Stenographisches Protokoll
725.
Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 13. Oktober 2005
725. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich
Donnerstag, 13. Oktober 2005
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 13. Oktober
2005: 9.04 – 18.40 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bericht über die soziale Lage 2003–2004
2. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über soziale Sicherheit
3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 – HWG 2005 erlassen wird, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Umweltförderungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957 und das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden und abgabenrechtliche Sondermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden
4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem eine Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe des Jahres 2005 gewährt wird
5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden
6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden
7. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zum vom Internationalen Währungsfonds verwalteten Treuhandfonds für von Naturkatastrophen betroffene Entwicklungsländer mit Niedrigeinkommen
8. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
9. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll
10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 2 |
11. Punkt: Bericht zur Jahresvorschau 2005 des Bundesministeriums für Finanzen auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates
12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (26. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden
13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2005)
14. Punkt: Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der Internationalen Fernmeldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklärungen und Vorbehalten
15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Unfalluntersuchungsgesetz) und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schiffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden
16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird und mit dem das Mediengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Patentgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden
17.
Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch
in Unternehmensgesetzbuch umbenannt und gemeinsam mit dem allgemeinen
bürgerlichen Gesetzbuch, dem Aktiengesetz 1965, dem Gesetz über
Gesellschaften mit beschränkter Haftung, dem Genossenschaftsgesetz, dem
Genossenschaftsrevisionsgesetz, dem Firmenbuchgesetz, dem Umwandlungsgesetz,
dem Spaltungsgesetz, dem EWIV-Ausführungsgesetz, dem SE-Gesetz, dem
Handelsvertretergesetz, der Jurisdiktionsnorm, dem Einführungsgesetz zur
Zivilprozessordnung, der Zivilprozessordnung, dem Rechtspflegergesetz, der
Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, dem Privatstiftungsgesetz, dem
Unternehmensreorganisationsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichtskommissionstarifgesetz,
dem Wohnungseigentumsgesetz 2002, dem Mietrechtsgesetz, dem
Versicherungsaufsichtsgesetz, dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und dem Ziviltechnikergesetz 1993
geändert wird sowie das Erwerbsgesellschaftengesetz und die Vierte
Einführungsverordnung außer Kraft gesetzt werden (Handelsrechts-Änderungsgesetz –
HaRÄG)
18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden
19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden
20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden
21. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung der Bemühungen des Oberösterreichischen und des Niederösterreichischen Landtages zur Verhinderung der EU-Dienstleistungsrichtlinie
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Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 3 |
Inhalt
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 14
Fragestunde
(114.)
Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz ................................ 14
Edgar Mayer (1445/M-BR/05); Dr. Peter Böhm, Eva Konrad
Angela Lueger (1450/M-BR/05); Sissy Roth-Halvax, Mag. John Gudenus, Elisabeth Kerschbaum
Ing. Siegfried Kampl (1454/M-BR/05); Elisabeth Kerschbaum, Adelheid Ebner, Josef Saller
Franz Wolfinger (1446/M-BR/05); Mag. John Gudenus, Dr. Ruperta Lichtenecker, Adelheid Ebner
Harald Reisenberger (1451/M-BR/05); Michaela Gansterer, Mag. John Gudenus, Stefan Schennach
Eva Konrad (1449/M-BR/05); Ferdinand Tiefnig, Roswitha Bachner, Ing. Siegfried Kampl
Andrea Fraunschiel (1447/M-BR/05); Engelbert Weilharter, Dr. Ruperta Lichtenecker, Wolfgang Schimböck
Dr. Erich Gumplmaier (1452/M-BR/05); Ferdinand Tiefnig, Dr. Peter Böhm, Stefan Schennach
Mag. Bernhard Baier (1448/M-BR/05); Engelbert Weilharter, Eva Konrad
Roswitha Bachner (1453/M-BR/05); Martina Diesner-Wais, Dr. Peter Böhm, Dr. Ruperta Lichtenecker
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 14
Nationalrat
Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 34
Ausschüsse
Zuweisungen .................................................................................................................. 33
Verhandlungen
1. Punkt: Bericht über die soziale Lage 2003–2004 (III-268-BR/2005 d.B. sowie 7373/BR d.B.) ............................................................................................................................... 34
Berichterstatter:
Dr. Peter Böhm .................................................................................. 34
Redner/Rednerinnen:
Albrecht Konečny ........................................................................................................ 35
Mag. Harald Himmer .................................................................................................... 39
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 4 |
Eva Konrad ................................................................................................................... 41
Ana Blatnik .................................................................................................................... 43
Staatssekretär
Sigisbert Dolinschek ......................................................................... 46
Mag. Bernhard Baier .................................................................................................... 49
Dr. Erich Gumplmaier ................................................................................................. 52
Engelbert Weilharter .................................................................................................... 55
Helmut Kritzinger ......................................................................................................... 57
Stefan Schennach ........................................................................................................ 58
Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-268-BR/2005 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ............................................................................................................................... 61
2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über soziale Sicherheit (951 d.B. und 1014 d.B. sowie 7374/BR d.B.) ................................................................................................................. 61
Berichterstatterin:
Ana Blatnik ...................................................................................... 61
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 62
Gemeinsame Beratung über
3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 – HWG 2005 erlassen wird, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Umweltförderungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957 und das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden und abgabenrechtliche Sondermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden (1065 d.B. und 1094 d.B. sowie 7375/BR d.B.) ............................................................................................................................... 62
Berichterstatter:
Günther Prutsch ................................................................................ 62
4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe des Jahres 2005 gewährt wird (1095 d.B. sowie 7376/BR d.B.) ..................................................................................... 62
Berichterstatter:
Günther Prutsch ................................................................................ 62
Redner/Rednerinnen:
Edgar Mayer .................................................................................................................. 63
Helmut Wiesenegg ....................................................................................................... 65
Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................... 66
Stefan Schennach ........................................................................................................ 67
Helmut Kritzinger ......................................................................................................... 70
Ing. Reinhold Einwallner ............................................................................................. 71
Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 73
Engelbert Weilharter .................................................................................................... 75
Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 76
Staatssekretär Dr.
Alfred Finz .................................................................................... 78
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 80
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 80
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 5 |
5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden (1075 d.B. und 1093 d.B. sowie 7377/BR d.B.) ................................................................................................................. 80
Berichterstatter:
Günther Prutsch ................................................................................ 80
Redner/Rednerinnen:
Edgar Mayer .................................................................................................................. 81
Roswitha Bachner ........................................................................................................ 83
Dr. Ruperta Lichtenecker ..................................................................................... 86, 97
Günther Kaltenbacher ................................................................................................. 89
Günther Molzbichler .................................................................................................... 91
Staatssekretär Dr.
Alfred Finz .................................................................................... 93
Sonja Zwazl ................................................................................................................... 94
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 97
6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden (1066 d.B. und 1096 d.B. sowie 7378/BR d.B.) ................................................................................ ..... 97
Berichterstatter:
Günther Prutsch ................................................................................ 97
Redner/Rednerinnen:
Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 98
Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 100
Johann Kraml ............................................................................................................. 101
Staatssekretär Dr.
Alfred Finz .................................................................................. 103
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 104
7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zum vom Internationalen Währungsfonds verwalteten Treuhandfonds für von Naturkatastrophen betroffene Entwicklungsländer mit Niedrigeinkommen (1072 d.B. und 1100 d.B. sowie 7379/BR d.B.) ............................................................................. 104
Berichterstatter:
Helmut Wiesenegg .......................................................................... 104
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 105
Gemeinsame Beratung über
8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (891 d.B. und 1038 d.B. sowie 7380/BR d.B.) 105
Berichterstatter:
Wolfgang Schimböck ..................................................................... 105
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 6 |
9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (892 d.B. und 1039 d.B. sowie 7381/BR d.B.) 105
Berichterstatter:
Wolfgang Schimböck ..................................................................... 105
10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (1061 d.B. und 1097 d.B. sowie 7382/BR d.B.) ............................................................................................................................. 105
Berichterstatter:
Wolfgang Schimböck ..................................................................... 105
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 106
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 106
Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ............... 107
11. Punkt: Bericht des Bundesministers für Finanzen zur Jahresvorschau 2005 des Bundesministeriums für Finanzen auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates (III-275-BR/2005 d.B. sowie 7299/BR d.B.) ............... 107
Berichterstatter:
Johann Höfinger .............................................................................. 107
Redner/Rednerinnen:
Gottfried
Kneifel ......................................................................................................... 107
Albrecht Konečny ...................................................................................................... 110
Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 112
Staatssekretär Dr.
Alfred Finz .................................................................................. 113
Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-275-BR/2005 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ............................................................................................................................. 114
Gemeinsame Beratung über
12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (26. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden (1000 d.B. und 1102 d.B. sowie 7383/BR d.B.) ............................................................................. 114
Berichterstatterin:
Christine Fröhlich ......................................................................... 114
13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2005) (1060 d.B. und 1106 d.B. sowie 7384/BR d.B.) ............................................................................................................... 114
Berichterstatterin:
Christine Fröhlich ......................................................................... 114
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 7 |
Redner/Rednerinnen:
Manfred Gruber .......................................................................................................... 115
Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger ............................................................................. 116
Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 117
Engelbert Weilharter .................................................................................................. 118
Staatssekretär Mag.
Helmut Kukacka ..................................................................... 119
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 121
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 121
14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der Internationalen Fernmeldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklärungen und Vorbehalten (1001 d.B. und 1107 d.B. sowie 7385/BR d.B.) ............................................................................................................................. 121
Berichterstatter:
Ewald Lindinger .............................................................................. 121
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 122
15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Unfalluntersuchungsgesetz) und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schiffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (681 d.B. und 1108 d.B. sowie 7386/BR d.B.) ............................................................................. 122
Berichterstatter:
Ewald Lindinger .............................................................................. 122
Redner/Rednerinnen:
Jürgen Weiss .............................................................................................................. 122
Angela Lueger ............................................................................................................ 123
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 124
16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird und mit dem das Mediengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Patentgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden (994 d.B. und 1077 d.B. sowie 7387/BR d.B.) ................................................ 124
Berichterstatter:
Dr. Peter Böhm ................................................................................ 124
Redner/Rednerinnen:
Johann Kraml ............................................................................................................. 125
Sonja Zwazl ................................................................................................................. 126
Stefan Schennach ...................................................................................................... 127
Bundesministerin
Mag. Karin Gastinger ................................................................ 128
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 129
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 8 |
Gemeinsame Beratung über
17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch in Unternehmensgesetzbuch umbenannt und gemeinsam mit dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, dem Aktiengesetz 1965, dem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, dem Genossenschaftsgesetz, dem Genossenschaftsrevisionsgesetz, dem Firmenbuchgesetz, dem Umwandlungsgesetz, dem Spaltungsgesetz, dem EWIV-Ausführungsgesetz, dem SE-Gesetz, dem Handelsvertretergesetz, der Jurisdiktionsnorm, dem Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, der Zivilprozessordnung, dem Rechtspflegergesetz, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, dem Privatstiftungsgesetz, dem Unternehmensreorganisationsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichtskommissionstarifgesetz, dem Wohnungseigentumsgesetz 2002, dem Mietrechtsgesetz, dem Versicherungsaufsichtsgesetz, dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und dem Ziviltechnikergesetz 1993 geändert wird sowie das Erwerbsgesellschaftengesetz und die Vierte Einführungsverordnung außer Kraft gesetzt werden (Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG) (1058 d.B. und 1078 d.B. sowie 7388/BR d.B.) ............................................................................................................................. 129
Berichterstatterin:
Angela Lueger ............................................................................... 129
18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden (1079 d.B. sowie 7389/BR d.B.) ............................................................................................................... 129
Berichterstatterin:
Angela Lueger ............................................................................... 129
Redner/Rednerinnen:
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg ....................................................................................... 130
Johann Giefing ........................................................................................................... 134
Dr. Peter Böhm ........................................................................................................... 135
Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 137
Andrea Fraunschiel .................................................................................................... 137
Bundesministerin
Mag. Karin Gastinger ................................................................ 138
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 17, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 139
Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 18, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 139
19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden (1059 d.B., 525/A und 1080 d.B. sowie 7390/BR d.B.) ................................................ 139
Berichterstatter: Ernst Winter
..................................................................................... 140
Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 140
20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden (663/A und 1081 d.B. sowie 7372/BR d.B. und 7391/BR d.B.) ................................................................................. 140
Berichterstatterin: Johanna Auer
................................................................................ 140
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 9 |
Redner:
Mag. Georg Pehm ...................................................................................................... 140
Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 142
21. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung der Bemühungen des Oberösterreichischen und des Niederösterreichischen Landtages zur Verhinderung der EU-Dienstleistungsrichtlinie (144/A (E)-BR/2005 sowie 7392/BR d.B.) 142
Berichterstatter:
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg ............................................................ 142
Redner/Rednerinnen:
Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 142
Jürgen Weiss .............................................................................................................. 146
Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 146
Dr. Erich Gumplmaier ............................................................................................... 146
Stefan Schennach ...................................................................................................... 146
Karl Boden .................................................................................................................. 146
Elisabeth Kerschbaum .............................................................................................. 146
Eva Konrad ................................................................................................................. 146
Entschließungsantrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Engelbert Weilharter, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weiteren Verhandlungen zur Dienstleistungsrichtlinie – Annahme (E 194-BR/05) 147, 158
Entschließungsantrag der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme des Entwurfes der Dienstleistungsrichtlinie – Ablehnung .............. 153, 158
Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 144/A (E)-BR/2005 .............. 158
Eingebracht wurden
Anfragen
der Bundesräte
Ernst Winter, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Bundesförderungen für Schloss Herberstein und deren ordnungsgemäße
Verwendung (2343/J-BR/05)
Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bundesförderungen für
Schloss Herberstein und deren ordnungsgemäße Verwendung (2344/J-BR/05)
Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend Bundesförderungen für Schloss Herberstein und deren
ordnungsgemäße Verwendung (2345/J-BR/05)
Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
Bundesförderungen für Schloss Herberstein und deren ordnungsgemäße Verwendung (2346/J-BR/05)
Dr. Franz Eduard Kühnel, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend Leistungen für die Sicherheit der
Bürgerinnen und Bürger in Wien (2347/J-BR/05)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 10 |
Dr. Franz Eduard Kühnel, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend den Nationalpark Donauauen (2348/J-BR/05)
Eva Konrad, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin
für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Analphabetismus in Österreich (2349/J-BR/05)
Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend Kostenrefundierung für Personalaufwand
der Exekutive im Rahmen der Hochzeit Feldbusch/Pooth (2350/J-BR/05)
Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend „Akten halten Polizei von der Straße
fern“ (2351/J-BR/05)
Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den
Radioempfang in Österreichs Tunnel (2352/J-BR/05)
Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Schweizer Endlager für Atommüll (2353/J-BR/05)
Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Schweizer Endlager für Atommüll (2354/J-BR/05)
Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie betreffend Ausbau der Arlbergbahn (2355/J-BR/05)
Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend künftige
Zollkontrollen an der Staatsgrenze zur Schweiz (2356/J-BR/05)
Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds (2357/J-BR/05)
Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und
Kultur betreffend Sicherstellung der Schulqualität (2358/J-BR/05)
Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin
für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Integration in den Schulen (2359/J-BR/05)
Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
betreffend Heizkostenzuschuss (2360/J-BR/05)
Albrecht Konečny, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend finanzielle
Gebarung des Denkmalfonds (2361/J-BR/05)
Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Katastrophenfonds (2362/J-BR/05)
Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Justiz betreffend die nach wie vor enorm hohen
Häftlingszahlen (2363/J-BR/05)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 11 |
Elisabeth Kerschbaum, Ing. Hermann Haller, Adelheid Ebner,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und
Kultur betreffend die AHS im Bezirk Korneuburg (2364/J-BR/05)
Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kommissionsvorschlag für
eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt, den bevorstehenden
österreichischen EU-Ratsvorsitz und die Verlängerung der Übergangsfristen auf
dem Arbeitsmarkt
(2365/J-BR/05)
Anfragebeantwortungen
der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bundesräte Roswitha Bachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend unvorstellbaren Sondervertrag für die ehemalige FPÖ-Generalsekretärin, nunmehrige BZÖ-Landtagsabgeordnete, Theresia Zierler durch das Sozialministerium (2123/AB-BR/05 zu 2315/J-BR/05)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Land- und Forstwirtschaftliches Berufsausbildungsgesetz (2124/AB-BR/05 zu 2316/J-BR/05)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Besteuerung von Flugzeugtreibstoff (2125/AB-BR/05 zu 2318/J-BR/05)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkauf der ÖBB-Bodenseeschifffahrt (2126/AB-BR/05 zu 2317/J-BR/05)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Eva Konrad, Kolleginnen und Kollegen betreffend Homosexualität und Schule (2127/AB-BR/05 zu 2320/J-BR/05)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flugeinsatzstelle Linz-Hörsching (2128/AB-BR/05 zu 2321/J-BR/05)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend EDV-Ausstattung in Pflichtschulen (2129/AB-BR/05 zu 2322/J-BR/05)
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Folsäuremangel in der Schwangerschaft (2130/AB-BR/05 zu 2326/J-BR/05)
des Bundesministers für Landesverteidigung auf
die Anfrage der Bundesräte Theodor Binna, Kolleginnen und
Kollegen betreffend Auswirkungen der Bundesheerreform
in der Steiermark – Rolle von Frau Landeshauptmann Klasnic (2131/AB-BR/05 zu 2340/J-BR/05)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungsgrenzen bei der TOP-Tourismus-Förderung (2132/AB-BR/05 zu 2325/J-BR/05)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 12 |
Eisenbahnlinie Spielfeld-Strass–Bad Radkersburg nach Slowenien (2133/AB-BR/05 zu 2323/J-BR/05)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kfz-Neuzulassung bei Übersiedlung nach Österreich (2134/AB-BR/05 zu 2324/J-BR/05)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Helmut Wiesenegg, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Verkehrssicherheit in Tunnels (2135/AB-BR/05 zu 2329/J-BR/05)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Handymasten-Steuer“ (2136/AB-BR/05 zu 2332/J-BR/05)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Georg Pehm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bahnprojekte im Burgenland (2137/AB-BR/05 zu 2338/J-BR/05)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Theodor Binna, Kolleginnen und Kollegen betreffend Postämterschließungen in der Steiermark (2138/AB-BR/05 zu 2342/J-BR/05)
der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Theodor Binna, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerichtsorganisation neu – Interventionen der Landespolitik (2139/AB-BR/05 zu 2341/J-BR/05)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Georg Pehm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausländerbeschäftigung im Burgenland (2140/AB-BR/05 zu 2337/J-BR/05)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Georg Pehm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „100 Millionen Euro Zusatzförderungspaket“ für das Burgenland (2141/AB-BR/05 zu 2339/J-BR/05)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Susanne Neuwirth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ansturm ausländischer Studierender an österreichischen Universitäten (2142/AB-BR/05 zu 2328/J-BR/05)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Theodor Binna, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsparungen im Schulbereich in der Steiermark – Schulbauten und Schulsanierungen (2143/AB-BR/05 zu 2335/J-BR/05)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Susanne Neuwirth, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ansturm ausländischer Studierender an österreichischen Universitäten (2144/AB-BR/05 zu 2327/J-BR/05)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Georg Pehm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung des Symposions Europäischer Bildhauer in St. Margarethen im Burgenland (2145/AB-BR/05 zu 2336/J-BR/05)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Johann Giefing,
Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sanierung der Altlast „Angerler Grube“
(2146/AB-BR/05 zu 2330/J-BR/05)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 13 |
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsparungen im BM. I auf Kosten der Sicherheit der ÖsterreicherInnen (2147/AB-BR/05 zu 2333/J-BR/05)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsparungen im BM. I auf Kosten der Sicherheit der ÖsterreicherInnen (2148/AB-BR/05 zu 2334/J-BR/05)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesförderungen für Schloss Herberstein und deren ordnungsgemäße Verwendung (2149/AB-BR/05 zu 2344/J-BR/05)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesförderungen für Schloss Herberstein und deren ordnungsgemäße Verwendung (2150/AB-BR/05 zu 2346/J-BR/05)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Günther Prutsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesförderungen für Schloss Herberstein und deren ordnungsgemäße Verwendung (2151/AB-BR/05 zu 2345/J-BR/05)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Ernst Winter, Kolleginnen
und Kollegen betreffend Bundesförderungen für Schloss Herberstein und deren
ordnungsgemäße Verwendung (2152/AB-BR/05 zu 2343/J-BR/05)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 14 |
Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr
Präsident Peter Mitterer: Ich eröffne die 725. Sitzung des Bundesrates.
Das Amtliche Protokoll der 724. Sitzung des Bundesrates vom 21. Juli 2005 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.
Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Theodor Binna und Mag. Susanne Neuwirth.
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Peter Mitterer: Ich gebe bekannt, dass das Bundeskanzleramt über die Entschließung des Bundespräsidenten die Mitteilung gemacht hat, dass innerhalb des Zeitraumes vom 30. Oktober bis 6. November 2005 der Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat vertreten wird.
Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zur Fragestunde.
Bevor ich jetzt, um 9.05 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten bis zu 120 Minuten erstrecken werde.
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1445/M, an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz.
Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mayer, um die Verlesung seiner Anfrage.
Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Staatssekretär!
„Welche sozialpolitischen Verbesserungen bringt die 65. ASVG-Novelle?“
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die 65. ASVG-Novelle sieht neben einer Vielzahl von Maßnahmen zur Erleichterung der Verwaltungspraxis eine Reihe von sozialpolitisch bedeutsamen Verbesserungen für die Versichertengemeinschaft vor. Das sind in erster Linie die außertourliche Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende auf 690 €, die Schaffung einer begünstigten Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für pflegende Angehörige und die Ermöglichung einer Nachentrichtung verjährter Pensionsversicherungsbeiträge. Zu nennen ist aber auch die Verpflichtung zur Anmeldung zur Sozialversicherung, die in Zukunft spätestens bei Arbeitsantritt erfolgen muss. Da soll es ab 1. Jänner 2006 einen Probebetrieb in einem Bundesland geben. Es wird dies das Burgenland
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 15 |
sein, wie gestern im Sozialausschuss beschlossen worden ist. Nächste Woche erfolgt dann der Beschluss darüber im Plenum des Nationalrates.
Der Tätigkeitsschutz im Rahmen der Erwerbsunfähigkeit wird auch bei unselbständig Erwerbstätigen berücksichtigt, es gibt da jetzt eine Klarstellung. Zu erwähnen wären auch die Ermöglichung der Zurechnung von Beitragsgrundlagenteilen aus bäuerlicher Nebentätigkeit zugunsten mitarbeitender Angehöriger, wie zum Beispiel dann, wenn auf einem Bauernhof eine Buschenschenke betrieben wird oder Urlaub am Bauernhof angeboten wird oder es einen Ab-Hof-Verkauf gibt. In diesen Fällen hat man die Möglichkeit, dass man den Angehörigen diesen Teil praktisch als Einkommen zuteilt. Dadurch kann man eben auch Selbstversicherungszeiten erreichen. Das ist so ähnlich wie ein Pensionssplitting. Diese Möglichkeit besteht jetzt auch.
Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Danke.
Zu einer Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Böhm zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Erlauben Sie mir eine Frage zur neuen Selbstversicherung für Pflegepersonen.
Bekanntlich bestehen schon derzeit Möglichkeiten für Pflegepersonen, sich günstig in der Pensionsversicherung freiwillig zu versichern. Wodurch zeichnet sich die neue Versicherungsart aus?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Die neue Selbstversicherung wird im Gegensatz zur bisher geltenden Regelung auch neben einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit, also bei Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung, bestehen können, und das wird sich auf alle nahen Angehörigen erstrecken. Das war, wie gesagt, bisher nicht der Fall war.
Überdies kann diese begünstigte Versicherung in Anspruch genommen werden, wenn keine Pflichtversicherung aus einer Erwerbstätigkeit vorausgegangen ist. Das war bisher auch nicht möglich. Der fiktive Dienstgeberanteil, der ja da zu entrichten ist, wird praktisch vom Bund bezahlt.
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Konrad zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Warum sind die verbesserte Anrechnung von Mehrlingsbetreuungszeiten, die Anerkennung von Arbeit für BezieherInnen von Pflegegeld ab der Stufe 3 und die Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes in der Hinterbliebenenpension nach dem Begutachtungsverfahren aus dem Gesetz gekippt worden?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin, Sie haben Recht, es sind einige Dinge gestrichen worden, die einer weiteren Prüfung bedürfen, wie zum Beispiel die Durchrechnung. Bisher war es möglich, diese Beitragszeiten innerhalb von zwei Jahren durchzurechnen. Man hat jetzt geprüft, ob man diesen Zeitraum auf fünf Jahre ausdehnen soll, ist aber draufgekommen, dass unter bestimmten Umständen die Leute schlechter dran sind, wenn man einen längeren Durchrechnungszeitraum vorsieht. Wir schauen jetzt, wie es möglich ist, von den fünf Jahren die zwei besten Jahre heranzuziehen.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 16 |
Wir wollen da Nägel mit Köpfen machen und eben darauf achten, dass es da zu keinem Nachteil für die Versicherten kommt, sondern nur zu einem Vorteil.
Präsident Peter Mitterer: Danke. – Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1450/M.
Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Lueger, um die Verlesung ihrer Anfrage.
Bundesrätin Angela Lueger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Vorrednerin hat meine Frage schon angeschnitten, ich möchte sie aber noch verfestigen.
„Wie rechtfertigen Sie, dass im Ministerrat vom 26.9.2005 genau jene Bestimmungen aus dem Regierungsentwurf zum Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2005 entfernt wurden, die besonders für Frauen eine Besserstellung gebracht hätten – wie z.B. die Ausdehnung des Beobachtungszeitraumes bei der Witwenpension?“
Herr Staatssekretär, Sie haben das schon zum Teil beantwortet. Wann ist da mit fixen Ergebnissen zu rechnen?
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 17 |
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrat! Die im Regierungsentwurf vorgesehene Bestimmung hinsichtlich der Ausweitung des Beobachtungszeitraumes für die Berechnung der Witwenpension wurde auf Grund eines Einspruches des Herrn Bundesministers für Finanzen entfernt.
Wir haben uns sehr bemüht, durchzusetzen, dass dieses Vorhaben jetzt im Sozialausschuss weiter behandelt wird. Dabei werden wir danach trachten, das so zu regeln, dass Härtefälle vermieden werden.
Wir werden im Zuge der Neuberechnung, dort, wo neue Fragen auftauchen, das Ganze so regeln, dass es zu keinen Nachteilen für die Menschen kommt, sondern dass es, unabhängig davon, wie der Beobachtungszeitraum ausfällt, nur zu einem Vorteil kommen kann. Genau deswegen ist das jetzt auch zurückgestellt worden.
Wenn es da keine Einigkeit gibt – Sie wissen, in der Regierung gilt das Einstimmigkeitsprinzip. (Bundesrat Stadler: Einstimmigkeit in der Regierung wird immer schwieriger!) Wir werden jedenfalls versuchen, das Ganze sozialpolitisch in die richtigen Bahnen zu leiten.
Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrätin Angela Lueger (SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär! Es wird seitens des Kabinetts der Frau Bundesministerin, der ja Frauenanliegen immer ein besonderes Anliegen sind, jetzt ein Brief an jene versendet, die sich für die 300 € für die „Trümmerfrauen“ bewerben. Ich darf aus diesem Brief kurz zitieren:
... Es war uns ein besonderes Anliegen, schnellstmöglich mit der Umsetzung dieses Gesetzes zu beginnen. Jedoch hat sich in der Umsetzungsphase gezeigt, dass es viele Frauen dieser Generation gibt, die knapp mit ihrem Einkommen über diesem Richtsatz liegen.
Das Sozialministerium evaluiert zur Stunde die gesetzlichen Beschränkungen und prüft die Möglichkeit, diese auszuweiten ... – Ende des Zitats.
Darf ich Sie, Herr Staatssekretär, fragen, wie weit man bei dieser Beratung vorangekommen ist?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin, wir haben jetzt die ersten Anträge erhalten. Die letzten Zahlen, also die Zahlen von gestern, sind mir noch nicht bekannt. Die Zahl der bis gestern eingelangten Anträge ist aber nicht so hoch. Es ist der erste Teil schon ausbezahlt worden.
Wie Sie richtig erwähnt haben, ist es so, dass es überall dort, wo man eine Grenze eingezogen hat, eine Ober- oder eine Untergrenze, natürlich Fälle gibt, wo sich die Frage stellt: Wie knapp liegt jemand darüber?
Wir prüfen jetzt, ob man in jenen Fällen, wo jemand bei diesem Richtsatz – egal, ob das jetzt der Familienrichtsatz oder der Einzelrichtsatz ist – knapp darüber liegt, das ausdehnen kann.
Wir haben ja die finanziellen Mittel dafür begrenzt. Es sind dafür 7 Millionen € aus dem Härteausgleichsfonds vorgesehen. Man wird da so entscheiden, dass das den betreffenden Menschen auch zugute kommt. Ob und um wie viel die Grenze höher sein wird, kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten, weil wir erst im Zuge der Antragstellung sehen werden, wie viel notwendig ist und wie wir mit dem Geld auskommen.
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Roth-Halvax zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Im Sinne des Entschließungsantrages des Sozialausschusses des Nationalrates wird zu den vorgenannten Fragen eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Wann erwarten Sie Lösungsvorschläge?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Die Arbeitsgruppe ist eingerichtet. Lösungsvorschläge sollen so bald wie möglich vorliegen. Es ist unser Bestreben, so bald wie möglich Ergebnisse zu haben, aber ein genaues Datum kann ich Ihnen natürlich nicht nennen.
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Mag. Gudenus zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.
Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Staatssekretär! Gelten die vorgesehenen Änderungen spiegelgleich auch für Männer?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Selbstverständlich, Herr Bundesrat.
Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Kerschbaum gewünscht. – Ich bitte um die Frage.
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Die Frage, ob wirklich nur der Herr Finanzminister für das Herausstreichen dieser Bestimmung zuständig war, haben Sie schon beantwortet. Weiters würde mich noch interessieren, um welchen Betrag es da geht. Warum hat der Herr Finanzminister da „Feuer“ geschrien?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Auf eine Frage, bei der es um Beträge geht, ist es natürlich etwas schwierig, ad hoc zu antworten.
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Natürlich sind da Mehrkosten zu erwarten. Es wären, glaube ich, für das erste Jahr Mehrkosten in der Höhe von 1 Million € notwendig und für die Folgejahre 600 000 € pro Jahr.
Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, 1454/M, des Herrn Bundesrates Ing. Kampl. Ich ersuche ihn um die Verlesung seiner Anfrage.
Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Geschätzter Herr Staatssekretär! Die Pensionen sind die Lebenssicherung für unsere älteren Menschen.
„Wie werden sich die kleinen und mittleren Pensionen im Jahr 2006 entwickeln?“
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Vorbehaltlich der Feststellung des Richtwertes für die Pensionsanpassung durch die Kommission zur langfristigen Pensionssicherung in ihrer Sitzung am 27. Oktober 2005 werden diese Pensionen jetzt mit 1. Jänner 2006 um 2,5 Prozent erhöht. Maßgeblich dafür ist die Entwicklung der Inflationsrate der Monate August 2004 bis Juli 2005.
Präsident Peter Mitterer: Herr Bundesrat, wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Wie entwickelten sich die Ausgleichszulagenrichtsätze in den letzten Jahren generell?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Die Ausgleichszulagenrichtsätze haben sich in den letzten Jahren folgendermaßen entwickelt – ich habe hier eine Tabelle über den Zeitraum von 1990 bis 2006 –: Der Ausgleichszulagenrichtsatz für Familien ist im Jahr 2003 um 6,8 Prozent angehoben worden und im Jahr 2004 um 4,9 Prozent, hingegen der Richtsatz für Alleinstehende im Jahr 2003 um 2 Prozent und im Jahr 2004 um 1,5 Prozent. Seit dem Jahr 1999 betrug also die durchschnittliche Erhöhung zirka 2 Prozent.
Es ist notwendig, um die Schwelle der Armutsgefährdung zu übersteigen, für das nächste Jahr den Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende um 4,1 Prozent zu erhöhen.
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort gemeldet. – Ich bitte, die Frage zu stellen.
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Herr Staatssekretär, wie rechtfertigen Sie die Tatsache, dass ASVG-PensionistInnen in den letzten vier Jahren reale Verluste hinnehmen mussten und 150 000 von ihnen noch im kommenden Jahr beziehungsweise ein fünftes Jahr reale Verluste hinnehmen müssen?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrat, die Kommission zur Pensionssicherung, die jedes Jahr die Pensionserhöhung festlegt, hat sich so entschieden. Sie wissen, dass wir im heurigen Jahr für Alleinstehende, vor allem für die Mindestpensionisten, Wesentliches getan haben. Die Erhöhung beträgt 4,1 Prozent, und so kommen wir auf die 690 €.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 19 |
Ich weiß, dass in der Vergangenheit noch das eine oder andere verlangt worden ist. Man hat darauf hingewiesen, dass versprochen worden ist, dass man eine stärkere Erhöhung vornehmen wird, aber wir haben unser Bestes getan.
Es hat der Vorgänger im Sozialministerium, Herr Bundesminister Haupt, seinerzeit gesagt, er werde alles Mögliche in Erwägung ziehen, um eine möglichst breite Basis vor allem für die Kleinst- und Mindestpensionen zu schaffen, damit diese höher angehoben werden.
Aber es ist nicht versprochen worden,
sondern er hat gesagt, er werde sich bemühen. (Bundesrat Mag. Pehm:
Aber durchgesetzt hat er sich nicht! – Bundesrat Stadler: Gelungen ist es nicht!)
Präsident Peter Mitterer: Eine
weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Ebner gewünscht.
Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Mit der einmaligen Pensionserhöhung im Jahre 2006 in Höhe der Inflationsrate können die Nachteile von vier Jahren Pensionserhöhungen durch Schwarz-Blau/Orange nicht wettgemacht werden. Wie sollen die Nachteile von vier Jahren Pensionsanpassung weit unter der Teuerungsrate wettgemacht werden?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Wir wissen, dass die Pensionen immer um die
Inflationsrate angehoben werden, dass es also einen gewissen Ausgleich gibt. (Rufe bei der SPÖ: Nein!) – Na,
selbstverständlich! (Neuerliche Rufe bei
der SPÖ: Nein, nein!)
Wichtig ist, dass es für Personen, die wenig zum Leben haben und mit geringen Pensionen auskommen müssen – und ich habe schon erwähnt, dass in der Vergangenheit die Familienrichtsätze enorm angehoben worden sind; jetzt erfolgt das Gleiche für Alleinstehende – einen gewissen Ausgleich gibt!
Präsident Peter Mitterer: Eine Zusatzfrage gibt es von Herrn Bundesrat Saller. Ich bitte, sie zu stellen.
Bundesrat Josef
Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Staatssekretär! Wie hoch waren die Vorteile aus
der Steuerreform des Jahres 2005 für die Bezieher kleiner und mittlerer
Pensionen? (Rufe bei der SPÖ: Null!)
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass wir mit der Steuerreform 2004 und
2005 auch Wesentliches für Pensionisten geleistet haben. Ein großer Teil, nämlich
fast zwei Drittel der Pensionsbezieher, sind jetzt komplett steuerfrei. Das
ist ein großer Vorteil! (Bundesrätin Haselbach: Nein! Es ist eine Schande,
dass die so wenig kriegen!) Das stärkt natürlich auch die Kaufkraft dieser
Personen. Neben allen anderen sozialpolitischen Maßnahmen war diese
Steuerreform mit 2004 und 2005 äußerst notwendig. (Ruf bei der SPÖ: ... Inkompetenz ...!)
Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage, 1446/M. Sie wird von Herrn Bundesrat Wolfinger gestellt. Ich ersuche, sie zu verlesen.
Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Obwohl Herr Kollege Kampl fast dieselbe Frage gestellt hat, möchte ich sie doch noch einmal wiederholen:
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 20 |
„Wie haben sich die Ausgleichszulagenrichtsätze seit dem Jahr 2000 entwickelt?“
Und gleich eine Zusatzfrage: Können Sie mir sagen, wie sich die Verbraucherpreise in diesem Zeitraum entwickelt haben?
Präsident Peter Mitterer: Frage und Zusatzfrage wird der Herr Staatssekretär beantworten. – Bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Um es kurz zu machen: Der Richtsatz für Alleinstehende ist unter Einrechnung der für 1.1.2006 geplanten Anhebung im Zeitraum von 2000 bis 2006 insgesamt um 14,2 Prozent gestiegen, der Richtsatz für Verheiratete um 22,5 Prozent.
Der Verbraucherpreisindex ist im gleichen Zeitraum um 13,6 Prozent gestiegen. Diesem gegenüber ergibt sich also auf jeden Fall ein Vorteil! Im Gegensatz zu dem, was eine der Fragestellerinnen hier gemeint hat, nämlich dass sich das negativ entwickelt habe, ist also bei den Alleinstehenden immerhin noch ein Vorteil von mehr als einem Prozent zu verzeichnen.
Präsident Peter Mitterer: Da die Zusatzfrage schon beinhaltet war, darf ich nun um weitere Zusatzfragen bitten, zunächst um jene von Herrn Bundesrat Mag. Gudenus. – Ich ersuche Sie, die Zusatzfrage zu stellen.
Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Staatssekretär! Wird es hinsichtlich des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende für das Kalenderjahr 2006 noch zu einer weiteren Vervielfachung kommen?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Zu einer weiteren Vervielfachung wird es in diesem Zusammenhang nicht kommen. Wir haben, wie ich vorhin schon erwähnt habe, im heurigen Jahr eine außertourliche Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende durchgeführt; zusätzliche wird es in diesem Jahr nicht geben.
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker zu Wort gemeldet. – Bitte.
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Die Diskussion über Ausgleichszulagenrichtsätze wäre etwas einfacher und auf einer anderen Ebene, würde man eine Grundsicherung beziehungsweise ein Grundeinkommen andenken. Wie weit gibt es im Ministerium diesbezügliche Überlegungen?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: An der Idee der Grundsicherung wird gearbeitet. Aber ich glaube, dass wir mit dem System des Ausgleichszulagenrichtsatzes ganz gut liegen. Auch im internationalen Vergleich ist Österreich hier vorbildhaft: Auf der einen Seite gibt es den Familienrichtsatz, auf der anderen Seite gibt es den Ausgleichszulagenrichtsatz.
Eine generelle Grundsicherung, die beinhaltet, dass jeder eine Pension bekommt, unabhängig davon, ob er erwerbstätig war oder nicht, ist in unserem System jedoch nicht vorgesehen, denn die Höhe der Pension richtet sich danach, wie hoch das Einkommen während des Erwerbslebens war.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 21 |
Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Ebner gewünscht. Ich ersuche, sie zu stellen.
Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Warum wurde nicht, wie versprochen, der Ausgleichszulagenrichtsatz bereits heuer auf die Armutsgrenze von 678 € angehoben?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 22 |
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Mit „heuer“ meinen Sie 2005? (Bundesrätin Ebner:
Ja! – Bundesrat Mag. Pehm:
Zum Beispiel! – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Das ist im letzten
Jahr beschlossen worden. Die Pensionssicherungskommission hat das so
vorgeschlagen, und dann ist das nicht herausgekommen. Ich habe Ihnen schon vorhin
erläutert, wie das ist. Wir haben aber jetzt die Armutsschwelle, die hier
errechnet worden ist, mit einer Steigerung auf 690 € für das nächste Jahr
kompensiert. (Bundesrat Konečny: Aber nächstes Jahr ist das
schon wieder höher!)
Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, 1451/M. Sie wird von Herrn Bundesrat Reisenberger gestellt. Ich ersuche ihn, die Frage zu verlesen.
Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär!
„Warum werden auch im nächsten Jahr den ärmsten PensionistInnen im Monat fast 2 € dadurch vorenthalten, dass der Ausgleichszulagenrichtsatz heuer nicht, wie versprochen, auf 675 € erhöht wurde und durch eine 2,5-prozentige Anhebung im nächsten Jahr 691,88 € und nicht, wie von der Regierung vorgesehen, 690 € betragen hätte?“
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 23 |
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Ich habe schon auf eine vorige Frage gesagt, dass
nicht versprochen wurde, auf jeden Fall nicht vom damals zuständigen
Bundesminister Haupt. Dieser hat sich vielmehr darum bemüht. Vielleicht ist es
ja vom Vorsitzenden des Pensionistenverbandes Blecha versprochen worden, aber
nicht von Bundesminister Haupt. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.)
Um auf Ihre Frage zurückzukommen, Herr
Bundesrat: Die Armutsgefährdungsschwelle wurde zuletzt im Jahr 2003
publiziert. Legt man die Steigerungsraten der letzten zehn Jahre auf die
Zukunft um, so ergibt sich für 2006 eine Armutsgefährdungsschwelle von
690 €. Und auf genau diese 690 € wurde jetzt der Ausgleichszulagenrichtsatz
für Alleinstehende erhöht. (Bundesrat Reisenberger – sich zu seinem
Platz begebend –: Es ist nur die Frage, was der unter „2006“ versteht! Er
weiß ja auch nicht, was das heurige Jahr ist!)
Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das scheint nicht der Fall zu sein.
Es gibt aber weitere Zusatzfragen, und zwar zunächst von Frau Bundesrätin Gansterer. – Ich darf Sie ersuchen, die Frage zu verlesen.
Bundesrätin Michaela Gansterer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wie hoch ist die prozentuelle Erhöhung des Alleinstehenden-AZ-Richtsatzes im Jahr 2006 auf insgesamt 690 €?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Das sind 4,1 Prozent, und das ist wesentlich!
Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Mag. Gudenus gewünscht.
Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Wird es hinsichtlich des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende für das Jahr 2006 noch zu einer weiteren Vervielfachung kommen?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Die Pensionserhöhung des Jahres 2006 wird uns ungefähr 575 Millionen € kosten. Dazu kommen noch 29 Millionen € für die bereits mehrmals erwähnte außertourliche Anhebung des Richtsatzes. Das sind die Fakten und Zahlen dazu. Mehr ist nicht mehr möglich, es ist nirgends berücksichtigt, dass wir im nächsten Jahr noch etwas drauflegen.
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. Ich darf ihn ersuchen, sie zu stellen.
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Staatssekretär! Bekanntlich ist, was auch in dem nachher zu diskutierenden Bericht steht, die soziale Lage bei uns so, dass in vielen Bereichen jeder Euro wichtig ist. Deshalb komme ich in diesem Zusammenhang zur Schwerarbeiterregelung: Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus dem verheerend negativen Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt zur Schwerarbeiterregelung?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Ich sehe das so, dass durch die Schwerarbeiterregelung natürlich Mehrarbeit in den Pensionsversicherungsanstalten anfällt, die dort Beschäftigten jedoch nicht unter die Schwerarbeiterregelung fallen werden und dadurch auch nicht sehr daran interessiert sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Bundesrat Konečny: Unerhört ist das! Eine Zumutung! – Präsident Mitterer gibt das Glockenzeichen.)
Wir in der Bundesregierung sind sehr daran
interessiert, dass es durch eine Schwerarbeiterregelung eine Besserstellung
für jene Leute gibt, die im Leben sehr schwer gearbeitet haben. Wir werden das
auch per Verordnung umsetzen, damit die Schwerarbeiterregelung kommt! (Bundesrat Konečny: Halten Sie das für eine Antwort?)
Präsident Peter Mitterer: Damit ist die 5. Anfrage erledigt.
Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 1449/M. Sie wird von Frau Bundesrätin Konrad gestellt. Ich ersuche, sie zu verlesen.
Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär!
„Gibt es in Ihrem Ministerium Zahlen, wie viele Personen in Österreich Anspruch auf Waisenpension haben, aber auf Grund fehlender Information keinen Antrag gestellt haben beziehungsweise durch einen verspäteten Antrag erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bezugsberechtigt sind?“
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Bei uns existieren Zahlen über jene, die einen Antrag gestellt haben; über jene, die keinen Antrag gestellt haben, gibt es logischerweise keine Zahlen. Und wenn jemand verspätet einen Antrag stellt, so läuft das eben von jenem Zeitpunkt an, zu dem der Antrag gestellt worden ist. Aber – verzeihen Sie! – wir haben keine Zahlen darüber, ob es einen verspäteten Antrag wegen fehlender Information gegeben hat!
Es läuft gerade jetzt eine Informationskampagne des Sozialministeriums, welche von der Opposition oft sehr, sehr kritisiert wird. (Bundesrat Gruber: Kostet ja nur 1,3 Millionen €!) Aber gerade deswegen ist solch eine Offensive nötig, eine Berichtspflicht, eine Informationsnotwendigkeit vorhanden: damit die Leute ihre Anträge rechtzeitig stellen und so zu jenen Zuwendungen kommen, die sie brauchen und die ihnen zustehen!
Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht?
Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Eine Berichtspflicht, wie Sie sie jetzt angesprochen haben, gibt es nicht, deshalb gibt es ja die fehlenden beziehungsweise verspäteten Anträge.
Meine Zusatzfrage lautet: Haben Sie vor, die Vorschläge der Volksanwaltschaft umzusetzen und eine verpflichtende Information einzuführen? Und wenn ja, wann?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Die Volksanwaltschaft macht sehr vernünftige
Vorschläge. Wir prüfen alle Vorschläge. Und ich kann dem schon einiges
abgewinnen. (Ironische Heiterkeit bei der
SPÖ und den Grünen.)
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Tiefnig gemeldet. Ich darf ihn ersuchen, sie zu stellen.
Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Wie werden sich die einzelnen Bundesländer in der Umsetzung der Kompetenz für die Heizkostenzuschüsse in diesem Winter verhalten?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Bei den Heizkostenzuschüssen gibt es schon ewig Diskussionen. Tatsache ist, dass die Kompetenz dafür in den Bereich der Länder fällt, die Länder aber – von einem Bundesland zum anderen – unterschiedlichste Regelungen dafür haben, sei es in der Höhe, bei der Einkommensgrenze und so weiter: Es gibt unterschiedlichste Regelungen – und ich muss sagen, es hätten sich die Landeshauptleute darauf einigen können, dass man diesbezüglich gleich vorgeht.
Natürlich gibt es das Argument, dass die Lebenshaltungskosten in den Bundesländern unterschiedlich hoch, die Voraussetzungen verschieden sind; deswegen gibt es unterschiedliche Heizkostenzuschüsse in den einzelnen Bundesländern.
Ich verweise in diesem Zusammenhang darauf, dass im Jahr 2000 den Länder vom Bund zusätzlich Mittel dafür in der Höhe von seinerzeit 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt wurden, aber nur 139 Millionen Schilling von den Bundesländern für den zusätzlichen Heizkostenzuschuss auch verbraucht worden sind.
Präsident Peter Mitterer: Danke. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Bachner zu Wort gemeldet. Ich bitte, sie zu stellen.
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Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär! Warum wollen Sie nicht jenen Müttern und Vätern, die vor 1988 für ein behindertes Kind erhöhte Familienbeihilfe bezogen haben, anstelle von neutralen Zeiten zusätzliche Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung anrechnen, damit die Pensionsnachteile infolge Absenkung des Steigerungsbetrages und Ausdehnung des Bemessungszeitraumes etwas gemildert werden?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium
für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Jene
Personen, die Angehörige haben, für die besondere Zuwendung erforderlich ist,
wie etwa behinderte oder pflegebedürftige Menschen, und die deshalb nicht die
Möglichkeit haben, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, sollen die
Möglichkeit haben, dass sie während dieser Zeit, in der sie ihre Angehörigen
pflegen und für sie da sind, auch Pensionsansprüche erwerben. (Bundesrat Kraml: Ja, und? Woher? – Bundesrat Reisenberger: Er hat diese Frage auch nicht verstanden!)
Präsident Peter Mitterer: Es gibt eine weitere Zusatzfrage, und zwar von Herrn Bundesrat Ing. Kampl. Ich ersuche, sie zu stellen.
Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wie verhält sich bei Waisenpensionen generell die Zuerkennung?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Im Jahr 2004 – für dieses liegen uns die entsprechenden Zahlen vor – gab es 5 648 Zuerkennungen; dem stehen 643 Ablehnungen gegenüber.
Präsident Peter Mitterer: Wir kommen nun zur 7. Anfrage, 1447/M. Sie wird von Frau Bundesrätin Fraunschiel gestellt. Ich darf um die Verlesung der Frage bitten.
Bundesrätin Andrea Fraunschiel (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Staatssekretär!
„Welche Aufgaben wird die mit 1. Jänner 2006 geplante ,Familie & Beruf Management GmbH‘ haben?“
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Die „Familie & Beruf Management GmbH“ stellt eine Koordinierungsstelle zur Bündelung, Umsetzung und Koordinierung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar – ist doch die Verwirklichung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Gesellschaft.
Die Hauptaufgaben der „Familie & Beruf Management GmbH“ sind: die Koordinierung des Service und der Betreuung der Familienallianz – einer offenen Plattform von Institutionen und Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Arbeitswelt, Medien, Wissenschaft zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Dokumentation von Best-Practice-Studien, Berichtsgestaltung für Öffentlichkeit und Medien, eine Beratung und Betreuung von regionalen und betrieblichen Familieninitiativen, das Verfassen von Publikationen und Informationsmaterial sowie strategische Öffentlichkeits-
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arbeit, aber auch die Organisation und die Durchführung von Fachtagungen und Schulungen.
Weiters ist die Entwicklung und Förderung innovativer Modelle sowie die Organisation von Maßnahmen des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorgesehen. Und darüber hinaus obliegt der Gesellschaft auch die Koordinierung der Forschungsförderungen für das Österreichische Institut für Familienforschung beziehungsweise dessen Rechtsnachfolger.
Präsident Peter Mitterer: Frau Bundesrätin, wird eine Zusatzfrage gewünscht?
Bundesrätin Andrea Fraunschiel (ÖVP, Burgenland): Ja. – Genau auf diesen letzten Punkt bezieht sich meine Zusatzfrage: Wie soll die Koordinationstätigkeit der „Familie & Beruf Management GmbH“ für das Österreichische Institut für Familienforschung beziehungsweise dann seinen Nachfolger konkret ausschauen?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Es sind noch Gespräche darüber notwendig, wie
das im Detail aussehen soll, aber wir werden Ihnen die Informationen gerne
zukommen lassen, sobald wir darüber mehr wissen. (Bundesrat Molzbichler: Das
wissen Sie selber noch nicht! – Bundesrat Gruber: Sie wissen nicht, was sie dort tun, aber Sie wissen schon,
wer dort arbeiten wird!)
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Weilharter zu Wort gemeldet. Ich ersuche, sie zu stellen.
Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Staatssekretär! Welchen Stellenwert nimmt die geplante „Familie & Beruf Management GmbH“ im europäischen Kontext ein?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! In den vergangenen Jahren begannen europaweit Bemühungen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf lokaler, regionaler, nationaler und transnationaler Ebene. Die „Familie & Beruf Management GmbH“ fördert jetzt diese Entwicklung der Vereinbarkeit im europäischen Raum.
Es gibt eine Verbesserung der Grundlage zur europaweiten Vergleichbarkeit von Maßnahmen in diesem Bereich – also Vereinbarkeit Beruf und Familie –, die Schaffung einer Ausgangsbasis für eine europäische Standardisierung und Maßnahmen im Sinne dieser Vereinbarkeit sowie die Schaffung von Synergien – Synergien und Optimierung der Möglichkeit der Kooperation und Vernetzung nationaler Regierungsstellen. Es ist damit auch vorgesehen, auf internationaler Ebene tätig zu sein.
Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker gewünscht. Ich ersuche, sie zu stellen.
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Gibt es noch andere Institutionen, Vereine, Organisationen, die gegründet werden, um Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter aus Ihrem Ministerium unterzubringen? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Ich verstehe Ihre
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 26 |
Frage nicht. (Heiterkeit bei der SPÖ und den
Grünen. – Bundesrat Gruber:
Brenner AG ...!)
Bundesrätin Dr.
Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Ist die Frage beantwortet? (Staatssekretär Dolinschek: Können Sie sie wiederholen?)
Herr Staatssekretär! Plant Ihr Ministerium noch weitere Institutionen, Vereine, Organisationen zu schaffen, um etwaigen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern Jobs zu verschaffen?
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Wir können nicht auf der Stelle treten, man muss immer weiterentwickeln. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Zeit geht eben weiter.
Wenn Sie jetzt wissen wollen, wie Stellen
besetzt werden: Es wird nach Qualifikation und nicht nach parteipolitischen
Gesichtspunkten entschieden! (Neuerliche
Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Konečny:
Das sieht man beim Herrn Staatssekretär!)
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schimböck zu Wort gemeldet. – Ich ersuche Sie, diese zu stellen.
Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Nachdem Sie uns heute schon sehr wortreich die Aufgaben dieser Management GesmbH aufgezählt haben, muss ich Ihnen sagen, das sind – wenn ich das Bundesministeriengesetz lese – alles Aufgaben, die Ihr Ressort zu erledigen hat, die Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichtlich bereits erledigen. Es stellt sich daher ernstlich die Frage: Warum peitschen Sie dieses Gesetz jetzt mit diesem Tempo durch?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Wir sind immer bestrebt, vor allem wir im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz,
schnell und effizient und zum Wohle der Menschen zu arbeiten. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)
Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zur 8. Anfrage, 1452/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Gumplmaier, die Anfrage zu verlesen.
Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:
„Werden Sie wenigstens für die Heizsaison 2005/2006 einen bundesweit einheitlichen Heizkostenzuschuss vorsehen, damit die explodierenden Heizkosten und die bisherige Untätigkeit der Regierung nicht dazu beitragen, dass viele Österreicherinnen und Österreicher sich das Heizen nicht mehr leisten können?“
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Diese Frage ist heute schon einmal gestellt worden, und ich habe darauf bereits geantwortet, dass das in die Kompetenz der Länder fällt und natürlich unterschiedlich geregelt ist. Ich sage aber auch dazu, dass der Kompetenztatbestand Armenwesen so zu subsumieren ist, dass das zwar nach Artikel 12 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes Bundessache in der Grundsatzgesetzgebung ist, aber Landessache in der Ausführung und in der Vollziehung. Da es nun einmal unterschiedliche Richtsätze gibt, bei der Höhe des Heizkos-
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tenzuschusses genauso wie auch bei der Einkommensgrenze, hätten sich die Länder darauf einigen können, eine gleiche Höhe festzulegen. – Das war nicht der Fall.
Ich habe vorhin schon gesagt, im Jahr 2000 hat der Bund den Ländern 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt (Bundesrätin Lueger: Jetzt haben wir 2005, bald 2006!) und 139 Millionen Schilling sind praktisch ausgeschöpft worden, also mehr als zwei Drittel sind nicht ausgeschöpft worden. (Bundesrat Wiesenegg: Welche Bundesländer sind das?) Ja alle, in allen Bundesländern ist nicht alles ausgeschöpft worden im Jahr 2000. (Bundesrätin Lueger: Kann man Zahlen haben, bitte!)
Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht?
Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Sehen Sie nicht eine Möglichkeit, dass der Bund hier mit zusätzlichen Mitteln, die ja offensichtlich auf Grund steigender Benzin- und Heizölpreise allein durch die Mineralölsteuer und die Umsatzsteuer lukriert werden, den Ländern unter die Arme greift, damit es auf diese Art und Weise zu einem einheitlichen Heizkostenzuschuss kommt?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Als Sozialpolitiker werden wir immer bestrebt
sein, dass möglichst viel an die Leute zurückfließt, aber in diesem Fall fällt
das natürlich in die Kompetenz des Finanzministers. (Bundesrat Gruber: Der ist
mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, der hat keine Zeit für das!)
Präsident Peter Mitterer: Danke.
Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Tiefnig gewünscht. – Ich bitte Sie, diese zu stellen.
Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Meine Frage wurde schon im Rahmen der Beantwortung der sechsten Anfrage geklärt; es erübrigt sich, diese Frage ein zweites Mal zu stellen.
Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Dr. Böhm gewünscht. – Ich ersuche Sie, diese zu stellen.
Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte doch noch vergleichend auf die Frage zurückkommen, weil es eben keine bundeseinheitliche Regelung gibt.
Wie hoch ist der Heizkostenzuschuss in den einzelnen Bundesländern, und wer hat Anspruch auf Leistung?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Wie ich jetzt schon ein paar Mal erwähnt habe, liegt die Kompetenz in den Ländern, und dort wird das unterschiedlich geregelt; das kritisiert übrigens auch die Volksanwaltschaft massiv, dass es hier bei den Einkünften, bei den Antragsfristen, bei der Höhe der Leistung und so weiter unterschiedliche Regelungen gibt.
Den mit 50 € niedrigsten Heizkostenzuschuss wird es voraussichtlich im Burgenland geben (Oh-Rufe bei der ÖVP), den höchsten mit 170 € in Vorarlberg; es gibt da aber natürlich auch noch die unterschiedlichsten Regelungen in den Städten.
In Niederösterreich beträgt die Leistung für die Heizperiode 2005/2006 einmalig 75 €, Anspruch haben im Wesentlichen Personen, deren Einkommen unter dem jeweiligen Ausgleichszulagenrichtsatz liegen.
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Im Land Oberösterreich gibt es pro Haushalt 150 €, wenn das Haushaltseinkommen unter der Einkommensgrenze für die soziale Bedürftigkeit, also dem fiktiven Ausgleichszulagenrichtsatz von 2006 liegt. 75 € gibt es dort, wenn die Einkommensgrenze um bis zu maximal 50 € überschritten wird. – Also wieder die unterschiedlichsten Regelungen. In der Stadt Linz wiederum werden 176 € ausbezahlt, und für die Zuerkennung ist ein um 36 € erhöhter Sozialhilfesatz relevant.
In der Steiermark wiederum gibt es einen Zuschuss in der Höhe von 120 € für Ölheizungen und einen von 60 € für sonstige Heizungen. Es ist also total unterschiedlich geregelt.
In Kärnten zum Beispiel wurden der Heizkostenzuschuss für sozial bedürftige Menschen ausgeweitet und das Gesamtvolumen für diese Aktion von 1,8 Millionen € auf 2,4 Millionen € erhöht. Konkret sollen alleinstehende Personen nunmehr 90 € statt bisher 60 € erhalten und Ehepaare 150 € statt bisher 100 €.
In Wien wurde im Jahre 2004 ein Heizkostenzuschuss in der Höhe von 50 € – also relativ niedrig – für alle Arbeitslosen, Notstandshilfebezieher, Pensions-, Sozialhilfe- und Kinderbetreuungsgeldbezieher, die von einem Einkommen über die Ausgleichszulage gelebt haben, also von 624 €, gewährt. Jetzt hat der Bürgermeister laut einem Interview, das in den letzten Tagen durch die Presse gegangen ist, angekündigt, einen Zuschuss von 150 € auszuschütten.
All diese Beispiele zeigen, dass eine umfassende Beantwortung dieser Frage nicht ganz so einfach ist. Auf Grund der Vielzahl von Gebietskörperschaften ist diese Frage sehr umfangreich und unterschiedlichst geregelt.
Präsident Peter Mitterer: Danke.
Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. – Ich ersuche Sie, diese zu stellen.
Bundesrat Stefan
Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sie sind heute
erstaunlich gut gelaunt, auf dem BZÖ-Scherbenhaufen lässt es sich wahrscheinlich
auch humorvoll leben (Bundesrat Konečny: Nur so!), aber ich bin erschüttert, Herr Staatssekretär (Bundesrat Bieringer: Zusatzfrage! Keine Feststellungen!), dass Sie
anlässlich meiner Zusatzfrage vorhin pauschal alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
in der Pensionsversicherungsanstalt diffamiert haben, sie würden ein negatives
Gutachten zur Schwerarbeiterregelung erstellen (Bundesrat Bieringer: Eine
Frage und keine Rede!), weil sie selbst nicht unter diese Regelung fallen. (Bundesrat Bieringer: Zusatzfrage!)
Ja, ich stelle meine Zusatzfrage: Herr Staatssekretär, ist es nicht völlig irrelevant, auf Zuständigkeiten hinzuweisen, wenn in diesem Land Menschen im Winter frieren? (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Alle Fragen den Heizkostenzuschuss betreffend sind heute schon ausführlich beantwortet worden. (Zwischenruf der Bundesrätin Lueger.) Okay, das ist eben Länderkompetenz und nicht Bundeskompetenz. Ich kann mir ohne weiteres vorstellen, dass das auch in die Kompetenz des Bundes kommt, zumal immer wieder darüber nachgedacht wird, was Bundes- und was Landeskompetenz sein soll.
Ein Beispiel aus der Sozialpolitik, behinderte Menschen etwa: Die soziale Kompetenz liegt immer bei den Ländern, die berufliche Integration liegt beim Bund. Es wird immer wieder darüber nachgedacht: Wie kann man das ausgliedern? Wie kann man das ver-
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einfachen? Wie
soll man das in eine Zuständigkeit bringen? Wie Sie wissen, ist der
Österreich-Konvent im Bereich der 15a-Vereinbarungen auch auf der Stelle
getreten, man hat sich nicht geeinigt zwischen Bund und Ländern, und im Falle
des Heizkostenzuschusses ist das eben ähnlich. (Bundesrat Mag. Pehm:
Aber trotzdem frieren die Menschen!)
Ihnen ist ja bekannt, wie der
Österreich-Konvent verlaufen ist. Wir hätten in dem einen oder anderen Bereich
sicherlich eine Begradigung gewünscht, aber wenn niemand irgendwo etwas
nachgeben will, dann wird es eben problematisch. (Bundesrätin Lueger: Ist
Kompetenzstreit auf Kosten frierender Menschen nicht erschütternd?)
Präsident Peter Mitterer: Danke, damit ist die 8. Anfrage erledigt.
Wir kommen nun zur 9. Anfrage, 1448/M. Ich ersuche Herrn Bundesrat Mag. Baier um die Verlesung der Anfrage.
Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:
„Werden seitens Ihres Ressorts mit den Ländern Gespräche über eine Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen geführt?“
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Als zuständiges Ministerium sind uns die Anliegen der Jugend natürlich besonders wichtig und dass es hier zu einer bundesweiten Harmonisierung kommt ebenfalls. Wir treiben das auch voran. Es zeigt sich allerdings eine ähnliche Problematik: dass der Zuständigkeitsbereich in den Ländern oft unterschiedlich ist.
Ich weise darauf hin, dass der Landeshauptmann von Kärnten, der gerade die Vorsitzführung der Landeshauptleutekonferenz innehat, auch in dieser Frage tätig geworden ist. Die Jugendschutzbestimmungen sollen österreichweit gleich gehandhabt werden. Auch Landesrätin Doraja Eberle, derzeit Vorsitzende der Landesjugendreferenten, wurde, wie mir bekannt ist, diesbezüglich schon kontaktiert und gebeten, dieses Anliegen auch aufzugreifen. Des Weiteren unterstütze ich natürlich auch die Bemühungen der österreichischen Jugendvertretung, im Interesse junger Menschen eine bundeseinheitliche klare und verständliche Regelung im Jugendschutzbereich für die Zukunft zu fassen.
Präsident Peter Mitterer: Wünscht der Fragesteller eine Zusatzfrage? – Bitte.
Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Wenn Sie an eine Vereinheitlichung oder Harmonisierung denken: Welche Regelungsbereiche wären hier besonders harmonisierungsbedürftig?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Ich denke vor allem an den Bereich Drogen- und Alkoholkonsum. Hier sollen einheitliche Regelungen gelten. Es gibt zum Beispiel für die Ausschank unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern, aber ich denke, es wäre ganz, ganz wichtig, dass das österreichweit gleich geregelt ist. Wir wissen, in welchem Alter zu welchen Dingen gegriffen wird, vor allem die Alko-Pops sind bei der Jugend sehr beliebt. Meiner Meinung nach bedarf es hier besonderer Aufklärung und bundeseinheitlicher Regelungen.
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Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Weilharter zu Wort gemeldet. – Ich ersuche Sie, die Frage zu stellen.
Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Staatssekretär! Welche vorläufige Bilanz können Sie jetzt schon nach der Einführung des nationalen Jugendportals ziehen?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 31 |
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Es ist jetzt einen Monat her, dass die Online-Schaltung in diesem Bereich funktioniert, und bis Ende letzter Woche gab es bereits 12 609 Zugriffe auf die Webseite „www.jugendinfo.at“. Das ist ganz beachtlich. Durchschnittlich greifen pro Tag 407 Leute auf das Portal zu, 756 Jugendliche zwischen 14 und 24 haben den Online-Fragebogen zu den Schwerpunkten Jugend und Beschäftigung auf diesem Jugendportal ausgefüllt. Die Ergebnisse werden wissenschaftlich aufbereitet und dann auch veröffentlicht.
Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Konrad gewünscht. – Ich ersuche Sie, diese zu stellen.
Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Im Jugendschutz geht es sehr viel um Vorschriften und Pflichten junger Menschen. Mich würde interessieren, wie es mit den Rechten junger Menschen ausschaut. Gibt es in Ihrem Ministerium Bemühungen, ein einheitliches Wahlrecht ab 16 einzuführen?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Wir haben jetzt das Wahlrecht auf kommunaler
Ebene in vielen Bereichen modifiziert. Im Grunde genommen ist es so, dass die
Jugendlichen darüber natürlich erfreut sind. Man kann mitbestimmen, man kann
mitwählen, und ich kann mir ohne weiteres vorstellen, dass man das bundesweit
auf alle Wahlen ausdehnt. (Bundesrätin Konrad: Gibt es auch Bestrebungen?)
Wir versuchen jetzt zu analysieren, wie hoch die Beteiligung Jugendlicher wäre, würde man das Wahlalter generell auf 16 Jahre absenken. Wir haben ja bereits erste Zahlen. Im Burgenland waren jetzt bei der Landtagswahl zum ersten Mal 16-Jährige zugelassen. Wie hoch war die Beteiligung und so weiter und so fort? (Bundesrat Mag. Pehm: 70 Prozent! Über 70 Prozent!) Ausgezeichnet, sehen Sie, und das spricht natürlich dafür, wenn die Beteiligung bei Jugendlichen so hoch ist, dass man diese Regelung auch auf andere Bereiche ausdehnt.
