Raum stellen (Bundesminister Mag. Haupt kehrt in den Sitzungssaal zurück): Warum muss es eine „e-Card“ geben und nicht, Herr Bundesminister, eine „Gesundheitskarte“?

Herr Bundesminister! Wir sind in Österreich, wir sind gewohnt, in unserer Heimat in deutschen Worten zu reden. Ich würde glauben, man hätte etwas Gutes getan, wenn man in Österreich die „Gesundheitskarte“ eingeführt hätte. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und Bravoruf des Bundesrates Mag. Gudenus.)

19.27

 



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717. Sitzung / Seite 181

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister Haupt.

 


19.28

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die Debatte um die „elektronische Gesundheitskarte“ ist in den letzten Tagen entstanden. Ich darf darauf hinweisen, dass der ursprüngliche Ausdruck „e-Card“ von der Chipkarten-Gesellschaft erster Prägung unter Kollegem Sallmutter und Kollegem Mandl geprägt worden ist – im Einklang mit dem so genannten E-Government-Gesetz der Bundesregierung. Aus diesem Grund ist dieser Arbeitsname über all die Jahre unverändert geblieben.

Die Frau Gesundheitsministerin und ich würden uns gerne wünschen, dass wir das „Gesundheitskarte“ nennen, aber es würde diese Änderung Kosten in Höhe mehrerer dreistelliger Eurobeträge bewirken. Mir ist es, ganz klar gesagt, lieber (Bundesrat Konecny: Dreistellig? – Da legen wir zusammen!), dass wir das Geld für das Gesund­heitsressort aufwenden und nicht für die Umfärbelung der „e-Card“ in die „elektronische Gesundheitskarte“, denn wir haben im Gesundheitssystem ohnehin Geldmangel. Daher ist es mir lieber, das Geld wird für die Patienten verwendet als für ein neues Logo. (Bundesrat Konecny: Herr Minister! Dreistellig? – Da legen wir zusammen!)

Es mag schon sein, dass in dieser Republik das Logo für sehr vieles und sehr viele in der Vergangenheit und der Zukunft eine große Rolle gespielt hat und spielt. Maria Rauch-Kallat und ich folgen da eher dem Prinzip der Sparsamkeit, und zwar insofern, als wir das Geld jenen Dingen zuführen und dort verwenden wollen, wo es hingehört – und das ist die Gesundheitspolitik für die Patienten.

Herr Kollege von der sozialdemokratischen Fraktion, vielleicht reden Sie einmal in camera caritatis darüber, was Herrn Kollegen Sallmutter und Herrn Kollegen Direktor Mandl bewogen hat, die e-Karte „e-Karte“ zu taufen. Für uns heißt sie „elektronische Gesundheitskarte“, und das ist, glaube ich, durchaus verständlich, auch für die ältere Generation. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.29

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Bundesminister.

 


19.30

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsiden­tin! Hoher Bundesrat! – Keine Sorge, es wird nicht sehr lange! – Es wird an uns liegen, wie wir die Karte nennen. Ich spreche nie von der „e-card“, ich spreche nie von der „Chipcard“, ich spreche immer von der „Gesundheitskarte“! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen, bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

Wenn jeder von uns „Gesundheitskarte“ sagt, wenn wir jeden Journalisten darauf aufmerksam machen: Wir wollen, dass das „Gesundheitskarte“ heißt!, dann kann man sagen: „Elektronische Gesundheitskarte“ wäre sich nicht ausgegangen auf dem kleinen Papierl, also „e-card“ ist sozusagen die Abkürzung für „elektronische Gesundheits­karte“. – Das war aber nicht der Grund, warum ich mich zu Wort gemeldet habe, meine Damen und Herren.

Dieses Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, das Sie heute beschließen werden, enthält ja neben dem Hauptverband noch eine Reihe anderer Maßnahmen, unter anderem – ich hebe das nur heraus – die Entgeltfortzahlung für Klein- und Mittelbe­triebe im Krankheitsfall der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers, wobei ab dem elften Arbeitstag zur Hälfte die Refundierung für den Betriebseigentümer erfolgt, und es stützt damit wesentlich auch die Klein- und Mittelbetriebe in Österreich – wir wissen, 80 oder 90 Prozent aller Arbeitsplätze in Österreich werden von Klein- und Mittelbetrieben


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717. Sitzung / Seite 182

erbracht (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Böhm) – und sichert damit auch die Arbeitsplätze.

Ich habe heute schon einmal meine Redezeit überzogen. Ich möchte Ihnen daher jetzt am Schluss nur mehr sehr, sehr herzlich danken für die umfassende Mitarbeit bei der großen Gesundheitsreform, dass Sie mich hier aus allen Fraktionen mehr oder minder unterstützt haben – alle Fraktionen haben, egal, ob in den Ländern oder auf parlamentarischer Ebene, den Prozess der Reform unterstützt –, aber jetzt auch danke sagen für Ihre Zustimmung zu vielen Teilen dieses Reformpaketes. Wir können damit sicher sein, dass wir gemeinsam etwas geschafft haben für die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung, für die Erhaltung eines qualitativ hochwertigen Gesundheitssystems und auch für dessen Finanzierung.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, meine Damen und Herren, nicht nur ein friedliches und erholsames Weihnachtsfest, sondern vor allem ein glückliches und ein gesundes Jahr 2005! Alles Gute und danke für die Zusammenarbeit! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen. – Bundesminister Mag. Haupt: Darf ich noch kurz einen Satz sagen? – Präsidentin Haselbach: Einen! – Bundesminister Mag. Haupt – eine Karte in die Höhe haltend –: Einen einzigen Satz: Ich darf Sie alle, die Sie die Kritik der „Kronen Zeitung“ heute vernommen haben, bitten: Sehen Sie sich die Vorderseite der europäischen Krankenversicherungskarte an! Dort, wo das nicht lesbar ist für einen Österreicher mit der Staatssprache Deutsch, möchte ich das gern erklären. Hier steht nur: „Europäische Krankenversicherungs­karte“ und „Unterschrift“. – Viel mehr ...! – Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bun­desräten der ÖVP.)

19.32

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiter Wortmeldungen hiezu liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir haben zwar gesagt, wir hören nach dem 30. Tagesordnungspunkt auf, nur: Zum 31. Tagesordnungspunkt sind keine Redner zu Wort gemeldet. Ich würde daher vorschlagen, dass wir diese Abstimmung auch noch durchführen.

31. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz zum Schutz vor gefährlichen Produkten (Produktsicherheitsgesetz 2004 – PSG 2004) (512 d.B. und 777 d.B. sowie 7194/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 31. Punkt der Tages­ordnung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Reisenberger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 



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Berichterstatter Harald Reisenberger: Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz vor gefährlichen Produkten (Produktsicherheits­gesetz 2004 – PSG 2004).

Da Ihnen der Bericht in schriftlicher Form vorliegt, darf ich mich darauf beschränken, Ihnen weiters mitzuteilen:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht. – Wortmeldungen liegen mir dazu keine vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Der Herr Berichterstatter, nehme ich an, wünscht auch nicht noch einmal das Wort.

Daher kommen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

*****

Nach einigem Verschieben, aber im Einvernehmen mit den Fraktionen, unterbreche ich nun die Sitzung bis morgen, Dienstag, den 21. Dezember, 9 Uhr. Wir werden die Verhandlung mit dem Tagesordnungspunkt 32 fortsetzen.

Die Sitzung ist somit unterbrochen.

 (Die Sitzung wird um 19.35 Uhr unterbrochen und am 21. Dezember 2004 um 9.04 Uhr wieder aufgenommen.)

Fortsetzung der Sitzung: 21. Dezember 2004

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die gestern unterbrochene Sitzung wieder auf.

32. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (465/A und 764 d.B. sowie 7162/BR d.B. und 7195/BR d.B.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zum 32. Punkt der Tages­ordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Frau Bundesrätin Fraunschiel übernommen. Ich bitte darum.

 


Berichterstatterin Andrea Fraunschiel: Guten Morgen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft über den Beschluss des Nationalrates vom


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10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschüler­schafts­gesetz 1998 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zum Antrag:

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prutsch. – Bitte.

 


9.06

Bundesrat Günther Prutsch (SPÖ, Steiermark): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ich wünsche allen einen schönen guten Morgen. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Österreich hat mit der Österreichischen Hochschülerschaft ein Vertretungssystem, das international große Beachtung findet. Seit 60 Jahren gibt es diese Form der Inter­essenvertretung; nicht zuletzt direkt von den Studierenden legitimiert.

Was gut ist, hat offensichtlich in Österreich durchaus die Chance, sehr rasch zerstört zu werden. Seit die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft die Mehrheit in der bundesweiten Vertretung der Studierenden verloren hat, ist die ÖH zum Abschuss freigegeben worden. Mittels Initiativantrag kündigte die ÖVP eine Novelle zum Hochschüler­schafts­gesetz an. Über die überfallsartige Vorgangsweise, über das Überspringen von Begut­achtungsfristen ist hier schon einmal sehr ausführlich diskutiert worden. Die rechtliche Grundlage einer Interessenvertretung soll schnellstens und ohne jegliche wirkliche Einbeziehung der Betroffenen verändert werden.

Und da fragt man sich: Was haben denn die jungen Menschen falsch gemacht, so falsch gemacht, dass aus Sicht der Regierung Handlungsbedarf besteht? – Sie haben sich über die sozialen Verschlechterungen kritisch geäußert, sie haben gegen die Ver­schlechterungen bei den Studiengebühren protestiert, und sie haben vor allem auch, wie schon erwähnt, nicht so gewählt, wie es die Regierung erwartet hat. Legt man das letzte ÖH-Wahlergebnis auf das neue Hochschülerschaftsgesetz um, dann hätten zwei Fraktionen – Sie können jetzt raten, welche –, die auf gerade einmal 35,8 Prozent der Stimmen gekommen sind, plötzlich 63 Prozent der Mandate.

Meine Damen und Herren! In der Geschichte hatten viele Mächtige den Wunsch, immer wieder das Volk auszutauschen, wenn es unangenehm wurde. (Heiterkeit bei der SPÖ.) So richtig funktioniert hat das allerdings nie. Der nächste, fast logische Schluss, möchte man sagen, der Mächtigen war dann: Machen wir die Kritiker mundtot. In Österreich ist ja sehr intensiv angedacht worden – noch vor wenigen Jah­ren, erinnern wir uns zurück, vor vier Jahren –, einen Maulkorb für alle Kritiker zu verhängen: Wenn nötig, zerren wir sie einfach vor Gericht.

Das war dann auch nicht ganz so ideal, und dann gab es neue so genannte Wege, neue Lösungsansätze. Nur zwei Highlights davon: Bei Bedarf schalten wir den Verwal­tungsgerichtshof aus, und auch der Verfassungsgerichtshof stört.

Ein Zitat aus den „Salzburger Nachrichten“ „Zum Rechtsstaat als Störenfried“: „Die Regierung hat die Tendenz, den Rechtsstaat als lästigen Störenfried abzutun. Der Innenminister kanzelt das Verfassungsgericht ab, das Teile des Zivildienstgesetzes aufhob: ,Was Recht ist, muss nicht unbedingt gut sein.‘ Beim Entwurf zum Asylgesetz ist der Rechtsstaat nur genehm, solange er nicht der Effizienz der Behörde im Wege


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steht. Das Wort ,Macht korrumpiert‘ hat wieder einmal seine Berechtigung erwiesen.“ – Zitatende. Ich würde sagen, hart, aber wahr, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Und jetzt erleben wir einen neuen traurigen Höhepunkt im Umgang eben mit der ÖH. Noch vor wenigen Tagen hier im Hohen Haus, im Nationalrat, ruft einer aus der Koalitionsriege – ich würde sagen, ohne Anstand –: Die täte ich mit meinem Güllefassl bearbeiten! Kritiker sollen – wörtlich – mit einem Tritt in den Hintern aus dem Hohen Haus befördert werden. Das ist politische Unkultur, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Tiroler AK-Präsident Fritz Dinkhauser – ein Edelschwarzer, möchte ich dazu­sagen – sagt in Richtung Kanzler Schüssel: Wer kritisiert, wird liquidiert. Meine Damen und Herren, das, was da abläuft, ist wirklich unglaublich. Um Ihre Umfärbelungs­ak­tionen umsetzen zu können, ist Ihnen offensichtlich auch das letzte Fuzerl an demo­kratischem Grundkonsens verloren gegangen. Ich frage Sie: Woher nehmen Sie den Hochmut, mit dem Volk so umzugehen? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme schon zum Schluss und zitiere einen Kommentar aus der „Kleinen Zeitung“ – das ist sicher kein SPÖ-Kampfblatt –, dort ist zu lesen: „Für diese mutwilli­gen Kränkungen wird die ÖVP einmal zahlen. Das werden dann allerdings nicht mehr dieselben sein, die jetzt das giftige Klima im Land produzieren. So gerecht ist die Ge­schichte auch wieder nicht.“ – Ich sage „leider“ dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

9.11

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. – Bitte.

 


9.11

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man da so zuhört, dann fragt man sich, was da eigentlich los ist. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP.) Ich wünsche aber trotzdem wie meine Vorgänger ein herzliches steirisches „Glück auf!“, denn ich muss ehrlich sagen, ich bin sehr glücklich, dass wir in diesem Staate zu Hause sind.

Aber nun zum Thema: Wenn man schon von Wahlen und von Wahlrecht spricht, muss man doch auch einmal sagen: Es gibt unterschiedliche Wahlrechte und unter­schiedliche Wahlmodi. Da gibt es ein mehrheitsfreundliches Wahlrecht, es gibt ein minderheitsfreundliches Wahlrecht. Es gibt direkte und indirekte Wahlen in ganz unterschiedlichen Situationen.

Es gibt in Österreich den Bundespräsidenten, der direkt gewählt wird, da gibt es in Deutschland den Bundespräsidenten, der indirekt gewählt wird, in Amerika gibt es Wahlmänner, und, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns schon darin einig, dass das sehr wohl demokratisch ist, dass das sehr wohl demo­kratische Wahlen und Wahlvorgänge sind.

Doch was will ich damit? – Ich will damit sagen: Wenn man heute von unterschied­lichen Modellen des Wählens und des Entsendens von Mitgliedern in eine Vertretung spricht, dann muss einem einfach klar sein, dass man nicht immer alles gleich abbilden kann. Es ist uns sehr wohl klar, dass es unterschiedliche Modi gibt und dass auch unterschiedliche demokratische Prozesse möglich sind. Aber was will man damit? (Bundesrat Reisenberger: Andere Mehrheiten!) Und das möchte ich in aller Kürze hier noch einmal erklären. (Bundesrat Reisenberger: Eine schwarze Mehrheit!)

Erstens: Ist es nicht auch gerade unser Anliegen hier im Bundesrat als Kammer, die ja auch in ihrer Art und Weise gewählt wurde, dass wir hier gerade die Interessen


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vertreten, die vor Ort im Stärkeren laufen? Ich meine damit die Hochschulstandorte, die sich in unseren Ländern befinden. Ich muss Ihnen und euch ganz ehrlich sagen, ich halte immer weniger von diesen zentralen Stellen und von diesen zentralen Aus­schüssen. Ich als Föderalist halte wesentlich mehr davon, dass wir die Standorte der Universitäten und Hochschulen vor Ort stärker betonen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Himmer: Bravo!)

Und wenn es – und das halte ich wirklich für eine großartige Geschichte in der Geschichte der Universitäten hier in Österreich, und darum beneiden uns andere – bei uns eine solch große Autonomie gibt, dann muss ich natürlich auch die anderen Dinge den Gegebenheiten anpassen.

Zweitens, weil vorhin angesprochen worden ist, alle werden übertölpelt und über­sprungen und was weiß ich was alles, ist hier einmal festzuhalten: Ein Initiativantrag ist keine Übertölpelung. Ich sage jetzt hier als einer, der auch ein freies Mandat hat, ich würde mir da oder dort noch mehr Initiativanträge erwarten, denn ich glaube, damit würden wir unseren Parlamentarismus ganz neu beleben. – Das dazu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nächster Punkt: Was die Dialogfähigkeit des Ministeriums und der Bundesministerin betrifft, darf ich einmal ganz kurz auf einige Dinge hinweisen: Es gab neun Termine zwischen der ÖH und dem Sektionschef Höllinger im Zeitraum zwischen dem 15. März und dem 29. November 2004. Da gibt es monatlich einen Jour fix zwischen diesem Leiter und dem Vorsitzteam der ÖH-Bundesvertretung, für den das Vorsitzteam – man höre und staune! – die Tagesordnung bestimmt und festlegt. Am 16. September gab es auf Einladung der Ministerin ein Gespräch, am 17. November gab es ein Gespräch ... (Bundesrätin Lueger: Über welches Thema reden Sie hier eigentlich?) Wir haben ein ganz klares Thema, über das wir heute hier reden. Selbstverständlich über die Hochschülerschaft. Welches Thema soll es denn sonst geben? (Bundesrätin Lueger: Reden Sie darüber, was am 11.11. war!)

Bitte, darf ich hier vielleicht noch kurz fortfahren. Es ging ja hier darum ... (Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger.) Nein, nein, nein! Ich sage das deshalb hier ganz klar, weil ich den Eindruck habe, dass es hier so rübergebracht werden soll, als wäre keine Dialogbereitschaft gegeben, als hätte man jetzt plötzlich vor zwei, drei Wochen begonnen, über irgendetwas zu diskutieren, obwohl es eindeutig ist, dass es bereits vorher unterschiedliche Termine gegeben hat, bis vor kurzem.

Am 17. November gab es zwischen den Sprechern der Parteien und den Studieren­denvertreterinnen und -vertretern ein Gespräch. Am 25. November gab es hier im Haus mit 40 Studierendenvertretern ein Gespräch mit der Frau Minister, den Abgeord­neten und Vertretern des Ministeriums. Am 30. November wurde innerhalb von 24 Stunden ein Termin von Klubobmann Molterer, der Abgeordneten Brinek und der ÖH-Bundesvertretung einberufen. Am 2. Dezember – einvernehmlich – haben die vier Wissenschaftssprecher über dieses Thema im Wissenschaftsausschuss gesprochen. Und dann heißt es immer wieder – so wie hier im Haus schon vor einigen Tagen oder Wochen –: Da richtet man einfach nur eine E-Mail-Adresse ein.

Und was ist von diesem Prozess geblieben? – Da sind ja auch einige Dinge heraus­gekommen, die sehr wohl nun in diesen endgültigen Vorschlag, in diesen Beschluss, der hier vorliegt, eingeflossen sind.

Zum Beispiel: Ausweitung der Passivwahlberechtigten für die Senatswahl auf alle Studierenden der Unis. Im Initiativantrag waren ursprünglich nur Mitglieder der Uni-Vertretungen vorgesehen.


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Oder: Ein weiteres Mitglied aus der Vorsitzenden-Konferenz wird in die Kontroll­kom­mission entsandt.

Oder: Satzungsautonomie. Die Universitätsvertretungen haben die Möglichkeit, sich an die jeweiligen Universitäts- und Studienangebotsstrukturen selbst anzupassen, ohne dass sie dazu eine Genehmigung des Ministeriums brauchen.

Und was ich auch für nicht dumm halte, ist die Einrichtung von Klubs, sodass man sich praktisch auch fraktionell bundesweit ein Stück zusammentun kann, wenn es darum geht, welche Personen in staatliche Behörden oder internationale Behörden entsandt werden. Und, und, und.

Und so möchte ich abschließend sagen: Es gibt die unterschiedlichsten Modelle, das ist mir sehr wohl klar, aber ich möchte hier klarstellen, das ist ein demokratisches Modell, von dem ich glaube, dass es eine Chance verdient. Und ich bitte Sie auch, vor allem hier in dieser Kammer, ihm diese Chance zu geben, denn ich glaube, wir sollten den Standorten vor Ort mehr Chancen geben und sollten darauf achten, dass die Politik, die vor Ort betrieben wird, auch in der entsprechenden Stärke vertreten wird, in Wien beziehungsweise auf Bundesebene. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

9.19

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


9.19

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines zu Beginn: Es wird jetzt immer so getan, als würde von unserer Seite behauptet, ein Initiativantrag sei im Rahmen des Parlamentarismus nicht möglich. Bitte, das haben wir nie behauptet.

Es ist allerdings schon die Frage, was mit einem Initiativantrag gemacht wird. Und wenn ein Initiativantrag einzig und allein dazu dient, Begutachtungsfristen auszu­schalten und Dinge zu machen, die an und für sich vom Ministerium kommen sollten, dann halte ich das schon für, sagen wir, zumindest etwas ungewöhnlich, auf jeden Fall für etwas, was kritisiert werden kann. Darum ging es und nicht um die Frage, ob ein Initiativantrag prinzipiell zulässig ist oder nicht. – Das nur zur Klarstellung.

Und weil mein Vorredner soeben erklärt hat, dass es unglaublich viele Treffen gab und dass unglaublich viel geredet wurde: Ich habe im Ausschuss an die zuständigen Beam­ten die Frage gestellt, wieso eigentlich ein Initiativantrag quasi vor einer Vorlage des Ministeriums gekommen sei und was denn passiert sei mit dem, was inzwischen im Ministerium ausgearbeitet worden war. Die Beamten haben mir die Antwort gegeben, es habe im Ministerium keine Vorarbeiten gegeben. Wenn also der Initiativantrag Mitte November gekommen ist und Sie uns jetzt Termine aufzählen, die seit September oder im Laufe des Jahres zu verzeichnen gewesen sind – na ja, wenn es offensichtlich, laut Auskunft des Ministeriums, keine Vorarbeiten gab, dann werden Sie jetzt wohl nicht behaupten, dass bei diesen Treffen so unheimlich konstruktiv und zielführend geredet worden ist.

Genau das ist es nämlich, was wir immer ankreiden: Es gibt schon Treffen, aber das sind Alibi-Aktionen. Es ist ja schön, wenn man sich trifft und redet. Wenn allerdings diese Gespräche Alibi-Funktion haben und nichts dabei herausschaut, dann ist schon die Frage zu stellen: Wie zielführend ist das Ganze überhaupt? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Etwas Positives habe ich aber auch zu sagen. (Bundesrat Dr. Böhm: Erstaunlich!) Nicht, dass Sie mir vorwerfen, dass ich immer nur das Negative sehe; wenn es etwas Positives gibt, dann werde ich das natürlich auch anerkennen. Offensichtlich ist es nun


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endlich möglich, das Gesetz auch geschlechtergerecht zu benennen; das freut mich. Es ist allerdings nicht genug, wenn ein Gesetz einen akzeptablen Titel trägt, es kommt schon auch auf den Inhalt an. Und mit diesem bin ich, auch nach den Änderungen, nach wie vor nicht zufrieden.

Von weiteren Änderungen, die wirklich Substanz haben, ist nicht viel zu sehen. Kollege Schnider hat schon das eine oder andere aufgezählt, was geändert wurde. Ich würde behaupten, das waren Dinge, die vielleicht im Initiativantrag vergessen wurden, die man vielleicht in der Eile – wenn es so ein spontaner Akt der Eingebung war – nicht bedacht hat. Die wurden geändert; gut, von mir aus.

Aber die Ankündigungen der Abgeordneten Brinek vor diesen Gesprächen haben sich bewahrheitet. Sie hat gesagt: Die Grundstruktur steht, an der grundlegenden Archi­tektur wird nichts mehr geändert. – Das haben wir gesehen: Die Hauptkritikpunkte bestehen nach wie vor, an denen hat sich nichts geändert. Es gibt nach wie vor kein passives Wahlrecht für alle ausländischen Studierenden, nach wie vor wird es keine Direktwahl auf Bundesebene geben, und auch die für eine Selbstverwaltung völlig unübliche Festschreibung der Geldaufteilung in dieser Detailliertheit – all diese Dinge sind nach wie vor aufrecht.

Die Regierung bleibt also bei ihrem Kurs, kritische Organisationen abzustrafen. Sie verändert die Spielregeln nach ihrem – und nur nach ihrem – Geschmack. Nur die FPÖ darf ein bisschen mitnaschen, damit sie dem auch zustimmt. Es wird so schön „Lex RFS“ genannt – ich glaube, diese Studierendenfraktion kann sich sehr wohl freuen über ihre Zusammenarbeit mit der parlamentarischen Gruppe.

Ich muss noch auf die Beantwortung der Ministerin bei der Dringlichen Anfrage ein­gehen, die wir ja letztes oder vorletztes Mal, im November, behandelt haben. Ich war schon ein bisschen entsetzt! Ich meine, eine große Überraschung war es für mich nicht, dass Fragen nicht beantwortet wurden, dass Fragen ausweichend beantwortet wurden oder dass nicht zum Thema geredet wurde; sehr überrascht hat mich das nicht. Dass allerdings zum Beispiel auf die Frage, wann ein allgemeines passives Wahlrecht für alle ausländischen Studierenden eingeführt werde, die Antwort kommt: Es gibt ein Wahlrecht für ausländische Studierende, nämlich für solche aus dem EU- und EWR-Raum. – Ich bitte Sie: Das ist Wortklauberei! Sie wissen, was gemeint war. Diese Frage haben Sie zum Beispiel nicht beantwortet, Sie wollten Sie offensichtlich nicht beantworten. In diesem Stil ging es dann weiter.

Ich greife jetzt vor; ich nehme an, es wird von Ihrer Seite wieder dieses Wortspiel kommen: Wenn man etwas umfärben muss, dann muss es ja vorher eingefärbt gewesen sein. Ein Wahlsystem – das werden Sie zugeben müssen – wird immer das Ergebnis der Wahl beeinflussen. Das amerikanische Wahlsystem führt dazu, dass es zwei große Parteien gibt; das österreichische Wahlsystem führt eben dazu, dass es mehr als zwei Parteien gibt. Es ist schon klar, dass solche Systeme auch einen Einfluss auf das Ergebnis haben. Sie können jetzt also nicht behaupten, dass Sie ein Wahlrecht oder ein Wahlsystem einführen, das dann keinerlei Einfluss aufs Ergebnis hat. Ich behaupte, Sie haben das sehr wohl mitbedacht. Dieses Ergebnis ist beab­sichtigt, es ist wahrscheinlich einer der Hauptgründe, warum Sie jetzt dieses Gesetz so beschließen.

Natürlich gibt es unterschiedliche ... (Bundesrat Kneifel: Da muss man ein Prophet sein!) Man muss kein Prophet sein, um sich die vergangenen Ergebnisse anzu­schauen, das kann man sehr einfach machen. Es gibt auch so etwas wie Umfragen, vielleicht kennen Sie das. (Bundesrat Kneifel: Propheten schauen meistens in die Zu­kunft, nicht in die Vergangenheit!) Ja, aber Sie haben jetzt behauptet, man müsste Prophet sein. Ich sage, man kann sich auch die vergangenen Wahlergebnisse an-


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schauen, die sind ja nicht ganz irrelevant. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Wenn man die umrechnet, dann wird schon recht klar, was auch jetzt die Absichten hinter diesem Modell sind. (Bundesrat Reisenberger: ... nichts aus der Vergangenheit gelernt! Das ist ja das Schlimme! – Weitere Zwischenrufe.)

Natürlich gibt es unterschiedliche Modelle von demokratischer Legitimation, das ist schon klar. Ich bin nach wie vor der Meinung, die direkteste ist die beste. Man muss sagen, dass die Direktwahl auf Bundesebene akzeptiert war (Bundesrat Dr. Kühnel: Das sieht man auch im Bundesrat! ... auch nicht direkt gewählt! – Bundesrat Reisen­berger: Herr Kühnel, das überlassen wir Ihnen!), dass die Direktwahl der Hoch­schülerschaft auf Bundesebene akzeptiert war. Ein Großteil der Studierenden ist dafür, diese beizubehalten. Das ignorieren Sie; gut, das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

Etwas, was Sie auch ständig versuchen – und das, muss ich sagen, nervt mich wirklich –, ist, das Problem wegzureden: Na ja, wir machen ja nichts Großes, das ist eine Anpassung, das ist nötig, das ist eine Änderung, was habt ihr denn überhaupt? Da ist ja nichts so Großes enthalten, nichts, was eine große Änderung bewirken würde! – So kann man es natürlich auch sehen, und man kann versuchen, Dinge totzureden oder wegzureden. Ich glaube aber, es hat nicht ganz funktioniert. Wenn Sie sich die Reaktionen der Betroffenen anschauen, und zwar vom überwiegenden, vom Großteil der Betroffenen – ich lasse jetzt freiheitliche Studierende und auch sonst der Regie­rung nahe stehende Gruppen weg ... (Bundesrat Dr. Böhm: Wieso?)

Die sind ein kleiner Teil. Die sind nicht der Großteil, das müssen Sie leider einsehen. (Bundesrat Dr. Böhm: Die existieren nicht, oder was?) Wenn wir schon von Mehr­heiten reden (Bundesrat Dr. Böhm: Die diskriminieren Sie, oder was?): Die Mehrheit der Studierenden ist für ein direktes Wahlrecht, die Mehrheit der Studierenden ist auch der Meinung, dass diese Reform nicht Sinn macht, und sie hätten es gerne anders. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Die Mehrheit der 69 Prozent?)

Es gibt bundesweite Interessen von Studierenden. Solange es bundesweite Gesetz­gebung gibt, die Studierende betrifft, gibt es auch den Bedarf an einer bundesweiten Interessenvertretung. (Bundesrat Dr. Böhm: Die gibt es ja weiterhin!) Nichts würde Sie daran hindern, die Kompetenzen von Universitätsvertretungen auszuweiten, denen mehr Stärke zu geben und trotzdem gleichzeitig auch eine Bundesvertretungsebene bestehen zu lassen, die direkt gewählt wird. Da gibt es absolut keinen logischen, nach­vollziehbaren Grund, warum die finanziell derartig zurückgestutzt werden und in ihrer Legitimation so begrenzt werden. Das ist logisch nicht nachvollziehbar.

Frau Ministerin! Sie bemühen sich auch nicht, das nachvollziehbar zu argumentieren. Ich nehme es zur Kenntnis. Dass Diskussionsverweigerung von Ihrer Seite her an der Tagesordnung ist, haben wir gesehen. Das vermag auch ein Aufzählen von Terminen, die sich offenbar nicht mit dem befasst haben, was wir heute vorliegen haben, meiner Meinung nach nicht zu widerlegen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.27

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gudenus. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Jugend vor!)

 


9.28

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Kollegen und Kolleginnen! Die letzten Wochen haben es ja mit sich gebracht, dass wir über dieses Thema schon mehrere Male andeutungsweise gesprochen haben. Heute ist dieses Thema auf der Tagesordnung, und ich bin sehr froh, dass wir


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diesen Initiativantrag, den auch Kollege Dr. Schnider gelobt hat, heute behandeln können und dafür auch, wie ich meine, die notwendige Mehrheit finden.

Kollege Prutsch hat gefragt: Was haben die jungen Menschen falsch gemacht? Haben sie falsch gewählt? (Bundesrat Kraml: Ja!) – Lieber Herr Kollege, sie haben nicht falsch gewählt, sie haben nicht mehr gewählt! Daher muss ein Fehler im System vorhanden gewesen sein. (Zwischenruf der Bundesrätin Konrad.) Die Wähler sind nicht mehr hingegangen – ich möchte nicht behaupten, sie sind davongelaufen, nein, sie gingen nicht mehr hin –, weil sie sich durch die Hochschülerschaft nicht mehr vertreten fühlten! (Bundesrat Reisenberger: Das ist keine Parteiveranstaltung, Herr Kollege Gudenus!)

Das ist eigentlich der Punkt, der der Ministerin, aber auch jenen, die den Initiativantrag eingebracht haben, besonders am Herzen gelegen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wir brauchen eine Hochschülerschaft, die für die Hochschüler da ist und nicht für Partikularinteressen von fast selbst ernannten Mini-Funktionären, die sich großkopfert aufführen. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist der Punkt, um den es geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Reisenberger: So sehen Sie das! Haben Sie wirklich eine Ahnung von Demokratie?)

Und wenn der Wahlmodus kritisiert wird: Natürlich können wir den Wahlmodus auch bei der Arbeiterkammer kritisieren, selbstverständlich! Aber, liebe Kollegin Konrad, auch die Arbeiterkammer nimmt bundesweit die Interessen wahr, obwohl sie in einem ähnlichen Wahlmodus – einem indirekten Wahlmodus – wie zukünftig in der Hoch­schülerschaft gewählt wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch der Bundesrat nimmt als Länderkammer bundesweite Interessen wahr, auch wenn er indirekt gewählt und ernannt wird. Ich sehe darin kein demokratisches Defizit, und darüber sind wir – diejenigen, die dafür sind, wie auch diejenigen, die dagegen sind – uns wohl hoffentlich einig. (Bundesrat Stadler: Sind wir uns nicht einig ...!)

Wir sind uns nur nicht einig darüber, dass endlich eine tüchtige Hochschülerschaft entstehen soll, die einen Tätigkeitsbericht liefern muss, um ihre Arbeit unter Beweis zu stellen. (Zwischenruf der Bundesrätin Konrad.) Das ist nämlich der Hochschülerschaft in zwei Bereichen nicht geglückt: Sie konnte weder die Studenten von ihrer Fähigkeit überzeugen – das habe ich vorhin schon gesagt (Bundesrat Dr. Böhm: Siehe Wahl­beteiligung!) –, noch konnte sie das Ministerium und die Dienst habende Ministerin oder den Minister von ihrer Qualität überzeugen. (Bundesrat Kraml: Das ist schwierig!) Das ist, glaube ich, der wesentliche Punkt, warum es hier zu einer Änderung kommt.

Ich freue mich für meine Söhne, wenn sie auf eine Universität gehen, wo sie so eine Hochschülerschaft endlich wählen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.31

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


9.31

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Bildung, Wissenschaft und Forschung sind Schwerpunkte der Regierungstätigkeit. Gestern hat der Rat für Forschung und Technolo­gieent­wicklung eine Jahresbilanz gelegt, eine Bilanz über seine Arbeit, und der Rat für Forschung und Technologieentwicklung hat festgestellt, dass noch nie so viele Gelder für Forschung ausgegeben wurden: 1,3 Milliarden €, die den jungen Menschen zugute kommen, die den Wissenschaftern und Wissenschafterinnen zugute kommen, die den Studierenden an den Universitäten zugute kommen.


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Wir haben das neue Universitätsgesetz, wir haben für die Universitäten Globalbudgets erstellt, und wir haben den Universitäten Eigenständigkeit gegeben in ihrer Organi­sation und in der Verwendung der Geldmittel. Jetzt gibt es immer wieder die Dis­kus­sion, dass man sagt, die Universitäten haben viel zu wenig Geld, sie können ihre Aufgaben nicht erfüllen. – Meine Damen und Herren, wenn Sie rundherum schauen, in ganz Europa: Es ist überall gesagt worden, dass man mit den Geldmitteln der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen vernünftig umgehen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es muss einen Rechenschaftsbericht über die Ausgabe der Mittel geben. Wir haben den Universitäten Globalbudgets gegeben, und wir haben während des Jahres den Universitäten die zusätzlichen Mittel gegeben, die vereinbart sind. Ich habe gerade letzte Woche den Universitäten eine Übersicht geschickt, in der festgehalten wird, dass heuer zum Globalbudget von 1,754 Milliarden € nochmals 63,7 Millionen € für verschie­dene Erfordernisse, die eben an den Universitäten gegeben sind, dazukommen. Das heißt, die Universitäten haben mit den Studienbeiträgen ein Gesamtbudget von 1,94 Milliarden €. Dazu kommen noch die Mittel aus dem Forschungsbereich, dazu kommen noch Drittmittel.

Diese Bilanz zeigt ganz deutlich auf, dass die Universitäten in Österreich mit dem neuen Gesetz gut situiert sind. Zu dieser Erkenntnis gelangt man vor allem auch, wenn man die Entwicklung in anderen Ländern anschaut. Durch dieses neue Gesetz war aber von vornherein klar, dass auch das Hochschülerschaftsgesetz geändert werden muss, weil es den veränderten Bedingungen angepasst werden muss.

Ich habe das vor einem Jahr in einer Besprechung mit der Spitze der Hochschüler­schaft ganz klar dargelegt, und wir haben die Hochschülerschaft gebeten, in einen konstruktiven Dialog mit uns einzutreten. Wir haben der Hochschülerschaft auch vorge­schlagen, einen monatlichen Jour fixe mit dem zuständigen Sektionschef zu machen, wo sie die Themen bestimmt, wo sie die Meinungen einbringt und wo sie selbst­ver­ständlich auch Vorschläge zur Neugestaltung des Hochschülerschaftsgesetzes hätte unterbreiten können. – Ich muss feststellen, es ist nichts gekommen.

Es ist hier die Kritik vorgebracht worden, dass in meinem Haus keine Vorarbeiten geleistet wurden. Meine Damen und Herren, Sie haben gefragt, ob der Gesetzentwurf im Ministerium gemacht wurde, und ich habe geantwortet: Es gibt genug rechtskundige Beamte in diesem Haus, die derartige Entwürfe machen. Aber selbstverständlich hat es bei uns von Anfang an, seit das Hochschülerschaftsgesetz beschlossen war, die Überlegungen gegeben: Was ist zu ändern, damit das Hochschülerschaftsgesetz an das Universitätsgesetz angepasst wird? – Selbstverständlich! (Bundesrätin Konrad: Da sagen Ihre Beamten etwas anderes!)

Ich möchte schon auch eines klar feststellen. Mir liegt es sehr am Herzen, dass junge Menschen Demokratie lernen, dass junge Menschen lernen, mitzureden und mitzu­arbeiten. (Bundesrätin Konrad: Das wird zerstört ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Ich stelle deshalb mit Nachdruck fest: Es gibt 21 direkt gewähl­te, frei gewählte Universitätsvertretungen! Lassen wir doch den jungen Menschen die Chance, vor Ort ihre Vertretungen zu bestimmen (Bundesrätin Konrad: Das haben sie auch bisher!), vor Ort ihre Vertretungen, die die wichtigen Partner und Partnerinnen der Universitäten sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Konrad: Jetzt werden sie Bittsteller ...!)

Ich meine schon, man sollte in der politischen Gesamtdiskussion eine klare Linie beweisen. Es wurde hier von Frau Bundesrätin Konrad gesagt, dass die Direktwahl immer noch das Beste ist. Dann frage ich mich, warum sich die Grünen bei einer Volksabstimmung über einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union gegen diese


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Direktwahl aussprechen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Böhm: Sehr richtig! – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das frage ich mich wirklich! (Bundesrat Reisenberger: Sie reduzieren Demokratie auf das Maß, das Sie wünschen!) Wenn prinzipiell in allen Bereichen die Direktwahl das Beste ist, dann muss man auch in diesem Fall für diese Direktwahl eintreten. (Bun­desrat Dr. Böhm: Es ist da nur weitaus wichtiger! Es ist existenziell für unsere Zukunft!) Ich glaube, logische Konsequenz muss auch in der Politik an den Tag gelegt werden! (Rufe und Gegenrufe zwischen den Freiheitlichen und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, dieses Hochschülerschaftsgesetz gibt wichtige Schwerpunkte dorthin, wo sie notwendig sind: an die Universitäten. Es stärkt die Universitätsvertretung, gibt aber gleichzeitig auch die Chance, auf Bundesebene eine Vertretung aller Universitäten zu haben, die selbstverständlich der Partner der Regie­rung ist. Ich glaube, wir sollten die jungen Leute dazu motivieren, zur Wahl zu gehen und ihr Wahlrecht in Anspruch zu nehmen, um möglichst gute Vertretungen zu wählen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.37

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Einwallner. – Bitte.

 


9.37

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Minister! Jetzt haben wir einiges über das neue Hochschüler­schaftsgesetz gehört. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie sind heute Morgen schon wieder gescheitert, nämlich damit gescheitert, dieses Gesetz schönzureden. Sie versuchen es immer und immer wieder, aber es ist Ihnen auch heute wieder nicht gelungen. Es ist ein Rückschritt in der Demokratie, was Sie hier machen! (Beifall bei der SPÖ.)

Denn eines ist ganz klar: Das hat es in der Zweiten Republik noch nie gegeben, dass man eine Direktwahl zu einer österreichischen Vertretung abgeschafft hat! Da muss man jetzt einmal ganz klar hinschauen: Warum ist denn das passiert? (Bundesrat Dr. Böhm: Führen Sie es einmal ein in den eigenen Reihen!) Warum ist denn das passiert? – Das ist ganz klar: Das erste Mal gibt es eine rot-grüne Mehrheit in der Bundesvertretung, und diese rot-grüne Mehrheit traut sich noch, die Regierung zu kritisieren. Die traut sich noch, die Regierung zu kritisieren (Bundesrat Dr. Böhm: Ist das ihre Aufgabe? Ist das ihre Aufgabe nach dem Gesetz?), vertritt die Interessen der Studierenden (Bundesrätin Bachner – in Richtung des Bundesrates Dr. Böhm –: Sicher! – Bundesrat Dr. Böhm: Nein!), und was passiert? – Man ändert das Gesetz, damit es diese rot-grüne Mehrheit in Zukunft möglichst nicht mehr geben soll! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das ist offenbar Kultur dieser Regierung: Alle, die unbequem sind, werden per Gesetz einfach mundtot gemacht, egal, um welchen Bereich es geht! (Bundesrat Dr. Böhm: Ja, ja! Siehe ÖGB! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Reisenberger: Über­proportional! Das ist ÖGB! Das ist Demokratie!)

Es war der Kollege Schnider, der gemeint hat, dass es unterschiedliche Wahlsysteme gibt. Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Aber was Sie auch hier wieder schuldig geblieben sind: Warum haben Sie dieses Wahlrecht geändert? Warum haben Sie diese Direktwahl abgeschafft? – Das haben Sie hier nicht beantworten können! (Bundesrat Dr. Schnider: Die Betonung der Standorte! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Die einzelnen Universitäten zu stärken, das ist angeblich die Antwort, das ist angeblich das Argument. Was ist aber tatsächlich passiert, was hat man denn versucht? Man versucht die Stimmenverhältnisse so zu drehen, wie Kollege Prutsch das bereits aus­geführt hat, dass man mit 35 Prozent der Stimmen über 60 Prozent der Mandate erhält.

Und was man noch gemacht hat – und das ist wirklich paradox –: Man hat die fast vom Aussterben bedrohten freiheitlichen Studierenden doch noch mit einem Wahlrecht in diese Bundesvertretung hineingehoben, das seinesgleichen sucht: Mit sechs mal 167 Stimmen erhält man auch ein Mandat, genauso wie wenn man 6 000 Stimmen an einer Universität hat. Da stimmt doch etwas nicht! Was hier passiert, das ist ganz klar Anlassgesetzgebung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist schon interessant, wie dieser Initiativantrag der Abgeordneten Brinek und Achleitner zustande gekommen ist. In diesem Punkt gibt es auch einen Widerspruch zwischen Ihren Aussagen, Frau Minister, und den Aussagen, die wir am Donnerstag im Ausschuss gehört haben. Interessant ist auch, dass man überall, wo diese zwei Abgeordneten auftreten und behaupten, sie hätten diesen Initiativantrag gemacht, daran zweifelt. Im Nationalrat wurde lautstark gelacht, und nicht einmal die eigenen Abgeordneten haben geglaubt, dass dieser Initiativantrag wirklich von den Abgeord­neten kommt. Bei den Gesprächen mit den Hochschülerschaften hat man gemerkt, dass sie Lücken in der Kenntnis des Novellierungsvorschlages hatten. Nicht einmal dort konnten sie gut und richtig Auskunft geben, nicht einmal dort war es ihnen möglich. Offenbar schmückt sich da doch jemand mit fremden Federn. Man sieht das ganz deutlich. Bleibt die Frage, woher diese fremden Federn stammen. Vielleicht doch aus dem Ministerium? – Wer weiß.

Wenn man jungen Menschen das Leben mit demokratischer Mitbestimmung schmack­haft machen will, dann darf man sie nicht bestrafen, so wie Sie es mit diesem Hochschülerschaftsgesetz machen.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch ein Beispiel für demokratiebewusstes Handeln geben: Als die Mitbestimmung der Studierenden an den Universitäten eingeführt wurde – das war im Jahr 1973 –, waren die Vertretungskörper der Studierenden von einer Dreiviertelmehrheit – ich betone: Dreiviertelmehrheit! – ÖVP- und FPÖ-naher Studierender dominiert. Und dennoch ist damals die Mitbestimmung eingeführt worden, und dennoch ist den Studierendenvertretern dieses Recht eingeräumt worden. Das ist wahre politische Größe, das ist politischer Mut, und das ist ein Demokratieverständnis, das Sie, meine Damen und Herren, heute nicht mehr haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Gudenus hat die Wahlbeteiligung angesprochen, daher möchte ich ihm nur noch ein kleines Beispiel mit auf den Weg geben: Die Wahlbeteiligung bei der letzten Wirtschaftskammerwahl betrug 27 Prozent, bei der letzten ÖH-Wahl 31 Prozent. Auch das ist also kein Argument. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.43

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


9.44

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Thomas Bernhard ist ein österreichischer Dichter. Unter anderem ist er dafür bekannt, dass er sehr viel über die künstliche Erregung geschrieben hat. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Und die stelle ich hier vor allem bei der Sozialdemokratie fest, bei den Kollegen Einwallner und Prutsch, wobei ich Frau Kollegin Konrad konzediere, dass sie als Studentin zumindest ein gewisses Maß an Betroffenheit aufweisen könnte.

Bevor ich in den Hauptteil meiner Rede einsteige, möchte ich grundsätzlich feststellen, dass die Abgeordneten des Nationalrates, aber auch des Bundesrates schon ein Initiativrecht haben, und das soll auch wahrgenommen werden. Das jetzt als Absurdität des Parlamentarismus hinzustellen, ist wirklich übertrieben. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist eigentlich die Aufgabe eines Abgeordneten, der hier nachgekommen wird! – Bundesrat Reisenberger: Herr Professor Böhm, ich bitte Sie!)

Früher, zumindest im 19. Jahrhundert, war es ja so, dass die Abgeordneten noch selber die Gesetze formuliert und die Ministerien der Regierung eher nur sehr wenig zum Gesetzgebungsprozess beigetragen haben. Dass sich das verschoben hat, ist unter anderem – meine persönliche Meinung – auf Artikel 18 Bundesverfassung zu­rückzuführen, dass alles nur auf Grundlage von Gesetzen ausgeübt werden darf. Daher auch diese Flut an Gesetzen.

Wenn man über das Hochschülerschaftsgesetz 2004 im Allgemeinen spricht, sollte man meiner Meinung nach doch in gewissem Maße auch die grundlegenden Wahl­systeme rekapitulieren. In Österreich haben wir Mischsysteme, wie ja in Österreich meistens nichts nur einer Logik unterworfen ist. Es gibt da also verschiedene Systeme, und wir leben seit dem Jahre 1945 eigentlich recht gut damit.

Es gibt einmal das Mehrheitswahlrecht – Kollege Schnider hat das bereits erwähnt – in Großbritannien, aber auch in den USA. Und wie ist es denn in einzelnen öster­reichi­schen Bundesländern mit der Direktwahl der Bürgermeister? Da wird ja auch derjenige Bürgermeister, der über 50 Prozent der Stimmen bekommt. Ob er dann auch im Gemeinderat eine Mehrheit hat, ist wieder eine andere Frage, weil diese Institution nach einem anderen Wahlsystem beschickt wird. (Bundesrat Todt: Warum muss man deswegen das ÖH-Wahlrecht abschaffen? – Bundesrat Konecny: Auch dort wird nach dem Verhältniswahlrecht gewählt! – Bundesrat Kraml: Sehr demokratisch ist das im Gemeinderat!)

Es gibt also, wie gesagt, verschiedene Systeme, ein reines haben wir jedenfalls nicht, Herr Professor. Wenn Sie jetzt plötzlich da herkommen wie der Pontius ins Credo und wieder mitmischen, dann tun Sie das! Das ändert aber nichts daran, dass wir in Österreich ein Mischsystem haben.

Weiters gibt es das Verhältniswahlrecht, wobei man in Israel mit dem Verhältnis­wahlrecht im Grunde genommen mit 0,8 Prozent der Stimmen bereits ein Mandat bekommt; in manchen Ländern, wie zum Beispiel der Bundesrepublik, gibt es die 5 Prozent-Klausel. Die hat sich als vernünftig herausgestellt, wenn man keine Wei­marer Verhältnisse haben möchte.

Und was uns selber betrifft, hier im Bundesrat: Bitte, wir sind indirekt gewählt, denn die Landtage wählen die Mitglieder des Bundesrates auf Grund des Wahlergebnisses in den einzelnen Landtagen. Bitte nehmen wir das zur Kenntnis, und schimpfen wir daher nicht auf Systeme, die auch anders sein könnten.

Nun kann ich mir nicht ersparen, auf das Bundesland Vorarlberg hinzuweisen, aus dem unser Vizepräsident Weiss kommt. (Bundesrat Reisenberger: Das steht hier ja gar nicht zur Diskussion! – Bundesrat Schennach: Dort gibt es aber keine Uni!)

Dort hat eine Partei mit 56 Prozent zwei Bundesratsmandate und eine Partei mit unter 20 Prozent ein Bundesratsmandat. Das ist in der Verfassung so festgelegt. Ich rege mich deswegen nicht auf, aber ich spreche in diesem Zusammenhang auch nicht von


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Ungerechtigkeiten. So ist es eben in der Verfassung geregelt. (Bundesrat Reisen­berger: Wenn es Ihnen nicht mehr passen würde, würden Sie es ohnehin ändern!)

Und dann gibt es heute natürlich auch Länder und Parteien, wie in Frankreich zum Beispiel die Gaullisten beziehungsweise die Nachfolger der Gaullisten, aber auch Parteien in Baden-Württemberg, die wählen ihre Chefs durch die Mitglieder. Sarkozy ist durch die Mitglieder gewählt worden. Vielleicht wollen Sie das Ihrem Gusenbauer in Hinkunft auch empfehlen, das kann schon sein. Ich möchte jedoch nur auf die Verschiedenartigkeit der Wahlsysteme hinweisen. In Baden-Württemberg haben sie sich jetzt einen neuen Ministerpräsidenten ausgesucht, nämlich Klubobmann Oettinger.

Und nun zu den Universitäten. – Bitte, warum regt man sich so auf? Sie haben das Universitätsgesetz doch auch irgendwann – ich glaube, da war ich noch nicht hier – hier im Bundesrat beschlossen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Nicht von uns!) Dieses Gesetz delegiert nun einmal viel Verantwortung aus dem Ministerium an die einzelnen Universitäten. Das entspricht unserem Gefühl, unserem Ideal der Subsidiarität. Dass das Hochschülerschaftsgesetz dem angepasst wird, ist ein logischer Schritt, der von der Frau Bundesminister eben in Form eines Initiativantrages vollzogen worden ist.

Weil man diese Strukturänderung nicht zur Kenntnis nimmt, wird nun fortwährend bedauert, dass sich bei der Hochschülerschaft durch das neue Gesetz jetzt angeblich die Mehrheiten ändern würden. Kollege Prutsch und auch Kollegin Konrad haben von Umfärben und so weiter gesprochen. Die 30 Prozent Wahlbeteiligung bei den Studen­ten sind wahrlich kein Ruhmesblatt, das man dauernd in die Auslage stellen sollte. Stattdessen müsste man sich fragen, warum die Wahlbeteiligung so gering war. Ich meine, dass, wenn die Verantwortung an die einzelnen Universitätsvertretungen über­tragen wird, ein größeres Interesse bestehen wird, sich an der Wahl zu beteiligen.

Schließlich möchte ich noch zu den hellseherischen Qualitäten bei den Sozialdemo­kraten und bei den Grünen Stellung beziehen. Es naht das Jahresende, und am Ende des Jahres haben der Widder-Experte und der Jungfrau-Experte natürlich Hoch­konjunktur. Die Zeitungen schreiben, wie das Jahr 2005 ausschauen wird und so weiter. (Bundesrat Reisenberger: Das ist keine Frage des Glaubens, man braucht nur zu rechnen!)

Vielleicht hat auch Herr Professor Konecny jetzt in der SPÖ einen Hofastrologen engagiert, der in die Zukunft blickt, oder die Grünen haben in Pompeji einen Auguren ausgegraben, den sie jetzt sozusagen bei Brot und Wein am Leben erhalten, weil sie in die Zukunft blicken und jetzt schon wissen, wie die nächsten Hochschülerschafts­wahlen ausgehen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Man kann sich das ganz leicht ausrechnen! – Bundesrat Schen­nach: Eins und eins ist zwei! – Bundesrätin Lueger: Man muss nur rechnen!)

Blicken wir jetzt in die Parteienrealität zurück: Wer hätte im Jahre 1999, als die ÖVP um 415 Stimmen weniger hatte als die FPÖ, gedacht, dass sie drei Jahre später 42 Prozent bekommt? Hätten die Sozialdemokraten im Jahre 1999 je davon geträumt, 2002 nur mehr Zweite zu sein? Daher sind alle Prognosen in welche Richtung auch immer ärgste Kaffeesuddeuterei.

Ich komme zum Schluss. (Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zusammenfassen: Meine Fraktion ist ein großer Anhänger der Delegation und der Subsidiarität. Das wird nun mit dem neuen Gesetz verwirklicht. (Bundesrat Schennach: Super!) Ich danke dir daher, Frau


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Bundesminister, dass du diesen mutigen Schritt gesetzt hast. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen.)

9.52

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


9.52

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Angesichts der knappen Redezeit meiner Fraktion kann ich Ihnen nur zwei Sätze sagen: Ihr Türkei-Vergleich ist, so meine ich, gegen Ihre Normalverfassung, die Sie in politischen Debatten haben, denn Sie wissen, dass es etwas anderes ist, wenn ein Volk über andere Völker abstimmen soll, als wenn wir über Wahlsysteme reden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich hätte den Kollegen Böhm jaulen gehört, wenn die Tschechen aus gewissen Res­sentiments einen Beitritt Österreichs abgelehnt hätten. Wir brauchen keine Nationalis­men zu schüren, sondern wir sollten das Miteinander in Europa fördern.

Lieber Kollege Schnider! Ich verstehe es nicht. Sie sind an sich so ein grundehrlicher Mensch in der Politik und führen hier so eine unehrliche Debatte. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich muss auch sagen: Danke, lieber Oberst Gudenus, Sie haben hier wieder einmal die Wahrheit ausgesprochen, die Wahrheit nämlich, dass sich bestimmte Gruppen nicht mehr in der ÖH vertreten fühlen. Wahrscheinlich meinen Sie diese Säbeltiger, Schmis­sebrüder oder die ewigen Faschingsprinzen, die verkleidet umhergehen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Da spricht aus Ihnen wieder einmal die lauterste demokratische Gesinnung!)

Ich kann mir gut vorstellen, dass die – wo vielleicht auch Ihr Sohn dabei ist – sich eine andere ÖH wünschen. Das verstehe ich schon, und da liegt schon wesentlich mehr Wahrheit drinnen. Stattdessen aber zu sagen, man wolle das regionale Prinzip stärken, ist ungefähr so, als hätte ein Hund einen schönen Schweif und man kupiert ihn weg. Der hat dann nur mehr ein Stummerl, und dann heißt es womöglich auch, er habe ja noch einen Schweif, und man stärke den Schwanz jetzt im Ansatz. (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist aber doch nicht der Schweif, den wir wollen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Somit haben Sie eines geschafft: Sie haben eine demokratische Vertretung zertrüm­mert, Sie haben Sie regionalisiert mit dem Schmäh, man wolle die Demokratie vor Ort üben. Im Grunde zeigen Sie damit den jungen Menschen die kalte Schulter – und Sie ziehen das heute durch.

Im Übrigen nehme ich zur Kenntnis, dass ich die Wette hier gewonnen habe. Ich habe den gesamten Bundesrat zu einem Abendessen eingeladen, wenn nachgewiesen wird, dass Frau Brinek auch nur fünf Sätze an diesem Gesetz geschrieben hat. Die Mär ist vorbei, dass sie beim Frühstück zu ihrem Mann Karl gesagt hat: Diese Woche bist du für den Haushalt zuständig! Ich habe das Gefühl, ich muss ein ÖH-Gesetz schreiben. – Das ist einen Monat lang nicht eingelöst worden. Ich nehme zur Kenntnis, die Wette gewonnen zu haben. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen und der SPÖ.)

9.55

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Professor Dr. Böhm. – Bitte.

 



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9.55

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Ich versuche jetzt, nach dieser finsteren Polemik wieder zur Sache zurückzu­kehren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Universitätsgesetz 2002 hat die Universitäten in die Selbständigkeit entlassen. Ziel des Hochschülerschaftsgesetzes in der Neufassung ist daher, die Hochschülerschaft an diese neue Situation anzupassen und die Struktur auf Universitätsebene zu ver­bessern. Unwahr ist daher vor allem, dass diese Novelle Demokratie abbaut oder gar demokratiefeindlich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Na geh!)

Sonst müsste ich nämlich, wie das schon einige Vorredner betont haben, zur Kenntnis nehmen, dass wir alle als Mitglieder des Bundesrates nicht ausreichend demokratisch legitimiert sind. Von der Bundesregierung rede ich da erst gar nicht, oder auch, wenn Sie wollen, von den indirekt demokratisch bestellten und durchaus auch vielfach politisch motiviert bestellten Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs. Auch von den Richtern der ordentlichen Gerichte bis hin zum Obersten Gerichtshof hinauf könnten wir gar nicht reden, und dort wird immerhin sogar die Rechtsordnung teilweise fortge­bildet. (Bundesrat Reisenberger: Sie denken vielleicht, es geht hier wieder ums Rechtssystem! Das ist aber nicht der Fall!)

Wenden Sie sich auch gegen die Art der Entsendung direkt gewählter Repräsentanten in die Bundesorganisationen der Arbeiterkammer, der Bundeswirtschaftskammer, der Landwirtschaftskammer? Ich nehme an, dagegen wenden Sie sich nicht. Sie haben hier nie eine Änderung eingefordert.

Ich denke auch, dass Sie eigentlich auch nicht gegen Minderheitenrechte sein sollten. Warum hat man etwas dagegen, dass bei Universitätsstandorten mit mindestens 1 000 Mitgliedern ein Mandat auf Bundesebene vergeben werden soll? (Bundesrat Konecny: Anderswo bekommt man für 5 000 ein Mandat!) Haben Sie gegen solche Minderheitenrechte etwas? Sind die kleinen Universitäten oder Akademien für Sie nicht gleichberechtigt? (Bundesrat Reisenberger: Seltsam, dass Ihnen Demokratie für Minderheiten plötzlich so wichtig ist!)

Was haben Sie gegen die Stärkung der 21 Studentenvertretungen mit immerhin 280 direkt gewählten Mandataren? Auf der Ebene der einzelnen Universitäten sind diese direktdemokratisch gewählt – leider, und ich sage es auch noch einmal, mit zuletzt nicht einmal 30 Prozent. Politisch betrachtet sind sie basisnahe. Stört Sie etwa, dass eine solche Vertretung ihrer Wählerschaft persönlich verantwortlich ist und dass sie daher ganz anders als die bisherige Bundesvertretung wirklich im echten Interesse der Studierenden agiert? (Bundesrat Konecny: Und Sie beurteilen das, was das echte Interesse der Studierenden ist?)

Doch! Erstens war ich Student und anders als Sie bin ich beruflich nach wie vor damit befasst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Und daher meinen Sie, bestimmen zu können, wie die Studierenden ihre Interessen zu vertreten haben?)

Diese basisnahen Organisationen vor Ort leisten nicht ideologische Fleißaufgaben zur eigenen Profilierung für eine spätere parteipolitische Aufgabe. (Bundesrat Konecny: Na, wo bleibt der Applaus?) Das spricht so für sich, dass es dessen nicht bedarf! (Bun­desrat Konecny – in Richtung ÖVP –: Nein, dort sitzen all die ehemaligen Hochschul­funktionäre!)