Präsident Peter Mitterer: Danke.
Wir gelangen nun zur 10. und letzten Anfrage, 1453/M. Ich ersuche Frau Bundesrätin Bachner um die Verlesung der Anfrage.
Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:
„Welche
Auswirkungen sind auf den österreichischen Konsumentenschutz zu erwarten, wenn
die Dienstleistungsrichtlinie in der derzeitigen Fassung beschlossen wird?“
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Aus konsumentenschutzpolitischer Sicht ist natürlich diese Dienstleistungsrichtlinie, die nach dem Herkunftslandprinzip ausgerichtet ist, insofern dramatisch, als sie sich so auswirkt, dass, wenn das Herkunftslandprinzip in allen Bereichen gilt, die Verbraucherschutzbestimmungen ein niedrigeres Niveau erlangen und die Information für den Konsumenten unzureichend ist.
Vor allem in den Berufen, die Dienstleistungen betreffen, wie Gesundheitsberufe, Sozialberufe, Pflegeberufe und so weiter, bin ich vehement dagegen, dass das Herkunftslandprinzip gilt. Die Dienstleistung muss in diesem Bereich nach jenen Kriterien erfüllt werden, die in dem jeweiligen Land gelten, in dem diese Leistung erbracht wird. Das heißt, Leistungen im gesundheitsberuflichen oder sozialberuflichen Bereich sollen in Österreich nach österreichischen Gesetzen erfüllt werden und nicht nach dem Herkunftslandprinzip. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass es zu einem Lohndumping kommt, zu einer Aushöhlung der österreichischen Wirtschaft.
In anderen Bereichen steht natürlich der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund, wo das Herkunftslandprinzip gelten soll.
Wir sind sehr bemüht, eine Berücksichtigung dieser Aspekte auch in der Europäischen Union durchzusetzen.
Präsident Peter Mitterer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin.
Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Vorerst möchte ich mich bedanken, Herr Staatssekretär, Sie sprechen mir mit Ihrer Antwort aus der Seele.
Ich möchte folgende Zusatzfrage stellen: Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um auch Herrn Minister Bartenstein von Ihrer Meinung überzeugen zu können? (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Es hat diesbezüglich schon Gespräche zwischen uns gegeben. Herr Bundesminister Bartenstein ist sich dieser Problematik voll bewusst, dass es ein Unterschied ist, ob es um die Wirtschaft, um rein wirtschaftliche Leistungen geht oder um eine Dienstleistung in den Sozialberufen und Gesundheitsberufen. Das ist sogar ein großer Unterschied. Ich denke auch, dass wir einen guten Konsens finden werden, wo nach dem Herkunftslandprinzip vorgegangen werden soll und wo nicht.
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Diesner-Wais zu Wort gemeldet. – Ich ersuche Sie, diese zu stellen.
Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Welche Wohlfahrtseffekte für die europäische und österreichische Bevölkerung würde die Beschlussfassung einer EU-Dienstleistungsrichtlinie bewirken?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär. (Bundesrat Gruber: Wohlfahrts‑? – Bundesrätin Diesner-Wais: Wohlfahrtseffekte! Welche Wohlfahrtseffekte für die europäische und österreichische Bevölkerung würde die Beschlussfassung einer EU-Dienstleistungsrichtlinie bewirken? – Bundesrat Gruber: Bin ich auf einer falschen Veranstaltung?)
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin, ich glaube, das ist
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ungefähr die gleiche Frage, die Kollegin Bachner soeben gestellt hat. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrätin Bachner: Nein, da verwahre ich mich dagegen!) Es läuft auf dasselbe hinaus. (Neuerliche ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)
Die Dienstleistungsrichtlinie, wie sie jetzt vorgesehen ist, nämlich nach dem Herkunftslandprinzip, befürworte ich natürlich für alle in diesen Wirtschaftsbereichen Tätigen.
Aber ich bin eher dafür, dass alles, was in
diesen Dienstleistungsbereichen sozialpolitisch läuft, für Sozialberufe,
Gesundheitsberufe, nach den Kriterien jenes Landes gemessen und erfüllt wird,
in dem diese Dienstleistung erbracht wird, und nicht nach dem
Herkunftslandprinzip. (Bundesrätin Bachner: Bravo! Da bin ich dafür!)
Präsident Peter Mitterer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Böhm zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.
Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werden Sie sich im Zuge der Liberalisierung des Dienstleistungssektors dafür einsetzen, dass österreichische Standards vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge, insbesondere im Gesundheits- und Sozialsektor, aufrechterhalten werden können?
Präsident Peter Mitterer: Herr Staatssekretär, bitte.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Bundesrat! Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich dafür zu 100 Prozent einsetzen werde. (Bundesrat Konečny: Könnten wir da nicht einen Entschließungsantrag machen?!)
Präsident Peter Mitterer: Eine weitere Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker gewünscht. Ich ersuche, die Frage zu stellen.
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Sie haben betont, dass die Vorsorge und die Standards im Bereich der Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen abgesichert werden sollen. Wie sieht das bei anderen Dienstleistungen aus, wie sieht es vor allem nicht nur bei Konsumentenschutzstandards, sondern Standards generell im Lohnniveau, im Umweltbereich, aber genauso auch bei Sozialleistungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus?
Präsident Peter Mitterer: Bitte, Herr Staatssekretär.
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Frau Bundesrätin! Es ist ein großes Spektrum, das Sie jetzt angesprochen haben, beginnend beim Einkommen, das in Österreich natürlich die Sozialpartner ausverhandeln.
Es ist ganz wichtig, dass wir keinem Lohndumping unterliegen, dass nicht aus benachbarten Ländern ein geringeres Lohnniveau nach Österreich übergreift, denn dadurch würde die Kaufkraft sinken – und das wäre schlecht. Deshalb müssen wir unsere höheren Standards – vor allem die Sozialstandards sind in Österreich wesentlich höher und ziehen Leute an – verteidigen. Es ist sehr wichtig, dass wir alles daransetzen, unseren Level woandershin zu bringen, sodass die anderen in diesen Bereichen nachziehen, aber nicht bei uns das Niveau sinkt.
Dafür werden wir uns voll und ganz einsetzen. Deswegen ist auch die Unterscheidung bei der Dienstleistungsrichtlinie – auf der einen Seite, was die Produktivität betrifft, auf der anderen Seite jene Linien, die im sozialpolitischen Bereich laufen.
Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass es sehr wichtig ist, den Sozialbetrug in diesem Zusammenhang einzudämmen. Den Kassen geht jede Menge Geld ab, nur weil es ein paar schwarze Schafe gibt, die zum Teil Firmen im benachbarten Ausland
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anmelden, dann aber wieder mit geringeren Löhnen hier in Österreich arbeiten. Das ist hintanzuhalten!
Ebenso wichtig ist die Dienstnehmeranmeldung spätestens bei Arbeitsbeginn – das habe ich schon zu Beginn der Fragestunde erwähnt –, die im nächsten Jahr probeweise im Burgenland eingeführt wird. Das Burgenland ist sogar prädestiniert dafür, weil dort sehr viel in diesem Bereich hereinkommt. Außerdem ist es ein kleines Bundesland, in dem der Sozialbetrug einmal der Kampf angesagt wird.
Ich kann mir auch noch wesentliche andere Dinge in diesem Bereich vorstellen, wie zum Beispiel, dass der Generalunternehmer für den Subunternehmer haftet, nicht nur im finanzmathematischen Bereich, sondern auch was die Sozialabgaben betrifft.
Präsident Peter Mitterer: Die Fragestunde war wirklich eine Fragestunde, sie hat nämlich genau eine Stunde gedauert und ist damit beendet. – Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Einlauf und Zuweisungen
Präsident Peter
Mitterer: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten
Anfragebeantwortungen 2123/AB bis 2152/AB sowie jener
Verhandlungsgegenstände, die gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem
Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen, verweise ich auf die im
Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem
Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden
Wortlaut:
Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 11)
Beschlüsse des
Nationalrates, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG
nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen:
Beschluss des Nationalrates vom 28. September
2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen
Beitrages zur 10. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des
Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF X) (1063 und 1098/NR der Beilagen)
Beschluss des Nationalrates vom 28. September
2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen
Beitrages zur 14. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen
Entwicklungsorganisation (IDA 14) und zum Treuhandfonds für
hochverschuldete arme Länder (HIPC-Trust Fund) (1067 und 1099/NR der Beilagen)
*****
Präsident Peter Mitterer: Die eingelangten
Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des
Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 2003 und 2004, vorgelegt vom
Bundeskanzler, habe ich dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zugewiesen.
Den ebenfalls
eingelangten Sicherheitsbericht 2004 der Bundesregierung habe ich dem
Ausschuss für innere Angelegenheiten zugewiesen.
Ebenso eingelangt
sind der Grüne Bericht 2005 und der Bericht über Maßnahmen für die Land-
und Forstwirtschaft im Jahre 2006 gemäß § 9 LWG 1992, die ich
dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft zugewiesen habe.
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Des Weiteren habe ich den eingelangten
Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in
Österreich 2004 dem Ausschuss
für Wirtschaft und Arbeit zugewiesen.
Eingelangt sind
und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des
Nationalrates, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind, und der
Bericht über die soziale Lage 2003–2004 der Bundesministerin für soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz beziehungsweise der Entschließungsantrag 144/A (E)-BR/2005
der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen.
Die Ausschüsse
haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche
Ausschussberichte erstattet.
Ebenso bildet der
Bericht des Bundesministers für Finanzen zur Jahresvorschau 2005 des
Bundesministeriums für Finanzen auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes
der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates, der bereits
früher im Ausschuss für Verfassung und Föderalismus verhandelt wurde, einen
Gegenstand der heutigen Tagesordnung.
Ich habe diese
Verhandlungsgegenstände und den
Entschließungsantrag 144/A (E)-BR/2005 der Bundesräte Wolfgang
Schimböck, Kolleginnen und Kollegen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung
gestellt.
Wird zur
Tagesordnung das Wort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.
Behandlung der
Tagesordnung
Präsident Peter Mitterer: Auf Grund eines
mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die
Tagesordnungspunkte 3 und 4, 8 bis 10, 12 und 13 sowie 17 und 18 unter
einem zu verhandeln.
Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.
Bericht über die soziale Lage 2003–2004
(III-268-BR/2005 d.B. sowie 7373/BR d.B.)
Präsident Peter Mitterer: Wir gehen nun in
die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt der Verhandlungen.
Berichterstatter
ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich ersuche ihn um seinen Bericht.
Berichterstatter Dr. Peter Böhm: Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Hohes Haus! Ich erstatte Ihnen den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz betreffend den Bericht über die soziale Lage 2003–2004.
Der Bericht liegt
Ihnen in schriftlicher Ausfertigung vor, ich beschränke mich daher auf die
Antragstellung:
Der Ausschuss für
soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der
Vorlage am 11. Oktober 2005 den Antrag, den Bericht über die soziale
Lage 2003–2004 zur Kenntnis zu nehmen.
Präsident Peter Mitterer: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
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Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Konečny. Ich darf ihm das Wort erteilen.
10.07
Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich ein Zufall, dass der Sozialbericht 2003–2004 am Beginn unserer heutigen Tagesordnung steht, aber es ist ein höchst charakteristischer Zufall. Denn es ist keine Frage, dass es bei allen Versuchen, die Realität schönzufärben – der Herr Staatssekretär hat in der Fragestunde eine eindrucksvolle Pflichtübung in dieser olympisch noch nicht anerkannten Disziplin geliefert –, bei allen Versuchen, die soziale Lage in diesem Land schönzufärben, ein Bericht eines Scheiterns ist, falls von dieser Bundesregierung überhaupt ein Versuch unternommen wurde, soziale Politik zu betreiben, was ich in höchstem Maße bezweifle. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn mehr als eine Million Menschen in diesem Land von Armut gefährdet sind, dann ist das die Bilanz einer Politik, die armselig und bedrohlich ist; bedrohlich für jene, die sich unter dieser Million Menschen befinden, bedrohlich für die Hunderttausenden, die da an der Kippe stehen und sich mit Recht Sorgen um ihre persönliche Zukunft und die Zukunft ihrer Familie machen.
Die Österreicherinnen und Österreicher
haben begonnen, in einer sehr drastischen Art und Weise aus diesem Scheitern
ihre Konsequenzen zu ziehen. Dieser in seinem Inhalt, nicht in seinem Wording,
mitleidlose Bericht über ein Scheitern steht am Beginn der Tagesordnung der
letzten Sitzung des Bundesrates, in der die Regierung über eine Mehrheit in
unserem Haus verfügt. – Das hat vor allem die Entscheidung der steiermärkischen
Wählerinnen und Wähler möglich gemacht. Die burgenländischen Wählerinnen und
Wähler haben sich ähnlich entschieden, ohne dass das jedoch Auswirkungen auf
die Zusammensetzung des Bundesrates hatte. Die Wiener Wählerinnen und Wähler
werden eine solche Entscheidung treffen, und diese Entscheidung wird wieder
Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundesrates haben und die Stärke der
beiden Oppositionsparteien nochmals anheben. (Ruf bei der ÖVP: ... wahrsagen!)
Herr Kollege! Ich glaube nicht, dass das ein Bereich ist, wo ich mich auf der Ebene der Spekulation bewege. (Beifall bei der SPÖ.) Ich habe in einer Sitzung vor dem Sommer – ich glaube, es war die Juli-Sitzung –, als ich einen ähnlichen Prognosesatz über die Steiermark auszusprechen wagte und mir Herr Bundesrat Hösele wortgewaltig in dasselbe fiel, Herrn Bundesrat Hösele gesagt: Ich halte nichts davon, wenn wir zwei uns jetzt darüber streiten, wer bei dieser Wahl gewinnen wird, ich halte sehr viel mehr davon, die Wählerinnen und Wähler zu Wort kommen zu lassen.
Die Wählerinnen und Wähler in der Steiermark haben ein drastisches Urteil gefällt! Warten wir auf die Wiener Wählerinnen und Wähler, und unterhalten wir uns in der November-Sitzung über Prophetie und Kaffeesudlesen weiter! (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)
Wie gesagt, der Bundesrat wird ab der nächsten Sitzung ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Bitte? Kollege, ich antworte gerne auf alle Zwischenrufe, aber Sie müssen sie so deutlich sagen, dass ich sie verstehe, sonst sind sie nur Geräusch. – Nein? Gut, dann war er nicht so gut. (Heiterkeit.)
Der Bundesrat wird also ab seiner nächsten Sitzung nicht nur eine Stärkung der beiden Oppositionsparteien – das hatten wir schon ein paar Mal – hier feststellen müssen, sondern auch eine Veränderung seiner Mehrheitsverhältnisse. Die Regierung und die ÖVP-Bundesratsfraktion haben uns in weiser Voraussicht, wie ich sagen muss – im Gegensatz zu manchen Zwischenrufern war da die Einsicht schon gegeben –, für diese Sitzung ein Eilpaket angekündigt, weil man ja nicht wissen könne. Kollege Bieringer war daran beteiligt, wie ich den „Salzburger Nachrichten“ entnommen habe. Er hat
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damals optimistisch gemeint, bei der Steiermark habe er keine Sorgen, bei
Wien aber wisse man das nicht so genau. Also wenn Kollege Bieringer bei der Steiermark keine Sorgen hatte, aber für
Wien das Ärgste befürchtet – ui, das muss ein Ergebnis in Wien geben! (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Aber davon einmal abgesehen: Das, was wir heute auf der Tagesordnung haben, sind zum Teil ganz offensichtlich Vorlagen, bei denen sich die Bundesregierung bemüht, sie noch ohne das Risiko eines Einspruches des Bundesrates verabschieden zu lassen. – Soll sein. Das ist zwar vielleicht im Einzelfall nicht die feine englische Art, aber es ist absolut politisch legitim und korrekt. Wir nehmen diese Eile in manchen Bereichen zur Kenntnis, obwohl ich sie nicht ganz nachvollziehen kann. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ich muss ja nicht alles verstehen von den „höheren“ Überlegungen der Bundesregierung. Es ist dem gemeinen Mann ja nicht zuzumuten, dass er das alles versteht.
Wir wollen – ich sage das in vollem Bewusstsein der Verantwortung, die eine solche Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse mit sich bringen wird – dieses Recht und diese Möglichkeit, ab der nächsten Sitzung einen Einspruch in vielen Fällen zu beschließen, weil die Grundlagen dafür gegeben sind, sehr verantwortungsbewusst und sehr gezielt gebrauchen.
Kolleginnen und Kollegen, die das auf der Seite der ÖVP schon miterlebt haben, haben verständlicherweise immer dann, wenn wir über die Stärke und die Rolle des Bundesrates debattiert haben, mit Recht darauf verwiesen, dass der Bundesrat stets dann mehr im Blickwinkel der Öffentlichkeit steht, wenn seine Mehrheitsverhältnisse so gestaltet sind, dass es Einsprüche geben kann. Das hat es auch vis-à-vis einer sozialdemokratischen Regierung gegeben. Und natürlich hat, ohne dass daran in irgendeiner Form Kritik zu üben ist, die ÖVP-Fraktion, hat die damalige Opposition ihre Möglichkeiten genützt (Zwischenruf bei der ÖVP) – ja da habt ihr auch noch die Mehrheit gehabt, insofern waren es wirklich Zeiten für euch –, Einspruch zu erheben, wenn sie das für politisch richtig gehalten hat.
Es wird uns nicht darum gehen – ich sage das mit großem Nachdruck –, diese Möglichkeit in einer Art und Weise auszunützen, bei der auch der Bundesrat Schaden nehmen könnte, sondern eben verantwortungsbewusst und gezielt. Die Tatsache, dass wir gegen diese Regierung eingestellt sind, dass wir sie ablehnen, dass wir ihre Politik ablehnen, dass wir eine Fülle von Einzelmaßnahmen ablehnen, wird nicht zu einer ziellosen Pauschalablehnung führen und wird auch nicht dazu führen, dass wir die Rechte der Opposition, die natürlich jetzt gestärkt sind, weil es sich um Mehrheitsrechte handelt, in schikanöser Art und Weise ausüben.
Worum es geht, ist, die politische Debatte in vielen Fällen zu akzentuieren und in einigen wenigen Fällen darauf zu hoffen, dass die Regierung doch noch erkennt, dass sie mit einer konkreten Vorlage auf dem Holzweg ist, dass sie einen Weg in die falsche Richtung einschlägt.
Wir wissen natürlich, dass der materielle
Inhalt unseres Einspruchsrechtes darin besteht, dass wir ein Gesetz eher verzögern
als verhindern. Wir haben in der Vergangenheit – wir ändern uns ja nicht
dadurch, dass wir Mehrheitspartei werden – zu vielen Vorlagen ja gesagt,
obwohl wir begründete und berechtigte Kritik an vielen Inhalten dieser Gesetze
zu üben hatten, weil wir der Meinung waren – und das wird sich nicht
ändern –, dass in diesen Gesetzen auch positive Elemente enthalten sind
und wir die Wirkung dieser positiven Elemente gegenüber den Menschen nicht
hinauszögern wollten. (Bundesrat
Mag. Himmer: Herr Professor! Finden
Sie, dass Sie zur Tagesordnung sprechen?) – Selbstverständlich, Herr Kollege! Wenn der Herr Präsident anderer Meinung ist, wird er
es mir sagen. Ihre Meinung dazu ist geschäftsordnungsmäßig nicht wirklich
maßgeblich. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Konrad.)
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Wir haben
heute – ich möchte das an einem Beispiel erläutern – eine Vorlage auf
der Tagesordnung, gegen die wir inhaltlich in vielen Bereichen sind. Wir sind
nicht der Meinung, dass die Anhebung der Pendlerpauschale und die Erhöhung des
Kilometergeldes in einem Ausmaß erfolgen, das die sozialen Auswirkungen der
Benzinpreiserhöhung und der damit verbundenen Kostensteigerungen auch nur
irgendwie abfedert. Trotzdem: Wir werden heute dieser Vorlage zustimmen und wir
werden einer vergleichbaren Vorlage auch nach dem November zustimmen, denn
zumindest die 2 Cent sollen den Österreichern nicht noch zwei Monate lang
vorenthalten werden. Das verstehe ich unter Verantwortungsbewusstsein. (Beifall
bei der SPÖ.)
Der
Sozialbericht, der diesen Tagesordnungspunkt bildet – ich sage das noch
ein-
mal –, ist ein Bericht über ein Scheitern, wenn man eine positive Absicht
unterstellt, ein Bericht über eine erfolgreiche Operation, wenn ich mir die
politischen Überlegungen, die im Bereich der Regierungsparteien immer wieder
hochkommen, in Erinnerung rufe.
Ich sage sehr deutlich dazu: Das
ist der Punkt, der uns fundamental scheidet. Niemand wird bezweifeln, dass in
diesem Land Reformen und Veränderungen notwendig sind. Niemand – und wir
werden das nicht tun – sollte sich als Parole auf die Fahnen schreiben,
es darf sich nichts ändern, sonst könnte sich irgendjemand unwohl fühlen. Aber
jeder muss wissen, dass jede gesetzliche Veränderung, jede organisatorische
Veränderung tief in das Leben von Menschen eingreift. Und es sollte am
Vorblatt wohl jeder Gesetzesvorlage eine ernste Folgenüberprüfung jeder
gesetzlichen Maßnahme aufscheinen: Was tue ich damit den Menschen an? Ist der
positive Effekt – Einsparung, Verwaltungsvereinfachung – wirklich ein
so großer und starker, dass ich den Normunterworfenen, den Staatsbürgerinnen
und Staatsbürgern das antun kann? (Bundesrat Dr. Kühnel: Welche Kommission soll das tun, Herr Abgeordneter?)
Die Kommission ist permanent zusammengesetzt und besteht aus den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Wie ich schon sagte, die letzten beiden Zwischenberichte dieser Kommission lagen am vergangenen und vorvergangenen Sonntag vor, der nächste ist in zehn Tagen zu erwarten, und ich empfehle ihn insbesondere Ihnen, Kollege Kühnel, zur besonderen Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Wissen Sie, ich mische mich in Ihre Angelegenheiten ja ungern ein. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Herr Kollege, man sollte jedem die Fehler, für die er prädestiniert ist, begehen lassen, und daran möchte ich niemanden hindern. Sie sollten allerdings nicht auf dem Rücken der Österreicherinnen und Österreicher ausgetragen werden.
Herr Kollege Kühnel! Sie haben es als Mandatar des 1. Bezirkes schriftlich, dass Ihr christdemokratisches Verhalten irgendwie in Zweifel zu ziehen ist. Ich weiß nicht, ob auch Sie einen günstigen Parkplatz haben. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Aber ich will mich nicht mit den Bezirksproblemen von Wien Innere Stadt auseinander setzen. (Beifall bei der SPÖ.)
Kehren wir zu Wesentlichem zurück und halten wir Folgendes fest: Wir werden diesem Bericht selbstverständlich nicht zustimmen – nicht, weil wir mit dem Inhalt nicht einverstanden sind, wie gesagt, bei aller Schönfärberei, er verrät vieles und er macht auf vieles aufmerksam, aber wir können ihm natürlich nicht zustimmen, weil er der Ausdruck der so genannten Sozialpolitik dieser Bundesregierung ist. Diese lehnen wir ab, wir halten ihre Konsequenzen für wirklich bedenklich. Wer immer nach dem Herbst 2006 dieses Land zu regieren haben wird, hat gerade auf diesem Gebiet einen gewaltigen und auch kostspieligen Nachholbedarf, den diese Bundesregierung hinterlässt.
Dennoch, wir sagen mit klarer Deutlichkeit: Für diese Politik und für diesen fundamentalen Unterschied zwischen unserer Politik und einer auch ein bisschen selbstverlieb-
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 38 |
ten, aber jedenfalls an Zielen orientierten Politik, die nicht die unseren sind, kann es von uns weder vor einem Wahltag noch nach einem Wahltag ein Ja geben, daher unsere Abgrenzung davon.
Die ÖVP – um das sehr deutlich anzusprechen – hatte auch eine christlich-soziale Komponente. Diese Komponente ist unter die Räder gekommen. Sie drückt sich in ihrer Politik nicht mehr aus. Und ich glaube, dass Wahlergebnisse auch diese Beurteilung durch die Wähler in dieser Hinsicht zum Ausdruck bringen. Sie sollten – das ist kein Koalitionsangebot oder irgendetwas in diese Richtung – sich gründlich überlegen, auch im Hinblick auf das zwar technisch erfolgreiche, aber politische Scheitern Ihrer deutschen Schwesterpartei, ob jene Politik der Kälte ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich sage ja nicht, dass meine Parteifreunde dort einen großen Sieg errungen haben. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Mehrheit hat die CDU eben nicht. Das hätte sie gerne gehabt.
Meine Kollegen! Sie haben ja vielfältig dazwischen gerufen, aber die Tatsache „Wahlsieger“ mit minus 4,5 Prozent, das ist die Kategorie, die ich mir für unsere Partei nicht wünschen würde. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Und es sind sich alle einig, warum es so kam. – Weil dort dieselbe Politik der Kälte und der sozialen Verantwortungslosigkeit proklamiert wurde, die Sie jetzt seit dem Jahr 2000 betreiben. (Bundesrat Dr. Böhm: 4,7 Millionen Arbeitslose!) – Herr Kollege! Deutschland hat die Sozialdemokratie nicht in dem Umfang gewählt, den ich mir gewünscht hätte, keine Frage, aber es hat das Land eine linke Mehrheit. Und das sollten Sie bei Ihren forschen Zwischenrufen nicht ganz aus dem Gedächtnis streichen.
Ich wünsche mir für dieses Land im Oktober
nächsten Jahres auch eine linke Mehrheit, damit klar ist ... (Bundesrat
Dr. Böhm: Mit kommunistischer Hilfe!) Ich bitte Sie, der zu
erwartende gewaltige Wahlerfolg der KPÖ, nämlich ein Anstieg von 0,65 auf
0,88 Prozent, wird es bei dieser Linksmehrheit nicht wirklich ausmachen. (Beifall
bei der SPÖ.) Allerdings gibt es eine Partei, die im Augenblick in diesem
Haus vertreten ist, die auch ihre Schwierigkeiten haben wird, über
0,88 Prozent hinauszukommen. (Beifall bei der SPÖ.)
Darf ich den Satz trotzdem beenden und damit auch meine Rede, wenn ich Ihnen etwas versprechen darf. Sie wissen, Kurt Tucholsky, „Ratschläge für einen schlechten Redner“: „Kündige den Schluß deiner Rede lange vorher an, damit die Hörer vor Freude nicht einen Schlaganfall bekommen.“ – Was ich hiermit getan habe zur Schonung Ihrer Befindlichkeit.
Ich wünsche mir für dieses Land eine deutliche linke Mehrheit, und zwar nicht, um damit von vornherein Regierungskonstellationen zu betonieren, sondern um auch zum Ausdruck zu bringen, was die Menschen in diesem Land wollen: eine andere Politik, als sie heute betrieben wird, eine andere Politik als jene, über die uns der Sozialbericht eine zwar geschönte, aber trotzdem triste Bilanz liefert. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
10.28
Präsident Peter Mitterer: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Bundesräte! Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, verweise ich noch einmal auf unsere uns selbst auferlegte freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten, die meistens auch ausreicht, wenn man nur zum entsprechenden Tagesordnungspunkt spricht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Boden: Waren Sie anderer Meinung, Herr Präsident?)
Ich darf nun dem nächsten gemeldeten Redner, Bundesrat Mag. Harald Himmer, das Wort erteilen.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 39 |
10.29
Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Sozialdemokratie hat ja wirklich jegliche Kompetenz, Temperaturgrade zu messen. Eine Partei nämlich, in der Parteikollegen den Vorsitzenden als Eisschrank bezeichnen, wissen ja Bescheid, was Kälte ist. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Zur Tagesordnung!)
Ich halte also fest: Der Fraktionsobmann der Sozialdemokratie in Österreich freut sich, dass es in Deutschland eine Mehrheit mit Kommunisten gibt, eine Mehrheit mit Funktionären und Vertretern eines Systems, das Deutschland über viele Jahre gespalten hat, das für viele Menschen über viele Jahre Unfreiheit gebracht hat, und er wünscht sich eine linke Mehrheit in Österreich, die ja auch nur wieder gemeinsam mit den Kommunisten sein kann. (Bundesrat Konečny: Ist schon in der Steiermark schief gegangen! – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Er wünscht sich eine Mehrheit mit den Kommunisten in Österreich, mit denen dann die SPÖ dieses Land mit voller Kraft retour regieren kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir
reden an sich heute hier über den Sozialbericht. Im Grunde hat man ja in der
Sozialpolitik die Möglichkeit, in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs
Sozialleistungen zu erhöhen. Das ist vergleichsweise eine einfachere Turnübung.
Man kann dann zu Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs Sozialleistungen
reduzieren – auch zumindest von der Umsetzung eine vergleichsweise
leichte Turnübung mit etwas dramatischeren sozialen Implikationen. Man kann sich
natürlich auch der Herausforderung stellen, in den unterschiedlichen Zyklen,
die unsere Wirtschaft eben hat, einen Standard zu erreichen und diesen Standard
dann abzusichern. Genau das ist das, was sich diese Regierung,
als sie angetreten ist, zum Schwerpunkt gesetzt hat! (Vizepräsident Weiss
übernimmt den Vorsitz.)
Wir sehen ganz deutlich, wenn wir uns die Zahlen anschauen, dass die Sozialausgaben des Bundes so hoch wie nie zuvor sind. Die Sozialleistungen an die privaten Haushalte haben sich von 1999 bis 2003 um 9 Milliarden erhöht. Wir wissen auch, dass durch eine Steuerreform insgesamt über eine Million Pensionisten mit rund 450 Millionen entlastet werden. Es werden mit 1. Jänner 2006 die Pensionen um 2,5 Prozent erhöht.
Reden wir über die Sozialleistungen! Es hat diese Regierung das Pflegegeld um 2 Prozent erhöht, und zwar zum ersten Mal seit zwölf Jahren. Sie nehmen ja immer Bezug darauf, dass Sie auch einmal gemeinsam mit uns regiert haben. (Bundesrat Konečny: Sie haben gemeinsam mit uns regiert!) Da ist es zu einer solchen Erhöhung nicht gekommen. Es ist der Ausgleichszulagenrichtsatz ebenfalls erhöht worden. Es gab regelmäßige Erhöhungen für die österreichischen Seniorinnen und Senioren. Für allein stehende Personen ist der Ausgleichszulagenrichtsatz von 589 € im Jahr 1999 auf 662,99 € erhöht worden. Das ist eine Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes um 73 €. (Bundesrat Mag. Pehm: Jetzt sind es wieder die anderen! Unwahrscheinlich!) Im Vergleich dazu: Unter sozialdemokratischen Sozialministern wurde dieser in einem Zeitraum von fünf Jahren um 29 € erhöht. Das heißt, wir handeln um vieles sozialer, als Sie das selbst zu der Zeit, in der Sie verantwortlich waren, getan haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Soziale Kälte ist für mich dann gegeben, wenn man den Menschen Sand in die Augen streut, gegen die notwendigen Maßnahmen polemisiert, aber selber keine besseren Angebote zu machen hat. Da wir manchmal so den Wettbewerb machen mit politischen Prognosen, mit wechselnder Bestätigung der Geschichte, die einen dann einholt, möchte ich sagen: Ich traue mich, was die Steiermark betrifft, schon auch zu bemerken, dass ich sehr neugierig bin, was dann der künftige Landeshauptmann machen
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wird. (Bundesrat Boden: Herberstein fördern!) Er hat jetzt zwei Möglichkeiten: Er kann etwas anderes machen, oder er kann neben den innerparteilichen Querelen, den Selbstzerfleischungsprozessen, die wir alle erlebt haben und die übrigens ... (Bundesrat Konečny: In der ÖVP Steiermark, meinen Sie?) – Natürlich in der ÖVP Steiermark. Aber Sie können sich zum Beispiel auch die Kärntner SPÖ anschauen, wenn Sie politwissenschaftlich ein anderes Beispiel sehen wollen. (Bundesrat Molzbichler: Sozialbericht!) Es ist wohl eindeutig so – da brauchen wir nicht drum herum zu reden –, dass das beim Wähler nicht als sonderlich attraktiv ankommt. Ich glaube, es wissen doch alle, dass auch in der Steiermark gerade diese Streitereien, die es da gegeben hat, ganz maßgeblich dafür sind, dass die steirische Volkspartei den erwünschten Zuspruch nicht bekommen hat. (Bundesrat Molzbichler: Gott sei Dank!) Aber das jetzt umzuinterpretieren in eine Sozialdebatte und darin, dass es da um Wärme- und Kälteabmessungen gegangen ist, ist zwar legitim, hat aber nichts mit dem zu tun, wie die Motivlage dort tatsächlich ist.
Was mich jetzt sehr interessieren würde:
Was wird denn der künftige Landeshauptmann Voves machen? – Er wird
versuchen, die steirische Volkspartei mit in die Regierung zu bekommen und
möglichst die gleiche Wirtschaftspolitik in der Steiermark zu machen, wie sie
bisher inhaltlich erfolgreich gemacht worden ist. Es ist eigentlich zurzeit
nicht zu erkennen, dass der designierte Landeshauptmann oder Wahlsieger Voves
politische Aussagen tätigen würde, die besondere neue soziale Wärme ausstrahlen
würden. (Bundesrat Reisenberger: Steiermark-, Burgenland-,
Wienwahlen – lauter Einzelwahlen!)
Diese Regierung hat sich sehr stark darum gekümmert, dass die familienpolitischen Leistungen erhöht werden. Wir können mit Stolz sagen, dass wir das Kinderbetreuungsgeld für alle eingeführt haben. Seit dem Jahr 2002 gibt es zusätzlich 85 000 junge Mütter, die 5 200 € pro Jahr bekommen. Es ist der Mehrkinderzuschlag erhöht worden. Wir haben die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum zentralen Handlungsfeld gemacht. Wir haben den Kinderzuschlag für Alleinverdiener erhöht. Es ist der Alleinverdienerabsetzbetrag von 4 400 auf 6 000 € erhöht worden. Es gibt 250 Millionen € für die Entlastung der Familien.
Ich weiß schon, dass das, was ich da erzähle, für die Opposition sehr langweilig ist, aber ich werde ohnehin nicht alle sozialpolitischen Leistungen aufzählen, die diese Bundesregierung erbracht hat, weil das dann noch viel länger dauern würde. Deswegen hat es auch Professor Konečny vorgezogen, über anderes als über die Sozialleistungen dieser Bundesregierung zu sprechen.
Meine Damen und Herren! Nur Wachstum schafft Arbeit! Auch diesbezüglich hat diese Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen mit den unterschiedlichen Wachstumspaketen gesetzt. Ich lasse das jetzt alles einmal beiseite und möchte jetzt auch noch darauf hinweisen, dass es anders regierte Bundesländer gibt.
Reden wir doch noch einmal ganz kurz über Wien, weil das ein aktuelles sozialpolitisches Problemfeld ist. Wien hat die rote Laterne beim Wirtschaftswachstum. Wien hat die rote Laterne beim Beschäftigungswachstum. Wien hat die meisten Arbeitslosen. Wien hat die meisten Langzeitarbeitslosen. Wien hat die meisten Zusammenbrüche von Firmen, und in Wien gibt es auch ständig Gebührenerhöhungen, ob das die Energie betrifft, ob das den Müll betrifft, ob das die Tarife betrifft. (Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger.)
Die WIENGAS GmbH hat ständig die Gebühren erhöht. Doch wer unterstützt das? – Die Wiener SPÖ-Alleinregierung! Ständige Gebührenerhöhungen für die WienerInnen. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) – Bitte? (Bundesrat Schennach: Versuchen Sie, den Herrn Kühnel zu überzeugen, dass er ÖVP wählt – oder wie?) Also ich
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 41 |
glaube, dass wir beim Sozialbericht, wenn wir darüber diskutieren, wie es
angeblich den armen Menschen in diesem Land geht, und hier von der Opposition
über den Heizkostenzuschuss traurig gesprochen wird, sehr wohl auch darüber
diskutieren können, dass in Wien die Energiekosten ständig erhöht werden. Das
ist Politik, darum geht es! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Ich finde es wirklich unerhört (mit seinen Unterlagen mehrmals auf das Rednerpult schlagend – Rufe bei der SPÖ: Ungeheuerlich!), dass hier ständig von der Opposition in lächerlicher Weise polemisiert wird, dass Sie dort, wo es um die ernsten Probleme der Menschen in diesem Land geht, wie zum Beispiel, dass sie sich die Heizung nicht mehr leisten können (heftige Zwischenrufe bei der SPÖ), die Kühnheit besitzen, hier zu polemisieren dahin gehend (Bundesrat Reisenberger: Das stimmt nicht, was du sagst! Strampelt wie ein kleines Kind und bringt falsche Zahlen!), dass diese Bundesregierung die Heizkostenzuschüsse erhöhen soll, während Sie es nicht einmal schaffen, in Ihrem eigenen Bundesland, wo Sie eine Alleinregierung haben, dafür zu sorgen, dass die Energiekosten nicht ständig erhöht werden. Das nenne ich Polemik! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konečny: Herr Kollege Himmer, so schlecht sind die Umfragedaten gar nicht!)
Wir arbeiten für diese Menschen. Wir erhöhen die Sozialleistungen. Sie verstehen nichts von Wirtschaft (Oh-Rufe bei der SPÖ), aber von Wirtschaft muss man sehr viel verstehen, um in diesem Land etwas weiterzubringen.
Zusammenfassend zum Sozialbericht, den wir heute diskutieren: Der Fraktionsobmann der Sozialdemokratie hat nichts zum Sozialbericht gesagt, weil er nicht auf die Leistungen der Bundesregierung eingehen wollte (ironische Heiterkeit bei der SPÖ – Bundesrat Konečny: Die Leistungen habe ich doch eh alle aufgezählt!), weil die Sozialausgaben in diesem Land noch nie so hoch waren, weil die Familienleistungen noch nie so hoch waren in diesem Land, weil noch nie so viel antizyklisch für das Wirtschaftswachstum und damit für die Sozialpolitik in diesem Land getan wurde. Aber weil Sie sich überall dort nicht auskennen, ist Ihnen dazu nichts eingefallen. (Beifall bei der ÖVP.)
10.41
Vizepräsident Jürgen Weiss: Der als Nächster zu Wort gemeldete Mag. Gudenus ist im Saal nicht anwesend. Die Wortmeldung verfällt daher.
Nächste Rednerin: Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.
10.42
Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gemüter beruhigen sich offenbar wieder. Ich war jetzt eigentlich darauf eingestellt, dem Herrn Gudenus zuzuhören. Ich war mir eigentlich sicher, er würde mir das eine oder andere Stichwort liefern, aber ich werde es auch ohne seine Hilfe schaffen, mich zum Sozialbericht zu äußern. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)
Das Schreiduell haben wir, glaube ich, für heute schon hinter uns. Ich habe ja nicht eine so laute Stimme wie die beiden Vorredner, ich versuche es einfach einmal so.
Der Herr Kollege Himmer hat jetzt sehr enthusiastisch dieses Ping-Pong-Spiel mit der Verantwortung, wer woran schuld ist, begonnen. Ich möchte mich nicht an diesem Spiel beteiligen, denn mir ist es ehrlich gesagt nicht so wichtig, wer woran schuld ist, sondern ist möchte jetzt zu den Inhalten des Sozialberichtes sprechen.
Mir ist beim Durchsehen des Sozialberichtes einiges aufgefallen. Wenn man sich das Inhaltsverzeichnis des Tätigkeitsberichtes anschaut, dann kann man da zum Beispiel lesen: Familienpolitik, Kinder- und Jugendpolitik, Seniorenpolitik, Freiwilligenpolitik,
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Männerpolitik. Die Frauenpolitik habe ich in diesem Bericht nicht gefunden. Jetzt ist mir schon klar, dass es dafür eine eigene Zuständigkeit gibt, aber es wird ja auch immer wieder betont, dass Frauenpolitik eine Querschnittsmaterie sei. Ich finde, es wäre sehr wichtig gewesen, auch im Sozialbericht einen eigenen Bereich dem Thema Frauenpolitik zu widmen. Ich weiß schon, dass viele in der ÖVP glauben, dass Familienpolitik gleich Frauenpolitik ist, das ist aber faktisch nicht der Fall (Beifall bei den Grünen), und ich würde sehr dafür plädieren, diesen Teil, nämlich Frauenpolitik, in den Bericht aufzunehmen.
Im zweiten Kapitel, nämlich bei der Familien- und Generationenpolitik, gibt es das Unterkapitel „Kinder- und Jugendpolitik“. Da wird im Prinzip eher das aufgezählt, was die EU an Maßnahmen anregt; von eigenen Maßnahmen habe ich nicht sehr viel lesen können. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch betonen, dass die Kinderrechtskonvention zwar in Österreich ratifiziert worden ist, aber noch immer nicht in der Verfassung verankert ist. Das ist seit langem eine Forderung der Bundesjugendvertretung, und ich möchte noch einmal unterstreichen, dass es nötig wäre, bei einer Überarbeitung der Verfassung auch diese Kinderrechtskonvention in die Verfassung zu übernehmen.
Zum Thema Frauen sind, obwohl es kein eigenes Kapitel dazu gibt, doch einige interessante Informationen in diesem Bericht zu lesen. Zum Beispiel habe ich hier die Information gefunden, dass die durchschnittliche Höhe der Direktpension von Frauen unter 60 Prozent der durchschnittlichen Höhe von Direktpensionen von Männern liegt. Es wird oft behauptet, das sei auf Grund von Teilzeitbeschäftigungen und so weiter so. Allerdings ist auch im öffentlichen Dienst, nämlich bei Beamtinnen und Beamten ein doch recht dramatischer Unterschied festzustellen: Da liegt die durchschnittliche Höhe der Pension einer Frau bei 82 Prozent der eines männlichen Kollegen.
Diese Unterschiede haben sich – das wissen wir aus anderen Zusammenhängen –eigentlich in den letzten Jahren kaum verändert. Da besteht auf jeden Fall dringender Handlungsbedarf.
Zum Thema Armutsgefährdung. – Es überrascht nicht, dass die höchste Armutsgefährdung die Gruppe der nicht erwerbstätigen Personen hat. Da liegt sie bei 19 Prozent. Den traurigen zweiten Platz bezüglich Armutsgefährdung belegen unregelmäßig beschäftigte Personen mit 17 Prozent. Wir wissen, dass sich der Arbeitsmarkt momentan dahin entwickelt, dass vor allem Frauen, Jungakademikerinnen und Jungakademiker und auch Menschen, die in der Ausbildung nicht sehr weit gekommen sind, sehr stark dazu gedrängt werden, unregelmäßige Beschäftigungen anzunehmen. Das ist eine Armutsfalle, und es muss auf jeden Fall etwas unternommen werden, um bei diesen unregelmäßigen Beschäftigungen sozusagen zurückzufahren und wieder tatsächlich existenzsichernde Arbeitsplätze zu schaffen. (Beifall bei den Grünen.)
Was ich auch erschreckend finde, ist, dass Haushalte mit kleinen Kindern eine überdurchschnittliche Armutsgefährdung, nämlich ebenfalls eine solche von 17 Prozent, haben. Diese Armutsgefährdung sinkt erst, wenn das jüngste Kind mindestens sieben Jahre alt ist. – Einen klareren Zusammenhang zwischen fehlender Kinderbetreuung und Armutsgefährdung kann man gar nicht herstellen. Auch der Bericht folgert ganz klar diesen Zusammenhang aus diesen Zahlen und fordert auch, Mütter von kleinen Kindern verstärkt in den Arbeitsmarkt einzubinden und Kinderbetreuung auszuweiten, und zwar so, wie sie gebraucht wird, nämlich flexibel.
Bezüglich der Situation von Menschen mit migrantischem Hintergrund ist es mir ein besonderes Anliegen, ein paar Zahlen zu bringen. Ein Viertel der Menschen dieser Gruppe lebt in Armutsgefährdung, und das trotz gleich hoher Erwerbsquote wie Menschen österreichischer oder EU-Herkunft. Das heißt, sie haben ein viel größeres Ar-
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mutsrisiko als eben Menschen österreichischer oder EU-Herkunft. Für Menschen türkischer Herkunft zum Beispiel ist das Armutsrisiko 2,5 Mal so hoch wie das der Durchschnittsbevölkerung.
Dazu kommt noch etwas: Sozialleistungen und Pensionen reduzieren zwar bei der Gesamtbevölkerung das Armutsrisiko im Schnitt um zwei Drittel, Migrantinnen oder auch eingebürgerte Menschen aber erfahren durch Sozialleistungen bei weitem keine so deutliche Reduktion des Armutsrisikos. Im Vergleich zu allen armutsgefährdeten Gruppen ist der Anteil von Sozialleistungen am Haushaltseinkommen für Migrantinnen und Migranten unterdurchschnittlich. – So viel also zur alten und immer wieder beschworenen Legende von Sozialschmarotzern.
Wenn wir das nächste Mal über Integration reden, sollten wir vielleicht auch diese extreme Armutsgefährdung mit bedenken. (Beifall bei den Grünen.)
Ganz allgemein kann man auch aus dem Bericht die Schlussfolgerung ziehen, dass die Entwicklung der letzten Jahre folgende war: Allein erziehende Personen, kinderreiche Familien, allein stehende ältere Menschen, und da vor allem Frauen, sind besonders armutsgefährdet. Haushalte, in denen Männer Alleinverdiener sind, haben ein Armutsrisiko von 11 Prozent; wenn allerdings Frauen Alleinverdienerinnen sind, ist dieses Risiko doppelt so hoch, es liegt bei 20 Prozent. Das sind drastische Zahlen.
Ich möchte mit einem Zitat aus dem Bericht selbst schließen:
„Es ist daher essenziell, Frauen mit Familie ausreichend bezahlte Erwerbstätigkeit und damit verbundene Kinderbetreuung zu ermöglichen, um Familien und Kinder vor Armut zu schützen. Allein Erziehende bedürfen im besonderen Maß flexibler Kinderbetreuung und familienadäquater Arbeitszeit.“
„Familienadäquate Arbeitszeit“ finde ich in diesem Zusammenhang besonders wichtig, weil nämlich die Tendenz dahin geht, wirtschaftsadäquate Arbeitszeiten zu forcieren. Es wird nicht beides gehen. Es wird die Wirtschaft nicht die flexiblen Arbeiterinnen und Arbeiter haben können, die sie sich wünscht, und gleichzeitig möglich sein, Arbeit und Familie zu vereinbaren. Da muss man eben von Seiten der Regierung Maßnahmen setzen, Schwerpunkte setzen, ob man das eine oder das andere will. Man muss sich entscheiden.
Ich lese aus diesem Bericht ... (Bundesrat Ager: Aber Arbeit sollen ...?) Arbeit schon, das ist nicht die Frage. Die Frage ist, ob die Wirtschaft von mir verlangen kann, dass ich für meinen Arbeitsplatz mein Privatleben aufgebe, mir überlege, ob ich Kinder kriegen möchte oder nicht, ob das mit meinen Arbeitszeiten zusammenpasst. Und, wie immer wieder gerne – nicht mehr so laut, aber doch noch – gesagt wird, dass doch die Frau zu Hause bleiben soll und sich um die Kinder kümmern soll, das wird man nach solchen Zahlen, wenn es um Armutsgefährdung geht, auch nicht mehr guten Gewissens verbreiten können.
Ich sehe in diesem Bericht eine klare Aufforderung an die Regierung, Maßnahmen zu setzen. Mein Vorredner hat viele Maßnahmen aufgezählt. Jetzt würde ich nicht behaupten, dass es in der Vergangenheit keine Maßnahmen gab, aber die Frage ist die, ob Maßnahmen wirken oder nicht – und laut diesem Bericht würde ich behaupten, sie wirken nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)
10.50
Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Blatnik. Ich erteile ihr das Wort.
10.50
Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod predsednik! Herr Staatssekretär! Gospod državni sekretar! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage
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kolegice, dragi kolegi! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Herr Kollege Himmer – er ist leider nicht da – soziale Leistungen mit Turnübungen vergleicht, ist das in meinen Augen ein echter Skandal, denn soziale Leistungen sind Leistungen ... (Bundesrätin Roth-Halvax: ... ein ganz anderer Vergleich! Das war kein Skandal!) Nein, bitte, so habe ich es gehört! Und ich möchte das hier klarstellen: Soziale Leistungen sind Leistungen, die Menschen, die es wirklich brauchen, die armen und armutsgefährdeten Menschen zustehen, und wir werden auch dafür sorgen, dass sie diese ... (Bundesrätin Roth-Halvax: Sagen Sie das Ihrem Herrn Klubobmann auch einmal! – Bundesrat Reisenberger: Der weiß schon, was er zu tun hat, der braucht nicht Sie dazu!)
Er hat es in seiner Rede deutlich gemacht, dass er für diese sozialen Leistungen, für den sozialen Ausbau ... (Weitere Zwischenrufe der Bundesrätin Roth-Halvax.) Sie können sich dann gerne zu Wort melden, Frau Kollegin (Bundesrätin Roth-Halvax: Ich mache nur das, was ihr macht!), selbstverständlich, nur: Unser politischer Weg ist sicherlich ein anderer!
Ich zeige es Ihnen (ein Schriftstück in die Höhe haltend), damit Sie nicht glauben, dass das irgendeine Einbildung einer Frau Ana Blatnik ist. Da können Sie sehen: Wirtschaftliche Skandale: Konzerne zahlen immer weniger, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen immer mehr. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das können wir nicht lesen! Zu klein und nicht lesbar!) – Wenn das Ihrer sozialwirtschaftlichen Vorstellung entspricht, dann muss ich schon sagen: Das ist nicht unser politischer Weg! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)
Wenn Herr Kollege Himmer gesagt hat, dass wir von der Wirtschaft nichts verstünden und dass die jetzige Regierung sehr viele soziale Leistungen erbracht hätte, dann möchte ich dem ein paar wirtschaftlichen Fakten, die nicht soziale Wärme, sondern soziale Kälte widerspiegeln, entgegenhalten.
Ich möchte mich in meiner Rede zum Bericht über die soziale Lage in Österreich 2003–2004 auf die Begriffe Armut, Armutsgefährdung und Reichtum in Österreich konzentrieren. Dieser Bericht zeigt eine ungleiche, ungerechte und sicherlich nicht soziale Verteilung des gemeinsamen Erwirtschafteten auf.
In Österreich gibt es
1 323 Milliarden € Geldvermögen. Dazu kommen noch zirka
728 Milliarden € Sachvermögen. Insgesamt sind das
2 100 Milliarden €. Das ist zehn Mal mehr, als sämtliche
Erwerbseinkommen pro Jahr ausmachen, das ist 70 Mal mehr, als das gesamte
Gesundheitssystem kostet, und das ist 100 Mal mehr, meine Damen und
Herren, als der Staat für sämtliche Pensionen aufwendet. Würde man das vorhandene
Geldvermögen mit nur einem Promille – das sind 0,1 Prozent – pro
Jahr besteuern, könnte die Pensionsreform 2003 nicht nur rückgängig
gemacht werden (Ruf bei der ÖVP: Steuererhöhung!), sondern es könnten
sämtliche Pensionen um das erhöht werden, um das sie nun gekürzt wurden. (Beifall
bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja,
so ist es! Deswegen diskutiert man ja sehr fleißig darüber, wie man Pensionen
kürzen kann und wo bei den Pensionen noch gespart werden kann. (Bundesrat
Dr. Kühnel: Bei den Überschüssen der SPÖ! – Heiterkeit.)
Schauen wir uns einmal die Überschüsse und die Vermögenseinkommen an, Herr Kollege! Wie schaut es da aus?
Die Vermögenseinkommen aus Zinsen und Dividenden kommen nur zu einem geringen Teil – nur zu einem geringen Teil! – den privaten Haushalten zugute, denn der Großteil, meine Damen und Herren, kommt Finanzwirtschaft und Wirtschaft zugute, nämlich so viel, wie sämtliche Sozial- und Sozialversicherungsleistungen ausmachen. Allein bei den österreichischen Banken sind das jährlich zirka 7 Milliarden €. Sie nehmen mehr Zinsen ein, und zwar aus Krediten, als sie Zinsen zahlen, und zwar bei
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Sparbüchern. (Bundesrat Kneifel: Auch die Gewerkschaftsbank BAWAG
macht das! – Ruf bei der SPÖ: Mein Gott!)
Das ist also die Aufteilung des Vermögenseinkommens der Banken. Wir bemühen uns, dass die Sparfähigkeit und die Kaufkraft der Menschen in Österreich steigt und nicht sinkt. Mit einer solchen Aufteilung aber sinkt die Sparfähigkeit und die Kaufkraft der privaten Haushalte. Sie stagniert nicht nur, sondern sie sinkt. Die Fähigkeit der Wirtschaft, zu investieren und Eigenkapital zu schaffen, steigt. Das ist nicht sozial!
Faktum ist auch, dass die Sozialquote und
die Sozialeinkommen deutlich sinken. (Heiterkeit des Bundesrates Hösele.)
Sie können schon lachen! Uns ist da leider nicht zum Lachen zumute, weil
das Fakten sind. Wenn Sie darüber lachen, muss ich Sie fragen: Wie ernst nehmen
Sie solche Fakten, wenn praktisch ein Großteil des Geldvermögens und des
Sachvermögens dazu dient, in Wirtschaft und Finanzwirtschaft zu investieren und
Eigenkapital zu schaffen, und nicht den privaten Haushalten? (Bundesrat Kneifel:
Ja, aber Ihr Finanzminister Lacina hat die Vermögensteuer abgeschafft!
Vergessen Sie das doch nicht, bitte!)
Die Körperschaftsteuer wird jetzt immer mehr reduziert. Deswegen kommt es auch dazu, dass die Konzerne (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Kneifel) – lassen Sie mich bitte ausreden! – immer weniger Körperschaftsteuer zahlen müssen und praktisch immer weniger Einkommensteuer. Ich werde es Ihnen noch ganz genau sagen.
Faktum ist aber auch, dass die Sozialquote
und die Sozialeinkommen deutlich sinken. Der Anteil der Sozialausgaben am
Bruttoinlandsprodukt geht zurück. Alle Maßnahmen zum weiteren Abbau von
Sozialleistungen erhöhen das Armutsrisiko vieler Menschen in Österreich. Das
heißt, Armut und Reichtum nehmen in Österreich gleichzeitig zu. Das heißt
weiter: Die Armen werden noch ärmer, die Reichen noch reicher. Das
ist der Weg der jetzigen Bundesregierung, und diesen Weg werden wir nicht
mitgehen! Deswegen werden wir diesem Bericht über die soziale
Lage 2003–2004 nicht zustimmen. (Ruf bei der ÖVP: Das ist
überraschend!)
Nein, nicht überraschend! Uns würde es selbstverständlich überraschen, wenn in diesem sozialen Bericht Maßnahmen aufgezeigt werden würden, die wirklich die sozialen Leistungen ausbauen und verbessern würden. Dies ist aber nicht der Fall, und deswegen werden wir diesem Bericht nicht zustimmen.
1 Million Menschen, ganz genau 1 044 000 Menschen, sind arm und armutsgefährdet. Das sind aber nicht nur Arbeitslose, die keine Arbeit finden, das sind Personen mit maximal Pflichtschulabschluss, und das ist zirka ein Drittel der österreichischen Bevölkerung ab 15 Jahren. Das sind auch Alleinerzieherinnen, die wirklich überdurchschnittlich armutsgefährdet sind, und das trotz hoher Erwerbsbeteiligung. Die Erwerbsbeteiligung macht 77 Prozent aus.
Armutsgefährdet sind auch Haushalte, deren Haupteinkommensquellen Pensionen sind. Davon sind 13,2 Prozent der Gesamtbevölkerung betroffen. Diese haben weniger als 780 € im Monat zum Leben, und ihre Zahl nimmt zu. Eine Viertelmillion Menschen in Österreich sind reich und haben mehr als 70 000 € Geldvermögen oder Jahreseinkommen. Auch diese Zahl nimmt zu. 60 000 Menschen in Österreich sind Euro-Millionäre. Jeder dieser Euro-Millionäre hat ein Geldvermögen von mehr als 1 Million.
Zusammen besitzen sie so viel Geldvermögen, nämlich 200 Milliarden €, wie sämtliche Erwerbseinkommen in Österreich ausmachen. Und diese Erwerbseinkommen sind die Erwerbseinkommen von zirka vier Millionen Österreicherinnen und Österreichern.
Der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am gemeinsamen Kuchen, am Bruttoinlandsprodukt, wird immer kleiner, der Anteil der Wirtschaft hingegen wird immer größer.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 46 |
Außerdem: Wer gut verdient, dessen Einkommen ist in den letzten Jahren gestiegen. Wer weniger verdient, dessen Einkommen steigt kaum. Die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen sind höher denn je. Gewinne wachsen doppelt so rasch wie Löhne und Gehälter.
Die Konzerne – und jetzt, Herr Kollege, zu Ihrer Frage – zahlen immer weniger Körperschaftsteuer: Wenn man die Jahre 2001 und 2005 vergleicht, dann ergibt sich ein Minus von 39 Prozent! 2001 haben die Konzerne noch 6,2 Milliarden € bezahlt, jetzt sind es 3,8 Milliarden €. Und dazu erhalten sie noch Steuergeschenke.
Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zahlen immer mehr Lohn- und Einkommensteuer. Da ist ein Plus von 4,3 Prozent zu verzeichnen. – Das ist sicher nicht sozial.
Die Steuerpolitik verstärkt Armut und Reichtum. Die Steuerpolitik in Österreich besteuert Einkommen und Vermögen ungleich. 13,3 Prozent der Arbeitnehmerentgelte wurden 2003 als Lohnsteuer an den Finanzminister abgeliefert, aber nur 7,7 Prozent der Selbständigen-Einkommen und Betriebsüberschüsse wurden in Form von Einkommensteuer und Körperschaftsteuer abgeliefert.
Nur ein Drittel der Betriebe, meine Damen und Herren, weist gegenüber der Finanz Gewinne aus und zahlt Körperschaftsteuer. Aber jeder und jede unselbständig Arbeitende muss pünktlich Lohnsteuer und Sozialabgaben zahlen, denn die werden ja direkt vom Gehalt abgezogen. Schon 92 Prozent aller Steuern in Österreich belasten die 200 Milliarden € Erwerbseinkommen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, aber nur sechs Prozent aller Steuern kommen von den 2 100 Milliarden € Geld- und Sachvermögen.
Deswegen wäre ein Umbau unseres Steuersystems mit einem neuen Bekenntnis zur gerechten Verteilung des gemeinsam Erwirtschafteten mit dem Schwerpunkt einer aktiven Bildungs- und Beschäftigungspolitik notwendig. Das wäre sozial und gerecht!
(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in
slowenischer Sprache fort.)
Danke. (Beifall bei der SPÖ
und den Grünen.)
11.03
Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dolinschek. Ich erteile ihm das Wort.
11.03
Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass die beiden Damen, die Bundesrätinnen, die zuletzt gesprochen haben, auch tatsächlich zum Sozialbericht Stellung genommen haben, und dies sogar recht ausführlich.
Es wurde bei der Erstellung dieses Sozialberichts auf den in den vergangenen Jahren geäußerten Wunsch der Abgeordneten und Bundesräte, dass auch ein Bericht über die Einkommensverteilung, über Vermögen und über Armut in Österreich erstellt wird, Bedacht genommen. Das ist das erste Mal in diesem Bericht enthalten. Es ist auch ein Bericht über den Konsumentenschutz enthalten; auch das ist das erste Mal in diesem Bericht vorgesehen.
Ich muss sagen, ich war ein bisschen enttäuscht über den Redebeitrag des Bundesrates Konečny, der im Prinzip kein Wort über den Sozialbericht verloren hat. Ich glaube nämlich, dass ein solcher Sozialbericht doch wichtig ist. Wenn er sich auch auf einen Zeitraum bezieht, der bereits in der Vergangenheit liegt, so ist er doch ein Spiegel der Sozialpolitik der vergangenen Jahre und zeigt auch auf, wo man in Zukunft den Hebel ansetzen kann, wo das eine oder andere nicht passt und wo man etwas verändern
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sollte. – Er ist ein wichtiges Nachschlagewerk. Ich habe es als Abgeordneter immer wieder geschätzt, den Sozialbericht als Nachschlagewerk über Statistiken und so weiter zu benützen.
Weil heute hier auch beklagt wurde, dass
zum Beispiel die Frauen nicht extra ausgewiesen sind: Natürlich gibt es ein
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, aber ich weise doch darauf hin,
dass im Sozialbericht sehr wohl auf die Einkommensverteilung zwischen Männern
und Frauen eingegangen wird, auf die unterschiedliche Verteilung von
Pensionsleistungen und Erwerbseinkommen zwischen Männern und Frauen, auch auf
die Beschäftigungsformen bei Männern und Frauen – Vollzeit, Teilzeit,
geringfügig und so weiter. All das ist im Sozialbericht im Prinzip enthalten,
und er gibt natürlich wichtige Aufschlüsse darüber. (Bundesrätin Konrad: Aber
die Männer sind trotzdem extra drinnen!)
Ich muss Folgendes sagen: Für mich war vor allem die Erkenntnis wichtig, wie man Armut und Reichtum definiert. Die Armut wird eigentlich immer daran gemessen, wie das Einkommen ist. Reichtum hingegen wird nicht nach dem Einkommen gemessen, sondern nach dem Vermögen. (Bundesrätin Konrad: Stimmt nicht!) Doch, so ist es! Das ist der Unterschied zwischen den beiden, und das ist nicht immer ganz einfach. Es geht aus dem Bericht auch nicht hervor, dass man aus den darin enthaltenen Zahlen schließen kann, dass Armut durch realpolitische Maßnahmen gestiegen ist. Das ist keineswegs so.
Frau Bundesrätin Blatnik! Wenn Sie sagen,
Armut und Reichtum nehmen in Österreich gleichmäßig zu, so muss ich doch
festhalten, dass sich in Österreich das Verhältnis zwischen Arm und Reich wesentlich
besser darstellt als im gesamten angelsächsischen Raum. (Zwischenruf der Bundesrätin Blatnik.)
Ich verweise da auf England, wo es einen
sozialdemokratischen Premierminister gibt und wo dieses Verhältnis weit, weit
mehr auseinander klafft als bei uns, und ich muss sagen: Da steuern wir mit den
Maßnahmen, die gesetzt worden sind – was auch aus dem Sozialbericht
hervorgeht –, die Entwicklung schon richtig, eben in Richtung mehr
Beschäftigung, damit die drei Hauptziele, nämlich die Erhaltung des österreichischen
Systems, der sozialen Sicherheit und des solidarischen Zusammenhalts – das
muss uns doch allen ein Anliegen sein! (Bundesrätin
Blatnik: Ist es ja! Ist es uns
doch!) –, in Österreich besonders gefördert werden. Der soziale
Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft bedeutet, dass man auf jene Rücksicht
nimmt, die im Leben nicht so begünstigt sind. (Bundesrätin Lueger: ... zahlt
Schenkungssteuer! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ja, Herr Kollege, das haben Sie sicherlich bemerkt – ich glaube Ihnen das –, als wir im Jahr 2001 die Behindertenmilliarde eingeführt haben. Das ist Ihrer Fraktion in der Vergangenheit, als Sie die Verantwortung innehatten, nie eingefallen!
Ich muss auch sagen, auch das Behindertengleichstellungsgesetz wird eine wesentliche Verbesserung in Österreich bringen. Das war auch notwendig, damit Menschen mit einem Handikap gleichberechtigt ein selbstbewusstes Leben führen können. Das hat ebenfalls diese Bundesregierung bewirkt. Dieses Gesetz wird mit Anfang nächsten Jahres in Kraft treten.
Es sind hier also beide Komponenten wichtig: Auf der einen Seite dieses Gesetz, auf der anderen Seite die Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung, in deren Rahmen sämtliche Projekte gefördert werden. Ich habe erst gestern eines davon besucht, und ich bin eigentlich begeistert. Wir müssen natürlich aufpassen, dass das Geld dort auch ordnungsgemäß verwendet wird, und wir werden ja auch vom Rechnungshof dahin gehend geprüft. Aber wir hatten dort die Möglichkeit – und wir haben sie genützt –, zu bewirken, dass die Arbeitslosenrate bei Men-
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 48 |
schen mit Behinderung gesunken ist, auch wenn die Arbeitslosenrate generell gestiegen ist. – Das eine soll uns natürlich nicht über das andere hinwegtrösten und soll nicht bedeuten, dass wir nicht generell bestrebt sein müssen, in Österreich die Arbeitslosigkeit so niedrig wie möglich zu halten – denn dann wird es auch leichter sein, für Menschen mit Behinderung etwas umzusetzen. Aber hier ist doch bereits Wesentliches geschehen.
Geschätzte Damen und Herren! Es ist jetzt sehr viel über Einkommen gesprochen worden. Wir haben in den vergangenen Jahren auch Maßnahmen gesetzt – etwa mit der Schaffung des Kinderbetreuungsgeldes –, durch die vor allem die Belastung für Eltern mit Kindern verringert wurde und mit denen wir dazu beigetragen haben, gewisse Teile der Erziehungskosten abzufedern.
Hier ist vor allem auch wieder die
Steuerreform 2004 und 2005 zu nennen. Diese ist in dieser Statistik, im
Sozialbericht noch gar nicht enthalten – das kann sie auch nicht sein.
Diese ist hier noch gar nicht eingeflossen, Frau Bundesrätin Blatnik. Das
möchte ich Ihnen schon sagen: Das ist im vorliegenden Bericht noch nicht
enthalten (Zwischenruf der Bundesrätin Blatnik – Bundesrat Gruber: Würde sich ja auch nicht auswirken,
Herr Staatssekretär!), nämlich die Auswirkungen dieser Steuerreform, durch
die jeder einzelne österreichische unselbstständig Beschäftigte mit einem
Jahreseinkommen von bis zu 15 770 € praktisch steuerfrei gestellt
ist, jeder Pensionist mit einer Bruttopension von bis zu 13 500 €
steuerfrei gestellt ist! – Das sind Maßnahmen, die wir bewirkt haben,
geschätzte Damen und Herren! (Bundesrätin
Blatnik: Aber auf die steuerfreien
Einkommen kann man doch nicht stolz sein! – Bundesrat Gruber: Das ist eh traurig, ...! – Bundesrätin Blatnik: Darauf kann man doch nicht
stolz sein!)
Vor allem, Frau Kollegin Blatnik, muss ich
Ihnen noch Folgendes sagen, nämlich betreffend die Fraueneinkommen: Bis zum
Jahr 2000 sind die Unterschiede bei den Fraueneinkommen gestiegen. Wer bis
zu diesem Zeitpunkt die Verantwortung in diesem Staat getragen hat, brauche
ich ja nicht zu erwähnen. (Bundesrat Molzbichler: Also bitte! Bitte! –
Bundesrat Gruber: Hör doch auf! In
zehn Jahren redet ihr noch davon!) – Ja, die Wahrheit tut eben weh,
Herr Kollege! (Bundesrat Boden: ... Prozent in der
Steiermark – das ist die
Wahrheit!)
Seit dem Jahr 2000 sind die
Unterschiede zwischen den Einkommen von Männern und Frauen geringer geworden! (Bundesrat Gruber: Das ist ja lachhaft!) Nein, so ist es! (Bundesrat Gruber: Das ist ja lachhaft!)
Herr Kollege, das sind Fakten! (Bundesrat Gruber: Aber geh! – Geschönte Fakten!) Die wollen Sie aber nicht hören, weil es unter Ihrer Verantwortung eher schlechter war, als es jetzt ist. Das ist eben einmal so. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gruber: Geschönte Fakten waren das!)
Ich muss in diesem Zusammenhang auch noch darauf hinweisen, dass da gar nichts herausgerechnet ist – dass also nur die Frauen mit Vollbeschäftigung enthalten wären –, sondern da ist alles drinnen, alles enthalten: die geringfügig Beschäftigten, die Teilzeitbeschäftigten, alle. Und trotzdem ist der Unterschied geringer geworden! – Das ist Faktum!
Ich muss dazu auch Folgendes sagen: Wichtig ist, dass wir auch bei der letzten Steuerreform vor allem für die kinderreichen Familien etwas getan haben, dass der Absetzbetrag erhöht worden ist. Dieser ist jetzt pro Kind gestaffelt – das war früher nie der Fall! –: Für ein Kind gibt es beim Absetzbetrag (Bundesrat Gruber: Darum werden die Armen immer mehr!) zu den 364 € extra noch 130 € dazu (Bundesrat Gruber: Darum werden die Armen immer mehr – laut „Salzburger Nachrichten“!), für das zweite Kind dann noch einmal 175 € – das sind also 305 € Zuschlag für zwei Kinder –, und für jedes weitere Kind erhöht sich der Absetzbetrag um weitere 220 €. – Das war einmalig,
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 49 |
aber das verschweigen Sie! (Bundesrat Mag. Pehm: Die Negativsteuer ist nicht erhöht worden!)
Doch, es gibt auch eine Negativsteuer in diesem Fall: Auch wenn jemand keine Steuern bezahlt, kann er das vom Finanzamt (Bundesrat Mag. Pehm: Aber sie ist nicht verändert worden!) im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung zurückbekommen, Herr Kollege. Und das sollten Sie sich doch in Erinnerung rufen: dass es hier eine faire Vorgangsweise gibt und dass wir vor allem für jene, die es im Leben nicht so leicht haben, unser Herz am richtigen Fleck haben! (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Gruber.)
Dieser Sozialbericht, meine Damen und Herren, ist also Zeugnis für und die Bilanz einer dynamischen, konsequenten und sozial gerechten Reformarbeit, die auch international eine positive Anerkennung erhält – das erfahre ich immer wieder. Ich bin ja auch bei den diversen Sitzungen des EU-Rates und bei den einzelnen Workshops, bei den informellen Treffen und so weiter dabei, und ich muss sagen (Bundesrat Mag. Pehm: Aber in Österreich wurden Sie abgewählt!): Wir erhalten höchste Anerkennung für unsere Sozialpolitik, für unsere Beschäftigungspolitik. Bei der Beschäftigung Älterer haben wir noch ein bisschen Nachholbedarf, das ist keine Frage (Bundesrat Mag. Pehm: Wir haben Rekordarbeitslosigkeit!), aber auch deren Beschäftigungsquote ist in den letzten zwei Jahren gestiegen, und zwar von 28,7 Prozent auf 30,1 Prozent (Bundesrat Mag. Pehm: Nicht „Nachholbedarf“! – Rekordarbeitslosigkeit!), Herr Kollege.
Vor allem ist es wichtig, dass wir auch
international diese Anerkennung erhalten und dass wir im Sinne der
österreichischen Bevölkerung arbeiten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Bundesrat Reisenberger: Realitätsverweigerung ist das! – Bundesrat
Mag. Pehm: Da klatschen nicht
einmal mehr die Regierungsparteien! – Bundesrat Stadler: „Applaus!“, „Applaus!“ – Da klatschen nicht einmal
die Regierungsparteien!)
11.13
Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Baier. Ich erteile ihm das Wort.
11.13
Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zu Beginn ist es mir ein Anliegen, ein wenig das zu reflektieren, und darauf zu replizieren, was der Fraktionsvorsitzende der SPÖ, der sozialdemokratischen Fraktion hier im Bundesrat – obwohl er nicht da ist, aber man wird es ihm mit Sicherheit ausrichten oder bestellen können – zum Sozialbericht gesagt hat. Es ist zwar schon das eine oder andere Mal erwähnt worden, aber ich möchte es noch einmal wiederholen. (Ruf bei der SPÖ: Na probieren Sie es! Fangen Sie an!)
Für all jene, denen es nicht so sehr aufgefallen ist, möchte ich sagen, dass er nicht ein Wort, nicht eine Zahl, nicht einen Satz inhaltlich, in der Sache, zum vorliegenden Sozialbericht gesagt hat. Aber ... (Bundesrat Kraml: „1 Million“ hat er gesagt! „Über 1 Million armutsgefährdet“ hat er gesagt! – Das haben Sie schon wieder ...!) – Ja, er hat gesagt, 1 Million sind armutsgefährdet. Das war das Einzige.
Aber natürlich konnte er zum Schluss bemerken: „Wir lehnen den Bericht ab!“ – Das hat er schon gesagt – aber er hat es nicht begründet, warum auch immer. (Bundesrat Mag. Pehm: Selbstverständlich hat er eine politische Bewertung vorgenommen!) Vielleicht weil er den Bericht nicht gelesen hat – das wäre eine Möglichkeit (Bundesrat Gruber: Wichtig ist, dass Sie es gelesen haben!) – oder weil ihm dazu nichts eingefallen ist oder weil er hiezu inhaltlich an Kritikpunkten wenig anbringen hätte können. Das alles mögen Gründe sein. Und er hat von einer Realität gesprochen: Er hat gesagt, die-
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 50 |
ser Sozialbericht sei eine Realität – die Realität der Bundesregierung und der Leistungen. (Bundesrat Mag. Pehm: „Scheitern“ hat er gesagt!) – Ja, das hat er auch gesagt.
Frau Kollegin Blatnik hat etwas ganz
Richtiges gesagt – nicht alles war richtig, aber eines war sehr
treffend –: Sie hat von Arbeitsmarktpolitik gesprochen. Und weil wir ja so
kurz vor der Wiener Wahl stehen, wäre es auch notwendig und wichtig, hier
einmal etwas über die Arbeitsmarktpolitik der Wiener Landesregierung und der
Wiener SPÖ zu sagen (Bundesrat Kraml: Da wirst du dir kalte Füße
holen!) – im Vergleich zur österreichischen oder auch im Vergleich zu
jener anderer Bundesländer. (Bundesrat Kraml: Da ist schon der Pühringer
ausgerutscht!)
Warum sage ich das? – Weil es ja auch ein Spiegelbild ist und weil es auch eine Bilanz ist und eine Realität darstellt!
Ich habe mir erlaubt, eine Graphik mitzunehmen – da ja auch Frau Blatnik eine Graphik mitgehabt hat. Meine ist etwas größer, damit man das auch erkennen kann. (Der Redner zeigt eine Graphik mit einem Säulendiagramm.) – Ich zeige es lieber vorher zur SPÖ, damit Sie das auch wirklich sehen können, und zwar: die Arbeitslosenquote der Bundesländer in Prozent ausgedrückt. Sie sehen hier die einzelnen Bundesländer, und Sie sehen auch den Ausreißer nach oben: Das ist Wien! Wien ist mit Abstand der Ausreißer nach oben! (Bundesrat Kraml: Mit dem werden Sie keine Stimmen gewinnen, Herr Kollege!) Die besten Daten hat Oberösterreich. – Es sind die Daten von September 2005.
In Richtung meiner Fraktion zeige ich diese Graphik ebenfalls – aber ihr kennt das ohnehin. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Mag. Pehm: Aber jetzt bin ich auf die Analyse gespannt!)
Herr Kollege Pehm, regen Sie sich nicht auf! (Bundesrat Mag. Pehm: Nein, ich bin auf die Analyse gespannt, habe ich gesagt!) – Jetzt bin ich beim wesentlichen Punkt angelangt – Sie können ganz cool bleiben –: Sozial ist das, was Arbeit schafft! (Beifall bei der ÖVP.) Und da bin ich bei Ihnen.
Und jetzt frage ich Sie: Wie sozial ist die Wiener SPÖ? (Bundesrat Mag. Pehm: Sehr!) Wie sozial ist die Wiener SPÖ mit einer Arbeitslosenquote von 9,2 Prozent? (Bundesrat Mag. Pehm: Warum ist das so?) Wie sozial ist das? Wie geht man hier auf die Ängste des viel beschworenen „kleinen Mannes“ ein? (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ist die „kleine Frau“ auch dabei?) – Ich frage mich: Wo sind hier die Leistungen?
Sie stellen sich vor einer Wiener Wahl hier
her, respektive Kollege Konečny, der ja, soviel ich weiß, Wiener ist.
Er sagt kein Wort zum Sozialbericht (Bundesrat
Kraml: Das stimmt nicht! Das ist
falsch!), meint, das sei ein Spiegel und die Realität – und verschweigt
bewusst die Wiener Realität! (Bundesrat
Mag. Pehm: Die Bundesregierung
hat Tausende Arbeitsplätze abgeschafft in Wien! Das ist ein Grund für die hohe
Arbeitslosigkeit!) Jetzt verstehe ich auch, warum er zum Sozialbericht
inhaltlich nichts gesagt und sich mehr mit der Steiermark beschäftigt hat. Auch
mit Deutschland hat er sich beschäftigt, mit allem anderen, aber mit dem
Sozialbericht nicht – weil er nichts vorzuweisen hat, weil es da ... (Ruf bei der SPÖ: Das ist eine schwierige
Situation, ...!) – Das
mag auch sein. Tatsache ist, dass hier keinerlei Leistungen vorliegen!
Und jetzt frage
ich Sie: Wo ist jetzt jemand gescheitert? (Bundesrat
Mag. Pehm: Gescheitert ist die
Bundesregierung mit Rekordarbeitslosigkeit! Rekordarbeitslosigkeit!) Wo ist jemand gescheitert? Ist da
jemand in Wien gescheitert oder im Burgenland gescheitert – oder ist diese
Bundesregierung gescheitert, meine sehr verehrten Damen und Herren? – Das
ist die Frage, auf die es ankommt! (Beifall
bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl. – Bundesrat Mag. Pehm: Die Bundesregierung ist gescheitert! Die Bundesregierung ist
gescheitert!)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 51 |
Das Bekenntnis zu
Reformen, das sind nur Lippenbekenntnisse (Bundesrat Mag. Pehm: Richtig!), denn man hat oft genug gesehen ... (Bundesrat Gruber: Rekordarbeitslosigkeit!)
Schauen Sie:
Geben Sie sich und uns die Chance, hier in Ruhe eine Debatte, eine sachliche
Debatte zu führen (Bundesrat Gruber: Sachlich ist das nicht!),
bei der man auch reflektieren kann. Wir haben Ihrem Fraktionsvorsitzenden sehr
genau zugehört – es war eh nicht einfach, das gebe ich zu (Ruf bei der SPÖ: Das glaube ich Ihnen!), es
war nicht immer leicht. Aber versuchen Sie auch, einer Reflexion zuzuhören!
Und ich sage Ihnen, er hat gesagt: Wir sind bereit zu Reformen! Er hat gesagt: Ja, wir lehnen nicht jeden Punkt ab. – Er hat die Oppositionspolitik gerechtfertigt, aber ich behaupte, das sind Lippenbekenntnisse, billige Lippenbekenntnisse. Ehe man noch den Verhandlungstisch und den Saal verlassen hat, hat man schon den Mut verloren. Das ist das, was bei der SPÖ momentan zu spüren ist. Da geht es nur mehr um Umfragen und Prozentpunkte. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)
Frau Kollegin Blatnik, zu Ihrer Information: Rund 90 Prozent, um es genauer zu sagen: 88 Prozent, aller österreichischen Unternehmen haben weniger als zehn Mitarbeiter. (Bundesrat Ing. Einwallner: Die sind ja nicht entlastet worden! Das ist ja genau das Problem!) Hören Sie auf mit diesem Märchen, dass die Konzerne in diesem Land regieren oder sonst etwas würden! Das sind Märchenstunden! Ich weiß auch gar nicht, wer sich so etwas ausdenkt, woher diese abstrusen Weltverschwörungsideen kommen. Sie werden uns sicher aufklären können. Sagen Sie uns ruhig, wo diese Stabsstellen sind, wo diese Märchenonkel sitzen! (Ruf bei der SPÖ: In der ÖVP!)
Ich sage Ihnen: Die österreichische
Wirtschaft, die mittelständische Wirtschaft schafft Wirtschaftswachstum,
schafft Arbeitsplätze. (Bundesrat Gruber: Wo denn? Wo denn?) –
In Wien nicht! In Wien ist es nicht so, Herr Kollege, weil die
Rahmenbedingungen nicht stimmen. (Bundesrat
Mag. Pehm: Das ist sehr zynisch! –
Bundesrat Reisenberger: ... die
Wahrheit zählt!) – Ja, Ihre Wahrheit, die ist ein bisschen verzerrt, Herr
Kollege! Sie sind ja auch Wiener, schauen Sie sich doch Ihre Arbeitsmarktdaten
an, dann kommen Sie sehr schnell zu einem Schluss! (Bundesrat Reisenberger: Es
gibt nur eine Wahrheit! Das müssen auch Sie einmal zur Kenntnis nehmen!)
Aber lassen Sie mich zum Abschluss noch
eines sagen. (Bundesrat Gruber: Reden Sie vom Sozialbericht und
nicht von Wien!) – Herr Kollege Gruber, Ihre Wortmeldungen waren noch nie
besonders sinnreich. Sie brauchen auch gar nicht nervös zu sein. (Bundesrat Gruber: Wir sind nicht nervös!) – Ach nicht? Dann können
Sie mir ja ganz gelassen zuhören. (Bundesrat
Gruber: Aber Sie scheinen immer
nervöser zu werden!)
Ihr Fraktionsvorsitzender hat gesagt, Sie lehnen diesen Sozialbericht ab. Das ist richtig, oder? (Ruf bei der SPÖ: Ja!) Ich sage Ihnen nun ganz kurz ein paar Punkte, was speziell die jungen Leute betrifft, damit Sie wissen – nachdem er ja nichts zum Sozialbericht gesagt hat (Bundesrat Gruber: Sie sagen auch nichts dazu!), er hat ihn offenbar nicht gelesen –, was Sie ablehnen. Sie haben ja noch die Chance, ihn zu lesen. Nützen Sie diese Chance! (Bundesrat Mag. Himmer: Nein, so schnell kann er nicht lesen!) Oder überblättern Sie ihn zumindest, damit Sie wissen, was Sie ablehnen!
Sie lehnen die Steigerung der Sozialquote seit 2000 ab. Erstmals steigt sie wieder seit 1994. Sie lehnen die Arbeitsmarktpolitik ab (Bundesrat Mag. Pehm: Na selbstverständlich! Rekordarbeitslosigkeit!), die im Bundesgebiet sehr erfolgreich ist. Wie es in Wien ausschaut, das sehen wir.
Sie lehnen das Kinderbetreuungsgeld ab. Sie lehnen ab, dass auch jene Mütter mit Kindern, die vorher kein Kinderbetreuungsgeld bekommen haben, Studentinnen etwa,
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um nur ein Beispiel aus der jungen Gruppe zu nennen, jetzt Kinderbetreuungsgeld kriegen. Das lehnen Sie ab, Herr Gruber.
Sie lehnen die Einführung der
Familienhospizkarenz und den Härteausgleich ab, den man 2002 geschaffen hat.
Das lehnen Sie ab. (Bundesrat Mag. Pehm: Wir lehnen die Studiengebühren
ab!)
Sie lehnen die Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge ab – damit Sie wissen, was Sie ablehnen, nur im Jugendbereich. Und Sie lehnen die Fahrtenbeihilfe etwa für Schulpraktika ab, die eingeführt wurde.
Sie lehnen also wesentliche Teile der Sozialpolitik, der Arbeitsmarktpolitik, der Familienpolitik ab (Bundesrat Mag. Pehm: Ja! Ja! Ja! – Bundesrat Gruber: Weil es eine schlechte Politik ist!), weil Sie an Konzeptlosigkeit nicht mehr zu überbieten sind. (Beifall bei der ÖVP.) Ich hoffe für unser Land, dass diese Politik, die Sie in diesem Hause machen und die man bei dieser Debatte wieder klar erkennen konnte, langfristig keine Zukunft in diesem Land hat. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)
11.24
Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Gumplmaier das Wort.
11.24
Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Baier hat die Arbeitsmarktsituation von Wien als großes Beispiel genommen. Insgesamt kann man zusammenfassend sagen: Eigentlich müsste die ÖVP heute sagen, die Welt ist so ungerecht: Wir machen die richtige Politik, nur niemand kommt darauf! Wir verlieren überall die Mehrheit, obwohl wir richtige Politik machen. – Die Fakten sprechen eine andere Sprache.
Sie beklagen, dass die Menschen und auch wir nicht den großen sozialpolitischen Fortschritt, den Sie angeblich in den letzten Jahren erzeugt haben, sehen. Sie können sicher sein, was den Menschen von Ihrer Regierungsperiode in Erinnerung bleiben wird, sind zwei Schlagwörter im Zusammenhang mit Sozialpolitik: „speed kills“ und Nulldefizit. (Bundesrat Höfinger: Überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum! – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) „Speed kills“ beim Kürzen, beim Sozialabbau, und das Nulldefizit ist eine Propaganda-Schimäre, wie sich jetzt wieder herausgestellt hat. (Bundesrat Mag. Himmer: Sozialabbau ist eine Propaganda-Schimäre! – Ruf bei der ÖVP: Wir haben den sozialdemokratischen Schuldenberg abgebaut!)
Herr Himmer, Ihre Erregbarkeit nimmt in den
letzten Sitzungen regelmäßig zu. Der Herr Kollege Baier verkennt offensichtlich
die Zuständigkeit in der Arbeitsmarktpolitik: Für die Arbeitsmarktpolitik ist
nicht der Sozialminister zuständig, aber das hat sich vielleicht nicht
durchgesprochen bis zur Jugendorganisation in Linz ... (Bundesrat Mag. Baier:
Was hat Ihre Frau Blatnik gesagt? Arbeitsmarktpolitik ist so wichtig für den
Sozialbereich!) – Ja, ich komme noch darauf zurück. Horchen Sie mir gut zu,
dann kommen Sie darauf! (Bundesrat
Mag. Baier: ... und Sie sollen
ein Gewerkschafter sein?) Also für die Arbeitsmarktpolitik ist erstens der
Wirtschaftsminister zuständig, leider, und zweitens die Sozialpartner. (Bundesrat Dr. Böhm: Dazu gehören Sie ja auch!)
Und was die große, lobende Erwähnung von Oberösterreich betrifft, mache ich Sie aufmerksam auf die Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts im Auftrag der Arbeiterkammer. (Bundesrat Mag. Baier: Ihre Pamphlete haben wir eh schon gelesen!) Da steht eben drinnen, was Sie nicht gerne hören, nämlich dass die tatsächliche Arbeitslosigkeit in Oberösterreich um 53 Prozent höher ist als statistisch ausgewiesen. Sie können
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diese Studie von mir haben! (Bundesrat Mag. Baier: Sie machen sich lächerlich! – Bundesrat Gruber: Aber du auch! – Bundesrätin Roth-Halvax: Aber du schon lang!)
Herr Himmer, zur großen Aufregung über die Energiepreise nur ein paar Fakten. Der Finanzminister profitiert von den hohen Energiepreisen, also inklusive den Spritpreisen, übermäßig. Laut Benzinmarktstudie fließen ihm 55 Prozent vom Benzinpreis zu. Der Finanzminister hat seit Jänner 2004 Mehreinnahmen durch angehobene Mineralölsteuer von über 300 Millionen €, inklusive der Umsatzsteuer. Bei der Mehrwertsteuer, die immer mitsteigt, wenn die Spritpreise steigen, schneidet er pro 1 Cent Preiserhöhung 12,6 Millionen € mit. Wir verlangen, dass die Mehreinnahmen bei der Mineralölsteuer zum Beispiel für einen Heizkostenzuschuss verwendet werden.
Nun zum Sozialbericht. Berichte über die soziale Lage waren in der Vergangenheit nicht nur statistische Zustandsbeschreibungen und Nachschlagewerke, sondern sie haben immer auch einen Bericht über den sozialen Fortschritt – im Periodenvergleich – beinhaltet. Der soziale Fortschritt kann dokumentiert werden im Vergleich zu Vorperioden und im Vergleich mit anderen Ländern. Diese Komponente fehlt auffälligerweise zunehmend. Klar, es ist auch verständlich, denn über den Fortschritt gibt es nichts zu berichten, und den Rückschritt wollen Sie nicht dokumentieren.
Es fehlt – und das wurde im Ausschuss auch zugegeben – eine Dokumentation der Auswirkungen Ihrer Politik, zum Beispiel der Pensionsmaßnahmen. Das wurde im Ausschuss von einem Beamten zugegeben, dass es darüber keine Statistik gibt, und das für eine der einschneidendsten Maßnahmen im Jahr 2003.
Aber es gibt eine Neuerung: Erstmals im Bericht über die soziale Lage gibt es einen Armuts- und Reichtumsbericht. Das ist lobenswert; das dürfte allerdings dieser Regierung „passiert“ sein. Dafür gibt es nämlich einen parlamentarischen Beschluss von den vier Parlamentsparteien, der die Regierung dazu gezwungen hat. Der zuständige Beamte hat auch gleich im Ausschuss auf meine Frage gesagt, das sei einmalig gewesen und sei ein weiteres Mal nicht beabsichtigt – aus durchsichtigen Gründen.
Dank der Armutskonferenz wird die Entwicklung der Armut auch ohne Sozialministerium schon seit Jahren dokumentiert. Auf Grund dieser Arbeiten der Armutskonferenz ist leicht nachzuvollziehen, dass die Armutsgefährdung in Österreich in den letzten Jahren ständig zugenommen hat. Sie nimmt vor allem zu, weil die Arbeitslosigkeit steigt. Es ist signifikant, dass mit Zunahme der Arbeitslosigkeit die Armutsgefährdung steigt und umgekehrt mit Zunahme der Beschäftigung sinkt. Die Arbeitslosigkeit steigt, weil das Wachstum fehlt, und das Wachstum fehlt aus mehreren Gründen.
Es wäre Aufgabe der Sozialpolitik, die Verwerfungen des Marktes zu korrigieren und auszugleichen und den Menschen Sicherheit zu geben. Und eine wesentliche Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum, für Ausgaben- und Konsumfreudigkeit ist das Gefühl der Sicherheit und Stabilität.
Es sinkt nicht nur der Anteil der Ausgaben für Sozial- und Gesundheitspolitik in Österreich, es sinkt auch die Lohnquote, der Anteil der Lohn- und Gehaltseinkommen am gesamten Volkseinkommen, gepaart mit der Verunsicherung und mit der im Armuts- und Reichtumsbericht dokumentierten Ungleichheit. Die Ungleichheit führt vor allem dazu, dass die Masseneinkommen sinken, führt eben dazu, dass die Menschen einem so genannten Angstsparen, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut es bezeichnet, verfallen und die private Nachfrage ausfällt.
Der Globalisierung sind die Menschen ausgesetzt, und die Verunsicherung wird nicht aufgefangen. Die Ungleichheit nimmt durch die neoliberale Politik zu. Die Masseneinkommen sinken, die Nachfrage sinkt, aber eines steigt in allen Ländern, in denen die Ungleichheit zunimmt, und das ist auch nicht Teil des Sozialberichtes: Während die
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Ungleichheit und der Reichtum zunehmen, steigen die Häftlingszahlen. Ein Phänomen, das in Wahrheit kein Phänomen ist, sondern eine Tatsache, die wir bereits seit Jahrzehnten in den USA beobachten können: Mit Zunahme der Ungleichheit einer Gesellschaft nimmt die Kriminalität zu.
Eine Tatsache, die Sie sich neben dem Sozialbericht vergegenwärtigen sollten, ist, dass in dieser Regierungsperiode die Zahl der Häftlinge von 6 000 auf 9 000 gestiegen ist, darunter 500 Jugendliche. Was man in der Sozialpolitik einspart und in der Bildungspolitik kürzt, gibt man dann mehr für die Häftlinge aus. In den USA vorgelebt ... (Bundesrat Mag. Baier: Das ist ein Wahnsinn, bitte! Das ist ein Wahnsinn! – Ruf bei der ÖVP: Es hat das eine mit dem anderen nichts zu tun!) – Ach so, es hat das eine mit dem anderen nichts zu tun? Genau das ist Ausdruck Ihrer Politik und Ihres Unverständnisses. Und genau das will ich Ihnen sagen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Baier: Das ist ja mit Abstand das Letzte, was ich jemals gehört habe! – Bundesrat Gruber: Nimm dich ein bissel zurück, hörst! – Bundesrätin Roth-Halvax: Da redet der Richtige! – Bundesrat Reisenberger: Und schon wieder den Schnabel offen!)
Der Beamte aus dem Sozialministerium, der eingestanden hat, dass es das erste und letzte Mal ist, dass man einen Armuts- und Reichtumsbericht veröffentlicht hat, reflektiert offensichtlich die Verhältnisse in der Bundesregierung, denn zwei aus der Gruppe der zehn reichsten Österreicher sind Mitglied dieser Bundesregierung beziehungsweise im Nationalratspräsidium, und einer will gerade hinaufheiraten zu den zehn Reichsten. (Bundesrätin Roth-Halvax: Ist es verboten, dass man heiratet?) – Nein, es ist nur bemerkenswert, wer in der Regierung sitzt.
Die beste Sozialpolitik ist eine richtige Wirtschaftspolitik, eine Wirtschaftspolitik, die zu mehr Beschäftigung führt, haben Kollegen von der Regierungsfraktion richtigerweise erwähnt, der Zusammenhang ist richtig. Nur: Sie machen Politik in die verkehrte Richtung, Sie machen die falsche Wirtschaftspolitik und damit auch eine schlechte Sozialpolitik. Sie könnten sich ein Beispiel nehmen an den erfolgreichsten Ländern in Europa. (Ruf bei der ÖVP: Das tun wir ja! – Bundesrat Gruber: Wo denn?) Ah ja.
Während Österreich permanent bei den Rankings verliert, ist eines bemerkenswert: Die wettbewerbsfähigsten Länder sind Finnland und Schweden (Bundesrat Höfinger: Ja, und in der Jugendarbeitslosigkeit?! – Bundesrat Mag. Pehm: Ja, aber sie steigt überproportional an in Österreich!), die wettbewerbsfähigsten Länder sind die skandinavischen Länder: geringste Arbeitslosigkeit, höchstes Wirtschaftswachstum und – hören Sie zu! – Budgetüberschüsse, und das vor allem deswegen, weil die Ausgaben für die sozialen Maßnahmen wesentlich höher sind. Alles das, was Sie unter dem Motto „speed kills“ zusammengekürzt haben, wird dort mehr ausgegeben.
Eine wesentliche Ursache ist laut Wirtschaftsforschungsinstitut darin zu sehen, dass die Skandinavier ihre soziale Sicherheit nicht gefährden und die Bevölkerung sich sicher fühlt. Deswegen gibt es kein Angstsparen, und das Geld, das eingenommen wird, wird wieder ausgegeben, im Gegensatz zu Deutschland und Österreich, wo die Menschen sich ihrer Zukunft nicht sicher sind, weil sie keine gesicherten Arbeitsplätze haben und nicht mit Sicherheit wissen, ob sie noch eine Pension bekommen werden.
Der große Unterschied zu Schweden: Zum Beispiel bei der Pensionsreform hat sich die Regierung in Schweden sechs Jahre Zeit genommen für das Suchen einer Lösung, und zwar im gesellschaftlichen Konsens. (Zwischenruf des Bundesrates Höfinger.) Das Ergebnis ist, dass in Schweden – im Gegensatz zu Österreich – ein breites Gefühl der Zuversicht in der Bevölkerung Platz greift. (Bundesrat Höfinger: Wissen Sie, wie viel Prozent Eigenvorsorge in Schweden gemacht werden muss? Das müssen Sie auch dazusagen! Das ist unsozial!)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 55 |
Also nehmen Sie sich ein Beispiel an den
skandinavischen Ländern! Die beste Sozialpolitik betreibt man, wenn man eine (Bundesrat Höfinger: Eine ehrliche Politik betreibt!) Sozialpolitik macht
– und das zeigen auch die skandinavischen Länder –, die zu mehr
Beschäftigung führt. (Bundesrätin Roth-Halvax: Man muss Gleiches mit Gleichem
vergleichen!) Ja, machen Sie das! (Bundesrätin Roth-Halvax: Sie
aber auch!)
In Österreich verlieren wir an Wirtschaftswachstum, und das bei gleichzeitiger Kürzung der Sozialausgaben. Die skandinavischen Länder erhöhen die Sozialausgaben, das Wirtschaftswachstum steigt und gleichzeitig steigt auch der Budgetüberschuss, nicht das Defizit wie in Österreich. (Bundesrat Ing. Haller: Wir erhöhen die Sozialausgaben!)
Ja, Sie geben mehr für Häftlinge aus und die anderen mehr für Sozialausgaben und für die Herstellung einer Gleichheit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. – Bundesrat Höfinger: Verhaltener Applaus Ihrer eigenen Fraktion!)
Es braucht also eine offensive Sozialpolitik, die zu mehr Beschäftigung und zu mehr Wachstum führt, und es braucht einen radikalen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik, damit endlich wieder auch Sozialpolitik möglich wird.
Meine Fraktion nimmt den Bericht nicht zur Kenntnis, weil er ein Bericht über eine falsche Politik ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
11.41
Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich möchte zwischendurch wieder daran erinnern, dass wir eine vereinbarte freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten in Aussicht genommen haben.
Nächster Redner ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.
11.41
Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Ganz kurz zwei Sätze, zurückkommend auf meinen Vorredner Kollegen Gumplmaier.
Er hat hier Beispiel gebend die skandinavischen Länder angeführt. Ich weiß nicht, woher er diese Information hat, ich weiß aber – und in einem Punkt hat er Recht –: Norwegen zum Beispiel hat zwar einen Budgetüberschuss, aber ich möchte nicht norwegische Sozialstandards in Österreich, weil erstens in Norwegen ein wesentlich höheres Preisniveau bei einem insgesamt in etwa gleichem Lohnniveau wie in Österreich herrscht und zweitens in Norwegen die Sozialleistungen wesentlich geringer sind als in Österreich im Hinblick auf die Krankenversicherung. Die Selbstbehalte sind wesentlich höher als in Österreich, und drittens ist zwar der Pensionsbeitrag in etwa gleich hoch, aber die Pensionsleistung ist in etwa um 40 Prozent niedriger.
Diese Verhältnisse möchte ich bei uns in Österreich nicht haben, Herr Kollege Gumplmaier, daher richtet sich Ihr Beispiel von selbst. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konečny: Jetzt, wo Jens Stoltenberg wieder die Regierung bildet, wird das anders werden! Es ist halt so, dass die Leute sich manchmal zuerst etwas von den Konservativen wegnehmen lassen müssen, bevor sie begreifen, dass sozialdemokratische ... ! – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)
Nun zum Tagesordnungspunkt, Bericht über die soziale Lage 2003–2004. Man könnte ganz einfach sagen, dieser Bericht ist nichts anderes als – sagen wir es ganz einfach – eine Bilanz über einen bestimmten Zeitraum: ein Zahlenwerk mit Fakten und Daten.
Herr Kollege Professor Konečny! Sie haben in Ihrem Redebeitrag erklärt, dass Ihre Fraktion die Zustimmung zu dieser Bilanz, zu diesem Zahlenwerk, zu diesen Fakten nicht geben wird. Über die Begründung können wir diskutieren, werden wir auch noch reden, aber der Beitrag, den Sie dazu geleistet haben, nämlich Ihre Begründung war
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 56 |
im Hauptteil eine Wiener Wahlkampfrede. Der Bericht ist eine Leistungsbilanz, und zur Leistungsbilanz haben Sie eigentlich wenig bis gar nichts ausgesagt.
Mir und meiner Fraktion haben zumindest Ihre Erklärungen dazu, warum Sie diesen Sozialbericht ablehnen, gefehlt. Vielleicht ging das auch in Ihrer Wiener Wahleuphorie unter; das mögen Sie selbst beurteilen.
Meine Damen und Herren! Aber das, was ich jetzt sage, sage ich nicht in Bezug auf Professor Konečny und mich, sondern das gilt für alle. Es ist natürlich ein Wesenszug der Demokratie, dass es unterschiedliche Zugänge, unterschiedliche Informationen zu Berichten und zu Entscheidungen gibt. Es ändert aber in Summe nichts, ob der Zugang unterschiedlich ist, der Inhalt des Berichts bleibt in Summe immer derselbe.
Herr Kollege Konečny, genau deshalb hätte ich mir inhaltlich von Ihnen, von Ihrer Fraktion mehr Kritik erwartet, dann hätte ich Ihre Haltung verstanden. Ich hätte verstanden, wenn Sie gesagt hätten, es ist zu wenig Inhalt im Bericht. Ich hätte verstanden, wenn Sie, wie Kollegin Konrad von den Grünen, gesagt hätten, es ist vielleicht ein Kapitel zu wenig im Bericht ausgeführt.
Ich hätte verstanden, wenn Sie hier dem Haus gesagt hätten, dass Zahlen und Inhalte falsch sind, dann hätte ich Ihre Haltung verstanden. Das war aber alles nicht der Fall, daher ist Ihre Position unerklärlich.
Herr Kollege Konečny! Meine Kollegen aus der sozialdemokratischen Fraktion! Frau Kollegin Blatnik hat auch darauf hingewiesen. Sie haben versucht, über den Sozialbericht unter dem Begriff „soziale Kälte“, „Bilanz der Kälte“ einen Bogen zu spannen. Sie haben versucht, das in diesem Sinne darzustellen, und deshalb stimmen Sie dagegen.
Meine Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion! Wenn Ihre Interpretation stimmt, dann liegen Sie gerade damit strategisch falsch. Sie können nicht sagen, das sei ein Bericht der sozialen Kälte, und weil es ein Bericht der sozialen Kälte ist, stimmen Sie nicht zu. Es muss daher ein positiver Bericht sein, und Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, stellen sich damit selbst in Frage. Ich hätte mir von der sozialdemokratischen Fraktion gerade zu diesem Thema mehr Selbstwertgefühl erwartet. (Bundesrätin Bachner: Wodurch wäre das berechtigt?)
Ich hätte mir erwartet, dass Sie sich durchaus kritisch mit diesem Bericht auseinander setzen, aber gleichzeitig eine Begründung dafür haben, warum Sie nicht zustimmen. Sie sprechen von einer schlechten Bilanz – und lehnen diese Bilanz ab. Das Ganze ist ein Widerspruch in sich.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion
nimmt diesen Bericht zur Kenntnis (Bundesrat Reisenberger: Wow!),
natürlich im vollen Bewusstsein dessen, dass es im Sozialbereich noch viel zu
tun gibt. Aber es ist auch zu sagen, dass dieses Tun, dieses Handeln im
Sozialbereich nicht nur Aufgabe einer Bundesregierung ist, sondern dabei sind auch
die gesetzgebenden Körperschaften,
sprich die gesetzgebenden Institutionen wie Bundesrat, Nationalrat und die
Länder gefordert.
Wir, meine Damen
und Herren, nehmen die Bilanz 2003–2004 zur Kenntnis und werden bemüht sein,
uns weiterhin positiv für soziale Ausgewogenheit und soziale Gerechtigkeit
einzubringen, damit eben der Vergleich der Bilanzen besser wird. (Bundesrat
Reisenberger: Wie wollt ihr das machen mit diesem Staatssekretär?)
Meine Fraktion
nimmt daher den Bericht über die soziale Lage 2003–2004 zur Kenntnis. (Beifall
bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)
11.48
Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kritzinger. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 57 |
11.48
Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schade, dass der Sozialbericht, der inhaltlich eine großartige Zusammenfassung von Themen bietet, die im Sozialbereich geleistet worden sind, zerfleddert wird und dass man wenig auf den Bericht selbst eingeht. Die Zahlen wären nämlich interessant, und man müsste dann, wenn schon, Vergleiche anstellen und versuchen, da eventuell eine Richtigstellung oder eine Korrektur anzubringen.
Jedenfalls ist sicher, dass wir in Österreich heute von den Nachbarstaaten, was den Sozialbereich angeht, beneidet und bewundert werden. Und warum? – Weil unsere Sozialpolitik und das Wirtschaftswachstum bei uns nicht als Gegensatz betrachtet werden, sondern als ein notwendiger Zusammenhang.
Der durchschnittliche jährliche Betrag, der zum Beispiel im Jahr 2002 im Sozialbereich ausgegeben worden ist, betrug pro Person 8 000 €. Kaum ein anderes Land in der EU gibt für diesen Bereich so viel Geld aus. Auch was die Armutsgefährdung anbelangt, steht Österreich besser da als die meisten anderen Länder.
Im Sozialbericht kommen neben der
Armutsgefährdung auch die soziale Ausgrenzung und Themen wie Wohnungseigentum,
sogar das Eisenbahnergesetz, Gesundheit und die Familien- sowie die
Behindertenpolitik vor.
Da Menschen mit Behinderung auch in hoch entwickelten modernen Gesellschaften schwierigere Rahmenbedingungen vorfinden, wurde bei uns in Österreich ein Programm gestartet, das ihnen Chancen eröffnet. Denken Sie an die Behindertenmilliarde! Das hat internationale Vorbildwirkung ausgestrahlt und viele heimische Unternehmen dazu gebracht, vermehrt solchen Menschen einen sicheren Arbeitsplatz zu geben.
Die bisherige Bilanz kann sich sehen lassen: Im Jahre 2003 wurden 14 000 Menschen durch diese Gelder gefördert; in 3 520 Fällen konnten diese Menschen Arbeitsplätze erhalten und in 2 435 Fällen konnte ihnen der Arbeitsplatz gesichert werden.
Österreich ist für die kommenden Jahre im Bereich der Pflege und der Pensionsvorsorge gerüstet. Auch das ist ein wichtiger Faktor sowie die Tatsache, dass unsere Gesellschaft immer älter wird und in Zukunft mehr Pflegepersonal braucht, Deshalb muss im Pflegebereich ein größeres Angebot da sein. Auch darauf hat man eine Antwort gefunden. Insgesamt hat sich seit 1999 bis heute der Personalstand um 60 Prozent erhöht.
In dieser Regierungsperiode wurden auch massive Reformen eingeleitet, um das Gesundheitssystem zu finanzieren. Man hat im Sozialbereich entsprechende Dienste massiv ausgebaut und gesetzliche Regelungen geschaffen, damit pflegende Angehörige mehr erhalten. Das Pflegegeld wurde schon im heurigen Jahr mit 1. Jänner um 2 Prozent erhöht.
Als große soziale Leistung der Zweiten Republik darf aber wohl die Pensionsreform bezeichnet werden. Man kann auf das Ergebnis stolz sein, Mühe und Arbeit haben sich gelohnt. Mit der Pensionsreform wurde die Zukunftssicherung der österreichischen Pensionisten eingeleitet. Die Pensionsreform war überfällig. Während es ehemalige Finanzminister total verabsäumt haben, sich einen Gedanken über die künftige Finanzierbarkeit der Pensionssysteme zu machen, hat man jetzt neue Regelungen geschaffen. Dazu gehört auch im Gesellschaftsbereich, dass man ältere Menschen mehr einbindet und in Entscheidungen mit einbezieht. Der ältere Mensch ist verlässlich, erfahren und loyal. Nur durch eine solche Pensionsreform, wie die Regierung sie eingeleitet hat, kann gewährleistet werden, dass das System auch in Zukunft finanzierbar sein wird. Auch die bereits eingeleitete Harmonisierung der Pensionen mit einheitlichen
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 58 |
Beiträgen und Leistungen wird ein, so glaube ich, gerechteres System für jedermann bringen.
Hier hat Österreich rechtzeitig gehandelt und darauf geschaut, dass notwendige Einsparungen für die Bevölkerung verträglich sind und sich auch gerecht auf verschiedene Bevölkerungsschichten verteilen. Während zum Beispiel in den Nachbarstaaten wie in Deutschland die Pensionisten schon zum wiederholten Mal ohne die geringste Erhöhung ihrer Renten auskommen müssen, gab es bei uns immer eine Anhebung der Pensionen. In der Sitzung des Sozialausschusses am Montag wurde die Frage gestellt: Um wie viel haben sich die Pensionen seit 1999 erhöht? – Diese Frage wurde dort von den zuständigen Beamten folgendermaßen beantwortet: bei Alleinstehenden um 17 Prozent, bei Ehepaaren um 25,5 Prozent. Dann stand natürlich die Frage im Raum: Und um wie viel ist der Verbraucherpreisindex gestiegen? – Der Verbraucherpreisindex ist um weniger gestiegen, nämlich um 15,7 Prozent.
Also war es für die Pensionisten ein Gewinn – kein großer, aber immerhin war es ein Gewinn und kein Verlust.
Um nochmals auf die Armut zurückzukommen.
Ab 1. Jänner 2006 wird die Mindestpension angehoben. Das betrifft
188 000 Pensionisten. Insgesamt ist dies ein wichtiger Schritt, der
wie die anderen erfolgreichen Maßnahmen der Regierung in Richtung Zukunft
weist. Um so wichtiger ist es jedoch, dass diese Regierung weiterhin unsere
Sozialpolitik bestimmt. (Bundesrat Gruber: Das ist eine Drohung!)
Nur so kann garantiert werden, dass Österreich eines der Länder mit der
höchsten Lebensqualität auf der Erde bleibt, dass es unseren Staatsbürgern gut
geht und dass ein gesundes Wirtschaftswachstum und eine scharfsinnige Politik
unser Land immer vor einem Bankrott bewahren werden. (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
Nicht nur satte Österreicher sind gute Österreicher, sondern auch kluge und fleißige Österreicher sind gute Bürger. Das hat Bundeskanzler Schüssel erkannt, und deswegen hat er ihnen auch Reformen zugemutet – dringende Reformen, die wir brauchen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Die Opposition hat diesen Sozialbericht ja ziemlich zerfleddert, wie ich schon gesagt habe. (Bundesrat Mag. Pehm: Ja, zu Recht!) Ich glaube, die Opposition ist unmusikalisch (Rufe bei der ÖVP: Jawohl!), und deshalb bleiben ihr die Schwingungen in unserem Land verborgen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
11.58
Vizepräsident Jürgen Weiss: Letzter vorgemerkter Redner ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm das Wort.
11.58
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Baier und andere Vorredner, Baier wahrscheinlich im jugendlichen Übermut eines Spitzenfunktionärs der Jungen ÖVP, glauben, dass der Sozialbericht so etwas ist wie ein Maßnahmenkatalog der Bundesregierung oder was auch immer.
Experten und Expertinnen haben die soziale Lage über einen gewissen Zeitraum beobachtet. Das ist das Ergebnis dieses Sozialberichts. Wir nehmen diese Arbeit, diese Untersuchung zur Kenntnis, denn sie stellt der Tätigkeit der Bundesregierung ohnedies ein denkbar schlechtes Zeugnis aus.
Kollege Kritzinger, so lustig à la Musizieren ist das, was da drinnen steht, in der Tat nicht. 5,9 Prozent beziehungsweise 460 000 Menschen sind armutsgefährdet! Das sind die Zahlen, die Sie immer genannt wissen wollen. Ich weiß nicht, was Sie da für Zahlen
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 59 |
drinnen finden oder welchen Spin Sie ihnen geben. Nehmen wir doch einfach das, was da drinnen steht! 460 000 Menschen in Österreich sind akut armutsgefährdet. Das steht im Sozialbericht. Auf Ihre Musik können die gern verzichten, Herr Kritzinger! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)
Wenn wir die beiden Berichte von Experten und Expertinnen vergleichen, den vorangegangenen mit diesem jetzt vorliegenden, so muss man sagen, dass die Anzahl der akut Armutsgefährdeten von 300 000 auf 460 000 gestiegen ist. (Bundesrat Mag. Pehm: Das sind 50 Prozent mehr!) Das sagt der Bericht, den Sie hier als den Ausdruck Ihrer Regierungstätigkeit so bejubeln. Diese Anzahl ist von 300 000 auf 460 000 gestiegen, sagt Ihr Bericht selbst über Ihre Tätigkeit! (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)
Weiters bedeutet dies steigende Zahlen bei Sozialhilfebeziehern und -bezieherinnen, die dramatische Zunahme bei den Richtsatzergänzungen für Arbeit Suchende – gerade wegen des Anwachsens der Billiglohn-Jobs –, Wartelisten bei den Schuldnerberatungen, eine steigende Anzahl von Menschen mit psychischen Krisen und bei den psychosozialen Diensten. Über das Anwachsen der Anzahl der Hilfe Suchenden bei den Sozialberatungsstellen möchte ich jetzt gar nicht reden.
Wissen Sie, was das heißt: akut arm? – Akut arm, das bedeutet ein Einkommen unter 780 €, meine Damen und Herren! Der Sozialbericht, der heute vorliegt, sagt, dass beinahe eine halbe Million Österreicher und Österreicherinnen ein Einkommen von weniger als 780 € haben. Da ist es wahnsinnig „lustig“, Herr Kritzinger, dass Sie von der Musik reden, da ist es wahnsinnig „lustig“, was Sie sagen. (Zwischenrufe der Bundesräte Kritzinger und Mag. Himmer.)
Kollege Himmer, es ist gut, dass Sie sich melden. Etwas, was mir in diesem Bericht aufgefallen ist – und das hängt mit einer derzeit und seit Monaten kommentierten und diskutierten Schwachstelle der Bundesregierung zusammen –, ist die gesamte Bildungspolitik. 20 Prozent Armutsgefährdungsrisiko für jemand, der Pflichtschulabschluss hat – 20 Prozent! Das heißt, Personen mit Pflichtschulabschluss weisen eine Beschäftigungsquote von nur 50 Prozent auf; im Vergleich dazu: mittlere Schule 76, mit Matura 67, mit Uni-Abschluss 83 Prozent. Ich verweise hier nur auf die PISA-Studie und all die Mängel, die wir im Bildungssystem evident haben, wobei uns von Europa aus bewiesen wird: Hallo, in eurem Schulsystem funktioniert etwas nicht, da stimmt etwas nicht!
Gleichzeitig sehen wir heute, wenn wir den Armutsbericht diskutieren, welche Auswirkungen das hat. Wenn das Schulsystem – und das ist eine Frage der sozialen Herkunft, der ethnischen Herkunft – keine höhere Durchlässigkeit zulässt, wenn dieses Schulsystem nicht eine höhere Befähigung aller sozialen Schichten und aller ethnischen Herkünfte zulässt, produzieren wir für den nächsten Armutsbericht den nächsten Anstieg. Das ist leider Gottes eine Schwachstelle, eine extreme Schwachstelle der derzeitigen Regierungspolitik. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Es gibt noch jemanden in diesem Land, der dies – so wie die Experten und Expertinnen von Ministeriumsseite – ganz trocken und nüchtern alle Jahre feststellt: Das ist die Armutskonferenz, NGOs, hauptsächlich – liebe Kollegen und Kolleginnen von der ÖVP! – und schwerpunktmäßig getragen von der katholischen Kirche und ihren Gliederungen und Organisationen; dies ist also gar nichts Anrüchiges. Diese Armutskonferenz sagt: Wenn unsere Gesellschaft ein großes Haus ist, können wir es nicht achselzuckend hinnehmen, dass immer mehr Menschen im dunklen Keller verschwinden; unser Ziel muss es daher sein, zu verhindern, dass Menschen in den Keller kommen, und nicht, den Keller auszubauen. – Aber vieles, was hier geschieht, heißt, den Keller auszubauen.
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Wie verhindert man, dass Menschen in diesen sozialen Keller stürzen? – Durch eine Summe von Forderungen, die wir heute längst als Mindestsicherung bezeichnen: materielle Mindestsicherung im Bereich der sozialen Dienstleistungen und Mindestsicherung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik.
Meine Damen und Herren! Ein weiteres Thema dazu, das noch immer nicht geklärt ist, betrifft die Sozialhilfeempfänger und die e-Card. Das ist wirklich beschämend! Gerade die sozial Schwächsten, deren Krankheitsrisiko übrigens dreimal größer, dreimal höher als das aller anderen ist, brauchen einen vereinfachten Zugang. Aber was machen wir derzeit? – Das Gegenteil! Vergessen wir eines nicht, wenn wir jetzt sagen, dass wir die Sozialhilfeempfänger von der e-Card ausschließen: Gerade Armut hat einen ständigen Begleiter, und das ist die Scham! Aus Scham gehen dann viele Menschen nicht hin, weil sie extra behandelt werden müssen. Die Stigmatisierung von Sozialhilfeempfängern jetzt auch noch im Gesundheitssystem sichtbar zu machen, ist ein Skandal! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Ich würde mir wünschen, Herr Staatssekretär – ich nehme einmal an, dass Sie der nächsten Bundesregierung nicht angehören werden, aber vielleicht in Richtung des Hauses ... (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Das ist nicht gerade eine große wahrsagerische Leistung, Herr Staatssekretär, das kann man ... (Bundesrat Mag. Pehm – in Richtung Staatssekretär Dolinschek –: Diese Seite gemeint! – Weitere Zwischenrufe.) Ich sage ja nicht, ob Staatssekretär Finz ihr angehört. Aber beim BZÖ würde ich jetzt einmal vermuten, dass es da nicht so sein wird. Außer die ÖVP gründet zwischen der ÖVP und dem BZÖ eine neue Partei – auch das wäre wahrscheinlich denkbar. (Bundesrat Boden: Hirschmann! – Zwischenruf des Bundesrates Bieringer.)
Dem Kollegen Bieringer kann man es ausrichten – Kollege Bieringer, bitte! (Bundesrat Bieringer: ... bisschen auch am Boden bleiben! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein, ich bleibe beim Sozialbericht. Ich wollte nur jemandem etwas an die Regierung mitgeben, und da bin ich nachdenklich geworden, Kollege Bieringer, ob ich es dem Richtigen mitgebe. Ich nehme es gerne zurück, wenn es für Sie einen höheren Blutdruck oder eine politische Aufregung bedeutet.
Ich sage es jetzt einfach so, wie es ist: Ich wünsche mir, dass im nächsten Sozialbericht das Thema Frauen und Armut extra behandelt wird und dass nicht immer wieder die Frauen irgendwie in einem Absatz dabei sind. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Das gesamte Sozialsystem geht nämlich von einer männlichen Erwerbsbiographie aus, Kollege Himmer: Belohnt wird, wer ohne Auszeiten kontinuierlich im Erwerbsleben steht und wer Vollzeit arbeitet; da gibt es höheres Arbeitslosengeld, höheres Krankengeld, höhere Pension. Bezahlt wird das Ganze eben von denjenigen, die unbezahlte Betreuungsarbeiten leisten, die Auszeiten haben, und das sind die Frauen: Sie bezahlen das!
Dann sehen wir noch – und das kann man heute schon sagen –, dass die Armut unter diesen 460 000 Menschen vorwiegend weiblich ist und dass die Armut hauptsächlich bei den Frauen dramatisch steigt. Es gab 2003 in Österreich bereits 571 000 armutsgefährdete Frauen; das sind 35 000 Frauen mehr als noch 1999! Wenn wir uns überdies anschauen, wie gefährdet Männer und wie gefährdet Frauen sind, dann möchte ich drei Bereiche hernehmen.
Zunächst ist dies das Erwerbseinkommen: 7 Prozent der erwerbstätigen Männer sind armutsgefährdet, aber bereits 11 Prozent der Frauen. Bei den Sozialleistungsempfängern sind 41 Prozent der Männer armutsgefährdet; aber 56 Prozent der Frauen, die Sozialhilfe beziehen, sind armutsgefährdet. Das ist eindeutig die Mehrheit, das ist alarmierend! Und bei den Pensionen verdoppelt sich der Anteil: 13 Prozent der männlichen
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Pensionsbezieher sind armutsgefährdet, aber mehr als 22 Prozent der Frauen in dieser Gruppe sind armutsgefährdet.
Meine Damen und Herren! Deshalb bedarf es hier eines ganz besonderen Augenmerks, und ich wünsche mir, dass die Frauen künftig nicht nur absatzweise in Themen behandelt werden.
Auch was die Wohnungsnot betrifft, fallen Frauen nicht in der Weise unter „obdachlos“, weil weibliche Obdachlosigkeit oder Wohnungslosigkeit wesentlich versteckter ist. Es gelten heute weit mehr Frauen als latent wohnungslos, als überhaupt erfasst sind.
Meine Damen und Herren! Das sind die nüchternen Zahlen – Kollege Baier, Sie haben ja Zahlen aus diesem Bericht gewünscht –, das alles sind Zahlen, die Sie in Ihrem Bericht, den Sie so toll finden, nicht gelesen haben. Der Bericht ist schonungslos, und er ist ein ganz schlechtes Zeugnis für die Sozialpolitik dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
12.11
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenso nicht der Fall.
Daher gelangen wir zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über soziale Sicherheit (951 d.B. und 1014 d.B. sowie 7374/BR d.B.)
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Blatnik übernommen. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin Ana Blatnik: Frau Präsidentin! Gospa president! Herr Staatssekretär! Gospod državni sekretar! Der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bulgarien über soziale Sicherheit liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Deshalb komme ich gleich zur Antragstellung.
Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke. Hvala.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. – Es liegt hiezu keine Wortmeldung vor.
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Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Wir schreiten daher zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom
28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein
Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 –
HWG 2005 erlassen wird, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das
Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Umweltförderungsgesetz,
das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957 und das Erbschafts- und
Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden und abgabenrechtliche
Sondermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden
(1065 d.B. und 1094 d.B. sowie 7375/BR d.B.)
4. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom
28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine
Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe des Jahres
2005 gewährt wird (1095 d.B. sowie 7376/BR d.B.)
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.
Die Berichterstattung zu den Punkten 3 und 4 übernimmt Herr Bundesrat Prutsch. Ich bitte um die Berichterstattung.
Berichterstatter Günther Prutsch: Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe die beiden angesprochenen Berichte, als Erstes den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbaugesetz 2005 – nämlich das HWG 2005 – erlassen wird, das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Umweltförderungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957 und das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert werden und abgabenrechtliche Sondermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden.
Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Verlesung.
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Ich komme sogleich zur Verlesung des Ausschussantrages.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Als Zweites bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine Gerichtsgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe des Jahres 2005 gewährt wird.
Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich daher dessen Verlesung.
Ich komme sogleich zur Verlesung des Ausschussantrages.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die beiden Berichte. – Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Mayer. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen.
12.15
Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So wie bereits im Jahr 2002 hat die Bundesregierung auch nach dem Hochwasser Ende August ein wirklich wohl überlegtes und im Umfang weit reichendes Paket zur Beseitigung der Katastrophenschäden vorgelegt. Entscheidend dabei ist, dass rasch, ohne bürokratische Hürden, der zügige Wiederaufbau und die Wiederherstellung der Infrastruktur ermöglicht werden. Die alte Phrase „Wer schnell hilft, hilft doppelt“ kann also in diesem Fall wirklich angewendet werden.
Nach groben Schätzungen belaufen sich die Schäden auf mehrere hundert Millionen Euro. Allein das kleine Land Vorarlberg hat ein Schadensvolumen von zirka 188 Millionen € zu beklagen. Obwohl die Bedarfsschätzungen noch nicht abgeschlossen sind, wird der Katastrophenfonds mittels einer Überschreitungsermächtigung um 251 Millionen € aufgestockt. Dazu kommen insgesamt noch 72 Millionen € an Steuererleichterungen, die jedoch vorwiegend erst im nächsten Jahr wirksam werden. Wichtig ist dabei auch, dass neben diesen Steuererleichterungen freiwillige Zuwendungen, also Spenden von Dritten an Hochwasseropfer, steuerfrei behandelt werden.
Welche wichtige Einrichtung dieser Katastrophenfonds für das in den letzten Jahren wirklich viel geprüfte Österreich ist, wird damit wieder deutlich unter Beweis gestellt. Dass es diesen Katastrophenfonds noch gibt, verdankt Österreich in erster Linie auch unserem Landeshauptmann Dr. Herbert Sausgruber, der vor mehr als acht Jahren Bundeskanzler Klima darauf aufmerksam machte, wie wichtig dieser Katastrophenfonds ist und dass er eine budgetäre Absicherung und Vorsorge beinhaltet, auf die immer wieder – wie auch in diesem Jahr – zurückgegriffen werden kann. Ohne diesen Katastrophenfonds wären die Schäden in Westösterreich nicht zu bewältigen. Insbesondere das kleine Land Vorarlberg würde die Schadenssumme von 188 Millionen € allein nie aufbringen können.
Ganz kurz zu den Schäden: Vorarlberg hat Schäden an Landesstraßen im Ausmaß von 35 Millionen €, an Flussbauten solche in der Höhe von 17 Millionen €, Vermögensschäden an Betrieben und privaten Einrichtungen im Ausmaß von 98 Millionen €, Schäden an Gemeindeeinrichtungen in der Höhe von 16 Millionen € und Schäden an der Energieversorgung in der Höhe von 6 Millionen €. Was noch schwerer wiegt, ist Folgendes: Wir hatten leider zwei Tote zu beklagen, und es gab sehr viele Schwerverletzte im Zuge der Beseitigung der Schäden und während der Flutkatastrophe.
Zur Vermeidung weiterer Schäden mussten viele Gemeinden evakuiert werden. Sie waren zum Teil über mehrere Tage nicht erreichbar, ganze Orte waren praktisch von der Umwelt abgeschnitten. Viele Bewohner konnten bis heute noch nicht in ihre Wohnobjekte zurückkehren. So gibt es eine Parzelle in meiner Nachbargemeinde, die, weil sie in den letzten sechs Jahren mehr als drei Mal total überflutet wurde, bei diesen besonderen Ereignissen immer wieder abgesiedelt wird. Hiezu gibt es Verhandlungen,
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die in der Endphase sind, und wir hoffen, dass wir dort für alle eine kulante Lösung erreichen können.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen einige Zahlen zur Kenntnis bringen, und zwar darüber, was dort an Einsatzbereitschaft der Hilfskräfte – der Feuerwehr, des Bundesheeres, der freiwilligen Helfer – unter einem hervorragenden Krisenmanagement, und zwar unter der Leitung unseres Landeshauptmanns Dr. Herbert Sausgruber, geleistet wurde.
Bei der freiwilligen Feuerwehr waren 5 000 Mann im Einsatz, die 60 000 Stunden an Hilfeleistung erbracht haben. Beim Roten Kreuz waren es 110 Mann, 5 Notärzte, 1 500 Stunden. Beim Bundesheer waren 965 Soldaten eingesetzt, und die haben 88 Stunden Arbeit geleistet; an dieser Stelle einen besonderen Dank auch an unseren Bundesminister Günther Platter, der diese Einsatzkräfte wirklich rasch zur Verfügung gestellt hat. – Bergrettung: 28 Ortsstellen, 323 Bergretter, insgesamt 5 700 Stunden; Wasserrettung: 225 Mann, 2 888 Stunden; die Caritas hat 100 Flüchtlinge zur Verfügung gestellt, die sich freiwillig bereit erklärt haben, die Beseitigung der Schäden mit zu bewerkstelligen. Dazu kann man natürlich auch noch all die freiwilligen Einsätze rechnen, die freiwilligen Helfer. Das ist allerdings in seiner Gesamtheit noch nicht erfasst.
Wir haben vom Bundesheer auch hervorragende Unterstützung mit Bundesheerhubschraubern erhalten. Man sah, wie wichtig der Ankauf von Bundesheerhubschraubern insbesondere für solche Katastrophenfälle ist. Die haben nämlich insgesamt 1 200 Einsätze geflogen und waren 200 Stunden in der Luft. 1 418 Personen mussten evakuiert werden. Diese Zahlen sprechen wirklich für sich.
Um die ersten Schäden zu beseitigen, hat das Land als Sofortmaßnahme 30 Millionen € zur Verfügung gestellt. Es sind insgesamt 1 000 Ansuchen eingelangt, um die Schäden zu beseitigen. Schadenswiedergutmachung ist angesagt. 170 Firmen sind betroffen, wovon 100 in ihrer Existenz gefährdet sind. Das Land wird hier mit Fördermaßnahmen großzügiger vorgehen, hier wird über die angedachte 50 Prozent-Marke hinaus gefördert, weil wir eben auch in einer schwierigen Arbeitsmarktsituation Arbeitsplätze erhalten wollen. Wir werden uns auch am Fonds der betrieblichen Hochwasserhilfe des Bundes beteiligen, um unsere Tourismus-, Gewerbe- und Industriebetriebe entsprechend mit einzubinden.
Wir haben insgesamt 96,3 Millionen € an Eigenfinanzierung zu erbringen. Davon werden wir von Seiten des Bundes – und hiefür bedanken wir uns wirklich sehr, sehr herzlich – aller Voraussicht nach 38 Millionen € in Empfang nehmen können.
Die besondere Situation verlangt, dass sich das Land Vorarlberg auch von einem alemannischen Dogma verabschiedet. Erstmals seit mehr als 20 Jahren wird der Grundsatz, keine Nettoneuverschuldung zuzulassen, praktisch über Bord geworfen. Um ein Beispiel aus dem kirchlichen Bereich zum Vergleich heranzuziehen, da heute hier bereits einmal eines angezogen worden ist, steht das in etwa im gleichen Rang mit einer Verabschiedung der Kirche vom Zölibat. Ziel ist aber, bereits 2007 wieder zu diesem Grundsatz zurückzukehren.
Ich möchte mich am Schluss meiner Ausführungen in besonderer Weise für die Solidarität bedanken, die das Land Vorarlberg in dieser besonderen Situation erleben durfte. Es geht dabei zunächst einmal um den Einsatz der vielen freiwilligen Helfer, der uns zuteil geworden ist; sogar Urlaubsgäste haben während ihres Urlaubes angepackt und viele, viele Stunden freiwillige Arbeit geleistet. Die Vorarlberger haben inzwischen über ein Spendenkonto mehr als 1,6 Millionen € an Spenden in diesen Fonds eingezahlt.
Besonderen Dank auch an das Land Niederösterreich. Landeshauptmann Erwin Pröll hat als Soforthilfe, weil wir im Jahr 2002 auch von Vorarlberger Seite geholfen haben,
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500 000 € zur Verfügung gestellt. Durch Spenden ist das inzwischen auf beinahe 1 Million € angewachsen. Auch das Land Südtirol hat uns in besonderer Art und Weise geholfen, und dafür möchten wir uns ebenfalls sehr herzlich bedanken.
Die besondere Zuwendung unserer Freunde bei dieser Aktion „Ländle in Not“ haben wir sehr, sehr gerne angenommen. Deshalb auf gut Vorarlbergerisch an alle ein herzliches „Vergelt’s Gott!“ – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und der Bundesrätin Bachner.)
12.24
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wiesenegg. – Bitte, Herr Bundesrat.
12.24
Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! An einem Tag, an dem wir wichtige Gesetze bezüglich Naturkatastrophen beschließen, ist es unsere Pflicht und ist es auch unsere Aufgabe, den Opfern der furchtbaren Katastrophe in Pakistan unsere Anteilnahme auszusprechen und alles zu unternehmen, um auch dort Hilfe zu leisten.
Geschätzte Damen und Herren! Ich stehe vor Ihnen als Bürgermeister einer Region im Westen Tirols, die die Bezirke Imst, Landeck und Reutte einschließt, die nicht nur 1999 und 2002, sondern auch 2005 von einer Hochwasserkatastrophe schwerstens – und Sie haben ja alle die Bilder noch in Erinnerung – heimgesucht worden ist. Vielen ist im wahrsten Sinne des Wortes die Existenzgrundlage fortgerissen worden.
Hervorragende Hilfsorganisationen aus ganz
Österreich – und darauf können wir stolz sein –,
Blaulichtorganisationen, Herr Staatssekretär, das Bundesheer und auch Freiwillige
haben nicht nur Solidarität gezeigt, sondern sind unter Einsatz ihres Lebens
sofort zu Hilfe geeilt. Ihnen gilt, geschätzte Damen und Herren, nicht nur mein
Dank als Bürgermeister, sondern der Dank von uns allen. (Allgemeiner
Beifall.)