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Selbst im Sachbereich, für den die Bundesvertretung wirklich zuständig ist, muss ich Ihnen sagen, dass ich leider – und ich sage das mit großem Bedauern – als Univer­sitätslehrer in den letzten Jahren nahezu durchwegs schlechte Erfahrungen gemacht habe.

Immer dann, wenn einerseits Studienreformen und andererseits ÖH-Wahlen bevor­stan­den, mussten die Universitäten Vorschläge entgegennehmen, die vorwiegend von sachwidrigen Argumenten und von Leistungsfeindlichkeit gekennzeichnet waren.

Was die von Hochschulpolitik und Studienfragen völlig abgehobene Tätigkeit der Bun­desvertretung anlangt, so halte ich gemäß meiner persönlichen Rechtsauffassung, die auch der langjährigen politischen Linie meiner Fraktion entspricht, fest, dass der Öster­reichischen Hochschülerschaft keinerlei allgemeinpolitisches Mandat zusteht – das nicht zuletzt deshalb, weil die Studierenden einer Zwangsmitgliedschaft mit verpflich­tenden Beiträgen unterliegen. Das haben bundesdeutsche Verwaltungsgerichte zu ihrer, der deutschen, aber durchaus mit dem österreichischen Recht vergleichbaren Rechtslage längst ausjudiziert. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Das ist bei der Wirt­schaftskammer auch so!) – Nein, ein allgemeinpolitisches Mandat nimmt die Wirt­schaftskammer für sich nicht in Anspruch! – Zwangsmitgliedschaft und zugleich ein allgemeinpolitisches Mandat kann es nicht geben. Zwangsmitgliedschaft ist demnach ausschließlich mit bereichsspezifischer Interessenvertretung vereinbar.

Ich erinnere an die Debatte im Nationalrat. Da hatte unsere Wissenschaftssprecherin davon gesprochen, dass es ja um ÖH-Beiträge gehe und dass das eigentlich eine Service-Homepage darstellen sollte. Abgeordneter Matznetter sagte in einem Zwi­schenruf: „Service statt Politik, das wollt ihr also!“ – Ja, ich frage mich: Ist die ÖH nicht dazu da, für ihre Studierenden eine Serviceleistung zu erbringen? (Abg. Konecny: Erbringt sie ja!) Ja, ja! Die Bundesvertretung nicht!

Es wurde dann auch gesagt, dass die Studentenvertretungen vor Ort in Zukunft Serviceleistungen erbringen müssen, nämlich in Zukunft, wie auch heute schon, auf der Ebene der Universitäten die Studenten zu beraten und wirklich für die Studenten da zu sein.

Dann hat sie sich zu der weiteren Formulierung hinreißen lassen: „Und dann wird eben wahrscheinlich der eine oder andere keine Zeit mehr zum Demonstrieren haben!“ – Darauf ist im Protokoll zu lesen: „(Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Aha! Darum geht es also! Jetzt ist die Katze aus dem Sack!)“ – Also, fürs Demonstrieren ist die ÖH offenbar da. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Oh-Rufe bei den Grünen.)

Es müsste eigentlich Auftrag aller Fraktionen sein, dass in Zukunft die Studenten wirk­lich zur Wahl gehen und ihre Vertretungen wählen, wenn sie die entsprechende Leistung erbracht haben. Das ist vielleicht das, was Sie nicht wollen: dass nämlich auch einmal vor Ort eine Leistung für die Studierenden erbracht werden muss! Insofern ist es aus der Sicht meiner Fraktion nicht kritikwürdig, es ist vielmehr zu begrüßen: zum einen die stärkere politische Rückbindung der Bundesvertretung an die einzelnen Universitäten und damit zugleich an die Studierenden, denen die von ihnen direkt gewählten Repräsentanten unmittelbar verpflichtet und verantwortlich sind, und die Stärkung der lokalen Universitäten und Studentenvertretungen, und damit zum an­deren die höhere Beteiligung der Universitätsvertretungen auch an den finanziellen Mitteln, die der ÖH im Ganzen, also im ihr zugewiesenen Globalbudget zukommen. Das ist also eine Verlagerung dorthin, wo die echten Interessen der betreffenden Universitäten und der ihnen angehörenden Studierenden vertreten werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.04

 



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
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Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Dr. Dernoscheg zum Wort gemeldet. Sie wissen, Herr Bundesrat, dass für eine tatsächliche Berichtigung eine Zeitbeschränkung von 5 Minuten besteht.

Wir haben uns, da es gestern eine tatsächliche Berichtigung gegeben hat, geeinigt, auch heute eine zuzulassen. Es wurde eine Redezeitbeschränkung insgesamt verein­bart, und daher darf es auch heute eine tatsächliche Berichtigung geben.

Bitte, Herr Bundesrat.

 


10.05

Bundesrat Dr. Karl-Heinz Dernoscheg (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Ich werde inklusive der Aufklärung weniger als 5 Minuten brauchen. – Mir ist bei der Rede des Herrn Kollegen Einwallner ein Spruch durch den Kopf gegangen, der alt, aber gut ist und der lautet: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast! (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Was tun Sie immer, Herr Doktor?)

Tatsache ist Folgendes: Herr Kollege Einwallner behauptete, dass es bei den Wirt­schaftskammerwahlen eine Wahlbeteiligung von 27 Prozent gegeben hat. Das ist schlicht und einfach falsch!

Im Internet ist nachzulesen, dass es 53,6 Prozent waren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es hilft nichts, es ist so! Mit der Statistik tut man sich anscheinend schwer. Das ist ausgezählt: 53,6 Prozent. In der Steiermark waren es 70 Prozent. Darauf sind wir sehr stolz. Andere Bundesländer liegen auch etwas darüber.

Also das ist eine – das muss ich sagen – klare Verdrehung von Tatsachen, um ein Argument, bei dem man sich nicht sicher ist, zu untermauern.

Demokratie heißt für mich – und das darf ich auch dazusagen, weil die Wirtschafts­kammerwahlen so oft erwähnt worden sind – auch das System, nach welchem Wirtschaftskammerwahlen geschlagen werden, und zwar direkte Demokratie. Warum? Es wählen die Betroffenen ihre direkten Vertreter.

Wir sehen, lieber Herr Kollege Einwallner, auch bei den Hochschulen vor, dass diejenigen, die Betroffene beziehungsweise Begünstigte der Hochschülerpolitik sind, ihre Vertreter direkt wählen – und nicht irgendwo anonym, nicht irgendwo jemanden, der sich in der großen, internationalen Politik darstellt.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat, Sie halten bereits eine Rede. Sie sind schon weg von der tatsächlichen Berichtigung.

 


Bundesrat Dr. Karl-Heinz Dernoscheg (ÖVP, Steiermark) (fortsetzend): Das waren die fehlenden 20 Prozent, die ich noch dazugegeben habe. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

10.07

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Konecny. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


10.07

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich war Herrn Dr. Kühnel sehr dankbar für seinen interes­santen Parforceritt durch Wahlsysteme. Er hat vor den relevanten Vergleichsbeispielen aufgehört. Es gibt auch das Wahlsystem von Tadschikistan und der Ukraine (Ruf bei den Freiheitlichen: Wollen Sie das?), es gibt Wahlsysteme, wo 99 Prozent garantiert


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sind. Das gibt es auch in Teilbereichen in Österreich. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Die sind nicht demokratisch. Genau das wollte ich damit zum Ausdruck bringen! Dieses Wahlrecht ist auch nicht demokratisch. Dieser Analogieschluss ist in höchstem Maße zulässig. (Beifall bei der SPÖ.)

Um ganz klar einen wiederholt gebrauchten ... (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist falsch!) – Es ist nicht falsch, Herr Kollege, aber Sie können gerne eine tatsächliche Berichtigung vornehmen, wenn Sie meinen, dass Sie dafür Futter haben.

Es wurde wiederholt die Genese des Bundesrates angeführt, und das ist das denkbar schlechteste Beispiel, das nur jemand, der von der österreichischen Verfassungs­geschichte keine Ahnung hat, verwenden kann. Tatsächlich ist – mit Zustimmung der Benachteiligten!; das kommt bei Verfassungskompromissen so vor – dieses Genese­system des Bundesrates zur Eindämmung einer potentiellen sozialdemokratischen Mehrheit vereinbart worden. Schlicht und einfach! (Bundesrat Dr. Kühnel: Haben Sie dem zugestimmt?) Ja, Herr Kollege!

In der Phase, in der diese Republik bei der Verfassung 1920 konstruiert wurde, hat es tatsächlich – und das ist jetzt nicht zu werten, das ist mehr als 80 Jahre her; Sie brauchen sich nicht aufzuregen und keinen roten Kopf zu bekommen – große Ängste in den österreichischen Bundesländern vor der Dominanz des Wasserkopfes Wien gegeben, wobei während langer Phasen dieser Debatte der Wasserkopf ja noch Wien-Niederösterreich, nämlich das einheitliche Bundesland, war. Es hat daher das Bestreben gegeben, in der zweiten Kammer diese Dominanz sozusagen zu zähmen.

Die Sozialdemokraten, die diese Verfassungsverhandlungen mit geführt haben, haben für diese Sorge der christlichsozialen Vertreter der Bundesländer Verständnis gehabt, und es wurde ein Verfassungskompromiss geschlossen, der – inzwischen hat sich die Bevölkerungsentwicklung darüber hinweggesetzt – die Dominanz des roten Wasser­kopfes mit maximal zwölf Mitgliedern des Bundesrates drastisch limitiert hat. Wie gesagt, wir haben inzwischen eine Bevölkerungsentwicklung, die Wien von der Stelle des bevölkerungs- oder bürgerstärksten Bundeslandes verdrängt hat. Diese Fahne ist an Niederösterreich übergegangen.

Das ist Verfassungsgeschichte! Aber es ist eine politische Wahrheit, dass da auf dem Altar einer vertrauensvollen Grundlage dieser Republik von der Sozialdemokratie auf einen potentiellen politischen Einfluss verzichtet wurde. – Das nur zur Berichtigung des Arguments, beim Bundesrat funktioniere ja die Delegation auch. Wir haben einen eingebauten Bias immer noch, aber dieser ist Teil eines Verfassungskompromisses, den niemand in Zweifel zieht. Punkt.

Es gibt für die Regelung ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) Schauen Sie, wenn wir die Österreichische Hochschülerschaft an diesem Punkt der Geschichte neu erfinden ... (Bundesrat Mag. Baier: Ist dieses System undemokratisch oder nicht?) Wenn die ... (Bundesrat Mag. Baier: Um diesen Umstand geht es!) Nein, um den geht es nicht!

Herr Kollege! Sie verstehen die Debatte nicht. Das ist Ihr Problem! (Bundesrat Mag. Baier: Nein! Das ist Ihres!)

Wenn die Normunterworfenen ein System als demokratisch akzeptieren – und ich habe zum Ausdruck gebracht, dass das für die Sozialdemokratie so ist –, dann ist es demo­kratisch legitimiert. Die Normunterworfenen in der Studentenschaft verstehen dieses Wahlrecht, das sich die Frau Bundesminister oder die Frau Brinek oder wer sonst immer ausgedacht hat, eindeutig nicht.

Ich sage es noch einmal: Wir stehen ja nicht am Beginn der Studentenvertretung, die gibt es seit der Zeit unmittelbar nach 1945. Es ist ein System, gegen das aus vielerlei Gründen, wie etwa aus dem Grund der Wahlbeteiligung, Kritik geübt wurde, aber es


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gibt für diesen Rundumschlag, der auf der Bundesebene jede repräsentative Demo­kratie abschafft, keinen vernünftigen Grund – außer politischen Interessen.

Ich darf auch da einen kleinen Exkurs in die Geschichte machen: Die Sozialdemokratie hat als Regierungspartei viele Jahre eine engagierte Hochschulpolitik betrieben, und es hat sicherlich die Durchsetzung dieser Hochschulpolitik nicht gerade erleichtert oder einfacher gemacht, dass sie in dieser Phase eine von ÖVP-Studenten geführte Hochschülerschaft – damals hat das Ding „Wahlblock“ geheißen – als Partner hatte, und es hat da schwierige Verhandlungen, schwierige Gespräche, ja auch Konflikte gegeben. Aber in all diesen Jahren ist niemand auf die Idee gekommen, durch eine wahlrechtliche Konstruktion, die an Willkür nicht mehr zu übertreffen ist – lies das Gesetz, lieber Kollege Bieringer!; die wirklichen Feinheiten sind ja hier noch gar nicht zur Debatte gekommen; das ist nackte Wahlrechtswillkür!, ich werde das beweisen –, zu versuchen, diese demokratisch legitimierte Mehrheit von ÖVP-Studenten in irgend­einer formalen Weise auszuhebeln. – Das, Frau Bundesminister, unterscheidet uns fundamental in unserem Demokratieverständnis und in unserer politischen Praxis!

Dieses Recht, das heute gesetzt werden soll, ignoriert in grober Weise die Repräsen­tation der Studenten, indem es die Universitätsstandorte im Wesentlichen unabhängig von ihrer Größe mit Mandaten ausstattet. Wir haben das ja schon gestern einmal ge­habt, wie man das macht. Also 800 Notare und 4,2 Millionen Unfallversicherte sind jeweils zwei Sitze. Dieses Prinzip hat die Frau Minister oder die Frau Brinek oder sie haben es beide gemeinsam mit Interesse studiert, und sie haben gefunden, dass es sich auch da anwenden lässt.

Aber besonders originell finde ich die Regelung mit den so genannten Listen­verbänden. Da können sich – und das muss man sich auf der Zunge zergehen las­sen – wahlwerbende Gruppen zu Listenverbänden zusammenschließen, und erreicht ein Listenverband nebbiche 1 000 Stimmen, dann ist ihm ein Sitz in der Bundes­vertretung garantiert. – Also ich weiß nicht, ob meine Freunde vom „Vaust“ oder die grünen Studenten die administrative Fähigkeit zusammenbringen und ob man den Wählern dann auch noch sagen kann: Dieses Fuzerl musst du wählen!, aber wir werden uns eine breite Vielfalt von Listen, die sich verbinden lassen, überlegen, um auf diese Weise jeweils ein Mandat zu bekommen.

In der Praxis bedeutet das ein Einziges: Der RFS, der an keiner dieser Hochschulen, an keiner dieser Universitäten ein delegiertes Mandat bekommen könnte, wird halt eine Listenverbindung eingehen, damit er einen Vertreter in der zentralen Hochschüler­schaft hat. Kann man nicht gleich in das Gesetz hineinschreiben: Wie immer die Wahlen ausgehen, dem RFS ist ein Mandat garantiert!? Das wäre doch ehrlicher und fairer! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Ein Virilmandat!)

Ja, ein deutschnationales Virilmandat! Man kann dann noch in das Gesetz hinein­schreiben: Der Mandatsträger ist erstens männlich und zweitens durch einen Schmiss unverwechselbar charakterisiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist Anlassgesetzgebung der übelsten Sorte! Da wird einfach dafür gesorgt, dass eine irrelevante politische Gruppe ein Mandat bekommt, und das ist für die Mehrheitsbildung wieder relativ relevant. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Es wird Ihnen nicht gelingen, diese Regelung demokratisch zu salben. Sie bemühen sich den ganzen Vormittag darum. Es wird Ihnen nicht gelingen, denn diese Regelung ist zutiefst undemokratisch, sie widerspricht jedem Geist der Verfassung. Ob sie kon­kreten Verfassungsgarantien widerspricht, habe ich nicht zu beurteilen, aber es wird vom Verfassungsgerichtshof zu beurteilen sein.


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Klar ist, dass es da nicht um die Stärkung der unteren Ebene geht. Muss ich den Nationalrat auflösen, wenn ich die Landtage stärke? – Was ist das für ein Argument? (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Dass man gestärkten Einheiten mehr Mittel zugänglich macht, was ist das für ein Argu­ment dafür, für die Bundesebene – die dann weniger Mittel zur Verfügung hat – die Demokratie abzuschaffen? Braucht man dann dort keine demokratische Kontrolle? Braucht man dann keine Mehrheit, die entscheidet? Braucht man dann keine Oppo­sition, die kontrolliert? – Das Ganze ist nicht nachvollziehbar! Brauchen wir Demokratie nur dort, wo man kein Risiko eingeht?

Ich habe gehört, dass, was ich absurd finde, die demokratische Wahl von Bür­germeistern in Zweifel gezogen wurde. Also wie ist das: 51 Prozent sind keine Mehr­heit? Brauchen wir fünf Bundespräsidenten? Und dann schreiben wir in das Gesetz hinein: Einer davon muss der FPÖ angehören! (ironische Heiterkeit des Bundesrates Mag. Gudenus), oder finden eine Konstruktion dafür.

Wenn es eine Funktion gibt, dann ist sie mit 51 Prozent zu vergeben. Wenn es eine parlamentarische Körperschaft gibt, dann ist sie so gut wie möglich nach dem Ver­hältniswahlrecht zu wählen.

Wo ist das Problem, das Sie damit haben? Was bewog Sie dazu, einen Parforceritt durch die Wahlsysteme hier aufzuführen und, wie gesagt, Kasachstan und die Ukraine dabei bemerkenswerterweise auszulassen, obwohl es die einzigen Beispiele sind, die da passen? (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! All das, inklusive des nachrechenbaren Ergebnisses auf der Basis des letzten Wahlergebnisses, lässt keinen anderen Schluss zu, als dass da unter Missachtung demokratischer Grundsätze – ich sage es noch einmal – eine groß angelegte Umfärbelungsaktion stattfindet, weil man sich einen gehorsamen Partner auf der Bundesebene der Studenten wünscht.

Ich bin mir sicher – Umfragen und Meinungsäußerungen haben das klar zum Ausdruck gebracht –, dass die Normunterworfenen, die Studenten diese Regelung in ihrer großen Mehrheit ablehnen. Wir werden uns redlich bemühen, dass ein nach diesen Kriterien gewähltes Parlament der Hochschülerschaft um nichts angenehmer für Sie ist. Wir werden sehen, ob das unter diesen entsetzlichen Rahmenbedingungen funk­tioniert, aber Sie können sicher sein: Die Annahme, dass Sie dabei für die kurze Restlaufzeit dieser Regierung eine friedlichere Partnerschaft mit den Studenten her­stellen werden, ist mit Sicherheit falsch. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist absurd!)

Kollege Böhm! Das ist nicht absurd, Sie können das gerne, wenn Sie meinen, dass Sie es können, tatsächlich berichtigen, aber hier findet an einem Randbereich der Politik – das gebe ich schon zu, es gibt zentralere Bereiche (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Das ist kein Randbereich!) –, an einem Randbereich von der Zahl der Personen, die involviert sind, und von den Entscheidungen, die dort getroffen werden, ein Versuchs­ballon statt, so wie auch der Hauptverband ein Versuchsballon war. Es wird nicht nur bei Postenbesetzungen, sondern es wird auch dort, wo es um die zentralen Elemente der Demokratie geht, der Versuch unternommen, Opposition in diesem Land unmög­lich zu machen.

Meine Damen und Herren! Es geht jetzt nicht mehr um Parteipolitik, zumindest nicht von unserer Seite. (Bundesrat Mag. Himmer: Das erzählt ein Wiener!) – Das erzählt ein Wiener. Herr Kollege! Ja, ich schaue mit Begeisterung hinüber ins Rathaus, weil dort eine sehr viel bessere Arbeit geleistet wird als von dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Himmer: ...! Das ist Demokratie!)


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Herr Kollege! Ja, der Wiener Gemeinderat ist ein Musterbeispiel an Demokratie. Es wurde gerade in Wien vor einiger Zeit eine Geschäftsordnungsreform durchgeführt, die Ihre Rechte, also die Rechte der Oppositionsfraktionen – und das ist eine Funktion, die Sie im Wiener Rathaus ja ziemlich dauerhaft innehaben –, wesentlich gestärkt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege! Die Fraktionsführung des Wiener VP-Gemeinderatsklubs ist nicht in die­ses Lachen eingefallen, sondern in den rauschenden Applaus, den sich der Wiener Gemeinderat oder Landtag nach der Beschlussfassung dieser Geschäftsordnungs­reform selbst dargebracht hat. Sie müssen mit dem Kollegen Tschirf ausdiskutieren, ob da zu applaudieren oder zu lachen ist, aber Sie brauchen Ihre eigene Schwäche in Wien, Herr Kollege, nicht als undemokratisch ... (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist eine Schwäche?!) – Entschuldigen Sie, Sie haben so viel Einfluss ... (Bundesrat Mag. Him­mer: Ist das auf Bundesebene Ihre Schwäche? Haben Sie sich das schon überlegt?) – Natürlich ist es unsere Schwäche, aber das ist das grundsätzliche Missverständnis. Ich bin hier nicht in Opposition, weil Sie böse sind, sondern weil meine Partei zu wenig Unterstützung gewonnen hat. Sie sitzen in Wien in der Rue de la Gack, weil Sie zu wenig Unterstützung bekommen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Problem, über das wir diskutieren, besteht doch darin, dass eine Mehrheit mit Tricks zur Minderheit gemacht wird. In der Hochschülerschaft stimmt das schlicht und einfach! Das ist der Inhalt dieses Gesetzes, und unser Verdacht ist, dass es auch der Sinn dieses Gesetzes ist. Eine Wahlrechtsreform in Wien, die der ÖVP eine absolute Mehrheit bringt, ist wahrscheinlich eine schwierige Hausaufgabe, aber bei einer Über­gewichtung der Bezirke Währing, Döbling und Hietzing mit Mühe machbar. (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) – Bei der Josefstadt weiß ich es nicht, aber das hilft der ÖVP nicht mehr. Das, was man noch übergewichten kann, ist inzwischen ziemlich wenig. Nicht einmal bei Währing ist das mehr so sicher. Aber wie gesagt, es ist eine schwierige Hausaufgabe.

Es ist auch diese Sache eine schwierige Hausaufgabe gewesen, aber die Frau Minis­terin hat sie gelöst. Vielleicht kann die Wiener ÖVP sie mit einem Werkvertrag als Expertin einsetzen. Sehen Sie, das ist – ich sage es noch einmal – der fundamentale Unterschied zwischen uns. Wir sitzen hier in Opposition, wir kritisieren die Regierung, wahrscheinlich das eine oder andere Mal zu Unrecht. Wir haben jene Stärke, die uns zusteht. Wenn jeder in diesem Land, auch die Studenten, die studentischen Gruppie­rungen jene Stärke haben, die ihnen zusteht, dann werden die sozialdemokratischen und die grünen Studenten eine Niederlage, die man auch erleiden kann, selbstver­ständlich zur Kenntnis nehmen. Aber eine Niederlage der Rechten mit einem Gesetz zu korrigieren, das ist etwas, was moralisch und politisch unzulässig ist. Und so betropetzt, wie Sie jetzt dreinschauen, sollten auch die Kollegen dreinschauen, die dieses Gesetz verteidigt haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.25

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hösele. – Bitte.

 


10.25

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen betropetzt bin ich ehrlich gestanden, denn ich muss erstens schon sagen: Sie stellen sich hier her und erklären uns, dass Sie der Einzige sind, der uns erklären kann, was Demokratie ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens stelle ich fest, dass die Quantität der Redeminuten, auch wenn sie noch so besonders girlandenvoll gezogen werden, die Qualität der Argumente nicht erhöht. Ich


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halte fest, wir leben hier in Österreich in einer gefestigten Demokratie. Ich lasse mir Vergleiche mit der Ukraine und Kasachstan von niemandem bieten! Das sage ich ganz offen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es kann in einer österreichischen Demokratie, in der es Mehrheitsverhältnisse gibt, nicht so sein, dass immer dann, wenn es Ihnen nicht gefällt, die Demokratie in Gefahr ist. (Bundesrat Reisenberger: Das machen ja Sie!) Das stimmt einfach nicht. Und das ist das, was ich für eine sehr intolerante und undemokratische Haltung halte. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Reisenberger: Warum machen Sie es dann?)

Im Mai finden Hochschülerschaftswahlen statt. Wenn das alles so ist, wird man sehen, wie das im Mai sein wird. Und wenn es der österreichischen Bevölkerung insgesamt nicht passt, dann ist eine Entscheidung im Jahr 2006 auch möglich. Ich bitte Sie, das in aller Deutlichkeit zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das habe ich nicht gesagt!) – Nur als Randbemerkung, aber das ist die entscheidende Frage.

Wie das in der Arbeiterkammer, in der Wirtschaftskammer und in der Land­wirtschafts­kammer ist, wieso das dort so furchtbar undemokratisch und hier eben anders ist, das haben Sie mir in keiner Weise erklären können. Ich glaube, die Arbeiterkammer war ja aus Ihrer Sicht außerordentlich bewährt. Wenn ich mich richtig entsinne, hat es Jahrzehnte gegeben, in denen der Wiener Arbeiterkammerpräsident ex offo Arbeiter­kammerpräsident Österreichs gewesen ist und nicht einmal indirekt gewählt werden musste. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Professor, ich habe mich eigentlich nur zu Wort gemeldet, weil ich mich auch mit dem Thema der Genese des Bundesrates beschäftigt habe. Zuerst eine kurze Anmer­kung zum Minderheitenschutz. Ich weiß nicht, welche Minderheit wie geschützt werden soll. Ich bin der Meinung, dass Minderheiten in der Demokratie respektiert und ge­schützt werden sollen. Die Verfassung sieht auch im Zusammenhang mit dem Bun­desrat eine entsprechende Möglichkeit in den Ländern vor. Wenn ich mich richtig entsinne, dann wären aus dem Bundesland Vorarlberg, wenn man das d’Hondt’sche System angewandt hätte, drei ÖVP-Bundesräte hier anwesend; so haben wir durch den Minderheitenschutz die Freude, Herrn Ing. Einwallner hier zu hören. (Beifall bei der ÖVP sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Und so wird es ja wohl auch möglich sein, Minderheiten in der Österreichischen Hochschülerschaft hören zu dürfen, auch wenn man das eine oder andere Argument nicht so gerne hören möchte. (Bundesrat Konecny: Nicht wenn sie eine Mehrheit sind!)

Herr Professor Konecny! Jetzt zur Ende September 1920 beschlossenen österreichi­schen Bundesverfassung und zum Kompromiss bezüglich des Bundesrates. Sie haben völlig richtig dargestellt, dass es ein Kompromiss ist und dass in einer Demokratie zwei Dinge wichtig sind: einerseits eine Kompromissbereitschaft und andererseits ein demo­kratisch legitimierter Mehrheitsbeschluss. Beides hat es auch in diesem Fall gegeben.

Jetzt aber zur Bundesratsdebatte. Es ist nicht nur die Angst vor dem großen roten Wien gewesen, welche die Konstruktion dieses Bundesrates in der Art gebracht hat, es war das genaue Gegenteil. Dr. Danneberg hat in seiner letzten Rede, als die Ver­fassung beschlossen wurde – ich habe sie leider nicht mehr mitbringen können, weil ich Ihnen aufmerksam lauschen wollte, ich habe sie in meinem Büro liegen –, gesagt: Erstens waren wir gegen einen Bundesrat, zweitens habt ihr, die zwei anderen politi­schen Kräfte, vier Entwürfe gebracht, mit denen ihr den Bundesrat viel zu stark machen wolltet. Ihr wolltet nämlich Wien dominieren und domestizieren. Das wollen wir nicht. Jetzt haben wir einen Bundesrat, der Gott sei Dank so zusammengesetzt ist und solche Rechte hat, dass das nicht passieren kann.


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Das war die Argumentation des Dr. Danneberg und nicht umgekehrt, dass sozusagen eine Angst vor dem Wasserkopf Wien bestanden hätte. (Bundesrat Konecny: Sie bestätigen es doch genau!) Es ist exakt e contrario gewesen, aber das scheint die Dialektik sozialdemokratischen Demokratieverständnisses zu sein, es jeweils so dar­stellen zu wollen, wie es passt, und nicht, wie es ist (Bundesrat Bieringer: Wie man es hören will!), also so, wie man es hören will und wie man es verwenden will. Das gefällt mir ja im Grunde an der Dialektik. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir leben in Österreich doch in einer Demokratie, aber wir haben im Jahr 2000 erlebt, dass angeblich eine illegitime Regierung an die Macht gekommen ist, „Widerstand“ musste geleistet werden, „Résistance“ – ein Wort, bei dem ich ehrlich sage, dass sich mir alle Haare aufstellen. Widerstand ist im Jahre 1944, am 20. Juli 1944, zu leisten gewesen und geleistet worden. Das war großartig. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt kann ich sagen, um es in einer gelinderen Form anzumerken: Man kann gegen dieses neue Gesetz, wenn wir es beschlossen haben werden – und ich gehe davon aus –, mehrere Maßnahmen treffen. Da gibt es in unserem demokratischen Rechts­staat mehrere Möglichkeiten. Erstens: der Weg zum Verfassungsgerichtshof. Zweitens: Wenn dieses so ungeheure Thema an den Universitäten, bei den Studenten wirklich so furchtbar sein sollte, dann eine höhere Wahlbeteiligung. Das erwarte ich mir auf jeden Fall. Und durch die höhere Wahlbeteiligung kann es einen höheren Erfolg für sozial­demokratische und grüne Gruppierungen geben. Ich gratuliere Ihnen heute schon, falls das gelingen sollte.

Als allerletzte Maßnahme im Jahr 2006: der Versuch der Abwahl des Herrn Bun­deskanzlers und dieser Regierung. Das wird Ihnen aber nicht gelingen, denn wir leben in einer Demokratie mit mündigen Bürgerinnen und Bürgern – und auf die bauen wir! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.32

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker. Ich erteile ihr das Wort.

 


10.32

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das UOG 2002, das den Universitäten die Autonomie gegeben hat oder sie hätte stärken sollen, hat in jedem Fall zwei Auswirkungen: Die eine ist, dass unsere Universitäten – ich weiß das von der Johannes Kepler Universität in Linz – an Ressourcenmangel leiden, der sich in vielerlei Hinsicht niederschlägt, was Nachteile mit sich bringt.