Mit diesem Dank, geschätzte Damen und Herren, verbinde ich aber auch unser Mitgefühl den Hochwasseropfern, den Geschädigten, den Bürgerinnen und Bürgern und besonders unseren Familien gegenüber. Sie haben mit großem Einsatz und mit Eigeninitiative anderen Mut gemacht, nicht aufzugeben.
Meine geschätzten Damen und Herren! Was ist das alles, wenn die finanzielle Grundlage für einen Wiederaufbau fehlt? Betriebe sind vom Erdboden verschwunden, Häuser dem Erdboden gleich gemacht worden, Existenzen wurden völlig zerstört. Umso mehr begrüße ich die Gesetzesinitiativen, die wir heute hier im Bundesrat beschließen. Damit schaffen wir die Grundlage, Herr Staatssekretär, den Betroffenen rasch und unbürokratisch helfen zu können. Abgesehen von den vielen privaten Spendern – das wurde ja schon von meinem Kollegen aus Vorarlberg angeschnitten –, denen selbstverständlich auch unser Dank gilt, ist durch die heute zu beschließenden gesetzlichen Rahmenbedingungen eine Ausweitung der Hilfe möglich. Dafür, Herr Staatssekretär, herzlichen Dank!
Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte 800 Millionen € – so liegt uns das heute vor – werden insgesamt notwendig sein, um alles wieder so herzustellen, wie es gewesen ist. Kommunale Einrichtungen sind genauso geschädigt wie privates Eigentum. Um alles Menschenmögliche tun zu können, den uns anvertrauten Menschen künftig mehr Schutz gewähren zu können, ist es unumgänglich, alle bereits als vordringlich eingestuften Hochwasserschutzmaßnahmen zügig umzusetzen.
Geschätzte Damen und Herren! Ich habe hier im Hohen Haus mehrmals die Forderung nach mehr Hochwasserschutz erhoben, aber aus budgetären Gründen des Bundes, so
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wurde mir immer wieder bedeutet, müssten diese lebensnotwendigen Projekte leider zurückgestellt werden, und sie sind auch zurückgestellt worden. Geschätzte Damen und Herren, da gilt es wirklich, Prioritäten zu setzen. Ich würde mir wünschen, dass im Bereich des Hochwasserschutzes von Seiten der Regierung genauso strebsam und zielstrebig wie beim Kauf der Abfangjäger vorgegangen würde. (Beifall bei der SPÖ.)
Das, liebe Freunde, und das können Sie mir glauben, denn so nahe bin ich den Menschen, würde die Bevölkerung mit Sicherheit goutieren.
Abschließend darf ich von dieser Stelle aus nochmals appellieren, unsere Bevölkerung kein viertes Mal einer Gefahr wie 2005 auszusetzen. Werte Abgeordnete, da ist Ihre Verantwortung gefordert, egal welcher Fraktion Sie angehören! Und darum bitte ich. – Herzlichen Dank für Ihr Verständnis! (Allgemeiner Beifall.)
12.30
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte, Herr Bundesrat.
12.30
Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geschätzte Frau Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lieber Kollege Mayer, lieber Kollege Wiesenegg, so schaut es wirklich aus! Sie haben das so gesehen, so dargebracht, wie die Situation draußen ist. Als Bürgermeister möchte ich zuerst einmal grundsätzlich der Bundesregierung danken, dass sie am 30. August das Hochwasserentschädigungsgesetz beschlossen hat. Ich danke aber auch dafür, dass die Frau Außenminister bei der EU dafür Sorge tragen wird, dass wir auch von dort eine Unterstützung erhalten werden.
Über 100 000 freiwillige Helfer in Österreich, Rotes Kreuz, Freiwillige Feuerwehr, Bergrettung, Wasserrettung und viele andere Freiwilligengruppen sind täglich bereit, für uns, für unsere Mitmenschen unter Einsatz ihres Lebens da zu sein. Mit dem österreichischen Bundesheer und einer gut durchdachten und straff gehaltenen Behörde ist es möglich, in solchen Situationen alle erforderlichen Maßnahmen ordnungsgemäß durchzuführen, was wir auch getan haben. Wir sollten immer wieder mit großer Dankbarkeit den freiwilligen Helfern danken, und zwar jeder, ob als Bürgermeister einer Gemeinde oder als Vertreter eines Landes oder als Vertreter des Bundes. Das sind nämlich wirklich jene, die stets bereit sind, zu helfen.
Es ist aber auch gut, dass unsere freiwilligen Helfer laufend entsprechende Übungen durchführen, denn diese Übungen, geschätzter Herr Staatssekretär, sind außerordentlich wichtig und sollten auch finanziell unterstützt werden. Ob es Probleme auf der Straße mit gefährlichen Gütern gibt, ob es große Schnee- beziehungsweise Bergunfälle gibt oder eben Hochwasser und Katastrophen anderer Art, wir haben immer die Verantwortung, für unsere Menschen da zu sein.
Am Beispiel meiner Heimatgemeinde: Im Jahr 1993, am 18. Juli, Ausrufung des Notstandes für die Marktgemeinde Gurk. Herr Bundeskanzler Vranitzky und Landeshauptmann Zernatto trafen sofort ein. Mit hohem Respekt gesagt: Sie sind sofort per Hubschrauber da gewesen. Was sich da in dieser Gemeinde abgespielt hat, das kann man sich nicht vorstellen. Es war ein Unwetter fürchterlichen Ausmaßes mit Hagelschlag, während ein Domkonzert stattgefunden hat. Eine Woche lang waren 50 Kilometer Straße nicht passierbar. 70 Häuser waren total abgedeckt. 400 PKWs waren zum Teil sehr stark beschädigt. Die Schäden machten über 40 Millionen Schilling aus, und zwar nur im dörflichen Bereich, ganz abgesehen von den Wald- und Flurschäden. Viele Menschen sind, wie Bürgermeister Wiesenegg gesagt hat, vor dem Nichts gestanden. In dieser Situation hat sich gezeigt, wie wir alle gemeinsam solidarisch sein können. Es
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gab eine große Spendenaktion, die ein großes Aufatmen vieler Menschen ermöglicht hat, und das ist sinnvoll. Daher ist es von besonderer Bedeutung, hinter diesem Gesetz zu stehen und die Bundesregierung dazu zu motivieren, dieses Gesetz auch mit Geld auszustatten und dementsprechend mit wirklichen Möglichkeiten zu versehen. Ich sehe die Möglichkeit, durch entsprechende Übungen Vorsorge zu treffen. Menschen, die in Bereitschaft sind beziehungsweise im Einsatz stehen, sollten so geschult sein, dass sie wirklich das Richtige tun.
Entscheidend ist, wie Kollege Wiesenegg bereits gesagt hat, die rasche Hilfe. Wir müssen diesen Leuten rasch helfen. Voraussetzung ist selbstverständlich eine gute fachliche Schätzung, die gewissenhaft zu erfolgen hat. Dann soll es jedoch unbürokratisch zugehen, und das zu gewährleisten, ist eine unserer großen Aufgaben.
Es ist uns noch die Katastrophe 2002 in Ober- und Niederösterreich im Gedächtnis. Feuerwehren aus dem ganzen Bundesgebiet waren zur Stelle, Kameradschaften haben sich gebildet, und das hat jetzt wiederum zur Gegenleistung von Niederösterreich für das Bundesland Vorarlberg geführt, wie Kollege Mayer eben ausgeführt hat. Letzten Endes war und ist es so, dass dadurch die Menschen wieder Mut gefasst haben, weil sie das Gefühl gehabt haben, dass sie, wenn es wirklich Katastrophen gibt, nicht allein bleiben.
Ich möchte aber auch noch auf das Ausmaß der Schäden heuer in Kärnten, Tirol und Salzburg ein bisschen eingehen. Man rechnet mit einem Schaden im Ausmaß von 500 Millionen Schilling. Das ist sicherlich auch ein Anlass für die Überzeugung der Bundesregierung gewesen, dass diese Aufgabe von besonderer Bedeutung ist.
Wichtig wird es sein, dass ein Gefahrenplan erarbeitet beziehungsweise alle Gefahrenpotentiale geprüft werden. Das ist notwendig, damit man von vornherein weiß, wo es überhaupt Gefahrenpotentiale gibt, damit dann der Schwerpunkt richtig gesetzt werden kann. Es geht um ausreichende Mittel, eine gute Koordination und die Schadensabgeltung. Man muss gegen die Gefahrenpotentiale von vornherein den richtigen Ansatz finden, damit so etwas nicht mehr passieren kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was heuer in Amerika passiert ist, in einem Staat, der modern ist, der modernste der Welt, kann in Österreich eigentlich nicht passieren, und darauf sollten wir stolz sein. Das ist in Österreich nicht möglich. In Österreich ist die Solidarität und ist auch die Verantwortlichkeit aller Regierungen, der Bundes- und auch der Landesregierungen, in diesem Bereich sehr, sehr groß und ist das menschliche Mitgefühl noch vorhanden. In Österreich zählt immer noch zuerst der Mensch, und in diesem Sinne, Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung ersucht, alles für Katastrophenhilfe, Katastrophenpolitik und Katastrophenvorsorge zu tun, damit wir Österreicher auch da so beispielgebend sind wie im Sozialbereich und im Wirtschaftsbereich, wo wir weltweit hohes Ansehen genießen. Da kann die übrige Welt auch wirklich von Österreich etwas lernen, was die Katastrophenhilfe anlangt, was Sicherheit anlangt, was Vorsorge anlangt. In diesem Sinne, Herr Staatssekretär, machen wir so weiter. Meine Fraktion wird dem gerne die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
12.38
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.
12.38
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch wir werden selbstverständlich diesem Hochwasserpaket unsere Zustimmung geben, das im Wesentlichen
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dem Hochwasserpaket des Jahres 2002 nachgezeichnet ist. Allerdings hätte aus den Erfahrungen 2002 etwas einfließen können, nämlich etwas, was bis dato ungeregelt ist, nämlich die Hilfskarenz für die freiwilligen Helfer und Helferinnen. Warum war das nicht möglich?
Jetzt hat sich die Erfahrung von 2002 wiederholt: Es haben sich wieder zahlreiche Leute freiwillig zur Verfügung gestellt, die das teilweise auch mit ihren Firmen abgeklärt hatten. Wir sollten hier endlich gesetzliche Bestimmungen zur Hilfskarenz verabschieden, denn das Problem haben wir mit Sicherheit wieder. Das ist der Wermutstropfen dabei.
Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass es für Tirol und Vorarlberg sehr starke und großzügige Gesten aus anderen Teilen Österreichs gegeben hat.
Hut ab vor Niederösterreich, das gesagt hat, es hätte die empfangene Hilfe aus dem Jahr 2002 nicht vergessen. Niederösterreich hat Tirol und Vorarlberg 1 Million € für die Fluthilfe zur Verfügung gestellt. Das sollte erwähnt werden, weil ich finde, dass das ein innersolidarischer Ansatz ist.
Aber auch Südtirol hat beiden Ländern – Tirol und Vorarlberg – aus privaten Mitteln, die die Zeitung „Dolomiten“ organisiert hat, nicht weniger als 800 000 € zur Verfügung gestellt. Das sind sehr erfreuliche Formen gegenseitiger Hilfe.
Bei aller Zustimmung darf man natürlich auch folgende Worte des Landeshauptmannes von Oberösterreich in einer parlamentarischen Debatte nicht ungehört lassen. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat massiv gefordert, dass der Bund in seinen Finanzierungen von Schutzwasserbauten eine größere Anstrengung unternehmen muss. Das Finanzieren der Entschädigung und des Wiederaufbaus des Milliarden-Schadens ist wesentlich teurer als die 600 bis 700 Millionen €, die eigentlich zu diesem Zweck vorgezogen werden sollten. Jede vorausschauende Investition ist besser als die nachfolgende Schadensinvestition, die notwendig wird.
Es ist bedauerlich, dass der Herr Finanzminister diesen Bedarf nicht in der Form sieht und dass die entsprechende Dotierung ... (Staatssekretär Dr. Finz: Das stimmt nicht!) – Dies ist noch zu wenig, Herr Staatssekretär! Die 320 Millionen € sind okay, aber die Berechnungen der Länder sagen etwas anderes. Die Berechnungen der Länder sprechen mindestens von einer Verdoppelung dieser Summe! (Staatssekretär Dr. Finz: ... Das ist das Besondere!) – Natürlich.
In einer Debatte des Bundesrates, Herr Staatssekretär, kann dies nicht ausgeführt werden. Diese Debatten müssen von den Kolleginnen und Kollegen in den Landtagen, vom Herrn Kollegen Pehm, von der Frau Kollegin Fraunschiel – alle gehen jetzt in die Landtage zurück – geführt werden. Natürlich wird eine Anstrengung der Länder und wird auch eine Umwidmung von Mitteln passieren müssen. Das ist keine Frage!
Aber der Bund muss diesbezüglich eine klare Vorlage geben! Wir können die Schutzwasserbauten nicht auf 20 oder 25 Jahre anlegen, wenn wir wissen: Im Jahr 2002 hatten wir eine Hochwasserkatastrophe, im Jahr 2005 eine und vielleicht schon im Jahr 2007 die nächste. Wir können nicht in einem Schneckentempo weiterbauen, während viele Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt werden und ihr Hab und Gut verlieren!
Deshalb müssen wir uns in den nächsten Jahren auf Klimakatastrophen, Folgen der Klimaerwärmung und Ähnliches einstellen. Wenn wir nur das heurige Jahr anschauen, das Jahr 2005: In der ganzen Welt sehen wir eine Zunahme von Entwicklungen, die letztlich auch auf den Klimawandel zurückzuführen sind. Da erwarte ich mir einen Impuls für all das, was wir bezüglich des Kyoto-Protokolls und Ähnlichem in diesem Land
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nur schleppend umsetzen, was so mühsam ist. Wenn diese Naturkatastrophen kein Alarmsignal sind, dann frage ich mich, was es sonst sein kann!
Natürlich gilt es nicht nur, Hochwasserpakete und Hilfspakete zu schnüren, es geht nicht nur darum, in Hochwasserschutz zu investieren, sondern wir müssen uns auch die verfehlte Widmung und den Siedlungsbau anschauen. Immer wieder sind gerade in roten Zonen plötzlich bewilligte Hausbauten zu finden! Es wird in diesen Bereich ausgedehnt. Da muss man sich dann schon fragen, ob die Flächenwidmung der Länder oder die Bauordnung der Gemeinden da wirklich die Mittel sind, um das zu verhindern, oder ob der kleine, lokale Druck in den Gemeinden vor Ort nicht dazu führt, dass eben ein Bürgermeister auf Grund irgendwelcher Gegebenheiten sagt: Na, dann bau!
Gerade in Niederösterreich kann man sehen, dass große Supermärkte im Überschwemmungsgebiet gebaut werden, und dann verlangen sie natürlich Schadenersatz. Oder: In Gars am Kamp steht zum Beispiel eine Hotelanlage in der gefährdeten Zone. Weil es politischen Druck gibt, hat man diese Hotelanlage in Gars am Kamp genehmigt. Bei Hochwasser wird sie dann weggeschwemmt.
In Seitentälern Tirols – ich erwähne
jetzt nur Galtür – haben wir ja auch gesehen, und zwar nicht nur bei
Hochwasser, sondern auch bei Lawinenkatastrophen, wie viel Prozent der
betroffenen Gebäude eigentlich in Zonen gebaut wurden, wo man nicht hätte bauen
dürfen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Die Widmung!)
Bezüglich des Flussbaus höre ich, dass Kärnten jetzt beginnt, die Fehler zu machen, die Tirol vor 30 Jahren gemacht hat: nämlich „Wasserautobahnen“ zu bauen, kleine Bächlein in betonierte Bahnen zu legen! Damit nimmt die Flussgeschwindigkeit zu, weil sie nicht mehr durch natürliche Barrieren gebremst wird. – Das ist absurd!
In Tirol setzen wir jetzt sehr viel Geld ein, um zu renaturalisieren. Auch in Wien wird übrigens renaturalisiert. Gleichzeitig fangen aber andere Bundesländer an, genau die gleichen Fehler zu machen.
Das Nächste: Wenn man sich die Studien des Joanneum Research-Zentrums anschaut, dann muss man sich natürlich fragen: Was stimmt da nicht mit der Verteilung der Hilfsmittel, dass es dabei nicht gerecht zugeht? Warum bekommen zum Beispiel Kärntner Unwetteropfer bedeutend weniger an Hilfsmitteln als die anderer Regionen? – Da muss man an die Mittelverteilungsgerechtigkeit appellieren. Ich habe keinen Grund, an den Studien des Joanneum Research-Zentrums zu zweifeln, nur weil ein Landeshauptmann sagt, es stimme nicht. Die Studien sagen, dass es wirklich ganz anders aussieht, und wir sollten uns da die Vergabegerechtigkeit anschauen! Meine Damen und Herren, da haben wir also noch einiges zu tun!
Nur damit, das Katastrophenpaket zu verabschieden, werden in Zukunft diese Probleme nicht gelöst werden können. Wie auch Herr Kollege Anschober in Oberösterreich meinte: Wir müssen uns auch jenen Problemen widmen, die hausgemacht sind! – Ich bin froh, dass das Land Tirol zum Beispiel 280 000 € in die Aufrüstung des Frühwarnsystems für Hochwasser investiert.
Liebe Vorarlberger! Liebe Oberösterreicher! Lieber Niederösterreicher! Warum macht ihr da nicht mit? – Das sind Sachen, von denen man sagen kann: Diese sind sinnvoll! Jede Art von Frühwarnsystem bedeutet, dass signifikante Veränderungen in der Niederschlagsmenge sofortige Reaktionen auslösen können.
Wenn man zum Beispiel Reutte oder das Lechtal hernimmt: Im Jahr 1999 fielen in Reutte 212 Liter Regenwasser in 24 Stunden. Im Jahr 2005 beim Augusthochwasser waren es 145 Liter. Was sind aber die Gründe, warum das eine ein hundertjähriges Hochwasser mit mehr Liter Wasser ist und das andere ein zweihundertjähriges Hochwasser mit weniger Sekundenniederschlag? – Das heißt, in diesem Bereich bedarf es
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der Investition in Forschung. Gerade Naturkatastrophen müssen auch Aktivitäten in einem bestimmten Forschungselement beziehungsweise Forschungsbereich auslösen.
Weiters darf es nicht zu einfache
Antworten geben! Nur Speicherkraftwerke im Kopf zu haben, ist eine, aber
sicherlich nicht die Lösung für Hochwasser generell. Es geht um
eine Summe, die den Flussbau, den Siedlungsbau, den Hochwasserschutz, die Flächenwidmung
und so weiter mit einbezieht. Im sozialen Bereich geht es darum, endlich die
Hilfskarenz für jene einzuführen, die wirklich helfen. Denjenigen sei zum
Schluss – egal in welchem Bundesland – von hier aus herzlich gedankt!
(Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
12.48
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.
12.48
Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese Hochwasserkatastrophe hat wieder einmal gezeigt, dass es einen ungeheuren Zusammenhalt gibt und dass Menschen bereit sind, freiwillig unentgeltlich einzuspringen und zu helfen. Ich bin der Ansicht, dass man diesen Menschen keine Abgeltung geben sollte, denn die freiwillige Leistung soll schon unbezahlt sein! Das ist, so denke ich, ein wichtiger Faktor, den wir aufrechterhalten müssen und den mancher Mensch als Bedürfnis spürt, nämlich zu helfen. (Bundesrat Wiesenegg: Aber einen rechtlichen Schutz muss er haben! – Bundesrätin Bachner: Das war nicht gemeint! Das war ein Missverständnis! Nur, dass sie nicht gekündigt werden!) – Dann habe ich ihn falsch ... (Bundesrat Schennach: Es geht um den Kündigungsschutz für die, die freiwillig helfen!) – Umso besser. Dann sind wir uns einig.
Es gab da wirklich eine ungeheure Solidarität, die ja von meinen Vorrednern schon gewürdigt worden ist. Im Oberland waren auch sehr viele Südtiroler im Einsatz. Landeshauptmann van Staa hat Tag und Nacht gearbeitet, fast bis zur physischen Erschöpfung! Diese Katastrophe in Tirol ereignete sich ja im August, zu einer Zeit, zu der man sich normalerweise ein paar Urlaubstage gönnt. Das war ihm damals nicht vergönnt. Ich sage das nicht, weil ich ihm Honig um den Mund schmieren und ihm schmeicheln will. Die Leistung war beeindruckend und man muss das nicht verbergen, sondern muss es einmal sagen!
Etwas Erfreuliches hat sich in Tirol bezüglich der Elektrobauten, wie beispielsweise im Zillertal, herausgestellt. Wir hätten im Zillertal die gleiche Katastrophe wie anderswo erlebt, wären dort nicht die Elektrobauten gewesen! Dadurch hat man das Wasser dosiert ablassen oder zurückhalten können. Ich denke, in einem Gebirgsland wie Tirol – das gilt auch für Vorarlberg, das ist das Gleiche – braucht es schon eine Verbauung. Die Investition, die man da schon vor Jahren, beispielsweise im Jahr 2002, getätigt hat, hat sich jetzt wieder großartig bewährt.
Die rasche Handlung der Regierung war vorbildhaft und hilfsbereit. Man hat sofort gesagt: Ja, soundso viel wollen wir bereitstellen! – Vielleicht müsste man die Kompetenzen noch ein bisschen überlegen: Wer ist zuständig? Bürgermeister, Bezirkshauptmann, Landeshauptmann? – Da bin ich gerne bereit, einen schriftlichen Vorschlag zu machen.
Übrigens waren damals im Kamptal auch Tiroler und Südtiroler im Einsatz. Sie haben damals geholfen, was mich besonders freut, weil ich denke: Damit verstärkt sich auch die Verbundenheit zum übrigen Österreich. Das ist ein wichtiger Faktor.
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Eine Voraussage von Katastrophen werden wir leider Gottes nie exakt treffen können. Man hat das in Amerika und jetzt wieder in Afghanistan gesehen. – Ich möchte nicht all das wiederholen, was schon gesagt worden ist. – Es lassen sich aber sehr viele Bauten, Schutzdämme und dergleichen mehr errichten, sodass man diese gebündelten Kräfte, die oft auf den Menschen zuströmen, zumindest ein bisschen aufhalten kann.
Ich denke da auch an die Wiener: Im Jahr 1830 war die große Überschwemmung. Die Donau hat ja Wien überschwemmt. Wenn Sie im Palais Liechtenstein einmal die Ausstellung besuchen, dann lassen Sie sich die Marke zeigen, die – was weiß ich – recht hoch oben liegt: Bis dorthin reichte damals das Donauwasser! Dann wurde der zweite Donauarm gebaut und damit ist Wien seither von solchen Katastrophen verschont.
Natürlich werden durch solche Katastrophen sehr viele Menschen in Armut gestürzt. Der Armutsbegriff ist in der EU ein festgelegter Begriff, ein vergleichbares Maß, ein Richtwert des Einkommens. Es gibt aber kein absolutes Maß, was Armut betrifft! Armut in einer Gesellschaft – soziale Ausgrenzung kann schon Armut sein – ist so vielseitig! Sie kann oft auch selbst verschuldet sein.
Was mir oft Kopfzerbrechen bereitet, ist – was Herr Kollege Schennach heute angesprochen hat – die Scham-Armut, die versteckte Armut. Leider haben wir keine Möglichkeit, diese zu unterbinden. Da gibt es sicher sehr viele Fälle.
Wenn man die Armutsbegriffe – bezüglich des Einkommens – enger fasst und 50 Prozent des Medianeinkommens als Schwellenwert heranzieht, dann wäre ein Ein-Personen-Haushalt mit weniger als 655 € arm. Für Österreich würde das eine armutsgefährdete Bevölkerung von 7 Prozent bedeuten. Auch das sind also dehnbare Begriffe. Die versteckte, die verborgene Armut können wir leider nicht bekämpfen, aber sonst, so denke ich, ist das alles in vorbildlicher Weise geschehen.
Ich möchte noch auf das Hubschrauberunglück in Tirol mit sechs Toten hinweisen. Auch dieses war nicht vorhersehbar, deswegen ist es richtig, dass die Regierung in Katastrophenfällen sofort und rasch hilft. – Ich richte meinen herzlichen Dank an alle, die da mitgeholfen haben. Ich bitte, dass man, wenn jemandem in Österreich etwas passiert, gleich wieder auf diese Weise einspringt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
12.55
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ing. Einwallner. – Bitte.
12.56
Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Naturkatastrophen, wie wir sie im August erleben mussten, zeigen uns immer wieder, wie kräftig, stark und unberechenbar die Natur ist, und sie zeigen uns auch auf, dass sie viel mächtiger ist, als wir uns vorstellen können.
Wir in Vorarlberg mussten diese Gewalt der Natur betroffen zur Kenntnis nehmen. Die betroffenen Menschen haben sehr viel mitgemacht und der Schock bei den Betroffenen sitzt immer noch tief. Mein Vorarlberger Kollege hat schon ausführlich und auch mit Zahlen belegt, wie sehr unser kleines Land von der Unwetterkatastrophe im August betroffen war.
Ich denke, es ist selbstverständlich, dass jenen, die von der Katastrophe besonders stark betroffen waren, schnell und unbürokratisch geholfen wird und dass jede Maßnahme, die hier heute beschlossen wird, unsere volle Unterstützung findet.
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Neben einer raschen Hilfe, die erfolgte, denke ich, dass wir jetzt eine gewisse zeitliche Distanz haben, um vielleicht den einen oder anderen Punkt auch kritisch zu hinterfragen. Ich möchte zu Beginn meiner kritischen Anmerkungen den Bogen ein bisschen weiter spannen – Herr Kollege Schennach hat dies schon ganz kurz angesprochen –: Es geht um die weltweite Klimaveränderung.
Klimaexperten und Wissenschafter zeigen uns schon seit Jahren auf und warnen vor den Auswirkungen, die die jetzt gemachte Umweltpolitik weltweit auf unser Klima hat. Große Staaten wie die Vereinigten Staaten denken nicht einmal daran, ihren Energieverschleiß und die Verschmutzung der Atmosphäre in irgendeinem Punkt zu reduzieren und ihre Politik zu ändern. Sie denken nicht daran, sich an dem Erreichen der Kyoto-Ziele zu beteiligen.
Dazu muss man leider auch kritisch anmerken, dass auch Österreich in diesem Bereich kein Musterschüler ist: Auch wir sind noch weit von der Erfüllung der Kyoto-Ziele entfernt. Ich kann auch kein ernsthaftes Bestreben erkennen, diesbezüglich Verbesserungen zu erzielen.
Herr Kollege Kritzinger hat vorhin gesagt: Es gibt keine technischen Möglichkeiten und man darf darauf nicht zu viel Hoffnung setzen. – Ich sehe das ein bisschen anders: Ich denke, es ist besonders wichtig, dass alle technischen Voraussetzungen geschaffen werden, um möglichst früh und möglichst effizient auf herannahende Naturkatastrophen reagieren zu können.
Ich möchte diesbezüglich einen ganz konkreten Punkt anführen: Es geht um die Anschaffung eines Wetterradars auf der Valluga, weil es mit den vorhandenen Wetterradars, die es im Patscherkofel-Bereich und in der benachbarten Schweiz gibt, nicht möglich ist, die Täler Vorarlbergs dementsprechend einzusehen, um dann auch früh genug reagieren zu können. Da ist die Bundesregierung gefordert! Die Vorarlberger Landesregierung und der Landtag haben dieses Wetterradar schon vor über drei Jahren beschlossen und gefordert, aber bei der Bundesregierung ist dann nichts mehr weitergegangen. – Darum also meine Aufforderung, dieses überfällige Wetterradar so schnell wie möglich fertig zu stellen und die Beobachtungen den Hilfskräften und den Einsatzkräften zur Verfügung zu stellen.
Die Arbeit und die Leistung der freiwilligen Helferinnen und Helfer wurde schon angesprochen. Die ist gerade bei solchen Extremverhältnissen, wie wir sie hatten, besonders wichtig. Der Wermutstropfen ist nämlich wirklich jener, Kollege Kritzinger, dass es im arbeitsrechtlichen und dienstrechtlichen Bereich keine Absicherung für die Menschen gibt. Da kann ich die Forderung von Bundesrat Schennach nur deutlich unterstreichen, denn weder im öffentlichen Dienst noch in privatrechtlichen Dienstverhältnissen bekommen ehrenamtliche Mitarbeiter, die sich im Sinne der Gesellschaft einsetzen, die notwendigen Freistellungen. Wir sollten daher wirklich eine gesetzliche Regelung schaffen, um diesen freiwilligen Helfern in Katastrophenfällen für die Dauer ihres Einsatzes einen Sonderurlaub gewähren zu können. Ich glaube, das ist wirklich das Mindeste, was sich diese Helferinnen und Helfer verdient haben. Hier müssen wir rasch eine Lösung finden.
Wir waren in Vorarlberg froh, dass das Bundesheer so schnell und auch in so großer Stärke angetreten ist und viele, viele Maßnahmen unterstützend begleitet hat. Ich mache mir nur in einem Punkt Sorge: um die Ausstattung unseres Bundesheeres, wenn es darum geht, optimal für den Katastrophenfall gerüstet zu sein. Hier sehe ich nach wie vor eine falsche Prioritätensetzung unserer Bundesregierung. Da ist irrsinnig viel Geld gebunden für die Anschaffung teurer Eurofighter, die uns in Katastrophenfällen überhaupt nicht helfen. Da kann ich nur noch einmal und immer wieder aufrufen: Verzichten Sie auf diese sinnlose Investition der Eurofighter, sondern nehmen Sie das
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Geld für sinnvolle Projekte in die Hand, die den Menschen zugute kommen! (Beifall bei der SPÖ.)
Ein weiterer Punkt – und da kann ich die derzeitige Regierung auch nicht ganz aus der Verantwortung nehmen –: Die Arlberg-Bahnstrecke wurde im August sehr stark beschädigt. Die Reparaturen der Schäden laufen noch immer, und es ist zu befürchten, dass es noch Wochen und Monate dauern wird, bis die Bahnstrecke zwischen Tirol und Vorarlberg wieder funktionstüchtig ist. Ich habe in den letzten Wochen mit vielen ÖBB-Mitarbeiterinnen und -mitarbeitern gesprochen und alle bestätigen mir eines: Durch die Aufgliederung der ÖBB in diese neuen Gesellschaften herrscht gerade in solchen Fällen, wie wir sie da hatten, ein Kompetenzwirrwarr. Es ist unklar, wer wofür zuständig ist, die Gesellschaften wissen nicht, was die eine und die andere macht. Dadurch kommt es zu Verzögerungen, die nicht notwendig wären. Diese Aufsplittung der ÖBB hat nur eines bewirkt, meine Damen und Herren: Man hat ein paar Vorstandsposten mehr geschaffen und leider bestehende gute Strukturen zerstört.
Die Flächenwidmung hat auch einen ganz bedeutenden und entscheidenden Einfluss. Häuser gehören nicht dorthin, wo Hochwassergefahr besteht. Auch diesbezüglich ist in den letzten Jahren einiges versäumt worden. In allen politischen Bereichen, muss man dazusagen; das betrifft nicht nur die Bundeskompetenz, sondern alle Bereiche. Ich glaube, auch da müssen wir schauen und politisch ansetzen, dass wir die Widmungen nicht weiterhin so betreiben, dass Häuser dort errichtet werden können, wo Gefahrenzonen sind, denn die Menschen können dann nichts dafür, wenn man sie die Häuser in einer Gefahrenzone bauen lässt. Das kann nicht so sein.
Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich mich natürlich auch bei allen Helferinnen und Helfern, die sofort und ohne Wenn und Aber geholfen haben, ausdrücklich bedanken. Ich möchte auch festhalten, dass sich gerade die regionalen Strukturen der Feuerwehr und des Roten Kreuzes sehr bewährt haben. Ich möchte auch hier noch einmal betonen, dass es gerade die SPÖ ist, die sich konsequent in dieser Sache und in anderen Bereichen gegen die Ausdünnung der Regionen in Österreich zur Wehr setzt, und wir werden das auch weiterhin machen. (Bundesrat Mayer: Bei uns funktioniert das gut!) – Das habe ich gesagt. Bei uns ist das gewährleistet und es hat gut funktioniert. Aber in anderen Bereichen, lieber Edgar Mayer – jetzt komme ich vom Hochwasser ein bisschen weg –, hat uns diese Ausdünnung im ländlichen Raum schon betroffen. Ich denke an die Postämterschließungen, an die Schließung der Polizeistation et cetera. Auch da war Vorarlberg betroffen, da kann ich Vorarlberg nicht ausnehmen. Bei den Rettungen, bei den Feuerwehren funktioniert es ausgezeichnet – und das soll auch so bleiben.
Die bestmögliche Hilfe, denke ich, ist die Vermeidung künftiger Schäden. Dort müssen wir ansetzen, das muss der Ansatzpunkt sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.05
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.
13.05
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Als siebente auf der Rednerliste ist es natürlich nicht mehr so einfach, etwas Neues zu erzählen. Wir werden dem Gesetz jetzt zustimmen, und ich möchte mich auch vollinhaltlich in dem Punkt anschließen, dass es wirklich dringend notwendig ist, dass die Hilfskarenz für freiwillige Helferinnen und Helfer endlich auch zum Gesetz wird, denn ich denke, Lob und Anerkennung sind gut und schön, aber rechtliche Absicherung ist mindestens genauso wichtig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
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Die Hochwasserentschädigungen sind die eine Seite, die andere Seite ist der Katastrophenschutz. Ich denke, der kommt in Österreich nach wie vor etwas zu kurz. Es ist vorhin schon die Klimaschutzpolitik angesprochen worden. Selbst Herr Bundesminister Pröll hat zuletzt angedeutet, dass die Anstrengungen bis jetzt doch nicht ausreichend wären, damit wir das Kyoto-Ziel erreichen, und dass man vielleicht doch etwas mehr tun müsste. Vielleicht kann man das auch dem Herrn Finanzminister einmal mitteilen, damit diese Kosten dann auch übernommen werden. (Staatssekretär Dr. Finz: Dafür gibt es Geld!) – Wir haben unheimlich viel Geld, es ist aber sicherlich die Vorbeugung eine bessere Investition als nachher bei den Entschädigungen mehr zahlen zu müssen.
Ein weiterer Punkt zum Hochwasserschutz: In der Vergangenheit – Kollege Schennach hat es schon angeschnitten – sind sicher viele Fehler passiert, etwa im Bereich der Flussverbauungen. Der Mensch hat geglaubt, er kann die Natur in den Griff bekommen, wenn er sie einbetoniert. Das hat leider nicht funktioniert. Wir haben diesen Fehler erkannt, und zumindest denken wir, dass dieser Fehler allgemein erkannt worden ist. Ich bin mir nicht sicher, ob alle aus diesen Fehlern gelernt haben.
Die Niederösterreichische Landesregierung ist sich offensichtlich sicher, dass sie aus den Fehlern gelernt hat. Sie hat in der letzten Landtagssitzung einen Bericht zur Hochwasserkatastrophe vorgelegt, der war sage und schreibe eineinhalb A4-Seiten lang. Dass er nicht sehr inhaltschwer war, ist auf Grund seiner Länge nahe liegend. Aber die Krone hat dem Ganzen dann noch der Herr Landtagsabgeordnete Riedl aufgesetzt, indem er behauptet hat, die Grünen hätten gegen den Hochwasserschutz gestimmt, weil die Grünen gegen eine Änderung des Naturschutzgesetzes gestimmt hätten.
Das heißt, wir haben auch gegen die Änderung des Naturschutzgesetzes gestimmt, nur verwechselt die Niederösterreichische Landesregierung da offensichtlich Hochwasserschutz und Straßenbauten, denn im Naturschutzgesetz ist in der Begründung kein einziges Wort von Hochwasserschutz drinnen. (Bundesrätin Roth-Halvax: Sie haben zugestimmt!) Das Naturschutzgesetz ist sehr wohl ohne unsere Zustimmung beschlossen worden, den Bericht haben wir, obwohl er nur eineinhalb Seiten lang ist, zur Kenntnis genommen.
Aber ich habe mir erlaubt, mir neben dem Bericht des Landes Niederösterreich zum Hochwasser auch noch den Bericht des WWF zur Hochwasserbilanz 2002 anzuschauen. Und der sieht weniger erfreulich aus als jener des Landes Niederösterreich. (Bundesrat Höfinger: Kennen Sie die Maßnahmen, die in Niederösterreich gesetzt wurden seit dem Hochwasser 1997 und 2002?) Es sind offensichtlich zu wenige Maßnahmen, und ich werde später auch noch darauf eingehen, wenn ich darf. Vielleicht können wir das später machen, ja? Und möglicherweise sind es auch die falschen Maßnahmen.
Im Bericht des WWF – und das ist jetzt sicher nicht die links-linke Organisation – steht nämlich unter anderem, dass die Zerstörung von Flussufern durch neue Kraftwerke geplant ist, dass nur 3,5 Prozent der Mittel für Hochwasserschutzmaßnahmen, für Revitalisierung aufgewendet werden und der Rest wieder für mehr oder weniger Betonbauten, dass Renaturierungsprojekte nicht realisiert werden, dass die großen Renaturierungsprojekte in den Jahren 1998 bis 2000 24,4 Millionen € ausgemacht haben (Bundesrat Höfinger: Für die sind 100 Millionen vorgesehen!), in den Jahren 2001 bis 2003 hat man nur mehr 9,2 Millionen € investiert. Also 96,5 Prozent der gesamten Investitionen sind nicht in weiche Maßnahmen gegangen, sondern in harte Betonierungsmaßnahmen.
Ich lese Ihnen jetzt Stichworte aus diesem Bericht vor. (Bundesrat Höfinger: Lesen Sie lieber das Budget der Niederösterreichischen Landesregierung!) Ich finde, die sind auch sehr interessant, und vielleicht sollten Sie auch den Bericht des WWF lesen,
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damit Sie wissen, dass es verschiedene Maßnahmen gibt (Bundesrat Höfinger: Lesen Sie lieber das Budget von Niederösterreich!): Positive Initiativen sind selten. Europäische Richtlinien werden von Österreich nicht umgesetzt. 3 Milliarden € Flutschäden. Die Wasserqualität österreichischer Fließgewässer ist unbestritten gut, ihre ökologische Qualität unbestritten schlecht. 100 000 Kilometer Flussstrecke, 30 000 Flusskilometer reguliert oder gestaut, 600 Kilometer pro Jahr. Und so weiter und so fort.
Also ich bin der Meinung, es wäre ganz, ganz wichtig, dass sich die Bundesregierung und vielleicht auch die Niederösterreichische Landesregierung diese Hochwasserbilanz des WWF genauer anschauen und nicht nur den Kurzbericht der Landesregierung lesen. (Bundesrat Höfinger: Es wäre besser umgekehrt!) Ich habe den Kurzbericht des Landes gelesen. (Bundesrat Höfinger: Ich glaube, es wäre wichtiger, wenn sich der WWF einmal den niederösterreichischen Bericht und das Budget anschauen würde!) Sind Sie fertig? – Danke.
Zusammenfassend möchte ich die zweite Überschrift des Berichtes des WWF noch verlesen, die ist sehr kurz: Österreich ein Jahr nach der Flut: Nichts gelernt. – Und dem ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen.
Wie gesagt, wir stimmen dem vorliegenden
Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz zu, das ist
selbstverständlich. Aber eines möchte ich Ihnen mitgeben, und zwar auch an die
Adresse des Herrn Finanzministers: Wer die Natur mit Füßen tritt, braucht
verdammt hohe Gummistiefel. – Und ich würde mir wünschen, dass wir nicht
in Gummistiefel investieren, sondern in die Zukunft. (Beifall bei den Grünen
und bei Bundesräten der SPÖ.)
13.11
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.
13.12
Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Wenn es auch schon oft gesagt und zum Ausdruck gebracht worden ist, so sollte uns in dieser Debatte doch eines nicht abhanden kommen: Mir geht es zumindest so, dass bei diesen Debatten das Mitgefühl mit den Betroffenen, die tragische Verluste hinnehmen mussten, sehr stark spürbar ist. Wir sollten uns in dieser Debatte, meine Damen und Herren, auch verbunden fühlen mit jenen, die Hab und Gut verloren haben. Wir alle sind, glaube ich, in dieser Debatte bei jenen Mitbürgern, die die Angst, den Schock noch nicht überwunden haben.
Herr Kollege Einwallner, gerade in dieser Gefühlssituation finde ich es nicht zulässig, um nicht zu sagen pietätlos, wenn die Heeresbeschaffung dem Schicksal der Betroffenen von Katastrophen gegenübergestellt wird, wenn die Heeresbeschaffung den Hochwasseropfern gegenübergestellt wird. (Bundesrat Ing. Einwallner: Es geht um die Prioritätensetzung!) Das, meine Damen und Herren, ist in dieser Stunde nicht angebracht, das ist an der Grenze der Pietät. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Bachner: Wann dann, wenn nicht jetzt? Erst dann, wenn es wieder zu spät ist?) Ich glaube, es ist vielmehr ein Mindesterfordernis, dass über die Parteigrenzen hinweg rasch und effizient geholfen wird.
Was meinen wir mit „helfen“, Frau Kollegin? Das sollte die Frage für uns sein. Natürlich die Erlassung des Hochwasseropferentschädigungs-Gesetzes mit einigen Neben- und Beigesetzen bis zur Gebührenerleichterung, Verfahrenserleichterung und vielem mehr an Hilfe für die Betroffenen.
Es ist aber, meine Damen und Herren, natürlich auch jeder Einzelne von uns aufgefordert, über die gesetzlichen Möglichkeiten hinaus persönlich und privat den Betroffenen
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zu helfen. Hier ist meine Bitte, mein Appell an alle Damen und Herren: Leben wir diesen nationalen Konsens nicht nur rhetorisch, sondern erfüllen wir diesen nationalen Konsens auch mit Taten!
Wir sollten uns aber in dieser Stunde auch bei den Einsatzorganisationen bedanken, egal, ob sie freiwillig oder hauptberuflich ihren Dienst geleistet haben. Und weil ich die freiwilligen Helfer, die freiwilligen Organisationen angesprochen habe: Hier würde ich mir auch wünschen, dass die öffentliche Hand die Haftung in vermögens- und sozialrechtlichen Fragen übernimmt. Herr Kollege Schennach hat das Wort „Hilfskarenz“ genannt. Selbstverständlich. Das wäre für mich auch eine notwendige Maßnahme, denn es muss uns auch bewusst sein, meine Damen und Herren, dass Idealismus, Solidarität nicht zu persönlichen Nachteilen führen dürfen. Daher bin ich völlig bei dir, Kollege Schennach, dass man über eine Hilfskarenz nachdenken und vielleicht eine Regelung finden sollte.
Es besteht hier auch Handlungsbedarf, und ich würde mir wünschen, dass man zu einer bundeseinheitlichen Regelung kommt. Wir Österreicher sind nicht nur, wie so oft zitiert, Spendenweltmeister, wir sind bereit, zu helfen, wir sollten daher als gesetzgebende Körperschaft gerade im Geiste der Freiwilligen, gerade im Geiste dieser Hilfsbereitschaft bereit sein, Regelungen zu treffen, damit für die Freiwilligen keine persönlichen Nachteile zum Tragen kommen.
Meine Damen und Herren! Ich sage das auch ganz bewusst in der Länderkammer, dass manche Regelungen bundeseinheitlich getroffen werden sollten, nicht nur die Hilfskarenz als so genannte soziale Sicherheit für die Helfer und Hilfsorganisationen. Es wäre auch – das wurde auch schon angesprochen – eine präventive Maßnahme, über die Raumordnung, über die Bauordnung nachzudenken, um nämlich die Bürgermeister aus dem Spannungsfeld zu nehmen, weil sie einerseits Baubehörde, Bauinstanz sind und andererseits von den Bürgern in den Gemeinden wieder zu wählen sind. In der Praxis ist es da oft sehr schwierig, dieses Maß der Mitte zu finden. Das Versagen eines Baurechtes bedeutet für den Bürgermeister meistens eine Stimme oder mehrere Stimmen weniger bei der nächsten Wahl.
Hier sollte man darüber nachdenken, ob es nicht vernünftiger wäre, diese Kompetenz auf eine andere Ebene zu verlagern, nämlich auf die Verwaltungsebene im Beamtenverfahren. Es würden meiner Meinung nach, meine Damen und Herren, die Gefahrenzonen, die man ja kennt und die ausgewiesen sind, auch eher und wahrscheinlich auch konsequenter berücksichtigt werden. Es werden Katastrophen nicht zu verhindern sein, aber es wäre zumindest ein geringerer Sachschaden in diesem Bereich zu erwarten.
Katastrophen und Schicksale wird es leider immer geben. Trotz alledem, meine Damen und Herren, sollten wir uns als gesetzgebende Körperschaft, als Volksvertretung in dieser Debatte nicht nur einig sein, sondern auch das Handeln in dem Sinne, wie ich es angesprochen habe, übernehmen. Setzen wir statt Worten Taten! (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Schennach.)
13.18
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte.
13.18
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Bevor ich auch auf den vorliegenden Tagsordnungspunkt eingehe, möchte ich kurz auf das Protokoll der Fragestunde Bezug nehmen. Der Staatssekretär im Bundesministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, Herr Sigisbert Dolinschek, hat bei der Beantwortung
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einer Frage gesagt: „Wir wissen, dass die Pensionen immer um die Inflationsrate angehoben werden, dass es also einen gewissen Ausgleich gibt.“ Es hat dann einheitlich ein „Nein!“ aus dem Plenum gegeben. Der Herr Staatssekretär hat gesagt: „Na, selbstverständlich!“ Und das in Anbetracht der Entwicklung in den letzten Jahren: 2001: Inflationsrate 2,7, Pensionserhöhung 0,8; 2002: Inflationsrate 1,8, Pensionserhöhung 1,1; 2003: Inflationsrate 1,9, Pensionserhöhung 0,5; 2004: Inflationsrate 2,2, Pensionserhöhung 0,8. 2005 wird das aller Wahrscheinlichkeit ebenfalls so sein. Die Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts für die Inflation liegt bei 2 Prozent, die reale Pensionserhöhung bei 0,8.
Ist das de facto – nun, wie soll man sagen? – ein Hohn des Staatssekretärs, zu behaupten, es seien doch immer die Pensionen angehoben worden? (Bundesrat Kaltenbacher: Nicht kompetent!)
Man fragt sich da schon: Wo ist denn der Herr Staatssekretär: in diesem Land – oder in einem anderen Land? (Bundesrat Dr. Böhm: Sprechen Sie von Deutschland?)
Nun zum Hochwasserschutz: Mein Vorredner hat gesagt, statt Worten müssen Taten gesetzt werden. Wir sehen das genauso!
Oberösterreich war im Jahr 2002 vom Hochwasser stark betroffen. Es ist klar, dass ein solidarisches Zusammenstehen aller Menschen in der Zivilgesellschaft ganz wichtig ist. Das ist uns in Oberösterreich gelungen, und das ist uns österreichweit gelungen. Es ist auch in diesen Tagen internationale Solidarität gefragt. Völlig richtig! Aber es gibt natürlich die Anforderung an die Politik, da einen nächsten Schritt zu setzen.
In Oberösterreich ist das Umweltressort in guten Händen. Es ist in den Händen der Grünen, es ist in den Händen von meinem Kollegen Rudi Anschober. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)
Wir haben jetzt forciert, die Raumordnung in die Richtung zu verändern, dass es in gefährdeten Gebieten ein Bauverbot gibt. Das ist auch im Landtag letzte Woche so beschlossen worden. Das stellt natürlich einen großen Fortschritt dar.
Herr Staatssekretär! Es gibt auch Wünsche aus Oberösterreich. Die Erfüllung dieser fordern wir seit dem Jahr 2003 sehr heftig ein. Da gibt es eine Menge Punkte, die wir auch weiterhin zentral verhandeln werden.
Es ist uns gelungen, dass bereits rund 173 Hochwasserschutzprojekte in Durchführung sind. Das ist der erste Fortschritt in Oberösterreich. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Bachner.)
Was immer ein Hemmnis bei der Umsetzung im Bereich des vorsorgenden Umwelt- und Hochwasserschutzes darstellt, das ist der Punkt Finanzen. Da gibt es natürlich ein Nachhinken, einen Mangel. Daher gibt es das große Anliegen an den Bund, doch einen Sondertopf bundesweit zu finanzieren, und zwar in der Größenordnung von 700 Millionen €. Damit wären wirklich ganz zentrale Projekte in Österreich abgedeckt. (Staatssekretär Dr. Finz: ... gemeinsam tun!)
Herr Staatssekretär! Wir finanzieren immer gemeinsam, aber wenn der Bund derart stark auslässt, dann ist es für uns Länder ganz schwierig, das zu machen. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Bachner. – Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.)
Bezug nehmend auf Ihre Bemerkung, der Herr Landeshauptmann hätte gesagt, er könne seine Mittel nicht aufstocken, möchte ich Ihnen sagen: Das ist kein Wunder, denn auf Grund der Steuerreformen, die diese Bundesregierung gemacht hat, werden die Länder völlig ausgetrocknet. Womit sollen sie die Zusatzfinanzierungen machen? (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 78 |
So sind die Tatsachen (Staatssekretär Dr. Finz: Schauen Sie einmal nach Wien! Dort ...!), damit müssen wir leider im Moment leben. Aber wir hoffen, dass sich das bald ändern wird.
Nächstes Thema: Katastrophenschutzfonds. – Dieser Fonds ist im Jahr 1995 einer gesetzlichen Änderung unterworfen worden, und seither zieht der Finanzminister von diesem ständig Geld zur Budgetsanierung ab. Zu diesem Zweck ist dieser Fonds nicht eingerichtet worden, daran muss sich endlich etwas ändern. (Staatssekretär Dr. Finz: Es wird nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen abgezogen! Nur in diesem Rahmen!)
Es sind seit dem Jahr 1995 dreistellige Millionenbeträge entnommen worden. (Staatssekretär Dr. Finz: So ist es im Gesetz vorgesehen!) Das kann nicht so sein. Nehmen wir doch dieses Geld für den vorsorgenden Hochwasserschutz! (Staatssekretär Dr. Finz: Dann muss man das Gesetz ändern!)
Ja, Herr Staatssekretär! Aber dafür sind Sie doch in der Regierung, nämlich dafür zu sorgen, dass die Fonds ordentlich abgedeckt sind, dass die Mittel zur Verfügung stehen. (Staatssekretär Dr. Finz: Nein, es gibt einen Gesamtdeckungsgrundsatz! Wenn was übrig bleibt, fließt es wieder dem allgemeinen ...! Das sind finanzwirtschaftliche Grundsätze! Das steht in der ...!) – Wir machen jetzt ein Zwiegespräch.
Summa summarum geht es auf jeden Fall darum, dass wir einerseits die gesetzlichen Kompetenzzersplitterungen beseitigen und andererseits in diesem Bereich Verbesserungen durchführen. Natürlich muss man das Raumordnungsgesetz generell verbessern, so, wie es vorhin schon angesprochen worden ist, nämlich dahin gehend, dass man einerseits den Druck von den Gemeinden, von den Bürgermeistern wegnimmt und andererseits die Mittel für den Hochwasserschutz erhöht. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Bachner.)
13.25
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.
13.25
Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrter Hoher Bundesrat! Ich möchte mich zuerst dafür bedanken, dass alle Fraktionen diesem Gesetz zustimmen werden. Das finde ich bei solch einer bedeutenden Materie äußerst wichtig.
Ich möchte hier anführen, dass wir schon
Akontoleistungen auf Grund der Hochwasserkatastrophe erbracht haben, und zwar
im Ausmaß von 37,8 Millionen €. Zusätzlich sind
21,4 Millionen € gerade in Anweisung. Also, wir haben sofort
reagiert, haben nicht gewartet, bis Rechnungen vorliegen, sondern haben bereits
Mittel zur Verfügung gestellt. (Präsident
Mitterer übernimmt den Vorsitz.)
Zum vorbeugenden Katastrophenschutz möchte ich anführen, dass wir derzeit jährlich 140 Millionen € – das ist nicht so wenig ... (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Das ist nicht so wenig, aber es ist zu wenig!)
Wenn ich die Mittel der Länder und Gemeinden und die Mittel privater Interessenten dazurechne, dann komme ich auf einen jährlichen vorbeugenden Katastrophenschutz von 200 Millionen €. Ich weiß, das klingt nach wenig, aber das sind in Schilling Milliardenbeträge. Das sind fast 3 Milliarden Schilling, und das geben wir derzeit vorbeugend aus.
Bei den Bundesflüssen deckt der Bund 85 Prozent, die Gemeinden 15 Prozent, bei den Interessentengewässern deckt der Bund 60 Prozent, das Land 30 Prozent, die Ge-
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 79 |
meinden 10 Prozent, bei der Wildbachverbauung trägt der Bund 58,7 Prozent, das Land 18,5 Prozent und 18,5 Prozent die Interessenten. Also, wir geben da nicht so wenig aus.
In Schreiben von Landeshauptleuten wird gefordert – diese Schreiben habe ich hier –, der Bund solle aufstocken, aber gleichzeitig wird gesagt, die eigenen Mittel könnten nicht aufgestockt werden – dies, obwohl ein genauer Kostenschlüssel besteht. So geht es nicht!
Wir erklären unsere Bereitschaft, darüber Gespräche zu führen. Wir werden sie auch führen und laden dazu auch ein. Wir wollen jetzt wissen, wie die Überarbeitung der bisherigen Pläne auf Grund der aktuellen Schäden ausschaut und welche Mittel erforderlich sind und wie die nach dem vereinbarten Kostenschlüssel zu errechnenden Mittel gemeinsam aufgebracht werden.
Herr Bundesrat Einwallner! Ich weiß nicht, weshalb der Bund das Wetterradar bezahlen muss. Aber wir sind gerne bereit, nach den bisherigen Kompetenzregeln vorzugehen. Ich kenne mich in der Bundesverfassung relativ gut aus und frage mich, seit wann das eine Bundeskompetenz ist. Sollte vom Herrn Landeshauptmann auch das zur Sprache gebracht werden, werden wir das in die Gespräche über die gemeinsamen Finanzierungen gerne mit einbeziehen.
Nun zu den Ausführungen zur Hilfskarenz, zu den arbeitsrechtlichen Bestimmungen: Ich möchte sehr davor warnen, dieses Problem nur einseitig, nur aus einer bestimmten Perspektive zu sehen.
Es klappt im Wesentlichen, wenn freiwillige
Helfer für Katastropheneinsätze frei bekommen. Wie gesagt, es klappt im Großen
und Ganzen. Mir sind im Einzelnen keine Beschwerden bekannt. Wenn es wo nicht
geklappt hat, haben wir sofort die Sozialpartner, bis hinauf zum Präsidenten auf der einen Seite und dem
Gewerkschaftspräsidenten auf der anderen Seite, eingeschalten, und die haben
dann mit den Unternehmungen geredet.
Sie müssen aber
auch bedenken, dass es Kleinstunternehmungen mit zwei, drei Arbeitnehmern
gibt. Wenn von diesen einer bei der freiwilligen Feuerwehr ist, dann kann der
Unternehmer nicht auf ihn verzichten, er kann es sich nicht leisten, dass der
drei, vier Wochen lang weg ist, denn sonst kann er seinen Betrieb zusperren.
Das kann man mit sozialrechtlichen Bestimmungen nicht lösen.
Wenn man
sozialrechtliche Bestimmungen einbaut – und wir sehen das bei Behinderten
oder bei Lehrlingen –, wenn man zum Beispiel den Kündigungsschutz in einem
extremen Ausmaß ausbaut, die Hilfskarenz ausdehnt und dergleichen mehr, dann
führt das dazu, dass etwa Arbeitnehmer, die bei der freiwilligen Feuerwehr
sind, erst gar nicht aufgenommen werden, weil sie auf einen gesetzlichen Bonus
verweisen können.
Die derzeit
geltenden Bestimmungen reichen dem Grunde nach aus, ermöglichen eine flexible
Handhabung. Die Arbeitgeber sind in der Regel oder nach Zureden vernünftig, und
es klappt im Großen und Ganzen.
Außerdem ist zu
bedenken: Wir reden die ganze Zeit davon, dass man für die Wirtschaft die
Lohnnebenkosten senken soll. Aber das sind lauter Lohnnebenkosten, die wir dann
der Wirtschaft aufbürden! Wir können die Kosten dafür aber auch nicht dem Staat
aufbürden, so wie es jetzt vorgeschlagen wurde, denn das sind dann vom Staat zu
tragende Kosten, für die wiederum der Steuerzahler aufkommen muss, und was soll
der Steuerzahler noch alles leisten. Es gibt keinen Bankomaten, der aus dem Himmel
gespeist wird, sondern wir haben nur eine verfügbare Summe, und diese müssen
wir so fair wie möglich, gerecht und angemessen auf alle Teile verteilen.
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Nun eine Bemerkung zum Thema „Pensionserhöhung“: Mein Kollege Dolinschek hat sicherlich gemeint, dass unter dieser Regierung in Zukunft die Pensionserhöhung gemäß der Inflationsrate erfolgt. (Bundesrätin Bachner: Nein!) Unter sozialdemokratischen Sozialministern war es anders. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da wurde nach folgender komplizierter Formel vorgegangen: Wie hoch ist die Inflationsrate?; dann: Was machen die Lohnerhöhungen der Aktiven aus?; dann: Wie viel beträgt die Arbeitslosenrate? Diese Formel hat kein Mensch verstanden. Da haben wir gesagt: Davon gehen wir ab! Jetzt wird eindeutig gemäß der Inflationsrate erhöht. Nächstes Jahr sind es 2,5 Prozent. Das ist eine faire Aufteilung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
13.31
Präsident Peter Mitterer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.
Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 – HWG 2005 erlassen wird, das Katastrophenfondsgesetz 1996 und weitere Gesetze geändert werden und abgabenrechtliche Sondermaßnahmen für Opfer von Naturkatastrophen vorgesehen werden.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine Gerichtsgebührenbefreiung in Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe des Jahres 2005 gewährt wird.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Auch das ist mit Stimmeneinhelligkeit
angenommen.
Der Antrag gilt somit als angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom
28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein
Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz,
das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz,
das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das
Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2006
geändert werden (1075 d.B. und 1093 d.B. sowie 7377/BR d.B.)
Präsident Peter Mitterer: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Prutsch. Ich bitte ihn um die Berichterstattung.
Berichterstatter Günther Prutsch: Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des
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Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem ein Beschäftigungsförderungsgesetz (BeFG) erlassen wird sowie das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das
Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das
Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das
Dienstleistungsscheckgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und das
Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden.
Dieser
Bericht liegt allen Bundesräten in schriftlicher Form vor, es erübrigt sich
daher dessen Verlesung.
Ich komme
sogleich zur Verlesung des Ausschussantrages:
Der
Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005
mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu
erheben.
Präsident Peter Mitterer: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Bundesrat Mayer. Ich darf ihm dieses erteilen.
13.34
Bundesrat
Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr
geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Unter der Regierung
Schüssel haben Beschäftigung und Wachstum oberste Priorität. (Bundesrätin Bachner: Nur glauben
das viele nicht!) Auch wenn Sie es nicht glauben, liebe Kollegin, das ist so! (Bundesrätin Bachner:
Nein!) Ich werde es Ihnen im
Laufe meiner Rede erklären. (Beifall bei der ÖVP.) – Ich danke
meiner Fraktion. Sehr aufmerksam!
So sollte jede Rede beginnen: mit
einem netten Auftakt, nämlich einer kleinen Aufmerksamkeit von Seiten der
eigenen Fraktion.
Die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen zur Konjunkturbelebung des österreichischen Arbeitsmarktes setzen die notwendigen Impulse. Mit dem vorliegenden Beschäftigungsförderungspaket werden zusätzlich 285 Millionen € für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung gestellt.
Obwohl Österreich im EU-Vergleich nach wie vor eine geringe Arbeitslosigkeit hat, weil wir mit großer Umsicht und mit großem Engagement an diesem Problem arbeiten, waren bisher gewaltige Anstrengungen erforderlich, um diesen Standard zu halten. Dazu zählen – um hier nur einige Beispiele zu nennen –: Konjunkturpaket 1 und 2, Wachstums- und Standortpaket, Steuerreform 2004 und 2005 (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Schöne Worte!), Reformdialog für Wachstum und Beschäftigung. Ein weiteres Bespiel für Sie, Frau Kollegin Lichtenecker: regionale Beschäftigungs- und Wachstumsoffensive.
Das sind nicht nur schöne Worte, das sind
auch Taten, die diese Bundesregierung gesetzt hat, liebe Kollegin Lichtenecker! Können Sie das
dementieren? (Zwischenruf.) –
Stimmt! Ich danke, dass Sie spontan erkannt haben, dass wir das wirklich
umgesetzt haben. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Dr. Lichtenecker:
Höchste Arbeitslosenquote!)
Diese
Maßnahmen brachten seit dem Jahr 2002 einen kontinuierlichen Wachstumseffekt –
auch in diesem Jahr – in der Höhe von 1,7 Prozent. Für das nächste Jahr
gibt es eine noch bessere Prognose. (Bundesrätin
Dr. Lichtenecker: Das stimmt ja auch
nicht!)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 82 |
Die
Beschäftigungsentwicklung müssen Sie sich auch anschauen! Da gibt es einen Anstieg
um 31 469 Personen.
Weil Sie
immer unsere Arbeitslosenpolitik kritisieren, muss ich Ihnen jetzt endlich einmal
Folgendes sagen: Noch nie waren in Österreich so viele Menschen in Beschäftigung
wie heute. Das ist eine Tatsache! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin
Dr. Lichtenecker: Gleitzeit!)
Um die
Arbeitslosigkeit zu bekämpfen gibt es wieder ein Maßnahmenpaket. (Bundesrat Gruber: Es gab noch nie so viele Arbeitslose!) – Herr Kollege Gruber! Ich freue
mich, dass Sie hier sind und dass Sie sich nach wie vor, obwohl Sie Ihre
Landeshauptfrau im Prinzip schon abgeschafft hat, immer wieder zu Wort melden.
Im Prinzip haben Sie gar keine Legitimation mehr. Im Prinzip. Es ist so! (Beifall
bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Gruber.)
Genau
deshalb reden wir heute über ein Beschäftigungsförderungspaket, mit dem wir
zusätzliche Maßnahmen zur Ausweitung und Ausbildung im Bereich der Gesundheits-
und Pflegeberufe, zur Förderung der Lehrausbildung, zur zertifizierten
Qualifizierung von Jugendlichen und Frauen und vor allem von
Wiedereinsteigerinnen auf dem Arbeitsmarkt setzen.
Natürlich
ist auch das Kombilohn-Modell, auf das wir noch zu sprechen kommen werden,
nicht zu vergessen. (Bundesrätin Bachner: Das ist eine Katastrophe!) Das ist keine Katastrophe, sondern
eine wichtige Maßnahme für Langzeitarbeitslose. (Bundesrätin Bachner: Nein!)
285 Millionen €
werden mit diesem Paket investiert. Es gibt zusätzlich 285 Millionen für
die Arbeitsmarktpolitik.
Erster
Schwerpunkt: Pflege- und Gesundheitsbereich. – Hilfen für
1 400 Arbeitskräfte.
Zweiter
Schwerpunkt: Frauenbeschäftigung. – Eingliederungshilfen bei
Wiedereinstieg für mehr als 22 000 Frauen.
Dritter
großer Schwerpunkt: Jugendbeschäftigung. – Das Projekt „Jobs for You(th)“,
die Beschäftigungs- und Qualifizierungsinitiative für Jugendliche, oder das
„Projekt 06“ von Egon Blum für 33 700 Jugendliche – dies,
obwohl Österreich eine relativ niedrige Jugendarbeitslosigkeit von
7 Prozent hat. (Bundesrätin
Dr. Lichtenecker: Das stimmt nicht!) Bitte, das stimmt! Doch der
PISA-Studien-Sieger hat eine Jugendarbeitslosigkeit von 27 Prozent, das
immer wieder gelobte Finnland. Ein wahrer Horrorwert! (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
Jeder
arbeitslose Jugendliche ist zu viel, sehr verehrte Damen und Herren!
Dem
Kollegen Schennach sei noch ins Stammbuch geschrieben – er ist jetzt
leider nicht im Saal –: Das Ziel einer Volkswirtschaft soll nicht nur
sein, das beste Ausbildungssystem zu haben (Bundesrätin
Dr. Lichtenecker: Natürlich ist es
ein Ziel, die Basis!), sondern das Ziel einer Volkswirtschaft soll auch sein, nach der
Ausbildung die Jugendlichen entsprechend in Beschäftigung zu bringen – und
das schafft Finnland mit 27 Prozent Jugendarbeitslosigkeit eben nicht!
Diese
Daten soll man auch einmal einander gegenüberstellen! Wir haben in Österreich
so gute Daten, weil unsere Regierung durch Umsicht und entsprechende Maßnahmen
rechtzeitig auf die Problemsituationen reagiert. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Gruber.)
Herr Kollege Gruber, über derartige Maßnahmen kann man nicht lachen, darüber kann man nur höchst erfreut sein. Da ist unsere Regierung in das entsprechende Licht zu rücken. Es sind hervorragende Maßnahmen, lieber Kollege! (Bundesrat Gruber: Das
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 83 |
wird sich erst
herausstellen!) – Ja, das wird sich herausstellen. Glauben Sie daran, Herr Kollege Gruber,
wir werden auch Sie noch überzeugen!
Und schließlich geht es um 4 000 Langzeitarbeitslose, die entweder über 45 Jahre oder unter 25 Jahre alt sind und eine Beschäftigung im Niedriglohnbereich im Rahmen des Kombilohn-Modells haben.
Diesem neuen Modell müssen wir – wir müssen! – so wie jeder neuen Maßnahme eine Chance geben! Wir müssen ihm eine Chance geben, damit 4 000 Langzeitarbeitslose wieder einen Job bekommen. Wenn wir dieses Projekt über ein Jahr betreiben, dann können wir auch seine Auswirkungen gut beobachten. Ich bin mir sicher, dass es zu keinen Missbräuchen kommen wird.
Wie wichtig unserem Arbeitsminister Martin Bartenstein und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel der Jugendbereich und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit sind, habe ich schon kurz erwähnt, deshalb nochmals zum „Projekt 06“ vom Vorarlberger Lehrlingspapst Egon Blum, der damit ein besonderes Modell geschaffen hat. In diesem Lehrlingsmodell gibt es klare Szenarien: 400 € im ersten Jahr, 200 € im zweiten Jahr und 100 € für das dritte Jahr, sowie andere Maßnahmen für den Lehrlingsbereich. Es ist ein Modell für zusätzliche Impulse im Lehrlingsbereich und stärkt den besonderen österreichischen Weg der dualen Ausbildung.
Darüber hinaus ist es gelungen, mit dieser
und weiteren Maßnahmen, wie wir im Ausschuss gehört haben,
6 000 zusätzliche Lehrstellen zu schaffen, beziehungsweise gibt es
6 000 Anträge, von denen 1 500 vom AMS bereits erledigt worden
sind. Das gibt Anlass zur Freude, das ist eine Erfolgsgeschichte, und das können
wir nicht oft genug erwähnen. Die Bundesregierung hat hier entsprechende
Problemlösungskompetenz an den Tag gelegt, liebe Frau Kollegin Bachner! (Beifall
bei der ÖVP.)
In diesem Zusammenhang ist auch einmal erwähnenswert, und das nicht nur am Rande, dass die Umstrukturierungen im Bereich des AMS beträchtliche Früchte getragen haben. So gilt das AMS inzwischen als europäisches Vorbild, um nicht zu sagen als Best-Practice-Modell. Um die Betreuung und Vermittlung noch wirkungsvoller zu gestalten, stellt die Bundesregierung künftig zusätzlich 15 Prozent mehr Personal zur Verfügung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Maßnahmenpaket ist ein weiterer Schritt einer verantwortungsvollen weit reichenden Arbeitsmarktpolitik, dem wir gerne unsere Zustimmung geben werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
13.42
Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Bachner. Ich darf ihr das Wort erteilen. – Bitte.
13.42
Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich sage gleich vorweg, wir stimmen diesem Gesetz zu – aber nicht deshalb, weil ich derselben Meinung bin wie mein Vorredner Kollege Edgar Mayer, dass diese Regierung in Sachen Beschäftigungspolitik so hervorragende Leistungen erbracht hat. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Wir wollen Ihren Befund, den Sie der Regierung ausgestellt haben, nicht unterstützen, sondern dementieren, ich kann aber erklären, warum wir diesem Beschäftigungsförderungsgesetz zustimmen.
Ich stehe nicht an zu sagen, dass ich froh darüber bin, dass in diesem Maßnahmenpaket Punkte enthalten sind, die äußerst wichtig und notwendig sind angesichts der prekären Situation, die wir auf dem Arbeitsmarkt haben. Darin enthalten sind zum Beispiel, mein Vorredner hat bereits einiges erwähnt, die Qualifizierung für Frauen, Maßnahmen
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 84 |
für Jugendliche und vor allem – eine lange Forderung des ÖGB, Kollege Mayer weiß das – das Nachholen des Hauptschulabschlusses. Wir wissen, welche Defizite Menschen, die keinen Hauptschulabschluss haben, in weiterer Folge im Berufsleben entstehen. – Das ist alles sehr zu begrüßen.
Ich werde gleich auf jene Punkte zu sprechen kommen, die mir nicht sonderlich gefallen, bezüglich derer wir nicht einer Meinung sind, aber im Großen und Ganzen, und das hat unser Fraktionsvorsitzender heute Vormittag schon gesagt, stehen wir als Opposition nicht an, ein Paket, das wir als wirklich sinnvoll, zumindest in den groben Zügen, erachten, auch wirklich mitzutragen, wenn es in letzter Konsequenz den Menschen etwas nützt. Deshalb werden wir diesem Paket auch zustimmen.
Meine Kritik und die Kritik meiner Fraktion bezieht sich aber darauf, dass dieses Paket viel, viel früher hätte kommen müssen. Es kommt zu spät! Wir hatten mit Ende September 270 000 arbeitslose Menschen zu verzeichnen. Das sind um 12 000 mehr als im Vorjahr, und das ist der Höchststand der Arbeitslosigkeit seit dem Jahr 1985.
Es wurde heute schon sehr heftig über Wien, die Arbeitslosenzahlen in Wien und so weiter diskutiert. Ich möchte dazu nur sagen: Auch mir persönlich ist jeder Arbeitslose, jede Arbeitslose zu viel. Faktum ist, dass wir es in Wien mit allen Anstrengungen geschafft haben, im Vergleichsjahr 5 000 Arbeitsplätze mehr zur Verfügung zu stellen.
Dazu muss man weiters sagen – und das hat heute bei der Kritik an der Wiener Arbeitsmarktpolitik niemand dazugesagt –, dass sich Wien da schon in einer etwas anderen Situation befindet als andere Städte in den übrigen Bundesländern. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass Wien teilweise die Arbeitslosenproblematik in den anderen Bundesländern entschärft. 215 000 Menschen pendeln ... (Bundesrat Bader: Verschärft! Verschärft! – Bundesrat Gruber: Entschärft!) Entschärft! Wien entschärft die Situation in den anderen Bundesländern. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bader.) Ich werde Ihnen zum Vergleich die Zahlen nennen, Herr Kollege!
Es pendeln aus den übrigen Bundesländern
215 000 Menschen nach Wien. 84 000 pendeln aus, aber das sind
immer noch weniger als 215 000. 4 000 der 16 000 Wiener
Lehrlinge kommen aus den Bundesländern und nicht aus Wien. (Bundesrätin Zwazl: Aber die
Arbeitslosen sind in der Statistik im Bundesland!) Trotzdem! Wien hat das
Problem, dass sich durch das Einpendeln die Arbeitsmarktsituation verschärft. (Ruf bei der ÖVP: Das ist aber eine leichte
Ausrede!) Nein, das ist keine leichte Ausrede, das ist beweisbar. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich habe schon gesagt, auch ich bin mit der Situation in Wien nicht glücklich, denn jeder Arbeitslose, jede Arbeitslose sind mir zu viel; darüber brauchen wir gar nicht zu reden. Aber schieben wir nicht immer hin und her und gehen wir nicht immer nur auf Wien los! Es sind Maßnahmen gesetzt worden, und die sind jetzt auch erkennbar durch die 5 000 Arbeitsplätze mehr. Außerdem haben wir im Vergleich zu anderen Bundesländern je nach Saison doch einen sehr hohen Prozentsatz an ausländischen ArbeitnehmerInnen, die einer Saisonbeschäftigung nachgehen. – Das muss man eben auch alles sehen. Also bitte, verfälschen wir nicht einfach das Bild!
Unabhängig davon möchte ich zurückkommen auf die gesamte Problemstellung Arbeitslosigkeit. 270 000 arbeitslose Menschen – das waren die Zahlen von Ende September. Jeder/jede in diesem Raum kann sich, glaube ich, ausmalen, dass das noch nicht die Spitze des Eisberges war, denn zu diesen 270 000 kommen jetzt in weiterer Folge noch die Bauarbeiter und so weiter dazu, die im Winter saisonbedingt arbeitslos sind. (Bundesrat Bader: Wie schaut es mit dem Wirtschaftswachstum in Wien aus? – Gegenrufe bei der SPÖ.) – Nicht so schlecht, Herr Kollege! Ich bin ja auch Niederösterreicherin, das heißt, ich bin „zweigeteilt“, also da können wir uns ganz schön matchen, wenn Sie das wollen.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 85 |
Noch einmal: Ich kritisiere dieses Paket,
weil es wirklich viel zu spät kommt! (Staatssekretär
Dr. Finz: Es hat ja schon
andere Pakete gegeben, die ...!) Nein, Herr Staatssekretär, das
wollte ich gerade sagen. Wir sind von einem Arbeitsmarktgipfel zum anderen
gehüpft, aber – und ich bin jetzt wirklich bösartig – herausgekommen
ist nicht allzu viel. Ich gebe ja zu, dieses Paket, das jetzt vorliegt, ist
wirklich das erste, von dem auch wir sagen können, wir sind der guten Hoffnung,
dass es sich auch einmal auswirken wird. Bis jetzt ist, obwohl es Anregungen
en masse sowohl von unserer Fraktion als auch vom ÖGB gegeben hat – wir
waren ja bei den Gipfeln vertreten –, das Problem nicht wirklich erkannt
worden, die Maßnahmen jetzt kommen zu spät! (Staatssekretär
Dr. Finz: Nein!) Dass Sie
nein sagen müssen, ist mir klar; es wäre auch schlimm, würden Sie ja sagen. (Neuerliche Zwischenbemerkung von
Staatssekretär Dr. Finz.)
Noch einmal: Die Maßnahmen dieses Beschäftigungsförderungsgesetzes kommen angesichts der dramatischen Entwicklung zu spät!
Unabhängig von diesem Maßnahmenpaket – das allein wird uns nichts nützen! – müssen zusätzliche Maßnahmen gesetzt werden. Wenn wir dieses Beschäftigungspaket jetzt beschließen, aber nicht zeitgleich auch andere Maßnahmen setzen, dann wird das wieder nichts werden.
Wir haben heute einen weiteren Beschluss zu fassen – wie unser Fraktionsvorsitzender schon angekündigt hat, werden wir, auch wenn uns der Ansatz viel zu niedrig zu sein scheint, auch diesem zustimmen –, nämlich die Erhöhung des Kilometergeldes und der Pendlerpauschale. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Herr Staatssekretär! Im Vergleich der Treibstoffpreise mit dem, was die Pendler bekommen, ist das zu wenig.
Nächster Punkt – darüber wurde ja
heute auch schon gesprochen, denn das ist eine Folgewirkung und daher nicht
voneinander zu trennen –: die Situation in Bezug auf Treibstoff- und
Ölpreise sowie Heizkosten. (Staatssekretär Dr. Finz: Da sind die Länder zuständig!) Sagen Sie nicht immer, die Länder sind zuständig, denn: In
einer solch prekären Situation, wo es zu immensen Preisbelastungen kommt, muss
man gemeinsam Überlegungen anstellen, wie man die Lage
entschärfen und den Menschen tatsächlich helfen kann. Einem Menschen, der im
Winter friert – Herr Staatssekretär, ich weiß, das können Sie sich nicht
vorstellen (Staatssekretär Dr. Finz: Wir helfen ja!) –, ist
es egal, ob der Bund oder das Land für Hilfe zuständig ist, denn dem ist ganz
einfach kalt. (Bundesrat Höfinger:
In Niederösterreich friert niemand! – Neuerliche Zwischenbemerkung von
Staatssekretär Dr. Finz.) –
Ja, bin ich auch dafür, nur muss man dann halt entsprechend Druck machen. (Staatssekretär
Dr. Finz: Wir haben auch
etwas gemacht! Wir haben letztes Mal verdoppelt im Jahr 2000, 2001! Das
ist ja nicht so!) – Ich sage nicht, dass gar nichts gemacht
wurde, aber es wurde zu wenig gemacht. (Zwischenrufe bei der
ÖVP und den Freiheitlichen.) Die Situation ist jedenfalls prekär – und
daher muss man darauf reagieren. (Bundesrat Höfinger: Ich kann nicht das Geld in den Verwaltungskörper
schmeißen und dann sagen, ...! – Zwischenruf des Bundesrates
Dr. Böhm.)
Nein, Herr Professor Böhm, ich gehöre zu den verantwortungsbewussten Personen, auch im ÖGB, und das heißt: Wenn man Forderungen aufstellt, sollte man die ganze Situation durchdenken. Jedenfalls: Wenn es um Kosten und deren Finanzierbarkeit geht, muss man schon auch die Prioritäten sehen. Und diese Prioritäten sind, wie mir scheint, teilweise schon sehr verschoben. Tun Sie doch nicht immer so, als ob für bestimmte Dinge kein Geld da wäre, für andere hingegen schon! Das entspricht doch einfach nicht den Tatsachen!
Jetzt komme ich auf den einen Punkt zu sprechen, der mir in diesem Maßnahmenpaket überhaupt nicht gefällt; ich habe das bereits bei den Ausführungen des Kollegen
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 86 |
Mayer sowie dessen Befund sozusagen zu verstehen gegeben, wobei ich zugestehen muss, dass Kollege Mayer ohnehin vorsichtig war und gesagt hat: Wir schauen uns das jetzt einmal ein Jahr lang an – und dann werden wir das analysieren.
Das Kombilohn-Modell als Einzelnes können wir bei diesem Paket nicht ablehnen, das ist uns schon klar. Betonen möchte ich jedoch, dass wir dieses Kombilohn-Modell für nicht geeignet erachten, auf diese Art und Weise Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Erwähnt wurde in diesem Zusammenhang bereits die 1 000-€-Grenze. Auch Kollege Mayer sollte das wissen, dass sich der ÖGB insgesamt sowie dessen Einzelgewerkschaften bei Kollektivvertragsverhandlungen immer bemüht haben, und zwar jahrelang, endlich einen Mindestlohn von 1 000 € zu erreichen. Uns ist das, kann man sagen, auch bei fast allen Kollektivverträgen in Österreich gelungen. – Aber diese 1 000-€-Grenze bedeutet doch, dass Ihr Kombilohn-Modell überwiegend bei Teilzeitbeschäftigten zum Tragen kommt.
Jetzt möchte ich nochmals auf die Gefahren eines weiteren Hindrängens in Richtung Teilzeitbeschäftigung aufmerksam machen, obwohl in diesem Saale bereits mehrfach dargelegt wurde, was das in der Realität für die Menschen heißt. Jetzt rede ich gar nicht von Missbrauchsfällen, denn ich unterstelle von vornherein niemandem gleich das Schlechte, aber: So wie das konzipiert ist, kann es jedenfalls nur bei Teilzeitbeschäftigten wirklich zum Tragen kommen, und damit wird diese Beschäftigungsform zusätzlich forciert. Und das betrachten wir als extrem negativ!
Für die Kolleginnen und Kollegen hier im Saal ein paar Zahlen dazu: Im September 2005 gab es in Österreich 668 000 Teilzeitbeschäftigte, 224 000 geringfügig Beschäftigte, 25 000 Werkvertragsnehmer und 44 000 LeiharbeiterInnen. Zusammengezählt: 1 Million Menschen!
Jetzt aber werden Maßnahmen gesetzt – noch dazu eine gesetzliche Förderung mit diesem Kombilohn-Modell –, sodass die Zahl dieser Beschäftigten noch mehr erhöht wird! Deshalb können wir dem nicht zustimmen! Und das ist doch bitte auch ein Frauenproblem; das weiß auch jeder hier im Saal, dass das überwiegend Frauen betreffen wird.
Wir halten diese Maßnahme für absolut ungeeignet, denn das sind doch in Wirklichkeit keine Maßnahmen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit! Dafür wäre ich; keine Frage.
Zum Schluss kommend noch einmal mein Appell – auch wenn einige Punkte in diesem Programm unterstützenswert sind –: Wenn nicht zeitgleich Maßnahmen in der Wirtschaftspolitik gesetzt werden und wenn es nicht auch in weiterer Folge zu steuerlichen Entlastungen bei kleinen und mittleren Einkommensbeziehern kommt (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz), wenn es nicht zum raschen und verstärkten Ausbau der Infrastruktur kommt, dann war dieses Paket zwar gut gemeint, nützt aber 270 000 arbeitslosen Menschen – im Winter werden es, so fürchte ich, an die 300 000 sein – absolut nichts! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
13.55
Präsident Peter Mitterer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. Ich erteile ihr dieses.
13.55
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu den Ausführungen des Kollegen Mayer hinsichtlich Beschäftigungsförderungsgesetz und bisherige Leistungen dieser Regierung hiezu.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 87 |
Die Arbeitslosenquote im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zu sehen ist eine Sache, aber dass wir in Österreich die höchste Arbeitslosenrate seit Jahren haben, ist die andere Seite der Medaille. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Dass die hohe Zahl an Jugendarbeitslosigkeit ein wirklich schwerer Schlag ist, ist auch Faktum.
Lieber Kollege Mayer, dass die Wachstumsrate in Österreich schleppend ist, ist auch allseits bekannt, aber du stellst dich hier heraus und sprichst von „hervorragenden Wachstumsraten“. Was sagt das Wirtschaftsforschungsinstitut in seinen „Strategien zur Erhöhung von Wachstum und Beschäftigung“, Wifo-Chef Karl Aiginger persönlich, dazu? – „Die österreichische Wirtschaft kann 2004 und voraussichtlich auch 2005 Zuwachsraten von knapp 2 % erreichen. Diese Wachstumsraten sind niedriger als in früheren Erholungsphasen und nicht hoch genug, um die Arbeitslosigkeit zu senken.“, so Wifo-Chef Aiginger.
Das Wifo weiter: Mittelfristig liegt das erwartete Wachstum „knapp über dem Durchschnitt des Euroraumes aber niedriger als in den nordeuropäischen und zentraleuropäischen Wachstumskernen. Es reicht mit 2,3 Prozent ebenfalls nicht aus die Arbeitslosenrate zu senken. Ein deutlicher Rückgang wäre“ erst bei „2,5 % zu erwarten.“
Karl Aiginger weiters: „Eine Strategie zur Anhebung des Wachstumspfades ist sowohl nach dem Lissabonziel notwendig“, und so weiter und so fort.
Entsprechende Maßnahmen in Bereichen, in denen es in Österreich grobe Mängel gibt – dazu gehören Bildung, Innovation, Forschung und so weiter –, vermissen wir da leider schmerzlichst. Nichtsdestotrotz werden wir diesem Beschäftigungsförderungspaket zustimmen.
Anmerken möchte ich in diesem Zusammenhang jedoch auch – Kollegin Bachner hat das vorhin kurz ausgeführt – die Vorteile beziehungsweise eher Nachteile dieses Kombilohn-Modells.
Ja, eine heikle und schwierige Sache ist dieses Kombilohn-Modell. In Zeiten, in denen wir auch Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich verlieren, stellt das jedenfalls den Versuch dar, Beschäftigung zu sichern. Ob das damit tatsächlich gelingen wird, ist mehr als fraglich. Wir werden dem jedenfalls unter der Voraussetzung zustimmen – und das ist vereinbart und zugesichert worden –, dass das jetzt ein Jahr begleitet und dann evaluiert wird, dass man sich das also anschaut. Generell dazu: Es liegt nicht nur im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern ebenso in jenem der Arbeitgeber, da tatsächlich saubere Lösungen zu schaffen.
Kurz eingehen möchte ich auch noch auf das
Thema Jugendarbeitslosigkeit. In einer Situation, in der Österreich sicherlich
noch etwas besser als viele andere Länder Europas beziehungsweise auch
weltweit dasteht, ist die Situation dennoch als prekär zu bezeichnen. Die
Ursachen für diese Jugendarbeitslosigkeit – Jugendarbeitslosigkeit wird
bei uns definiert als eine zwischen 15 und 25 Jahren – sind ja nicht
nur in der sehr schleppenden Konjunktur zu suchen – obwohl: Es gibt keine
Form der Arbeitslosigkeit, die konjunktursensibler ist als die
Jugendarbeitslosigkeit! –, sondern die Ursachen hiefür liegen auch ganz
wesentlich im Bildungsbereich. Schauen Sie sich doch die Zahlen an! Man darf
sich nicht nur die Zahlen all jener, die 15 Jahre alt sind und keine Lehrstelle
haben, anschauen! Nur zu sagen, das ist betrüblich und wahr, ist zu wenig! Da
muss man ansetzen und dagegenwirken. Aber: Der prozentuelle Anteil der Arbeitslosen
bei den 18- bis 25 -Jährigen ist wesentlich höher. Das heißt, dieses
Problem wird seit Jahren dahingeschleppt. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)
Das ist doch ein absolutes Problem einerseits des Bildungssektors, wo massiv Maßnahmen gesetzt werden sollten, um die Ausbildung zu verbessern. Betroffen sind ja auch wiederum Kinder und Jugendliche, die schlechtere Ausbildungsniveaus haben.
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Daher: Auch da hat Ministerin Gehrer lange genug zugeschaut, sodass sich dieses Problem immer weiter zugespitzt hat. Die prekäre Situation liegt zweifelsohne beim Übergang von der Schule zum Berufsbildungsmarkt. Da müsste man verstärkt mit Modulen zur Förderung, zur Berufsorientierung und so weiter ansetzen.
Und dann gibt es die prekäre Situation
zwischen Berufsausbildung und Arbeitsmarkt. Auch hier wird zu wenig angesetzt,
um tatsächlich die Jugendlichen, die aus dem Schulsystem kommen, weiter zu
begleiten. Das Problem ist ja, dass jene aus der Berufsbildung, die keinen
Lehrplatz finden auf Grund der Arbeitsmarktlage, auf Grund der eigenen
persönlichen Situation, oftmals in berufsbildende Schulen gehen, danach aber
erst wieder arbeitslos sind. Also jede Menge an verschleppten Problemen. Und
hier eindimensional zu sagen: Gut, wir beschließen ein Paket mit flotten
285 Millionen € und schaffen uns das Problem vom Hals, vom
Schreibtisch!, ist ein sehr verkürzter Ansatz. (Ruf bei der ÖVP: Das hat aber auch niemand gesagt!) Ich denke, es
ist wichtig, die Mittel zu erhöhen. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Kollege Himmer! Ich sehe das als ersten Schritt. Aber Fakt ist auch, dass es im Bereich der Arbeitsmarktpolitik zu einer Qualitätssicherung kommen muss. Es soll ja nicht so sein, dass ein Großteil der Mittel, der dafür aufgewendet wird, in Coaching, in Berufsorientierungsmaßnahmen investiert wird, um die Quoten zu haben, die man haben möchte. Wir alle wissen, wie das funktioniert. So unterbricht man beispielsweise die Langzeitarbeitslosigkeit, indem man jemanden kurz in einen Coachingkurs schickt. Dann hat man wieder die Statistik geschönt, und so weiter. – Das wollen wir doch nicht, sondern die Mittel sollen effizient eingesetzt werden, und da geht es um Berufsausbildung.
Zur Frau Präsidentin in der letzten Reihe
muss ich sagen: Es muss ja auch das Interesse der Wirtschaft sein, gut
ausgebildete Arbeitskräfte zu haben. Und genau das ist der Punkt, wo man auch
mit den Mitteln der Arbeitsmarktpolitik ansetzen muss. (Bundesrätin Zwazl: Es
würde mich freuen, wenn Sie die „Kurier“-Beilage zum Beispiel einmal durchlesen
würden, denn dann ersparen wir uns die ganze Diskussion, da steht dann alles
drinnen, was ...!) – Nein, mit Sicherheit nicht. Das sind Teile.
Dann schau dir an, was gerade in deinem Bundesland, in Niederösterreich, in den
letzten fünf Jahren passiert ist! (Bundesrätin
Zwazl: Wir haben um 6 Prozent
heuer mehr Lehrlinge im ersten Lehrjahr als voriges Jahr!) – Es geht
nicht um die Lehrlinge, das war jetzt nicht das Thema. Es geht um einen
effizienten Einsatz der arbeitsmarktpolitischen Mittel, und speziell darum,
tatsächlich Qualifikationen auf die Beine zu stellen, damit Jugendliche einen
Abschluss bekommen. (Neuerlicher
Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl. –
Bundesrat Mag. Himmer:
... neue Ideen? Sag es uns!)
Präsident Peter Mitterer (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Frau Bundesrätin Lichtenecker.
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (fortsetzend): Produktionsschulen, Implacementstiftungen sind Bereiche, wo wir die Mittel verstärken sollten, wo das in dieser Form auch wirklich gemacht wird. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) – Ich kenne die niederösterreichischen Zahlen. (Bundesrätin Zwazl: Wir haben eine Auswahl ...!) – Sei es, wie es sei. Ich schaue mir jetzt an, was mit diesem Paket wirklich herauskommt. Die letzten Jahre waren über weite Strecken enttäuschend in Bezug darauf, was bei der Arbeitsmarktpolitik tatsächlich herausgekommen ist.
Eines sei hier auch erwähnt: Bei den Lehrstellen und Ausbildungsplätzen geht es mit Sicherheit auch darum, neue Berufsbilder zu kreieren, neue Jobchancen zu ermöglichen, auch im Gesundheits- und Sozialwesenbereich, und auch darum, generell eine Attraktivierung der Lehrberufe zu erreichen. Es ist heute noch immer so, dass der Lehrberuf über weite Strecken eine Einbahnstraße ist.
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Zum Schluss kommend: Aus unserer Sicht ist es wichtig, die Ressourcen, die Mittel zu erhöhen, um jungen Menschen Chancen für die Arbeitswelt zu geben, zu sichern.
Generell hoffe ich, dass es nicht einfach dazu verkommt, nach der Public-Choice-Theorie: Kurz vor den Wahlen pushen wir noch einmal ordentlich die Millionen hinein, damit die Ergebnisse dann passen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
14.04
Präsident Peter Mitterer: Als Nächstem darf ich Herrn Bundesrat Kaltenbacher das Wort erteilen.
14.04
Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute unter anderem das Beschäftigungsförderungsgesetz. Ziel dieses Gesetzes – das wurde bereits mehrmals erwähnt – ist es, zirka 60 000 Personen in spezielle Qualifizierungs- beziehungsweise Integrationsmaßnahmen und somit in Beschäftigung zu bringen. Vor allem spezielle Zielgruppen, die am häufigsten von Arbeitslosigkeit betroffen sind, Frauen, Ältere und Jugendliche, sollen qualifiziert und integriert werden.
Zusätzliche Arbeitsmarktförderungsmittel sind angesichts des hohen Niveaus der Arbeitslosigkeit in Österreich ein Gebot der Stunde. Vor allem die angesprochenen Zielgruppen sind überproportional von der schwachen Wirtschaftsentwicklung betroffen und ohne zusätzliche Investitionen von der Arbeitsmarktausgrenzung bedroht.
Leider – das wurde von meinen VorrednerInnen schon erwähnt – kommt das Programm relativ spät, und es löst auch das grundsätzliche Problem der Arbeitslosigkeit nicht, wenn danach nicht entsprechende Jobperspektiven bestehen.
Selbst eine leichte Verbesserung der Wirtschaftsentwicklung in Österreich, aber auch in meinem Bundesland Steiermark wird keine Entspannung bei den Zahlen der Vorgemerkten bewirken.
Die Arbeitslosenquote in der Steiermark wird nach 7 Prozent im Jahr 2004 im Jahre 2005 anwachsen. Mit knapp 29 000 Jobsuchenden lag die Vorgemerktenzahl in der Steiermark um 1 935 Personen oder 7,2 Prozent höher als der Vergleichswert des Vorjahres.
Gerade bei der Personengruppe der Jugendlichen unter 25 Jahren ist die Situation äußerst angespannt. Bei durchschnittlich 6 000 Arbeitslosen unter 25 Jahren in der Steiermark – aber auch in Österreich insgesamt – ist das tatsächlich eines der größten arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Probleme. Da hilft es auch nichts, wenn wir immer wieder von einer im europäischen Vergleich relativ niedrigen Jugendarbeitslosenquote sprechen. Wenn junge Menschen das Gefühl haben, nicht gebraucht zu werden, und sich nicht beruflich entwickeln können, steigt die Gefahr enorm, dass sie sich destruktiven Betätigungsfeldern zuwenden.
Eine äußerst dramatische Entwicklung zeigt sich auch bei den Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren. Eine Vielzahl von Jugendlichen, die keine Lehrstelle gefunden haben, werden in diverse Orientierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen des AMS geschickt, um danach auf einen entsprechenden Lehrplatz vermittelt zu werden. Das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz beziehungsweise die Initiative zusätzliche Lehrstelle hat zu einer leichten Entspannung geführt und ist absolut zu begrüßen.
Ein Problem, das sich immer stärker zeigt, wurde von Kollegin Kerschbaum angesprochen: dass eine Vielzahl von Pflichtschulabsolventen nicht über die entsprechenden Grundfertigkeiten Lesen, Rechnen und Schreiben verfügt. Durch Einsparungen bei den Lehrern beziehungsweise bei den Stunden wurde der erforderlichen Betreuung dieser
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speziellen Problemgruppen nicht Rechnung getragen oder es wurde die Notwendigkeit dieser Betreuung nicht erkannt.
Neben diesen Defiziten steigen auch die
sozialen Defizite immens, wie Unpünktlichkeit, Defizite betreffend den Umgang
mit anderen, Teamfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit. (Bundesrat Dr. Böhm: Da
ist auch die Regierung daran schuld?!) – Entschuldigung, wenn man im
Bereich der schulischen ... (Bundesrat
Dr. Böhm: Die Eltern haben
nichts ...?) – Natürlich auch die Eltern. Keine Frage. (Bundesrat Dr. Böhm: Ah doch!)
Nur: Wenn man Stunden einspart, Lehrer einspart, wenn man diesem Aspekt keine Bedeutung beimisst, dann ist das das Ergebnis. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Dann sind sie falsch eingesetzt oder machen nicht das Richtige.
Ein Beispiel nur: Die Berufsorientierungslehrerinnen und -lehrer sollten sich zentral dem Thema Berufswahl und -orientierung widmen. Schauen Sie einmal nach, Herr Staatssekretär, was sie in den Stunden machen: Alles, nur nicht das, was sie machen sollten.
Die steigende Arbeitslosigkeit hat weitere negative Auswirkungen. Katastrophal ist die Entwicklung in der Steiermark bei den Firmeninsolvenzen, aber – und das ist noch erschreckender – auch bei den Privatkonkursen.
Waren die Personen im Jahr 2000 noch 31,5 Millionen € schuldig, so sind die Schulden im laufenden Jahr schon auf 44,7 Millionen € angestiegen. Meine Damen und Herren! Das ist eine Steigerung von 42 Prozent.
Keinen Job, keine Perspektive, einen zu bekommen, für Ältere, vor allem für Frauen mit Betreuungspflichten, aber auch für Personen mit Vermittlungseinschränkungen – das wurde heute im Zusammenhang mit dem Armutsbericht schon diskutiert. (Bundesrat Höfinger: Kennen Sie die drei Hauptgründe für den Anstieg?) Bitte nennen Sie sie mir. (Bundesrat Höfinger: Das sind die Handys, die Versandhäuser und die Leasingraten für Autos!) Ich komme jetzt gleich auf den Punkt zu sprechen, warum die Verschuldung unter anderem steigt; das wurde heute schon in der Debatte betreffend den Sozialbericht andiskutiert.
Jetzt möchte ich einmal Fakten aufzeigen: Ein männlicher österreichischer Arbeitsloser bezieht im Durchschnitt 788 €, eine Frau 628 €. Dazu kommen noch pro unterhaltsberechtigter Person 29 € als Familienzuschlag.
Noch schlechter schaut es bei der Notstandshilfe aus. Sie beträgt bei Männern durchschnittlich 617 € im Monat, bei Frauen 476 €. – Die Armutsgrenze liegt bei etwa 780 €. Dieser Personengruppe droht absolute Armut! Sie haben auch die erwähnten Belastungen, die sie sich selbst auferlegen, durch Handys und so weiter, zu tragen, obwohl sie die grundsätzlichen Bedürfnisse des Lebens nicht mehr decken können: Mietrückstände, Heizkosten, darüber wurde heute schon diskutiert.
Aber noch beschämender ist – und das müssen gerade Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, mitbekommen –: Es steht der Winter vor der Tür, und die Hauptschüler fahren auf Schulschikurs. Die Eltern trauen sich den Kindern nicht zu sagen, dass sie sich das nicht leisten können. Ein durchschnittlicher Schulschikurs kostet zwischen 300 und 350 €. Das Ergebnis ist, dass die Eltern die Kinder krank melden, damit diese nicht teilnehmen müssen, weil sie es sich nicht leisten können.
Kollege Mayer, so euphorisch wie Sie sehe ich die Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung nicht. Bis 2009 wird zwar das Beschäftigungspotenzial laut Wifo – bitte, hier habe ich es – in Österreich um 0,9 Prozent wachsen – in der Steiermark wesentlich geringer, nämlich nur um 0,7 Prozent –, und somit wird es zu keiner Entspannung auf dem Arbeitsmarkt kommen.
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Wie gesagt, grundsätzlich sind wir für dieses Paket – es kommt jedoch zu spät –, aber es müssen entsprechende flankierende wirtschaftspolitische Maßnahmen gesetzt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Kerschbaum.)
14.13
Präsident Peter Mitterer: Herrn Bundesrat Molzbichler darf ich als nächstem Redner das Wort erteilen.
14.13
Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Das Beschäftigungsförderungsgesetz ist natürlich ein wesentlicher Schritt zu einer positiven Weiterentwicklung der aktiven Arbeitsmarktpolitik, keine Frage. Wir begrüßen auch die finanzielle Förderung in der Höhe von rund 285 Millionen € bis zum Jahr 2007. Insgesamt soll dieses Geld zirka 62 000 Personen helfen, sich besser zu qualifizieren und Beschäftigung zu finden.
Mit über 100 Millionen € ist ein Wiedereinstiegsprogramm für mehr als 20 000 Frauen vorgesehen. Dies sowie eine Arbeitsmarktoffensive für 33 700 Jugendliche mit rund 158 Millionen € zeigen eindeutig, dass der Schwerpunkt bei den Frauen und Jugendlichen liegt. Dass die Regierung nun, meine Damen und Herren, für diese aktive Arbeitsmarktpolitik auch ein Defizit in Kauf nimmt, Herr Staatssekretär, ist neu und weist auch darauf hin, dass die Situation äußerst prekär ist.
Meine Damen und Herren! Wichtig ist jedoch auch die Frage, ob es eine Art weiteren Projektplan gibt, der zeigt, was nach 2007 geschehen soll – ich glaube, man hofft am Ballhausplatz noch immer auf ein Wunder –, zumal sich die Gesamtsituation noch mehr zuspitzen wird, da ab 2007 dem österreichischen Arbeitsmarkt – man höre und staune! – zirka 70 Millionen € aus dem Europäischen Sozialfonds nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Daher wäre eine längerfristige Planung äußerst begrüßenswert!
In Österreich hat sich die Zahl der arbeitsuchenden Jugendlichen in den letzten Jahren auf über 50 000 – auf über 50 000! – verdoppelt. In nur fünf Jahren hat es der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit geschafft, das Heer der Arbeitslosen um 60 000 zu vergrößern! (Bundesrat Dr. Böhm: Wieso der Minister?) Im September waren mehr als 220 400 Personen arbeitslos gemeldet und rund 50 000 in Schulungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservices; damit waren etwa 270 000 Menschen auf Arbeitsuche, meine Damen und Herren. Vor allem, und das ist alarmierend, waren es 7 Prozent der Frauen!
Die Erhöhung der Ausgaben für eine aktive Arbeitsmarktpolitik war daher schon längst fällig, Herr Staatssekretär. Bei genauerem Hinsehen muss man auch festhalten: Es werden bei dieser – verspäteten – gesetzlichen Regelung Nachbesserungen fällig werden; über einige Punkte werden wir diskutieren müssen. So sollte zum Beispiel das Arbeitsmarktservice regionalspezifisch entscheiden können, welche Personengruppen und welche Schwerpunkte gefördert werden sollen.
Die Regierung spricht sich für einen Ausbau im Bereich der Pflege- und Gesundheitsberufe aus; dafür sind zirka 7 Millionen € für die Ausbildung von zirka 1 400 Personen vorgesehen. Meiner Meinung nach ein erster Schritt, aber 6,9 Millionen sind für diesen Sektor eindeutig zu wenig.
Seit längerem weisen Expertinnen und Experten darauf hin, dass dieser Dienstleistungssektor weiterhin gefördert werden sollte, da hier zukunftsträchtige Arbeitsplätze vorhanden wären. Jedoch soll dieser Bereich nicht nur für Wiedereinsteigerinnen, etwa nach einer Babypause, zur Verfügung stehen. Es muss darauf geachtet werden, dass damit nicht wieder so genannte typische Frauenberufe mit geringeren Löhnen und höherer Teilzeitrate, wie wir sie eben aus den Gesundheits- und Sozialberufen kennen,
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 92 |
unterstützt werden, denn dies wäre gesellschaftspolitisch sehr bedenklich. Es muss zu einer ausgezeichneten Qualifizierung mit einer entsprechenden finanziellen und gesellschaftlichen Aufwertung des Pflege- und Gesundheitsbereiches kommen, der auch Männern offen stehen sollte.
Wir haben einerseits fast 70 000 männliche Arbeitsuchende zwischen 25 und 49 Jahren – das wurde von meinen Vorrednern teilweise schon erwähnt –, die keine zusätzlichen Förderungsprogramme erhalten und weitere Qualifikationsmaßnahmen genauso benötigen. Andererseits gibt es vor allem weibliche Wiedereinsteigerinnen, die Teilzeitarbeit oder schlechter bezahlte, schlechter qualifizierte Arbeit annehmen müssen.
Meine Damen und Herren! Hier ist die Politik gefragt. Wir müssen den Frauen und Männern in unserem Land entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, dass jede Frau und jeder Mann die Möglichkeit hat, ihr/sein Leben so zu gestalten, wie sie/er es sich vorstellt. Dass dies möglich ist, zeigen uns in vielen Bereichen vor allem die skandinavischen Länder. Und diese Rahmenbedingungen gelten noch immer nicht in Österreich, von der Kinderbetreuung angefangen bis hin zur Karenz für Frauen und Männer oder zu präventiver Arbeitsmarktpolitik, wie etwa dem Konzept des lebenslangen Lernens. All das funktioniert in Österreich nur teilweise oder gar nicht.
Diskriminierung in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz gibt es nach wie vor. An den verstaubten und antiquierten Vorstellungen von Frauen- und Männerberufen wird zwar gekratzt, aber da müssen durch die Gesetzgebung verstärkt gleiche Rahmenbedingungen für Frauen und Männer gefördert werden. Das Beschäftigungsförderungsgesetz ist ein erster kleiner Schritt in diese Richtung.
Beim Kombilohnmodell oder beim Dienstleistungsscheck scheiden sich jedoch die Geister. Wenn man tatsächlich die Schwarzarbeit in Privathaushalten eindämmen möchte, dann geschieht das sicherlich nicht mit zusätzlichen administrativen Hürden oder mit verschiedensten Ungleichstellungen.
Hier, meine Damen und Herren, benötigen wir ein gutes Modell, das für die Betroffenen mehr Vor- als Nachteile bringt. Außerdem wäre eine breit angelegte Diskussion mit Experten und selbstverständlich auch mit den Sozialpartnern angebracht.
Meine Damen und Herren! Mit weiteren 18,8 Millionen € sollen insgesamt 4 000 Personen nach dem Kombilohnmodell eine Anstellung finden – also eine staatliche Förderung des Niedriglohnsektors. Dass wir diese speziellen Förderungen nicht goutieren können, ist natürlich klar. Wir sind schon sehr gespannt auf die Ergebnisse der Evaluierung in einem Jahr.
Die Fragen, die sich die Regierung gefallen lassen muss, sind wie folgt: Erkennt der Staat damit nicht das Lohndumping an? Ist diese besondere Förderung tatsächlich förderungswürdig? Wo ist die Kombination aus Kombilohn und Qualifizierung für Betroffene? Hier müssen bereits jetzt, meine Damen und Herren, Maßnahmen getroffen werden und nicht erst nach einem Jahr, nach dieser Evaluierung. Auch muss verhindert werden, dass bereits bestehende Niedriglohnarbeitsplätze aufgelöst und durch Kombilohnarbeitsplätze ersetzt werden.
Meine Damen und Herren! Ich dachte immer,
in der ÖVP sitzen so viele Wirtschaftsexperten. Es liegt doch auf der Hand,
dass, wenn Billiglohnpolitik unterstützt wird, die Kaufkraft der Menschen
zurückgeht, und dass das unserer heimischen Wirtschaft sicherlich nicht gut tut,
das erklärt sich von selbst. (Bundesrat Schennach: Das ist ja
unglaublich! Was ist das für eine Anbiederung?)
Meine Damen und Herren! In Österreich gibt es schon viele erwerbstätige Arme, die so genannten working poor, die trotz Arbeitsplatz kein Einkommen erreichen, das über der Armutsgrenze liegt. Nach den jüngsten Angaben des Sozialministeriums, des Berichts
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über die soziale Lage 2003–2004, waren im Jahr 2003 in Österreich 57 000 Menschen trotz Arbeit von Armut betroffen. Über eine Million Menschen – das sind zirka 13 Prozent der Bevölkerung – sind in Österreich armutsgefährdet, meine Damen und Herren. Die Zahl steigt weiter an. Das ist für so ein reiches Land wie Österreich sehr erschreckend.
Diese Entwicklung fördert zugleich die soziale Aufspaltung zwischen wenigen Menschen, die sich viel und immer mehr leisten können, und vielen Menschen, die sich immer weniger leisten können. Jeder Mensch sollte jedoch das Recht auf Arbeit und auch auf eine faire Entlohnung haben.
Meine Damen und Herren! Wir benötigen aber nicht nur eine weitere verstärkte Förderung einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, denn derzeit müssen wir damit rechnen, dass die Zahl der Arbeitslosen in den kommenden Jahren noch steigen wird, sondern wir benötigen auch alternative Modelle, die neue Arbeitsplätze schaffen, eine neue Form der Arbeit präsentieren und unser Wirtschaftswachstum voranbringen.
Im europäischen Vergleich hat Österreich derzeit ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum. Auch da könnten wir uns ein Beispiel an den skandinavischen Ländern nehmen, die auch beim Wirtschaftswachstum bessere Werte als Österreich erzielen.
Meine Damen und Herren! Wir können Wirtschaftswachstum fördern, indem wir beispielsweise Klein- und Mitteleinkommen steuerlich entlasten, indem wir in Klimaschutz (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz) – noch mehr, Herr Staatssekretär –, in Weiterbildung und Forschung auch noch mehr investieren, indem wir den Ausbau der Infrastruktur, Bahn, Straßen und so weiter beschleunigen oder verstärken. Hiebei, Herr Staatssekretär, sind es gerade der Verkauf und die Ausgliederung der staatseigenen Betriebe, die meiner Meinung nach in vielen Bereichen kontraproduktiv sind. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass immer mehr Arbeitnehmer etwa bei Bahn, Post oder auch im ASFINAG-Bereich trotz guten Kostenvergleichs und seitens der EU ausgezeichneter Leistungen gekündigt und immer weniger nachbesetzt werden und vom „guten Willen“ – unter Anführungszeichen – der Unternehmensführung abhängig sind.
Die Einkommen werden verringert, die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden gestutzt. Eine Fortbildung im Sinne des lebenslangen Lernens, meine Damen und Herren, findet nicht statt. (Bundesrat Kneifel: Warum findet es nicht statt?) Die Kündigungen, die befristeten Verträge, das unsoziale Modell der Zeitarbeit und so weiter – es wäre da noch vieles zu nennen – nehmen zu, Herr Kollege.
Des Weiteren kämen diese Ausgliederungen dem Steuerzahler nachweislich teurer, da im Nachhinein – dafür gibt es eine Fülle von Beispielen – die Kosten gewaltig steigen. Bereits da, werte Kolleginnen und Kollegen, muss angesetzt werden, damit schon präventiv gegen Arbeitslosigkeit vorgegangen werden kann und die Betroffenen nicht erst dann, wenn es zu spät ist, von einer außerordentlichen Beschäftigungsförderung zur nächsten geschickt werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
14.25
Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich noch Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz. Ich darf ihm das Wort erteilen.
14.26
Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte mich auch hier dafür bedanken, dass alle Fraktionen angekündigt haben, dass sie diesem Beschäftigungsförderungsgesetz zustimmen werden.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 94 |
Ich möchte aber nochmals unterstreichen – Herr Bundesrat Mayer hat es ja bereits getan –, dass wir je nach Wirtschaftslage, je nach Situation immer mit verschiedensten Maßnahmen reagiert haben. Bereits im Jahr 2002 gab es zwei Konjunkturpakete. Im Jahr 2003 gab es ein Wachstums- und Standortpaket. Dann gab es die große Steuerreform 2004 und 2005 – das Dreifache der Summe, die sich je ein sozialdemokratischer Finanzminister in seinen kühnsten Vorstellungen überhaupt erträumen konnte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Mag. Pehm: Ja, ja, ja!) Weiters der Reformdialog für Wachstum und Beschäftigung im Jahr 2005, regionale Beschäftigungs- und Wachstumsoffensive.
Wir haben das alles von unabhängigen Experten prüfen lassen: Was ergibt das an Wachstumseffekten? Was ergibt das an Beschäftigungseffekten? Das Wifo sagt uns, der Wachstumseffekt wird 1,3 Prozent erreichen. Wir hätten also eine um 1,3 Prozent niedrigere Wachstumskurve und von den Beschäftigungseffekten her 53 000 Beschäftigte mehr durch all diese Maßnahmen.
Hinsichtlich des Kombilohns verstehe ich die sozialdemokratische Welt wirklich nicht. (Bundesrat Konečny: Sonst wären Sie bei uns!) Im Moment gibt es Projekte bei der Stadt Wien, wo Sozialhilfeempfänger, wenn sie bereit sind, einen Job anzunehmen, der schlecht bezahlt ist, einen Teil ihrer Sozialhilfe weiter beziehen. Diese Projekte lauten „ways to work“, „Generation 19+“, „Spurwechsel“. Wieso ist das bei der Gemeinde Wien gut und beim Bund schlecht? Das soll mir einer erklären! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
14.28
Präsident Peter Mitterer: Es liegt mir keine weitere Wortmeldung mehr vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Bundesrätin, bitte, Sie haben das Wort.
14.28
Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dass ich da natürlich nicht ruhig sitzen bleiben und mir das alles anhören kann, ohne etwas zu sagen, das ist ja selbstverständlich. (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.) Ruperta, ich schätze dich, weil du meistens gut informiert bist. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ich bin immer gut informiert!) Jetzt weiß ich nicht: Hast du das nicht gut gelesen – oder willst du es nicht lesen?
Was bringt uns denn das, wenn wir hier sitzen und uns gegenseitig die Schuld zuweisen? Die Praxis ist, dass wir auf der einen Seite so viele Beschäftigte haben wie noch nie (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Lichtenecker) – lass mich ausreden! –, und auf der anderen Seite (Zwischenrufe bei der SPÖ) – schaut, ich bin ja in der Wirtschaft beschäftigt, ich schlage mich ja damit herum! – haben wir so viele Arbeitslose. Wenn man jetzt wirklich Beschäftigte sucht – da braucht ihr ja nur das AMS zu fragen –, dann seht ihr ganz genau, wie schwierig es ist, punktgenau Mitarbeiter und Unternehmen zusammenzubringen. Da gibt es gute Beispiele, Best-Practice-Beispiele, wofür wir etwa in Brüssel gelobt wurden. Aber das wird überhaupt nicht erwähnt, das wird gar nicht gesagt, denn – Gott behüte! – wir könnten ja die Situation verändern und verbessern. Wollen Sie denn das, bitte, nicht? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Pehm: Das ist zynisch, was Sie da sagen!) – Moment!
Und da rede ich jetzt ganz einfach von einem Projekt, und das tut mir besonders Leid, denn ich bin Sozialpartnerin, ich pflege und lebe das. Es gibt ein Projekt mit den Sozialpartnern, das heißt „Job konkret“. Das ist eine Initiative der Arbeiterkammer, des AMS, des Landes und der Wirtschaftskammer.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 95 |
Wir zahlen hier alle in einen Topf hinein, damit die Betriebe, die Arbeitskräfte suchen, diese aber auf dem freien Markt ganz einfach nicht bekommen, weil beim AMS niemand gemeldet ist, der diese Qualifikation hat, diese auch bekommen. Und da zahlen wir eben diese Ausbildung, damit die Betriebe diese Arbeitskräfte bekommen.
Da haben wir bis jetzt 1 258 Mitarbeiter in 805 Betrieben untergebracht. Das ist nicht nur eine Initiative für die großen Betriebe, sondern da sind auch sehr viele kleine Betriebe dabei! Wir haben 850 Beschäftigte in Pflegeberufen in 113 Einrichtungen untergebracht. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Wunderbar!) – Ja, ich finde, das ist eine großartige Initiative! Ich bin sehr stolz, dass ich als Niederösterreicherin das habe, und ich bin daran interessiert, dass man diese Beispiele, die gut sind, die in der Praxis funktionieren, bekannt macht und auch die anderen das machen. Ich würde ja jedem empfehlen, dass er sich bei seinen verwandten Organisationen erkundigt: Was gibt es denn an guten Beispielen?, und das auch macht und damit etwas Positives zum Arbeitsmarkt beiträgt.
Und wir haben bei diesen „Stiftlingen“ auch nur eine Drop-out-Quote von 7 Prozent! Als wir mit „Job konkret“ vor zwei Jahren angefangen haben, hatten wir eine Drop-out-Quote von 9 Prozent, und da waren wir schon ganz stolz, denn das ist wirklich eine ganz tolle Sache – jetzt sind wir bei 7 Prozent, und da funktioniert das!
Und wenn ich zum Beispiel höre, es wird an
den Berufsbildern, sozusagen an der Information, nur gekratzt, dann muss ich
sagen: Wir kratzen nicht, wir scheren und wir schreien uns wirklich die Stimme
aus dem Hals! Wir sind daran interessiert, dass man endlich einmal aufzeigt,
wie es wirklich ist: Unsere Jugend geht in fünf Berufe! Und warum? – Weil
ihr viel zu wenig vorgestellt wird, welche Berufe es auch gibt! (Zwischenruf
des Bundesrates Konečny.) –
Aber wir machen etwas, im Gegensatz zu Ihnen, Herr
Professor! Wir lamentieren nicht und zeigen das auf! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Und jetzt
hören Sie mir einmal zu! Wir haben ein Berufs ... (Bundesrat Mag. Pehm:
Das stimmt einfach nicht! Ich habe Ihnen sehr gut zugehört! –
Bundesrat Konečny: Vergleichen Sie die Zahlen der Jugendarbeitslosigkeit und dann
wiederholen Sie den Satz, ohne rot zu werden!)
Ich kann das wiederholen und ich sage es Ihnen auch, denn es ist wichtig, dass der Einstieg unserer Jugend optimal funktioniert. Eine der wichtigsten Entscheidungen neben der Partnerwahl ist nämlich die Berufsentscheidung! Und da müssen wir schauen: Wieso ist denn das so, dass unsere Jugend nur in fünf Berufe geht? – Wir müssen alle Einrichtungen, die es gibt, der Jugend, aber auch den Eltern vorstellen und auch in die Schulen bringen.
Und da macht die Wirtschaft wirklich sehr viel: Wir machen Berufseignungstests – also nicht nur den Computertest, nicht nur diese schönen Talente-Checks, denn da kann man nur das Interesse anreißen, aber nicht die Eignung, die Neigung eines jungen Menschen.
Und wir machen das in Niederösterreich ganz gezielt: Wir haben eine Internet-Plattform gemacht – www.fragjimmy.at –, mit der sind wir jetzt on tour, wo den jungen Leuten in 175 ... (Bundesrat Mag. Pehm: Warum steigt dann die Jugendarbeitslosigkeit?) – Bei uns steigt die Jugendarbeitslosigkeit ja gar nicht! Wir haben – und das wollte ich euch jetzt nur ... (Zwischenruf des Bundesrates Konečny.) – Moment, Moment! Herr Professor! Wir haben um 6 Prozent mehr Lehrlinge im ersten Lehrjahr als voriges Jahr! Voriges Jahr haben wir ... (Bundesrat Konečny: Gut, aber trotzdem haben Sie eine höhere Jugendarbeitslosigkeit!) Die Jugendarbeitslosigkeit steigt bei diesen jungen Menschen, die leider Gottes nicht den für sie richtigen Beruf gewählt haben, die ganz einfach ... (Bundesrat Konečny: Das sind auch Menschen! –
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 96 |
Bundesrat Mag. Pehm: Die haben keinen
Beruf! – Bundesrat Konečny: Blenden Sie nicht immer drei Viertel der Wirklichkeit aus!)
Es kann nicht – und damit müssen wir
uns auch beschäftigen, und wir dürfen uns da nicht vorbeischwindeln, meine sehr
geehrten Damen und Herren – jeder Jugendliche einen Lehrberuf ergreifen,
weil er leider nicht die Fähigkeiten dazu hat. Und wenn ich sage: Karriere mit
Lehre, dann muss ich mich auch dazu bekennen und muss ehrlich sein. Natürlich
bekenne ich mich auch dazu, dass man für diese Jugendlichen auch etwas machen
muss! Da gibt es die integrative Berufsausbildung, an der wir auch sehr
vehement arbeiten. (Bundesrat Mag. Pehm: Die
Jugendarbeitslosigkeit ist dramatisch gestiegen!)
Ich möchte Ihnen heute hier nur sagen: Wenn wir wirklich daran interessiert sind, die Situation der Jugendlichen und den Arbeitsmarkt zu entschärfen, dann sollten wir alle Beispiele, die es gibt, weitertragen – ganz egal, woher sie kommen. Und viele dieser Projekte werden eben sozialpartnerschaftlich gemacht und auch finanziert. Also warum nennen wir sie nicht?
Wir können viel dazu beitragen. Wir haben zum Beispiel einen kostenlosen Nachhilfeunterricht für Lehrlinge in Niederösterreich, den das AMS finanziert. Das ist meine Idee gewesen, das AMS finanziert es – kommt gut an! Bis jetzt – seit 1. Jänner dieses Jahres haben wir es – haben 121 Lehrlinge diesen Nachhilfeunterricht kostenlos bekommen in den Gegenständen, in denen sie es brauchen – meist Mathe und technische Berufsbilder –, haben damit die Berufsschule geschafft, und seit September habe ich 30 junge Leute, die wieder diese Ausbildung, die die Zusatzmöglichkeit eines Gratisnachhilfeunterrichts bekommen.
Bitte, jeder junge Mensch ist doch ein armer Teufel (Bundesrat Mag. Pehm: Selbstverständlich!), wenn ich ihm sage, auf unserem Arbeitsmarkt geschieht nichts und wir haben überhaupt keine praxisbezogenen Projekte. – Wir haben sie, wir nehmen dabei auch sehr viel Geld in die Hand, und ich lade Sie ein – den ganzen Bundesrat –: Kommen Sie einmal zu uns nach Niederösterreich und schauen Sie sich die Einrichtungen an! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Ruperta, weil du gesagt hast, Karriere ist
keine Einbahnstraße: Es gibt eine Berufsreifeprüfung. (Zwischenruf des
Bundesrates Konečny.) Diese kostet sehr viel. Ich habe gesagt, von einem jungen Menschen
ist das ja nicht finanzierbar! Ich kann nicht sagen: Bitte schön, mach die
Berufsreifeprüfung! Der junge Mensch würde mir dann sagen: Wissen Sie was, Frau
Präsidentin, dann zahlen Sie mir diese auch, denn woher soll ich die
3 000 € nehmen! (Bundesrat Mag. Pehm: Stimmt ja!)
Jetzt ist es so, dass die Hälfte das Land als Förderung bezahlt, und wir zahlen, wenn jemand die Berufsreifeprüfung im Wifi geschafft hat, 400 € dazu, denn wir wollen, dass unsere Leute, unsere Jugend Chancen hat.
Meine Bitte an Sie ist, bitte keine Schuldzuweisungen zu machen. Ich stehe wirklich voll und ganz dahinter! Ich weiß, dass die ganze Wirtschaft, unsere Ausbildner – und das sind ja nicht nur die Unternehmer und Unternehmerinnen – sehr engagiert sind in dieser Richtung, und ich würde Sie wirklich bitten, dass Sie diese Einrichtungen, die wir zum Teil gemeinsam machen, auch bekannt machen, denn nur so können wir wirklich positiv auf den Arbeitsmarkt einwirken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
14.36
Präsident Peter
Mitterer: Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Bundesrätin
Dr. Lichtenecker. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das war die
Praxis, jetzt kommt die Theorie!)
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14.37
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Gerade Ihnen, Herr Dr. Kühnel, täte ein bisschen Theorie noch viel besser als irgendjemand anderem hier herinnen. – Sei es, wie es sei!
Frau Präsidentin! Eines ist auch fix: Die Zunahme der Erwerbsquoten ist zu einem guten Teil auf Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen. (Bundesrat Bieringer: Euch kann man doch nichts recht machen!) Rechne es um auf Vollzeitäquivalente, dann hast du dieses Wachstum nie! – Das ist einmal bei der Erwerbsquote fix. Das ist das eine.
Das Zweite ist: Es hat keiner hier angekreidet, welche Projekte es gibt! Das sind sehr gute Projekte – ich will das auch hier betonen –, ich habe nur festgestellt – und dazu stehe ich –, wir werden uns nach diesem Jahr noch genauer anschauen: Was heißt das? Wo gehen die AMS-Mittel hin? Gehen sie in die Qualifikation oder gehen sie ausschließlich in Coaching und Berufsorientierungsmaßnahmen? – Darum geht es uns: um die qualitativen Ausbildungen.
Ich bin sehr stolz: Wir haben in Oberösterreich ein sehr gutes Arbeitsmarktservice, das gute Arbeit leistet, mit wunderbaren, tollen Projekten, wo alle zusammenarbeiten – nur um das auch klarzustellen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Molzbichler: Wir stimmen eh zu! Was wollt ihr?)
14.38
Präsident Peter Mitterer: Ich sehe keine Wortmeldung mehr. Die Debatte ist daher geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss
des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem das Einkommensteuergesetz 1988 und die Reisegebührenvorschrift 1955
geändert werden (1066 d.B. und 1096 d.B. sowie 7378/BR d.B.)
Präsident Peter Mitterer: Nun kommen wir zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist auch da Herr Bundesrat Prutsch. – Ich bitte um die Berichterstattung.
Berichterstatter Günther Prutsch: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Das ist der vierte Bericht meinerseits, und zwar der Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden.
Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich erspare mir daher dessen Verlesung.
Ich komme sogleich zur Antragstellung.
Ich stelle namens des Finanzausschusses den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Präsident Peter Mitterer: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 98 |
Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich darf ihr das Wort erteilen.
14.40
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bin Pendlerin. Ich fahre regelmäßig mit dem Zug nach Wien oder nach St. Pölten. Ich fahre regelmäßig mit Zugsgarnituren, die ungefähr 30 Jahre alt sind. Mit einem so alten Auto fährt selten jemand. Ich fahre öfters mit Zügen, die auf der Strecke unterwegs stehen bleiben; zuletzt geschah das vorgestern wegen Gleisbruchs irgendwo auf einem Bahnhof in Wien. Ebenso wie ich fahren tausend Pendlerinnen und Pendler aus unserem Bezirk mit der Schnellbahn nach Wien und haben immer mehr das Gefühl, dass man als Bahnkunde so ziemlich das Letzte ist: Vollgestopfte Züge, das Material ist absolut veraltet, die letzte Sanierung des Bahnhofs liegt auch ungefähr 30 Jahre zurück. In den seltensten Fällen höre ich etwas Negatives über das Personal, es sei denn, es gibt gerade keines.
Es ärgert die Leute vor allem, dass das Bahnfahren immer wieder teurer wird, obwohl die Qualität nicht wirklich steigt. Trotzdem sind die Pendlerinnen und Pendler in Korneuburg froh, dass es die Schnellbahn gibt. Denn abseits der Schnellbahn gibt es im Bezirk sehr wenig beziehungsweise eigentlich gar keinen öffentlichen Verkehr. Es gibt zwar den SchülerInnenverkehr in der Früh zu den Schulen, für Arbeiter und Angestellte, die pendeln müssen, gibt es aber keinerlei Verbindung zu den Arbeitsorten.
Man darf nicht vergessen, dass ungefähr die Hälfte der Bevölkerung in unserem Bezirk nicht an der Schnellbahn wohnt. Diese Menschen brauchen somit, wenn beide berufstätig sind, automatisch jeweils zwei Autos, und wenn man zwei Autos hat, entstehen entsprechende Kosten. Zunächst entstehen Kosten für die Anschaffung. Ein Großteil der Kosten für einen Pkw sind Fixkosten: Kosten für das Pickerl, für die Autobahnvignette und für allfällige diverse Reparaturen. Die Treibstoffpreise schlagen sich auch zu Buche, wenn auch sicherlich nicht im gleichen Ausmaß.
Diejenigen bei uns, die sich einen Pkw sparen könnten, wenn sie die Möglichkeit hätten, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zur Arbeit zu gelangen, hätten einen großen Vorteil, denn das würde sehr viel billiger kommen. Das ist aber nicht der Fall, weil – wie gesagt – die Hälfte der Bevölkerung abseits einer Schnellbahnstrecke und weit entfernt von einem öffentlichen Verkehrsmittel wohnt.
Ich möchte Ihnen vorrechnen, was diese Erhöhung der Pendlerpauschale jetzt für eine Pendlerin aus unserem Bezirk bringt, die an der Schnellbahn wohnt und mit dem öffentlichen Verkehrsmittel Schnellbahn von Stockerau nach Wien Mitte fährt: Es sind dies 20 Kilometer, sie erhält die kleine Pendlerpauschale. Das durchschnittliche Einkommen im Bezirk beträgt 29 000 €, sprich: 33 Prozent Einkommensteuer. Die Erhöhung der Pendlerpauschale macht 45 € pro Jahr aus, 33 Prozent davon sind 15 €, dividiert durch zwölf ergibt das ungefähr 1 € pro Monat. Jetzt fragen Sie einmal eine Pendlerin, ob es ihr diesen Euro wert wäre, wenn sie dafür im Zug einen Sitzplatz bekäme, wenn sie in einem Wiesel fahren könnte, in dem es nicht so rüttelt und in dem man auch sitzen kann, wenn es auch ein Wartehäuschen gäbe, wo sie im Winter nicht friert, und wenn sie vielleicht auf dem Bahnhof, der modern und schön eingerichtet ist, auch einkaufen könnte.
Ich war vor kurzem in der Schweiz, und da habe ich mir auch das Verkehrssystem und die Bahnhöfe angeschaut und festgestellt: Das ist einfach unvergleichbar! Die Ticket-Preise sind bei weitem höher als bei uns, trotzdem gibt es dort einen Modal Split von 50 zu 50, bei uns beträgt er 80 zu 20.
Zweite Variante: Eine Pendlerin aus unserem Bezirk, die keine Schnellbahnanbindung hat und zirka zehn Kilometer zu ihrem Arbeitsort unterwegs ist, bekommt eine große
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Pendlerpauschale für den Pkw und somit 27 € pro Jahr mehr Pendlerpauschale. 33 Prozent davon dividiert durch zwölf ergeben nicht einmal 1 €! – Fragen Sie einmal diese Pendlerin, ob sie Interesse hätte, auf diese Pauschale von nicht einmal einem Euro pro Monat zu verzichten, wenn sie dafür einen Bus vor die Nase gesetzt bekäme, mit dem sie täglich zur Arbeit fahren und sich somit einen eigenen beziehungsweise den zweiten Pkw ersparen könnte!
Die Erhöhung der Pendlerpauschale, die jetzt hier vorliegt, ist ein Tropfen auf dem heißen Stein beziehungsweise eigentlich nicht einmal das. Es kann mir nämlich niemand erzählen, dass die Beträge, von denen wir hier reden, die Mehraufwendungen, welche die PendlerInnen derzeit haben, in irgendeiner Form auch nur annähernd abdecken! Viel sinnvoller wäre es daher meiner Meinung nach, wenn man den PendlerInnen anbieten würde, günstiger und auch umweltfreundlicher zu ihrer Arbeitsstätte zu kommen, indem man im Bereich der Öffis etwas unternimmt und wirklich Angebote für die Bevölkerung bringt.
Ein weiterer Punkt, der mich bei der Pendlerpauschale übrigens auch noch sehr stört, ist, dass das Ganze sozial unausgewogen ist. Denn in Wirklichkeit zahlen ja alle Pendler gleich viel, zumindest diejenigen, die öffentliche Verkehrsmittel benützen. Es besteht vielleicht ein Unterschied, ob man mit einem Mercedes oder mit einem Daihatsu fährt, aber im öffentlichen Verkehrsmittel zahlt jeder Pendler gleich viel. Bei der Pendlerpauschale ist es aber so, dass diejenigen, die ein niedrigeres Einkommen haben, auch weniger Einkommensteuer zahlen und daher weniger Benefit von der Pendlerpauschale haben.
Ich habe mir in den letzten Wochen auch die
Medienberichterstattung zu dieser Erhöhung der Pendlerpauschale angeschaut. Da
wird großartig geschrieben: Die Bundesregierung reagiert auf die Erhöhung der
Treibstoffpreise mit einer Erhöhung der Pendlerpauschale und des
Kilometergeldes. – Wir hätten halt gerne, dass die Bundesregierung nicht nur
reagiert, sondern agiert, aktiv etwas für die PendlerInnen tut und bessere
Angebote für die PendlerInnen macht. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten
der SPÖ.)
Ich habe lange überlegt, ob es politisch gesehen klug ist, einem solchen Zuckerl wie dieser Erhöhung der Pendlerpauschale nicht die Zustimmung zu geben, aber letztendlich ist dieses Zuckerl eben eine Augenauswischerei: Nicht einmal 1 € pro Monat! Wenn man sich dagegen die Mehreinnahmen anschaut, die jetzt auf Grund der Treibstoffpreiserhöhungen auf den Finanzminister zukommen, dann würde ich sagen: Das ist einfach kein Vergleich! (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Na sicherlich gibt es Mehreinnahmen, weil die Treibstoffpreise gestiegen sind und dadurch auch die Umsatzsteuer! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Ich rede von der Umsatzsteuer, und die Einnahmen aus der Umsatzsteuer sind auf jeden Fall gestiegen. (Staatssekretär Dr. Finz: Erzählen Sie keine Märchen!) Das ist kein Märchen!