Jetzt kann man von Effizienzsteigerungen reden und schauen, welche Lösungen man findet. Wir arbeiten daran. Trotzdem, Frau Ministerin, die Ressourcen sind zu wenig. Man hätte die Universitäten nicht nur in die Autonomie entlassen, sondern sie auch entsprechend ausstatten sollen.

Die zweite Auswirkung ist – und das ist ein wenig in der Budget- und Ressour­cen­dis­kussion untergegangen –: Die demokratischen Grundrechte haben eine Schwächung erfahren, insbesondere jene der Studierenden und des Mittelbaus. Das halte ich für einen großen Nachteil für die Universitäten als Gesamtes und für die Struktur vor Ort.

Kollege Schnider! Kollege Hösele! Jetzt kann man durchaus fragen: Was macht man mit den Universitäten vor Ort, stärkt man sie? Das ist gut so. Es ist gescheit, die Demokratie dort zu stärken. Aber das eine widerspricht dem anderen nicht. Man hätte die beiden zusammenführen und damit auch die Hochschülerschaft im Generellen stärken können.


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Was hat man gemacht? – Man hat jetzt, noch Ende 2004, in einer Ho-ruck-Aktion diese Vorlage gemacht, die keine gute Vorlage ist. Ich kenne Aussagen von vielen Funk­tionären der ÖVP, die sehr wohl zugeben, dass das keine schöne Optik ist, dass das keine gute Vorlage ist und dass sie diese Umfärbungen mit sich bringt. Aber ich möchte jetzt von der Demokratie reden – die Umfärbungen, das ist ein anderes Kapitel. Fakt ist: Das, was hier passiert, trifft die Demokratie tief ins Herz. Wenn wir so weitermachen, ist das wirklich ein Armutszeugnis.

Kollege Konecny hat von einem „Randbereich der Politik“ gesprochen. Herr Kollege, da muss ich Ihnen und möchte ich Ihnen widersprechen. Ich halte die Universitäten für einen zentralen und einen wichtigen Bereich. (Beifall bei den Grünen.) Genau diesen Bereich in dieser Form zu schwächen, genau dort die Demokratie zu schwächen, das birgt, so glaube ich, gesamtgesellschaftlich eine negative Entwicklung in sich.

Frau Ministerin! Was Sie hinterlassen, sind Stolpersteine, Stolpersteine für eine zukunftsorientierte, für eine moderne Gesellschaft. Das ist kein gutes Zeichen im zu Ende gehenden Jahr 2004. Das, was die ÖVP im Einklang mit der FPÖ macht, ist, Meilensteine in der Schwächung der demokratischen Strukturen zu legen.

Ich sage, heute ist sozusagen die letzte Chance. Ansonsten ist dieser Tag für die österreichische Demokratie ein schwarzer Tag, ein betrüblicher Tag – ein schwarzer und betrüblicher Tag für die Universitäten und ein schwarzer und betrüblicher Tag für Österreich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.36

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Lueger.

 


10.36

Bundesrätin Angela Lueger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Laut einer aktuellen SORA-Studie wollen 84 Pro­zent der Studierenden das Wahlrecht so erhalten, wie es ist.

Im Vorfeld sprach man in Ihrer Fraktion von „kleinen Anpassungen“. Was ist dabei herausgekommen? – Eine Zerschlagung, kein Dialog! Ich bleibe dabei: Kein Dialog hat stattgefunden, man hat auch den Hochschülerschaften keinen Handlungsspielraum geboten.

Wenn die Frau Ministerin jetzt sagt, es habe so viele Termine gegeben, zu denen die Hochschülerschaften sogar die Themen vorgegeben haben, dann verstehe ich ein Zitat im „Standard“ nicht, und zwar in der Ausgabe vom 19. November. Das war kurz nachdem der Initiativantrag im Parlament eingebracht wurde, als Sie selbst gesagt haben – Zitat Anfang –: „Der Initiativantrag wurde von Parlamentariern eingebracht. Da habe ich keine Entscheidungskompetenz.“ – So weit zu den Vorarbeiten im Minis­terium, deren Sie sich vorher gerühmt haben.

Meiner Meinung nach ist diese Vorlage nach wie vor ein demokratiepolitisches Armuts­zeugnis und eine Respektlosigkeit gegenüber dem Wahlergebnis. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Frau Ministerin, vielleicht können Sie mir das heute beantworten. Bis heute habe ich kein einziges stichhaltiges Argument gehört, warum eine Neuordnung des Wahlmodus überhaupt notwendig wurde. Warum? – Schweigen! (Bundesrätin Roth-Halvax: Weil Sie nicht zuhören!) – Nicht, weil ich nicht zuhöre! Es ist kein einziges Argument gefal­len. Machtmissbrauch und Disziplinierung stehen hinter dieser Entwicklung.

Meine Damen und Herren! Ihr Argument der Wahlbeteiligung nehme ich jetzt sehr gerne auf. Es ist uns klar, dass die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen und bei den jeweiligen einzelnen Wahlen bei 30 Prozent liegt. Aber eines möge Ihnen, meine


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Damen und Herren von den Regierungsparteien, gesagt sein: Unter der schwarzen ÖH-Vormundschaft war die Wahlbeteiligung noch niedriger! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrat Bieringer: Das ist ja nicht wahr!) – Das stimmt!

Ich möchte Ihnen noch einige Argumente aufzählen. Sie haben hier zwar jetzt schön einen Schulterschluss dahin gehend dargestellt, dass Sie sich einig sind, dass dieses ÖH-Gesetz unbedingt in der Form durchgeführt werden sollte. Aber ich möchte auch aus Ihren eigenen Reihen ein paar Zitate bringen, an denen man sehen kann, was das Ganze für Auswirkungen hat.

Seitens der Studierenden-Vertretungen ist, wie unser Fraktionsvorsitzender schon erwähnt hat, die Idee der Listenverbindung wichtig, die eine minderheitenfreundliche Maßnahme darstellt. Schlussendlich ist es eine Stärkung der kleinen Fraktionen – die ist vorgesehen! Oder wie stehen Sie dazu, dass der Ring Freiheitlicher Studenten und Studentinnen bereits kurz nach dem Initiativantrag eine Aussendung gemacht hat, in der er sich der Quasi-Zerschlagung der ÖH rühmt? (Bundesrat Schennach: Oh, oh, oh!)

Gehen wir zurück zu einigen Politikern! Martin Faißt, der letzte ÖVP-nahe ÖH-Chef von 1999 bis 2001, in dessen Amtsperiode die Studiengebühren eingeführt wurden (Zwi­schenruf des Bundesrates Mag. Baier), befürchtet unverhohlen, dass es der Regierung darum gehe, aufmüpfige StudentenvertreterInnen zu disziplinieren. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Na geh! Da schau her! – Bundesrat Konecny: Der wird nichts mehr in der ÖVP!)

Weiter: ÖVP-Abgeordneter Michael Ikrath bedauert, dass durch die Abschaffung der Direktwahl ... (Bundesrat Mag. Himmer: Das sind genau die Studentenvertreter, die ..., weil sie so unkritisch sind!) – Moment! Weil wir jetzt gerade bei den Unpolitischen sind, Kollege Himmer: Michael Ikrath, ÖVP-Abgeordneter zum Nationalrat, bedauert, dass durch die Abschaffung der Direktwahl die politische Lebendigkeit der Hochschulpolitik und damit ein wichtiges Lern- und Erfahrungsfeld verloren geht. (Bundesrat Mag. Him­mer: Unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Meinungen!)

Somit komme ich eigentlich nur zum Schluss: Meiner Meinung nach ist die gegen­wärtige Struktur der ÖH sehr gut, denn darin kommt der Wille der Studierenden wesentlich besser zum Ausdruck als in Ihrem Entwurf. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Bundesräten Dr. Böhm und Schennach.)

Ich kann daher nur sagen: Nehmen Sie diesen Gesetzesantrag zurück! (Ruf bei der ÖVP: Das geht nicht mehr!) Gehen Sie zurück in den Ausschuss! Diskutieren Sie wirklich mit den Studienvertretern, und haben Sie vielleicht auch den Mut, die Änderung des Wahlmodus an den Universitäten mit einer Urabstimmung bestätigen zu lassen! In der Form jedoch, wie es hier vorliegt, werden wir, wird meine Fraktion nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.42

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Gehrer. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Bundesräten Schennach und Kneifel.)

 


10.42

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss doch noch einige Worte sagen, weil hier behauptet wurde, dass es an den Universitäten einen Ressourcenmangel gäbe. (Bundesrätin Konrad: Ist so!)

Meine Damen und Herren! Ich stelle dazu Folgendes fest: Die Universitäten haben ein Globalbudget erhalten, das die Vertreter der Universitäten mit dem Finanzministerium ausverhandelt haben. Zum Globalbudget dazu kommen sämtliche Kosten für Gehalts-


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erhöhungen, für die Implementierung des neuen Gesetzes, alles, was die Universitäten in der Umstellungsphase noch brauchen. Tatsächlich können die Universitäten allein mit dem im Gesetz festgeschriebenen Grundbudget und den Studienbeiträgen eine Erhöhung von 6 Prozent verzeichnen! Ich würde wirklich alle darum bitten, einmal über die Grenzen Österreichs hinauszuschauen, denn nirgends wird mehr mit der Gieß­kanne verteilt, sondern überall wird eine Schwerpunktsetzung verlangt – und die Mittel werden nach den Zielsetzungen der Universitäten vergeben.

Zu den 6 Prozent kommen jetzt noch einmal 63 Millionen € dazu. Ich glaube, mit dem Euro verlieren manche das Gefühl fürs Geld! 63 Millionen € sind fast 1 Milliar­de Schilling! Das ist ja unglaublich viel Geld!

Wenn man über unsere Grenzen hinausschaut, dann sieht man: In Hessen wurden 30 Millionen € bei den Universitäten eingespart; in Baden-Württemberg wurden 1 500 Stel­len gestrichen; Berlin hat 54 Millionen € bei den Universitäten eingespart. Wir haben hingegen 6 Prozent dazugegeben und geben jetzt noch einmal 63 Mil­lionen € dazu! Dazu kommen die Mittel aus dem FWF – das ist Grundlagenforschung – in der Höhe von rund 100 Millionen €. Dazu kommen noch alle Drittmittel, die die Uni­ver­sitäten „einwerben“.

Ich stelle also wirklich mit Nachdruck fest: Die Universitäten haben eine Ressourcen­lage, mit der sie ihre Aufgaben gut erfüllen können!

Dazu kommt das Bauentwicklungsprogramm, das Sanierungsprogramm. Diese Mittel werden vom Steuerzahler extra dazugegeben. Ich glaube also, dass die Universitäten in Österreich gute Bedingungen haben, mit denen sie gut arbeiten können.

Abschließend möchte ich Folgendes feststellen: Es gibt immer im Leben mehrere demokratische Möglichkeiten. Ich lehne es wirklich ab, etwas als weniger demokratisch oder als mehr demokratisch zu bezeichnen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Aber es gibt auch etwas Undemokra­tisches! – Bundesrat Reisenberger: Wir sagen eh, dass es undemokratisch ist!)

Es gibt nur verschiedene Möglichkeiten in einer Demokratie. Wir schlagen vor, dass man die Universitäten wirklich stärkt – und sie dann in der Bundesvertretung auch echt abgebildet sind. Das heißt, dass auch auf Bundesebene die Anliegen der Universitäten gegenüber der Regierung, gegenüber dem Ministerium richtig vertreten werden. (Bundesrat Reisenberger: Interessant!) Das ist, glaube ich, die Aufgabe einer Studen­tenvertretung, das ist die Aufgabe einer Vertretung, in der die Mitglieder ja Mitglieder sein müssen. Das heißt, dass ihre Interessen wirklich auf allen Ebenen vertreten werden.

Ich meine, wir sollten dieser anderen Möglichkeit der Demokratie eine Chance geben und uns darum bemühen, dass die jungen Menschen im Mai ihre Möglichkeit, zur Wahl zu gehen, auch wirklich wahrnehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.46

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Böhm das Wort und weise auf die entsprechenden Bestimmungen der Geschäftsordnung hin.

 


10.46

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Professor Konecny hat mich aufgefordert, eine Aussage von ihm, wenn ich es „kann“, richtig zu stellen. Ich bemühe mich, seinen hohen Anforderungen gerecht zu werden. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Er hat die Aussage getätigt, es gehe dieser Regierung beziehungsweise den Frak­tionen, die diese Regierung tragen, darum, mit diesem Gesetz die ÖH als Opposition mundtot zu machen. – Ich weiß nicht, ob die Annahme des Kollegen Konecny, dass das die Aufgabe der ÖH ist – wenn das seine Meinung sein sollte –, berichtigungsfähig wäre, das lasse ich dahingestellt.

Wenn er jedoch der Regierungsseite beziehungsweise den Fraktionen von ÖVP oder FPÖ unterstellt, dass wir meinen, dass die ÖH die Aufgabe hat, Oppositionspolitik zu betreiben, dann stelle ich das richtig: Nach dem Gesetz ist es nicht die Aufgabe der Österreichischen Hochschülerschaft, Oppositionspolitik gegen die Regierung zu machen. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.48

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Schnider. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Zweite Runde Steiermark!)

 


10.48

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schätze dich sehr, Herr Bundesrat Schennach, aber ich stelle mich hier schon ehrlich her und sage ehrliche Dinge.

Eine Frage stellt sich mir jedoch: Frau Kollegin Lueger hat gerade die SORA-Studie zitiert. Ich erlaube mir, als Abschluss meiner nun schon zweiten Wortmeldung die Fra­ge­stellungen, die dabei an die Studierenden gerichtet wurden, zu zitieren. Es mache sich jeder selbst ein Bild davon, wie „ehrlich“ beziehungsweise wie nicht – oder schon manipulativ diese Fragen sind, nämlich:

Bei der Frage: Ist der neue Wahlmodus gerechtfertigt?, heißt es im Wortlaut:

„Mit dem neuen Wahlmodus zählt die Stimme mancher Studierenden bis zu siebenmal mehr als die Stimme anderer Studierender,“ (Zwischenrufe bei der ÖVP – Bundesrat Konecny: Ist auch so!) „weil dann kleinere Unis überproportional viele VertreterInnen in die Bundesvertretung entsenden können.“ (Bundesrat Reisenberger: Stimmt ja auch! – Bundesrat Konecny: Ist ja wahr!) „Halten Sie diesen Wahlmodus für eher gerechtfertigt oder eher nicht gerechtfertigt?“ (Beifall und Zwischenrufe bei Bundes­räten der ÖVP.)

Zweite Fragestellung: Meine Damen und Herren! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Boden macht in Richtung des mit lauter Stimme sprechenden Redners eine beruhigende Handbewegung.) – Ja, da muss man sich ja erregen! (Bundesrat Boden: Da brauchst du ja keinen Herzinfarkt zu kriegen!) Sie haben sich ja auch erregt, vielleicht steht es mir als Sozialempiriker ob dieser Unglaublichkeit auch zu! Es heißt nämlich weiter:

„Wer soll über die Verwendung der Mitgliedsbeiträge bestimmen?“ – Wir wissen alle: wer diese Gesetzestexte wirklich gelesen hat, weiß, dass diese Fragestellung so primitiv und so falsch ist, wie man es nicht falscher sagen kann.

Die Frage im Wortlaut – und ich frage Sie, wie Sie darauf antworten würden –: „Wer soll Ihrer Meinung nach darüber bestimmen, wie die Mitgliedsbeiträge verwendet wer­den, die Regierung oder die Studierenden?“

Eine wahrlich intelligente Frage! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

10.50

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Himmer das Wort. (Unruhe bei der ÖVP. – Vizepräsident Weiss gibt das


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 210

Glockenzeichen. – Bundesrat Schennach – in Richtung ÖVP –: Ihr müsst ein bisschen leiser sein, der Präsident ist schon zornig!)

 


10.51

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich erspare mir, das Instrumentarium der tatsächlichen Berichtigung heranzuziehen, wobei ich es schon für bemerkenswert halte, dass, wenn gestern augenscheinlich ein Kollege von den Sozialdemokraten nicht gewusst hat, was eine tatsächliche Berichtigung ist, dann heute ein Kollege von der Volkspartei beson­ders ausgiebig darüber belehrt wird, was eine tatsächliche Berichtigung ist. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Boden: Da war aber schon ein Unterschied!)

Wie auch immer. Wir haben heute von Herrn Professor Konecny – er ist jetzt leider wieder nicht im Saal – eine kleine Geschichtsstunde bekommen, und zwar darüber, wie sich das Wahlrecht, insbesondere im Bundesrat, entwickelt hat. Er hat das auch sehr ausführlich begründet. Trotzdem bleibt die Frage offen, aus welchem Grund etwa Wiens 12 Bundesrätinnen und Bundesräte (Bundesrätin Haselbach: 11!) statt indirekt nicht auch gleich direkt gewählt werden können. Also dass die Zahl 12 etwas darüber besagen soll, ob direkt oder indirekt gewählt werden könnte (Bundesrat Boden: Da ist aber kein Zusammenhang!), da, muss ich sagen, gibt es eigentlich keinen Zusam­menhang. (Ruf bei der SPÖ: Das verstehe ich jetzt aber nicht!) Man könnte die gleiche Zahl von Bundesräten für die einzelnen Bundesländer selbstverständlich auch mit einer Direktwahl erreichen.

Der nächste Punkt, der ebenfalls angesprochen wurde – und das hat mich gefreut, denn das war sehr ehrlich, und dieser Ehrlichkeit möchte ich mich anschließen –, war, dass Professor Konecny gesagt hat, dass der Umstand, dass die Sozialdemokratie auf Bundesebene in der gegenwärtigen Rolle ist, mit zu wenig Zustimmung zusam­menhänge. Keine Frage! Ich stehe auch nicht an, zu sagen, dass das in Wien mit zu wenig Zustimmung für die Volkspartei zusammenhängt, kann jedoch nicht erkennen, warum bei der Erwähnung dessen, dass die Volkspartei in Wien in der Minderheit ist, hämisches Gelächter ausbricht, Sie aber die Minderheit, in der Sie auf Bundesebene sind, nicht so lustig finden. Das wiederum finden wir lustiger! Aber wo jetzt da sozu­sagen der Anlass zur Häme ist, ist für mich nicht nachvollziehbar. (Bundesrat Boden: ... Prozente! – Bundesrat Kraml: Nachrechnen! – Bundesrat Schennach: Point of view, Herr Kollege!)

Viel wesentlicher ist – und das wollte ich auch noch anführen –: Dieser Wandel ist schon bemerkenswert – und da sehe ich durchaus eine Entwicklung im Demo­kratie­verständnis der Sozialdemokratie, denn die Selbstverständlichkeit, mit der heute aner­kannt wird, dass die Volkspartei regiert, dass die Volkspartei mit den Freiheitlichen regiert und dass das auch demokratisch ist, war nicht immer gegeben! Dieselben Sozial­demokraten haben noch im Jahre 2000 in Frage gestellt, ob eine parlamen­tarische Mehrheit im Nationalrat und im Bundesrat dafür ausreichend ist, dass zwei Fraktionen miteinander eine Regierung bilden dürfen, ob das demokratiepolitisch er­laubt sei.

Und damals hat es ähnlich lächerliche Befragungen der Bevölkerung gegeben wie jetzt jene bezüglich der ÖH, welche Kollege Schnider gerade dargestellt hat. Auch damals hat man auf Grund irgendwelcher Befragungen behauptet, dass die Österreicher diese Bundesregierung eigentlich gar nicht wollten, diese Bundesregierung gegen den Willen der Bevölkerung gebildet worden sei. – Wir alle wissen, wie die darauf folgenden Wah­len ausgegangen sind.

Daher noch ein letzter Punkt, weshalb ich glaube, dass wir alle sehr gelassen bleiben können, wie auch immer dieses Wahlrecht neu geregelt wird beziehungsweise worden


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 211

ist – die Frau Bundesminister und viele Redner haben bereits dargestellt, dass es unterschiedliche Methodiken gibt –: Die Studierenden sind, denke ich, intelligent genug, zu wissen, wie der neue Wahlmodus funktioniert. Das ist doch nichts, was geheim bleiben wird! Das ist keine Überraschungswahl, bei der die Leute in den einzelnen Universitäten wählen und dann auf einmal sagen: Uih! Jetzt auf einmal haben dann die Vertreter der 21 Universitäten die Bundesvertretung gewählt!

Die Studierenden sind doch so klug, zu wissen, wenn sie in Linz oder in Wien – oder wo auch immer, auf welcher Universität auch immer – zur Wahl gehen, dass sie dann ihre Vertreter an dieser Universität wählen, diese gewählten Personen sie aber dann auch auf Bundesebene vertreten. Da sollte man die Studierenden nicht unterschätzen! Vor allem gibt es unter den Studierenden – das weiß ich noch aus meiner eigenen Stu­dentenzeit – die Studierenden, die man manchmal nicht mit den Funktionären unter den Studierenden verwechseln darf! Da kann es ganz, ganz große Unterschiede in der Wahrnehmung der Studierenden und auch in deren Prioritäten geben! (Bundesrat Dr. Böhm: Richtig!)

Daher glaube ich: Das Verständnis einzelner Funktionäre wird sehr gering sein. Das Verständnis der Studierenden dafür, wie der neue Wahlmodus funktioniert, wird sehr rasch erfolgen – und es wird eine sehr, sehr unproblematische Geschichte werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.55

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist angenommen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ein trauriger Tag! – Bundesrat Reisenberger: Ja, das ist wahr! Ein trauriger Tag! So ist es!)

33. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (687 d.B. und 725 d.B. sowie 7196/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist wiederum Frau Bundesrätin Fraunschiel. Ich bitte sie um den Bericht.

 


Berichterstatterin Andrea Fraunschiel: Der Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher zum Antrag.

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 212

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Bader. Ich erteile ihm das Wort.

 


10.57

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Schule ist ständig in Bewegung, die Schule ist auch ständig in Entwicklung und in Diskussion. Ich denke, dass das für die Schule ganz wesentlich und richtig ist, weil es notwendig für eine Weiterentwicklung unserer Schule ist.

Aufgaben und Anforderungen an unsere Schulen haben sich immer wieder verändert. Ich konnte das lange Zeit selbst miterleben. Früher ist man davon ausgegangen, dass die reine Wissensvermittlung im Vordergrund steht. Heute steht neben dieser auch die erzieherische Funktion als sehr wesentliche Aufgabe, die an die Schule herangetragen wurde: Fertigkeiten vor allem im Bereich der sozialen Kompetenz und natürlich auch die demokratischen Werte entsprechend zu vermitteln!

Durch den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte sind besonders viele Er­ziehungsaufgaben der Schule übertragen worden. Ich denke, dass das insgesamt auch nicht so schlimm ist, wie das manche Lehrer oft meinen, und finde das durchaus okay und positiv. Wenn das allerdings damit verbunden ist, dass sich manche Erzie­hungs­berechtigte, die ich als Lehrer auch als Erziehungsverpflichtete bezeichnen möchte, aus der Verantwortung der Erziehungsarbeit verabschieden – was leider manchmal vorkommt –, dann führt das ganz einfach zu Problemen.

Dies ist auch im Zusammenhang mit der vorliegenden Gesetzesänderung für mich eine wesentliche Sache, weil beim Frühwarnsystem ebenfalls eine gegenseitige Ver­pflichtung gegeben sein muss. Es ist zwar auf der einen Seite schon jetzt eine Ver­pflichtung der Lehrer in § 19 verankert, wonach die Lehrer die Eltern zu informieren haben, wenn es Probleme gibt, jedoch müssen meiner Meinung nach auch die Eltern, die Erziehungsberechtigten ihre Verantwortung wahrnehmen, indem sie ihrerseits die Schule informieren, wenn es Probleme in der Familie gibt. Lehrer, die sehr sensibel und sehr umsichtig agieren, merken das ohnehin, aber den wirklichen Grund zu ken­nen, ist natürlich auch sehr wesentlich, denn die Zusammenarbeit von Eltern, Schülern und Lehrer ist für die Schüler ganz einfach unerlässlich!

Das Gesetz enthält derzeit schon eine Bestimmung, damit frühzeitig Informationen an die Erziehungsberechtigten ergehen, wenn ein Nichtgenügend zu erwarten ist. Dieses Instrument hat sich, das kann ich auch aus eigener Erfahrung sagen, in den letzten Jahren sicherlich sehr bewährt und wird mit dieser Gesetzesänderung noch um die zeitliche Komponente erweitert.

Bislang war es notwendig und erforderlich, dass ein beratendes Gespräch zwingend angeboten wird, wenn im Abschlusszeugnis einer Schulstufe ein Nichtgenügend droht. Künftig ist dieses Frühwarnsystem schon dann anzuwenden, wenn bereits für das erste Semester eine negative Beurteilung in der Schulnachricht zu erwarten ist. Die Schüler und die Erziehungsberechtigten sind verpflichtend vom Lehrer zu informieren. In einem Beratungsgespräch sind alle erdenklichen Fördermöglichkeiten zu erörtern, und diese sollen natürlich die Leistungen verbessern. Es ist in besonderem Maße erforderlich, dass die Leistungsstärken der Schüler in diesem Beratungsgespräch herausgearbeitet werden, weil das allein dazu führen kann, dass es beim Schüler zu einer entsprechenden Motivation kommt und auch Leistungsreserven geschaffen wer­den können.


Bundesrat
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Ziel dieses Beratungsgespräches, dieser Beratungsinformation ist auf jeden Fall eine möglichst frühzeitige und daher jetzt auch schon im ersten Semester ansetzende Verbesserung der Leistungssituation und natürlich auch, im Jahresabschluss eine posi­tive Beurteilung zu erreichen.

Zweckmäßig in diesem Zusammenhang ist auch die Einbeziehung von Fachkräften – das ist in jedem Fall auch klar: Bildungsberater oder schulpsychologische Berater –, und sehr wertvoll ist auch der permanente Kontakt zwischen dem Elternhaus und der Schule. Dies ist insbesondere dann sehr wesentlich, wenn auf Grund einer Beurteilung mit einem Genügend – rechtlich ja nicht zwingend vorgesehen – eine Beratung durch­zuführen ist. Im Interesse des Schülers ist eine Frühwarnung auch bei einem Genügend auf jeden Fall sinnvoll.

Zusammenfassend meine ich, dass wir in unserem Schulsystem überhaupt eine Stärkung der Individualförderung brauchen. Ich denke, das ist auch gerade im Hinblick auf die PISA-Studie sehr notwendig. Diese Gesetzesänderung, die heute beschlossen werden soll, geht einen Schritt in die richtige Richtung, und meiner Meinung nach wird das auch dadurch bestätigt, dass alle Fraktionen vorhaben, diese Gesetzesänderung zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.02

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Auer. – Ich erteile ihr das Wort.

 


11.03

Bundesrätin Johanna Auer (SPÖ, Burgenland): Geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch unsere Fraktion stimmt dieser Geset­zesänderung zu.

Berufspraktische Tage beziehungsweise Wochen zum Zwecke der Berufsorientierung und der Berufsfindung werden meist an der Polytechnischen Schule durchgeführt, und diese Tage und Wochen sind in der Schulveranstaltungsordnung, wie es richtig heißt, gesetzlich verankert.

Es scheint durchaus zweckmäßig zu sein, vornehmlich Schülern der achten bezie­hungsweise der neunten Schulstufe von allgemein bildenden Schulen die Möglichkeit der individuellen Berufs- und Bildungsorientierung zu eröffnen. Insbesondere der Be­such von Betrieben soll der Berufsorientierung, zur gezielten Berufswahl, aber auch zur Berufsbildungswahl dienen. Der Besuch solcher Betriebe erleichtert jungen Menschen die Entscheidung, welchen Ausbildungsweg und welchen Beruf sie einmal ergreifen werden.

Wenn schon aufgezeigt wird, dass Mädchen die so genannten traditionellen Frauen­berufe und Knaben die traditionellen Männerberufe ergreifen, dann ist es doch an uns allen, dem gegenzusteuern und zu ermöglichen, dass bei den berufspraktischen Tagen beziehungsweise Wochen entsprechende Betriebe besucht werden können. Ich möchte hier als Beispiel das Burgenland anführen. Dort besuchen auf Initiative der Familienlandesrätin auch Mädchen während der berufsbildenden und berufsorien­tierenden Tage und Wochen Betriebe wie zum Beispiel Automechaniker-Werkstätten und Tischlereien, üben und praktizieren dort auch.

Diese berufspraktischen Tage und Wochen werden aber leider nicht immer in vollem Ausmaß, sondern viel zu wenig in Anspruch genommen.

Kurz noch zum Frühwarnsystem. Dieses System knüpft natürlich an die Leistungen der Schüler an. Durch den Hinweis, dass auf Grund des Lernerfolges bereits in der Schul­nachricht eine negative Beurteilung droht, sollen die Schüler und die Erziehungs­berechtigten möglichst früh auf die Leistungsdefizite aufmerksam gemacht werden, um


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 214

individuelle Förderungsmaßnahmen mit dem Ziel der positiven Beurteilung im Jahreszeugnis noch wirksam einsetzen zu können.

Herr Kollege Bader hat es schon angesprochen: Bei den beratenden Gesprächen sollen durch die Einbeziehung der vorhandenen Lern- und Leistungsstärken der Schü­lerinnen und Schüler diese positiv bei der Bewältigung ihrer Lern- und Leistungsdefizite unterstützt werden. Darüber hinaus sind auch andere geeignete Förderungs­möglich­keiten, insbesondere Förderunterrichtangebote, zu erörtern.

Hier sind wir gemeinsam gefordert, hier sollten wir einen gemeinsamen Weg einschla­gen, der den Schülern und Schülerinnen hilft. Wir sollten das gemeinsam zum Wohle unserer Schüler und unserer Schülerinnen tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.07

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Konrad. – Ich erteile ihr das Wort.

 


11.07

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss mich kurz fassen, weil die Grünen nicht mehr viel Redezeit haben: Auch die Grünen werden dieser Änderung zustimmen.

Zuerst zur Änderung in Bezug auf das Frühwarnsystem: Es ist eine gute Änderung, dass dieses System jetzt schon früher eingesetzt werden kann, das Problem ist aller­dings nach wie vor, dass ja an den Schulen im Prinzip kein Geld für Förderunterricht da ist. Das heißt, es wird zwar festgestellt, dass Förderbedarf besteht, das bleibt aber dann wieder an den Eltern hängen. Man muss sich einmal näher mit dem Problem auseinander setzen, dass im Prinzip Unsummen für Nachhilfe privat ausgegeben wer­den, was für die Eltern eine massive Belastung darstellt. Daran müsste man jedenfalls arbeiten.

Zur Einführung einer Berufsorientierung möchte ich sagen, ich begrüße das sehr. Ich finde es sehr wichtig, dass das jetzt vor allem auch im Gymnasium möglich ist, wo man ja früher sehr oft wirklich nur rein theoretisch Bescheid wusste und man wenig Ahnung davon hatte, was es an verschiedenen Berufsfeldern gibt. Das ist eine gute Änderung.

Ein Satz zu Kollegin Auer: Es ist sehr gut, das Interesse der Mädchen zu wecken, auch für Frauen untypische Berufe zu ergreifen, es wird aber wichtig sein, dass das auch von Seiten der Wirtschaft ein bisschen mehr unterstützt wird, weil diese Mädchen, die einen anderen Beruf wählen wollen, dann sehr oft Schwierigkeiten haben, auch eine Lehrstelle zu finden. Ich wünsche mir von Seiten der Wirtschaft etwas mehr Enga­gement darin, die Unternehmer zu motivieren und zu sensibilisieren, dass sie auch Mädchen Lehrstellen in für sie untypischen Berufen anbieten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.08

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Letzter auf der Rednerliste: Bundesrat Dr. Schnider. – Ich erteile ihm das Wort.

 


11.09

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles ist schon angesprochen worden. Ich denke, dass es gerade in Bezug auf falsche Berufs- oder Studienentscheidungen – was uneffizient ist und eigentlich nicht vorkommen soll – gilt, solche Gesetze erst recht zu fördern und zu fordern.


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Auf der anderen Seite tut es mir ein bisschen Leid, dass die Maturantinnen und Maturanten nicht so sehr berücksichtigt wurden. Ich weiß aber, möchte ich dazusagen, dass das bei dem ersten Entwurf sehr wohl der Fall war. Ich weiß auch, dass gerade jene Kolleginnen und Kollegen, die selbst mit diesem Schultyp verbunden sind, das nicht wollten, und das tut mir doch ein bisschen Leid, denn wir alle, die wir an Univer­sitäten oder in anderen tertiären Bereichen arbeiten, wissen, wie schwierig es ist, wenn man nicht wirklich sinnvoll darüber informiert wird, wie seine Berufslaufbahn aussehen kann.

Ich weiß sehr wohl, dass sehr viel von Seiten der ÖH passiert – weil wir heute schon darüber gesprochen haben –, nur diejenigen, die sich dort informieren, sind ja schon an der Universität. Ich denke, hier sollte man das eine oder andere vielleicht noch bedenken und noch nicht Halt machen.

Ich möchte auf ein Projekt hinweisen – weil die Frau Kollegin aus dem Burgenland auch eines ihrer Projekte vorgestellt hat –, auf ein steirisches Projekt, das auch vom Ministerium unterstützt wird. Es gibt bei uns ein Ausbildungsberatungszentrum, SAB, Schul- und Ausbildungsberatung. Dort werden vor allem Maturantinnen und Maturan­ten informiert und beraten, und die Jahresstatistik 2004 zum Beispiel ist durchaus interessant.

10- bis 14-jährige Schulabbrecherinnen und -abbrecher mitsamt Eltern, wenn ich das jetzt einfach nur mit einem Schlagwort sagen darf: In diesem Bereich hat es – nur in der Steiermark! – 5 950 persönliche Beratungen und Kontakte plus 100 E-Mail-Anfra­gen gegeben. Bei Maturanten/Maturantinnen und Studienabbrecherinnen und –ab­brechern hat es 9 200 persönliche Beratungen und Kontakte gegeben und 720 E-Mail-Anfragen.

Dieses Projekt führte zur Verfügungstellung eines Berufsorientierungspasses, der einige wichtige Tipps, auch die Berufsorientierung betreffend, enthält, vor allem aber auch Platz vorsieht für Bestätigungen, wo man sich informiert, wo man sich um eine Berufsinformation umgeschaut hat. Dadurch hat man die Möglichkeit, sich ganz individuell beraten zu lassen und das in der Schule auch nachzuweisen.

Ich bitte, dass man solche Projekte unterstützt – noch dazu, wenn sie überregional angesetzt werden; für das eben erwähnte Projekt wird auch mit Slowenien zusam­mengearbeitet, denn wir legen großen Wert auf diese Zukunftsregion. Ich denke, es wird immer wichtiger, dass wir Informationen auch über die Grenzen hinaus sammeln, es wird immer wichtiger, für ein größeres Feld tätig zu werden. Ich bitte einfach, dass man diese Projekte – die man jetzt gesetzlich gar nicht groß fixieren muss, sage ich dazu – dementsprechend ausstattet.

Ich weiß sehr wohl, dass das Ministerium dieses Projekt immer unterstützt hat, aber manchmal – und deshalb sage ich das auch – tun mir gerade solche Ausbildungs­zentren ein bisschen Leid, weil sie sich wirklich jedes Jahr um jeden einzelnen Euro und jeden einzelnen Cent neu bemühen müssen. Ich möchte mich einfach ein Stück weit für dieses Projekt verwenden, weil ich es für eine ganz großartige und sinnvolle Ergänzung und Erweiterung zu dem heute vorliegenden Gesetzesbeschluss halte. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

11.12

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Gehrer das Wort.

 


11.13

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich freue mich, dass es allgemein anerkannt wird, wie wichtig die Individualisierung, die spezielle Förderung in den verschiedenen Schulbereichen ist


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und wie wichtig die Beratung ist. Ich bedanke mich auch im Speziellen bei allen Bun­desländern, die in diese Beratung investieren und die diese Beratungseinrichtungen fördern, denn vor Ort ist es natürlich wahnsinnig wichtig, dass wir den jungen Men­schen Orientierung und Hilfestellungen geben.

Förderunterricht ist etwas besonders Wichtiges, deswegen legen wir großes Augen­merk darauf. Es stimmt nicht, dass wir zu wenige Möglichkeiten zum Fördern haben. In den Volksschulen gibt es jährlich 660 000 Förderstunden – jährlich! 660 000 Förder­stunden an unseren Volksschulen, das heißt, verpflichtend im Lehrplan vorgesehen, sie müssen auch als Förderstunden eingesetzt werden. Wir werden im kommenden Jahr zusätzlich 450 Dienstposten für derartige Förderbereiche ermöglichen. Das sind noch einmal 9 900 Förderstunden zusätzlich.

Wir müssen diese Förderstunden – und da muss man vor Ort in den einzelnen Be­reichen darauf schauen – wirklich gezielt für unterstützende Maßnahmen, für Förder­maß­nahmen für Kinder, die sich schwerer tun, aber auch für Fördermaßnahmen für Kinder, die besondere Begabungen haben, verwenden.

Ich bedanke mich sehr herzlich beim Bundesrat, dass diese Gesetze einhellig be­schlossen werden, und ich wünsche Ihnen abschließend, nachdem ich jetzt wahr­scheinlich aus dem Bundesrat entlassen werde, frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr. (Allgemeiner Beifall.)

11.14

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

34. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halbleiter­schutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Markenschutzgesetz 1970 geändert werden und ein Bundesgesetz über die im Bereich des


Bundesrat
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Patentamtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Patentamtsgebührengesetz – PAG) erlassen wird (Patentrechts- und Gebührennovelle 2004) (621 d.B. und 770 d.B. sowie 7197/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 34. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Mag. Harald Himmer: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezem­ber 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patent­verträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Marken­schutz­gesetz 1970 geändert werden und ein Bundesgesetz über die im Bereich des Patentamtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Patentamtsgebührengesetz – PAG) erlassen wird (Patentrechts- und Gebührennovelle 2004).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht und die ausführliche Dar­legung des Wortlautes des Gesetzes.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Schimböck.

 


11.16

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Patentrecht, das Anmelden von Patenten, hat in unserem Land eine lange Historie, eigentlich eine erfreuliche Historie. Geführt wird ein Patentregister seit Beginn der Zweiten Republik, und immerhin haben wir dort 430 000 Anmeldungen. – So weit, so gut.

Wie ist die aktuelle Situation? Ich möchte einen Wirtschaftsfunktionär zitieren, der zumindest aus Sicht der ÖVP-Fraktion des Wirtschaftsbundes völlig unverdächtig ist. Wirtschaftskammerpräsident Dr. Christoph Leitl hat am 10. Juli dieses Jahres in einem Interview in der Zeitung „Die Presse“ gemeint:

„Wenn ich heute die Zahl der angemeldeten Patente und bahnbrechenden Erfindungen betrachte, dann sehen wir im internationalen Vergleich einen Aufholbedarf. Ich gehe davon aus, dass es Kreativität, Fähigkeiten, Talente nach wie vor gibt, es gilt nur, sie mehr zu fordern und zu fördern. Das ist Teil einer aktiven, zukunftsorientierten wirtschaftspolitischen Strategie.“ – So weit, so gut.

Was passiert aktuell, Herr Staatssekretär? Erst kürzlich ist bekannt gegeben worden, dass von den 100 000 Patenten – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: 100 000 Patente! – der Firma Philips 3 000 ihre Wiege quasi in der Alpen­republik haben. Als Förderung für die Entwicklung dieser Patente hat man im Jahr 2003 63 Millionen € eingesetzt, eine Förderung von 2 Prozent! – Das sind uns Erfinder, Leute, die mit Erfindungen wirtschaftlich etwas bewegen wollen, wert!

Es ist daher gar nicht weiter verwunderlich, wenn wir hier wie auch im Ausland nicht sonderlich punkten können. Ich zitiere gleichfalls einen Funktionär, nämlich den bayerischen Wirtschaftsminister Wiesheu, der ebenfalls nicht meiner Fraktion ange­hört. Er hat vor etwa einem Jahr anlässlich der Marketing-Kampagne der Ansiede­lungsagentur „Austrian Business Agency“ gemeint, dass eigentlich alles, was hier passiert, in weiten Teilen nur „heiße Luft“ ist. Als Beleg dafür hat er angeführt, dass bei uns nur etwa 150 Patente auf 1 Million Einwohner kommen; in Bayern sind es 459. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Das ist, Herr Dr. Kühnel, doch sen­sationell. (Bundesrat Dr. Kühnel: Für Sie vielleicht!)

Was, Herr Staatssekretär, und somit kehre ich zurück zu unserem Antrag, was machen wir hier in diesem Land? Sie legen uns ein Gesetz vor, das die Gebühren für Patent­anmeldungen um 70 Prozent hinaufschnalzt. Das muss man sich einmal vorstellen. So soll quasi die Unterstützung für Erfinder, für Leute, die im Wirtschaftsbereich etwas bewegen wollen, aussehen. Ich ersuche Sie daher schon sehr um Verständnis, Herr


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Staatssekretär, dass wir diesem Gesetz nicht zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.19

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Haller. – Ich erteile ihm das Wort.

 


11.20

Bundesrat Ing. Hermann Haller (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Staatssekretär! Verehrte Bundesratskolleginnen und -kollegen! Patente und deren Entwicklung sind ein wichtiger Aspekt für die Messung und den Vergleich von Volkswirtschaften, sei es im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Innovationskraft oder den technischen Fortschritt. So kommt es auch, dass der Schutz intelligenten Eigentums und Unternehmen auch für Erfinder sehr wichtig ist.

Die vorliegende Patentrechts- und Gebührennovelle 2004, die in der Zwischenzeit von der Biopatent-Richtlinie abgekoppelt ist, die eine sehr große Verspätung aufweist und längst dieses Haus passiert haben sollte, bringt eine Verbesserung mit sich, wie zum Beispiel, die Veröffentlichung 18 Monate vor dem Registerzeitpunkt festzulegen. Das war früher anders.

Die zweite Verbesserung ist, dass es eine bessere Beschwerdemöglichkeit gibt. Es besteht auch ein besserer Rechtsschutz des Patentinhabers. – So weit, so gut zu diesem Gesetz.

Da ich selbst Betroffener bin und Musterschutz für eine Idee innehabe, kann ich diese zeitgemäße Anpassung und die Internationalisierung nur mehr als begrüßen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Auch bei dieser Novelle ist es mir unverständlich, warum sich die Sozialdemokraten weigern, mitzugehen, und die Grünen – anschei­nend im Doppelpack – bei diesem Zickzackkurs wieder mit dabei sind (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen) – leider zeigt sich das immer mehr –, denn diese Novelle bringt eine deutliche, ganz wesentliche Verbesserung, und zwar die Veröffentlichung 18 Monate nach dem Einreichdatum, dem Prioritätstag. Damit kommt es zu einer Verbesserung im Hinblick auf das Schutzrecht, auf den Wunsch nach Infor­mationen der Wirtschaft und der Öffentlichkeit und letztendlich auch zu einer besseren vermögensrechtlichen Stellung des Patentinhabers.

Herr Kollege, von einem Belastungspaket zu sprechen ist Polemik pur. Denn, meine Damen und Herren, Gebühren, die in diesem Bereich eingehoben werden, sind seit zehn Jahren nicht erhöht und nicht verändert worden. Wenn Sie von 70 Prozent sprechen, so ist zwar der Prozentsatz hoch, aber nicht der Geldbetrag. Eine Anpas­sung ist daher durchaus notwendig, und es erfolgt eine ähnliche Regelung wie beim TRIPS-Abkommen.

Tatsache ist auch, dass die Organisation des Patentamtes damit wesentlich flexibili­siert wird. Ein Nebenaspekt ist, dass beispielsweise PC-Programme nicht mehr dem Schutz der Patentierung unterliegen. Ich denke, dass ein Gesetz im Interesse der Wirt­schaft vorgelegt wurde, dem wir hier gerne die Zustimmung geben. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

11.22

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin: Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


11.23

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Lieber Herr Kollege Haller, ich kann dir schon erklären,


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 219

warum wir gegen diese Änderung stimmen: Dieser Gesetzentwurf war zum Beispiel nicht in Begutachtung. In Begutachtung war ein Gesetzentwurf aus dem Jahr 2000. Seither sind viele, viele Änderungen vorgenommen worden, aber dazu sind keine Stellungnahmen eingeholt worden.

Eine dieser Änderungen ist zum Beispiel die Herausnahme der Biopatent-Richtlinie, und zwar mit der Begründung, dass im Regierungsprogramm die Umsetzung der Bio­technologie-Richtlinie sowie die Durchführung einer parlamentarischen Enquete festgelegt wurden. Um das Inkrafttreten der übrigen Bestimmungen der seinerzeitigen Regierungsvorlage nicht weiter zu verzögern, wurde der vorliegende Entwurf erstellt, der keine Bestimmungen enthält, die sich aus der Umsetzungsverpflichtung der Biotechnologie-Richtlinie ergeben. Die Umsetzung der Biotechnologie-Richtlinie ist Gegenstand eines gesonderten Entwurfes.

Das heißt, dieser Teil wurde aus dem Gesetz herausgenommen, es gibt aber keinen Ersatz, denn ich habe noch keinen Entwurf für eine Biotechnologie-Richtlinie gesehen. Brauchen wir da jetzt keine Regelung mehr? Oder kommt sie irgendwann? Kommt sie überhaupt? – All diese Fragen sind noch offen.

Ein weiterer Grund, warum wir nicht zustimmen, ist, dass ein Punkt entfällt. § 58 Abs. 4 enthält nun nicht mehr die Regelung, dass der Präsident die für ständige Mitglieder des Patentamtes vorgeschriebene Befähigung als rechtskundiges oder fachtechnisches Mitglied besitzen muss. Außerdem wurden teilweise die Gebühren erhöht. – Das sind meines Erachtens Gründe genug, diese Regelung abzulehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.24

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

 


11.25

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Kollege Schimböck hat als Erstredner versucht – leider nicht verständlich –, zu begründen, warum die sozialdemokratische Fraktion hier nicht zustimmen kann. (Ruf bei der SPÖ: Gebührenerhöhung!) Kollege Schimböck hat einerseits beklagt, dass zu wenig Geld vorhanden ist und ausgegeben wird – er hat in einem Beispiel die Zahl 63 Millionen genannt –, andererseits hat er Klage darüber geführt, dass die Gebühren zu hoch sind. Herr Kollege, ich frage Sie: Was wollen Sie? – Ihre Erklärung enthält schon diesen Widerspruch: Auf der einen Seite sagen Sie, es sei zu wenig Geld, wenn aber auf der anderen Seite die Gebühren erhöht werden, damit mehr Geld hereinkommt, dann wollen Sie das auch nicht. Wir verstehen daher Ihre Begründung und Ihre Ablehnung nicht.

Meine Damen und Herren! Derzeit werden Patente erst bei Erteilungsreife veröffent­licht; das geht aus der Vorlage hervor. Das ist allerdings in vielen Staaten innerhalb Europas und darüber hinaus anders. In anderen Staaten ist die Regelung ausgedehnt auf eineinhalb Jahre nach dem Prioritätstag.

Das heißt, dass das vorliegende Gesetz damit in internationalen Gleichklang gebracht wird und somit auch Chancen eröffnet und mehr Chancengleichheit bietet.

Meine Damen und Herren! Auf Grund des neuen Anmeldeverfahrens – das geht auch aus der Vorlage hervor; einer meiner Vorredner hat es angesprochen – ist auch das Gebührensystem zu ändern, da derzeit für die Vergebührung viele verschiedene Rechtsmaterien und Gesetze relevant sind. Gerade mit dieser Änderung werden hier Transparenz und vor allem eine bessere Auffindbarkeit geschaffen – das war bisher nicht immer gegeben.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 220

Abschließend sei das Ziel der vorliegenden Rechtsmaterie in einen Satz zusam­mengefasst: Es wird damit internationaler Standard mit Kostentransparenz und vor allem – das ist für Patente auch wichtig – mit Rechtssicherheit geschaffen. Und das müsste Grund genug sein, keinen Einspruch gegen diese Vorlage zu erheben, sondern diese Vorlage mitzutragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.27

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Mag. Mai­noni. – Bitte.

 


11.27

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich darf nur auf einige Punkte ganz kurz eingehen, weil ich Ihre Zeit nicht über Gebühr strapazieren möchte.

Herr Bundesrat Schirmböck (Heiterkeit bei der SPÖ), Sie haben ein Thema angesprochen, das gerade mich in meiner Funktion als Staatssekretär für Forschung und ... (Zwischenruf.) Schimböck, stimmt doch, oder? – Gut.

Herr Bundesrat, Sie haben mich in meiner Funktion als Staatssekretär für Forschung und Technologieentwicklung angesprochen. Es ist tatsächlich ein Thema bei der Firma Philips, dass sie Forschungsförderung in der Größenordnung von 63 Millionen € jähr­lich bekommt, aber wesentlich mehr Forschungstätigkeit macht.

Auf der einen Seite sind es kleine Unternehmen, die forschen und innovativ sind und fragen: Wieso gibt man einem Konzern wie Philips 63 Millionen jährlich?, auf der anderen Seite aber sind es Konzerne wie zum Beispiel Philips oder Siemens, die für die Forschung wesentlich mehr Geld bräuchten. Leider Gottes ist der Topf der For­schungsgelder nicht unendlich.

Prinzipiell gilt in ganz Europa – wir bemühen uns, das auch in Europa so zu hand­haben –, dass rund zwei Drittel der Forschung von der Privatwirtschaft getragen werden und ein Drittel eine staatliche Förderung ist.

Bei extrem forschungsintensiven Unternehmen, wie zum Beispiel Philips oder auch Siemens, ist das natürlich ganz anders. Sie geben rund 10 Prozent ihres eigenen Budgets für Forschung aus. Da können wir natürlich mit der staatlichen Förderung nicht mithalten, wir bemühen uns aber um einen Ausgleich zwischen den kleinen inno­vativen Unternehmen, die forschen, und den großen Konzernen, die selbstverständlich auch die Arbeitsplätze in Österreich schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein zweites Thema noch. Ich darf noch einmal auf die Kritik betreffend die Gebühren zu sprechen kommen. Tatsache ist, dass der bisher bestehende Gebührensatz seit 1994 nicht verändert wurde und dass dies lediglich einer Anpassung von 1994 bis in das Jahr 2000 entspricht. Das heißt, die Gebühren sind im Prinzip nur valorisiert worden, die Anmeldegebühren für Patente und Gebrauchsmuster wurden unverändert belassen, um eben die innovative Tätigkeit insbesondere der Klein- und Mittelbetriebe zu fördern. Es ist derzeit ein Volumen von zirka 2,8 Millionen € jährlich, das sich aus diesen Gebühren ergibt, und man rechnet damit, dass die Summe auch in den nächsten Jahren mit dem neuen Gesetz etwa gleich bleiben wird. Eine Steigerung gibt es nur dann, wenn mehr Patente angemeldet werden. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.30

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 221

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch nicht.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

35. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwi­schenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (548 d.B. und 750 d.B. sowie 7198/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 35. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist wieder Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


Berichterstatter Mag. Harald Himmer: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich er­statte den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Ver­lesung.

Ich komme sogleich zum Antrag.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Binna. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.31

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Luftfahrt in Österreich ist ein immer größer werdender Verkehrszweig. Die Luftfahrt erfreut sich immer größer werdender Beliebtheit sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich.

Österreich wurde im Jahr 2000 von über 270 Luftfahrtunternehmen angeflogen – 70 Flug­liniengesellschaften, 205 Charterflugunternehmen – und verfügt über 96 Zivil­flugplätze, 6 Flughäfen, 90 Flugfelder, davon sind 45 Hubschrauberlandeplätze.

Im Jahr 2000 wurden zirka 11,9 Millionen Personen bei zirka 187 000 Flugbewegungen auf dem Flughafen Wien befördert. Das entspricht einer Wachstumsrate von zirka 6,7 Prozent. Die Wachstumsrate bei der Frachtbeförderung betrug 12,1 Prozent.

Jetzt eine interessante Anmerkung – diese Daten habe ich auf der Homepage des Ministeriums gefunden –: Die statistischen Daten für das Jahr 2001 liegen noch nicht vor. Mir tut es ein bisschen Leid, dass es keine neueren Daten gibt.


Bundesrat
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Was ich in diesem Zusammenhang bemerken muss: Wir verabschiedeten gestern und verabschieden heute Husch-Pfusch-Gesetze äußerst rasch, denen wir, so wie diesem Gesetz, nicht zustimmen können, aber es hat noch niemand der Mühe wert gefunden, in drei Jahren die Homepage zu ändern.

Konkret zu dem Punkt „Ausgliederung der Austro Control“: Es geht dabei grundsätzlich darum, Doppelgleisigkeiten zu bereinigen. Ich denke, man müsste deswegen nicht die Austro Control aus dem Ministerium auslagern, die Doppelgleisigkeiten könnte man auch im Ministerium bereinigen.

Eine zweite Sache ist die Sicherung von Arbeitsplätzen. Durch die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten soll schrittweise ein Synergiepotential von neun Personen einge­spart werden. Ich denke, das kann nicht der richtige Weg sein.

Die Auswirkungen werden sein, dass die Flughafengebühren in die Höhe gehen und die Fluglinien und die Flugreisenden die „Draufzahler“ sind. Daher können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.34

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Roth-Halvax das Wort.

 


11.34

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf Grund zahlreicher neu geschaffener gemeinschaftlicher Regelungen werden Vorschriften für die Zivilluftfahrt im luftfahrttechnischen und im flugbetrieblichen Bereich vereinfacht und effizienter gestaltet, und zwar dies auch deshalb, um eine Europäische Agentur für Flug­sicherheit errichten zu können.

Weiters haben Studien ergeben, dass in der Vollziehung luftfahrtbehördlicher Aufgaben Doppelgleisigkeiten bestehen. Die Zusammenführung von bisherigen Zuständigkeiten sowohl beim Bundesministerium für Verkehr als auch bei der Austro Control GesmbH entspricht dem Gebot der Effizienz und der Wirtschaftlichkeit.

Da wir leider wieder einmal im Bundesratsausschuss die unterschiedlichen Auffas­sungen nicht ausdiskutieren konnten, was ich im Sinne der parlamentarischen Diskus­sionskultur sehr bedaure – da ich, wie auch meine Fraktion, dafür bin, brauchte ich keine Fragen zu stellen, und von Ihnen kamen leider keine –, war ich gezwungen, mir anzuschauen, was die sozialdemokratischen Kollegen und die Kollegen der Grünen im Nationalrat dazu gesagt haben.

Ich habe gesehen, dass es seitens der SPÖ und der Grünen Befürchtungen gibt, dass Erhöhungen – das haben Sie jetzt auch gesagt, Herr Kollege Binna – der Flughafen­gebühren stattfinden und eine Beschneidung der Rechte von Flughafenanrainern erwartet werden kann.

Ich komme da nicht ganz mit, denn wenn man weiß, wie sich die Flughafengebühren zusammensetzen, dann fehlt einem der Konnex, was das mit diesem Gesetz zu tun haben soll. Die Flughafengebühren setzen sich auf Grund ganz anderer Parameter zusammen.

Ich sehe das ganz anders: Diese Maßnahme der Zusammenführung der Vollzugszu­ständigkeiten bewirkt eine Erhöhung der Verwaltungseffizienz und trägt auch zur Kostenwahrheit bei. Das heißt, die Kosten werden in Hinkunft vom Verursacher getra­gen und nicht auf alle Steuerzahler aufgeteilt.

Was die Anrainerrechte betrifft, möchte ich erwähnen, dass bekannterweise seit vier Jahren auf dem Flughafen ein Mediationsverfahren läuft. In diesem Mediations­verfah-


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 223

ren sind überwiegend Bürgerinitiativen vertreten, in kleinerem Ausmaß politische Vertreter, die Bürgermeister der niederösterreichischen Anrainergemeinden und die Vertreter der Wiener Bezirke, die Flughafen AG, die AUA und die Austro Control. Es handelt sich also sowohl um Vertreter der Anrainer als auch um Vertreter der Luftfahrt, und es handelt sich um 50 Verfahrensparteien.

Es gibt Arbeitsgruppen hinsichtlich Verkehrsverteilung, Nachtflugevaluierung, Konflikt­bearbeitung, eine Prozesssteuerungsgruppe, in der auch ich vertreten bin, und auch ein Forum, in dem dann alle diese Leute und Beteiligten zusammengeführt werden.

Der Flughafen hat eine Beschwerdenummer, also eine Stelle, an die sich jeder wenden und die jeder anrufen kann.

Ich denke, dass für die Beschwerden und Anliegen der Anrainer sehr, sehr viel getan wird und dass wir uns dort sehr intensiv damit beschäftigen. Ihre Befürchtung ist für mich daher nicht ganz erklärbar und nicht nachvollziehbar.

Bei diesen vielen Arbeitsgruppen leistet auch die Austro Control eine ganz wichtige Arbeit, denn sie befasst sich mit der Optimierung der Flugrouten. Es werden immer wieder Wünsche herangetragen, wobei ich sagen muss, auch von Gegenden, Bezir­ken, Gemeinden, die nicht so stark betroffen sind. Denen mache ich dann immer das Angebot, sie mögen doch nach Zwölfaxing, Schwadorf oder Klein-Neusiedl Probe­schlafen kommen, um zu wissen, was Belastung durch den Fluglärm bedeutet.

All diese Anregungen werden durch die ACG berechnet. Sie ist bei diesen Verfahren sehr hilfreich und sehr, sehr wichtig, sie hat eine wichtige Funktion.

Im laufenden Mediationsverfahren geht es nicht nur um gegenwärtige und zukünftige Auswirkungen des Flughafens, sondern auch um umweltrelevante Bauprojekte. Auf den Punkt gebracht: Es geht um Fluglärmreduktion heute, den allfälligen Bau einer dritten Piste sowie die dafür notwendigen Rahmenbedingungen.

Klar ausdrücken möchte ich, dass der Flughafen einer der wichtigsten Betriebe in der Vienna Region ist; aber nicht nur in dieser, der Flughafen ist auch der größte Arbeit­geber des Burgenlandes. Die zentrale Frage lautet daher: Wie können vom Flughafen ausgehende Umweltbelastungen mittel- bis längerfristig auf ein vertretbares Ausmaß eingeschränkt werden, ohne die für den Wirtschaftsstandort wichtigen Entwicklungen des Flughafens zu gefährden?

Dies ist jetzt zwar nicht das unmittelbare Thema dieses Gesetzes, aber es hängt doch damit zusammen. Ich persönlich und auch die Fraktion der ÖVP werden diesem Gesetz natürlich die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.39

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


11.39

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Roth-Halvax, im Ausschuss sind zum Thema Ausgliederung sehr wohl Fragen gestellt worden. Vielleicht ist das an Ihnen vorübergegangen.

Einleitend zum eigentlichen Thema: Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkennt­nis festgestellt, dass die bisher an die Austro Control übertragenen Aufgaben als gerade noch verfassungskonform eingestuft werden.

Jetzt frage ich: Glauben Sie ernsthaft, dass eine weitere Ausweitung dieser Aufgaben weiterhin verfassungskonform ist? Ich denke, das Erkenntnis des Verfassungs­gerichts-


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 224

hofes war schon als gewisse „Androhung“ – unter Anführungszeichen – dahin gehend zu verstehen, dass man eben nicht mehr weiter ausgliedern sollte.

Wie Kollege Binna schon gesagt hat, die festgestellten Doppelgleisigkeiten hätte man auch im Ministerium bereinigen können, dafür hätte man nicht unbedingt ausgliedern müssen.

Herr Staatssekretär Kukacka hat in einer Presseaussendung anlässlich der Eröffnung der Diamond Aircrafts in Wiener Neustadt gesagt, diese Luftfahrtgesetznovelle werde einen vereinfachten Zugang der Wirtschaft und der Bürger zum Recht mit sich bringen.