Sie verteilen jetzt 28 Millionen € an Mehreinnahmen. Ich meine: Sie können mir ja vorrechnen, wie Sie die Umsatzsteuer vom Mineralöl jetzt neu berechnen, wenn es keine Mehreinnahmen daraus gegeben hat! Meiner Meinung nach gibt es viel höhere Mehreinnahmen, und meiner Meinung nach wären diese Mehreinnahmen zu 100 Prozent, sprich: eins zu eins, in Strukturverbesserungen zu stecken, um den PendlerInnen eben Öffis zu bieten.
Im Gegensatz dazu macht die Bundesregierung aber etwas ganz anderes: Sie spart die ÖBB kaputt, und sie kümmert sich kaum mehr um den Personenverkehr. Laut dem Statistischen Handbuch des Landes Niederösterreich ist die Verkehrsleistung ÖBB-Schienenverkehr in Niederösterreich im Personenverkehr von 193 Millionen auf
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 100 |
183 Millionen Beförderungen innerhalb von zehn Jahren zurückgegangen. Ich finde, das ist traurig, aber es ist eine Tatsache, und es ist kein Wunder bei dieser Verkehrspolitik der letzten Jahre!
Im Bezirk Korneuburg haben die Grünen ein Konzept erstellt: Wir haben die Kosten für einen Taktverkehr im Bezirk berechnet, der für jede Gemeinde im Bezirk eine öffentliche Anbindung im Stundentakt bietet. Die Kosten würden bei 1 Million € liegen. Die Frage ist nur: Wer bezahlt das? – Es gibt eine Nahverkehrsförderung des Bundes. Die Nahverkehrsförderung des Bundes ist im Vorjahr insgesamt gekürzt worden, und der Herr Staatssekretär Kukacka hat dann auch noch beiläufig gemeint: Nachdem es so viele neue Projekte gibt und alles so gut läuft, ist jetzt für jedes einzelne Projekt leider nicht mehr so viel da! Und der Minister reagiert nun damit, dass die Zuschüsse des Ministeriums für diese Verkehrsprojekte von 50 Prozent auf 33 Prozent gekürzt werden.
Meiner Meinung nach ist der öffentliche Verkehr doch die Aufgabe des Bundes, und es kann nicht sein, dass die Gemeinden oder irgendwelche anderen Gruppierungen sich diesen Taktverkehr selbst finanzieren müssen. Das ist an und für sich eine öffentliche Aufgabe, und die Mehreinnahmen aus der Mineralöl- und der Umsatzsteuer, die es laut Ihrer Meinung nicht gibt – aber vielleicht können Sie mir noch vorrechnen, dass es diese nicht gibt (Staatssekretär Dr. Finz: Gern!), das würde ich gerne sehen! –, müssten eins zu eins in diese Projekte gehen, anstatt diese zu kürzen.
Es gibt viele solche Projekte, denn nicht nur in Korneuburg machen sich die Bewohnerinnen und Bewohner Sorgen um den öffentlichen Nahverkehr. Projekte gibt es genug, und es wäre nötig, nachhaltige Verkehrspolitik für die Pendlerinnen und Pendler zu machen und diese Projekte zu unterstützen, anstatt hier sozusagen ein Zuckerl von nicht einmal 1 € pro Monat in Form einer Erhöhung der Pendlerpauschale zu beschließen!
Letztendlich werden die Treibstoffpreise sicherlich weiter steigen. Vielleicht können Sie mir auch vorrechnen, dass das nicht so sein wird, vielleicht können Sie auch die Leute in China überzeugen, dass sie künftig weniger Treibstoff brauchen sollen. Ich glaube aber, dass wir die Wette abschließen können, und vielleicht können wir in einem Jahr darüber reden, ob ich Recht gehabt habe. Meiner Meinung nach werden die Preise weiter steigen, und meiner Meinung nach ist diese Art der Pendlerpauschale und des Zuschusses ein Fass ohne Boden, wenn man an der Struktur nichts ändert. Eine Änderung der Struktur und die Schaffung von vernünftigen und preisgünstigen Öffis wäre der richtige Weg, und diese Erhöhung der Pendlerpauschale ist ein falscher Weg, den wir so nicht mitgehen werden. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)
14.50
Präsident Peter Mitterer: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Ich darf Sie ans Rednerpult bitten.
14.50
Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren im Bundesrat! Zu dem vorhin beschlossenen Beschäftigungsförderungsgesetz meine ich, dass das die richtige Antwort auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation ist. Auch wenn wir seit Amtsantritt dieser Bundesregierung um 100 000 Beschäftigte mehr haben – den höchsten Beschäftigtenstand seit jeher – und unsere Arbeitslosenrate weit unter jener im EU-Durchschnitt liegt, ist nämlich trotzdem jeder Arbeitslose zuviel. Darüber sind wir uns einig. (Bundesrat Gruber: Es hilft aber nichts, alles nur schönzureden!) Es bringt aber auch nichts, wenn wir alles schlechtreden und alle Projekte, die jetzt laufen, als schlecht darstellen, wenn sie doch sehr viel bringen. (Bundesrat Stadler: Jubeln können wir aber alle nicht!) Jubeln können wir, weil 285 Millionen im erwähnten Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit neu eingesetzt werden, und das speziell für die Jugend und für Frauen,
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und weil es Qualifikationsmaßnahmen für 60 000 Menschen gibt. Dies zeigt, glaube ich, politischen Weitblick für unsere Bürger! Das ist sozial gerechte Politik mit Hausverstand und mit Verantwortung!
Durch die Erhöhung der Pendlerpauschale und des Kilometergeldes erfolgt eine Aufwertung für jene, die es auf sich nehmen, tagtäglich zu pendeln. Flexibilität und Mobilität werden, glaube ich, in Zukunft immer mehr gefragt sein. Ich komme aus einem Bezirk, aus dem sehr viele Arbeitnehmer auspendeln, und die Erhöhung der Pendlerpauschale und das Kilometergeld sind für diese Pendler eine gute Sache. Wenn wir jetzt den Vergleich ... (Bundesrat Stadler: Es kommt auf das Ausmaß an!)
Wenn Sie alles schlechtreden, möchte ich jetzt einen Vergleich zu den Maßnahmen der vorigen Regierung anstellen: Seit 1992 gab es nur eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Wir hingegen haben seit dem Jahr 2000 bereits vier Mal eine Anhebung vorgenommen, zwei Mal um 10 Prozent, durch die Steuerreform 2004/2005 rückwirkend um 15 Prozent und mit dem heutigen Gesetz wieder um 10 Prozent. Das war in den letzten fünf Jahren eine Erhöhung um 45 Prozent beziehungsweise eine Entlastung im Ausmaß von 33 Millionen €. – Ist das nichts?
All das ist natürlich auch die Antwort auf die – wie wir heute schon gehört haben – enorm gestiegenen Treibstoffpreise, aber auch ein Zeichen für den ländlichen Raum, denn der ländliche Raum ist uns einfach etwas wert. (Bundesrat Stadler: Darum habt ihr alles zugesperrt!) Nein! Wir sind für den ländlichen Raum! Wir bekennen uns dazu. (Bundesrat Gruber: Daher wurden 1 000 Postämter zugesperrt!) Wir bringen auch Geld in den ländlichen Raum, das zeigen die erwähnten Maßnahmen!
Es handelt sich dabei nämlich auch um eine Stärkung der Kaufkraft unserer Bürger. Allein bei der Erhöhung der letzten zwei Jahre für Pendler waren das pro Pendler und Jahr bei der großen Pendlerpauschale für zwei Kilometer 57 €, ab 20 Kilometer 229 €, ab 40 Kilometer 441 € und ab 60 Kilometer 563 €. – Dies stellt, wie Sie gehört haben, eine Entlastung unserer Pendler dar, ebenso wie die Erhöhung des Kilometergeldes um zwei Cent auf 38 Cent pro Kilometer.
Abschließend möchte ich sagen: Wir sind
einfach für unsere Pendler, wir sind für die Mobilität unserer Bürger, wir sind
für den ländlichen Raum und für die steuerliche Entlastung, und daher stimmen
wir natürlich diesem Gesetz zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der
Freiheitlichen. –
Zwischenrufe bei der SPÖ.)
14.54
Präsident Peter Mitterer: Die nächste Wortmeldung kommt vom Herrn Bundesrat Kraml. – Ich darf ihm das Wort erteilen.
14.54
Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr viele Gesetze, die diese Regierung in diesem Haus vorlegt, kann man unter das Motto stellen: „Besser als gar nichts!“ (Heiterkeit bei der SPÖ.)
„Besser als gar nichts!“ kann man auch zur Erhöhung der Pendlerpauschale und zur Erhöhung des Kilometergeldes sagen, denn diese 10 Prozent sind einfach bei weitem zu wenig. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Das wissen Sie, Herr Staatssekretär, ganz genau! Auch da hätte es schon mehr geben müssen, als Sie dann gegeben haben! (Bundesrätin Diesner-Wais: Warum haben Sie nicht mehr gegeben, als Sie in der Regierung am Ruder waren?!) Frau Kollegin Diesner-Wais, ist Ihnen entgangen, dass die Treibstoffkostenerhöhung in den neunziger Jahren eine ganz andere, nämlich wesentlich geringer war als jetzt in den letzten paar Jahren? Auch danach richtet sich das Kilometergeld! Diese Erhöhung um zwei Prozent von
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 102 |
36 Cent auf 38 Cent sind jetzt natürlich zu wenig. Es müssten mindestens 42, 43 Cent sein. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) Ich weiß, wie viel das Auto kostet, im Gegensatz zu Ihnen, Herr Staatssekretär! Ich weiß, was das kostet, denn ich zahle es mir selber!
Herr Staatssekretär, wenn Sie mir erklären ... (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz. – Bundesrat Konečny: Herr Staatssekretär! Von der Regierungsbank macht man keine Zwischenrufe! – Staatssekretär Dr. Finz: Ist Ihnen das unangenehm? – Bundesrat Konečny: Sie sind nicht im Kaffeehaus!)
Herr Staatssekretär! Wenn Sie immer wieder erklären, dass Sie keine Mehreinnahmen aus der Mineralölsteuer haben, dann glaube ich Ihnen das schon, denn Sie haben ein Budget zusammenbringen müssen und haben es so hoch angesetzt, dass Sie jetzt glauben, dass das ganz normale Einnahmen sind. Das sind aber keine ganz normalen Einnahmen! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Staatssekretär! Wir hören jetzt vom Rechnungshof, dass Sie mit der Staatsverschuldung wieder dort sind, wo wir Ende der neunziger Jahre waren, und wir müssen in der Zwischenzeit eine ganze Reihe von Belastungen hinnehmen. „Reformen“ haben Sie das genannt, und es ist auch schon angeführt worden, dass Sie den ländlichen Raum ausgedünnt haben: Sie haben die Postämter zugesperrt, Sie haben die Bezirksgerichte zugesperrt, Sie haben die Finanzämter zugesperrt (Staatssekretär Dr. Finz: Wir haben kein einziges Finanzamt zugesperrt!), Sie haben die Gendarmerieposten zugesperrt. All das haben Sie gemacht, und damit haben Sie den ländlichen Raum ausgedünnt! (Bundesrat Gruber: Sie haben ihn ausgehungert!)
Es ist einfach Ihr Problem in der Bundesregierung, dass Sie jetzt kein Geld mehr für die Pendler haben. Kollegin Kerschbaum hat heute schon angeführt, dass der ländliche Raum, was öffentliche Verkehrsmittel anbelangt, einfach unterversorgt ist, worunter die Pendlerinnen und Pendler zu leiden haben. Ich brauche nur meinen eigenen Bezirk, den Bezirk Rohrbach, als Beispiel nehmen: Dort sind über 60 Prozent der arbeitenden Bevölkerung Pendler, die in den Großraum Linz oder auch in den bayrischen Raum auspendeln. Sie alle haben die entsprechenden Kosten zu tragen, weil sie keine Möglichkeit haben, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zum Arbeitsplatz zu kommen.
Meine Damen und Herren! Es geht einfach um die Ungleichgewichtung bei den Belastungen und in der Steuerpolitik: Sie schnallen bei den Kleinen in der Bevölkerung den Gürtel enger und schütten das Füllhorn über die Großen aus! (Bundesrat Höfinger: Das ist doch überhaupt nicht wahr!) Genauso ist es, Herr Kollege! (Bundesrat Höfinger: Das sind doch Floskeln!)
Herr Staatssekretär! Ich glaube schon, dass Sie schön langsam frustriert sind, wenn Sie die Leistungen der Bundesregierung erklären und die Bevölkerung diese einfach nicht bemerkt! Der Herr Bundeskanzler hat – ich glaube, es war voriges Jahr – 2004 bei der Regierungsklausur gesagt: Jetzt kommt die Zeit der Ernte. – Vielleicht hat er den Oktober 2005 gemeint: Jetzt war Zeit der Ernte in der Steiermark, jetzt war Zeit der Ernte im Burgenland, und in gut einer Woche kommt die Zeit der Ernte in Wien. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Höfinger. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wenn diese Erntezeiten vorbei sind, dann können Sie im November das Erntedankfest feiern, meine Damen und Herren! (Beifall und ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Höfinger.) Es ist ja nicht so schlecht, wenn man ab und zu auch parteipolitisch denkt, nicht? Das soll ja keine Sünde sein, das kann ja keine Sünde sein, oder?
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 103 |
Es ist einfach so, dass Sie für die Bevölkerung zu wenig übrig haben, und das ist auch betreffend die Pendler so, und das zeigt sich heute wieder bei diesen Erhöhungen. Wie ich aber schon eingangs gesagt habe, werden wir dem Gesetz unter dem Motto „Besser als gar nichts!“ dennoch unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)
14.59
Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich noch Herr Staatssekretär Dr. Finz. Ich darf ihm das Wort erteilen.
14.59
Staatssekretär
im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr
Präsident! Hohe Bundesrat! Ich möchte ein für allemal – obwohl es
wahrscheinlich weiterhin so behauptet werden wird – mit dem Märchen
aufräumen, dass wir die zweiten Ölprinzen sind und dass wir aus den höheren
Ölpreisen gewinnen. (Bundesrat Konečny: Na, wie ein Prinz schauen Sie wirklich nicht aus!) Wieso gewinnen wir nicht?
Wieso gewinnen wir nicht? – Die
Mineralölsteuer ist eine Mengensteuer. Das ist also von der
abgegebenen Menge abhängig. Jetzt wird auf Grund der höheren Benzinpreise
ungefähr zehn Prozent weniger Mineralöl verkauft. Daher haben wir bei der Mineralölsteuer
Mindereinnahmen, und zwar in der Höhe von ungefähr
100 Millionen €. Jetzt gewinnen wir zwar durch den höheren Preis bei
der Umsatzsteuer etwas mehr, das gebe ich zu, allerdings ist die Menge nicht so
groß wie vorher. Außerdem haben wir Mindereinnahmen bei der Mineralölsteuer.
Und bei der Umsatzsteuer ist es so: Wenn ein Gut teurer wird, dann fehlt mir
das Geld für andere Zwecke. (Bundesrat Konečny: Das haben Sie gerade gesagt! Haben wir zwei Mineralölsteuern?) Es fehlt mir beim Konsum, es fehlt mir beim Urlaub. Wir haben dort
Mindereinnahmen – und daher wieder Mindereinnahmen bei der Umsatzsteuer.
Die Leute werden ja nicht das Sparbuch plündern, damit sie sich das teurere
Benzin leisten können, sondern sie geben einfach insgesamt weniger aus oder in
anderen Bereichen, weil der Benzinpreis gestiegen ist. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)
Nach unserer Berechnung – und die lässt sich auf Grund der monatlichen Steuererfolge klar beweisen – sind wir nicht Gewinner, sondern steigen ungefähr pari aus. Und wir brauchen dieses Geld, weil wir damit die Infrastruktur, die als notwendig erkannt wird, finanzieren.
Zum Kilometergeld. – Wir haben jetzt mit 38 Cent das bei weitem höchste Kilometergeld in Europa, obwohl wir trotz steuerlicher Belastung bei weitem nicht den höchsten Brutto-Benzinpreis oder Brutto-Dieselpreis haben. Trotzdem haben wir das höchste Kilometergeld.
Die Vorgehensweise, von einer Vollkostenrechnung auszugehen, ist eindeutig falsch, denn wenn ich mir für einen privaten Zweck einen PKW leiste, dann muss ich so wie jeder die privaten Kosten natürlich auch selbst tragen. Nehmen wir an, ich fahre im gesamten Jahr 17 000 km, und von diesen 17 000 km sind 5 000 km für den Dienstgeber gefahrene Kilometer, dann habe ich rechtlich nur einen Anspruch darauf, dass mir die durch die 5 000 km entstandenen Mehrkosten abgegolten werden. Das sind im übrigen 5,22 S nach der alten Schilling-Rechnung, also wirklich ein erheblicher Betrag.
Alles andere, also wenn ich darüber hinaus mehr abdecken würde, zum Beispiel 42 Cent, wie es von der sozialdemokratischen Opposition immer verlangt wird, würde bedeuten, dass wir hier Mehreinnahmen hätten, die auch besteuert werden müssten. Es kann also nur der tatsächliche Aufwand wirklich ersetzt werden. Alle unsere Betriebsprüfungen beweisen – und im Finanzministerium haben wir das genau nachgerechnet –, dass wir mit diesen 38 Prozent eine volle Kostendeckung erreichen. (Bundesrat Konečny: Entschuldigen Sie, Herr Staatssekretär: Wovon 38 Prozent?) Bitte
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 104 |
um
Entschuldigung: Cent habe ich gemeint! (Bundesrat Konečny: Okay, dann bin ich wieder zufrieden!)
Eines möchte ich auch noch sagen, weil heute immer wieder betont wurde, es sei zwar der richtige Ansatz, aber es sei zu wenig: Herr Abgeordneter Matznetter hat uns vor ein paar Tagen wieder wegen eines Defizits kritisiert. Die Sozialdemokratie sollte sich einmal einig werden: Sollen wir mehr ausgeben, ein höheres Defizit machen – oder sollen wir sparen und weniger ausgeben? (Bundesrat Konečny: Besser ausgeben, Herr Staatssekretär!) Aber dieser Zickzackkurs ist ja das Markenzeichen der Opposition. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
15.03
Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist offenbar nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit,
falls Kollegin Konrad nicht aufzeigen wollte. (Ruf bei der ÖVP: Die hat
geschlafen! – Bundesrätin Konrad: Ich wollte nicht aufzeigen, Herr
Kollege!) Der Antrag ist angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 28.
September 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines
österreichischen Beitrages zum vom Internationalen Währungsfonds verwalteten
Treuhandfonds für von Naturkatastrophen betroffene Entwicklungsländer mit
Niedrigeinkommen (1072 d.B. und 1100 d.B. sowie 7379/BR d.B.)
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum
7. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter
ist Herr Bundesrat Wiesenegg. Ich bitte ihn um den Bericht.
Berichterstatter
Helmut Wiesenegg: Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Wir haben
heute schon viel über Naturkatastrophen gehört, daher bringe ich nun den
Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
28. September 2005 betreffend
ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zum vom
Internationalen Währungsfonds verwalteten Treuhandfonds für von
Naturkatastrophen betroffene Entwicklungsländer mit Niedrigeinkommen.
Geschätzte Damen und Herren! Dieser Bericht liegt Ihnen allen vor, daher
bedarf es keiner genauen Erläuterung.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am
11. Oktober 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu
erheben.
Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.
Die zum Wort gemeldete Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker ist nicht im Saal, die Wortmeldung verfällt daher.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 105 |
Liegen weitere Wortmeldungen vor? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 28.
September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der
Republik Litauen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der
Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (891 d.B. und 1038 d.B. sowie
7380/BR d.B.)
9. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 28.
September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und
Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (892 d.B. und 1039 d.B.
sowie 7381/BR d.B.)
10. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 28.
September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der
Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (1061 d.B. und
1097 d.B. sowie 7382/BR d.B.)
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 8 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatter zu den Punkten 8 bis 10 ist Herr Bundesrat Schimböck. Ich bitte ihn um die Berichterstattung.
Berichterstatter
Wolfgang Schimböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär!
Ich erstatte den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein
Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen.
Der
Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005
mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu
erheben.
Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Ich möchte den Antrag insoweit ergänzen, dass auch dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilt werden soll.
Ich bitte, gleich die weiteren Berichte anzuschließen.
Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Ich berichte auf Wunsch des Herrn Präsidenten gleich auch zu den Tagesordnungspunkten 9 und 10.
Ich erstatte den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 106 |
und Georgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf
dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.
Weiters
bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates
vom 28. September 2005 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich
und der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf
dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll.
Der
Finanzausschuss stellt mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag – zu Tagesordnungspunkt 9 –, gegen
den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben sowie
dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1
zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Auch
bezüglich Tagesordnungspunkt 10 stelle ich namens des Finanzausschusses
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss
des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben sowie dem vorliegenden Beschluss
des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die
verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.
Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen.
Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.
Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein
Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag
ist angenommen.
Ich lasse nun über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Auch dieser Antrag ist angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien.
Auch dieser Beschluss regelt Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder, sodass er der Zustimmung gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG bedarf.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
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Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Absatz 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die
Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Islamischen Republik Pakistan.
Auch dieser Beschluss unterliegt dem Zustimmungserfordernis gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die
Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist wiederum die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Bericht des Bundesministers für Finanzen
zur Jahresvorschau 2005 des Bundesministeriums für Finanzen auf der Grundlage
des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Kommission sowie des operativen
Jahresprogrammes des Rates (III-275-BR/2005 d.B. sowie 7299/BR d.B.)
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Johann Höfinger. Ich bitte ihn darum.
Berichterstatter Johann Höfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Bericht des Bundesministers für Finanzen zur Jahresvorschau 2005 des Bundesministeriums für Finanzen auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Kommission sowie des operativen Jahresprogrammes des Rates liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum Antrag.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Mai 2005 den Antrag, den Bericht über den Bericht des Bundesministers für Finanzen zur Jahresvorschau 2005 des Bundesministeriums für Finanzen auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogrammes der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.
Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Erster Redner ist Herr Bundesrat Kneifel. Ich erteile ihm das Wort.
15.13
Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Als wir vor wenigen Monaten in diesem Hause über den EU-Verfassungsvertrag debattiert haben, haben wir alle die
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Friedensdividende der Europäischen Union als besonderes Plus auf unserem Kontinent gewürdigt. Ich glaube aber, dass für immer mehr Bürger der Frieden allein als Existenzberechtigung zu wenig ist, denn die meisten Österreicherinnen und Österreicher von heute haben den Krieg nicht mehr miterlebt, und die Tatsache, dass Frieden herrscht, ist für viele schon eine Selbstverständlichkeit. – Gott sei Dank ist das so geworden und hat sich Europa so entwickelt.
Ich glaube, dass sich auch das überraschende Resultat der Abstimmungen, der Referenden in den Ländern Frankreich und Niederlanden darauf zurückführen lässt. In beiden Ländern, aber auch in Luxemburg gehörten die Bürger über 50 Jahre zu den stärksten Verfassungsbefürwortern, während gerade die Jugendlichen bis 25 Jahre mehrheitlich gegen die EU-Verfassung gestimmt haben. Für die älteren Bürger, die teilweise noch der Kriegsgeneration oder der Nachkriegsgeneration angehört haben, ist das Asset des Friedens in Europa noch sehr wichtig und die EU ein unschätzbares Friedensprojekt. Aber die Jugendlichen wollen, dass Europa mehr leistet. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Ich komme schon auf das Programm, aber ich glaube, dass wir auch das Umfeld darstellen sollen, in dem dieses Programm, das die Bundesregierung vorgelegt hat und das ein sehr ambitioniertes Programm ist, wirken soll.
Wir müssen daher einerseits die Wünsche und Sorgen der Jugendlichen ernster nehmen, wir müssen uns aber auch bemühen, den Nutzen eines starken Europas in einer globalisierten Welt noch besser zu vermitteln. Und wenn ich sage „wir“, dann meine ich nicht nur die Vertreter der EU-Institutionen, die Vertreter der Mitgliedstaaten, die Vertreter der Länder, der Regionen, der Gemeinden, sondern ich meine: wir alle, also auch wir selbst als Mandatare; auch die Vertreter der Wirtschaft sind hier eingeschlossen.
Es geht darum, auch anhand dieses Programmes, das die Regierung vorgelegt hat, den Nutzen Europas noch deutlicher darzustellen. Europa schafft ja nicht nur Frieden, sondern es nützt und schützt auf vielerlei andere Weise. Ich glaube, wir sollten uns wieder einmal diesen Nutzen vor Augen führen.
Erstens: Der Beitritt hat zu einer Öffnung der Grenzen geführt, die bis in die achtziger Jahre die Entwicklung gerade im Norden und Osten Österreichs stark behindert haben. Ich komme aus Oberösterreich: Früher war das eine tote Grenze, heute aber ist dort pulsierendes wirtschaftliches Leben, wenn ich an den Bereich der Grenze nach Tschechien und das angrenzende Mühlviertel denke.
Zweitens: Die europäische Perspektive hat einen geradezu unglaublichen Wandel unserer Nachbarländer im Osten von einem kommunistischen Zwangsregime zu einem demokratischen, erfolgreichen und freien System ermöglicht.
Drittens: Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit hat zu einem signifikanten Rückgang der grenzüberschreitenden Kriminalität geführt. Sicherheit ist ein Produkt und ein Vorteil der gesamten europäischen Entwicklung der letzten Jahre.
Viertens: Der Beitritt Österreichs zur EU hat zur Schaffung und zur Sicherung von mehr als 70 000 Arbeitsplätzen geführt. Wir haben das heute ja schon ausführlich dargestellt.
Fünftens: Die Erweiterung im Vorjahr hat sowohl diesen Ländern als auch Österreich ungeahnte wirtschaftliche Perspektiven eröffnet. Im Jahr 2004 betrugen die Importe aus den Beitrittsländern zur Europäischen Union 9,7 Milliarden € und lagen damit um 12,12 Prozent höher als im Jahr 2003. Die Exporte in diese Länder betrugen 11,4 Milliarden €; sie stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 14,4 Prozent. Die Warenhandelsbilanz verzeichnet ein Aktivum von 1,4 Milliarden €. Die anteilsmäßig am stärksten im
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Außenhandel mit Österreich involvierten Beitrittsländer waren die Tschechische Republik, die ich schon genannt habe, und in zweiter Linie auch Ungarn.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das
alles sind unleugbare Vorteile, die ein Land wie Österreich von der
Mitgliedschaft der Europäischen Union hat, und wir sollten diese Fakten auch
noch mehr unter die Leute bringen, gerade zu einem Zeitpunkt, wo wir sehr
ambitionierte Programme für die Zukunft und die zukünftige Entwicklung der Europäischen Union am
Vorabend der Präsidentschaft Österreichs in Europa vorlegen.
Zweiter
Punkt: Wir sollten auch nicht versprechen, was Europa nicht halten kann. Ich
glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Es ist an der Zeit, auch deutlich
zu machen, dass Europa nicht alles kann, und das ist auch völlig in Ordnung. Im Sinne der Subsidiarität
sollte sich jede politische Ebene auf das konzentrieren, was sie am besten
kann, aber dort auch wirklich etwas weiterbringen.
Was meine ich damit? – Europa wird immer wieder beschuldigt, dass es nicht genug gegen die Arbeitslosigkeit oder für die Sicherung der Sozialsysteme unternimmt. Wir haben heute eine ähnliche Debatte schon geführt. Die Europäische Union trägt zwar durch die Existenz des Binnenmarktes viel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft bei, aber die Arbeitsmarktpolitik ist nach wie vor Sache der Nationalstaaten. Dazu haben sich alle Entscheidungsträger bekannt, und das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Arbeitsmarktpolitik ist nicht ein Kerngeschäft der EU.
Auch in die Sozialgesetzgebung kann sich die Europäische Union nicht einmischen, weil es eben unterschiedliche Traditionen und Entwicklungsetappen des Sozialwesens in Europa gibt. Die Politik hat die Aufgabe, hier nicht mit demagogischen Forderungen hausieren zu gehen, und die Medien haben die schwierige, aber – meiner Meinung nach – wichtige Aufgabe, diesen Umstand noch deutlicher zu machen und auch differenzierter über diese unterschiedlichen Kompetenzen zu berichten. Das wäre eine wichtige Aufgabe.
Drittens glaube ich, dass wir uns auf die aktuelle gemeinsame Herausforderung konzentrieren sollen und auch darüber informieren sollen, wie zum Beispiel über dieses von der Regierung vorgelegte Arbeitsprogramm im Bereich der finanziellen Entwicklung und des Lissabon-Prozesses und anderer Bereiche, die in diesem Papier genannt sind.
Europa hat schon viel bewirkt und viele Erfolge erreicht. Europa darf sich aber auf diesen Lorbeeren sicherlich nicht ausruhen, denn es gibt noch sehr viel zu tun. Wir müssen weiterhin daran arbeiten, den Standort Europa zu verbessern, ihn auch durch die Schaffung von Arbeitsplätzen zu verbessern. Dazu sind vor allem gemeinsame Anstrengungen im Bereich der Forschung notwendig – Stichwort: Lissabon-Prozess, der auch einen starken Bereich dieses ambitionierten Programms der Regierung einnimmt.
Europa hat so große Kapazitäten! Das wird
vor allem daran klar, wie viele europäische Wissenschafter zum Beispiel in
Amerika tätig sind. Ich lese mir das immer in den Medien genau durch: Wie viele
Österreicher sind auf anderen Kontinenten tätig? Es stimmt mich immer etwas
traurig, dass sie nicht bei uns sind und bei uns forschen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker:
Ja, weil die Bedingungen bei uns so schlecht sind!)
Wir müssen uns noch viel mehr als in der Vergangenheit darum bemühen, den Forschern durch gemeinsame Forschungsprojekte in Europa bessere Bedingungen zu bieten. Die Flugzeugtechnologie etwa ist ein Beweis dafür, wie Europa durch Zusammenarbeit eine Spitzenposition erreichen kann. Ich bin davon überzeugt, dass dies auch in anderen Forschungsbereichen möglich wäre. Ein Beispiel ist das Unternehmen FACC bei uns in Oberösterreich, das Lieferant für dieses große europäische Projekt
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 110 |
ist. Also wir haben einen Nutzen einer gezielten Forschungsinitiative in diesem Bereich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktuelle Herausforderungen gibt es natürlich auch im Bereich der Sicherheit, wie die Anschläge in den europäischen Hauptstädten London und Madrid deutlich gezeigt haben. Österreich ist gemeinsam mit 14 anderen Ländern mit dem Schengen-Vertrag ein Vorreiter im Bereich der inneren Sicherheit, und ich hoffe, dass sich andere Länder diesem Beispiel noch anschließen werden.
Darüber hinaus gibt es aber auch große Aufgaben in der Welt. Hier ist die größte Herausforderung die Bekämpfung der wachsenden Perspektivenlosigkeit in einigen Ländern. Europa ist heute schon führend in der globalen Entwicklungszusammenarbeit, mehr als die Hälfte der weltweiten Entwicklungszusammenarbeitsgelder kommen aus der Europäischen Union – auch aus unseren finanziellen Mitteln, die wir dort einspeisen.
In den nächsten Jahren werden wir unseren Beitrag noch weiter erhöhen. Auch Österreich wird bis 2010 den Budgetanteil seiner Entwicklungshilfe auf 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens erhöhen. Das ist ein Erfolg, von dem die Bürger auch wissen sollen, und unsere Aufgabe ist es, das hin und wieder auch bekannt zu machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als Entscheidungsträger sollten gemeinsam mit der Bevölkerung diese Möglichkeiten noch deutlicher gestalten und die Visionen der großen europäischen Vordenker und Staatslenker nach und nach mit Leben erfüllen.
Wir blicken heute auf große politische Errungenschaften zurück, die alle nur realisiert werden konnten, weil es in Europa den gemeinsamen politischen Willen, die Hartnäckigkeit und den Optimismus zum Gestalten gegeben hat. Rückschläge wie in der jetzigen Phase der europäischen Entwicklung – das sei auch am Vorabend der österreichischen europäischen Präsidentschaft gesagt – hat es immer wieder gegeben, aber die Zähigkeit und die Fähigkeit, die Themen anzupacken, führten schließlich immer wieder zum Erfolg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin deshalb überzeugt, dass die nächsten Monate während der österreichischen Vorsitzführung für Europa neue Kräfte freisetzen werden, dass die Phase des Nachdenkens und des Vordenkens gemeinsam mit den Bürgern Europas wichtig, notwendig und gut investiert ist – im Sinne einer ehrlichen und fairen Partnerschaft für ein Miteinander in einem gemeinsamen Europa, für das ein sehr konkretes und gutes Programm der Regierung vorgelegt wurde. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)
15.25
Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Professor Konecny. Ich erteile ihm das Wort.
15.25
Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Kneifel für nahezu alles, was er gesagt hat, dankbar, weil natürlich eine Debatte dieser Art immer auch eine Auseinandersetzung mit dem Zustand des europäischen Projektes beinhalten muss. Und es ist keine Frage, dass sich die EU hier gewissermaßen in der Defensive befindet. Zu viel ist in den letzten Monaten und dem letzten Jahr schief gegangen – um es einmal so zu formulieren –, zu wenig ist man weitergekommen, und natürlich stellt der faktische Stillstand im Verfassungsprozess den gewichtigsten Faktor dar. Er hat zugleich gezeigt, dass die Europäische Union ihre Legitimation gegenüber dem europäischen Bürger
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 111 |
neu gewinnen muss. Da und in all dem, was er dazu gesagt hat, gebe ich dem Kollegen Kneifel vollinhaltlich Recht.
Die EU muss Antworten auf jene Fragen finden, die sich die Menschen heute stellen – und nicht auf ihre historischen Verdienste verweisen. Die EU ist immer noch ein großes Friedensprojekt, aber die nationalstaatliche Kriegsführung in Europa, so verhängnisvoll sie für diesen Kontinent war, liegt halt wirklich geschichtlich weit zurück und gehört nicht zu den Dingen, vor denen sich die Menschen heute fürchten.
Ich will es aber bei dem nicht bewenden lassen, sondern sehr wohl sowohl auf das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und das Jahresprogramm des Rates – ganz kurz – als auch auf die Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen eingehen. Und ich sage dazu, dass ich das unter anderem deshalb tue, weil genau dort jene Punkte liegen, wo die Europäische Union nicht die richtigen Antworten findet, die die Menschen von der EU erwarten.
Wer sich ansieht, wie jene Stimmen formuliert haben, die das Nein in Holland und in Frankreich befürwortet haben, wer sich die Umfragen anschaut, die nachher gemacht wurden, der wird genau das finden: dass das anspruchsvolle Programm, das sich die EU in Lissabon gegeben hat – Kollege Kneifel hat darauf zu Recht verwiesen –, in der Praxis der Kommission nicht jenes integrierte Programm ist, das Investitionen, Förderung von Wissenschaft und Forschung, Ausbau der europäischen Infrastruktur, Erhöhung der Produktivität in Europa, aber eben auch die soziale Dimension, die soziale Sicherheit für die Menschen in Europa in den Mittelpunkt stellt. Denn es ist klar, die Sozialpolitik, die ist schon Sache der Mitgliedsstaaten, nur: Den Rahmen für die Sozialpolitik der EU-Mitgliedstaaten steckt die Kommission mit ab. Wir werden heute bei der Debatte über die Dienstleistungsrichtlinie auf diesen Gesichtspunkt noch mit eingehen müssen.
Wir sind der Meinung, dass die gegenwärtige Kommission nicht nur – das kommt hier sehr klar zum Ausdruck – in ihrem Programm sehr, sehr wenig ambitioniert ist. Lissabon hat sehr viel mehr als Horizont angeboten, als jetzt hier nachkommt. Die notwendigen EU-weiten Anstrengungen für mehr Wachstum und damit für mehr Beschäftigung, für die Finanzierung der Transeuropäischen Netze, für die Erreichung der Lissabon-Ziele insgesamt werden nicht durch die notwendigen konkreten und effizienten Maßnahmen angepeilt. Das fehlt in diesem Arbeitsprogramm! Die vagen Absichtserklärungen, die wir darin finden, werden nicht dazu beitragen, die Situation zu verbessern.
Wir finden keine Maßnahmen, die dazu beitragen könnten, das schädliche Steuerdumping zwischen den Mitgliedstaaten in den Griff zu bekommen, was ein ganz zentrales Anliegen wäre. – Das ist die eine Seite. Die Europäische Kommission wird hier der Größe der Aufgabe nicht gerecht.
Und wir finden, dass die österreichische Stellungnahme, die Jahresvorschau, diese Kritik bedauerlicherweise nicht zum Ausdruck bringt, dass sie diese geringen Ambitionen des europäischen Programms in Wirklichkeit nicht nur hinnimmt, sondern gutheißt. Und es fehlt uns jeder Hinweis darauf, dass in der künftigen oder in der zu formulierenden Haltung Österreichs zur finanziellen Vorausschau 2007 das klare Bekenntnis zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, Transeuropäische Netze zum Ausdruck kommen würde – auch wenn das, und ich bekenne mich dazu, zu Lasten jener Mittel der Agrarförderung, die den großen Agroindustrien zukommt, gehen müsste. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Vertreter der immer noch sehr kleinteiligen österreichischen Landwirtschaft irgendeinen Grund haben, diese Stoßrichtung nicht zu teilen, denn ihnen wird es mit Sicherheit nicht an den Kragen gehen.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 112 |
Es mag Sie überraschen, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten trotzdem diesem Punkt zustimmen werden. Ich gebe zu, wir haben lange gezögert, aber wir haben gemeint, dass es bei diesem neuen Mittel oder dieser neuen Grundlage der politischen Debatte zunächst einmal darum geht, an ihm uns zu erproben. Wir haben ja schon einige dieser Jahresvorschauen von Bundesministerien behandelt – es werden noch weitere nachkommen –, und wenn wir den Eindruck haben, dass man sich, auch mit Konsequenzen und mit Folgerungen, die wir nicht teilen, in dem betreffenden Ministerium mit dem Thema auseinander gesetzt hat, dann sollten wir das als Informationsgrundlage zur Kenntnis nehmen – nicht weniger, aber bei weitem auch nicht mehr. Ihrem Inhalt nach hätten wir uns eine ganz andere Jahresvorschau gewünscht, aber die Aufgabe, die zu erfüllen war, Herr Staatssekretär, hat das Ministerium erfüllt, und das nehmen wir so zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)
15.33
Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker das Wort. – Bitte.
15.33
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Staatssekretäre! Die EU hat vor einiger Zeit eine schmerzliche gemeinsame Erfahrung gemacht, nämlich die negative Bewertung des Verfassungsentwurfes durch einige Länder, wobei das mit Sicherheit nicht als ein Nein zu Europa zu werten war, sondern als klares Nein für die Regierungen, die de facto keine Antworten auf die Fragen der Globalisierung finden. Dieses Nein ist mit Sicherheit eine Frage der Armut, der Verteilung und auch der Arbeitslosenzahlen.
Nun ist diese Lissabon-Strategie eine sicher höchst ambitionierte, wenn man sich zum Ziel setzt, „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen“, einem Wirtschaftsraum, „der fähig ist, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“. – Das heißt, diese Strategie hätte de facto drei Säulen, nämlich einerseits natürlich die Wirtschaft, andererseits Soziales und drittens die Umwelt.
Zunächst zur Wirtschaft. Wir werden heute noch auf ein Thema zu sprechen kommen, nämlich auf die Dienstleistungsrichtlinie, wo es einerseits um die Frage geht: Wo geht denn die Entwicklung in den Bereichen Soziales, Löhne, Verbraucherschutz, Umwelt und so weiter hin?, und andererseits um eine Bevölkerung, die damit konfrontiert ist, dass es in zunehmendem Ausmaß Arbeitslosigkeit gibt. Auch wenn, wie heute schon gesagt wurde, Österreich in einer eher privilegierteren Situation ist und die Arbeitslosigkeit bei uns nicht so extrem hoch ist wie in anderen Ländern, stellt diese trotzdem ein enormes Problem dar, auch was die gesellschaftliche Teilhabe der Bevölkerung betrifft, aber natürlich auch in Bezug auf die Kaufkraft und die weitere Entwicklung.
Im sozialen Bereich ist die Situation sehr ähnlich und ebenfalls schwierig, denn die Verteilungsfrage wird sich verschärfen, und das jetzt nicht nur global betrachtet und nicht nur auf Entwicklungsländer bezogen, sondern sehr wohl in Europa, und auch Österreich muss da angesprochen werden. Immerhin hat in den letzten zwanzig Jahren die Lohnquote abgenommen, was doch auch ein entsprechendes Signal ist.
Wenn es darum geht, Europa ökologisch zu gestalten, so gibt es einiges, was in diesem Bericht ausständig ist, was aber eine große Herausforderung an ein ökologisches, soziales und nachhaltiges Europa darstellt. Das steht unserer Meinung nach zu wenig im Mittelpunkt, zu wenig im Vordergrund, wenn es auch die richtigen Anregungen oder Ansätze gibt: eben die Stärkung des Arbeitsmarktes, die Forcierung von Forschung und Entwicklung, die Forcierung von Innovation.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 113 |
Auch wenn, wie Kollege Kneifel gesagt hat, die Arbeitsmarktpolitik kein europäisches Thema ist, sondern ein nationalstaatliches, so ist es doch die europäische Ebene, die die Kriterien definiert. Es gibt den Stabilitätspakt, an den sich die an der Europäischen Union teilnehmenden Länder zu halten haben. Aber genau dieser Stabilitätspakt reduziert auch die Handlungsspielräume der Nationen. Das ist Faktum, und mit den negativen Auswirkungen haben wir alle zu kämpfen. Und daher geht es sehr wohl auch darum, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu modifizieren und neben diesem strikten Kriterium auch andere Kriterien mit einfließen zu lassen. Ansonsten wird es schwierig sein, die Binnennachfrage anzukurbeln, die Kaufkraft zu stärken, aber genauso die Mittel für Bildung, Infrastruktur, Forschung und so weiter zu haben. Das sind alles Bereiche, die de facto unterbewertet sind.
Und wenn, wie du, Kollege Kneifel, gesagt hast, die Wissenschafter nach Amerika gehen, dann hat das einen Grund – du kannst ihn bei Kollegen und Kolleginnen an unserer Johannes-Kepler-Universität erfragen –: Die Bedingungen sind zunehmend schwierig geworden, nicht zuletzt in den letzten fünf Jahren, und sie sind schlechter geworden. (Bundesrat Kneifel: Manche kommen schon wieder zurück!) Dann können wir nur hoffen, dass sie auch bleiben. (Bundesrat Dr. Kühnel: Sie sind schon da!)
In diesem Sinne: Es fehlt einiges. Es ist ein weiterer Schritt. Aber für ein ökologisches, ein soziales, ein ökonomisch nachhaltiges Europa werden wir Grüne den Bericht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Grünen.)
15.39
Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Dr. Finz.
15.39
Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich verstehe die Kritik von Frau Bundesrätin Lichtenecker nicht ganz. Sie hat gemeint, der Stabilitätspakt sei zu eng. – Aber gerade diesbezüglich ist es doch jetzt zu einer Neuerung gekommen!
Was sieht der Stabilitätspakt in seiner neuen Form vor? – Er sieht eine verstärkte symmetrische Anwendung der Fiskalregeln vor. Das heißt, in guten Jahren soll man mehr für den Haushalt machen, damit man mehr Mittel für die schlechten Jahre zur Verfügung hat. Und jetzt sieht der Stabilitätspakt für die schlechten Jahre vor, dass nicht mehr starr die 3-Prozent-Regel gilt, sondern es können gewisse Ausnahmen für einen längeren Zeitraum zur Konsolidierung eingeräumt werden.
Und wenn diese 3 Prozent überschritten werden, dann wird untersucht: Für welche Zwecke werden diese höheren Ausgaben verwendet? Sind diese Mittel zum Beispiel für Investitionen in Bildung und Forschung, sind sie für eine Pensionsreform vorgesehen, dann wird das für einen längeren Zeitraum angewendet. Also genau das, was Sie jetzt fordern, sieht der neue Stabilitätspakt vor.
Nur eines muss auch sicher sein: Wenn ich einen Binnenmarkt mit einer gemeinsamen Währung habe, so muss es eine gleich laufende, koordinierte Finanzpolitik geben, denn es kann nicht sein, dass sich ein Land – ich möchte jetzt keines nennen, aber ich schaue in den Süden – um Budgetdefizite überhaupt nicht kümmert, seinen Finanzen einfach freien Lauf lässt und die anderen das dann einsparen müssen, weil die Gesamtbewertung bei der Aufnahme von Finanzschulden immer vom schwächsten Glied abhängig ist. Wir müssen dann für aufgenommene Kredite höhere Zinsen zahlen, weil sich ein Land überhaupt nicht an die Defizitregeln hält.
Also zu glauben, dass man sich in der Europäischen Union nicht an Finanzregeln halten muss, das geht nicht. Was jetzt vorgesehen ist, sind flexiblere Regelungen, und wir werden in unserer Präsidentschaft zum ersten Mal die Möglichkeit haben, das auch
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 114 |
wirklich zu kontrollieren und zu sehen, ob diese neuen Regeln auch wirklich funktionieren. Also in dem Sinne halte ich das für gut.
Herr Professor Konečny! Wir haben zwar nicht hineingeschrieben, dass wir mehr für Bildung, Forschung und Infrastruktur wollen, aber wir vertreten schon die gesamte Zeit im ECOFIN, in dem Rat der Finanzminister, die Auffassung, dass selbst bei Einhaltung einer Grenze von 1 Prozent des europäischen Bruttosozialproduktes eine Umschichtung der Ausgaben möglich ist und mehr für derartige Projekte, Forschungsprojekte, Interreg-Projekte, TEN-Projekte und dergleichen mehr ausgegeben werden kann. Das wäre nämlich dann möglich, wenn nach unseren Vorschlägen alle alten Mitgliedsländer, die Nettoempfänger sind, ihre Rolle als Nettoempfänger aufgeben würden – das betrifft insbesondere Großbritannien mit seinem Britenrabatt – und diese Mittel für die neuen Mitgliedsländer zur Verfügung stellen würden. Dann wären diese Mittel frei, und man braucht nicht im Bereich der Landwirtschaft irgendetwas wegzunehmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
15.43
Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 28.
September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967
(26. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert
werden (1000 d.B. und 1102 d.B. sowie 7383/BR d.B.)
13. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 28.
September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz
geändert wird (GGBG-Novelle 2005) (1060 d.B. und 1106 d.B. sowie 7384/BR
d.B.)
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 12 und 13, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Fröhlich. Ich bitte sie um die Berichte.
Berichterstatterin
Christine Fröhlich: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der
Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss
des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (26.
KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert
werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.
Der Ausschuss für
Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am
11. Oktober 2005 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 115 |
Auch der Bericht
über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das
Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form
vor.
Der Ausschuss für
Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am
11. Oktober 2005 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Erster Redner ist Herr Bundesrat Gruber. Ich erteile ihm das Wort.
15.45
Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Erhöhung der Sicherheit aller Teilnehmer am Straßenverkehr ist und muss ein vorrangiges Ziel unserer Verkehrspolitik sein und natürlich auch bleiben. Wenn man bedenkt, dass in Österreich jährlich zirka 800 und in ganz Europa zirka 62 000 Menschen bei Verkehrsunfällen ihr Leben verlieren: Es ist jeder Einzelne zu viel, und für die Verantwortlichen besteht entsprechender Handlungsbedarf.
Sehen und gesehen werden ist im Straßenverkehr enorm wichtig. Ob Licht auch am Tag tatsächlich einen Schritt in Richtung mehr Verkehrssicherheit bedeutet, wage ich nach Gesprächen mit mehreren Experten und auf Grund eigener Wahrnehmungen zu bezweifeln. Vielmehr sollte das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer geschult werden, auf geänderte Bedingungen rasch zu reagieren. Ich persönlich bezweifle, dass an Tagen mit guter Sicht ein Fahrzeug mit eingeschaltetem Abblendlicht einen wesentlichen Beitrag zur allgemeinen Verkehrssicherheit leistet.
Wir Sozialdemokraten haben aber kein Problem damit, nach zwei Jahren noch einmal über Sinn oder Unsinn dieser Maßnahme zu reden. Angestrebt werden soll unserer Meinung nach eine europäische Lösung, die sich mit dem Problem der Lichtstärke sowie mit den dadurch entstehenden Kosten auseinander setzt.
Diese Kraftfahrgesetz-Novelle beinhaltet noch eine Reihe von Maßnahmen, wie etwa die Schaffung einer Genehmigungsdatenbank, verbesserte Sicherheitsbedingungen bei Sonderfahrzeugen, verbesserte Umweltvorschriften bei Sonderfahrzeugen sowie erhöhte Strafrahmen bei Verletzung der Helmpflicht – Punkte, denen wir ohne weiteres zustimmen können, Punkte, die wir absolut befürworten.
Nicht zustimmen können wir aber einer generellen Anhebung des Gewichtslimits bei Lkws von 38 Tonnen auf 40 Tonnen. Unverständlich für uns Sozialdemokraten auch im Zusammenhang mit Verkehrssicherheit ist die Aufrechterhaltung der bestehenden Zählregel für Schülertransporte in Omnibussen, wonach drei unter 14-jährige Kinder als zwei Erwachsene zählen und unter 6-jährige Kinder überhaupt nicht zählen. Hier spart die Bundesregierung auf Kosten der Sicherheit.
Tatsache ist, dass es durch diese Novelle zum Kraftfahrgesetz keine zusätzliche Sicherheit für Kinder und Schüler gibt, obwohl europaweit bereits ein 1:1-Verhältnis festgelegt wurde.
Keine Berücksichtigung, meine Damen und Herren, im Gesetz fand die Untersuchung von ÖAMTC und ARBÖ, wonach 10 Prozent aller PKWs bei der Erstüberprüfung nach drei Jahren bereits schwere Mängel aufweisen: im Bereich Abgasverhalten und im Bereich Verkehrssicherheit – ein Faktum, das, wenn man die Verkehrssicherheit ernst nimmt, nicht unbeachtet bleiben darf.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 116 |
Ein weiterer Punkt, warum wir Sozialdemokraten dieser Novelle unsere Zustimmung nicht geben, ist Ihre Haltung zu einer längst fälligen Entbürokratisierung und damit verbundenen Kostenersparnis für Motorradzubehör, Motorradzubehör, das in keinem Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit steht. Warum Sie einer Auszeichnung lärmarmer Reifen, die bis zu drei bis vier Dezibel Lärmersparnis bringen, sowie einer gewünschten Initiative, die den Verkehrsminister auffordert, an die Fahrzeugindustrie mit dem Wunsch heranzutreten, Neufahrzeuge mit lärmarmen Reifen auszustatten, nicht zustimmen, ist für uns Sozialdemokraten nicht nachvollziehbar. Daher ein deutliches Nein zu dieser Novelle des Kraftfahrgesetzes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht in dieser Debatte aber auch um den Tagesordnungspunkt 13. Ich finde, es ist fast eine Ironie – oder ist es ein Zufall? –, wenn es beim Tagesordnungspunkt 12 unter anderem um die Erhöhung der Verkehrssicherheit im Straßenverkehr geht und Sie unter Tagesordnungspunkt 13, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, genau das Gegenteil machen.
Es ist unbestritten, dass die Umsetzung von internationalen Vorschriften notwendig ist. Gleichzeitig hat diese Bundesregierung aber eine Reihe von Änderungen in den Gesetzentwurf eingearbeitet, die nationaler Regierungskompetenz unterliegen. Diese Kompetenzen sind in unseren Augen nicht nur problematisch, sondern gefährden in Zukunft die Sicherheit auf unseren Straßen und in deren näherer Umgebung.
Diese Novelle zum Gefahrgutbeförderungsgesetz stellt eine Aufweichung bestehender Sicherheitsstandards dar und ist daher absolut kontraproduktiv. Gleichzeitig ist sie ein Kniefall vor der Frächterlobby. Diese Scheinliberalisierung ist natürlich ganz im Sinne der Frächter. Nachteile, welche die Arbeitnehmer in der Branche durch höhere Haftungen treffen, sind Ihnen, meine Damen und Herren, und dieser Bundesregierung anscheinend egal.
Sie beschließen heute keine ungebührlich langen Transportunterbrechungen bei Kontrollen. Sie beschließen, dass trotz des Vorhandenseins von Mängeln weitergefahren werden darf. Sie stehen für die Einführung eines Strafzettels, das bedeutet eine Herabsetzung der Geldstrafen. Sie stehen dafür, dass der Zulassungsbesitzer straffrei bleibt und die volle Härte des Gesetzes den Lenker trifft. Dieses Gesetz untergräbt nachhaltig bisher geltende Sicherheitsmaßnahmen des österreichischen Gefahrengutrechts. Es werden in Zukunft mehr „rollende Bomben“ in Österreich unterwegs sein. Wenn diese „rollenden Bomben“ in Unfälle verwickelt werden, sind nicht nur viele Verkehrsteilnehmer gefährdet, sondern auch weite Teile unserer Bevölkerung im Bereich des Unfallgeschehens. Dieses Gesetz ist genau das Gegenteil von dem, was wir wollen: Wir wollen sichere Gefahrenguttransporte und keine „rollenden Bomben“. Daher müssen wir auch dieses Gesetz ablehnen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
15.52
Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster kommt Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Bogensperger zu Wort.
15.52
Bundesrat Dipl.-Ing. Heribert Bogensperger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit der 26. Novelle zum Kraftfahrgesetz soll es durch die Einführung einer Genehmigungsdatenbank, in der die fahrzeugspezifischen Daten gespeichert werden, zu einer Erleichterung bei den Direktimporten kommen. Weiters werden auch die Bestimmungen über die Verwendung von Sicherheitsgurten und den Gebrauch von Sturzhelmen in das Kraftfahrgesetz eingebaut.
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Zu der Erweiterung auf die 40 Tonnen hat uns im Ausschuss der zuständige Beamte des Ministeriums schon erklärt, dass es schon mit vielen Ländern Verträge gibt, die es erlauben, dass sie mit 40 Tonnen bei uns durchfahren dürfen.
Zum Thema Fahren mit Licht am Tag. – Wie Sie schon gesagt haben, Herr Kollege Gruber, geht es um die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen. Fahren mit Licht am Tag bringt eine Reduktion der Unfallzahlen und eine Reduktion der Zahl der Unfalltoten auf den Straßen im Ausmaß von bis zu 30 Personen, wie das aus den Expertenhearings hervorgegangen ist. Es gibt überall ein Für und Wider, so auch beim Fahren mit Licht am Tag, aber es war die einstimmige Meinung beziehungsweise belegen alle Studien, dass das Fahren mit Licht am Tag keine Verschlechterung, aber sicher eine Verbesserung bezüglich der Unfallzahlen bringt. Kann man nur einen einzigen Unfalltoten damit vermeiden, so lohnt sich diese Maßnahme bereits; das ist meine Meinung. (Bundesrat Gruber: Es geht ja auch um die Bestrafung!) Daher verstehe ich nicht, warum nicht alle Fraktionen dafür sind.
Außerdem sagt die Statistik, dass bei uns bereits 50 Prozent mit Licht am Tag fahren. Der Mehrverbrauch an Treibstoff durch diese Maßnahme ist sehr gering und daher meiner Meinung nach kein Argument, um diese Novelle abzulehnen. Eine Berechnung sagt, dass 0,1 Liter pro 100 Kilometer mehr verbraucht werden. Das wären bei durchschnittlich 10 000 Kilometern pro Jahr zirka 10 Liter Mehrverbrauch von Treibstoff. (Bundesrat Gruber: Bei einigen Millionen Autos!)
Mit dieser Novelle wird ein erster Schritt bei der so genannten Zählregel, die von Ihnen bereits angesprochen wurde, gesetzt: Bei der Beförderung von Kindern im Gelegenheitsverkehr, zum Beispiel Schulausfahrten, Theater- und Skikursfahrten et cetera, wird von „drei zu zwei“ auf „eins zu eins“ umgestellt.
Im Bereich der täglichen Großbusfahrten von der Schule zum Wohnort ist es derzeit noch nicht möglich, das „eins zu eins“ umzusetzen, da in den Spitzenzeiten – also in der Früh, wenn die Kinder in die Schule geführt werden, das ist ein ziemlich enger Zeitraum, und genauso wieder bei der Nachhausefahrt – derzeit, wie die Berechnungen sagen, zusätzlich 200 Busse benötigt würden. Die Unfallstatistiken sagen aber, dass es bei den Großbussen sehr wenig Unfälle gibt. Anders ist es bei den Kleinbussen; da ist die Unfallhäufigkeit höher.
Weiters wird mit dieser Novelle die Grundlage für eine so genannte duale Führerscheinausbildung geschaffen.
Meine Fraktion wird diesem Gesetzesantrag selbstverständlich zustimmen, da es um die Sicherheit auf unseren Straßen geht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
15.56
Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile ihr das Wort.
15.56
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wir werden diesen beiden Gesetzen nicht zustimmen. Herr Kollege Gruber hat schon einiges vorweggenommen, was die KFG-Novelle betrifft. Wobei: „Licht am Tag“ ist etwas, was ich an und für sich schon sehr positiv sehe, und ich denke, dass da die Vorteile überwiegen. Ich hoffe, dass die Evaluierung dann auch wirklich stattfindet und das Ergebnis „Licht am Tag“ bestärken wird.
Was mich daran hindert, der KFG-Novelle zuzustimmen, ist eindeutig die Regelung für die Schulbusse. Meine Kinder fahren mit Schulbussen. Ich selbst bin auch jahrelang mit Schulbussen gefahren, und ich weiß, wie es da zugeht. 200 Busse mehr – ja, das
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ist eine relative Zahl, aber ich denke, die Sicherheit unserer Kinder sollte das schon wert sein.
Ein weiterer Punkt, den ich noch erwähnen möchte, ist die Erhöhung der Strafrahmen. Seit 50 Jahren sind sie unverändert, und jetzt werden sie angehoben, wobei zu sagen ist: Seit 1958 ist der Verbraucherpreisindex um 506 Prozent gestiegen, das heißt, die Strafrahmen sind jetzt im Wert um ein Viertel geringer gegenüber damals. Ich hoffe, dass sich das zukünftig öfter jemand anschaut und die Strafrahmen angepasst werden, denn diese Strafen sollen ja auch Sinn machen.
Der zweite Punkt: das Gefahrgutbeförderungsgesetz. Ich denke, dass die Sicherheit gerade in diesem Bereich allen von uns wichtig ist. Für uns gibt es einige Punkte, die in der Umsetzung bedenklich erscheint. Das Erste ist die eher moderate Erhöhung der Strafsätze für schwere Vergehen. Dem gegenüber steht eine Senkung der Strafsätze für mittlere und leichte Vergehen: Bei insgesamt 19 Vergehen ist der Strafrahmen gesenkt worden.
Ich bin der Meinung, dass gerade im Transportgewerbe ein derartiger Konkurrenzkampf droht oder bereits stattfindet, dass die Strafen schon ein Ausmaß haben sollten, bei dem man das Gefühl hat: Ja, es zahlt sich aus, sich an die Regeln zu halten. Wenn ich erwischt und bestraft werde, dann kostet mich das mehr, als wenn ich die Regeln nicht einhalte.
Ein weiterer Punkt: Einige Pflichten, die bisher dem Zulassungsbesitzer zugeordnet worden sind, werden künftig dem Beförderer auferlegt. In Zeiten von Scheinselbständigkeit und Frächterskandalen habe ich da schon ein bissel Bedenken, dass da irgendwann einmal doch der Lenker zum Handkuss kommt. Ich denke, der Lenker ist in diesem Fall das schwächste Glied in der Kette. Er kann sich schwer dagegen wehren, wenn ihm sein Chef sagt: Du fährst jetzt 24 Stunden durch und nicht 8 Stunden!
Der letzte Punkt: Je mehr kontrolliert wird, desto effizienter ist das ganze Gesetz. Sicherheitsvorkehrungen werden in erster Linie dann eingehalten werden, wenn regelmäßig kontrolliert wird. Besonders wichtig ist uns das bei den Gefahrenguttransporten.
Es gibt eine AK-Studie, die sich damit beschäftigt, wie die ökonomischen Aspekte und Auswirkungen auf den Wettbewerb ausschauen. Ich zitiere: In der AK-Studie über Transportpreise und Transportkosten zeigt der Autor Max Herry auf, dass ohne illegale Praktiken die Preise im LKW-Verkehr mindestens 50 Prozent höher sein müssten.
Im Straßengütertransport sparen Unternehmen durch die Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Arbeitsrecht und Verkehrsrecht einen wesentlichen Anteil der Kosten. Die Preise müssten entsprechend höher sein, würden die Gesetze zumindest annähernd eingehalten. – Zitatende.
Ich meine, dieser Punkt ist bedenklich.
Ich glaube, das Einzige, das man in dieser Hinsicht machen kann, soll und
muss, sind strenge und scharfe Kontrollen. An den Kontrollen ändert sich durch
diese Gesetzesänderung aber jetzt leider überhaupt nichts. (Beifall bei den
Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)
16.00
Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Weilharter das Wort.
16.00
Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Die Tagesordnungspunkte 12 und 13 zielen, so glaube ich, in Summe darauf ab, die Verkehrssicherheit anzuheben. Beim Tagesordnungspunkt 12 ist das Fahren mit Licht am Tag das Hauptthema. Dabei geht es
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nicht um das Sehen, sondern, wie ich meine, um das Gesehen-Werden. Es ist dies eine Maßnahme, die Schwächsten im Straßenverkehr zu schützen, indem sie ein Gefahrenpotential eventuell viel früher erkennen können.
Beim Tagesordnungspunkt 12 handelt es sich um eine Umsetzung einer europäischen Richtlinie. Hiezu kann man auch bemerken, dass wahrscheinlich eine nationale Regelung effizienter wäre, aber man muss eben auch zur Kenntnis nehmen, dass europäische Normen den nationalen Normen übergeordnet sind.
Werte Damen und Herren! Herr Präsident! Erlauben Sie mir, im Zusammenhang mit diesen Gedanken eine persönlichen Feststellung zu machen und zu meinem persönlichen Empfinden zu kommen. Ich habe gesagt, dass übergeordnete Normen untergeordnete Normen nicht in dem Ausmaß berücksichtigen, wie wir es gerne hätten. Da ich heute das letzte Mal an diesem Rednerpult stehe, gestatten Sie mir dazu eine persönliche Bemerkung.
Es gibt innerhalb der Europäischen Union noch viel zu tun, aber es gilt vor allem, darauf zu achten, dass europäische Richtlinien die nationalstaatlichen Normen und Richtlinien nicht aushebeln.
Bei diesen Gedanken, meine Damen und Herren, komme ich auch zu einer nationalen Frage. Dieselbe Sorge erfüllt mich nämlich, wenn Repräsentanten aus der Politik und aus dem öffentlichen Leben die Abschaffung der Länderkammer fordern. Auch da würde ich um mehr Sensibilität bitten, denn mit der ersatzlosen Abschaffung des Bundesrates würde auch eine der tragenden Säulen unserer Verfassung abgeschafft.
Ich darf daher den Wunsch und die Bitte äußern, Herr Präsident: Meine Damen und Herren! Lassen Sie es dann, wenn der Bundesrat reformiert werden sollte, bitte nicht zu, dass ohne Ihre Mitsprache, dass ohne Ihre Mitgestaltung eine Reform stattfindet, weil eine Reform keine Reform ist, wenn sie lediglich darauf abzielt, die andere Ebene, die andere Instanz abzuschaffen!
Ich sage daher abschließend ein Glückauf dem Bundesrat. Alles Gute der Länderkammer! Es lebe auch weiterhin der Föderalismus als eine der tragenden Säulen unseres Staatsganzen, unserer Republik. Glück auf! Alles Gute! (Anhaltender allgemeiner Beifall. – Vizepräsidentin Haselbach, Bundesrat Konečny und Bundesrat Bieringer schütteln Bundesrat Weilharter die Hand.)
16.04
Vizepräsident Jürgen Weiss: Herr Kollege Weilharter! Der Beifall, die Worte und der Händedruck der Fraktionsvorsitzenden haben gezeigt, dass wir Ihre Mitarbeit hier sehr geschätzt haben. Sie waren auch als Ordner der freiheitlichen Bundesratsfraktion ein verlässlicher Partner in einer guten Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen und dem Präsidium. Dafür sagen wir Ihnen herzlichen Dank. Unsere guten Wünsche begleiten Sie weiterhin. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)
Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.
16.04
Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin schon ein wenig verwundert, dass ich gerade zum Kraftfahrgesetz so viele kritische Worte gehört habe, auch zum Thema Fahren mit Licht am Tag. Ich möchte doch darauf hinweisen, dass im Nationalrat genau dieser Passus einstimmig beschlossen wurde und alle Fraktionen der Meinung waren, dass das eine sinnvolle und notwendige Einführung ist. Ich hoffe doch, dass diese Meinung auch hier vom Bundesrat geteilt wird.
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Ich verweise auch darauf, dass ich mit einigen anderen Punkten, die hier kritisiert worden sind, nicht übereinstimme. Ich glaube, Sie sollten erkennen, dass es doch einen deutlichen Fortschritt gibt, was zum Beispiel erstens das Thema Änderung der Zählregel betrifft. Ja, es ist richtig, sie gilt noch nicht, auch nicht im Linienverkehr bei Großbussen, und zwar diese 1:1-Zählregel. Das ist vollkommen richtig. Aber wir machen einen weiteren Schritt in diese Richtung. Beim Gelegenheitsverkehr, der ja zum Großteil von privaten Unternehmen bedient wird, und vor allem auch bei den Kleinbussen, die im Schülertransport eingesetzt werden, gibt es diese Zählregel schon. Dort haben wir sie schon eingeführt. Nur bei den großen öffentlichen Bussen, zum Beispiel beim Postbus und beim Bahnbus, die in erster Linie für den Schülerverkehr herangezogen werden, gilt diese Regel noch nicht – eben nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für diese Unternehmen.
Das heißt, wir üben hier entsprechende
Nachsicht, wir geben diesen Busunternehmen quasi noch einmal einen gewissen
Zeitraum, sich darauf einzustellen. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir bei
einer der nächsten Novellierungen des KFG auch dieses Thema endgültig so regeln
werden, dass dann auch bei Post- und Bahnbus diese Zählregel entsprechend
umgesetzt und auch für sie eine 1:1-Regelung eingeführt wird. (Bundesrat Stadler:
Dann dürfen Sie den nicht verkaufen! Sonst gibt es keinen Post- und Bahnbus!
Dann ist es zu spät!)
Ich verstehe das nicht. Ich sage Ihnen nur, das geschieht nicht zuletzt aus Rücksicht auf diese Unternehmen, denn sie befinden sich in einem schwierigen Sanierungsprozess. Der Bahnbus wird bedauerlicherweise auch heuer wieder einen sehr hohen Verlust ausweisen. Er kann es sich gar nicht leisten, diese umfangreichen Neuinvestitionen durchzuführen, die eigentlich notwendig wären, wenn man dieses Gesetz entsprechend umsetzt. Es müssten dann mehr Busse zu den Spitzenzeiten, wenn Schüler transportiert werden, eingesetzt werden. Weil sich Bahn- und Postbus in einem Sanierungsprozess befinden – sie haben immer hohe Verluste gemacht; der Bahnbus macht diese hohen Verluste noch heute –, nehmen wir Rücksicht darauf und sagen: Okay, lieber Bahnbus, lieber Postbus, du musst wissen, auch in diesem Bereich hast du Nachholbedarf. Bei der nächsten Novelle des KFG werden wir diesbezüglich keine Rücksicht mehr nehmen können!
Zweitens: Auch das, was Sie zum Gefahrgutbeförderungsgesetz gesagt haben, ist natürlich nicht richtig, denn es wäre falsch, dieses Gesetz heute nicht zu beschließen, weil wir ja in erster Linie internationales Gefahrengutrecht nachvollziehen. Das heißt, es kommt zu einer Anpassung, zu einer Modernisierung und auch zu einer strengeren Auslegung und Umsetzung der Gefahrgutbeförderung. Wir erzielen einen deutlichen Sicherheitsgewinn, wenn wir dieses Gesetz beschließen. Deshalb halte ich diese Kritik, wie sie hier angeführt wurde, für wirklich ungerechtfertigt.
Zum dritten Punkt: Fahren mit Licht am Tag. Ja, meine Damen und Herren, wir wissen, dass die Experten in dieser Frage nicht einig waren. Auch ich persönlich war in all den Jahren immer skeptisch gegenüber dem Fahren mit Licht am Tag. Aber es bringt auch einige gesicherte Vorteile. Licht am Tag wird sicherlich die Situation im Winterhalbjahr verbessern – keine Frage, das ist unbestritten –, wahrscheinlich auch außerhalb von Ortschaften.
Und deshalb sagen wir: im Zweifelsfall für mehr Verkehrssicherheit und deswegen für Fahren mit Licht am Tag. Wir sagen aber gleichzeitig: Wir tun das nicht einfach, ohne uns auch Gedanken darüber zu machen, ob diese Einführung tatsächlich etwas bringt. Wir werden erstens auf europäischer Ebene dafür kämpfen, dass während unserer EU-Präsidentschaft das Tagfahrlicht europaweit eingeführt wird. Der Herr Verkehrsminister und Vizekanzler hat das zu einem Schwerpunktthema der österreichischen Präsidentschaft beim Thema Verkehrssicherheit gemacht. Und darüber hinaus werden wir eine
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zweijährige Evaluierungsphase durchführen, wobei es darum geht, genau zu
überprüfen, welche Auswirkungen nun Licht am Tag hat – ob das Vorteile
bringt oder ob allenfalls etwa einspurige Fahrzeuge dadurch benachteiligt
werden. Das werden wir alles genau evaluieren. Nach zwei Jahren werden wir
einen Bericht vorlegen und dann endgültig entscheiden, welche Konsequenzen wir
daraus ziehen – ob dieses Projekt fortgeführt wird oder ob allenfalls
Ergänzungen notwendig sind. (Bundesrat Gruber: Herr Staatssekretär!
Muss es gleich strafbar sein?)
Alles in allem, glaube ich, ist dieser Tag ein guter Tag für mehr Verkehrssicherheit. Sie sollten sich eigentlich vollinhaltlich dazu bekennen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
16.11
Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.
Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 sowie die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend eine Gefahrgutbeförderungsgesetz-Novelle 2005.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss
keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist wiederum Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist angenommen.
Beschluss
des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend Satzung der
Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion,
Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten
(Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten
(Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der
Internationalen Fernmeldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklärungen und
Vorbehalten (1001 d.B. und 1107 d.B. sowie 7385/BR d.B.)
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 14. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lindinger. – Ich bitte ihn um den Bericht.
Berichterstatter Ewald Lindinger: Geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994) und durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten
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(Minneapolis 1998); Urkunde zur Änderung der Satzung und des Vertrags der Internationalen Fernmeldeunion (Marrakesch 2002) samt Erklärungen und Vorbehalten.
Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme zum Antrag:
Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.
Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und
Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des
Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.
Der Antrag ist angenommen.
Beschluss
des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Unfalluntersuchungsgesetz)
und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schiffahrtsgesetz
und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (681 d.B. und
1108 d.B. sowie 7386/BR d.B.)
Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter ist wieder Herr Bundesrat
Lindinger. Ich bitte ihn um den Bericht. (Vizepräsidentin Haselbach
übernimmt wieder den Vorsitz.)
Berichterstatter Ewald Lindinger: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Unfalluntersuchungsgesetz) und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schiffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden.
Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme zum Antrag:
Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.
16.16
Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Unfalluntersuchungsgesetz regelt die Handhabung bei „Vorfällen“, wie es im Gesetzestext heißt, in den Bereichen Luftfahrt, Schiene, Schifffahrt und Seilbahnen.
Dabei handelt es sich um Unfälle, die Gott sei Dank nicht alltäglich, aber von großer Tragweite sind, häufig auch Situationen betreffen, die einzigartig sind – etwa eine bestimmte Seilbahnkonstruktion oder ein bestimmtes Luftfahrzeug –, wo man also auch
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international gesehen, ganz zu schweigen von Österreich, noch keine ausreichenden Erfahrungswerte hat, welche Lehren man aus solchen Unfällen zur Vermeidung künftiger Unfälle ziehen soll. Daher ist es angesichts dieser Fallzahlen und der damit verbundenen fachlichen Spezialisierung zweckmäßig, eine einheitliche Stelle einzurichten, die diese Unfälle untersucht und die auch die insbesondere in diesem Bereich notwendige Koordinierung mit den Einrichtungen der Europäischen Union und den anderen Mitgliedstaaten wahrnimmt.
Der Gesetzesbeschluss ist also in dieser Hinsicht wohl vollinhaltlich zu unterstützen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es im Begutachtungsverfahren zu wesentlichen Änderungen in einem Bereich gekommen ist, der die Interessen der Länder stark betroffen hätte, und zwar ging es darum, dass ursprünglich auch Straßenverkehrsunfälle von dieser Verkehrssicherheitsbehörde, wie sie damals vorgesehen war, zu untersuchen gewesen wären. Das sind Unfälle, die leider täglich vorkommen, häufig bestimmten Ereignismustern folgen, und wo es geboten ist, rasch an Ort und Stelle zu sein. Da sind in der Regel die dezentral tätigen Organe der Straßenverkehrsbehörde, die Polizei und so weiter zuständig.
Befürchtet wurde wohl zu Recht, dass es durch gleichzeitiges Tätigwerden einer zentralen Verkehrssicherheitsbehörde zu nicht notwendigen, ja sogar sehr hinderlichen Doppelgleisigkeiten gekommen wäre, dass man sich womöglich bei der Untersuchung des Unfalles behindert hätte, weil der eine auf den anderen warten muss und dergleichen mehr.
Man hat diesen Einwänden des Begutachtungsverfahrens Rechnung getragen: Das, was jetzt als Regierungsvorlage und dann auch als Gesetzesbeschluss des Nationalrates auf dem Tisch liegt, trägt den seinerzeit vorgebrachten Einwänden der Länder aus ihrer Vollziehungserfahrung heraus und im Interesse einer praktischen Handhabung Rechnung. Es gibt daher aus meiner Sicht für die Länder überhaupt keinen Grund, diesem Gesetz jetzt noch ablehnend gegenüberzustehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
16.19
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Lueger. – Bitte.
16.20
Bundesrätin Angela Lueger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf – wir haben es ja bereits gehört – soll diese Unfalluntersuchungsstelle als Teil des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie geschaffen werden. Einerseits soll sie dazu dienen, eine entsprechende Richtlinie der EU umzusetzen, andererseits soll die Verkehrssicherheit erhöht werden.
Ausgangspunkt war das Bestreben, speziell die Vorfälle im gesamten Verkehrswesen – und das sind die Bereiche Luftfahrt, Schiene, Wasser und letztendlich auch Straße und Seilbahn, wie schon angesprochen – zu untersuchen. Verkehrsunfälle und schwere Störungen in allen Bereichen des Verkehrsgeschehens stellen, abgesehen vom menschlichen Leid jedes einzelnen Unfalls, eine wichtige Quelle der Erkenntnis für zukünftige und mögliche Verhütung dieser Vorfälle dar. Somit ergibt sich eine eindeutige Verbesserung für die Verkehrssicherheit.
Bei den derzeitigen Auswertungen der Unfalluntersuchungen hat man einerseits immer nur das Ziel der Frage des Verschuldens und der Haftung verfolgt. Mit den Ermittlungen, die diese Behörde jetzt durchführen soll, sollen Untersuchungen zur Erforschung
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 124 |
der Ursachen von Unfällen und Beinahe-Unfällen beziehungsweise von Störungen im Verkehrsgeschehen erfolgen.
Die Unfalluntersuchungsstelle hat daher primär die Aufgabe der Unfallforschung und der Unfallprävention. Genaue technische Untersuchungen sollen die optimale Ursachenerforschung ermöglichen und vergleichbare Vorfälle verhindern. Die Ziele dieser Stelle sind genau definiert: die Sammlung und Auswertung von Informationen, die Erarbeitung von Schlussfolgerungen sowie die Feststellung der Ursachen und letztendlich die Erstellung von Sicherheitsempfehlungen. Diese sollen zusammengefasst einmal jährlich dem Herrn Bundesminister und letztendlich auch dem Nationalrat vorgelegt werden.
Da die zu errichtende Untersuchungsstelle
weisungsfrei ist, bedarf es auch einer Verfassungsbestimmung. Auf Grund der
Abklärung unserer Bedenken, die wir in den Ausschüssen eingebracht haben,
nämlich dass es zu keinen parallelen Erhebungen und Untersuchungen kommt,
werden wir diesem Entwurf zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ
sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)
16.22
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch dies ist nicht der Fall.
Wir kommen daher zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit, der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom
28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein
Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird und mit dem das Mediengesetz,
das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Patentgesetz, das
Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz
1990 und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden (994 d.B. und
1077 d.B. sowie 7387/BR d.B.)
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun kommen wir zum 16. Punkt der Tagesordnung.
Die Berichterstattung hat Herr Professor Dr. Böhm übernommen. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Dr. Peter Böhm: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich erstatte Ihnen den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird und mit dem das Mediengesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Patentgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 125 |
Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Fassung vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstellung.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herzlichen Dank für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.
Ich bitte den ersten Redner, Herrn Bundesrat Kraml, das Wort zu ergreifen.
16.24
Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit „Zahlen statt sitzen“ hat der „Standard“ seinen Bericht über das neue Unternehmensstrafrecht übertitelt. Konkret geht es dabei um das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, das künftig die Strafverfolgung der Unternehmungen regeln soll. Das vorliegende Gesetz betrifft Aktiengesellschaften, GmbHs, Personengesellschaften sowie Verbände und gemeinnützige Vereinigungen.
Eine Katastrophe wie zum Beispiel Kaprun hätte mit dem neuen Gesetz zumindest schon ein bisschen anders abgehandelt werden können. Es ist für die Hinterbliebenen einer solchen Katastrophe nicht einzusehen, wenn man zwar weiß, dass der Heizlüfter der Schuldige war, es aber letztendlich keine Konsequenzen gibt, weil man eben den Heizlüfter nicht verurteilen kann und weil die Gesellschaft als solche nicht greifbar war. Übrig geblieben ist dann eine ganze Reihe von Bediensteten, die aber letztendlich freigesprochen werden mussten. Das war, alles in allem, eine unbefriedigende Situation. Jetzt weiß ich schon, dass solche Verurteilungen grundsätzlich am Unglück nichts mehr ändern können. Aber für das Gerechtigkeitsempfinden jedes Einzelnen wäre dies natürlich besser gewesen.
So gesehen, war also das heimische Strafrecht in einer gewissen Schieflage. Juristische Personen konnten zwar Eigentümer werden, sie konnten Geschäfte abwickeln, sie konnten Gewinne erwirtschaften und vieles andere mehr, aber sie konnten eines nicht: Sie konnten nicht Unrecht tun. Dieses „Privileg“ – unter Anführungszeichen – hatten nur die natürlichen Personen, und diese natürlichen Personen waren sehr oft kleine Mitarbeiter, die dann den Kopf hinhalten mussten. Es ist niemandem dadurch geholfen, dass dann, wenn ein Unternehmen etwas macht und zu verantworten hat, möglicherweise der Geschäftsführer oder ein Angestellter bestraft wird, aber die Gesellschaft selbst den Gewinn davon hat.
Meine Damen und Herren! Nun zu ein paar Kennzahlen, die uns, der Sozialdemokratischen Partei, an dieser Gesetzesvorlage nicht gefallen und die uns daher auch nicht zustimmen lassen. Es geht hier zunächst einmal darum, dass vom Umsatz weggegangen worden ist, hin zum Gewinn. Der Gewinn ist jetzt also die Größenordnung, an der beim Strafrahmen angesetzt wird.
Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, was der Gewinn eines Unternehmens bedeutet. Wir wissen auch, wie der Gewinn eines Unternehmens beeinflussbar ist, und vor allem, dass der Gewinn sehr oft eine gestaltbare Größe ist. Diese Möglichkeiten sollte es meiner Meinung nach nicht geben. Da haben sich auch die Industrie und die Wirtschaft durchgesetzt.
Ein weiterer Punkt ist die Begrenzung des Tagsatzes mit 10 000 €. Das ist eine weitere Verwässerung der ursprünglichen Vorlage. Einem Unternehmen mit einem Milliardenumsatz letztendlich mit einem Tagsatz von 10 000 € zu drohen, das wird keine allzu abschreckende Wirkung haben.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 126 |
Was mir überhaupt fehlt, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, sind die Sanktionen gegenüber den schuldigen Unternehmungen. Es kann doch nicht so sein, dass ich zwar eine Strafe ansetze, vielleicht Geld dafür kassiere, aber sonst nichts mehr tun kann und diese Vereinigung einfach fröhlich weiterwirtschaftet.
Es ist in der Gesetzesvorlage auch nicht geregelt, wohin die Strafgelder fließen. Es ist außerdem nicht geregelt, ob jene Firma, die zu einer Strafe verdonnert worden ist, diese Strafe beim Finanzamt wieder abschreiben kann.
Insgesamt gesehen, meine ich, ist es ein
modernes Unternehmensstrafrecht. Es ist positiv zu sehen. Nur ist es eben so
verwässert, dass wir hier nicht zustimmen können. Es ist eine bescheidene
Lösung, auch wenn man es im Vergleich zu anderen europäischen Ländern
betrachtet. Aus diesem Grund gibt es von uns keine Zustimmung. (Beifall bei
der SPÖ.)
16.29
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Zwazl. – Bitte. (Bundesrätin Zwazl war in ein Gespräch vertieft und erhebt sich rasch von ihrem Sitz.) Langsam, wir warten gerne!
16.30
Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Das kommt vor. Aber es ist ja ganz gut, wenn man miteinander gute und so intensive Gespräche führt, wie wir es jetzt getan haben.
Frau Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Verbandsverantwortlichkeitsgesetz bringt einen Systemwandel im österreichischen Strafrecht. Erstmals können juristische Personen und Personengesellschaften für gerichtlich strafbare Handlungen ihrer Entscheidungsträger und Mitarbeiter mit Geldbußen belegt werden.
Unser Ziel war es dabei, die europarechtlichen Vorgaben sinnvoll und wirtschaftsverträglich in das österreichische System einzufügen. Ich weiß, vielen von Ihnen geht diese Regelung zu wenig weit; Sie meinen, der Strafrahmen sei zu niedrig. Aber gerade wenn es um die Umsetzung von EU-weiten Regelungen geht, müssen wir darauf achten, dass die Inhalte mit den anderen Mitgliedstaaten konform gehen. Jede im Vergleich überschießende Umsetzung bringt uns ja nur Standortnachteile ein.
Ich gehe kurz auf die klare Struktur dieses Gesetzes ein.
Der Begriff des Entscheidungsträgers wurde entsprechend eng gefasst, damit die Zurechnung für das Unternehmen vorhersehbar und kontrollierbar ist. Für die Zurechnung einer Straftat ist es weiters erforderlich, dass die Straftat zugunsten des Verbandes begangen worden ist oder dass durch die Straftat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband selbst treffen. Damit ist sichergestellt, dass nicht jedwede Straftat, die von Mitarbeitern oder Entscheidungsträgern begangen wird, automatisch zu einer Verbandsverantwortlichkeit führt.
Hinsichtlich des Strafrahmens müssen wir beachten, dass es einerseits in unserem Rechtsstaat üblich ist, Höchstgrenzen einzuziehen, und andererseits die Höhe dem europäischen Vergleich standhalten muss. Beabsichtigt war ursprünglich eine Maximalstrafe von 10 Prozent der Umsatzerlöse des Unternehmens. Unser Ziel war es, mit empfindlichen Strafsätzen unsere Unternehmen und ihre Mitarbeiter von Straftaten abzuhalten, aber unser Ziel ist es nicht, Unternehmen mit Strafsätzen direkt in den Konkurs zu führen. Aus diesem Grund wurde für den Tagsatz eine Höchststrafe von 10 000 € eingezogen. Das bedeutet eine Maximalstrafe von 1 Million € für Fahrlässigkeitsdelikte und von 1,8 Millionen € für Vorsatzdelikte. Bei solchen Summen kann man keineswegs davon sprechen, dass dieses Gesetz großen Konzernen entgegenkommt.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 127 |
Zusammenfassend: Dieses Gesetz ist ein notwendiger Schritt und gleichzeitig für uns, für die Wirtschaft, ein akzeptabler Weg. Genau das müssen wir in Einklang bringen, um weiterhin ein interessanter Wirtschaftsstandort zu bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen und der Grünen.)
16.33
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.
16.33
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Auch die Grünen sind für dieses Gesetz, und sie haben sich lange darum bemüht. Früher hat man das anders genannt, früher hat man immer von der Verantwortlichkeit juristischer Personen gesprochen; jetzt heißt es Verbandsverantwortlichkeitsgesetz. Wir haben immer gesagt, das muss kommen, und das hat eine Geschichte. Ich glaube, wir haben uns zehn Jahre lang darum bemüht. Ich glaube auch, es ist auf Druck der Opposition zustande gekommen, dass wir das heute in der Weise regeln. Während andere Länder dies im Verwaltungsstrafbereich abwickeln, haben wir hier eine neue Form, eine zeitgemäße Form, eine Form der Regelung, die einfach in die Zukunft weist.
Ich sage es noch einmal – wer hat es denn schon gesagt?, ich glaube, Kollege Kraml hat es gesagt –, zwei Freisprüche bei Kaprun, oder erinnern Sie sich an Lassing: All diese Dinge werden jetzt endlich mit Verantwortlichkeiten belegt. Aber – und das wissen Sie natürlich, liebe Frau Bundesminister – die Schwachstelle ist Ihr Vorgänger. Als Dr. Böhmdorfer im Amt war und bis er ausgeschieden ist, hat er Widerstand geleistet – und Sie wissen es, liebe Frau Präsidentin – gegen die Höchstgrenze, die hier eingeführt wurde. Diese Höchstgrenze zahlt ein multinationaler Konzern aus der Portokasse; für Ihr Unternehmen, für jedes kleine österreichische Unternehmen, sind 1,8 Millionen € an Höchststrafe ein Wahnsinn. (Bundesrätin Zwazl: Aber auch für ein ...!)
Aber geh! Kommen Sie, Schauen Sie sich doch einmal Bilanzen an! Schauen Sie sich von den internationalen Konzernen die Bilanzen an! (Bundesrat Dr. Kühnel: Wir kennen mehr Bilanzen als Sie!) Sie wissen, dass es zum Teil große Campaignings sind, die da stattfinden und wodurch man solche Verbandsverantwortlichkeitsklagen einbringen kann. Wenn ich berechnen kann, was ich zu bezahlen habe, und dem gegenüberstelle, was ich mit einer Verletzung gewinne, so ist das erstmals berechenbar. Das ist die einzige Schwachstelle.
Aber diese Schwachstelle ist für uns nicht Anlass, diesem Gesetz keine Zustimmung zu geben, sondern wir sind sehr froh, dass wir hier nicht nur einen ersten, sondern einen sehr bedeutenden ersten Schritt gesetzt haben. Man kann ja immer hoffen, und man kann auch hoffen, dass es vielleicht weniger Druck der Wirtschaft und der Industrie gibt oder dass sich eine andere Konstellation ergibt, in der man sagt: Okay, versuchen wir hier, gewisse Grundlagen zu verändern.
Aber so, wie es jetzt vorliegt, Frau Bundesminister, und so, wie Sie es in der allerersten Fassung an das Hohe Haus geschickt haben, waren wir sehr zufrieden und haben wir uns von Anfang an in diesem Gesetz wieder gefunden, weil ich einfach sagen muss – und ich bin auch schon sehr lange in diesem Haus, wenngleich nicht so lange im Bundesrat –, es ist uns seit über zehn Jahren ein stetes Bemühen gewesen, eine solche Rechtsregelung zu bekommen. Jetzt ist sie da, und wir werden ihr zustimmen. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Dr. Böhm.)
16.37
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 128 |
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesminister, Sie haben das Wort.
16.37
Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte mich dem anschließen, was Herr Bundesrat Schennach soeben gesagt hat: Wir müssen uns wirklich dessen bewusst sein, dass heute – ich habe es schon in meiner Rede im Plenum des Nationalrates gesagt, und heute möchte ich es im Bundesrat gerne wiederholen – eine historische Stunde ist. Es ist erstmals in der Geschichte Österreichs so, dass wir tatsächlich die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen nunmehr auch legistisch umsetzen. Ich glaube, dessen sollten wir uns alle bewusst sein.
Ich weiß, es ist dies ein sehr wichtiges Gesetz. Ich bin auch sehr froh, dass meine Mitarbeiter – Herr Dr. Zeder allen voran – es auch wirklich ausgewogen umgesetzt haben. Auf der einen Seite wird es natürlich für die Wirtschaft eine zusätzliche Belastung sein, dessen sind wir uns auch in der Regierung bewusst. Aber wir sind uns auch dessen bewusst, dass wirklich die Notwendigkeit besteht, hier eine Regelung herbeizuführen.
Ich glaube, dass dieses Gesetz, so wie es Ihnen nunmehr zur Abstimmung vorliegt, sehr ausgewogen ist. Wir haben vor allem – auch darauf bin ich sehr stolz, dass uns dies gelungen ist – diese gesamte Rechtsmaterie unter das Strafrechtsregime gestellt und nicht, wie es zum Beispiel in Deutschland, unserem unmittelbaren Nachbarland, der Fall ist, den Weg des Verwaltungsstrafrechtes gewählt. Ich denke, dass dieser Weg ein sehr guter ist und dass wir gut daran getan haben, diese Regelungen vorzusehen.
Ziel dieses Gesetzes ist es für uns jedenfalls auch gewesen, unabhängig von der Höhe der Tagsätze eine generalpräventive Wirkung zu erzeugen. Ich bin mir sicher, dass für jede Firma, die jetzt ein Verfahren unter diesem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz hat, dieses Verfahren, per se betrachtet, schon Abschreckungsgrund genug ist. Wir wissen ja, auch wenn private Personen strafrechtlich verfolgt werden, ist dies natürlich eine psychologische Belastung, aber jetzt wird diese strafrechtliche Verfolgung von Unternehmen oder juristischen Personen natürlich auch im Wettbewerb einen gewissen Faktor darstellen. Dessen muss man sich ganz sicher auch bewusst sein.
Wir erwarten uns, gerade was den Bereich der Generalprävention anbelangt, sehr viel. Vor allem ist es uns auch darum gegangen, dass wir mit diesem Gesetz, wenn ein Organisationsverschulden im Unternehmen vorhanden ist, dies nunmehr, wenn es wirklich strafrechtliche Konsequenzen hat, auch strafrechtlich verfolgen können. Ich glaube, das ist ein guter Weg.
Wir müssen uns auch darüber klar sein, dass
wir uns hier komplett in juristischem Neuland bewegen werden. Deswegen bin ich
auch sehr froh, dass der Hohe Nationalrat einen Entschließungsantrag
verabschiedet hat, wonach eine Evaluierung dieses Gesetzesvorhabens nach vier
Jahren vorgesehen ist. Ich denke, das ist der richtige Weg. Nach diesen vier
Jahren werden wir dann auch sehen, wie sich diese Tagsatz-Oberbegrenzung
macht, die jetzt von der Opposition und auch vom Herrn Bundesrat Schennach, er
gehört auch zur Opposition ... (Bundesrat Schennach: Obwohl ich
zustimmen werde!) – Ja, obwohl Sie zustimmen. – ... also von
Ihnen auch kritisiert wurde. Nach Ablauf dieser vier Jahre werden wir sehen,
wie sich das in der Praxis tatsächlich ausgewirkt hat, und ich kann Ihnen aus
Sicht des Justizministeriums
versichern, sollte es Bedarf geben, hier das eine oder andere nachzujustieren,
werden wir uns dem sicherlich nicht verschließen.
Ich bedanke mich bei all jenen, die dem die Zustimmung erteilen. Es ist wirklich ein wichtiges Vorhaben, das wir nunmehr tatsächlich umsetzen werden. Ich bin stolz
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 129 |
darauf,
dass es gelungen ist, nach so langer Zeit – es ist wirklich schon sehr
lange am Tisch –, dass es uns also heute gelingen wird, dieses Vorhaben
abzuschließen. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und
den Grünen.)
16.41
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.
Wir kommen daher zur Abstimmung.
(In Richtung des Bundesrates Boden, der gerade den Sitzungssaal betritt:) Herr Kollege! Nehmen Sie an der Abstimmung noch teil? Dann bitte ich Sie, Platz zu nehmen.
Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte,
die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit.
Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 28. September
2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch in
Unternehmensgesetzbuch umbenannt und gemeinsam mit dem allgemeinen
bürgerlichen Gesetzbuch, dem Aktiengesetz 1965, dem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter
Haftung, dem Genossenschaftsgesetz, dem Genossenschaftsrevisionsgesetz, dem Firmenbuchgesetz,
dem Umwandlungsgesetz, dem Spaltungsgesetz, dem EWIV-Ausführungsgesetz, dem
SE-Gesetz, dem Handelsvertretergesetz, der Jurisdiktionsnorm, dem
Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, der Zivilprozessordnung, dem
Rechtspflegergesetz, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, dem
Privatstiftungsgesetz, dem Unternehmensreorganisationsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz,
dem Gerichtskommissionstarifgesetz, dem Wohnungseigentumsgesetz 2002, dem
Mietrechtsgesetz, dem Versicherungsaufsichtsgesetz, dem
Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und dem Ziviltechnikergesetz 1993 geändert wird
sowie das Erwerbsgesellschaftengesetz und die Vierte Einführungsverordnung
außer Kraft gesetzt werden (Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG) (1058 d.B.
und 1078 d.B. sowie 7388/BR d.B.)
18. Punkt
Beschluss des Nationalrates vom 28.
September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das
Börsegesetz 1989 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden (1079 d.B. sowie
7389/BR d.B.)
Vizepräsidentin Anna
Elisabeth Haselbach: Wir gelangen
nunmehr zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die
Debatte unter einem abgeführt wird.
Die
Berichterstattung zu den Punkten 17 und 18 hat Frau Bundesrätin Lueger übernommen.
Ich bitte um die Berichte.
Berichterstatterin Angela Lueger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Justizausschusses bringen über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 130 |
Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch in Unternehmensgesetzbuch umbenannt
und gemeinsam mit dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, dem Aktiengesetz 1965,
dem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, dem Genossenschaftsgesetz,
dem Genossenschaftsrevisionsgesetz, dem Firmenbuchgesetz, dem
Umwandlungsgesetz, dem Spaltungsgesetz, dem EWIV-Ausführungsgesetz, dem
SE-Gesetz, dem Handelsvertretergesetz, der Jurisdiktionsnorm, dem
Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, der Zivilprozessordnung, dem
Rechtspflegergesetz, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, dem
Privatstiftungsgesetz, dem Unternehmensreorganisationsgesetz, dem
Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichtskommissionstarifgesetz, dem
Wohnungseigentumsgesetz 2002, dem Mietrechtsgesetz, dem Versicherungsaufsichtsgesetz,
dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und dem Ziviltechnikergesetz 1993
geändert wird sowie das Erwerbsgesellschaftengesetz und die Vierte Einführungsverordnung
außer Kraft gesetzt werden.
Da die
Einleitung so lange war, darf ich gleich zum Antrag kommen, da Ihnen der Bericht
ohnehin schriftlich vorliegt.
Der
Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005
mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.
Ich darf
sogleich zum zweiten Bericht kommen über den Beschluss des Nationalrates vom
28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989 und das Vereinsgesetz 2002
geändert werden sollen.
Dieser
Bericht liegt Ihnen ebenfalls vor. Ich darf daher zur Antragstellung kommen.
Der
Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005
mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu
erheben.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die beiden Berichte.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Dernoscheg. – Bitte.
16.45
Bundesrat
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg (ÖVP, Steiermark): Sehr
geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und
Herren! Es scheint heute der Tag der historischen Gesetze der Justizministerin beziehungsweise des
Justizausschusses zu sein. Wenn man in der Berichterstattung gehört hat,
welche Gesetze davon betroffen sind, so scheint der Begriff „historisch“ heute
einmal angebracht zu sein.
Für die österreichischen Unternehmen und
auch für mich als Bundesgremialobmann des Außenhandels in der Wirtschaftskammer
Österreich stellt dieses Gesetz tatsächlich ein denkwürdiges Ereignis dar. Man
muss sagen, dass das Justizministerium
hier in enger Kooperation mit den Sozialpartnern, mit Wissenschaft und Politik
ein neues Unternehmensrecht geschaffen hat, das auch einen wichtigen Beitrag
zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit leisten wird.
Unser Land
verfügt jetzt mit dem neuen Unternehmensgesetzbuch über eine auch im
internationalen Vergleich wegweisende Kodifikation eines wirklich modernen Wirtschaftsrechts.
Ich erwarte mir nicht nur erhebliche Erleichterungen für das Geschäftsleben
und eine erhöhte Transparenz, sondern ich rechne auch fest mit einer wirklichen
Ausstrahlung, einer lebhaften Ausstrahlung auf die europäische Ebene. Auch dort
sind sehr viele Reformen in Diskussion. Ich denke auch, dass Österreich während
der Ratspräsidentschaft mit diesem Gesetz ein Asset hat, das wahrscheinlich
ernsthaft diskutiert werden wird.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 131 |
Warum habe ich
den Begriff „historisch“ gewählt? Ich bin mir sicher, dass Herr Professor Böhm
als Historiker genauer darauf eingehen wird, aber die Grundzüge des alten
Handelsgesetzbuches gehen auf das allgemeine deutsche
Handelsgesetzbuch 1861 zurück. Natürlich waren die Strukturen nun völlig
veraltet. Man hat immer wieder novelliert, geändert und so weiter, bis es
wirklich unübersichtlich geworden war. Wie alle Praktiker unter Ihnen natürlich
gewusst haben, war im Wirtschaftsrecht auch eine große Menge von totem Recht
enthalten.
Man muss wirklich
betonen, dass der österreichische Gesetzgeber gerade auch im Gedankenjahr 2005
mit dem Beschluss dieses Unternehmensgesetzes ein mutiges Signal eines
rechtspolitischen Aufbruchs setzt. Es geht dabei meiner Meinung nach nicht nur
um ein legistisches Signal. Das gegenständliche Gesetz zeichnet sich auch durch
zahlreiche Erleichterungen und eine Flexibilisierung für Unternehmen aus,
insbesondere, und das ist uns ein großes Anliegen, für die kleinen und
mittleren Unternehmen. Es gibt aber auch Verbesserungen für Konsumenten und
Konsumentinnen. Es hat positive Auswirkungen auf die kleinen, auf die
mittleren, auf die Einzel-Unternehmen, die in Entwicklung stehen, auf die so
genannten kleinen Leute, die unserer Gemeinschaft, wenn ich das so sagen darf,
meiner Fraktion, der ÖVP ganz besonders am Herzen liegen, vor allem wenn es um
einen nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Kurs geht, was ja eng
miteinander verbunden ist, zumindest nach unserer Auffassung.
Ich darf nur ein
paar kleine Details bringen, denn wenn man hier umfassend auf das Gesetz
eingehen wollte, dann würden wir wahrscheinlich wochenlang hier sitzen und
diskutieren. Auch bei so einem Gesetz sollte man sich durchaus die Auswirkungen
auf den Arbeitsmarkt vergegenwärtigen. Wir alle wissen – und ich nehme an,
wir sind auch alle dieser Überzeugung –, dass nur erfolgreiche
Unternehmen, vor allem erfolgreiche Klein- und Mittelunternehmen in Österreich
nachhaltig Arbeitsplätze schaffen und auch sichern können. Ich erwarte mir im
Zusammenhang mit dem Beschäftigungspaket, das wir heute beschlossen haben, wo
es auch um viel Geld für den Arbeitsmarkt geht, auch von dieser Seite her,
durch ein neues Unternehmensrecht Impulse für diesen Arbeitsmarkt, den
Jugendarbeitsmarkt. – Ich darf da ein wenig berichtigen, denn es sind
heute ein paar Horrorzahlen über die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich
dargestellt worden. Diese Darstellung wurde auch schon in Redebeiträgen
berichtigt, denn Österreich ist Nummer eins innerhalb der Europäischen Union,
wir haben die geringste Jugendarbeitslosigkeit. (Bundesrätin Lueger:
Sagen Sie, wie viele Jugendliche arbeitslos sind!)
Man muss
natürlich eines dazu sagen: Jeder einzelne Jugendliche, jede einzelne Jugendliche,
der/die keinen Arbeitsplatz bekommt, ist ein/e Jugendliche/r zu viel, das ist
uns ganz klar. Nur, alles in allem, darf man schon auch die unverdächtigen
internationalen Vergleiche bringen. Dabei kann man feststellen, dass gerade im
Beschäftigungspaket viele Dinge enthalten sind. Ich gehe auch davon aus, dass,
wenn Unternehmensgründungen erleichtert werden, ebenfalls mehr Leute
beschäftigt werden.
Ich bin auch
überzeugt davon, dass die Maßnahmen der Lehrlingsinitiative greifen, wo
Ministerin und Minister, wo der Bundeskanzler es sich zur ehrenvollen Aufgabe
machen, mit Unternehmen zu sprechen und zu sagen: Nehmt doch Lehrlinge auf!
Schon ein paar hundert neue Arbeitsplätze sind so zustande gekommen.
Abgeordnete der Regierungsfraktionen laufen – von denen weiß ich das, die
haben es mir gesagt –, um Jugendliche in Beschäftigung zu bringen. Das
zeigt schon, dass man das ernst nimmt. Es geht nicht nur um Gesetze und nicht
nur oben drüber, sondern man geht in den Kern der Arbeit.
Ich darf das, bitte, auch als steirischer Bundesrat sagen, weil heute Herr Bundesrat Kaltenbacher – ich wusste gar nicht, dass Sie in die Wirtschaftsforschung gegangen sind – Wirtschaftsdaten gebracht hat, die so etwas von falsch sind, was die Steiermark betrifft, dass ich Sie wirklich korrigieren muss. (Bundesrat Kaltenbacher: Wie viel
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 132 |
macht die Arbeitslosigkeit aus?) Wenn Sie ein Institut für Wirtschaftsforschung aufmachen, dann bitte ein bisschen in den Kern gehen oder auch einfach nur nachlesen! Die Steiermark hat tatsächlich im Jahr 2004, und das ist eine unverdächtige Quelle, den Wachstumspreis bekommen mit plus 3,8 Prozent Bruttoinlandsprodukt-Wachstum, also Bruttoregionalprodukt in der Steiermark. Der Preis ist übergeben worden, ich kann nichts dafür, das ist nicht aus irgendeiner Statistik. (Bundesrat Boden: Das ist das Verdienst von Voves!)
Was Herr Voves von dem Preis bekommt, weiß ich nicht. Bis dahin ist er nicht durch besondere Wirtschaftsimpulse aufgefallen. Im Jahr 2004! Jetzt hat er ja dann Gelegenheit dazu.
Da Sie das aber gerade sagen: Danke für das Stichwort! Ich wollte gar nicht darauf eingehen. Wenn wir die Daten anschauen: höchste Jugendbeschäftigung in der Steiermark, Beschäftigungszuwachs. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Das stimmt nicht! Oberösterreich liegt an der Spitze! Die Grünen haben gute Arbeit geleistet!) – Oberösterreich ist natürlich auch sehr gut. Ich habe mich nicht über Ihre Arbeit beschwert.
Ich darf dazu nur eines sagen, weil Sie Herrn Voves erwähnt haben – es ist wahrscheinlich nicht der richtige Rahmen –: Die Daten, die die Steiermark jetzt hat, sollte man sich bitte – und nicht falsch – merken, man sollte sie sich aufschreiben. Wir merken sie uns und wir werden daran erinnern. Wir merken uns, wie die Steiermark jetzt an die neuen Verantwortlichen übergeben wurde, und wenn das nicht passen sollte, werden wir es auch sagen. (Bundesrat Kaltenbacher: Vom Wifo stammt diese Prognose! Das hat nicht Voves gesagt!) – Nein, darum geht es auch nicht, sondern weil der Kollege hier gesagt hat, was der Herr Voves macht. (Bundesrat Kaltenbacher: Das habe ich nicht gesagt!)
Ich darf nur bitten, die Sache einfach einmal so zu belassen. Die Daten sind so, dass man durchaus schauen muss, dass man sie auch weiterhin so beibehalten kann.
Gut! Kommen wir wieder zurück zum
Unternehmensgesetz. (Bundesrat Kaltenbacher: Niemand hat das behauptet!) –
Der Kollege hier in der ersten
Reihe, es tut mir Leid. (Ruf bei der SPÖ: Bundesrat Boden aus
Niederösterreich!) – Niederösterreich
hat natürlich auch eine tolle Wirtschaftsentwicklung. Auch mit einem
ÖVP-Landeshauptmann, nicht wahr? (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)
Irgendwo
ist das Ganze bezeichnend. – Nein, bei allen Erfolgen, die auch andere Bundesländer
haben, wir respektieren alle, nur die Steiermark lasse ich mir nicht krank oder
schlecht reden. Das ist das Einzige! Da lasse ich nichts Schlechtes darüber
sagen. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Oberösterreich ebenfalls!) Gratulation!
Zweiter
Punkt: Kommen wir zurück zum Gesetz! Dieses Gesetz mit allem, was wir heute
hier diskutiert haben, ist für mich – und deswegen bin ich heute auch wirklich
sehr, sehr froh und sehr erleichtert über die Diskussion – ein Zeichen für
die Weiterführung des erfolgreichen Kurses der Regierung, der Sie – und
heute habe ich das Wort wieder gehört und schön langsam schüttelt es mich ja
schon fast – soziale Kälte unterstellen. Ich sehe das als Kurs der
sozialen Verantwortung. Keine sozialen Geschenke, keine sozialen
Versprechungen, die man nicht halten kann, aber verantwortungsvolle
Sozialpolitik heißt auch verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik. Das sind zwei
kommunizierende Gefäße.
Das neue Unternehmensrecht wird auch den internationalen Erfolg der Wirtschaft unterstützen. Das darf ich als Gremialvorsteher des Außenhandels sagen. Wir sind schon sehr erfolgreich im Ausland – wieder schaut mich die Frau Bundesrätin an – natürlich, die Oberösterreicher sind auch sehr erfolgreich. Es könnte noch besser sein, aber wenn man einmal voller Stolz sagen kann, dass die Hälfte unseres Bruttoinlands-
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 133 |
produkts im Ausland erwirtschaftet wird, dann sind wir tatsächlich von der Qualität und vom Können der Unternehmer und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter her auf einem ganz guten Weg.
Die neuen Mitgliedstaaten, die neuen europäischen Länder bieten natürlich auch ansehnliche Absatzchancen für uns, und selbstverständlich wird ein neues Unternehmensgesetz auch dorthin Ausstrahlungen haben. Ich nehme an, dass es wahrscheinlich ein Benchmark, ein Best-Practice-Modell für viele werden kann. Ich erwarte das.
Vom Gesetzesinhalt her – wir haben ein paar Punkte bereits angesprochen – ist besonders zu erwähnen: Der alte ständische Begriff des Kaufmanns, andere ständische, begriffliche Unterteilungen kommen weg. Wir bekommen einen einheitlichen Unternehmerbegriff, in den sogar die freien Berufe miteinbezogen sind. Die Firmenbildungsvorschriften werden vereinfacht. Die Eintragung ins Firmenbuch ist nun auch für Einzelunternehmer offen und möglich. Personenhandelsgesellschaften können für jeden unternehmerischen Zweck errichtet werden. Das alles ist auch wichtig für die mittelständische Wirtschaft und sicher nicht für die Großen, die ohnehin andere Möglichkeiten haben. Die Schuld- und sachenrechtlichen Sonderbestimmungen wurden vereinfacht. Überholtes – ich habe es heute schon erwähnt –, totes Recht ist im großen Stil abgeschafft worden. Gratulation auch dafür, dass man den Mut hatte, das wegzutun.
Dafür ist wirklich allen Beteiligten zu danken. Der Erfolg, da bin ich ganz sicher, wird auch in neuen Unternehmensgründungen sichtbar werden. Frau Bundesminister Gastinger herzlichen Dank! Herzlichen Dank auch den MitarbeiterInnen im Bundesministerium mit Herrn Sektionschef Dr. Hopf und Frau Dr. Bydlinski an der Spitze, sowie den Universitätsprofessoren Krejci, Schauer, Karsten Schmidt und den Justizsprechern aller Parteien.
Als Vertreter der Wirtschaft darf ich natürlich auch ein wenig stolz sein, dass wir die Ursprünge dieses neuen Gesetzes auch auf eine Initiative der Wirtschaftskammer Österreich zurückführen wollen und dürfen. Wenn Sie sich erinnern: Zu dieser tief greifenden Modernisierung ist der Anstoß bereits im Herbst 1996 gekommen, wenn ich das Datum richtig recherchiert und notiert habe, als sich Experten der Wirtschaftskammer Österreich in der Agenda 2000 bereits mit der Frage beschäftigt haben – es waren Dr. Hahnreich und Dr. Harald Steindl –, was für den Standortwettbewerb und im Gesellschaftssystem verbessert werden kann. Bei einer Vortragsveranstaltung im Jahr 2001 wurde dann das Ergebnis präsentiert, und das darf ich wortwörtlich zitieren: „Die Rechtspolitik steht vor einer Jahrhundertaufgabe: Kodifikation eines einheitlichen, systematisch geschlossenen Unternehmensrechts, das alle wirtschaftlichen Aktivitäten umfasst.“
Im Jahr 2001 wurde diese Vortragsveranstaltung publiziert: Vom HGB zum Unternehmensgesetz. Und heute stehen wir vor den Ergebnissen – eigentlich ohnehin relativ schnell für so ein umfassendes Gesetz. Man muss natürlich auch aufpassen, dass man solche Dinge nicht zu rasch macht, aber ich meine, das war sehr vernünftig, sehr ausgewogen.
Deswegen meine ich auch, dass wir darauf stolz sein können, was da geschehen ist. Wir können auch stolz sein auf unseren Standort. Mich würde nur noch interessieren, weil auch nach mir noch einige Redebeiträge von Seiten der Opposition kommen werden und Sie heute über den Standort Österreich gesprochen haben: Die Armutsgefährdung ist mit zwei Zahlen dargestellt worden. Ein Kollege/eine Kollegin hat gesagt, es seien 800 000 armutsgefährdet, Kollege Molzbichler war dann bereits bei einer Million oder über einer Million, 1,2 Millionen. Ich weiß nicht, welche der falschen Zahlen jetzt falscher ist. (Bundesrat Molzbichler: Ein bisschen genauer zuhören, Herr Kollege!) Eine Armutsgefährdung haben wir in Österreich sehr wohl: Die Argumentationsarmut
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 134 |
nimmt zu, denn ich höre immer das Gleiche. (Bundesrat Schennach: Das ist auch im Bericht der Bundesregierung nachzulesen!)
Gratulation zum Gesetzentwurf! Wir werden natürlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
16.57
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Giefing. – Bitte.
16.57
Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Mit diesem Gesetz hat unter anderem natürlich auch der Kaufmannsbegriff im Wesentlichen ausgedient. Obwohl ich weiß, dass das nicht im unmittelbaren Zusammenhang dieser Gesetzesmaterie steht, möchte ich trotzdem heute diese kleine Gelegenheit nützen, um eine Lanze für die Kaufmänner zu brechen, weil wir heute im Laufe dieses Tages auch mehrmals vom ländlichen Raum gesprochen haben. Ich möchte jetzt nicht polemisieren und wieder mit dem Thema „Schließen von Gendarmerieposten“ und so weiter beginnen, wie wir es heute bereits mehrmals erlebt haben, aber diese Kaufmänner, wie sie vor 30 oder 40 Jahren, Jahrzehnten bestanden haben, waren ein wertvoller Punkt im ländlichen Raum. Dort gab es Kommunikation und vieles andere mehr.
Heute gibt es diese Kaufmänner leider nicht mehr, und ich sage das jetzt vielleicht einmal ein bisschen emotional, weil es in meinem familiären Umfeld solche Kaufmänner gegeben hat. Ich könnte Ihnen zwei oder drei Ordner zeigen, in denen man Presseberichte zusammengeschnitten hat, in denen darauf hingewiesen wird, wie es jetzt – seit 30 Jahren – und in Zukunft den Kaufmännern besser gehen wird, weil seitens der Regierungen der letzten drei Jahrzehnte die eine oder andere Maßnahme ergriffen worden ist.
Abgesehen von der Kommunikation: Wir spielen heute im Radio „Hallo Nachbar“ – das hat man früher im Kaufmannsladen erlebt. Der ländliche Raum wird ausgedünnt. Mir kann niemand weismachen, dass alle diese treffenden Maßnahmen, wie ich das heute von der rechten Seite dieses Hauses wieder gehört habe, dazu geführt hätten, dass es jetzt dem ländlichen Raum besser geht.
Warum zieht die Bevölkerung vom ländlichen Raum weg? Warum schließt der Kaufmann, warum schließen die Lagerhäuser und so weiter? (Zwischenruf des Bundesrates Mitterer.) – Ich möchte nicht polemisieren, lieber Kollege, ich möchte das nur benennen.
Das wird vielleicht auch für die Wirtschaftskammer interessant sein, Frau Kollegin Zwazl: Wenn wir von den Gemeinden dazu aufgefordert werden, wir sollen uns in die Bundesbeschaffungsbehörde einbringen, dann kann ich Ihnen schon sagen, dass das Sterben beim Beruf der Kaufmänner hurtig weitergeht. Man bekommt natürlich das eine oder andere Produkt irgendwo in Österreich billiger, aber es muss uns dann klar sein, dass sich das Sterben im Berufsbereich der Kaufmänner beschleunigen wird. Damit verbunden ist natürlich der Abzug aus dem ländlichen Raum.
Dann werden wieder die in den Vordergrund gestellt, die aus meiner Sicht in Österreich das Sagen haben, nämlich die Großkommunen, und wir werden auf der Strecke bleiben. Noch dazu habe ich kaum gehört, dass Kaufmänner solche Steuergeschenke bekommen wie Großbetriebe.
Das heißt also, um zu dem Gesetz zurückzukommen: Wir werden diese Kaufmänner im ländlichen Raum noch suchen. Heute hat unter anderem der Kaufmannsbegriff ausgedient, was im Wesentlichen ja nichts Negatives ist, aber wiederum einen Schritt da-
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 135 |
hin bedeutet, dass man diese Kaufmänner in unserer Gesellschaft vielleicht nicht mehr so braucht. Ich sage, im ländlichen Raum braucht man sie sehr wohl!
Im Vordergrund steht in den letzten Jahren der Begriff des Unternehmens. Zahlreiche materielle Regelungen des HGB haben sich als überholt erwiesen, daher ist diese Reform unbedingt notwendig geworden. Es kommt zu einer Liberalisierung des Firmenrechts – ein Gestaltungsspielraum in erster Linie für Einzelunternehmen und natürlich auch für die Landwirtschaft –, und es kommt zu einer, aus meiner Sicht längst notwendigen Anpassung des Regelungsrechts. Es werden auch wesentliche Bestimmungen, die den Konsumentenschutz betreffen, positiv mitgeregelt.
Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang in diesem Gesetz die Neuregelung des § 38, wonach bei der Veräußerung eines Unternehmens ein Vertragspartner die Möglichkeit hat, Widerspruch einzulegen. Im Konkreten denke ich hierbei zum Beispiel an Telekommunikationsunternehmen oder an Energieversorgungsunternehmen, denen gegenüber nun die Möglichkeit besteht, dass Konsumenten, welche einen Vertrag mit dem jeweiligen Unternehmen unterzeichnet haben, Widerspruch einlegen können und in der Folge die Möglichkeit haben, von diesem Vertrag zurückzutreten. Ich hoffe, dass alle Unternehmen in Österreich die Tragweite dieser gesetzlichen Regelung einhalten beziehungsweise auch erkennen.
Wichtig ist dabei jedoch auch die Änderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, wodurch mehr Rechtssicherheit geschaffen werden soll. Wir alle kennen doch die Probleme, die bisher entstanden sind, wenn jemand von einem Vertrag zurücktreten wollte. Meistens war in den Verträgen gemäß den allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Konventionsstrafe vorgesehen oder es war die Frage des Schadenersatzes nicht eindeutig geklärt.
Wir schaffen mit dieser Änderung des Gesetzes mehr Rechtssicherheit, wir schaffen daher mehr Schutz auch für die Konsumenten und daher eine längst fällige Besserstellung für die Österreicherinnen und Österreicher. Das ist gut so, und wir werden diesem Gesetz unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
17.04
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte.
17.04
Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Dieser Meilenstein der österreichischen Rechtsreform im großen Bereich des Zivilrechts – heute schon der zweite Meilenstein – sollte auch trotz der relativ vorgerückten Stunde keineswegs untergehen.
Mit der vorliegenden Neugestaltung unseres Handelsgesetzbuches, besser gesagt, seiner Umgestaltung zu einem Unternehmensgesetzbuch, machen wir nämlich einen großen Schritt voran in die Moderne des gegenwärtigen Unternehmensrechts. Weil das gefordert wurde, ganz kurz etwas Historisches:
Österreich hatte am alten Allgemeinen Handelsgesetzbuch von 1861 des Deutschen Bundes, das selbst wieder dem Napoleonischen Code de Commerce von 1806 verpflichtet war, nicht nur in der Monarchiezeit, sondern auch noch in der Ersten Republik festgehalten. Das Deutsche Handelsgesetzbuch von 1897 ist dann erst im Jahr 1939 in Kraft getreten und zunächst, weil es ja kein typisch nationalsozialistisches Gedankengut enthalten hatte, auch bis heute in Kraft geblieben.
Gewiss verabschiedet sich in meiner Person ein ehemaliger Absolvent der Alma Mater Rudolphina und heutiger Universitätslehrer nicht allzu leicht und gerne von alt über-
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 136 |
kommenen, lieb gewordenen und vertrauten Rechtsfiguren wie der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns oder dem Kaufmannsbegriff als solchem, und zwar nicht zuletzt demjenigen Kaufmann, dessen Betrieb kein Kleinhandelsgewerbe überschreitet, also dem Minderkaufmann im Gegensatz zum Vollkaufmann, und den daran geknüpften Rechtsfolgen.
Dennoch ist im Ernst, abseits solcher Reminiszenzen, voll zu akzeptieren, dass all das nicht mehr den aktuellen Rahmenbedingungen des nationalen oder gar des internationalen Handels- und Geschäftsverkehrs entspricht, der längst nicht mehr berufsständischen Ordnungsmustern folgt.
Deshalb stimmen wir einer Neuregelung
vorbehaltlos zu, die diesen Unternehmensbegriff ganz neu definiert. Das
Gelingen dieses Reformwerks hat natürlich Mütter und Väter über die Frau
Bundesministerin hinaus – und ich möchte auch ihren Vorgänger
Dr. Dieter Böhmdorfer einbeziehen –. Ich möchte den Mitarbeitern
ihres Ressorts, Herrn Sektionschef Dr. Hopf und Frau Dr. Bydlinski
ganz ausdrücklich meinen Dank für dieses höchst gelungene Reformwerk sagen. (Beifall
bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Es ist auch dem schon erwähnten Univ.-Prof. Heinz Krejci, dem Univ.-Prof. Schauer und dem Wiener Honorarprofessor, dem deutschen Professor Karsten Schmidt, einem Papst des Handels- und Gesellschaftsrechts in Deutschland, für die Mitwirkung an diesem Reformwerk gleichfalls zu danken.
Hätte es nicht schon mein Kollege Dr. Dernoscheg getan, hätte ich natürlich auch auf die Impulse der Wirtschaftskammer Österreich von Hanspeter Hanreich und meinen Freund Harald Steindl verwiesen. Das wurde aber bereits zitiert.
Schwerpunkte dieser Reform über die Vereinheitlichung des Grundtatbestandes Unternehmen hinaus, sind die schon erwähnte Liberalisierung der Firmenbildungsvorschriften, die Öffnung des Tätigkeitsbereiches der Personenhandelsgesellschaften für jeden unternehmerischen Zweck, also nicht nur für den Handel, die Öffnung des Firmenbuchs auch für Einzelunternehmer und die Bereinigungen im Bereich der schuld- und sachenrechtlichen Bestimmungen. Insbesondere sind Bestimmungen, die ohne Notwendigkeit parallel zum ABGB im ehemaligen Handelsgesetzbuch geregelt waren, wie beispielsweise der gutgläubige Eigentumserwerb, vereinheitlicht in das Stammgesetz, in das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, zurückgeführt worden.
Wir haben allerdings auch Bestimmungen aufrechterhalten, die sich bewährt haben, zum Beispiel die laesio enormis, die Verkürzung über die Hälfte des Warenwerts, den Verlust von Gewährleistungsansprüchen bei unterlassener Mängelrüge unter Kaufleuten und Unternehmen, jetzt richtiger gesagt, oder Sonderbestimmungen, was Formvorschriften für Bürgschaften anlangt, und den Ausschluss des richterlichen Mäßigungsrechtes bei Vertragsstaaten. Das ist beibehalten worden.
Wenn von Seiten der Opposition zum Teil kritisiert worden ist, dass diese Neubewertung und diese Neuordnung nicht auch auf freiberufliche Unternehmer, das heißt, Freiberufler im engeren Sinn und auch für Betriebsinhaber land- und forstwirtschaftlicher Unternehmen, voll erstreckt worden sind, so muss ich sagen: Das stimmt so nicht uneingeschränkt!
Es ist weithin eine Übertragung auch auf die freien Berufe erfolgt, nicht freilich – das räume ich ein – etwa hinsichtlich der Bilanzierungspflicht. Es lässt sich aber durchaus eine gewisse Sonderstellung der freiberuflichen Unternehmen sachgerecht begründen.
Denken Sie daran, dass Ärzte, Rechtsanwälte, Notare und vergleichbare Freiberufler zwar heute durchaus nationalen und gemeinschaftsrechtlichen betriebswirtschaftlichen Vorgaben unterliegen, die sie unter gewissen Aspekten durchaus echten Unternehmen
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im engeren Sinne gleichstellen, sie erfüllen aber zugleich – entschuldigen Sie meine antiquierte Begriffsbildung – auch ein nobile officium, dass ihnen standes- und berufsrechtlich und ethisch nicht erlaubt oder auch nur nahe legt, sich als reine Unternehmer und Gewerbetreibende – wenn sie an reißerische Werbungsmethoden denken – oder im Sinne des EU-Rechts als ausschließliche Dienstleister zu begreifen, denn von ihrem Selbstverständnis her unterliegen sie ja strengeren Anforderungen, die auch ausbildungs- und berufsrechtliche Sondervorschriften rechtfertigen. Das soll nicht als Standesprivileg gesehen werden, sondern wohl auch im Interesse der Konsumenten, der Klienten oder gar Patienten unter qualitätssichernder Perspektive.
Das ist meines Erachtens auch mit dem Grundrecht der Erwerbsfreiheit durchaus vereinbar. Auch in dessen Rahmen ist nämlich zwischen der Ausbildung und den Zugangsvoraussetzungen einerseits und den Voraussetzungen der Ausübungsfreiheit klar zu unterscheiden. Auf die darauf bezogene Differenzierung zwischen Bürgern vorbehaltenen Grundrechten und allgemeinen Menschenrechten hat gerade meine Fraktion stets Wert gelegt.
Da aber all diese Neuregelungen diesen unterschiedlichen Perspektiven vollinhaltlich und ausreichend gerecht werden, werde ich und wird meine Fraktion diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates gerne die Zustimmung erteilen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
17.12
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte.
17.12
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Das vorliegende Handelsrechts-Änderungsgesetz sehen wir als grüne Fraktion als großen Fortschritt an, halten es für gelungen und werden dem zustimmen und hoffen, heute die Frau Ministerin nicht allzu sehr zu verwöhnen. – Danke. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall. – Ruf bei der ÖVP: Das waren die schönsten Worte!)
17.12
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Fraunschiel. – Bitte.
17.12
Bundesrätin Andrea Fraunschiel (ÖVP, Burgenland): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Mit diesem Handelsrechts-Änderungsgesetz wird der Kaufmannsbegriff durch einen einheitlichen und umfassenden Unternehmerbegriff abgelöst.
Von meinen Vorrednern wurde schon ausgeführt, dass das zu Vereinfachung, Entbürokratisierung und erhöhter Transparenz führt. Ich sehe darin auch eine Chance für Frauen, und wie wir sehen können, steigt die Zahl der Unternehmerinnen. Im Burgenland liegt sie jetzt bei 30 Prozent. Das ist noch zu wenig. Es wurde eine neue Aktion gestartet: „Alternative: Selbstständigkeit. Frauen UNTERNEHMEN“ und dieses Projekt, ein EQUAL-Projekt, das vom Wirtschaftsministerium unterstützt wird, richtet sich besonders an Frauen, die Verpflichtungen haben, für Kinder oder für ältere Angehörige zu sorgen.
Ich sehe darin eine große Chance für Frauen, denn dadurch können sie sich höher qualifizieren. Es wird ihnen die Betreuungspflicht für ihre Kinder oder ihre Angehörigen in dieser Zeit erleichtert. Es wird ein neues Betätigungsfeld für Frauen geöffnet.
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Ich sehe auch Chancen für die burgenländischen Unternehmen in unseren EU-Nachbarländern, und ich bin auch davon überzeugt, dass dieses Gesetz eine Beispielwirkung auf unsere Nachbarländer haben wird, da es ein äußerst modernes Gesetz ist.
Ich wurde im Juni des Jahres 2004 hier als Mitglied des Bundesrates angelobt, und da ich das Vorzugsstimmenmandat in meinem Wahlkreis gemacht habe, ist das heute die letzte Gelegenheit, dass ich hier sprechen kann. Ich muss sagen: Es war eine äußerst interessante Zeit mit sehr interessanten Debattenbeiträgen, von sehr ausführlich und fundiert bis zu kurz und prägnant, auf den Punkt gebracht. Es gab einen Vergleich und Wettbewerb der Bundesländer der besten Ideen, genauso Redenbeiträge, wo man sich wirklich mit der Sachfrage beschäftigt hat, und Redenbeiträge, die einen anderen Inhalt und einen anderen Schwerpunkt hatten.
Ich habe hier erlebt, wie sich hier im Bundesratsplenum drei Landeshauptleute ausdrücklich für eine Stärkung des Bundesrates und für eine Stärkung des Föderalismus ausgesprochen haben. Auch hatte mit meinem Kollegen Pehm als Vorsitzenden das Burgenland turnusmäßig den Vorsitz.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um mich bei allen ganz herzlich zu bedanken. Ich habe hier viel gelernt. Ich möchte mich nicht nur bei den Kollegen im Bundesrat bedanken, sondern auch bei den Mitarbeitern im Klub und in der Bundesratsdirektion für die Unterstützung. Es war für mich eine Ehre, mein Bundesland hier im Bundesrat zu vertreten. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen und dem Bundesrat alles Gute. (Allgemeiner Beifall.)
17.16
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kollegin Fraunschiel! Auch ich darf von dieser Stelle aus ein Danke sagen, und zwar ein Danke von uns allen an Sie. Sie waren eine liebenswürdige Kollegin. Sie waren eine Kollegin, die bei ihren Wortmeldungen bei allen Unterschiedlichkeiten zu anderen politischen Meinungen immer fair war, immer den richtigen Ton gefunden hat. Sie waren leider sehr kurz bei uns. Aber wir freuen uns natürlich, dass Sie einen Vorzugsstimmenwahlkampf geführt und auch gewonnen haben. Das freut mich als Frau, und ich nehme an, die Kolleginnen, die hier sind, natürlich ganz besonders, denn da muss man schon etwas darstellen, wenn so etwas gelingt, und dafür möchten wir Ihnen ganz herzlich gratulieren und Ihnen für Ihren weiteren Weg wirklich alles erdenklich Gute dann als Landtagsabgeordnete wünschen. Und vergessen Sie uns nicht ganz! (Allgemeiner Beifall.)
Frau Bundesministerin, bitte.
17.17
Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte mich diesen guten Wünschen ad hoc anschließen und auch all jenen – es wird ja einen Wechsel im Bundesrat geben –, die ich bei der nächsten Sitzung nicht mehr sehen werde, für ihre Zukunft alles Gute wünschen. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle auch sagen: Die Zusammenarbeit mit dem Bundesrat macht mir persönlich sehr viel Freude – ich denke, Sie merken es auch –, ich komme sehr gerne hierher und verfolge die Diskussionen auch mit großem Interesse.
Nun möchte ich auf das Unternehmensgesetzbuch zu sprechen kommen. Es wurde heute bereits mehrfach ausgeführt, dass es ein ganz modernes, neues Gesetz ist, und ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass wir wirklich für die Zukunft arbeiten. Das ist mit diesem Gesetzeswerk mit Sicherheit gelungen. Es war ein längst notwendiges Reformvorhaben, und dieses Reformvorhaben ist nur deswegen gelungen, weil wirklich alle zusammengearbeitet haben. Es hat sehr viele Mütter und Väter
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bei diesem gegeben, wie es heute schon gezeichnet wurde. Ich meine damit primär meine Mitarbeiter aus dem Ministerium, wie etwa Sektionschef Hopf und Dr. Bydlinski; diese beiden wurden schon genannt. Es hat aber auch noch andere Mitarbeiter gegeben, die sehr viel Zeit, Energie und Hirnschmalz in dieses Gesetz investiert haben.
Wir haben hier auch wieder bewiesen, dass es sehr gut ist, mit der Wissenschaft aktiv zusammenzuarbeiten. Die Professoren, die da mitgearbeitet haben, wurden bereits genannt, und ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal hiefür herzlich danken. Es war wirklich ein sehr gutes Kooperationswerk mit der Wirtschaft, aber auch mit den Sozialpartnern.
Ich denke, das ist der richtige Weg, um notwendige Reformen tatsächlich in die Praxis umzusetzen. Deswegen freut es mich ganz besonders, dass wir hier für dieses Gesetzesvorhaben die Zustimmung aller Fraktionen, so wie es sich derzeit für mich aus den Redebeiträgen meiner Vorredner dargestellt hat, bekommen werden.
Ich möchte mich an dieser Stelle auch dafür bedanken, und ich glaube, dass wir heute hier einen wichtigen und richtigen Schritt in die Zukunft machen, indem wir nunmehr das Unternehmerdasein in Österreich doch wesentlich verbessern. – Danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)
17.20
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Wird von der Berichterstattung das Wort gewünscht? – Es wird auch kein Schlusswort gewünscht.
Wir kommen nun zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.
Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Handelsrechts-Änderungsgesetz.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des
Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz und weitere
Gesetze geändert werden.
Ich ersuche
wieder jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den
vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein
Handzeichen. – Auch da ist wieder die Stimmeneinhelligkeit
gegeben. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom 28.
September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung
1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Tilgungsgesetz geändert werden
(1059 d.B., 525/A und 1080 d.B. sowie 7390/BR d.B.)