Diesen vereinfachten Zugang oder mehr Rechte für die Bürger habe ich in der Regierungsvorlage beziehungsweise in diesem Entwurf nicht finden können. Es fehlt nach wie vor die Besserstellung der von Emissionen betroffenen Menschen.

Sie haben schon Recht, Frau Kollegin Roth-Halvax, es gibt diesen Mediationskreis, doch das Problem ist: Wo ist der Rechtsanspruch? Bei diesem Mediationskreis können sich die Anrainer zwar beschweren, können sagen: Es ist viel zu laut!, aber es wird deshalb nicht zwingend irgendwas passieren müssen. Das ist das Problem: dass diese Mediationsverfahren, die ja in vielen Bereichen schon „modern“ – unter Anführungs­zeichen – werden, oft eben nur eine Beschäftigungstherapie sind und eine Plattform, wo die Leute ihren Ärger ablassen können, aber es muss nicht wirklich hundert­prozentig etwas dabei herauskommen.

Im Sinne eines einheitlichen Umweltanlagerechts wäre es deshalb dringend notwendig, dass auch das Luftfahrtrecht mehr Bürgerbeteiligung beinhaltet. Das ist eben leider nicht der Fall, obwohl es Herr Staatssekretär Kukacka angekündigt hat. Deshalb wer­den wir dieser Novelle nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.41

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

36. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetz-Novelle 1991, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 und das Bundesgesetz betreffend Maßnah­men im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden (680 d.B. und 751 d.B. sowie 7199/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 36. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Baier. Ich bitte ihn um die Berichterstattung.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 225

10. Dezember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetz-Novelle 1991, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 und das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Molzbichler. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.43

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zum ASFINAG-Ermächtigungsgesetz: Ich möchte ganz kurz auf das Kapitel Auto­bahnen in Osteuropa eingehen. Der österreichische Autobahnbetreiber ASFINAG und die Mautgesellschaft Europpass, die mittlerweile im ASFINAG-Konzern bereits inkludiert ist, bereiten gemeinsam mit diversen Bauunternehmen und zwei Großbanken die Gründung einer Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Autobahnen in Osteuropa vor. In der Slowakei werden demnächst einige neue Autobahnen ausgeschrieben. Ab 2006 will man dort eine Lkw-Maut einführen. Rumänien und Serbien planen gemein­sam den Bau einer Autobahn zwischen Temesvar und Belgrad. In Kroatien wird derzeit eine Verbindung in die Hauptstadt Zagreb gebaut. Sie soll nach Fertigstellung als Mautautobahn betrieben werden. Nach der Einführung der Lkw-Maut in Österreich werden der ASFINAG gute Chancen eingeräumt, bei Neuprojekten in den EU-Erweite­rungsstaaten zum Zug zu kommen.

Meine Damen und Herren! Erwähnt sei auch: Über 100 Investoren, darunter asiatische Zentralbanken und institutionelle Investoren. Die nächste Milliardenanleihe findet im Herbst 2005 statt. Die österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG, sprich ASFINAG, hat sich erneut Geld auf dem Kapitalmarkt beschafft. Am Mittwoch hat die ASFINAG eine neue Anleihe mit dem Volumen von einer Milliarde € begeben. Der Zinssatz liegt bei 3 ¼ Prozent. Die Fälligkeit ist mit 19. Oktober 2009 festgesetzt worden. Die Emission erfolgt im Rahmen eines aufgesetzten internatio­nalen Finanzierungsprogramms, das die ASFINAG im Vorjahr eingeleitet hatte. Insge­samt will sich die ASFINAG im Rahmen dessen bis zum Jahre 2011 auf dem Kapitalmarkt 10 Milliarden € ausleihen. Die Rückzahlungen erfolgen aus Maut- und Vignetteneinnahmen.

Das Kapital will die ASFINAG insbesondere für den Bau neuer Strecken, die bauliche Erhaltung, die Verbesserung der Verkehrssicherheit, Telematik, und nicht zuletzt zur Umschuldung auslaufender Anleihen verwenden. Zurückgezahlt, meine Damen und Herren, wird das ausgeliehene Kapital ausschließlich aus Maut- und Vignetten­ein­nahmen. Bis 2047 soll die ASFINAG sämtliche Schulden wieder zurückgezahlt haben.

Meine Damen und Herren! Bis 2047 ist es fast ein halbes Jahrhundert. Wir wissen nicht, wie die Entwicklung in dieser Zeit vonstatten gehen wird. Meine Sorge dahin gehend ist, dass diverse Lärmschutzmaßnahmen im Bereich Kärnten, besonders im Liesertal, was mich betrifft, hintangestellt werden, weil das Geld natürlich im osterwei­terten Raum verwendet wird.

Auf Grund der zusätzlichen Haftungsgarantie des Bundes haben die Ratingagenturen Standard & Poor’s ihre bestmögliche Bonitätseinstufung für die ASFINAG-Anleihe bestätigt. Eine Privatisierung der ASFINAG ist aus Sicht von S&P-Experten Kai Stuckenbrock äußerst unwahrscheinlich. Die Agentur sieht daher kein Risiko in der Anleihe. – Im Endeffekt kommt also wieder der Steuerzahler zum Handkuss.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 226

Begeben wurde das neue Papier über die internationalen Großbanken Crédit Suisse, First Boston, Deutsche Bank und Nomura, dieses asiatische Institut. Die ASFINAG war außerdem zuvor schon bei asiatischen Zentralbanken und institutionellen Investoren auf Road Show gewesen. Ein beträchtlicher Teil ist aber auch durch ein öster­reichisches Konsortium bestehend aus Bank Austria-Creditanstalt, BAWAG, Erste Bank und Raiffeisenzentralbank erfolgreich platziert worden. In Summe hat man diesmal deutlich mehr Interessenten erreicht: Die letzte Großanleihe im Jahre 2003 hatten rund 70 Investoren gezeichnet, mittlerweile sind es über 100.

Die ASFINAG ist mit ihrem Anleihenprogramm – abgesehen vom Bankenbereich und der Republik – der größte Emittent in Österreich, meine Damen und Herren. Früher hat sich die ASFINAG ausschließlich über Darlehen der Republik finanziert. Hintergrund für die Umstellung sind die Maastricht-Kriterien der EU für das Budget. (Zwischenruf des Bundesrates Kritzinger.) Weil die ASFINAG, lieber Kollege aus Tirol, Schulden nun eigenständig aufnimmt und abbaut, werden diese Neuschulden für den Auto­bahnbau nicht mehr dem Bundesbudget angelastet.

Die im Staatsbesitz befindliche Autobahnfinanzierungsgesellschaft ASFINAG kauft den österreichischen Lkw-Mautbetreiber Europpass, was mittlerweile schon geschehen ist. Ziel der ASFINAG früheren Angaben zufolge ist es, mit der Europpass das erfolgreiche österreichische Mautsystem nach Zentral- und Osteuropa zu expandieren. Europpass befand sich im Besitz des italienischen Mautbetreibers Autostrade. Die bisherige Part­nerschaft zwischen ASFINAG und Autostrade ist damit in Zukunft beendet, beide könnten künftig als Konkurrenten im osteuropäischen Raum auftreten.

Meine Damen und Herren! In Österreich sollen künftig auch Private neue Autobahnen bauen. Die Autobahngesellschaft ASFINAG hat zum ersten Mal Bau und Betrieb eines ganzen Autobahnteilstückes ausgeschrieben. Konkret geht es um die neue Nord Auto­bahn A5, um deren Anbindungen an die Donauufer Autobahn und an die Südosttan­gente sowie um die neue Lobau- und Donauquerung in Wien – Gesamtbauvolumen nach ursprünglichen Plänen der ASFINAG rund 3,1 Milliarden €.

ASFINAG-Chef Walter Hecke hofft aber nun, dass sich durch die Vergabe an Private die Kosten um bis zu 20 Prozent reduzieren. Nach dem neuen Modell, bekannt unter dem Überbegriff „Public Private Partnership“, sollen die Privaten nämlich neben dem Bau vorher auch die Detailplanung, die Finanzplanung und danach – über 30 Jahre –auch den Betrieb des Autobahnteilstücks übernehmen. Nach den 30 Jahren gehört das Autobahnstück der ASFINAG. Ich möchte nebenbei bemerken: Nach 30 Jahren beginnen die großen Sanierungsarbeiten, und im Endeffekt schließt sich der Kreis und der Staat muss auch für diese Kosten dann wieder aufkommen.

Laut Auskunft des Vorstandsdirektors Dipl.-Ing. Lückler von der ASFINAG betragen die jährlichen Pauschalzahlungen an die Länder 130 Millionen €. Das sagte er auf die Kritik an der von der ASFINAG geplanten Organisationsänderung beim Autobahn­betrieb.

Künftig sollen die Autobahnmeistereien nicht mehr durch Landesverwaltungen, son­dern durch vier schlagkräftige Betriebsgesellschaften gesteuert werden. Vor allem die neuen Ansprüche wie Verkehrstelematikeinrichtungen, laufend steigendes Verkehrs­aufkommen, die Notwendigkeit, die Nutzer des hochrangigen Straßennetzes stärker als bisher als Kunden zu sehen, machen eine Änderung der aktuellen Verhältnisse notwendig.

Lückler: „Seit über einem Jahr wird mit den Bundesländern über eine einvernehmliche Lösung verhandelt und vielfach sind – zumindest kurzfristig – wirklich große Fort­schritte abzusehen gewesen. Der Entschluss der Landeshauptleutekonferenz“ im


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 227

letzten Jahr in Tirol „auf eine zeitlich unbegrenzte Weiterführung der Werkverträge zu drängen, widerspricht jedoch jedem betriebswirtschaftlichen Gedanken!“

Meine Damen und Herren! Es kommt darauf an, was man unter effizienter Betriebs­wirtschaft versteht. Das Modell Kärnten zeigt dies deutlich. Landeshauptmann Haider war vor einem Jahr Vorsitzender dieser Landeshauptleutekonferenz und hat deutlich gemacht, Kärnten werde diesem Vertrag nicht näher treten. Das ist aber mittlerweile passiert, nachdem der Landeshauptmann von Niederösterreich, wie Landeshauptmann Haider sagte, umgefallen ist. Landeshauptmann Haider beteuerte, dass das Land Kärnten diese Arbeiten bis zu 20 Prozent günstiger erledigen kann. Mittlerweile ist das aber auch erledigt, und man weiß, wie diese politischen Willenserklärungen zu deuten sind.

Um schlagkräftige Gesellschaften, die auch auf die Ansprüche eines modernen Auto­bahnbetriebes vorbereitet sind, schaffen zu können, plant die ASFINAG, das gesamte Autobahnpersonal zu übernehmen. Vorstandsdirektor Lückler: „Alle opera­tiven Mitar­beiter sollen übernommen werden, denn die Kompetenz muss erhalten bleiben und ist uns wichtig!“

Meine Damen und Herren! Operativ, zum Beispiel im Sinne von strategisch, was sind motivierte Mitarbeiter?, möchte ich in den Raum stellen.

Die Änderungen liegen laut Lückler vor allem im Steuerungsbereich und in der Kosten­rechnung. Auf Grund fehlender Informationsleistungen durch die Bundesländer ist es auch im achten Jahr des Werkvertrages für die ASFINAG im Detail nicht möglich, von den Landesverwaltungen zu erfahren, wofür die insgesamt 130 Millionen € an jähr­lichen ASFINAG-Zahlungen an die Bundesländer tatsächlich verwendet werden. Das, meine Damen und Herren, ist aber ein Armutszeugnis für die ASFINAG, für ihre effiziente, hoch motivierte und operative Gestaltung.

Die ASFINAG ist bereit, einen Teil der Anteile wieder an die Autostrade, sprich Europpass, zurückzugeben. Gleichzeitig sprach sich Vizekanzler Gorbach am Donnerstag für eine „prominente Beteiligung der österreichischen Industrie“ an der Europpass aus. Interesse hat vor allem die A-Way, ein Joint Venture des Kärntner Bauindustriellen Hans-Peter Haselsteiner (Bau Holding Strabag) und – man höre und staune! – der Raiffeisen-Gruppe, angemeldet.

In Summe soll dem Vernehmen nach mehr als die Hälfte der Europpass in öster­reichischer Hand bleiben, wogegen sich die Italiener im vergangenen Jahr heftig gewehrt haben. Die ASFINAG selbst soll künftig zumindest rund 25 Prozent an der Europpass behalten. Wird ein Teil der Transaktion mit der Autostrade rückabgewickelt und verkaufen die Italiener direkt an A-Way, meine Damen und Herren, Herr Staatssekretär, würde sich die ASFINAG die Ausschreibung ersparen.

Vorstellbar ist aber auch, dass die ASFINAG das heimische Mautsystem künftig tatsächlich zur Gänze selbst betreibt und gemeinsam mit A-Way und Autostrade eine neue Firma zur Expansion im Ausland gründet.

Den genauen Kaufpreis für die Komplettübernahme der Europpass wollte der ASFINAG-Präsident nicht nennen. Er orientiert sich aber an der bereits zugesicherten Betreibervergütung für die nächsten zehn Jahre, Herr Staatssekretär – in Summe zirka 750 Millionen € fix –, und am Unternehmenswert, der auf unter 80 Millionen € geschätzt wird. Das österreichische Lkw-Mautsystem (inklusive Lkw-Sondermauten) hat unterdessen von Jänner bis November bereits über 750 Millionen € eingebracht. Die Mauteinnahmen sind damit rund 4 Prozent über Plan gelegen.

Die ASFINAG ist daran interessiert, nach Auflösung der aktuellen Werkverträge mit den Bundesländern rasch eine Einigung zu erzielen, sodass bereits vor dem Ablauf der


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dreijährigen Kündigungsfrist die neuen Strukturen fixiert werden können. An den neuen kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen werden die Bundesländer beteiligt, sodass sie mit ihrem regionalen Know-how und ihrer Kompetenz den neuen Betrieb des Autobahnen- und Schnellstraßennetzes erfolgreich mitgestalten können.

Meine Damen und Herren! Ich komme schon zum Schluss meiner Ausführungen. Mittlerweile wurde die Betriebsgesellschaft Süd gegründet. Es haben gestern und heute in der Steiermark Bereisungen durch ein Betriebsübergangskonzeptkonsortium aus der Schweiz stattgefunden, wo festgelegt wird, wie viele Betriebe, Autobahn­meistereien geschlossen werden.

Ab 2006 gibt es auch neue Werkverträge, Kollektivverträge für die Mitarbeiter. Wir haben dann zwei Lohnschemen, Landesvertragsbedienstete und einen Kollektivvertrag nach dem Schema der ASFINAG, wo auch die Löhne gewaltig niedriger sind als jene der heimischen Landesbediensteten.

Meine Damen und Herren! Glauben Sie, dass die Förderung des privaten Autobahn­baus die Vignettenpreise und sonstige Abgaben verringert? Glauben Sie, dass eine ASFINAG die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördert und gegen Lohndum­ping auftritt? Glauben Sie wirklich, dass rein betriebswirtschaftlich denkende Unterneh­mensleiter sowie Manager dabei an unser Gesellschaftssystem denken und auch einmal volkswirtschaftliche Überlegungen dahin gehend anstellen? – Ich nehme das nicht an. Umso vehementer muss man meines Erachtens auf die möglichen nicht durch­dachten Bereiche aufmerksam machen, Herr Staatssekretär, und das sind leider Gottes sehr, sehr viele.

Meine Damen und Herren! Es ist schlimm, wenn man die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat und sich nicht weiterentwickelt, es ist aber noch viel schlimmer und kann langfristig verheerende Folgen haben, wenn man nur mit betriebswirtschaftlichem Elan und zu großer Profitgier in die falsche Richtung läuft und schließlich vor einem Scher­benhaufen steht, so wie es zurzeit der Fall ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: So wie die Stadt Wien!)

11.57

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Haller. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.57

Bundesrat Ing. Hermann Haller (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Verehrte Bundesratskollegen und -kolleginnen! Mit dem vorliegenden ASFINAG-Gesetz wird die Eigenverantwortung eines Staatsunternehmens massiv gestärkt und möglich gemacht. Ich bin eigentlich beruhigt, denn im Ausschuss haben die Kollegen von der SPÖ noch von „Geld ins Ausland abwandern“, von „ASFINAG verscherbeln“ und noch viel Intensiverem gesprochen. (Bundesrat Stadler: Auch die Beamten haben davon gesprochen!)

Jedenfalls habe ich bemerkt, dass sich Herr Kollege Molzbichler (Bundesrat Molz­bichler: Lärmschutzmaßnahmen!) heute nur noch darauf beschränkt hat, aus der Zeitung vorzulesen, und das fast stundenlang. (Bundesrat Molzbichler: Fakten und Tatsachen!) Aber die große Kritik ist eigentlich schon verstummt.

Es geht also darum, dass die Instandhaltung, Finanzierung und Verwaltung der ASFINAG auch in Zukunft gesichert sind, und das ist meiner Meinung nach sehr wesentlich. Es geht darum, Spielraum für Entwicklung zu schaffen und wirtschaftliche Möglichkeiten zu eröffnen. Da die Lkw-Maut in Österreich bestens funktioniert, wäre es wohl unsinnig, diesem Know-how nicht die Möglichkeit zu geben, an das Ausland


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verkauft zu werden oder es im Ausland auch in Anwendung zu bringen, weil es unseren Handlungsspielraum einfach stärkt.

Also noch einmal, liebe Kollegen von der SPÖ: Wirtschaftliche Entwicklungen zulas­sen, kein Abfluss von Geld, sondern die Chance eines Zuflusses von Geld – das ist der große Unterschied! (Zwischenruf des Bundesrates Stadler.) Überhaupt nicht, da muss man einfach weiter denken. Ohne Geld auszugeben wird man kein Geld einnehmen, das ist einfach ein Wirtschaftsgrundprinzip.

Damit möchte ich aber auf die ASFINAG zurückkommen. Ich glaube, dass gerade die ASFINAG und auch die ÖSAG als durchführende Töchter hier in vielerlei Hinsicht eine Erfolgsgeschichte darstellen. Denken wir an die Einführung der Abwicklung der Maut, denken wir an die Sicherheitsmaßnahmen, die vorbildlicherweise in den letzten Mona­ten durch die Mittelschiene durchgeführt wurden. Denken Sie auch an die Lärm­schutzmaßnahmen, die in der nächsten Zeit zahlreich gesetzt werden. (Bundesrat Molzbichler: Das wird immer weniger werden!)

Denken wir auch an die Abwicklung der neuen Trassen. Gerade ich in meinem Bezirk Korneuburg bin betroffen von der neuen S 1. Ich glaube, dass da eine professionelle Truppe am Werk ist. In großen Diskussionen über verschiedene Tieferlegungen haben wir gute Maßnahmen für die Bevölkerung herausgekämpft. Ich glaube, die ASFINAG ist bemüht, gute, zeitgemäße und umweltgerechte Straßen zu bauen. Schutz­maß­nahmen wie Lärmschutz, weniger Smog, weniger Feinstaub können natürlich nie genug sein, da bin ich völlig Ihrer Meinung.

Ich sehe aber nicht ein, dass wir eine derartige Erfolgsgeschichte in anderen Ländern verhindern wollen. Die ASFINAG versucht zu expandieren und ihr Wissen und Können, das einfach da ist, zur Verfügung zu stellen. Nein, meine Damen und Herren, das wäre eine sehr kurzfristige Politik. Wir schaffen mit dieser Novelle die Voraussetzungen dafür, dass diese Erfolgsgeschichte weitergeführt werden kann, und ich bin froh darü­ber. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

12.00

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum.

 


12.00

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Lieber Herr Kollege Haller! Wenn die ASFINAG zu viel Geld hätte, dann würde ich das alles einigermaßen vielleicht noch verstehen können. Ich bezweifle aber, dass die ASFINAG zu viel Geld hat, denn nicht umsonst sind bei vielen Straßen­projekten jetzt schon PPP-Modelle, also diese Private Public Partnership-Modelle, im Gespräch – offenbar auch deshalb, weil die ASFINAG allein eben nicht mehr genug Geld hat. (Vizepräsident Mag. Pehm übernimmt den Vorsitz.)

Zu dem, was du vorher im Zusammenhang mit der S 1 erwähnt hast: Verbesserte Lärmschutzmaßnahmen auch an der A 22 sind daran gescheitert, dass die ASFINAG gesagt hat: Njet, kein money mehr! Es ist einfach so, dass sehr viele Lärmschutz­maßnahmen daran scheitern, dass einfach kein Geld vorhanden ist. Die WHO-Grenzwerte für Lärm werden in sehr vielen Bereichen nicht eingehalten, weil das Geld fehlt.

Mit diesem Gesetz werden die Sondermittel für Umweltschutzmaßnahmen der Länder eingefroren, und zwar auf ein Prozent der Berechnungsgrundlage 2003, mit der Begründung, dass sie sonst halbiert hätten werden müssen. Letztendlich ist es aber so, dass sie nicht laufend erhöht werden, sondern eben eingefroren auf dem Stand 2003. Das ist kein besonderer Fortschritt.


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717. Sitzung / Seite 230

Im Ausschuss haben wir gefragt, wann die ASFINAG entschuldet sein wird. Die Antwort im Ausschuss war: Daumen mal Pi im Jahr 2025. Generaldirektor Hecke hat am 22.11. gesagt, das wird 2030 sein, und bei anderen Gelegenheiten ist auch schon von 2042 und 2047 die Rede gewesen. Die Entschuldung der ASFINAG liegt also auf jeden Fall weit in der Zukunft und ist sicher noch nicht so nahe, dass man schon unbedingt jetzt an eine Ausweitung ihrer Tätigkeiten denken muss.

Was die angestrebte Europpass-Beteiligung kosten soll, haben wir ebenfalls im Ausschuss nachgefragt. Die Antwort war, dass das dem Ministerium nicht bekannt ist, nicht einmal Daumen mal Pi.

Was die genannten Umstrukturierungen betrifft, auch dazu gibt es keine Kosten­schätzungen in den Unterlagen. Meiner Meinung nach muss das etwas kosten, denn neue Töchter brauchen neue Niederlassungen und neue Vorstände und so weiter. Wenn die ASFINAG neue Aufgaben übernimmt, dann wird das einfach mehr Geld kosten, und der Bund braucht dann auch mehr Mittel für die Aufrechterhaltung der Liquidität und des Eigenkapitals.

Wenn der Bund mehr Geld in die Hand nimmt, dann bitte für Umweltschutz­maß­nahmen! Wo bleibt die Querfinanzierung? Da braucht es keine faulen Ausreden, denn dass eine Querfinanzierung möglich ist, das sieht man jetzt schon in Deutschland und England. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.03

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Zellot. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.03

Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Das Straßennetz in Österreich, vor allem das Autobahnnetz wird immer weiter ausgebaut. Selbstverständlich treten da immer wieder Probleme auf in Bezug auf die Erhaltung, den Ausbau, die Trassen­fin­dung und natürlich die Gesellschaft, die die entsprechenden Maßnahmen durchführt.

Aber, meine geschätzten Damen und Herren, unsere Autobahnen sind im Vergleich mit anderen Autobahnen in Europa, was den Ausbau von Sicherheit betrifft, vorbildlich. Ich nenne zum Beispiel nur unsere Tunnels, die mit allen notwendigen Sicherheits­elemen­ten, mit Beleuchtungen und, und, und ausgestattet sind. Wenn wir unseren Standard in diesem Bereich mit jenem anderer EU-Mitgliedstaaten vergleichen, die nicht weit weg sind, zum Beispiel mit dem von Italien, dann müssen wir sagen, da ist Österreich mustergültig. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Die dauernden Behinderungen auf unseren Autobahnen – Sie kennen das, weil Sie auch viel unterwegs sind – sind nur auf Grund von Sanierungsmaßnahmen und des Baus von Lärmschutzmaßnahmen notwendig. Daran sieht man, dass in Österreich sehr viel auf Grund von Initiativen, von Bürger­initiativen für den Lärmschutz getan wird.

Kollege Molzbichler hat gesagt, in Kärnten wird der Lärmschutz vernachlässigt, weil durch den Bau der Autobahnen im Ausland natürlich für den Lärmschutz weniger übrig bleibt. Ich möchte darauf hinweisen, dass es auf Grund der zweiten Tunnelröhre durch den Katschbergtunnel als Verbindung zu Salzburg in Kärnten Talschaftsverträge gibt, die weitere Lärmschutzmaßnahmen angesichts des gesteigerten Verkehrsaufkommens im Zusammenhang mit diesem Tunnel sicherstellen. Und das ist eine erfolgreiche Maßnahme für Kärnten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.05

 



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717. Sitzung / Seite 231

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zum Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mag. Mainoni. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


12.06

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte nur auf zwei Themenbereiche ganz kurz eingehen, die hier angesprochen wurden, nämlich einerseits auf die Lärmschutzmaßnahmen.

Was die Lärmschutzmaßnahmen betrifft, darf ich darauf aufmerksam machen, dass wir für das übergeordnete Straßennetz in Österreich im Jahr 2003 30 Millionen € aufge­wendet haben. Im heurigen Jahr waren es bereits 43 Millionen €, und für das Jahr 2005 sind bereits rund 80 Millionen € vorgesehen – nur für Lärmschutzmaßnahmen im übergeordneten Straßennetz. Sie erkennen daran, welche Wichtigkeit und Bedeutung diese Lärmschutzmaßnahmen selbstverständlich auch für uns in der Bundesregierung haben.

Darüber hinaus gilt eine Merkregel, die es bis vor einigen Jahren noch nicht gegeben hat, dass nämlich in die Kosten eines Bauvorhabens bereits rund 25 Prozent für Lärm­schutzmaßnahmen eingerechnet werden. Im gegenständlichen angesprochenen Fall des Katschbergtunnels und des Tauerntunnels sind es weit mehr. Dies ist aber notwendig, und eine Einigung mit den Gemeinden hat das möglich gemacht. Ich will damit nur dokumentieren, dass die Umweltschutzmaßnahmen im Zuge von Neubauten eminent wichtig sind und diesem Umstand auch Rechnung getragen wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ganz kurz noch dazu, warum dieses Gesetz notwendig ist; es ist von Vorrednerinnen und Vorrednern ohnehin angesprochen worden: Es geht vor allem um Auslands­ge­schäfte, die zukünftig der ASFINAG ermöglicht werden sollten. Ich darf Sie davon informieren, dass in Kürze eine Delegation des Verkehrsausschusses des britischen Unterhauses nach Österreich kommen wird, um sich unser Road Pricing, unser fahrleistungsabhängiges Bemautungssystem auf den Autobahnen und Schnellstraßen anzusehen, weil es ein Musterprojekt ist. Schauen Sie sich im Vergleich dazu die Bundesrepublik Deutschland an, Sie können sich sicher alle daran erinnern: Als man versuchte, dieses System einzuführen, ist man kläglich dabei gescheitert. Jetzt soll mit Ach und Weh mit 1. Jänner kommenden Jahres dieses System eingeführt werden, wobei Experten sagen, dass auch das wieder Probleme aufwerfen wird.

Die ASFINAG hat bei Gott keine politische Farbe, sondern ist ein erfolgreiches österreichisches Unternehmen, dem auch die Möglichkeit gegeben werden sollte, im Ausland unser Know-how zu verkaufen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.08

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Molzbichler zum Wort gemeldet. Herr Bundesrat! Sie kennen die einschlä­gigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte schön.

 


12.08

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Kollege Zellot! Zu deiner Information: Die Talschaftsverträge in Kärnten sind noch nicht unter Dach und Fach.

Herr Staatssekretär! Die Lärmschutzmaßnahmen im Liesertal sollten bis zum Jahr 2020 abgeschlossen sein. Das ist meiner Meinung nach aber noch überhaupt nichts Greifbares. Das wissen Sie ganz genau. – So viel dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

12.09

 



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717. Sitzung / Seite 232

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

37. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (25. KFG-Novelle), die 3. Kraftfahr­gesetz-Novelle, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert wer­den (682 d.B. und 752 d.B. sowie 7200/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir kommen nun zu Punkt 37 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Haller. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Ing. Hermann Haller: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. De­zember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (25. KFG-Novelle), die 3. Kraftfahrgesetz-Novelle, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorla­ge am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Danke schön. – Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Binna. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.10

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Diese Gesetzesänderung betrifft unter anderem die Erhöhung der Organstrafverfügung für Telefonieren während der Fahrt und für die Nichtverwendung des Sicherheitsgurtes. Ich finde das sinnvoll. Ich kann mich aber noch daran erinnern, wie einst Verkehrsminister Schmid beim Telefonieren ohne Frei­sprechanlage während der Autofahrt vom ORF gefilmt wurde. Er hat damit keine positive Werbung für das Telefonieren mit Freisprechanlage betrieben.

In einem weiteren Punkt – deswegen ist auch meine Fraktion gegen dieses Gesetz – geht es um die so genannte Fahrerkarte. Es handelt sich hier um eine im Prinzip sinn­volle Richtlinie der EU, die Sozialvorschriften harmonisieren und Lenk- und Ruhezeiten besser kontrollieren helfen soll, und das mittels Fahrerkarten anstatt der bisherigen Tachoscheiben. Was hier im Großen und Ganzen wieder geschieht, ist der Missbrauch eines sinnvollen Gesetzes für Ihre Klientelpolitik. Sie bürden ganz einfach die Kosten für die Fahrerkarten den Lenkerinnen und Lenkern auf und nicht wie bisher dem Dienstgeber. Mit 100 € beuten Sie jene Menschen, die ohnehin schon in einer schwie­rigen Branche tätig sind, aus, um Menschen wie Kralowetz und Co zu unterstützen. Das ist meiner Meinung nach starker Tobak.


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717. Sitzung / Seite 233

Übertretungen von unselbständig Beschäftigten werden künftig beim Arbeitsinspektorat gemeldet, wobei selbständig Beschäftigte ungeschoren davonkommen, was eigentlich heißt, Sie treiben diese Lenkerinnen und Lenker scharenweise in die Scheinselbstän­digkeit, in der sie keinerlei Arbeitnehmerschutz genießen. Unglaublich, was Sie mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in dieser Branche aufführen!

Mit diesem Gesetz wird leider Gottes die Verkehrssicherheit an die Wand gefahren. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

12.12

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Roth-Halvax. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


12.13

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, zu dem vorliegenden Gesetz gibt es nicht allzu viel zu sagen. Auf Grund einer EU-Verordnung sind die zukünftig in Österreich im Einsatz stehenden Kontrollgeräte durch digitale zu ersetzen. Dadurch werden die vollautomatische Aufzeichnung der Lenkerzeiten und damit eine bessere Kontrolle ermöglicht.

Es wird vier Arten von Kontrollgerätekarten geben: die Werkstättenkarte, die Fahrer­karte, die Unternehmenskarte und die Kontrollkarte. Es müssen mit dem vorliegenden Gesetz die Rahmenbedingungen für die Ausstellung von Kontrollgerätekarten ge­schaffen werden. Das bedingt logischerweise eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes.

Weiters wird die Höhe der Organstrafverfügungen für das Telefonieren während der Fahrt ohne Freisprechanlage und die Nichtverwendung der Sicherheitsgurte angeho­ben. Wenn die Menschen auf Grund der Vernunft nicht dazu zu bringen sind, dass sie freiwillig auf dieses Verhalten verzichten, das eine Gefährdung der Mitmenschen darstellt, dann sind eben diese Dinge per Gesetz zu regeln und dann ist eine Erhöhung der Strafe erforderlich.

Es ist diese Thematik, obwohl es vielleicht etwas weit hergeholt ist, im Ansatz doch ähnlich der Überwachung auf öffentlichen Plätzen: Die Freiheit des einen endet bei der Beeinträchtigung des anderen. Und wenn ich Handlungen setze, die andere beein­trächtigen, dann muss ich eben mit Konsequenzen rechnen. Daher sehe ich eigentlich nicht ein, warum man gegen diese Maßnahmen sein kann, aber bitte schön.

Es sei mir noch ganz kurz gestattet, auf ein anderes Thema zu sprechen zu kommen, weil mich eine jahrelange gute Zusammenarbeit mit der morgen anzugelobenden neuen Innenministerin verbindet, die ich auch sehr oft vertreten durfte.

Kollege Prutsch sprach im Zusammenhang mit einer anderen Sache in Richtung ÖVP von politischer Unkultur, von Hochmut, von politischen Kränkungen. – Meine sehr geehrten Genossen! Was hat denn stattgefunden in Richtung der morgen anzuge­lobenden Innenministerin? Was hat man denn da von einem gewissen Herrn Darabos gehört? Ich muss sagen, das, was hier geäußert wurde, zeugt von einer derartigen politischen Unkultur, dass es hier wirklich einer Entschuldigung bedarf. Das muss ich hier schon deponieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Die Äußerung „letztes Aufgebot“ ist nicht nur von der Sache her falsch, sondern ist auch eine Diskriminierung einer gewissen Altersgruppe und eine Diskriminierung der Frauen. Die Grünen haben sich vielleicht sanfter ausgedrückt. Van der Bellen sprach vom „unbeschriebenen Blatt“. Dazu muss ich sagen, dass er sich eben entsprechend informieren muss, denn bei einer Politikerin, die 35 Jahre hervorragende, gute Arbeit geleistet hat, von einem unbeschriebenen Blatt zu reden zeugt von einer derartigen


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717. Sitzung / Seite 234

Unkenntnis, dass mir der Herr Klubobmann sehr Leid tut. (Bundesrätin Dr. Lich­tenecker: Dann muss sich die Frau Prokop halt medial besser verkaufen! – Bundesrat Schennach: In sicherheitspolitischer Hinsicht ist sie ein unbeschriebenes Blatt, nur sicherheitspolitisch!) Das ist ja zu entschuldigen, aber das, was von sozialistischer Seite hier an Äußerungen gekommen ist, ist nicht hinzunehmen.

Und Sie sprechen von politischer Kultur?! Schauen Sie einmal, was Sie von sich geben! Die Äußerungen, die oft Herr Professor Konecny von sich gibt – er ist ja wieder einmal nicht hier (Bundesrat Dr. Kühnel: Er isst gerade!) –, drücken eine derartige Hybris aus und sind in ihrer Überheblichkeit derart degoutant, dass ich sagen muss, es ist traurig, was er oft von sich gibt, für mich nicht akzeptabel. Es ist vielleicht gar nicht so schlecht, dass er selten hier ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.17

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zum Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kersch­baum. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


12.17

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich muss dem Kollegen Binna, der jetzt leider momentan nicht da ist, vollinhaltlich Recht geben. Es ist leider so, dass die Belastungen im Transportgewerbe schon sehr oft auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden. Und gerade in diesem Fall ist es eben wieder so, dass der Fahrer dafür zuständig ist, dass er die Karte bekommt, und nicht der, der ihn beschäftigt.

Ein weiteres Problem, das ich sehe: Wenn dieses Gesetz im Mai in Kraft treten soll, dann ist noch einiges sofort zu tun. Wir brauchen diese neuen Kontrollgeräte, es braucht neue Karteien, es braucht neue Einrichtungen, um die Karten auszustellen. Das alles wird Zeit und Geld kosten. Zeit ist offensichtlich nicht mehr sehr viel vor­handen. Wieweit budgetäre Mittel dafür vorgesehen sind, ist mir nicht bekannt. Das Geld im Verkehrsministerium allein wird nicht reichen, es müsste auch in anderen Ministerien Geld dafür lockergemacht werden.

Diese Regelung macht nur Sinn, wenn ihre Einhaltung auch überprüft wird. Es wäre daher sinnvoll, die Kontrolldichte bei den LKWs einmal festzuschreiben, denn wenn man davon ausgehen kann, dass ohnehin keiner kontrolliert, dann wird wahrscheinlich auch diese Gesetzesänderung nicht sehr viel helfen. Das gilt auch für das Telefonieren mit dem Handy.

Das erweiterte Ausmaß der Strafhöhe für das Telefonieren mit dem Handy ohne Freisprecheinrichtung und für das Nichtangurten ist nicht besonders hoch ausgefallen. Das ist auch mit ein Grund, warum wir das Gesetz ablehnen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.19

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zum Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mag. Mainoni. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


12.19

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte auf folgenden Punkt zu sprechen kommen. Es ist immer wieder das Thema Verkehrssicherheit von den Damen und Herren angesprochen worden. Ich darf schon darauf hinweisen, dass gerade auch der vorliegende Gesetz­entwurf zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beiträgt.


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717. Sitzung / Seite 235

Wie bereits angesprochen, ist die Erhöhung der Strafen für Telefonieren am Steuer ohne Benützung einer Freisprechanlage und vor allem für das Nichtanlegen des Gurtes ein wesentlicher Beitrag dazu, denn mit der Erhöhung des Prozentsatzes jener, die den Gurt anlegen, kann man bis zu 30 Tote im Jahr vermeiden.

Unser Masterplan, der für die Jahre 2002 bis 2010 erlassen wurde, sieht als Ziel vor, die Zahl der Unfälle um 20 Prozent zu senken und vor allem die Zahl der im Straßen­verkehr getöteten Personen zu halbieren. Das ist natürlich ein sehr ambitioniertes Ziel, aber wir müssen diesem Ziel natürlich auch Taten folgen lassen.

Dazu zählt einerseits der Mehrphasenführerschein, aber auch die gegenwärtige Dis­kussion um zum Beispiel Fahren mit Licht bei Tag, und genauso soll natürlich auch das vorliegende Gesetz dazu dienen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Meine Damen und Herren! Die Frau Bundesrätin von der günen Fraktion hat gemeint, dass zu wenig Kontrollen des LKW-Verkehrs durchgeführt werden. Wir haben einen Kontrollmasterplan, der im Übrigen eine Umsetzung einer europäischen Norm und Richtlinie darstellt. So konnte die Kontrolldichte in Österreich auf nunmehr mehr als 5 500 LKW-Kontrollen pro Monat erhöht werden. Wir sind hier sehr wohl auch bemüht, nicht nur gesetzliche Grundlagen zu schaffen, sondern eben auch die Kontrollen effizient durchzuführen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bun­desräten der ÖVP.)

12.21

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Zellot. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.21

Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es wurde der Inhalt der Gesetze bereits von allen Fraktionen erläutert, und ich möchte nun noch auf einige Punkte eingehen, was die Kontrollen der LKW betrifft.

Ich kann nur von meinem Bundesland, Kärnten, sagen, dass es alle 14 Tage von den zuständigen Behörden und Medien Meldungen bezüglich der Mängel an LKW und vor allem der nicht richtigen Kennzeichnung von gefährlichem Ladegut und Transportgut gibt. Ich glaube, dass diese Kontrollen sehr wichtig sind. Man sieht ja speziell auch bei den ausländischen Bussen, die in letzter Zeit vor allem im Wiener und nieder­österreichischen Raum waren, dass das kein Zufall ist, sondern dass da wirklich Kontrollen vorgenommen werden.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die wesentliche Punkte dieser Kraftfahrgesetz-Novelle sind für mich Teil eines Sicherheitsgesetzes im Straßenverkehr, weil darin unter anderem eine genauere Kontrolle der Lenker und der Ruhezeiten der Kraftfahrer vorgesehen ist, vor allem der LKW-Fahrer, die ja sehr viele Unfälle verursachen. Mir geht es natürlich auch um die erzieherische Maßnahme im Hinblick auf die Gurten­pflicht und das Telefonieren ohne Freisprechanlage. Die Verkehrsstatistik hat gezeigt, dass schwere Verkehrsunfälle für Fahrer oder Beifahrer, die nicht angegurtet sind, schwere und schwerste Verletzungen bedeuten. Selbstverständlich werden in der Unfallstatistik auch die schwer wiegenden Folgen des Telefonierens ohne Freisprech­anlage deutlich.

Meine geschätzten Damen und Herren! Daher ist es für mich unverständlich, dass Volksvertreter der Grünen und der Sozialdemokratischen Partei diesem Sicherheits­gesetz nicht die Zustimmung erteilen. Das ist bedauerlich! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.23

 



Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 236

Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

38. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasserstraßenverwaltung – Wasserstraßengesetz (669 d.B. und 753 d.B. sowie 7201/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir kommen nun zum 38. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Baier. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


Berichterstatter Mag. Bernhard Baier: Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember betreffend ein Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasser­straßenverwaltung – Wasserstraßengesetz – liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 16. Dezember 2004 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Stadler. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.25

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die zur Diskussion stehende Regierungsvorlage näher ansieht, muss man leider feststellen: Die verfehlte Verkehrspolitik dieser blau-schwarzen Regierung setzt sich wieder fort. Aber das ist eigentlich kein Wunder, wenn man bedenkt, wie viele Minister und Ministerinnen seit dem Jahr 2000 schon im Amt waren und wie viele mit ihrer Verkehrspolitik gescheitert sind.

Spricht diese Regierung von effizienter Verkehrspolitik, bedeutet das Umorganisieren, nicht nachvollziehbare Ausgliederungen und unnötiger Verkauf des Familiensilbers des Bundes. Das hat sicher nichts mit der Verkehrspolitik zu tun, die wir ganz dringend bräuchten, meine geschätzten Damen und Herren.

Wurden in jüngster Vergangenheit bei Post und Bahn nicht nachvollziehbare Refor­men, Ausgliederungen und Schließungen ohne annehmbare Konzepte durch­gepeitscht, so sind nun die Wasserstraßen an der Reihe. Blicken wir kurz zurück: Was haben Sie alles gesagt bezüglich der ÖBB, wie die Neue Bahn in Zukunft aussehen wird und so weiter. Und dann sieht man diese Herren, die jetzt verantwortlich sind: Herr


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 237

Huber, der neue Chef der ÖBB, der die Bahn angeblich auf neue, schnellere Gleise bringen will, hat nichts anderes im Kopf als ein Bauunternehmen, das er innerhalb der ÖBB gründen will. Ist das die Zukunft der Eisenbahn, der ÖBB? Sagt man dann nicht mehr „Bahn wirkt“, sondern „Bahn baut“?

Ich glaube, das ist sicher nicht der richtige Weg. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.) Oder hat das mit Verkehrspolitik etwas zu tun, Herr Baier? – Sicher nicht! Das ist auch sicher nicht im Sinne der jungen ÖVP – da hilft das ganze Kopfschütteln nichts!

Wir sind ein Verkehrsunternehmen und kein Bauunternehmen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Aus welchem Jahrhundert sind Sie, Herr Kollege? – Bundesrat Kraml: Aus einem späteren als Sie! – Heiterkeit.) Ich darf hier am Rednerpult nicht ehrlich sein, Herr Kollege. Ich halte mich zurück.

Das neue Wasserstraßengesetz führt dazu, dass wiederum wertvolles Bundes­vermögen und auch Immobilienvermögen verschoben werden. Es droht also wieder der Abverkauf von Bundesvermögen, indem Schiffe, Grund und Boden einmal mehr an die Privatwirtschaft verkauft werden sollen. Oder gibt es sogar Interessen aus dem Ausland, weil man das zum Verkauf freigeben will? Grund und Boden sind es, meine Damen und Herren, was als Vermögen in die neu gegründete Gesellschaft übergeht und für Spekulationen freigegeben wird, Grund und Boden, welcher momentan sinn­vollerweise oft für kommunale Einrichtungen und auch für Tourismusprojekte genutzt wird. Was geschieht, wenn das ausgegliedert wird und, wie wir es gewohnt sind, nach kurzer Zeit verkauft wird?

Der Inhalt dieser Regierungsvorlage trägt sicher nicht dazu bei, den zu erwartenden stark ansteigenden Güterverkehr entlang der wichtigen Donauachse zu bewältigen. Eine Studie dazu, meine Damen und Herren: Transportierten LKW, Bahn und Schiff zusammen im Jahr 2000 am Donaukorridor noch 54 Millionen Tonnen, so werden es laut einer veröffentlichten Studie im Jahr 2015 rund 94 Millionen Tonnen sein. Der LKW-Verkehr verzeichnet dabei die größten Anteile und Zuwachsraten. Das bedeutet: Bei gleich bleibenden Rahmenbedingungen wird mehr als die Hälfte der Gütermenge auf der Straße geführt.

Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren der Regierungsparteien! Die Zahlen in dieser Studie müssen eigentlich ein Umdenken in Ihrer Chaos-Ver­kehrspolitik bewirken. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.) Ja, Herr Bieringer, so ist das, nicht nur an der Donau, sondern vielleicht auch in Salzburg.

Meine Damen und Herren! Diese schwarz-blaue Regierung betont in ihren Sonntags­reden immer – wahrscheinlich haben Sie das auch schon gemacht, Herr Bieringer, wenn Sie irgendwo eingeladen waren –, dass man weggehen soll von der Güter­beförderung auf der Straße hin zu Bahn und Schiff. Leider ist aber das Gegenteil Realität. Ihre Verkehrspolitik bringt die Güter nicht weg von der Straße, sondern hin zur Straße. Das gilt auch für dieses Wasserstraßengesetz. Es ist traurig, aber wahr. Daher wird unsere Fraktion dem nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.30

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrat Konecny: Jetzt erfahren wir wieder, wie es wirklich ist!)

 


12.31

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Herr Präsi­dent! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Eines der Hauptziele dieser Bun-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
717. Sitzung / Seite 238

desregierung ist es, die Verkehrsprobleme auf Schiene, Straße und auch Wasser­straße zu lösen. Herr Kollege Stadler, Sie sagen, es soll mehr Verkehr auf Schiene und Schiff verlagert werden. Dann muss man konsequenterweise aber auch dem Verkehrs­träger Donau und Wasserstraße wettbewerbsfähige Chancen zubilligen, so wie man das auch beim Straßenbau und beim Ausbau der Schiene macht, Stichwort HL-AG und so weiter. Diese Gerechtigkeit und diese Fairness muss man auch der Wasserstraße zuteil werden lassen. Ich glaube, da sind wir einer Meinung.

Die Donau ist eben ein sehr umweltfreundlicher Verkehrsträger, ähnlich wie die Schiene. Daher sollten wir, glaube ich, alle Kräfte bündeln, um auch dem Verkehrs­träger Donau wettbewerbsfähige Bedingungen angedeihen zu lassen.

Ziel des Wasserstraßengesetzes ist es, die Planung, die Vergabe und die operative Umsetzung von Wasserbauarbeiten auszulagern, weil es – ich glaube, das ist überein­stimmende Meinung – nicht zum Kerngeschäft der Republik gehört, eine Schotter­grube, einen Steinbruch zu betreiben, Schifffahrtsunternehmen zu führen. Wo das hingeführt hat, hat uns ja die Donaudampfschifffahrtgesellschaft bewiesen! Damals hat der Bund Schiffe betrieben – mit bekanntem wirtschaftlichem Ausgang. Das ist alles in die Binsen gegangen, in Konkurs gegangen, musste aufgelöst werden, weil es ein wirtschaftliches Desaster war. Davon, glaube ich, sollten wir Abstand nehmen und die Lehren daraus ziehen.

Heute fahren 180 Kabinenschiffe und weiße Schiffe auf der Donau, und die DDSG hat es nicht zustande gebracht! Deshalb glaube ich, der Staat sollte diese Dinge, die er nachweislich nicht kann, ausgliedern und anderen überlassen, die das besser machen, wie diese 180 Privaten, die jetzt aus ganz Europa – auch Österreich – die Donau befahren.

Es geht um die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, und die Donau hat einen enor­men Zustrom an Umschlag, an Verkehr. Denken Sie, Herr Kollege, an Road-Pricing, an die EU-Erweiterung! Die Donau ist das natürliche Verkehrsband vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer und ist auch wirklich konkurrenzfähig.

Was den Umweltaspekt der Donau angeht: Die Donau substituiert im Jahr 250 000 Lkw-Fahrten. 250 000 Lkw werden von der Straße auf die umweltfreundliche Wasserstraße verlagert (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Man darf die Donau nicht zu tief ausbaggern!), und ich glaube, das ist ein enormer Vorteil für die Umwelt und für die Natur, und deshalb halte ich es für sinnvoll. Ich verlange ja nicht, dass die Brixener Ache ausgebaut wird für die Schifffahrt (Bundesrat Schennach: Sehr gut!), um zum Herr Kollegen Ager fahren zu können. (Bundesrat Schennach: Aber das Ausbaggern der Donau bitte mit Maß und Ziel! Das ist ein ökologischer Haushalt!) Das wäre ökologischer Unfug, da gebe ich euch Recht. Da gebe ich euch völlig Recht. So weit darf es nicht kommen! (Bundesrat Schennach: Da sind wir einer Meinung!)

Aber die Donau braucht Fairness, die Donau braucht Wettbewerbsfähigkeit (Bundes­rätin Dr. Lichtenecker: Und ökologischen Schutz!) und ökologischen Schutz, selbst­verständlich! Eines darf nicht auf Kosten des anderen gehen. (Bundesrat Konecny: Aber das steht da nicht drinnen!) Deshalb bedanke ich mich nicht nur beim zustän­digen Bundesminister, sondern auch beim Chef der obersten Schifffahrtsbehörde, Herrn Dipl.-Ing. Reinhard Vorderwinkler, der dieses Gesetz maßgeblich mitgestaltet hat. Ich halte es für einen Quantensprung (Bundesrat Konecny: Nicht schon wieder!) in der Entwicklung der Donauwasserstraße in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.35

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. Frau Bundesrätin, wie Sie wissen, wurde eine Blockredezeit vereinbart.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 239

Ich informiere Sie darüber, dass das Zeitguthaben Ihrer Fraktion abgelaufen ist. (Bun­desrätin Dr. Lichtenecker: Wir kriegen sicher von den anderen Fraktionen eine! – Ruf bei der SPÖ: Minderheitenrecht! – Weitere Zwischenrufe.)

 


12.35

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Eine Minute – ich bin ganz schnell!

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Lieber Herr Bundesrat Kneifel! Du hast es schon gesagt: Es dürfen die ökologischen und die ökonomischen Gesichts­punkte nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Flüsse sind eben nicht nur Wasserstraßen, sondern sie sind auch Ökosysteme, und der Umweltauftrag wurde aus diesem Gesetz leider herausgenommen. Es steht zwar im Gesetz, dass die inter­nationalen Verträge bezüglich Transeuropäische Netze erfüllt werden sollen, von der Erfüllung der Wasserrahmenrichtlinie steht aber nichts mehr drinnen.

Dieses Gesetz führt zu ökologischen Verschlechterungen und auch zu Mehrkosten. Im Ausschuss ist uns gesagt worden, vom ersten bis zum dritten Jahr wird es auf jeden Fall Mehrkosten geben. Meines Wissens sind auch schon zwei neue Geschäfts­führerposten ausgeschrieben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Ausgliederung insgesamt zu Mehrkosten führen wird, und ökologische Verschlechterungen und Mehrkosten sind für mich Grund genug, das Gesetz abzulehnen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.37

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Zellot. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.37

Bundesrat Roland Zellot (Freiheitliche, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn man das mit den ÖBB vergleicht, Herr Kollege Stadler: Ich verstehe, dass Sie sich als Fan der ÖBB – ich bin auch einer – über die Probleme, die Sie hier aufgezeigt haben, natürlich aufregen.

Ich möchte vielleicht in diesem Zusammenhang etwas Positives sagen. Meine ge­schätzten Damen und Herren! Am Bahnhof Villach gibt es eine große Werkstätte. Diese Werkstätte wurde auch ausgegliedert, und diese Werkstätte hat das Know-how, europaweit solche Werkstätten – eigentlich für die ÖBB, für die Wartung der Waggons, der Loks – zu errichten. Diese ÖBB-Werkstätte hat bei einer Jubiläumsfeier zu meinem Erstaunen mitgeteilt – und ich habe mich wirklich gefreut darüber, denn diese Werk­stätte hat das Know-how, die gesamte Innenausstattung der Waggons, vielleicht schon europaweit, zu machen, die Gepäckseinrichtungen und so weiter –, dass sie sogar die Bestuhlung und die Polsterung von Flugzeugen macht.

Man sieht also, was man mit Ausgliederung an Wettbewerbsfähigkeit zustande bringt. Ich bin stolz auf diesen ÖBB-Standort Villach, der durch Ausgliederung so viel Posi­tives zustande gebracht hat. (Allgemeiner Beifall.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Das Gleiche gilt auch für die Wasserstraßen. Ich sage einmal ganz frech, dass die Ausgliederung, die ja von meinem Vorredner genau erklärt wurde, eine zweite erfolgreiche ASFINAG wird, die dann, wie es der Vorredner gesagt hat, auf Grund von Erfahrung, auf Grund von Wettbewerbsfähigkeit diese Wasserstraßen bauen und pflegen wird, auch europaweit, soweit die Donau eben reicht. Ich glaube, das vorliegende Gesetz ist sehr positiv.

Und, Frau Kerschbaumer, ... (Bundesrätin Kerschbaum: Ohne „er“, bitte!) Bitte um Entschuldigung! – Es steht ja im Gesetz drinnen, dass beim Ausbau und bei der Pflege


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 240

dieser Wasserstraße alle umweltrelevanten Maßnahmen gesetzt werden müssen, wie zum Beispiel die Ufergestaltung, damit hier kein Raubbau betrieben wird. Das ist ja alles mit eingebunden, und grundsätzlich hat ja das Ministerium hier immer noch die Kontrollfunktion inne, damit das auch funktioniert.

Ich finde dieses Gesetz eigentlich positiv. Es wird die Wasserstraße dadurch wahr­scheinlich einen gewissen Wert bekommen – einen genauso großen Wert wie Umwelt­schutzmaßnahmen. In Kärnten wird schon die zweite Schiene der Tauernbahn gebaut. Ich glaube, das sind alles positive Aspekte, wo wir uns zu diesen ÖBB bekennen. Damit, dass diese Tauern-Strecke endlich ausgebaut wird, ist ein schon lange beste­hender Wunsch in Erfüllung gegangen. Dann brauchen wir nicht so viele Lärmschutz­wände im Liesertal, weil mehr mit dem Zug gefahren wird. (Beifall und Bravoruf bei den Freiheitlichen sowie Beifall bei der ÖVP.)

12.40

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Zum Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mag. Mai­noni. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


12.40

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich möchte zu dieser Diskussion nur noch zwei kurze Informationen geben, die hoffentlich aufklärend wirken.

Die erste Information: Die Wasserrahmenrichtlinie ist umgesetzt im Wasser­rechts­gesetz und nicht in dieser Rechtsmaterie. Also sie ist sehr wohl umgesetzt, aber nicht in dieser Rechtsmaterie.

Und zum Zweiten, zum Vorwurf, dass da wiederum ein Ausverkauf des Familiensilbers stattfinden werde, darf ich anmerken: Grund und Boden gehen in die Gesellschaft, und die Gesellschaft steht zu 100 Prozent im Bundeseigentum. – Also es findet da sicherlich kein Ausverkauf des Familiensilbers statt.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich darf aber die Gelegenheit nützen – da das der letzte Tagesordnungspunkt ist, der mich betrifft –, um Ihnen ein frohes Weih­nachtsfest und vor allem ein glückliches und gesundes neues Jahr zu wünschen. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Grünen.)

12.41

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

39. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend Seeverkehrs­ab­kommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 241

einerseits und der Regierung der Volksrepublik China andererseits (611 d.B. und 754 d.B. sowie 7202/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir kommen nun zu Punkt 39 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lindinger. Ich bitte um den Bericht, Herr Bundesrat.

 


Berichterstatter Ewald Lindinger: Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Ver­kehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. De­zember 2004 betreffend Seeverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemein­schaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Regierung der Volksrepublik China andererseits.

Der Bericht liegt Ihnen vor. Ich komme nun zum Antrag:


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 242

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für den Bericht.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

40. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend Urkunde zur Än­derung des Übereinkommens zur Gründung des Europäischen Büros für Funk­angelegenheiten (ERO) samt Anlage (610 d.B. und 756 d.B. sowie 7203/BR d.B.)

41. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003 geändert wird (480/A und 755 d.B. sowie 7204/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nun zu den Punkten 40 und 41 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Lindinger. Ich bitte Sie um beide Berichte.

 


Berichterstatter Ewald Lindinger: Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. De­zember 2004 betreffend Urkunde zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlage.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme zum Antrag:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich erstatte nun den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2004 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor. Der Antrag lautet wie folgt:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Ich danke für beide Berichte. – Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. De­zember 2004 betreffend Urkunde zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten samt Anlage.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 10. De­zember 2004 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikations­ge­setz 2003 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist ebenfalls angenommen.

42. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weitere Entwicklung der Ukraine zu einem demokratischen Rechtsstaat (142/A (E)-BR/2004 und 7205/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Wir gelangen nun zu Punkt 42 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Höfinger. Ich bitte um den Bericht.

 


Berichterstatter Johann Höfinger: Geschätzte Frau Präsidentin! Herr sich verab­schiedender Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Entschließungs­antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weitere Entwicklung der Ukraine zu einem demokratischen Rechtsstaat. (Präsidentin Haselbach übernimmt wieder den Vorsitz.)


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 243

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Bericht sowie die Entschließung liegen Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich darf daher zum Antrag kommen:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 16. Dezember 2004 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der Bundesrat wolle die beigedruckte Entschließung annehmen.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für Ihren Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bieringer. – Bitte.

 


12.47

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist es traurig, dass man im 21. Jahrhundert eine Entschließung für eine Demokra­tisierung in einem Land fassen muss. Eigentlich hätten wir davon ausgehen können, dass die Demokratie in allen Ländern dieser Welt eintritt und vor allem dass Wahlen nicht „getürkt“, gezinkt oder sonst irgendwelche Manipulationen vorgenommen wer­den. – Leider ist das nicht so.

Die Wahlen am 21. November in der Ukraine wurden von der Regierung oder von den Regierungsparteien dermaßen verfälscht, dass ein ganz anderes Bild herausgekom­men ist. – Das hat die Fraktionsvorsitzenden des Bundesrates veranlasst, eine gemeinsame Entschließung einzubringen, in der wir die österreichische Bundes­regie­rung ersuchen, dass sie mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union alles daransetzen möge, damit in der Ukraine demokratische Wahlen durchgeführt werden und dass vor allem das, was bei diesen Wahlen herauskommt, auch anerkannt wird. Und gleichzeitig ersuchen wir die Frau Präsidentin, dies auch dem Parlament der Ukraine mitzuteilen.

In einem Land, meine Damen und Herren, wo ein unangenehmer Oppositionsführer mit einem Giftanschlag bedroht wird, in einem Land, wo Wahlen manipuliert werden, ist es hoch an der Zeit, dass man zu demokratischen Mitteln kommt, und wir haben alles daranzusetzen, dass dies auch unterstützt wird.

Lassen Sie mich auch eine Anmerkung zum ukrainischen Volk machen: Es ist bewun­dernswert, wie die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine von dem Recht Gebrauch machen zu demonstrieren und wie sie glauben, mit demokratischen Mitteln eine Wen­de herbeizuführen. Das kann man nicht hoch genug ansetzen, das kann man nicht hoch genug würdigen, und daher haben wir alles daranzusetzen und alles zu tun, dass diesem demokratischen Prozess zum Durchbruch verholfen wird. Und ich bin froh darüber, dass auch ein Vertreter des Bundesrates, nämlich Kollege Weilharter, als Wahlbeobachter am 26. Dezember – das muss man sich geben! – Weihnachten in der Ukraine verbringt. – Wir wünschen dir dort alles Gute! (Allgemeiner Beifall.) Wir wünschen dir alles Gute und hoffen sehr, dass du auch wieder gut und unbehelligt nach Hause kommst.

Da dies heute meine letzte Wortmeldung ist, darf ich mich von dieser Stelle aus im Namen meiner Fraktion bei dir, sehr geschätzte Frau Präsidentin, sehr herzlich bedan­ken für deine Vorsitzführung im abgelaufenen Halbjahr. Ich bedanke mich auch für die hervorragende Zusammenarbeit in der Präsidiale. Es ist wunderbar, unter deinen Fittichen zu dienen! (Allgemeiner Beifall und Heiterkeit.)

Ich hoffe sehr, dass wir das noch einmal auskosten können, denn dann gehst du in die Geschichte des Bundesrates ein als jene Präsidentin, die am öftesten, nämlich fünf Mal, zur Vorsitzführung bestellt wurde.


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 244

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, meine Damen und Herren, ein gesegnetes, friedvolles Weihnachtsfest, einen guten Rutsch und vor allem beste Gesundheit im Jahr 2005! (Allgemeiner Beifall.)

12.52

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


12.52

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst mit einem Dank an die drei anderen Fraktions­vorsitzenden beginnen, dass die Anregung, dieses wichtige politische Thema auf die Tagesordnung zu bringen, so gemeinsam aufgegriffen wurde. Ich glaube, es ist ein guter Weg, wenn wir uns gelegentlich – und nicht nur am Ende eines Jahres – mit Problemen beschäftigen, die über unsere tagespolitischen Auseinandersetzungen hinausgehen, und die Möglichkeiten unserer Geschäftsordnung, sie auf die Tages­ordnung zu bringen, auch entsprechend nützen.

Tatsächlich ist Europa in den letzten Wochen Zeuge eines eindrucksvollen Prozesses geworden: Ein Volk, oder ein großer Teil eines Volkes, hat sich mit konsequent friedlichen Mitteln dagegen verwahrt, dass sein Votum an der Wahlurne von den Machthabern ins Gegenteil verfälscht werden sollte. Ich glaube, das ist ein klares Zeichen, ein eindrucksvolles Zeichen von Zivilcourage, von bürgerlichem Bewusstsein nach all den durchaus deprimierenden Erfahrungen, die die Menschen in diesem Land seit Jahrzehnten gemacht haben müssen. Und sie haben eben das als die Chance gesehen, endlich einmal ihre wirkliche Stimme zum Ausdruck zu bringen.

Wir wissen heute, wie knapp die Ukraine in diesen kritischen Wochen an einer Katastrophe vorbeigeschrammt ist, dass es keineswegs so war, dass die Machthaber bereit waren, diesen Sieg der Opposition, diesen Sieg des Volkes einfach zuzu­gestehen, und nicht daran gedacht haben, die Machtmittel, die ihnen zur Verfügung standen, zu nützen.

Ich glaube, es ist in dieser Stunde auch anzuerkennen, wie sehr die europäische demokratische Öffentlichkeit mit ihrer klaren Ablehnung des Einsatzes von staatlichen Machtmitteln gegen die Demonstranten und mit ihrer klaren Unterstützung für diese friedlichen Demonstrationen dazu beigetragen hat, dass die Katastrophe verhindert wurde, und auch jene vielen, die sich bemüht haben zu vermitteln – nicht in dem Sinn, dass vermittelt wurde zwischen Wahlbetrug und Fairness, aber indem versucht wurde, einen Weg zu finden, der nicht zum bewaffneten Zusammenstoß führte: der polnische Präsident, viele, viele internationale Staatsmänner in unterschiedlicher Form, in Kiev selbst, in langen Telefongesprächen, von denen ich weiß, dass sie mit einzelnen Ver­tretern geführt wurden, in der Provinz. Es ist mir ein Bedürfnis, in diesem Zusam­menhang auch die Rolle des Präsidenten der Österreichisch-Ukrainischen Gesell­schaft, des ehemaligen Ministers Rudolf Edlinger, anzuführen, der viel dazu beitragen hat, dass in den westlichen Teilen der Ukraine Demonstrationen in einem dem friedlichen Charakter angemessenen Umfang blieben, und der dort auch entscheidend dazu beigetragen hat, Teile des Machtapparates in friedlicher Richtung zu beein­flussen.

Kollege Bieringer hat darauf hingewiesen – und das ist besonders zu unterstreichen –, dass es wirklich unfassbar ist, dass es am Beginn des 21. Jahrhunderts politische Akteure gibt, die den glatten Mord eines Konkurrenten als ein offenbar taugliches Mittel der politischen Auseinandersetzung empfinden. Ich glaube, es ist auch angemessen, an dieser Stelle jenen österreichischen Ärzten Dank zu sagen, die das Leben des


Bundesrat
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Oppositionskandidaten gerettet und dann dazu beigetragen haben, dass dieses unge­heuerliche Komplott enthüllt werden konnte. (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe bewusst keine der Namen der Akteure in den Mund genommen. Es ist nicht unsere Aufgabe, uns den Sieg des einen oder anderen Kandidaten in dieser Stichwahl zu wünschen – ich unterstreiche das und betone das ganz ausdrücklich –, es ist das ukrainische Volk, das frei und unbeeinflusst aus diesen beiden verbliebenen Kan­didaten auswählen muss. Ich habe meine persönlichen Präferenzen – ich teile diese vermutlich mit nahezu allen in diesem Haus –, aber das ist nicht wesentlich. Wesentlich ist die freie politische Entscheidung, wesentlich ist, dass demokratisch abgestimmt werden kann und dass dieser Wille auch gezählt wird.

Auch ich möchte mich dem Dank an Kollegen Weilharter und an die vielen anderen Wahlbeobachter sehr, sehr herzlich anschließen. Wir werden alle beim Weihnachten-Feiern ein bisschen an dich denken! (Allgemeiner Beifall. – Bundesrat Bieringer: ... Glaserl ...!) – Ja, in diesem Fall können wir das tun, denn er wird auch eines bekommen. Das ist in der Ukraine irgendwie gewährleistet – anders als bei anderen Reisedestinationen. Die Mitglieder der Jemen-Delegation haben jetzt gequält mitgelacht.

Ich möchte dem Vorbild des Kollegen Bieringer ausnahmsweise einmal folgen (Heiter­keit) und die Gelegenheit dieses Redebeitrages dazu benützen, mich bei der Frau Präsidentin und den anderen Mitgliedern des Präsidiums sehr herzlich zu bedanken und allen Mitgliedern des Hauses, unbeschadet ihrer Fraktion und vor allem unbe­schadet allfälliger Meinungsdifferenzen – „allfälliger“ ist ein Blödsinn; nachgewiesener Meinungsdifferenzen! (Heiterkeit) –, sehr herzlich alles Gute zu den Feiertagen und für das neue Jahr zu wünschen. Und um nicht allzu weit vom Thema abzuweichen, würde ich sagen: Wir wünschen dem ukrainischen Volk dasselbe, was wir uns im neuen Jahr wünschen: wirtschaftlichen Aufschwung, politische Stabilität, Demokratie und indivi­duellen Erfolg – wie immer man diesen jeweils für sich definiert. – In diesem Sinne danke ich Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

12.59

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

 


13.00

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Wenn die beiden großen Parteien ÖVP und SPÖ ihre Redezeiten ausnützen wollten, müssten wir wahrscheinlich noch zwei Stunden länger hier sitzen! Das tun Sie aber Ihnen und uns insgesamt nicht an, daher: Auch ich werde mich jetzt kurz fassen und gleich zum Thema kommen.

Ich danke nicht nur dem Kollegen Weilharter, dass er die Weihnachtstage in der Ukraine verbringt, sondern auch SPÖ-Nationalratsabgeordnetem Gaßner, der ebenso dabei ist. Auch ihm gebührt – in seiner Abwesenheit – unserer freundlicher Applaus, und wir wünschen ihm viel Erfolg und auch gute Wiederkehr! (Allgemeiner Beifall.)

Das Thema Ukraine ist für uns ein historisch sehr belastetes Thema. In der Ukraine gehörte – zumindest in den letzten 50 Jahren – der politische Mord irgendwie zur politischen „Ausdrucksfähigkeit“, verbal wahrscheinlich nicht sehr ausgeprägt, aber dafür eben von der Form her. Einer der letzten bekannten ermordeten ukrainischen Politiker ist Bandera, der, glaube ich, bei „Radio Free Europe“ in München arbeitete, nachdem er während und nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl gegen die deutsche Besetzung, sowohl gegen die sowjetische Besetzung und gegen beide zugleich einen fast heldenhaften Partisanenkampf führte und eher „zufällig“ lebend in den Westen


Bundesrat
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717. Sitzung / Seite 246

gelangte. – Bei all diesen Kämpfen kamen auch sehr viele ungenannte Helden ums Leben.

Es ist nicht ganz einfach, die Ukraine als einfachen Staat zu begreifen, ist doch die Ukraine ein Staat mit vielen Traditionen: Sie ist auf der einen Seite russisch geprägt, ein klein wenig auch preußisch geprägt, und wir Österreicher bilden uns ein und freuen uns sehr, dass ein Teil der Ukraine österreichisch geprägt ist – ich nenne da Lemberg oder Cernowitz, um zwei bedeutende Städte anzuführen; ebenso anzuführen wären aber sicherlich auch noch Iwano-Frankiwsk und so weiter.

Ein großer Teil der Ukraine ist aber auch osmanisch geprägt. Wir können daher nicht erwarten, dass dieser Staat so schnell und einfach beispielsweise österreichische Formen der Demokratie annimmt.

Wer wissen nicht, wer im Falle Juschtschenko die Täter sind, ob diese sozusagen regierungsautorisiert oder beauftragt gehandelt haben – oder ob das ein fehlgeleiteter „Idealist“ war. Wir wissen nur, dass das mit unserem Verständnis von politischem Handeln auf keinen Fall zusammenpasst!

Bei der Ukraine geht es also um einen vielschichtigen Staat – und nun zum, wie hier geschrieben wird, ukrainischen Volk: Das ist etwas, was mir etwas schwieriger über die Lippen kommt, denn eigentlich sind das die ukrainischen Völker. In der Ukraine wird eben nicht nur ukrainisch gesprochen: Es wird russisch gesprochen, ebenso viele andere Sprachen – um nicht zu sagen „Dialekte“; das wäre wahrscheinlich ungerecht.

Es ist für uns im Westen daher nicht einfach – wir in Österreich gehören dem Westen des europäischen Kontinents an –, zu begreifen, was sich in der Ukraine abspielt. Ich hatte vor wenigen Tagen das Glück, bei einem Mittagessen mit dem russischen Bot­schafter zu speisen, und natürlich kam dabei auch die Rede auf das Thema Ukraine. Das lässt sich gar nicht vermeiden, und der russische Botschafter hat dieses Thema auch gar nicht von sich aus vermieden. Botschafter Osadchiy hat in seiner Rede Folgendes festgestellt – diese fand ich irgendwie beeindruckend; wir müssen natürlich unsere Position wahrnehmen; der russische Botschafter aber hat seine Position wahrgenommen, die ich jetzt mit meinen eigenen Worten wiedergebe –: Das, was der Westen sagt und die Ukraine macht, ist nach Ansicht des Westens demokratisch; wenn Russland jedoch etwas sagt, wird das als „undemokratisch“ hingestellt.

Diese Ausführungen von Botschafter Osadchiy haben mich ein bisschen nachdenklich gestimmt, denn es ist vielleicht eine Arroganz unserer westlichen politischen Kultur, eine andere politische Kultur und Ausdrucksfähigkeit – damit meine ich jetzt sicherlich nicht den Mordversuch an Oppositionsführer Juschtschenko – nicht verstehen zu wollen.

Ich bitte daher, diese Worte von mir als solche zu verstehen – und möchte ausdrück­lich betonen: Ich bin vollkommen für diesen Entschließungsantrag, gebe jedoch auch zu bedenken: Es handelt sich erstens in der Ukraine um verschiedene Völker, zweitens handelt es sich um unterschiedliche historische Bindungen, drittens um unterschied­liche kulturelle Prägungen – und daraus resultieren, viertens, unterschiedliche politi­sche Traditionen. Ich rechne aber in „unterschiedliche politische Traditionen“ keines­wegs den politischen Mord ein, denn einen solchen gibt es auch in anderen Ländern, so zum Beispiel soll so etwas auch schon in den vergangenen 50 Jahren in Nord­amerika vorgekommen sein.

Den Wahlbeobachtern wünsche ich gutes Gelingen! Wie immer die Wahl in der Ukraine ausgehen wird – und durch die Beobachtung als demokratisch legitimiert


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717. Sitzung / Seite 247

bezeichnet wird, –, nehme ich das als Demokrat zur Kenntnis, egal, welcher Kandidat dann auch immer obsiegen möge. (Allgemeiner Beifall.)

13.06

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte.

 


13.06

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! In der so genannten Nachspielzeit (Ruf: Sie haben keine Redezeit mehr!) – ich betone, Herr Kollege: in der „Nachspielzeit“ – möchte ich mich herzlich dafür bedanken, dass der Antrag betreffend Ukraine einstimmig beschlossen werden wird, wobei, lieber Kollege Gudenus, in diesem Antrag vom ukrainischen Staatsvolk ausgegangen wird; ein solches inkludiert eben verschiedene Ethnien und Völker. Es gibt auch das öster­reichische Staatsvolk, und wir haben ja auch unterschiedliche Ethnien.

Seit ich hier in den Bundesrat gekommen bin, begleitet mich die Ukraine auf ganz besondere Weise. War früher mein Leben sozusagen afrika-, asien- oder latein­amerikageprägt, wurde ich relativ rasch, nachdem ich in den Bundesrat entsandt wurde, in eine Vermittlerrolle zwischen Deutschland und der Ukraine berufen, und zwar im Zusammenhang mit Kulturgüter-Rückführung, wobei es da um all jenes geht, was 1945 von Berlin beziehungsweise aus dem Gebiet Schlesien durch sowjetische Trup­pen in das Gebiet der Sowjetunion gebracht wurde. Davon wiederum wurde sehr vieles dann durch Nikita Chruschtschow nach Kiew gebracht.

Die Verhandlungen betreffend Kulturgüter-Rückführung haben 2001 begonnen. Übri­gens: Mein Bundesrats-Dienstpass ist voll gespickt mit ukrainischen Visa; durch diese zahlreichen Besuche konnte ich aber sehr viel von diesem Land kennen lernen. Auch ich war Wahlbeobachter in der Ukraine; das war eine große Erfahrung für mich.

Die Ukraine ist ja ein ganz bedeutender Staat für Europa – und die Entwicklung dort ist auch für Europa von elementarer Wichtigkeit. Auf die Kraft Hunderttausender Men­schen in der Ukraine – und das in größter Kälte! –, ihr Recht auf friedliche Weise einzufordern, sei hingewiesen. Die Besonnenheit und das Krisenmanagement Euro­pas, aber auch das Russlands und innerhalb der Ukraine kann gar nicht hoch genug bewertet werden – noch dazu, wenn wir wissen, dass im Bereich der Sicherheit, in der Bekämpfung der Geldwäsche, der Waffenschieberei und so weiter, die Ukraine unglaublich hohen Nachholbedarf hat und diesbezüglich sicherlich eines der Länder mit dem niedrigsten Standard ist.

Wer immer diese Wahl gewinnt – ich nehme an, der Wahlgewinner steht schon ziemlich fest –: Es wird eine große Kunst sein, das Riesenland Ukraine nicht zerfallen zu lassen, eine Sezession zu verhindern, denn jede Form von Sezession innerhalb großer Staaten hat sehr, sehr oft kriegerische und blutige Auseinandersetzungen zu Folge. In diesem Zusammenhang ist sicherlich der Osten der Ukraine und die Krim zu nennen; aber wir werden ja sehen.

Das Krisenmanagement Europas, das, und zwar mit Russland, diesbezüglich in den vergangenen Wochen Platz gegriffen hat, lässt mich jedoch hoffen, dass dieses in der Ukraine funktionieren wird.

In diesem Sinne ist das also, wie ich meine, ein wichtiges Zeichen. Wir sollten bei all dem aber – wie ja auch Herr Vizepräsident Weiss in der Präsidiale betont hat – Weiß­russland nicht vergessen.

Zum Abschluss möchte ich mich im Namen der grünen Fraktion ganz, ganz herzlich bei der Frau Präsidentin für ihre Vorsitzführung, für ihre Präsidentschaft in diesem halben Jahr bedanken. Es war eine wunderbare Form der Zusammenarbeit. Als Wie-


Bundesrat
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ner Bundesrat bedanke ich mich ganz speziell bei der von Wien entsandten Präsi­dentin.

Auch bei Ihnen, meine Damen und Herren, darf ich mich namens unserer Fraktion für dieses Jahr der Zusammenarbeit bedanken, auch wenn wir nicht immer der gleichen Meinung waren. Das gilt gerade für einen Tag wie heute, von dem Frau Kollegin Lichtenecker gemeint hat, es ist ein besonders trauriger Tag, wenn wir an die ÖH denken. Trotz all dieser politischen Auseinandersetzungen ist hier eine sehr hohe Dialogfähigkeit gegeben, und ich glaube, das zählt in der Politik.

Ich wünsche Ihnen – das brauchen wir alle in der Politik –, dass Sie Ihre Batterien aufladen, das heißt, ich wünsche Ihnen Gesundheit, gute Erholung und auch ein bisschen Auszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr. (Allgemeiner Beifall.)

13.11

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Daher ist die Debatte geschlossen.

Von der Berichterstattung wird, nehme ich an, kein Schlusswort gewünscht.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Ent­schließungsantrag mit der Zahl 142/A (E)-BR/2004 der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weitere Entwicklung der Ukraine zu einem demokratischen Rechtsstaat ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit.

Der gegenständliche Entschließungsantrag 142/A (E)-BR/2004 der Bundesräte Bierin­ger, Konecny, Böhm, Schennach, Kolleginnen und Kollegen ist somit angenommen. (E 191-BR/2004.)

43. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 1. Halbjahr 2005

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 43. Punkt der Tagesordnung.

Da mit 1. Jänner 2005 der Vorsitz im Bundesrat auf das Bundesland Burgenland übergeht und gemäß Artikel 36 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der an erster Stelle entsendete Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Mag. Georg Pehm, zum Vorsitz berufen ist, sind die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vor­nehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt hiezu ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Jürgen Weiss lautet.


Bundesrat
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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Danke. Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahl­vorschlag ist somit angenommen.

Ich darf Sie, verehrter Herr Kollege, fragen, ob Sie die Wahl annehmen.

 


Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten Vizepräsidenten des Bundesrates.

Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach lautet. (Bundesrat Schennach: Sie dürfen sitzen bleiben, Frau Präsidentin! – Heiter­keit.)

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahl­vorschlag ist angenommen.

Ich darf von dieser Stelle aus sagen, dass ich die Wahl gerne annehme, Ihnen ganz, ganz herzlich für das Vertrauen danke und hoffe, dass ich das Vertrauen auch in Zu­kunft nicht enttäuschen werde. (Allgemeiner Beifall.)

Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Sissy Roth-Halvax, Johanna Auer, Josef Saller und Mag. Susanne Neuwirth für das erste Halbjahr 2005 zu SchriftführerInnen des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Ich sehe keinen Einwand.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage nun die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen. – Kollegin Roth-Halvax, bitte.

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl gerne an, wiewohl man schweigen muss. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich frage nun Frau Bundesrätin Auer.

 


Bundesrätin Johanna Auer: Ich bedanke mich für die Zustimmung und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Kollege Saller, bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesrätin Neuwirth, bitte.

 


Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Ich danke für das Vertrauen und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals.

Was die Frage betrifft, dass man schweigen muss: Also hie und da tauschen wir natürlich schon auch Meinungen hier heroben aus. (Allgemeine Heiterkeit.) Wir hand-


Bundesrat
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haben es relativ locker. (Bundesrat Schennach: Sie will ja nur zwischenrufen!) Ich glaube, es ist noch niemand, der das Wort ergreifen wollte, daran gehindert worden, zum Rednerpult zu gehen, weil wir bei vier Schriftführern natürlich auch die Möglichkeit haben, uns das ein bisschen auszumachen, wie sich das abspielt. Aber es stimmt natürlich, dass man in dem Moment, da man hier heroben sitzt, die Zunge manchmal hüten muss. Ich hoffe, es gelingt auch immer.

*****

Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordner.

Es liegt der Vorschlag vor, die Mitglieder des Bundesrates Dr. Franz Eduard Kühnel, Karl Boden, Engelbert Weilharter und Elisabeth Kerschbaum für das erste Halbjahr 2005 zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor. – Kein Einwand.

Daher bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Danke. Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich darf die Gewählten fragen, ob sie die Wahl annehmen. – Herr Dr. Kühnel?

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Boden?

 


Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Ich nehme auch die Wahl an und danke ebenfalls für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Kollege Weilharter?

 


Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Ich danke für die Zustimmung und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Kollegin Kerschbaum?

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke vielmals.

Schlussansprache der Präsidentin

 


13.09

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nachdem heute schon sehr viel gedankt wurde, darf auch ich danken, und zwar vor allen Dingen für die Zusammenarbeit, die hier geherrscht hat. Im Großen und Ganzen waren unsere Verhandlungen doch ruhig, vielleicht haben sogar manche gesagt, etwas zu ruhig, aber es war auf jeden Fall in einem Klima des gegenseitigen Respekts.

Manchmal – heute haben wir es ja auch erlebt – war es natürlich ein bisschen emotioneller. Aber auch das ist notwendig, denn wir alle haben unsere politischen Vorstellungen, Ziele, die wir erreichen wollen. Oft wollen wir das gleiche Ziel erreichen, nur unsere Wege sind unterschiedlich. Doch die Art, wie wir damit umgehen, ist, glaube ich, hier im Bundesrat schon eine Art, die nachahmenswert ist. Ich würde mir wünschen, dass Schulklassen öfter hier herinnen wären und uns zuhörten und nicht


Bundesrat
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irgendwo hoch oben am Juchhe im Nationalrat, wo sie wahrscheinlich nur Teile der Verhandlungen wirklich mitbekommen.

Ich würde mir auch wünschen, dass wir in den Medien, sprich – ganz speziell – in der Sendung „Hohes Haus“, öfter vorkämen, denn die Kamera ist – mit Ausnahme dieser gestrigen und heutigen Sitzung – ja eigentlich fast immer den ganzen Tag da, nur fallen wir dann irgendwie einer großen Schere zum Opfer. Also ich hoffe, dass sich das irgendwann einmal ändern wird.

Wir haben uns nicht nur mit nationalen Fragen beschäftigt. Gerade der heutige Tag und die vorangegangene Debatte waren ein Zeichen dafür, wie sehr wir uns auch Gedanken machen, was auf der Welt geschieht. Wir sind verstärkt eingebunden in Aktivitäten auf europäischer Ebene. Es finden in zunehmendem Maße Ausschuss­sitzungen des Europäischen Parlaments gemeinsam mit Vertretern der nationalen Par­la­mentsausschüsse statt.

Der Bundesrat nimmt, soweit es von den Terminen her irgendwie möglich ist, natürlich auch an diesen Sitzungen teil, und ich möchte mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die an diesen Sitzungen teilnehmen, wirklich ganz herzlich für ihre Arbeit bedanken, denn man muss dabei Folgendes bedenken: Wenn man da draußen ist bei so einer Ausschusssitzung, dann ist man allein; da gibt es niemanden, der zuarbeitet, der Handreichungen macht, der sich darum kümmert, ob man das Flugzeug zurück noch erreicht oder wie sich das alles abspielen wird. Das ist nicht gar so einfach, daher, wie gesagt, wirklich mein Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die auch diese Aufgaben wahrnehmen.

Wir sind am Ende eines Jahres, von dem es geheißen hat, der Konvent werde darin seine Arbeit abschließen. Ich habe vor einem halben Jahr Überlegungen angestellt, was denn da eigentlich für den Bundesrat herauskommen könnte, was wir uns wün­schen. Na ja, es ist halt so beim Christkind, man kriegt nicht alles, was man sich wünscht. Die Meinungen, wie das Ganze jetzt abzuschließen ist, gehen auch noch etwas auseinander.

Ich kann jetzt nur einen persönlichen Wunsch aussprechen: Ich würde mir durchaus wünschen, dass wir mit einer wertfreien Auflistung aller Vorschläge, die im Konvent zusammengetragen wurden, konfrontiert werden, denn letztendlich ist es der Verfas­sungsgeber, der darüber zu entscheiden hat, wie Österreichs Verfasstheit in Zukunft aussehen soll. Und da wäre es natürlich – ich würde sagen – eigentlich klar, dass der Bundesrat von Anfang an und gleichwertig in dieses Gesamtwerk Verfassung der Republik Österreich, das – daran besteht für mich überhaupt kein Zweifel – zustande kommen wird, miteinbezogen wird. Es wird im Konsenswege zustande kommen, so wie man es in Österreich gewohnt ist. Aber ich glaube, auf die Mitwirkung des Bun­desrates in diesem Zusammenhang darf nicht verzichtet werden.

Das bringt mich noch zu einer kleinen Bitte an Sie: dass wir auch in unseren so genannten großen Klubs, denen wir ja alle angehören, dazu beitragen, dass der Bun­desrat in seiner Gesamtheit als gesetzgebendes Organ dieser Republik anerkannt wird, dass der Stellenwert des Bundesrates akzeptiert wird.

Wir haben jetzt zwei Tage hinter uns, die mit einer Tagesordnung abgelaufen sind, wie wir sie uns ursprünglich gegeben haben. Aber es hat auch ein Ansinnen gegeben, das vom Nationalrat gekommen ist: wir sollten da unterbrechen und warten, bis der Nationalrat mit seinen Sachen fertig ist. Das habe ich schlicht und einfach für falsch gehalten. Wenn der Bundesrat seine Verhandlungen führt, dann ist es meines Erach­tens einfach nicht möglich, dass die andere Kammer sagt: Jetzt unterbrecht, denn jetzt machen wir das und das.


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Also ich glaube, wir müssen da auch in unseren Klubs ein bisserl darauf einwirken, dass die Stellung des Bundesrates respektiert und beachtet wird. Es wird nämlich zwar immer großartig von der Aufwertung gesprochen, aber Aufwertung beginnt im Inneren.

Wenn wir zum Beispiel bei Auslandsaufenthalten einfach schildern, wie der öster­reichische Bundesrat organisiert ist, habe ich sehr oft sehr zustimmendes Nicken gesehen und auch sehr oft Fragen gehört wie: Ist das wirklich so? Das sollten wir auch erreichen. Und so weiter. Also: Für das, was der Bundesrat an Rechten und Möglich­keiten hat, brauchen wir uns nicht zu genieren. Da stehen wir besser da als so manche andere zweite Kammer in der Welt. Es braucht jedoch ein bisserl Anerkennung im Inneren. Aber auch das, würde ich sagen, ist österreichisch. Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Wir alle kennen dieses Sprücherl.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nochmals, wie gesagt, herzlichen Dank an Sie. Aber ein besonderer Dank gilt den Beamten des Hauses, und er gilt auch all denen, die vielleicht nicht Beamte sind, sondern in einem Vertragsbedienstetenverhältnis oder in welchem Dienstverhältnis immer zu diesem Haus stehen. Sie alle sorgen dafür, dass unsere Tätigkeit reibungslos verlaufen kann. Das geht wirklich vom Staubsaugen die­ses Bodens bis hin zur Ausfertigung des Croquis.

Daher allen Bediensteten des Hauses ein aufrichtiges Danke für ihre Tätigkeit, denn das ist wie ein Uhrwerk hier: Wenn ein Rädchen auslässt, dann funktioniert all das nicht mehr. Daher der Dank an alle! (Allgemeiner Beifall.)

Zum Schluss darf ich nun dir lieber, Georg Pehm, alles, alles Gute wünschen für dein Halbjahr. Soweit wir dir dabei helfen können, werden auch wir dazu beitragen, dass es ein erfolgreiches Halbjahr wird. Das kann ich dir ganz beruhigt versprechen, das wird so sein. Überhaupt wird das kommende Jahr ein Jahr sein, in dem wir viel zu feiern haben, viel zu bedenken haben, vor allen Dingen, glaube ich, wird es ein Jahr sein, das uns in Erinnerung ruft: Nur gemeinsam bringen wir etwas zustande.

In diesem Sinn Ihnen allen alles, alles Gute! Schöne Weihnachten, geruhsame Weih­nachten, Weihnachten mit viel Freude und ein erfolgreiches neues Jahr! Auch dir (in Richtung des Bundesrates Dr. Pehm) ganz besonders alles Gute! Den Fraktions­vorsitzenden und Vizepräsidenten Weiss danke ich für alles, was im abgelaufenen Halbjahr war, und ich freue mich auf das kommende. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

13.19

*****

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf und Zuweisung

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich möchte noch bekannt geben, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt neun Anfragen ein­gebracht wurden.

Weiters teile ich mit, dass die Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kolle­gen den Selbständigen Entschließungsantrag 143/A (E)-BR/2004 betreffend Ersatz von Verteidigerkosten bei strafgerichtlichen Freisprüchen eingebracht haben.


Bundesrat
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Diesen Selbständigen Entschließungsantrag weise ich dem Justizausschuss zur weite­ren geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird nicht Donnerstag, der 10. Februar 2005, sondern Mittwoch, der 2. Februar 2005, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

In dieser Sitzung wird der Bundeskanzler eine Erklärung zur Regierungsumbildung und der Landeshauptmann des Burgenlandes eine Erklärung anlässlich des Vorsitzes des Burgenlandes im Bundesrat abgeben.

Die Ausschussvorberatungen sind nicht, wie ursprünglich geplant, für Dienstag, den 8. Februar, sondern für Dienstag, den 1. Februar 2005, ab 14 Uhr, vorgesehen.

Abschließend gebe ich noch bekannt, dass die Auftaktveranstaltung anlässlich des Jubiläumsjahres 2005 am Freitag, dem 14. Jänner 2005, um 15.30 Uhr im Historischen Sitzungssaal stattfinden wird. Da schon einige Reklamationen gekommen sind, dass nicht jeder eine Einladung erhalten hat, werden wir dafür sorgen, dass das in Ordnung gebracht wird. Aber zur Sicherheit: Freitag, 14. Jänner, Historischer Sitzungssaal, 15.30 Uhr.

Ich wünsche Ihnen ein gutes Heimkommen, und ich freue mich schon, wenn wir uns alle gesund und frisch im neuen Jahr wieder sehen werden. (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 13.32 Uhr

 

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