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zum 19. Punkt der Tagesordnung.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 140 |
Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Winter übernommen. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter
Ernst Winter: Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des
Nationalrates vom 28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die
Strafprozessordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das
Tilgungsgesetz geändert werden.
Da Ihnen der
Bericht schriftlich vorliegt, darf ich mich auf die Antragstellung beschränken.
Der
Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit
Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.
Es liegen keine Wortmeldungen vor.
Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.
Beschluss des Nationalrates vom
28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert werden (663/A und
1081 d.B. sowie 7372/BR d.B. und 7391/BR d.B.)
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nunmehr gelangen wir zum 20. Punkt der Tagesordnung.
Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Auer übernommen. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatterin
Johanna Auer: Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich bringe den
Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom
28. September 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienstgesetz geändert
werden.
Dieser Bericht
liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich kann mich daher auf die Verlesung
des Antrages beschränken.
Der
Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit
Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden
Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pehm. – Bitte.
17.24
Bundesrat Mag. Georg Pehm (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle, mit der das Bundes-Verfassungsgesetz und das Richterdienstge-
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 141 |
setz geändert werden, ist eine sinnvolle Maßnahme, weil Verbesserungen damit verbunden sind.
Es geht darum, den verfassungsrechtlich zulässigen Anteil der Sprengelrichter von 2 Prozent auf 3 Prozent zu erhöhen. Damit ist einerseits gewährleistet, dass Entscheidungen rascher fallen können als bisher und dass auch dem Recht auf eine Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist besser als bisher entsprochen werden kann. Andererseits stärken wir dadurch auch die Funktionstüchtigkeit der Gerichtsbarkeit, des Gerichtsbetriebes, ohne die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden oder das Prinzip der Unversetzbarkeit einzuschränken.
Meine Fraktion wird daher diesem Gesetz zustimmen.
Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Weilharter und die Kollegin Fraunschiel haben schon darauf hingewiesen: Mit den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland ist verbunden, dass auch aus unserer Fraktion einige Mitglieder heute an ihrer letzten Plenarsitzung teilnehmen. Es sind dies Kollegin Johanna Auer, Kollege Günther Prutsch sowie ich selbst, die wir heute die für uns letzte Plenarsitzung, zumindest in den Abgeordnetenreihen, verbringen werden.
Kollegin Johanna Auer war seit dem Jahr 2000 Mitglied des Bundesrates. Sie war für kurze Zeit auch Präsidentin des österreichischen Bundesrates und ist jetzt Schriftführerin. Der Kollege Prutsch ist mit 1. März 2004 in dieses Haus gekommen und ich mit Juni 2004.
Theodor Fontane hat einmal gesagt, Abschiedsworte sollen kurz sein wie eine Liebeserklärung. Lassen Sie uns drei in unserer Liebeserklärung an den Bundesrat sagen: Es war für uns drei eine tolle Zeit, wir haben hier viel gelernt, wir konnten uns einbringen, und ich hoffe, dass wir auch für die Republik Österreich, für die Bundesländer Steiermark und Burgenland einiges weiterbringen konnten.
Dafür sagen wir allen Mitgliedern des Präsidiums vielen, vielen herzlichen Dank. Dafür sagen wir drei in ganz besonderem Maße unserem Fraktionsvorsitzenden Professor Konečny vielen, vielen herzlichen Dank. Wir sagen Ihnen allen vielen Dank, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Herrn Bundesratsdirektor, vielen herzlichen Dank. Es wird uns der Bundesrat fehlen, es wird uns das kollegiale, gute Klima hier im Bundesrat fehlen, Sie werden uns fehlen. Vielen Dank! Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)
17.27
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Lieber Kollege Pehm! Liebe Kollegin Auer! Lieber Kollege Prutsch! Auch hier kann ich noch einmal wiederholen: Es ist auch unser Dank fällig, denn dass das Klima hier so gut ist und so gut war, ist auch Ihnen dreien zu danken. Gutes Klima entsteht nur dann, wenn es auf Gegenseitigkeit beruht, und Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass hier ein gutes Klima geherrscht hat – auch in der gar nicht so leichten Zeit, Herr Kollege Pehm, in der Sie hier im Vorsitz waren. Von unten schaut das manchmal ganz leicht aus, aber so ist es nicht immer. Sie haben das souverän gemacht. Auch dafür noch im Nachhinein ganz herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)
Ihnen dreien, die Sie jetzt natürlich unterschiedliche Wege gehen werden, soll aber eines gemeinsam sein: dass Ihr Weg, wo immer er hinführt, von Erfolg, Zufriedenheit und viel Freude begleitet ist. Das wünschen wir Ihnen. Machen Sie es gut! (Allgemeiner Beifall.)
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 142 |
Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.
Wir kommen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist die Stimmeneinhelligkeit gegeben. Der Antrag ist somit angenommen.
Entschließungsantrag der Bundesräte
Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung der
Bemühungen des Oberösterreichischen und des Niederösterreichischen Landtages
zur Verhinderung der EU-Dienstleistungsrichtlinie (144/A (E)-BR/2005 sowie
7392/BR d.B.)
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nunmehr zum 21. Punkt der Tagesordnung.
Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Dr. Dernoscheg übernommen. Ich bitte um den Bericht.
Berichterstatter Dr. Karl-Heinz Dernoscheg: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Was soll ich erst sagen? Allen tut es so Leid, dass einige Bundesräte nicht mehr im Haus sein werden. Ich verliere eine der charmantesten Kolleginnen, noch dazu als Sitznachbarin. Also Sie können sich vorstellen, wie es mir erst geht. (Allgemeine Heiterkeit.)
Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung der Bemühungen des Oberösterreichischen und des Niederösterreichischen Landtages zur Verhinderung der EU-Dienstleistungsrichtlinie.
Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, sodass ich aus der Arbeit des Ausschusses berichten kann.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat diesen Antrag in seiner Sitzung am 11. Oktober 2005 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Wolfgang Schimböck. Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit. Auf Grund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 32 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundesrates ist ein Ausschussbericht über den Verlauf der gegenständlichen Verhandlungen zu erstatten. Zum Berichterstatter für das Haus wurde ich gewählt.
Soweit der Bericht des Bundesrates.
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke vielmals.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.
17.32
Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir behandeln hier ein äußerst spannendes Thema, und wer sich von der Rathausseite her dem Parlament angenähert hat, der hat dort Zelte und große Plakate
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 143 |
gesehen. Dort finden nämlich die Handels- und Gewerbetage statt. Mich hat das, was dort gestanden ist, sehr betroffen gemacht. Auf ganz großen Plakaten steht da: Wiener Gewerbetage vom 13. bis 16. Oktober – Tage also des Handwerks, des Gewerbes –, und dann ist sehr nett und blumenreich erklärt, wie es dem Gewerbe geht, was das Gewerbe eigentlich kann. Klein und fein ist es nämlich, das Rückgrat der Wiener Wirtschaft.
Da möchte ich gleich einwenden – ich glaube, da wird mir die Kollegin Zwazl zustimmen –, Handel und Gewerbe sind auch das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft insgesamt. Also ich kann jede Zeile dort nur unterstreichen.
Und dann heißt es weiter: Das sind die Wiener Handwerks- und Gewerbebetriebe: Innovative Arbeitgeber mit fachlicher Kompetenz für neue Entwicklungen. Sie setzen auf neue Impulse. Wiens spannendste Berufsgruppe.
Unterschrieben ist das von zwei sehr unverdächtigen Persönlichkeiten, wenn ich das von meiner Fraktion her so sagen darf, nämlich von Ing. Kommerzialrat Gottfried Parade, einem bekannten Wirtschaftsbundfunktionär der ÖVP, und von der Präsidentin Brigitte Jank, auch Wirtschaftsbund-Vorsitzende, glaube ich, von Wien.
Wie, meine Damen und Herren, wird es denn, wenn diese Dienstleistungsrichtlinie, so wie es jetzt aussieht, in Kraft tritt, den kleinen und feinen Gewerbeunternehmen – das ist nämlich die Mehrheit der Unternehmen in Österreich – dann eigentlich ergehen und wie viel Rückgrat für die österreichische Wirtschaft werden denn diese dann noch darstellen?
Wie es denen ergehen wird, das kann man zum Beispiel dem heutigen „Standard“ entnehmen, in dem man eigentlich sehr klar analysiert, was jetzt im europäischen Raum im Rahmen der EU-Beitrittsländer im Verkehrsbereich bereits passiert ist. Dort wurde nämlich von den großen Konzernen unter exzessiver Auslegung aller EU-Bestimmungen beinhart „ausgeflaggt“. Dort wurde schlichtweg „ausgeflaggt“. Das heißt nichts anderes, als dass man im europäischen Raum seine Mitarbeiter in Billiglohnländern anheuert, dass man dort die LKWs kauft – ich schaue da zum Beispiel in die Runde, denn der eine oder andere ist ja auch im Handel tätig –, dass dort die Mitarbeiter auf der Payroll stehen, dass Billiglöhne gezahlt werden, dass unser Frächtergewerbe von den Angeboten unterlaufen wird. Das kann man heute wirklich sehr gut zusammengefasst hier lesen. Da sind hervorragende Beispiele im heutigen „Standard“ angeführt, wie EU-Bürger, die aus einem Billiglohnland wie etwa Polen stammen, als Fahrer angestellt werden, womit es natürlich zu einer Absenkung der Kosten kommt. Das geht sogar so weit, dass diese Frächter, wie hier so schön zitiert ist, schwere Transporter einsetzen, die von Lenkern mit B-Führerschein gefahren werden. Leichte LKW gibt es zum Teil nicht mehr, sondern zusehends bedient man sich für so kleine Fahrten der großen LKWs aus den EU-Beitrittsländern mit den billigen Fahrern, die dann in Polen, in Litauen, in Tschechien, in der Slowakei angestellt sind. – So schaut das dort aus.
Da hat es in diesem Ausschuss – es hat ja zuerst keinen sehr ausführlichen Bericht gegeben – ein interessantes Stimmungsbild gegeben. Der vom Ministerium entsandte Jurist hat sich wirklich redlich bemüht. Wir haben ein paar Mal nachgefragt, was denn eigentlich sein Ressortchef möchte. Und das muss man sich auch einmal auf der Zunge zergehen lassen: Bei einem Thema, das neun Landtage und die ganze Republik bewegt – ich werde das dann im Detail noch verlesen –, glänzt der Herr Bundesminister durch Abwesenheit. Es gibt nicht einmal eine Vertretung in Form eines Staatssekretärs oder durch wen auch immer. Das muss man, glaube ich, wirklich überall verbreiten, was sich die Menschen in dieser Republik von dieser Regierung bieten lassen müssen, nämlich dass bei so einem exorbitant wichtigen Wirtschaftsthema der Minister fehlt. Es hat einmal geheißen, der Herr Bartenstein ist zwar irgendwie bei der ÖVP, er
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 144 |
ist aber offensichtlich eigentlich die Partei Bartenstein. Das mag er halten, wie er will, aber dass er heute hier fehlt, ist ein starkes Stück. Und da hat der von ihm entsandte noch sehr junge Oberrat gemeint: Na ja, die Intentionen des Ressorts sind es nicht, Lohndumping zu betreiben.
Ja, meine Damen und Herren, was heißt denn das wirklich? – Gehen wir einmal zurück. Als die Kollegin Ruperta Lichtenecker hier einmal von der Bolkestein-Richtlinie gesprochen hat, hat damals der Herr Bundesminister gefragt, ob sie damit die Dienstleistungsrichtlinie meine. Der Herr mit dem sperrigen Namen Bolkestein – sein Vorname ist Frits, allerdings mit „s“ geschrieben – war immerhin der Binnenmarktkommissar und hat diesen Vorschlag der Dienstleistungsrichtlinie kreiert. Und diesen Herrn Bolkestein, der mit seinem Namen auch den Namen für diese Dienstleistungsrichtlinie gibt, darf ich wörtlich zitieren. Zitat: Die nationalen Vorschriften sind zum Teil archaisch und übertrieben aufwendig. Sie müssen schlichtweg verschwinden. – So schaut es aus!
Und was sind diese archaischen Vorschriften, meine Damen und Herren? – Das ist nichts anderes als unsere arbeitsrechtlichen, unsere gewerberechtlichen, unsere sozialen Bedingungen, unter denen in dieser Republik gearbeitet wird. Und das soll jetzt praktisch verschwinden und soll ausgetauscht werden durch so eine Art von Rucksackprinzip.
Ich stelle das jetzt ein bisschen plastischer dar, denn das so genannte Herkunftslandprinzip – da werden auch viele nicht wissen, was das eigentlich sein soll – ist eigentlich nichts anderes als das Rucksackprinzip. Das heißt also, dass ein Unternehmen die Bestimmungen des Landes, in dem es angeblich die Hauptgeschäftsgrundlage oder eine bloße Niederlassung oder vielleicht sogar nur eine Briefkastenfirma hat – das kann, wie gesagt, von Litauen bis Polen sein –, heranzieht.
Meine Damen und Herren! Das ist übrigens sehr konsumentenfreundlich, wenn ich mir vorstelle, dass ich irgendwelche Gerätschaften verwende und dass ich mich mit meinen Garantie- und Gewährleistungsansprüchen, von denen ich glaube, dass sie irgendwie im Konsumentenschutzgesetz geparkt sind, dann eines litauischen, polnischen oder was immer Anwaltes bedienen kann. Also mit diesem Rucksackprinzip soll das jetzt ausgetauscht werden.
Ich möchte gar nicht ausführlich darauf eingehen – es sind ja dann auch noch einige Redner gemeldet –, was das im Leiharbeitsbereich bedeutet. Das heißt, irgendein Unternehmen wird da tätig mit seinen Mitarbeitern, die er von zu Hause mitnimmt. Das geht sogar so weit: Ein englischer Handelsbetrieb meldet hier einen Standort an, und in England gibt es dieses so genannte Rufprinzip. Das heißt, wenn sich da die Leute im Handelsbetrieb anstellen, weil halt viel Kundenfrequenz ist, dann wird zu Hause angerufen.
Das ist vielleicht das, was heute einmal angesprochen wurde, dass es so viele Arbeitsplätze mehr gibt. Sie wissen ganz genau, dass das Teilzeitarbeitsplätze sind. Eigentlich schaut es so aus und ist nur mehr in diese Richtung ausbaufähig, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter überhaupt auf Abruf zu Hause sitzt. Also auch das steht uns hier ins Haus.
Warum ich als Wirtschaftstreibender mir hier eigentlich das Ziellandprinzip wünsche, kann ich Ihnen sagen. Wir brauchen nämlich heute Konsumenten (Bundesrätin Zwazl: Sie vergessen vollkommen, dass wir auch EU-Land sind!) – auch die Kollegin Zwazl mit dem eigenen Unternehmen –, wir brauchen im Handelsbetrieb kaufkräftige Konsumenten. Nur so funktioniert die Wirtschaft und nicht, wenn wir unser Lohnniveau völlig nach unten fahren. (Beifall bei der SPÖ.)
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 145 |
Schauen wir uns einmal an (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl) – ich werde nachher mit ein paar Zahlen und Daten aufwarten, Frau Präsidentin Zwazl –, was im Artikel 25 der Dienstleistungsrichtlinie steht! Ich möchte darauf etwas genauer eingehen.
Das schaut so aus: Das Land, zum Beispiel Österreich, darf vom Dienstleister, aber auch von den Arbeitnehmern, die dort beschäftigt sind, nicht verlangen, dass diese eine Einreise- oder Ausreiseerlaubnis, einen Aufenthaltstitel oder eine Arbeitserlaubnis vorlegen.
Was heißt das dezidiert? – Wie wollen wir bei einer Regierung, zum Beispiel in Polen, in Warschau, wo immer, anfragen, ob es einen bestimmten Arbeitnehmer in einem bestimmten Unternehmen gibt, ob der dort überhaupt angemeldet ist, ob für ihn soziale Abgaben geleistet werden?
In Linz zum Beispiel gab es einen Vorfall – das muss man auf der Zunge zergehen lassen –, wo in einem Unternehmen koreanische Mitarbeiter um 2 € pro Stunde tätig waren.
Solche Zustände, meine Damen und Herren, brauchen wir schon deswegen nicht, weil es dann für die österreichischen Betriebe keinen fairen Wettbewerb mehr gibt. So schaut es aus!
Wenn man sich da jetzt auf irgendwelche Verträge, die da in Ausarbeitung sein sollen, beruft und sagt: Das ist eigentlich alles Schnee von gestern, diese vielen berechtigten Anträge der österreichischen Landtage!, dann muss ich sagen: Mir ist im Ausschuss von einer Kollegin der ÖVP erklärt worden, der niederösterreichische Antrag sei schon überholt, das alles sei veraltet, da wurde schon neu verhandelt.
Da möchte ich Sie schon davon in Kenntnis
setzen – ich fange da ganz bewusst bei Wien an –, dass es in Wien
bereits am 17. Dezember 2004 eine Resolution gegen das
Herkunftslandprinzip gab. Danach folgten am 6. April 2005 Vorarlberg, Tirol am 3. Mai 2005, der Salzburger
Landtag am 2. Februar 2005, Oberösterreich, Initiativantrag, am 14. Jänner
und am 25. Jänner.
Und wegen der
hohen Aktualität möchte ich besonders Folgendes anmerken: Dringlichkeitsantrag
des oberösterreichischen Landtages betreffend Beharren auf dem Ziellandprinzip
am 4. Oktober 2005, also nur wenige Tage alt.
Weiters:
niederösterreichischer Antrag am 24. Februar 2005, und Burgenland am
2. Dezember 2004.
Ich erwähne noch
einmal den Antrag des oberösterreichischen Landtages vom 4. Oktober 2005,
und ich spreche da jetzt konkret den Kollegen Wolfinger aus Oberösterreich an,
wobei ich doch bemerken möchte, dass der Kollege Kneifel es anscheinend nicht
für notwendig hält, bei solch einem Wirtschaftsthema hier anwesend zu sein.
Ich kann mir
nicht vorstellen, dass wir uns hier sozusagen als Dokumentation der föderalen
Struktur dieser Republik fühlen, aber den Beschlüssen der Landtage, Kollege
Wolfinger, die Ihre ÖVP-Kollegen mit den Grünen und mit den Sozialdemokraten beschlossen
haben, nicht zustimmen. – Die Abwesenheit des Kollegen Kneifel sei noch
einmal angemerkt.
Es gibt einen
Entschließungsantrag, wo ich nicht weiß, ob er auch wirklich eingebracht wird.
Er ist von einigen ÖVP-Bundesrätinnen und -Bundesräten unterzeichnet. Da heißt
es unter anderem – ich zitiere –:
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 146 |
Es soll darauf
hingewirkt werden, „dass ungerechtfertigte Barrieren im europäischen
Dienstleistungshandel systematisch beseitigt werden und Arbeitnehmer,
Unternehmer sowie Endverbraucher von der Öffnung der Dienstleistungsmärkte
profitieren können.“
Die werden nach
dem, wie das in der Dienstleistungsrichtlinie ausschaut, nicht profitieren,
sondern die werden schlichtweg zu Draufzahlerinnen und Draufzahlern! (Beifall
bei der SPÖ.)
Abschließend
zitiere ich noch einen Satz aus diesem Entschließungsantrag, in welchem es
heißt:
„Gleichzeitig
wird der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ersucht, sich dafür einzusetzen,
dass österreichische Standards, vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge –
insbesondere im Gesundheits- und Sozialsektor – aufrechterhalten werden.“
Was steht dem,
was man anscheinend billigen würde, gegenüber? – Am 4. Oktober 2005
haben sich Grüne, Sozialdemokraten und die Österreichische Volkspartei im
oberösterreichischen Landtag, Kollege Wolfinger, darauf verständigt, dass
erstens das uneingeschränkte Herkunftslandprinzip entschieden
abgelehnt wird und zweitens die Elemente der Daseinsvorsorge grundsätzlich vom
Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie auszunehmen sind.
Kollege Wolfinger,
ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie hier gegen die eigenen Beschlüsse im
Landtag stimmen werden. Dann würden wir uns nämlich in diesem Hohen Haus ad
absurdum führen.
Wir sind dazu da,
dass das, was da vorne auf dem Plakat steht – das haben einige
ÖVP-Wirtschaftsbündler unterschrieben – auch weiterhin gelten soll. Die
kleinen und mittleren Betriebe brauchen eine Existenzgrundlage auch in der
Europäischen Union. Daher sollten wir uns ganz entschieden gegen Herrn
Bolkestein und sein völlig unsinniges und wirtschaftsfeindliches Vorhaben
wenden.
Ich bitte jetzt noch einmal,
stellvertretend für alle oberösterreichischen Bundesräte, den Kollegen
Wolfinger ganz besonders, hier mit uns – ich nehme an, auch mit der
Fraktion der Grünen – zu stimmen. Ich gebe Ihnen, Herr Kollege, ein
kleines Lesezeichen, und Sie bekommen jetzt noch den Antrag von mir, der in
Oberösterreich beschlossen wurde. Ich gebe Ihnen diesen Antrag mit dem
oberösterreichischen Landeswappen drauf als Symbol. (Beifall und Bravorufe
bei der SPÖ. – Bundesrat Schimböck begibt sich zu Bundesrat
Wolfinger und überreicht diesem den entsprechenden Antrag.)
17.45
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.
17.45
Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Herrn Bundsrat Schimböck dankbar dafür, dass er einen föderalistischen Akt gesetzt hat, indem er Entschließungen von Landtagen zum Gegenstand eines Entschließungsantrages gemacht hat. Das ist ein ganz interessanter Akzent in einer Zeit, in der man den Bundesrat häufig vorwirft, alles andere als eine Länderkammer zu sein.
Wir alle bemühen uns, immer wieder auch Anliegen der Länder zu thematisieren. Insbesondere gilt das natürlich, wenn das Landtage tun. Das halte ich für sehr gut.
Weniger gut habe ich gehalten, dass Sie sich, Herr Bundesrat Schimböck, dabei auf zwei Landtage beschränkt haben, die anderen sozusagen ausgegrenzt haben. (Zwischenruf des Bundesrates Schimböck.) Bitte? (Bundesrat Schimböck: ... vorgele-
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sen!) Nein, Entschuldigung! Sie beziehen sich in Ihrem Entschließungsantrag darauf, dass der Bundesrat die Entschließungen von zwei Landtagen unterstützen soll.
Sie haben jetzt selber dokumentiert, dass es in fast allen anderen Landtagen auch entsprechende Entschließungen gegeben hat. Ich hätte mir schon erwartet, dass man hier die anderen Bundesländer auch mit einbezieht. Aber ich kann schon auch ein bisschen verstehen, dass damit die Diskussion – und ich werde das jetzt ausführen – für Sie etwas komplizierter geworden wäre.
Die meisten der erwähnten
Landtagsentschließungen stammen aus einer Zeit vor dem 23. März dieses
Jahres. Dieses Datum ist deshalb wichtig, weil zu diesem Zeitpunkt der
Europäische Rat übereingekommen ist, dass die Kommission den bisherigen
Richtlinienentwurf überarbeiten muss. Das heißt, er ist in der damals zu Recht
kritisierten Form nicht mehr Gegenstand der weiteren Beratungen in der
Europäischen Union gewesen. (Ruf bei der
SPÖ: Das ist falsch!)
Es hat nachher natürlich auch noch entsprechende Willensäußerungen von Landtagen gegeben, namentlich in Tirol und in Vorarlberg, und zwar nach diesem Datum, als die Landtage darauf hingewiesen haben, dass die Bundesregierung weiterhin im Sinne der gemeinsamen Länderstellungnahme des Jahres 2004 – die hat es auch gegeben – tätig bleiben möge.
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat dem Vorarlberger Landtag dann – das finde ich eine nette Geste – auch tatsächlich eine Antwort zukommen lassen, obwohl er gar nicht Adressat einer Landtagsentschließung sein kann, und er schreibt – ich zitiere hier zusammenhängend – Folgendes:
Der derzeitige Entwurf muss jedoch verbessert werden, um die österreichischen Standards abzusichern. Erforderlich ist etwa eine eindeutige Abgrenzung der Dienstleistungsrichtlinie von der Entsenderichtlinie, in deren Anwendungsbereich das Herkunftslandprinzip nicht gilt, weiters von der Berufsanerkennungsrichtlinie. Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie für sensible Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, insbesondere im Gesundheits- und Sozialsektor, sind gleichfalls nötig. – Und so weiter und so fort.
Es wird hier also vom Wirtschaftsminister ausführlich dokumentiert, was im Sinne dieser Landtagsentschließungen bereits erreicht wurde, nämlich: Rückziehung des ursprünglichen Vorschlages, Auftrag an die Kommission, das im Lichte der Stellungnahme zu überarbeiten.
Vom Vorarlberger Landtag ist mir nicht bekannt geworden, dass er mit dieser Antwort des Herrn Wirtschaftsministers nicht zufrieden gewesen wäre.
Wir verstehen natürlich, dass die Ablehnung des Entschließungsantrages im Ausschuss für Sie – aber auch für die Sache – unbefriedigend ist. Einiges ist noch zu tun, das ist keine Frage, und daher ist es wahrscheinlich auch für den Wirtschaftsminister hilfreich, sich bei Verhandlungen darauf berufen zu können, dass die Länder und die beiden Kammern des Parlaments eine entsprechende Einflussnahme von ihm erwarten. Daher haben wir uns entschlossen – auch in Anbetracht dessen, dass noch mehr Landtage als der oberösterreichische und der niederösterreichische Landtag entsprechende Entschließungen gefasst haben, und unter Berücksichtigung dessen, was an österreichischer Position bereits erfolgreich vertreten werden konnte –, folgenden Antrag, von dem ein Exemplar bereits dem Präsidium vorliegt, hier einzubringen.
Entschließungsantrag
der Bundesräte Jürgen Weiss, Engelbert Weilharter, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weiteren Verhandlungen zur Dienstleistungsrichtlinie
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Der Bundesrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird auch im Hinblick auf Entschließungen mehrerer Landtage ersucht, in den Verhandlungen über die Dienstleistungsrichtlinie auch weiterhin aktiv daran mitzuwirken, dass ungerechtfertigte Barrieren im europäischen Dienstleistungshandel systematisch beseitigt werden und Arbeitnehmer, Unternehmer sowie Endverbraucher von der Öffnung der Dienstleistungsmärkte profitieren können. Gleichzeitig wird der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ersucht, sich dafür einzusetzen, dass österreichische Standards, vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge – insbesondere im Gesundheits- und Sozialsektor – aufrechterhalten werden.
*****
Soweit der Wortlaut des Beschluss-Antrages – Herr Kollege Schimböck ist in seiner Wortmeldung schon kurz darauf eingegangen.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass natürlich die Beseitigung von Barrieren und auch eine im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes an sich zweckmäßige Systematisierung dieses Bereiches ja beileibe kein Selbstzweck sein kann, sondern eine dienende Funktion hat, nämlich im Interesse auch der Arbeitnehmer und Unternehmer unseres Landes einen Fortschritt zustande zu bringen.
Ich hoffe sehr, dass wir uns bei unserer Willensäußerung, bei dem, was wir von der Bundesregierung und vom Bundesminister erwarten, auf einen gemeinsamen Nenner einigen können. Das wäre gut, weil es in der Sache selbst ja keine wesentlichen Unterschiede, sondern, wie ich denke, einfach auch noch gerne fortgeführte Missverständnisse gibt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
17.52
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Jürgen Weiss, Engelbert Weilharter, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend die weiteren Verhandlungen zur Dienstleistungsrichtlinie ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Lichtenecker. – Bitte.
17.53
Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen sind prinzipiell dafür, dass wir für eine Situation sorgen, in der wir einen stabilen, starken Binnenmarkt haben – das ist das Grundsätzliche, das wir sozusagen drüberstellen. Klar ist aber, dass wir in den Bereichen VerbraucherInnenschutz, Lohnniveau, Umwelt und Soziales europaweit sehr gute Standards haben wollen. Das ist die Grundvoraussetzung.
Es hat im Februar einen Entwurf gegeben, der dann in der ursprünglichen Form nicht zur Abstimmung gekommen ist, aber es bestehen bei den Menschen natürlich viele Ängste und Sorgen diesbezüglich. Beispiele dafür hat Kollege Schimböck vorhin schon genannt.
In Oberösterreich hat sich auch eine Plattform gegründet, wo Sorgen im Hinblick auf den alten Entwurf zum Ausdruck gebracht wurden. Ich möchte die dabei angesprochenen Punkte hier näher ausführen. Das soll hier auch als Diskussionsgrundlage für weitere Entschließungsanträge dienen. Wir Grünen bringen übrigens hier ebenfalls einen Entschließungsantrag ein.
Welche Punkte betreffen die Änderungsvorschläge, die mit berücksichtigt werden sollen?
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Das ist erstens einmal das Herkunftslandprinzip. Die Art und Weise, wie das diskutiert worden ist, nämlich sozusagen der Wettlauf nach unten beim Arbeitsrecht, beim Umweltrecht und beim Konsumentenschutz, hat zu großer Sorge bei den Menschen, bei der Bevölkerung geführt. Natürlich bestand auch Sorge um die kleinen und mittelständischen Unternehmungen, die dann der Billigkonkurrenz ausgeliefert werden.
Ein zentraler Punkt ist auch der zunehmende
Druck auf die öffentlichen Dienstleistungen, was auch wir als grüne Fraktion
in keinerlei Weise wollen. Im Gegenteil!
Sorge besteht auch dahingehend, dass es jetzt auf einmal mit dieser Dienstleistungsrichtlinie (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl) – auch mit dem neuen Entwurf, Frau Präsidentin – dazu kommen kann, dass wir mit 25 Rechtsordnungen konfrontiert sind. Da gibt es eine Menge Sorgen, denen jetzt in den neuen Änderungsvorschlägen Rechnung getragen werden muss.
Ein weiterer Punkt ist, dass der Schwarzarbeit und der Steuerhinterziehung mit einem etwaigen Entwurf, der unglücklich ausgefallen ist, Vorschub geleistet wird.
Selbstverständlich zu erwähnen ist der Punkt – und da schaue ich zu Kollegin Bachner hin –, dass ArbeitnehmerInnenrechte ganz grundsätzlich untergraben werden. Stichwort: Kündigungs- und Entlassungsschutz.
Es besteht die berechtigte Sorge, dass es auf einmal legal ist, auf verschiedenste Art und Weise LeiharbeiterInnen aus Griechenland oder Großbritannien zu holen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Bei der Leiharbeit ist es in der Regel etwas anderes. – Es besteht diese Befürchtung, und ich denke, dass man dem auch Rechnung tragen und die Vorschläge und Wünsche entsprechend einarbeiten muss.
Es ist in Österreich im Moment nicht einfach, den aktuellen Stand zu Gesicht zu bekommen. Es gibt sehr unterschiedliche Auskünfte auf allen Ebenen und auch in den Ministerien darüber, was de facto vertreten wird. Aus diesem Grund werden wir heute hier auch einen Entschließungsantrag einbringen, der in die Richtung geht, dass es die Regeln des Ziellandes sein müssen – die gelten für die Dienstleistungserbringer –, dass die hohen Sozial-, Lohn-, Qualitäts- und Umweltstandards eingehalten werden müssen. Es läuft darauf hinaus, dass eine Positiv-Liste darüber erstellt werden muss, welche kommerziellen Dienstleistungen betreffend das zur Anwendung kommen kann. – In diese Richtung soll das gehen. Mein Kollege wird diesen Entschließungsantrag dann in dieser Form einbringen.
Auch ganz kurz zur gemeinsamen Entschließung in Oberösterreich: Es haben sich sehr wohl alle Fraktionen dazu finden können, einen Antrag an die Regierung gemeinsam zu verabschieden, und zwar ein Ersuchen, all das, was ich jetzt da erwähnt habe, all die Sorgen ernst zu nehmen.
Es wundert mich sehr, dass es de facto hier in diesem Raum, in diesem Gremium, in dieser Institution Bundesrat anscheinend nicht möglich ist, dass sich ÖVP und auch BZÖ/FPÖ ein Stück bewegen und dem Antrag, der in vielen Landtagen – auch in Vorarlberg – Zustimmung gefunden hat, zustimmen, dass er also parteiübergreifend angenommen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)
17.58
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier. – Bitte.
17.59
Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen des Hohen Hauses! Herr Präsident Weiss, Sie haben die Initiative von Herrn Schimböck gelobt und gewürdigt in der Richtung, dass sie gleichzeitig
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eine Aufwertung des Bundesrates bedeutet. Ich denke, es könnte eine Sternstunde des Bundesrates sein, wenn ein solch zentrales, fundamentales europäisches Thema wie die Dienstleistungsrichtlinie – die, wenn sie vollzogen wird, in der Lage ist, das europäische Ziel zu zertrümmern – dazu genützt würde, das föderale Prinzip, die Interessen der Regionen stärker zu betonen und nicht mit der zentralen Vereinheitlichungs-Keule drüberzufahren.
Es wäre eine Chance für den Bundesrat und eine Chance für den Föderalismus, hier nicht den Vorgaben des Ministeriums zu folgen. Es ist kein Zufall, dass die Landtage so massiv dagegen angelaufen sind, und es stimmt in Wahrheit nicht, dass der Entwurf wesentlich verbessert worden ist.
Das Kernproblem der Dienstleistungsrichtlinie ist das Herkunftslandprinzip. Solange die Richtlinie diesem Prinzip folgt, ist eine Lösung in unserem Sinne nicht möglich, denn das Herkunftslandprinzip hat Folgewirkungen. Da kann man höchstens für einige Berufsgruppen und Branchen Ausnahmen hineinreklamieren, so geschehen für die Gesundheitsberufe, aber das ist viel zu wenig! Alle anderen Bereiche werden der Deregulierung ausgesetzt – Arbeitnehmer wie Gewerbe-, Handeltreibende, Kaufleute.
Frits Bolkestein, der frühere Binnenmarkt-Kommissar, hat in aller Offenheit gesagt: „Die nationalen Vorschriften sind zum Teil archaisch, übertrieben aufwändig und verstoßen gegen das EU-Recht. Diese Vorschriften müssen schlichtweg verschwinden.“
Mit dem Herkunftslandprinzip würden
25 Rechtssysteme in Konkurrenz treten, und zwar nach unten. Es würden sich
die jeweils billigsten Rechtssysteme durchsetzen. – Und das ist offensichtlich
Absicht! (Präsident Mitterer übernimmt wieder den Vorsitz.)
Man kann jetzt – was ein Ausweg wäre, aber das ist nur eine Scheinlösung – bei Beibehaltung des Herkunftslandprinzips Branchen hineinreklamieren. Aber was passiert? Die Branchen mit starken Lobbyisten in Brüssel werden sich durchsetzen, alle anderen bleiben übrig. Die starken Regionen, die starken Nationen setzen sich durch, die anderen bleiben übrig. Ein irrsinniger bürokratischer Aufwand, eine legistische Monsteraufgabe wäre die Folge.
Die Lösung wäre nur darin zu suchen, dass das Herkunftslandprinzip in den Mülleimer geworfen wird und das Entsendelandprinzip wieder gilt. Man könnte sich auf Fristen einigen, bis der europäische Prozess so weit fortgeschritten ist und sich die Systeme so weit angepasst haben, dass man den Markt tatsächlich öffnen kann. Aber die Systeme sind dermaßen unterschiedlich, dass das nichts anderes bedeuten würde – was ohnehin tendenziell schon der Fall ist und auch von der Bevölkerung in Europa entsprechend abgelehnt wird –, als dass die Kleingewerbetreibenden, die Arbeitnehmer, die Masse der kleinen Leute den Preis bezahlen für die Steigerung des Wettbewerbs, einen Wohlfahrtsverlust erleiden.
Ich könnte die Gründe, die gegen diese Dienstleistungsrichtlinie sprechen, in einigen Überschriften zusammenfassen:
Das Herkunftslandprinzip ist abzulehnen, weil es zu einem Unterbieterwettlauf bei Arbeits-, Umwelt- und Konsumentenschutzstandards führt, weil es zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe der Billigkonkurrenz aus dem EU-Ausland ausliefert. 25 Rechtsordnungen in einem Land führen zu einem Rechtschaos. In Österreich würden dann 25 Rechtsordnungen gelten. Bitte, stellen Sie sich das einmal vor! Wer soll da noch etwas überblicken und kontrollieren? – Eben niemand mehr!
Es herrscht pure Anarchie, weil die Kontrolle von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung vor Ort nicht mehr möglich wäre. Kündigungs- und Entlassungsschutz, Krankengeld, die Möglichkeit, einen Betriebsrat zu wählen, ließen sich nämlich ausschließlich nach österreichischem Recht vollziehen.
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Die Leiharbeit – ein Riesenproblem.
Abfallentsorger könnten in Österreich nach Recht des Herkunftslandes tätig werden und damit den hohen österreichischen Umweltstandard untergraben, und so weiter.
Das Herkunftslandprinzip würde den Standortwettbewerb weiter anheizen, und zwar mit einer Spirale dramatisch nach unten. Ich gebe Folgendes zu bedenken:
Mister Europa, Jacques Delors, hat, als er die Europäer für eine Zustimmung zu dem Binnenmarktprojekt gewinnen wollte, gesagt, vor einer Marktöffnung werden Rahmenbedingungen und Mindeststandards in den einzelnen Sektoren zu harmonisieren sein. – Vor einer Marktöffnung!
Jacques Delors hat weiters gesagt, die europäischen Sozialpartner können dabei aktiv mitgestalten über einen sozialen Dialog. – Ist auch nicht erfüllt worden.
Zusammengefasst sei gesagt, hinter diesem harmlosen Wort „Richtlinie“ verbirgt sich ein Instrument, das gewaltige Auswirkungen auf das Zusammenleben, auf das Wirtschaftsleben, auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt haben würde. Europas soziales Gefüge würde zertrümmert, kein Stein bliebe auf dem anderen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich dramatisiere nicht – das ist die Meinung der Experten!
Offensichtlich teilten die Landtage diese
Sorge, denn sie forderten die Regierung auf, diese Richtlinie mit dem
Herkunftslandprinzip zu Fall zu bringen. Der in diesem Zusammenhang von der
Österreichischen Volkspartei eingebrachte Antrag ist meines Erachtens zu vage
formuliert. Sie machen den den Markt betreffenden radikalen Intentionen von
Minister Bartenstein die Mauer mit Ihren Formulierungen, dass Barrieren
abgebaut werden sollen. – Was sind Barrieren? Barrieren sind immer auch
Schutzmaßnahmen für inländische Märkte, egal ob Arbeitsmärkte oder Warenmärkte
oder Dienstleistungsmärkte. (Bundesrat
Dr. Kühnel: ... falsche
Organisation!)
Sie würden dem Föderalismus einen Bärendienst erweisen, wenn Sie hier den zentralen Vorgaben des Ministeriums folgen. Negieren Sie den Klubzwang auf Regierungsseite, verhöhnen Sie nicht die von der Verfassung vorgesehene Aufgabe für den Bundesrat! (Bundesrat Weiss: Also das ist schon ein starkes Stück, diese Formulierung, finden Sie nicht!) Ja, das ist ein starkes Stück, was da bevorsteht, was da geplant ist, was hier zur Debatte steht. Das ist ein starkes Stück (Zwischenruf des Bundesrates Schimböck), und das verlangt wirklich eine ernsthafte Auseinandersetzung.
Das ist ein Gesetzesgebilde, das von vielen
Menschen noch nicht verstanden wird. Aber ich mache darauf aufmerksam, die
Leute spüren sehr wohl, was das heißt. (Bundesrat
Mag. Himmer: Wenn Sie
diejenigen überzeugen wollen ...!) Die französische Bevölkerung hat
nicht zufällig die Europäische Verfassung abgelehnt. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. – Bundesrat Hösele: Unterstellen Sie denen, was
Präsident Weiss hier vorgetragen hat?)
Es gibt ja Entschließungsanträge der
Landtage. Aus gutem Grund wird dort vor allem das Herkunftslandprinzip
abgelehnt. (Bundesrat Hösele: Haben Sie zugehört? – Weitere
Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Minister Bartenstein braucht hier offensichtlich gar nicht zu erscheinen, was ich ebenso bedauere wie mein Kollege Schimböck angesichts dieser Thematik, die eine derartige Tragweite hat. Entweder verlässt er sich auf Sie (in Richtung ÖVP), dass Sie ohnehin seine Geschäfte erledigen, oder er nimmt den Bundesrat nicht ernst, ich weiß es nicht. Man kann das interpretieren in jede Richtung.
Ich erinnere Sie, Kollege Kneifel, Kollege Tiefnig, Kollege Wolfinger, Kollege Baier, Kollege Spiegelfeld-Schneeburg, ich erinnere euch: Es gibt zwei einstimmige Beschlüsse des Oberösterreichischen Landtages, der letzte von voriger Woche, und der Oberös-
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terreichische Landtag hat sich sehr wohl auf den letzten Stand der Verhandlungen gebracht und auch mit berücksichtigt, dass die Europäische Volkspartei den Antrag gestellt hat, die Binnenmarkt-Ausschusssitzung letzte Woche abzusagen, um weitere Verhandlungen zu führen. Letzte Woche sollte schon über die Dienstleistungsrichtlinie im Binnenmarkt-Ausschuss des Europäischen Parlaments verhandelt werden. Auf Initiative Ihrer Schwesterpartei auf europäischer Ebene wurde diese Ausschusssitzung abgesagt, um das Ganze noch einmal zu überlegen, weil sie nicht mehr sicher sein konnte, dass es eine Mehrheit findet.
Die Abhandlung dieser Dienstleistungsrichtlinie wird während des österreichischen EU-Vorsitzes im nächsten ersten Halbjahr erfolgen. Bedenken Sie, egal wie Sie abstimmen: Die Menschen werden sich nicht überfahren lassen! Wir waren am 19. März dieses Jahres mit 150 000 protestierenden Arbeitnehmern in Brüssel, für den 25. Oktober war in Straßburg eine Demonstration geplant, sollte das Europäische Parlament Ende Oktober darüber abstimmen. Die Abstimmung wurde verschoben.
Man braucht nicht zu drohen, man braucht nur die Situation zu analysieren. Die Verhandlung eines Kompromisses fällt in die Zeit der österreichischen EU-Präsidentschaft, und ich denke, hier ist ein klarer Standpunkt des Bundesrates sicher von Vorteil, der einen Kompromiss fördern würde und der einen vielleicht nicht einsichtigen Minister doch zum Einlenken bringen könnte. Helfen Sie mit, dem Föderalismus hier im Haus zur Wirkung zu verhelfen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
18.13
Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. Ich darf ihm dieses erteilen.
18.13
Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Dienstleistungsrichtlinie beschäftigt wirklich ganz Europa – ganz egal, auf welcher Ebene, durch welche Parteien, durch welche Fraktionen. Es ist kein Wunder, dass die Landtage in Österreich, dass die Arbeiterkammer, dass alle Fraktionen darin einer Meinung sind. Erinnern Sie sich an die Bolkestein-Richtlinie, erinnern Sie sich bitte daran, dass wir alle hier fassungslos waren über die Ablehnung der Verfassung zur Europäischen Union! Was war denn da der eigentliche Hintergrund? Das war die Bolkestein-Richtlinie! Die Dienstleistungsrichtlinie war der Hauptgrund dafür, dass Frankreich mit Nein gestimmt hat; das ist mittlerweile durch die Aufarbeitung dieses Nein herausgekommen.
Es ist aber nicht so, dass das Thema abgesagt ist (Bundesrat Konečny: Im Gegenteil!); das ist hier irgendwie aufgekommen. Gar nichts ist abgesagt! Der Binnenmarkt-Ausschuss entscheidet im November 2005, und das Plenum ist angesetzt für Jänner 2006. Nichts ist abgesagt!
Was noch viel schlimmer ist: Es kann ein völlig inkohärentes Regelwerk entstehen. Es sind 1 124 Anträge zur Dienstleistungsrichtlinie im Europäischen Parlament eingegangen. Na servus, wenn da 30 abgelehnt und andere wieder angenommen werden, die in keiner Weise auch nur irgendwie zusammenpassen! Es droht ein Sozialdumping, eine Liberalisierung, die von der Bevölkerung in Europa so nicht mitgetragen wird. Nichts schädigt das Ansehen Europas mehr, als wenn das, was hier als Richtlinie vorliegt, auch so Realität wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Ja, sagen wir es so, wie es ist: Der Streitpunkt – auch wenn er hier nicht ausgesprochen wird – ist das Herkunftslandprinzip. Was bedeutet das Herkunftslandprinzip, um uns das einmal zu vergegenwärtigen? Das bedeutet, dass in Österreich 25 verschiedene Rechtsordnungen zur Anwendung kommen und ungleiche Wettbewerbsbedin-
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gungen geschaffen werden, dass Unternehmen mit Sitz in einem Land mit niedrigen Standards ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile lukrieren.
Was sind die Folgen? – Verdrängungswettbewerb, Lohn- und Sozialdumping, Verlagerung und Standortwettbewerb. Wir erkennen das bereits an der Debatte über die niedrigen Unternehmensbesteuerungen. Die unterschiedlichen Rechtssysteme führen zu einer enormen Rechtsunsicherheit bei den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, bei den Konsumenten und Konsumentinnen und bei den Unternehmen selbst.
Meine Damen und Herren! Auch das Arbeitsrecht ist nach dem, was derzeit vorliegt, nur zum Teil aus dem Herkunftslandprinzip ausgenommen. Das heißt, eine Aufweichung des Prinzips Entgeltfortzahlung bei Krankheit, Kündigungsschutz, Versetzungsschutz und so weiter steht hinter dieser Diskussion.
Ich lese Ihnen einmal die Liste an Forderungen, was ausgenommen werden soll – soll! –, was derzeit aber enthalten ist, vor: Leiharbeit, der gesamte Bereich der Daseinsvorsorge, also Dienstleistungen im allgemeinen Interesse und Dienstleistungen im allgemeinwirtschaftlichen Interesse, die Bildung, Forschung und Entwicklung, Gesundheit und alle Krankenhäuser, Pflege, die Tätigkeit der Sozialversicherungen, die Qualitätssicherung, Sicherheitsbereiche wie das Waffenrecht, Beschussrecht, explosive Stoffe, ethisch sensible Bereiche wie die Biotechnologie, hoheitliche Aufgaben wie Notare und Gerichtsvollzieher, nichtanwaltliche Rechtsberatung, auf Schuldverhältnisse anwendbares Recht, einschließlich des Rechts auf freie Rechtswahl, das Kartellrecht, Dienstleistungen verbunden mit dauernder oder zeitweiser Ausübung öffentlicher Gewalt.
Geprüft werden derzeit die Verkehrsdienstleistungen, das Glücksspiel, der gesamte Bereich der audiovisuellen Medien, Zeitungen, Filmförderung, Abwasserversorgung, der gesamte Abfallbereich, Atom- und Strahlenschutz, das Steuerwesen, einschließlich der Besteuerung von Dienstleistungen.
Ich habe Ihnen jetzt die Ausnahmeanforderungen in 1 124 Anträgen vorgelesen. Diese 1 124 Anträge fordern in unterschiedlicher Weise Ausnahmen. Jetzt ist all das, was ich Ihnen aufgezählt habe, enthalten, und daran sehen Sie, was das für Auswirkungen auf das soziale, auf das Wirtschaftssystem, auf die Kontrolle und nicht zuletzt auf die arbeitsrechtlichen Standards in unserem Land hat.
Liebe Kollegen Weilharter und Weiss! Ich habe keine polemische Rede gehalten, sondern ich habe einfach gesagt, was Sache ist. Aber eines muss ich schon sagen: Wenn Sie beide den Bundesminister für Arbeit auffordern, weiterhin aktiv mitzuarbeiten, dann, muss ich ehrlich sagen, verstehe ich das nicht. Entweder – Kollege Weilharter, Sie sind Steirer – ist Herr Bartenstein amtsmüde oder er hat gesagt, er möchte nicht mehr mitarbeiten, dass wir ihn jetzt auffordern, weiterhin aktiv mitzuarbeiten, denn das ist an sich eine Selbstverständlichkeit. Die Landtage, wo auch immer, und auch Ihre Fraktionen, auch die Fraktion christlicher Gewerkschafter in der Arbeiterkammer, wollen eine andere Antwort als nur, dass Kollege Bartenstein weiterhin aktiv mitarbeitet.
In diesem Sinne bringen auch wir einen Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
Der Bundesrat wolle beschließen:
Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, bei den Verhandlungen auf nationaler als auch auf EU-Ebene, insbesondere auch während der österreichischen EU-Präsidentschaft
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 154 |
den vorliegenden Vorschlag der Kommission betreffend eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt abzulehnen und sich für die Vorlage eines neuen Entwurfs von Seiten der Europäischen Kommission einzusetzen.
dafür einzutreten, dass, solange keine Harmonisierung stattgefunden hat, die Regelungen des Ziellands gelten müssen und nicht die des Herkunftslandes und dass außerdem das Zielland für die Kontrolle der Dienstleistungserbringer zuständig sein muss.
ein „race to the bottom“ zu den niedrigsten Anforderungen für Dienstleistungserbringer zu verhindern indem sie für hohe Sozial-, Lohn-, Qualitäts- und Umweltstandards eintreten – die mittels eines Koordinationsprozesses u. a. über Genehmigungsregeln, Anforderungen an Dienstleistungserbringer, die eine Niederlassung gründen wollen für einzelne Sektoren auf hohen Niveau harmonisiert werden.
sich für die Erstellung eines Vorschlags einer Positivliste mit ausschließlich kommerziellen Dienstleistungen einzusetzen, damit genau definiert ist, auf welche Bereiche die Dienstleistungsrichtlinie anzuwenden ist. Diese Positivliste darf die Leistungen der Daseinsvorsorge, sowie weitere sensible Bereiche wie etwa Gesundheitsdienstleistungen und sonstige soziale Dienste, Bildung, Kultur und audiovisuelle Dienste nicht enthalten.
sich für die Erstellung einer EU-weiten Studie einzusetzen, in der die sozialen, rechtlichen, volkswirtschaftlichen, ökologischen, wettbewerbsmäßigen und regionalen Auswirkungen der geplanten Regelungen auf die einzelnen Sektoren in den einzelnen EU-Länder von unabhängigen Forschungsinstituten untersucht werden.
*****
Das ist der Entschließungsantrag, den wir einbringen. Und wir bitten Sie, diesen kleinen Schritt gemeinsam mit uns zu gehen. Auch dieser Antrag sagt nicht, dass wir grundsätzlich gegen eine europäische Regelung bei Dienstleistungen sind, aber es kommt darauf an, welche. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
18.23
Präsident Peter Mitterer: Hohes Haus! Der von den Bundesräten Schennach, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Rücknahme des Entwurfes der Dienstleistungsrichtlinie ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Boden das Wort.
18.23
Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Vizepräsident Weiss, ich schätze natürlich Ihre Arbeit, die Sie immer wieder für den Föderalismus einbringen, ich verstehe es allerdings nicht, wenn Sie hier sagen, dass die Entschließungsanträge beider Fraktionen in der Sache das Gleiche sind, sie aber unserem nicht zustimmen. (Bundesrat Weiss: Habe ich ja gar nicht gesagt! – Bundesrat Bieringer: Wo hat er das gesagt?) Wenn sie in der Sache das Gleiche sind, dann können Sie auch unserem Entschließungsantrag zustimmen! (Zwischenruf des Abg. Bieringer.) – Zuerst gesagt – Herr Professor Böhm, Sie können das bestätigen –: In der Sache das Gleiche, aber wir bringen einen eigenen Entschließungsantrag ein. – Sie könnten auch unserem Entschließungsantrag zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Verehrte Damen und Herren! Diese Dienstleistungsrichtlinie ist sehr umfangreich, und auch die Anträge dagegen beziehungsweise die Anträge, mit denen sie abgeändert werden soll, sind, wie wir schon gehört haben, sehr umfangreich.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 155 |
Haben Sie schon einmal den Versuch gestartet und jemanden gefragt: Was sagen Sie zur Dienstleistungsrichtlinie? (Ruf bei der ÖVP: Wahrscheinlich gar nichts, weil sie keiner kennt! – Bundesrat Konečny – in Richtung ÖVP –: Sie auch nicht, nehme ich an! Der erste richtige Zwischenruf nach neuneinhalb Stunden!) – So schaut es nämlich aus. Völlig richtig.
Man erhält meistens keine Antwort, oder wenn man Mandatare fragt, was Sie von der Dienstleistungsrichtlinie halten, so hört man immer wieder: Ich muss mir die Richtlinie erst ansehen!, oder: Ich weiß noch nicht, was drinsteht!
Wenn man sich die Abstimmungen dazu anschaut, stellt man immer wieder fest, dass EU-Abgeordnete, die in der Öffentlichkeit dagegen sind, bei der Abstimmung dann ganz einfach zustimmen.
Ich glaube, dass es in Zukunft sehr wichtig sein wird, diese Richtlinie auf einer breiten Basis zu diskutieren und dieser Richtlinie nur dann zuzustimmen, wenn eine breite Basis dieser Richtlinie zustimmt.
Ich möchte nur ein kleines Beispiel bringen. Ein Unternehmer meldet seinen Sitz oder seinen Standort im Ausland an. Für die Arbeiter, für die Angestellten offensichtlich keine Veränderung. Nur: Wenn das Herkunftslandprinzip seine Gültigkeit hat, wie viel Urlaub hat dann dieser Arbeiter? Was passiert, wenn er in den Krankenstand geht? Was ist dann mit all den sozialen Aspekten, die in Österreich gelten? Gelten die dann auch für diesen Arbeiter? – Ich glaube, da muss man sehr wohl differenzieren und überlegen.
Oder ein anderes Beispiel: Wie Sie wissen, darf man in Frankreich auch bei Rot nach rechts abbiegen. Haben Sie schon daran gedacht, welche Konsequenzen es hat, wenn ein Franzose in Wien bei Rot rechts abbiegt und einen Unfall verursacht? Wie kommen Sie zu Ihrem Recht? Ich glaube, man muss sich all diese Aspekte sehr wohl überlegen. (Bundesrat Dr. Böhm: Das hat mit Dienstleistung nichts zu tun! – Bundesrat Mag. Himmer: Das hat mit der Straßenverkehrsordnung zu tun!)
Herr Vizepräsident Weiss, Sie haben es
bereits angesprochen: Der Niederösterreichische Landtag hat schon vor dem
März, nämlich am 24. Februar, in seiner 22. Sitzung, einen Antrag an
die Bundesregierung gestellt, und zwar die Abgeordneten Mag. Wilfing,
Erber, Dr. Prober, Schittenhelm, Rinke und Hiller – alle keine
Abgeordneten der Sozialdemokraten. Die sozialdemokratischen Abgeordneten im EU-Ausschuss haben sich diesem Antrag
natürlich angeschlossen.
Für mich ist die
Aufforderung an die Bundesregierung wichtig: Es soll in der Richtlinie der
Binnenmarkt klargestellt werden. Eine durch die schrankenlose Einführung des
Herkunftslandprinzips bewirkte InländerInnen-Diskriminierung soll verhindert
werden. Es soll keine Maßnahme gesetzt werden, die zu einem erheblichen
Verwaltungsmehraufwand und damit zu erhöhten Kosten führt, und einige Punkte
mehr.
Sie haben es
bereits erwähnt: Es sind einige Landtage, die einen Antrag ausgearbeitet und
eingebracht haben. (Bundesrat Weiss:
Und einen Monat später ist die Kommission beauftragt worden, die
Richtlinie ...! – Bundesrat Konečny –
in Richtung ÖVP –: Sie hat es aber nicht getan! Das stimmt so
nicht!) – Ja, beauftragt worden, aber es hat sich an der Richtlinie
selbst nichts verändert. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Bundesrat Konečny: Nein, die sind jetzt im
Parlament!)
Wir wollen dem
Herkunftslandprinzip auf keinen Fall zustimmen! (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen.)
18.29
Präsident Peter Mitterer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile ihr das Wort.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 156 |
18.29
Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Leider ist kein Minister auf der Regierungsbank. Liebe Frau Kollegin Zwazl, du hast uns vorher erklärt, dieser Landtagsbeschluss hätte sich mehr oder weniger schon erübrigt, weil er schon großteils erfüllt ist oder obsolet sei. (Bundesrätin Zwazl: Nein, ich habe gesagt, dass er veraltet ist!) – Er ist veraltet. Obsolet ist er, nicht? (Bundesrätin Zwazl: ... veraltete Voraussetzungen gegeben waren!)
Dann würde ich bitten, dass die
Landesregierung, wenn ein Landtagsbeschluss obsolet wird, dies dem Landtag mitteilt. Vielleicht kannst du
das weiterleiten. Es wäre eine spannende Geschichte, wenn die Landesregierung
dem Landtag dann eine Rückmeldung gäbe. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)
Das hat unser Klub nicht bekommen, offensichtlich also nicht der gesamte Landtag. Aber vielleicht kann man das weiterleiten und bewerkstelligen, dass das in Zukunft alle Landtagsfraktionen erhalten.
Ich weiß nicht, wie weit jetzt der
Diskussionsstand ist. In der EU liegen angeblich
1 200 Abänderungsanträge; hier bei uns gibt es jetzt insgesamt vier
Entschließungsanträge. Diese habe ich verglichen – und da, muss ich
sagen, fallen mir schon einige Unterschiede auf: So zum Beispiel ist in dem
Antrag, den heute Herr Kollege
Weiss eingebracht hat, die Ausnahme für den sensiblen Bereich der Daseinsvorsorge, insbesondere
im Gesundheits- und Sozialsektor, und für Glücksspiele interessant. (Bundesrat
Weiss: Dazu hat die SPÖ im
Nationalrat sogar einen eigenen Entschließungsantrag gehabt!)
In unserem Entschließungsantrag geht es um eine Positivliste für die Leistungen der Daseinsvorsorge. Da gibt es sensible Bereiche wie Gesundheitsdienstleistungen und soziale Dienste, Bildung, Kultur und audiovisuelle Dienste. – Die Glücksspiele sind uns also nicht so wichtig, dafür aber umso mehr die Bereiche Bildung und Kultur.
Was den Niederösterreichischen Landtag betrifft, ist es so, dass so genannte Dienstleistungen in der Daseinsvorsorge, insbesondere Gesundheits- und Sozialdienstleistungen – das haben wir alle in unseren Anträgen drinnen –, die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, Abfallwirtschaft, Bildung und Kultur ausgenommen sind.
Allein daran kann man erkennen: Was die wichtigsten Bereiche der Daseinsvorsorge sind, darüber gibt es nicht unbedingt eine hundertprozentige Übereinstimmung. Daher würde ich schon bitten, das einmal zu klären.
Zu einem weiteren Punkt im Entschließungsantrag des Herrn Kollegen Weiss, ein Antrag, den ich an und für sich sehr gern unterstützen würde, wenn man ein bisschen etwas streichen würde. Ich würde jederzeit die Formulierung unterschreiben: Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird auch im Hinblick auf Entschließungen mehrerer Landtage ersucht, in den Verhandlungen über die Dienstleistungsrichtlinie daran mitzuwirken, dass Arbeitnehmer, Unternehmer sowie Endverbraucher von der Öffnung der Dienstleistungsmärkte profitieren können“. – Dazu also ein Ja, auch wenn man gleichzeitig hineinschreibt, dass ungerechtfertigte Barrieren im europäischen Dienstleistungshandel systematisch beseitigt werden sollen.
Wenn weiter vorne im Antrag des Kollegen Weiss steht, dass die Zielsetzung durch die Implementierung des Herkunftslandprinzips erreicht werden kann, so ist das für mich einfach ein Widerspruch. Daher kann ich diesem Teil nicht zustimmen.
Genau so, wie es Kollege Schennach heute schon gesagt hat, stelle auch ich mir das vor: Wenn es bei der EU genauso zugeht – eigentlich noch viel schlimmer –, eben mit 1 200 Abänderungsanträgen, wo wir hier vier Anträge dazu haben, die völlig verschie-
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den sind, so nehme ich an, dass eine Reparatur dieses Gesetzes nicht möglich ist, sondern dass man einfach von vorne anfangen muss.
Und das steht prinzipiell auch in unserem Entschließungsantrag drinnen, nämlich dass man den derzeitigen Dienstleistungsrichtlinien und dem Herkunftslandprinzip nicht zustimmt, sondern sich künftig einfach wieder auf das Zielland konzentriert. (Beifall bei den Grünen.)
18.33
Präsident Peter Mitterer: Letzte Wortmeldung hiezu: Frau Bundesrätin Konrad. Ich darf sie zum Rednerpult bitten.
18.33
Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Bieringer hat mich gebeten, mich kurz zu fassen, damit Kolleginnen und Kollegen noch das Flugzeug erreichen können. Da inhaltlich bereits sehr viel und ausführlich diskutiert wurde, werde ich Ihnen, Herr Kollege Bieringer, diesen Wunsch erfüllen.
Die Diskussion darüber, was die Rolle der EU sein soll, ist ja eine sehr alte. Ich glaube, sie ist fast so alt wie die EU selbst. Die Frage ist jetzt: Soll sie eine soziale Union sein, soll sie eine wirtschaftliche oder eine militärische Union sein?
In der öffentlichen Diskussion wird dieser soziale Aspekt meistens groß geschrieben. Wenn man sich die öffentliche Diskussion anhört, könnte man meinen, alle sind der Meinung, die EU soll vor allem eine soziale Union sein.
Die Wirtschaft scheint elegantere,
vielleicht einfachere Wege zu haben, immer wieder ihre Interessen
durchzusetzen, denn in der Realität ist die EU sehr oft vor allem eine wirtschaftliche
Union; die sozialen Standards bleiben dahinter zurück. Verstehen Sie mich bitte
nicht falsch: Ich habe nichts gegen die Wirtschaft. (Unruhe im Saal.)
Präsident Peter Mitterer: Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.
Bundesrätin Eva Konrad (fortsetzend): Entschuldigung, ich werde nur ein bisschen abgelenkt, wenn ich die – nicht an mich gerichteten – Zwischenrufe höre.
Klar sein muss, dass davon, worüber wir jetzt diskutieren, nicht die Klein- und Mittelbetriebe, sondern vor allem die Großbetriebe profitieren würden, wobei ich aber meine, dass diese meistens auch ohne politische Hilfe recht gut zurechtkommen.
Es passiert ja sehr oft, dass EU-Themen missbraucht werden und dass die EU quasi als Sündenbock für diverse innenpolitische Diskussionen benutzt wird, ich glaube aber, dass wir uns alle darin einig sind, dass die Dienstleistungsrichtlinie kein solches Thema ist, sondern dass die Dienstleistungsrichtlinie tatsächlich ein Problem darstellt, das eine ganz große Gefahr für alle Bürgerinnen und Bürger sein kann, wenn sie in dieser Form kommt. Ich kann es mir nicht anders erklären, dass es eben einstimmige Resolutionen diverser Landtage gibt, die hiemit ihren Protest ausgedrückt haben.
Es gibt ein weiteres Phänomen, das mit der EU zu tun hat, nämlich das, dass es viele Regelungen gibt, die zwar einstimmig den Ministerrat passieren, wo dann aber die entsprechenden politischen Vertreter vor Ort, in ihren Heimatländern also, plötzlich dagegen sind beziehungsweise dagegen gewesen sein wollen.
Ich hoffe, dass dieses Phänomen nicht auch hier im Hohen Haus bei unserer heutigen Abstimmung eintreten wird. Wenn Sie sich den Entschließungsantrag von uns Grünen anschauen, sehen Sie, dass darin vor allem viele soziale Punkte betont werden, Dinge, die uns sehr am Herzen liegen und die in der Diskussion um die Dienstleistungsrichtlinie zu betonen und einzubringen wären.
Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 158 |
Die wirtschaftlichen Interessen werden sich durchsetzen, da habe ich keine Sorge. Die sozialen Interessen zu betonen, das wäre wichtig, diese zu stärken und zu unterstützen.
Wenn auch Sie dieser Meinung sind, würde ich Sie bitten, diesem Entschließungsantrag von uns Grünen zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
18.36
Präsident Peter Mitterer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Die Debatte ist geschlossen.
Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.
Wir gelangen nun zur Abstimmung.
Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Entschließungsantrag 144/A (E)-BR/2005 der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung der Bemühungen des Oberösterreichischen und des Niederösterreichischen Landtages zur Verhinderung der EU-Dienstleistungsrichtlinie ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Es ist dies nicht die Mehrheit. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der gegenständliche Entschließungsantrag 144/A (E)-BR/2005 der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.
Es liegt hiezu ein Entschließungsantrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Engelbert Weilharter, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend die weiteren Verhandlungen zur Dienstleistungsrichtlinie vor.
Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich mache auch hier von meinem Stimmrecht Gebrauch und stelle fest, dass das mit Stimmenmehrheit beschlossen wurde. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (E 194-BR/05.)
Es liegt weiters ein Entschließungsantrag der Bundesräte Schennach, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Rücknahme des Entwurfs der Dienstleistungsrichtlinie vor.
Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich mache auch hier von meinem Stimmrecht Gebrauch und stelle fest, dass Stimmenminderheit vorhanden ist. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Tagesordnung ist erschöpft.
Einlauf
Präsident Peter Mitterer: Ich gebe noch bekannt, dass in der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 23 Anfragen, 2343/J bis 2365/J, eingebracht wurden.
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Bundesrat | 725. Sitzung / Seite 159 |
Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Freitag, der 4. November 2005, 9 Uhr in Aussicht genommen.
Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.
Die Ausschussvorberatungen sind für Mittwoch, den 2. November 2005, ab 14 Uhr vorgesehen.
Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass an diesem Tag, am Mittwoch, den 2. November 2005, um 13 Uhr eine kurze Sitzung des Bundesrates zur Wahl der Ausschüsse in Aussicht genommen ist.
Ich bedanke mich und erkläre die heutige Sitzung für geschlossen.
Schluss der Sitzung: 18.40 Uhr
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien |