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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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747. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Freitag, 20. Juli 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

747. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 20. Juli 2007

Dauer der Sitzung

Freitag, 20. Juli 2007: 9.02 – 19.15 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pflege-Übergangsgesetz geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2007 (Bundesfinanzge­setz 2007) geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006 geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz, das ORF-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, die Reisegebührenvor­schrift 1955, das Väter-Karenzgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bezüge­gesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungs­gesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Bedienste­tenschutzgesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landesleh­rer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Bundesbediens­teten-Sozialplangesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2007)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tier­schutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2007)


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Er­klärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999

12. Punkt: Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Ge­meinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko anderer­seits samt Anhängen

13. Punkt: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits samt Erklärung

14. Punkt: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Ukraine

15. Punkt: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie dem Königreich Marokko

16. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates

17. Punkt: Abkommen zur Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 samt Schlussakte

18. Punkt: Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regie­rungen der Mitgliedstaaten über die Finanzierung der im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2008–2013 bereitgestellten Gemeinschaftshilfe im Rahmen des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens und über die Bereitstellung von Finanzhilfe für die über­seeischen Länder und Gebiete, auf die der vierte Teil des EG-Vertrags Anwendung fin­det

19. Punkt: Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regie­rungen der Mitgliedstaaten zur Änderung des Internen Abkommens vom 18. Sep­tember 2000 über die zur Durchführung des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren

20. Punkt: Protokoll über explosive Kampfmittelrückstände (Protokoll V)

21. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft

22. Punkt: Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der ge­meinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007) und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2007)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007) erlassen wird sowie das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das Investmentfondsgesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Konsumenten­schutzgesetz und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 3

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (VAG-Novelle 2007)

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 geändert wird – Kraftfahrzeugsteuergesetz-Novelle 2007 (KfzStG-Novelle 2007)

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz-NoVAG 1991 geändert wird

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz 1981 geändert wird

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird

30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Neuseeland auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

*****

Ergänzung der Tagesordnung ........................................................................................ 51

31. Punkt: Selbständiger Antrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Sonja Zwazl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Bildung – Beruf – Wirtschaft – Mehr Chancen für Alle“ (161/A-BR/2007)

32. Punkt: Selbständiger Entschließungsantrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernennung des Donau Limes zum Weltkulturerbe [162/A(E)-BR/2007]

*****

Inhalt

Bundesrat

Antrittsansprache des Präsidenten Mag. Wolfgang Erlitz ...................................... 32

Erklärung des Landeshauptmannes der Steiermark Mag. Franz Voves gemäß § 38 Abs. 3 GO-BR zum Thema „Regionext – die steirische Antwort auf den Standortwettbewerb in Europa“ – Bekanntgabe       36, 35

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 38 Abs. 4 GO-BR ....................... 35

Landeshauptmann Mag. Franz Voves ....................................................................... 36

Debatte:

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 40

Franz Perhab ........................................................................................................... ..... 42

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 44

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 46

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Alfred Gusenbauer betreffend Nominierung eines Mitgliedes des Europäischen Rechnungshofes gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz                49


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 4

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Alfred Gusenbauer betreffend Nominierung eines stellvertretenden Mitgliedes in den Ausschuss der Regionen gemäß Arti­kel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz         ............................................................................................................................... 49

Antrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Sonja Zwazl, Kolleginnen und Kollegen, den Selbständigen Antrag 161/A-BR/2007 der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Sonja Zwazl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Bildung – Beruf – Wirtschaft – Mehr Chancen für Alle“ gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorbe­ratung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen – Annah­me ...............................................  50, 50

Antrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kol­legen, den Selbständigen Entschließungsantrag 162/A(E)-BR/2007 der Bundes­räte Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernen­nung des Donau Limes zum Weltkulturerbe gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen – Annahme              51, 51

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 16

Fragestunde (128.)

Justiz ............................................................................................................................. 16

Wolfgang Schimböck (1566/M-BR/07); Günther Köberl, Stefan Schennach, Peter Mitterer

Mag. Bernhard Baier (1563/M-BR/07); Wolfgang Schimböck, Franz Breiner, Mo­nika Mühlwerth

Stefan Schennach (1570/M-BR/07); Wolfgang Schimböck, Hans Ager

Peter Florianschütz (1567/M-BR/07); Sissy Roth-Halvax, Elisabeth Kerschbaum

Dr. Franz Eduard Kühnel (1564/M-BR/07); Peter Florianschütz, Eva Konrad

Ing. Siegfried Kampl (1569/M-BR/07); Stefan Schennach, Harald Reisenberger, Helmut Kritzinger

Erwin Preiner (1568/M-BR/07); Josef Saller, Franz Breiner

MMag. Barbara Eibinger (1565/M-BR/07); Johann Giefing, Eva Konrad

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 16

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 50

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  50, 173


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 5

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Pflege-Übergangsgesetz geändert wird (228/A und 187 d.B. sowie 7728/BR d.B.) ................. 51

Berichterstatterin: Renate Seitner ................................................................................ 51

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2007 (Bundesfinanzge­setz 2007) geändert werden (253/A, 246/A und 188 d.B. sowie 7723/BR d.B. und 7729/BR d.B.) ................................................................................................................. 51

Berichterstatterin: Renate Seitner ................................................................................ 51

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 52

Ana Blatnik .............................................................................................................. ..... 54

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 56

Josef Saller .............................................................................................................. ..... 57

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 58

Franz Wolfinger ....................................................................................................... ..... 60

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger ....................................................................... 61

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 64

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 64

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Landar­beitsgesetz 1984 geändert werden (141 d.B. und 191 d.B. sowie 7733/BR d.B.)                                                                                                               64

Berichterstatter: Günther Kaltenbacher ...................................................................... 65

Redner/Rednerinnen:

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 65

Monika Kemperle .................................................................................................... ..... 67

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 69

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 71

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 73

Alfred Schöls ........................................................................................................... ..... 74

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 76

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 76

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 79

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird (140 d.B. und 152 d.B. sowie 7734/BR d.B.)               79

Berichterstatterin: Monika Kemperle ........................................................................... 79


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 6

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 79

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ..... 81

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 83

Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ..... 84

Ana Blatnik .............................................................................................................. ..... 85

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 86

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 88

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006 geändert wird (127 d.B. und 186 d.B. sowie 7730/BR d.B.)           ............................................................................................................................... 88

Berichterstatter: Franz Perhab ...................................................................................... 88

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 88

Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 90

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 90

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 92

Staatssekretärin Heidrun Silhavy ............................................................................... 93

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 94

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz, das ORF-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (139 d.B. und 194 d.B. sowie 7731/BR d.B.) ........................................................................................ 95

Berichterstatterin: Sissy Roth-Halvax .......................................................................... 95

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Sodl ......................................................................................................... ..... 95

Mag. Harald Himmer .............................................................................................. ..... 96

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 97

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 99

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 101

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, die Reisegebührenvor­schrift 1955, das Väter-Karenzgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bezügegesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundes-Gleichbe­handlungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Mutter­schutzgesetz 1979, das Bundesbediensteten-Sozialplangesetz, das Auslandszu­lagen- und -hilfeleistungsgesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2007) (255/A und 193 d.B. sowie 7732/BR d.B.) ............................................................................................................... 101

Berichterstatterin: Sissy Roth-Halvax ........................................................................ 102


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 7

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 102

Monika Kemperle .................................................................................................... ... 104

Peter Mitterer .......................................................................................................... ... 105

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ... 106

Franz Breiner ........................................................................................................... ... 108

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 109

Wolfgang Sodl ......................................................................................................... ... 111

Alfred Schöls ........................................................................................................... ... 112

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 113

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden (142 d.B. und 153 d.B. sowie 7724/BR d.B. und 7741/BR d.B.) ................................. 114

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ......................................................................... 114

Redner/Rednerinnen:

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ... 114

Helmut Wiesenegg ................................................................................................. ... 115

Franz Breiner ........................................................................................................... ... 116

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 117

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 119

Reinhard Jany ......................................................................................................... ... 120

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................... 121

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 123

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle) (136 d.B. und 167 d.B. sowie 7725/BR d.B. und 7742/BR d.B.) ............................................................................................................... 123

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................. 123

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Sodl ......................................................................................................... ... 123

Helmut Kritzinger ................................................................................................... ... 124

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 125

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 125

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-No­velle 2007) (138 d.B. und 168 d.B. sowie 7743/BR d.B.) ............................................................................................................... 126

Berichterstatter: Werner Stadler ................................................................................. 126

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 126

Günther Molzbichler ............................................................................................... ... 127

Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 128

Maria Mosbacher .................................................................................................... ... 129


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 8

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 130

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Überein-kommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999 (36 d.B. und 160 d.B. sowie 7744/BR d.B.) .................................................................................................... 130

Berichterstatter: Karl Boden ....................................................................................... 131

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen (69 d.B. und 163 d.B. sowie 7745/BR d.B.)        ............................................................................................................................. 130

Berichterstatter: Karl Boden ....................................................................................... 131

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Koopera­tionsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits samt Erklärung (84 d.B. und 164 d.B. sowie 7746/BR d.B.) ............................................................................................................... 130

Berichterstatter: Karl Boden ....................................................................................... 131

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Koopera­tionsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Ukraine (85 d.B. und 165 d.B. sowie 7747/BR d.B.) .............. 130

Berichterstatter: Karl Boden ....................................................................................... 131

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Koopera­tionsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie dem Königreich Marokko (86 d.B. und 166 d.B. sowie 7748/BR d.B.)                       130

Berichterstatter: Karl Boden ....................................................................................... 131

16. Punkt: Jahresvorschau des BMVIT 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-321-BR/2007 d.B. sowie 7749/BR d.B.)   ............................................................................................................................. 131

Berichterstatter: Karl Boden ....................................................................................... 131

Redner/Rednerinnen:

Franz Perhab ........................................................................................................... ... 132

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 133

Staatssekretärin Christa Kranzl ............................................................................... 134

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 137

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 137

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 137


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 9

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 137

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 137

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 16, den Bericht III-321-BR/07 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 138

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Abkom­men zur Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten ande­rerseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 samt Schlussakte (100 d.B. und 174 d.B. sowie 7735/BR d.B.) ............................................................................................................... 138

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 138

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mit­gliedstaaten über die Finanzierung der im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2008–2013 bereitgestellten Gemeinschaftshilfe im Rahmen des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens und über die Bereitstellung von Finanzhilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der vierte Teil des EG-Vertrags An­wendung findet (98 d.B. und 175 d.B. sowie 7736/BR d.B.) ....................................................................................................................................... 138

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 138

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mit­gliedstaaten zur Änderung des Internen Abkommens vom 18. September 2000 über die zur Durchführung des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren (99 d.B. und 176 d.B. sowie 7737/BR d.B.)         ............................................................................................................................. 138

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 138

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend das Protokoll über explosive Kampfmittelrückstände (Protokoll V) (97 d.B. und 173 d.B. sowie 7738/BR d.B.) ...... 138

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 138

Redner/Rednerinnen:

Günther Molzbichler ............................................................................................... ... 139

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ... 140

Eva Konrad .............................................................................................................. ... 141

Staatssekretär Dr. Hans Winkler .............................................................................. 142

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 17, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 145

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 145

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 145


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 10

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 146

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft (133 d.B. und 177 d.B. sowie 7739/BR d.B.) ............................................................................... 146

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 146

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend Fakul­tativprotokoll zum Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal (29 d.B. und 178 d.B. sowie 7740/BR d.B.) .................................................................................................... 146

Berichterstatter: Karl Bader ........................................................................................ 146

Redner:

Albrecht Konecny ...................................................................................................... 146

Franz Breiner ........................................................................................................... ... 147

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 21, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die ver­fassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .......................... 148

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 22, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 148

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007) und ein Markt­ordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden (Agrarrechtsänderungs­gesetz 2007) (37 d.B. und 195 und Zu 195 d.B. sowie 7757/BR d.B.) ................................................................................. 148

Berichterstatter: Reinhard Jany .................................................................................. 149

Redner/Rednerinnen:

Franz Breiner ........................................................................................................... ... 149

Günther Kaltenbacher ............................................................................................ ... 150

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 151

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 153

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ... 155

Martin Preineder ..................................................................................................... ... 157

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 158

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustim­mung zu erteilen ............................................................... 160

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapier­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 11

dienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007) erlassen wird sowie das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das Investmentfonds­gesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Konsumentenschutzgesetz und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden (143 d.B. und 182 d.B. sowie 7726/BR d.B. und 7750/BR d.B.)           ............................................................................................................................. 160

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................. 160

25. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz geändert werden (VAG-Novelle 2007) (128 d.B. und 181 d.B. sowie 7751/BR d.B.) ........................................ 160

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................. 160

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ... 161

Franz Perhab ........................................................................................................... ... 162

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 162

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 24, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 164

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 25, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 164

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 geändert wird – Kraftfahr­zeugsteuergesetz-Novelle 2007 (KfzStG-Novelle 2007) (96 d.B. und 179 d.B. sowie 7752/BR d.B.) .......................................... 164

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 164

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz-NoVAG 1991 geändert wird (180 d.B. sowie 7727/BR d.B. und 7753/BR d.B.) ....................................................................................................................................... 164

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 164

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ... 164

Sonja Zwazl ............................................................................................................. ... 167

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 26, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 169

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 27, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 169

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz 1981 geändert wird (251/A und 183 d.B. sowie 7754/BR d.B.)                             169

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 169


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 12

29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird (252/A und 184 d.B. sowie 7755/BR d.B.) ............................................................................................................................. 169

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 169

30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und Neuseeland auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (83 d.B. und 185 d.B. sowie 7756/BR d.B.) .................................................. 169

Berichterstatter: Wolfgang Schimböck ..................................................................... 169

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 28, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 170

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 29, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 170

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 30, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die ver­fassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .......................... 170

31. Punkt: Selbständiger Antrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Sonja Zwazl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete gemäß § 66 GO-BR zum Thema „Bildung – Beruf – Wirtschaft – Mehr Chancen für Alle“ (161/A-BR/2007) ................................... 170

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck ................................................................................................ 171

Stefan Schennach ...................................................................................................... 171

Sonja Zwazl ................................................................................................................. 172

Annahme des Selbständigen Antrages 161/A-BR/2007 .............................................. 172

32. Punkt: Selbständiger Entschließungsantrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernennung des Donau Limes zum Weltkulturerbe [162/A(E)-BR/2007]              ............................................................................................................................. 172

Redner:

Gottfried Kneifel ......................................................................................................... 172

Annahme des Selbständigen Entschließungsantrages 162/A(E)-BR/2007 ................ 173

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Verbot des Verkaufs und der Weitergabe von „Killerspielen“ (2533/J-BR/07)

Alfred Schöls, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Umbau und Generalsanierung des Objektes 7 in der Bolfras-Kaserne in Mistelbach (2534/J-BR/07)

Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Zuweisung von SchülerInnen an erste Klassen der


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 13

AHS-Unterstufe in einigen Gymnasien in der Landeshauptstadt Linz für das Schul­jahr 2007/2008 (2535/J-BR/07)

Waltraut Hladny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Stationierung der FLIR-Hubschrauber in Graz (2536/J-BR/07)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend externe Lehrbeauftragte an den österreichischen Universitä­ten (2537/J-BR/07)

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend LangzeitasylwerberInnen (2538/J-BR/07)

Alfred Schöls, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Infrastruktur Garnison Wiener Neustadt (2539/J-BR/07)

Helmut Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das „Halten auf Wunsch“ bei Linienbussen (2540/J-BR/07)

Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Breitbandoffensive in Österreich (2541/J-BR/07)

Martin Preineder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend einspuriges Gegenverkehrsstück auf der A 2 Süd Autobahn bei Hartberg (2542/J-BR/07)

Martin Preineder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Infrastrukturmaßnahmen im Bezirk Mistelbach (2543/J-BR/07)

Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Evaluierung des „Blum“-Bonus (2544/J-BR/07)

Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Verbesserung der Existenzsicherung bei längerdauernden AMS-Schulungsmaßnahmen (2545/J-BR/07)

Mag. Susanne Neuwirth, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „380kV-Netzausbau in Salzburg: Stromtransit-Freileitung oder Erdverkabelung – Risiken und/oder Chancen“ (2546/J-BR/07)

Mag. Susanne Neuwirth, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend „380kV-Netzausbau in Salzburg: Stromtransit-Freileitung oder Erdverkabelung – Risiken und/oder Chancen“ (2547/J-BR/07)

Mag. Susanne Neuwirth, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit, Familie und Jugend betreffend 380kV-Netzausbau in Salzburg: Stromtransit-Freileitung oder Erdverkabelung – Risiken und/oder Chancen (2548/J-BR/07)

Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit, Familie und Jugend betreffend verantwortungsvollen Umgang mit der Nano­technologie (2549/J-BR/07)

Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend verantwortungsvollen Umgang mit der Nanotechnologie (2550/J-BR/07)


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 14

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Ownership Unbundling in der Elektrizitätswirtschaft (2551/J-BR/07)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrsüber­wachungsanlagen auf Autobahnen und Schnellstraßen (2552/J-BR/07)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft be­treffend Auswirkungen der AWG-Novelle 2007 auf die Länder (2553/J-BR/07)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Erleichterung der Überstellung von Bundesheerhubschraubern (2554/J-BR/07)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Bekanntgabe von Fahrzeughaltern (2555/J-BR/07)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geschwindig­keitsbeschränkungen für Autobahnen und Schnellstraßen aufgrund des Immissions­schutzgesetzes Luft (2556/J-BR/07)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Umsetzung der EU-Dienst­leistungsrichtlinie (2557/J-BR/07)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Förderung der Frauengesundheitszentren (2558/J-BR/07)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Alkoholgrenze bei Bootsführern auf dem Bodensee (2559/J-BR/07)

Ludwig Bieringer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Einbau von Panzerglasfenstern im Bundeskanzleramt (2560/J-BR/07)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Bundesräte Elisa­beth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berichte der Bundesländer gemäß § 1 Abs. 4 Zweckzuschussgesetz (i.d.g.F) (2313/AB-BR/07 zu 2515/J-BR/07)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend freie Schulwahl der ersten Klasse der AHS-Unterstufe an Gymnasien in der Landeshauptstadt Linz für das Schuljahr 2007/2008 (2314/AB-BR/07 zu 2512/J-BR/07)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Karl Bader, Kolleginnen und Kollegen betreffend ÖBB Bahnlinien im Bezirk Lilienfeld (2315/AB-BR/07 zu 2516/J-BR/07)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Bundes­räte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung von NLP als Psychotherapieverfahren (2316/AB-BR/07 zu 2513/J-BR/07)


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 15

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kersch­baum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berichte der Bundesländer gemäß § 1 Abs. 4 Zweckzuschussgesetz (i.d.g.F) (2317/AB-BR/07 zu 2514/J-BR/07)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Ana Blatnik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung der Lärmschutz­maßnahmen der B 70 (2318/AB-BR/07 zu 2517/J-BR/07)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bun­desräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Ausbau der Arlbergbahn (2319/AB-BR/07 zu 2530/J-BR/07)

 


09.02.18


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 16

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich eröffne – in meiner Funktion zum ersten Mal – die 747. Sit­zung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 746. Sitzung des Bundesrates vom 21. Juni 2007 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind heute die Mitglieder des Bundesrates Reinhard Winter­auer und Ferdinand Tiefnig.

*****

Ich darf um Verständnis bitten, dass wir das Drehbuch, sprich die Tagesordnung, ein wenig geändert haben, das heißt, wir ziehen die Fragestunde vor, weil der Herr Lan­deshauptmann Mag. Franz Voves im Stau steckt. Und deswegen darf ich auch meine Antrittsrede später halten, nämlich dann, wenn der Herr Landeshauptmann bereits an­wesend ist. Wir wollen hier ja gebündelt als Steirer auftreten.

Noch etwas aufgrund der Hitzewelle, deren Höhepunkt für heute vorhergesagt wird. Ich darf vielleicht „Marscherleichterung“ bekannt geben. Das heißt, die Herren können, glaube ich, die Sakkos ausziehen und die Krawatten ablegen. (Allgemeiner Beifall.) Damen nicht weiter ausziehen klarerweise. Das hat auch etwas mit Gesundheitsförde­rung zu tun.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich gebe bekannt, dass das Bundeskanzleramt die Mitteilung gemacht hat, dass innerhalb des Zeitraumes vom 19. bis 20. Juli 2007 der Bundesminister für Inneres Günther Platter durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten wird.

Weiters gebe ich bekannt, dass der Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Mag. Wil­helm Molterer am 20. Juli 2007 durch den Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten wird.

Die bereits genannte Vertretung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll für den Bundes­minister für Inneres Günther Platter endet am 20. Juli 2007 schon um 9 Uhr.

09.04.39Fragestunde

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur vorgezogenen Fragestunde.

Bevor ich jetzt – um 9.05 Uhr nach meiner Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Bundesministerium für Justiz

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1566/M, an die Bundesministerin für Justiz, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Wolf­gang Schimböck, um die Verlesung der Anfrage.

 



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 17

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1566/M-BR/2007

„Welche Rolle spielt in dem von Ihnen vorgestellten Haftentlastungspaket der Ausbau der bedingten Entlassung?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Danke schön und danke auch für die Frage. Der Ausbau der bedingten Entlassung soll ein Kernstück des Haftentlastungs­pakets darstellen. Andere kurzfristiger realisierbare Maßnahmen sollten der vermehrte Einsatz von Geldstrafen anstelle der Verhängung kurzer Freiheitsstrafen oder die ge­setzliche Verankerung des bisher nur als Modellversuch geführten Projekts gemein­nützige Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafen sein. Auch im Zusammenhang mit der Gewerbsmäßigkeit werden Überlegungen angestellt.

Mittelfristig ist daran gedacht, dass die gemeinnützigen Leistungen ein noch breiteres Anwendungsfeld finden, sei es im Zusammenhang mit bedingter Strafnachsicht oder bedingter Entlassung, sei es auch als eigenständige Sanktion. Dabei wird es durchaus auch der Kooperation mit den Ländern bedürfen, weil eine der abzuklärenden Fragen sein wird, auf regionaler und lokaler Ebene eine ausreichende Zahl von Einrichtungen zu finden, bei denen Straffällige gemeinnützige Leistungen erbringen können.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich darf noch eines nachholen: Frau Ministerin! Herzlichen Dank, dass du so kurzfristig reagiert hast und uns bei der Umrüstung der Tagesordnung entgegengekommen bist.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Frau Bundesministerin! Wann werden Sie dem Parlament die legislativen Maßnahmen für das Haftentlastungs­paket vorlegen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Der Entwurf wird gerade in der zu­ständigen Fachsektion ausgearbeitet. Er soll noch im Sommer zur Begutachtung ver­sendet werden, sodass er unter Einberechnung der üblichen Begutachtungsfrist von etwa sechs Wochen und einer angemessenen Zeit zur allfälligen Überarbeitung im Lichte der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens etwa Ende Oktober dem Minister­rat vorgelegt werden kann. Eine Beschlussfassung wäre dann im Nationalrat noch in diesem Jahr möglich. Dem Terminkalender im Hohen Haus will ich aber natürlich nicht vorgreifen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Günther Köberl gemeldet.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Frau Bundesministerin! Planen Sie in diesem Zusammenhang Sondermaßnahmen für straffällig gewordene nicht – wie es heißt – aufenthaltsverfestigte Fremde?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Tatsächlich ist im Regierungs­übereinkommen vorgesehen, dass wir bei den sogenannten nicht aufenthaltsver­festigten Drittstaatsangehörigen besondere Maßnahmen zu treffen haben. Gedacht ist insbesondere daran, dass wir nach einer gewissen Zeit der Verbüßung der Haftstrafe


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 18

das Angebot einer freiwilligen Ausreise unterbreiten. Das scheint uns in einigen Fällen die einzige Möglichkeit zu sein, diese Personen aus Österreich zu verbringen. Kommt es zur vollständigen Abbuße der Haftstrafe, haben wir oft die Situation, dass aufgrund des Nichtwissens über das Herkunftsland, der Nichtkooperationsbereitschaft auch zum Teil dieser Personen, der Nichtkooperationsbereitschaft der Aufnahmeländer eine Ab­schiebung nicht möglich ist. Insofern ist eine Ausreise nur – noch einmal gesagt, unter Anführungszeichen – „freiwillig“ möglich. Natürlich muss diese Ausreise begleitet sein von einem Aufenthalts- und Rückkehrverbot, das im Schengener Raum und auch ins­gesamt in Europa kontrolliert werden kann.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Stefan Schennach gestellt. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Frau Bundesministerin! Das von Ihnen vorgestellte Haftentlastungspaket ist ja an sich überfällig und dringend notwendig. Eine Konkretisierung dazu: Teilen Sie die Ansicht, dass eine bedingte Entlassung auto­matisch nach zwei Dritteln der verbüßten Haftstrafe erfolgen soll?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Tatsache ist, wie schon in der ersten Frage bestätigt, dass natürlich die bedingte Entlassung und die Reform der bedingten Entlassung einen zentralen Teil des Haftentlastungspakets darstellen werden. Die Än­derungen, die von uns überlegt werden, gehen zum einen in die Richtung, dass wir das Prognoseverfahren verbessern wollen, dass wir insbesondere natürlich auch bei den zeitlichen Voraussetzungen Neuüberlegungen anstellen werden.

Ich kann Ihnen jetzt noch nicht definitiv sagen, ob wir bei der Zwei-Drittel-Entlassung das sozusagen in einem sehr starken Ausmaß generalisieren werden, aber es ist auf jeden Fall daran gedacht, bei der Hälfte-Entlassung und bei der Zwei-Drittel-Entlas­sung auch entsprechend zu differenzieren und den Personen, die die Entscheidung zu treffen haben, in beiden Fällen auch gewisse Sicherheiten zu geben. Im Hinblick auf die Personengruppe oder die Personen, die über die bedingte Entlassung zu entschei­den haben, denken wir ebenfalls an Änderungen. Insbesondere ist mir wichtig, dass die konkreten Erfahrungen, die die Leiter der Strafvollzugsanstalten mit ihren Insassen gemacht haben, auch in die Entscheidung einfließen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Peter Mitterer. – Bitte.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich frage Sie: Wie wird bei der bedingten Entlassung die Generalprä­vention, also die Abschreckung vor Straftaten, in Zukunft konkret berücksichtigt wer­den?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Eine rückfallspräventive Gestaltung der bedingten Entlassung soll dadurch erreicht werden, dass der Spezialprävention in besonderer Weise Rechnung getragen wird. Zum einen sollen die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung, wie schon erwähnt, weiterhin die Erfüllung bestimmter spe­zialpräventiver Kriterien umfassen. Da der Anteil der bedingten Entlassung gemessen an unseren deutschsprachigen Nachbarstaaten vergleichsweise niedrig ist, erscheint es jedoch angezeigt, realistischere und damit letztendlich auch großzügigere Kriterien vorzusehen als im geltenden Recht. Rückfallspräventive Nachteile wären damit jedoch nicht verbunden, zumal flankierend auch verstärkt die ambulante Betreuung im Rah­men der Bewährungshilfe vorgesehen ist.

 



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 19

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, 1563/M, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Bernhard Baier, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Frau Bundesminister! Sie sind in Ihrer Antwort teilweise schon auf die Frage eingegangen. Ich stelle trotzdem noch einmal die Frage, damit Sie sie umfassend beantworten können.

1563/M-BR/2007

„Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die beabsichtigte Reform der bedingten Entlassung rückfallspräventiv zu gestalten?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Ich darf natürlich auf meine Antwort zur vorhergehenden Frage verweisen. Mir scheint insbesondere wichtig zu sein, dass wir die Möglichkeiten, die wir im Prognosebereich heute haben, besser einsetzen. Mir scheint insbesondere wichtig zu sein, dass wir die konkreten Erfahrungen, die eben im Strafvollzug mit diesen Personen gemacht worden sind, die Verlässlichkeit bei der Ein­haltung verschiedener Auflagen et cetera, mit berücksichtigt werden und dass die be­dingte Entlassung – das ist ja wahrscheinlich auch Gegenstand weiterer Fragen – auch nicht von einem Tag zum anderen erfolgt, sondern gut vorbereitet wird, in der Zeit da­nach auch eine Begleitung erfolgt und dass allfällige Auflagen auch in der Zeit danach möglich sind.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

 


Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Können Sie sich bei be­stimmten Deliktsgruppen, etwa bei Sexualdelikten, eine Verlängerung der Probezeit vorstellen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Mit dem Strafrechtsänderungsge­setz 2001 wurde die Möglichkeit der Verlängerung der Probezeit bei der bedingten Ent­lassung aus dem Maßnahmenvollzug und aus der lebenslangen Freiheitsstrafe ge­schaffen. Damit sind die schwersten Fälle, glaube ich, grundsätzlich hinreichend ab­gesichert. Allerdings wird derzeit auch überlegt, eine neue Kategorie von bedingten Entlassungen zu einem vorgeschrittenen Zeitpunkt des Vollzugs für bestimmte Fälle vorzusehen, in denen eine in der Haft begonnene Behandlung in Freiheit fortgesetzt werden soll. In einem solchen Fall könnte die Probezeit unter Umständen auch länger dauern als nach geltendem Recht. Eine generelle Verlängerung der Probezeit für be­stimmte Delikte oder Deliktsgruppen kann ich mir nicht vorstellen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Wolfgang Schimböck gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Frau Bundesministerin! Wie hoch ist die Rate der bedingten Entlassungen in Österreich im Vergleich zu den ande­ren Ländern?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: In Österreich liegt die Rate der be­dingten Entlassungen bei rund 20 Prozent. Ich habe zuerst ja schon vom Vergleich mit


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 20

den deutschsprachigen Staaten im Wesentlichen gesprochen, in Deutschland liegt sie bei mehr als 50 Prozent und in der Schweiz bei 90 Prozent.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Eine weitere Zusatzfrage gibt es von Herrn Bundesrat Franz Breiner. – Bitte.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Frau Ministerin! Wäre es bei den Maßnahmen zur bedingten Entlassung nicht sinnvoll, in speziellen Fällen Auflagen nach verstärkter Therapie zu machen beziehungsweise die Auflage der Arbeitspflicht durch andere Formen von Tätigkeiten einzubringen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Ich habe das bereits bei der Beant­wortung der Frage nach Ausdehnung der Probezeit mit eingeschlossen, dass natürlich insbesondere die Verlängerung der Probezeit, die Möglichkeit des Instruments der Auf­lagen dem dienen soll, dass Therapien, die in der Haftzeit begonnen wurden, auch tat­sächlich fortgesetzt werden. Das scheint ganz allgemein ein sehr, sehr zentrales In­strument zu sein. Gerade auch im Bereich der Sexualstraftäter sehen wir ja, dass wir bei jenen, die sich zu einer Therapie entschließen, sehr gute Erfolge haben in dem Sinne, dass die Rückfallsquote sehr drastisch gesenkt werden kann. Insofern ist alles, was mehr Personen der Therapie zuführt beziehungsweise die Therapie auch fertig machen lässt, im Sinne einer Rückfallsprävention.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Eine weitere Zusatzfrage kommt von Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. – Bitte.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Minister! Es geht ja bei der bedingten Entlassung auch um Einsparungen. Wie werden Sie denn die Mittel, die durch Umsetzung dieser Pläne frei werden, verwen­den?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Das gesamte Haftentlastungspaket soll in erster Linie dazu dienen, dass die Qualität des Strafvollzugs, der sich aufgrund der knappen Ressourcen derzeit hauptsächlich auf die Verwahrung konzentrieren muss und der Aufgabe der Betreuung, der Resozialisierung nicht in dem vom Strafvoll­zugsgesetz geforderten Ausmaß nachkommen kann, verbessert wird, indem wir diese Kapazitäten wieder frei bekommen. Meine erste Intention ist die Qualitätsverbesserung im Strafvollzug. Großartige finanzielle, budgetäre Einsparungen kann ich leider nicht versprechen, weil wir aufgrund des zu erwartenden weiteren Anstiegs des Neuanfalls schauen müssen, dass wir sozusagen diesen Neuanfall auch immer wieder verkraften. Eine großartige Entlastung werden wir, wie gesagt, auf längere Sicht nicht versprechen können.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 3. Anfrage, 1570/M, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Stefan Schennach, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Frau Bundesministerin! Sie sehen, alle Fraktionen befassen sich hier intensiv mit dem Thema bedingte Entlassung. Es ist na­türlich schade, dass man das nicht vorab klären kann. Jetzt muss ich Ihnen diese Fra­ge, allerdings hat sie ja einen etwas anderen Spin in der Form, wie sie eingebracht wurde, noch einmal stellen, vielleicht doch mit einer Neuerung:


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 21

1570/M-BR/2007

„Welche legistischen Maßnahmen wollen Sie setzen, da Sie im Rahmen Ihres ,Haftent­lassungspaketes‘ angekündigt haben, die bedingte Entlassung auszuweiten?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Die Konzentration auf die bedingte Entlassung führt natürlich dazu, dass ich mich jetzt in einem gewissen Ausmaß wieder­holen muss. Zum einen wollen wir die materiellrechtlichen Voraussetzungen flexibler gestalten, das betrifft die Prognosekriterien ebenso wie die zeitlichen Voraussetzun­gen, und es soll auch eine bedingte Entlassung aus dem unbedingten Teil einer teil­bedingten Freiheitsstrafe möglich sein. Zum anderen halte ich auch das Abstellen auf generalpräventive Erwägungen bei der bedingten Entlassung für nicht mehr sachge­recht. Ich beabsichtige daher, auch insofern den schon mit dem Strafrechtsänderungs­gesetz 1987 eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Überlegt werden allfällige Änderun­gen, wie auch schon erwähnt, im Bereich der über die bedingte Entlassung entschei­denden Personen sowie im Bereich des Verfahrens bei der bedingten Entlassung. Flankiert werden soll – ich möchte das ausdrücklich noch einmal betonen – die Aus­weitung der bedingten Entlassung durch ein vermehrtes Angebot an ambulanter Be­treuung, insbesondere im Bereich der Bewährungshilfe.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Da wir jetzt bereits die dritte Runde da­zu gesprochen haben, erlaube ich mir, ein bisschen vom Thema wegzugehen.

Inwieweit sehen Sie nach der Zerstörung des Jugendgerichtshofes, der ja über Jahr­zehnte ein Modell für ganz Europa war, Chancen, hier doch wieder in die Richtung eines eigenen Jugendgerichtshofes in Österreich zu kommen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Wie auch schon in den Medien ange­kündigt, denke ich, dass wir jedenfalls im Osten Österreichs wieder einen eigenen Ju­gendgerichtshof haben sollten. Man wird auch darüber nachdenken müssen, wie wir die jugendgerichtlichen Strukturen zumindest an den Sitzen der Landesgerichte – oder den größeren Landesgerichten – in Gesamtösterreich verbessern können. Es soll wie­der einen eigenen Jugendgerichtshof geben. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Meine Amtsvorgänger haben ja das Projekt verfolgt, an einem Standort im 3. Bezirk in Wien ein zweites Wiener Straflandesgericht zu errichten. Von diesen Plänen möchte ich abrücken; gegen diese Pläne gibt es auch sehr viele Widerstände aus den betroffe­nen Kreisen: von den Richtern, von den Anwälten, von den Verantwortlichen im Voll­zug. Wir wollen diesen Standort nutzen, um dort wieder einen Jugendgerichtshof mit angeschlossener Jugendvollzugsanstalt und vielen Zusatzeinrichtungen, die sich ins­besondere auf Jugendliche, aber auch auf andere spezifische Zielgruppen beziehen, zu schaffen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schimböck gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Wie gedenken Sie im Detail, in diesem Bereich tätig zu werden, und wie kön­nen sich die Justizbehörden hier noch bürgerfreundlicher entwickeln?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Ich weiß nicht, ob ich eine Nachfrage stellen darf: „In diesem Bereich tätig werden“ bezieht sich auf den Jugendgerichts­hof? – Okay.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 22

Tatsache ist natürlich, dass hier ein Neubau erfolgen muss. Das heißt, da sind gewisse Planungen und jetzt auch Umplanungen notwendig, weil ja die bisherigen Planungen in Richtung eines zweiten Straflandesgerichtes für Wien gelaufen sind. Die werden der­zeit abgeschlossen. Die Funktionsanforderungen, die baulichen Anforderungen an ein Jugendkompetenzzentrum sind anders.

Im Anschluss daran wird die Bundesimmobiliengesellschaft einen Architektenwettbe­werb durchführen und dann die entsprechenden Schritte setzen, damit wir die bauli­chen Voraussetzungen bekommen. Parallel dazu arbeiten wir natürlich an der inhalt­lichen Konzeption dieses Jugendgerichtshofes, insbesondere an allen Überlegungen, wie wir tatsächlich wieder die Vorreiterrolle, die Österreich in der Jugendgerichtsbarkeit auch im internationalen Vergleich gehabt hat, einnehmen und wie wir, gerade auch durch das Anschauen ausländischer Beispiele, hier wieder sozusagen auf den letzten Stand kommen können.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundesrat Ager. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Bundesministerin! Sie haben meine Frage teilweise schon im Zusammenhang mit dem Jugendgericht beantwortet. In einem Modellversuch an mehreren Gerichten seit 2006 wird den Verurteilten, die die Geldstrafe nicht bezahlen, angeboten, anstatt der Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Leistungen zu erbringen.

Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus den bisherigen Erfahrungen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Tatsächlich ist dieser Modellversuch bisher sehr erfolgreich gelaufen. Es gibt einige sehr überraschende Erkenntnisse. Eine, die für uns sehr wichtig ist, ist, dass dieses Angebot generell sehr gut angenommen worden ist.

Allein durch diese Modellversuche konnten wir uns schon 11 000 Hafttage ersparen, obwohl dieser Modellversuch noch gar nicht flächendeckend in Österreich durchgeführt wird. Also das ist ein guter Grund, diesen Modellversuch auszuweiten, ihn letztendlich auf eine gesetzliche Basis zu stellen und das Instrument der gemeinnützigen Arbeit auch über die Ersatzfreiheitsstrafe hinaus einzusetzen.

Ein überraschendes und verblüffendes Ergebnis war, dass das Angebot, gemeinnüt­zige Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafe zu leisten, in dem Sinne abschreckender wirkte, dass diejenigen, die die Geldstrafe geschuldet haben, dann plötzlich in einem wesent­lich höheren Ausmaß die ursprüngliche Geldstrafe doch bezahlt haben. Insofern, den­ke ich, ist dieses Ergebnis auch ermutigend: dass nämlich der ursprüngliche Straf­zweck offensichtlich durch gemeinnützige Arbeit leichter erreicht werden kann als durch Freiheitsstrafen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön.

Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1567/M. – Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Florianschütz, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Peter Florianschütz (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

1567/M-BR/2007

 


„Wie ist der Stand der Beratungen betreffend die geplante große Familienrechtsre­form?“


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 23

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Im Regierungsübereinkommen finden sich ja an den verschiedensten Stellen Aufträge, im Bereich des Familienrechts Refor­men durchzuführen. Gemeinsam mit meiner Kollegin Kdolsky habe ich versucht, diese diversen Aufträge in einem Paket zusammenzufassen, und wir haben durch Minister­ratsvortrag, angenommen am 2. Mai, eine Arbeitsstruktur eingesetzt, die sozusagen für die Erfüllung dieser Aufträge Vorschläge unterbreiten soll.

Es wurde eine gemeinsame Lenkungsgruppe eingesetzt, in der alle mit betroffenen, mit zuständigen Bundesministerien vertreten sind, aber es sind natürlich nicht nur die zu­ständigen Ministerien in allen Arbeitsstrukturen vertreten, sondern auch die Vertreterin­nen und Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft.

Wir haben entsprechend den sechs inhaltlichen Schwerpunkten sechs Arbeitsgruppen, die unter dieser Lenkungsgruppe arbeiten, eingesetzt, wobei jeweils drei unter dem Vorsitz des Justizministeriums stehen und drei unter dem Vorsitz des Bundesministe­riums für Gesundheit, Familie und Jugend.

Diese drei inhaltlichen Schwerpunkte, die sich in den Arbeitsgruppen abbilden, betref­fen zum einen die Frage der ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen von Lebensge­meinschaften im Vergleich zu Ehen, das ist die sogenannte Arbeitsgruppe Lebensge­meinschaften.

Dann gibt es die Arbeitsgruppe eheliches Vermögensrecht. – Hier geht es insbeson­dere um die Durchforstung des Rechts der Ehepakte, die Beseitigung diskriminierender Rechtsinstitute und die Erweiterung der Gestaltungsfreiheit bei der Verfügung über eheliches Gebrauchsvermögen.

Es gibt weiters eine Arbeitsgruppe Gewaltschutz, die sich insbesondere mit der Be­kämpfung familiärer Gewalt beschäftigt. – Themen, die sich in dieser Gruppe stellen, sind zum Beispiel die Ausweitung der einstweiligen Verfügung zum Schutz vor Gewalt in der Familie, die Evaluierung der Anti-Stalking-Bestimmung, die Vernehmung des Opfers in Abwesenheit des Täters auch im zivilgerichtlichen Verfahren, die Geheimhal­tung der Wohnanschrift des Opfers im zivilgerichtlichen Verfahren, die Schaffung eines neuen Straftatbestandes und anderes.

Weiters gibt es eine Arbeitsgruppe gleichgeschlechtliche Partnerschaften. – Hier geht es um die Anpassung der Rechtssituation gleichgeschlechtlicher Paare unter Bedacht­nahme auf die Straßburger Rechtsprechung und die europäische Rechtsentwicklung.

Die Arbeitsgruppe Unterhaltssicherung beschäftigt sich mit der Schließung der Lücken im System der Unterhaltssicherung von Kindern und mit der Vereinfachung des Sys­tems der Unterhaltsbevorschussung. – Gerade in diesem Bereich haben wir ja doch einiges vor uns, weil hier eben ziemlich große Lücken entstanden sind.

Dann gibt es noch eine Arbeitsgruppe Patchworkfamilien. – Hier geht es um die Zuwei­sung bestimmter Aufgaben und Befugnisse an Stiefelternteile ohne Schmälerung der Rechte des leiblichen Elternteiles.

Die Arbeitsgruppen haben ihre Beratungen begonnen oder werden dies jetzt noch im Juli tun. Die Vorgabe aus dem Ministerrat ist, dass bis Ende dieses Jahres für alle sechs dieser Bereiche sehr konkrete Punktationen, die dann in Gesetzentwürfe umge­wandelt werden können, vorliegen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke.

Ich darf den in der Zwischenzeit aus dem Stau entflohenen Landeshauptmann der Steiermark, Mag. Franz Voves, hier bei uns herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

 


Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 24

Bundesrat Peter Florianschütz (SPÖ, Wien): Die Zusatzfrage – Sie haben schon kurz angesprochen, dass es eine Arbeitsgruppe dazu gibt – lautet: Wie stehen Sie persönlich zu einer beim Standesamt registrierten Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Im Vordergrund der rechtspolitischen Überlegungen steht, gleichgeschlechtlichen Paaren einen rechtlichen Rahmen für ihr Zusammenleben zu geben und damit zum einem der Rechtsprechung des EGMR Rechnung zu tragen und zum anderen die bestehenden Diskriminierungen dieser Men­schen zu beseitigen.

Hier die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten zu prüfen und darzustellen wird eben Aufgabe dieser Arbeitsgruppen sein. Eine dieser Möglichkeiten ist wohl auch die beim Standesamt und bei den Standesbeamten registrierte Partnerschaft.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundes­rätin Roth-Halvax gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Frau Bundesminister! Gibt es auf Grund widersprüchlicher Judikatur des OGH schon legistische Überlegungen zu „wrongful birth“ beziehungsweise zu „wrongful connection“?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Dieses Thema war ja Gegenstand auch der Beratungen im Justizausschuss des Nationalrates. Wir sind dort überein­gekommen, dass dieses Thema tatsächlich ein sehr zentrales Thema ist und dass die jetzige Lage, wie sie sich aus der Judikatur ergibt, nicht zufriedenstellend ist.

Die Beratungen sind noch nicht zur Gänze abgeschlossen, aber ich denke, wahr­scheinlich wird das Gegenstand einer Expertenanhörung, einer Enquete sein. Ob diese hier im Parlament stattfindet oder ob wir sie im Justizministerium veranstalten, ist noch nicht abschließend geklärt.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Eine weitere Zusatzfrage kommt von Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich möchte noch ein­mal zurückkommen zur Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.

Ich möchte gerne von Ihnen wissen, welche Maßnahmen Sie in diesem Bereich pla­nen, insbesondere beim Erbrecht, bei der Pflege – sprich: beim Angehörigenstatus –, bei der Adoption und beim Standesamt.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich der Arbeitsgruppe, die jetzt eingesetzt worden ist, nicht wirklich vorgreifen kann. Das war ja der Sinn der Arbeitsgruppe, dass wir hier auf möglichst breiter Basis zwei Problemkreise lösen. Das ist zum einen – und ich denke, hier ist der Konsens ja sehr breit gegeben –, dass wir bestehende rechtliche Diskriminierungen beseitigen. Die et­was heiklere Frage ist natürlich die, ob eine und welche Form der eingetragenen Part­nerschaft geschaffen werden kann.

Gemeinsame Ausgangslage in der Regierung ist jedenfalls, und das ist auch im Minis­terratsvortrag so vorgesehen, dass es nicht dazu kommen soll, dass das Institut der Ehe so, wie sie im ABGB vorgesehen ist, für gleichgeschlechtliche Partnerschaften ge­öffnet wird. Also – ich sage es in der verkürzten Form – die „Homo-Ehe“ wird es nicht


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 25

geben. Und es soll auch eine Form der registrierten Partnerschaft nur für gleichge­schlechtliche Beziehungen geben und nicht – um auch wieder eine landläufige Be­zeichnung zu verwenden – in Form einer „Ehe light“. Wenn wir hier weiterkommen, dann gehen die Überlegungen in Richtung dieser eingetragenen Partnerschaften.

Wie gesagt: Ob es dann die Eintragung beim Standesamt ist oder eine andere Form gefunden wird, ist jetzt noch nicht zu sagen, und ich möchte hier auch wirklich die Vor­schläge der Arbeitsgruppe abwarten.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 1564/M. – Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Kühnel, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin!

1564/M-BR/2007

„Wie sehen Ihre Pläne für ein Jugendkompetenzzentrum in Wien Landstraße konkret aus?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Ich konnte ja aus Anlass einer früheren Frage schon einige Grundzüge bekannt geben: Wie gesagt, der Standort ist im 3. Wiener Gemeindebezirk in der Baumgasse vorgegeben, um dort wieder einen eigenständigen Jugendgerichtshof – das sage ich auch gleich dazu: ohne Zuständig­keit in bezirksgerichtlichen Strafsachen – sowie eine eigenständige Staatsanwaltschaft und eine Justizanstalt mit einem derzeitigen Planungsstand von 590 Belegplätzen zu schaffen.

An diesem Standort soll auch die Strafvollzugsakademie mit modernen Schulungs- und Tagungsmöglichkeiten untergebracht werden, und mit diesen Planungen wollen wir auch eine nach modernstem Standard ausgestattete Justizanstalt schaffen, die den dringenden zusätzlichen Haftraumbedarf, den wir im Raum Wien haben, abdecken soll.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Werden Sie zumindest auch Teile der Jugendanstalt Gerasdorf nach Wien verlegen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Eine generelle Vermischung der Haft­populationen des Jugendvollzugs auf den Ebenen der geplanten Justizanstalt Wien, Baumgasse, und der Justizanstalt für Jugendliche in Gerasdorf würde der jetzigen Ge­setzeslage gemäß dem Jugendgerichtsgesetz widersprechen und hätte auch für die Durchführung von Ausgängen mehr Nachteile als Vorteile.

Die Justizanstalt Gerasdorf liegt ja nicht sehr weit vom Großraum Wien entfernt, und Ausgänge, auch sozusagen inmitten der Gefahren der Großstadt, sind möglich. Eine gründliche Vorbereitung auf einen geplanten Ausgang, etwa mit Mitarbeitern des Sozi­alen Dienstes und des Psychologischen Dienstes, und ein erforderliches Nacharbeiten von Ausgängen sind auch jetzt möglich und werden auch so gehandhabt.

Eine Mehrheit der Insassen der Justizanstalt für Jugendliche in Gerasdorf geht auch in die dortige Berufsschule beziehungsweise kann in den dort vorhandenen Lehrbetrie­ben eine Ausbildung absolvieren. Auch diese Möglichkeit hätten wir am Standort Wien nicht, wo ja die „Kurzstrafigen“ und Untersuchungshäftlinge sein sollen. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll wäre, diese guten Ausbildungsmöglichkeiten, die wir in Geras­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 26

dorf haben, dadurch zu unterbrechen, dass wir die Jugendlichen zu früh aus Gerasdorf abziehen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Also es bleibt so, wie es ist?) – Ja.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Florianschütz gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Peter Florianschütz (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Für welche Gruppen ist das Forensische Behandlungszent­rum gedacht?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Das am Standort Baumgasse geplan­te Forensische Behandlungszentrum ist für zirka 190 Insassen konzipiert und ist für den Maßnahmenvollzug nach § 21 Abs. 2 StGB und für den Vollzug an Strafgefange-nen, die sich im Sinne der §§ 129 und 158 Strafvollzugsgesetz wegen psychischer Be­sonderheiten nicht für den allgemeinen Strafvollzug eignen, vorgesehen; zudem soll dieses Behandlungszentrum für die Unterbringung entwöhnungsbedürftiger Strafgefan­gener dienen.

Für mich ist natürlich wesentlich, dass das Konzept eine sehr klare und sichere räum­liche Trennung der jeweiligen Vollzugsbereiche vorsieht.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Frau Bundes­rätin Konrad. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage bezieht sich wieder auf das Jugendkompetenzzentrum. Werden hier zusätzliche Planstellen geschaffen, beziehungsweise wenn nicht, wie ist die personelle Besetzung hier, wie soll sie gestaltet werden?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Hinsichtlich des Personalbedarfs im Zusammenhang mit dem neuen Jugendkompetenzzentrum sind zwei Bereiche zu un­terscheiden: Für den Bereich des Jugendgerichts und der Staatsanwaltschaft werden wir einen Bedarf von zirka 35 Planstellen haben, für die Justizanstalt werden im Hin­blick auf die geplanten Haftkapazitäten rund 235 Justizwachebeamte benötigt.

Im jetzt geltenden Stellenplan 2007/2008 sind für das Projekt Baumgasse noch keine zusätzlichen Planstellen vorgesehen. Ich werde daher in den Planstellenverhandlun­gen für das Jahr 2009/2010, wenn es wieder ein Doppelbudget geben sollte, oder je-denfalls spätestens ab dem Jahr 2009 in den Verhandlungen versuchen, zum einen zusätzliche Planstellen zu bekommen. Zum anderen wird es ja möglich sein, bestehen­de Kräfte aus den Anstalten im Raum Wien, die ja durch die Verlagerung von Häftlin­gen entlastet werden, in die neue Justizanstalt mitzunehmen.

Wir denken auch daran, kleinere Anstalten im Bereich Wien – eventuell die Justizan­stalt Mittersteig oder Favoriten – sozusagen zu schließen und die Kapazitäten für den neuen Standort zu nutzen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich bedanke mich.

Wir kommen jetzt zur 6. Anfrage, 1569/M. – Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundes­rat Ing. Kampl, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätzte Frau Bundesminister!


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 27

1569/M-BR/2007

„Welche konkreten strafrechtlichen Maßnahmen planen Sie, um der steigenden Krimi­nalität ausländischer Berufsverbrecher so entgegenzuwirken, dass dies auch für die Bevölkerung merkbar wird?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Anders als vielleicht im Polizeibereich kann die Justiz bei der Kriminalitätsbekämpfung kaum nach außen hin wahrnehmbare Zeichen setzen. Wir können weder vermehrte Streifendienste einsetzen noch andere wirklich sichtbare Maßnahmen treffen.

Tatsache ist, dass der Ausländeranteil in der Strafhaft derzeit bei 40 Prozent liegt und bei den Untersuchungshäftlingen sogar bei mehr als 60 Prozent. Für uns sind daher alle Maßnahmen sehr wichtig, die es ermöglichen, dass der Strafvollzug an diesen Per­sonen nicht bei uns im Inland stattfindet, sondern auf Grund verschiedener Maßnah­men, insbesondere auch auf Grund EU-rechtlicher Maßnahmen, der Strafvollzug, so­weit wie möglich, im Heimatstaat stattfindet.

Wir haben auf Grund eines Abkommens im Rahmen des Europarates, das aber nicht so leicht zu handhaben ist, jetzt schon gewisse Möglichkeiten. Wir werden künftig ein gemeinschaftsrechtliches Instrument haben, das auf Grund einer – auch österreichi­schen – Initiative zustande gekommen ist, um den Strafvollzug generell im Heimatland zu ermöglichen. Wir müssten in diesem Kontext natürlich auch einige österreichische Bürger, die in Strafanstalten der anderen EU-Länder sitzen, zurücknehmen. Aber netto wäre das eine Entlastung für Österreich.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zu einer weiteren Zusatzfrage von Herrn Bundesrat Schennach. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die berufliche Ausbildung zum Verbrecher kenne ich nicht – weil hier von „Berufsver­brechern“ die Rede ist –, aber möglicherweise ist das die Bezeichnung für die organi­sierte Kriminalität. Das hat auch eine gewisse Konnotation, wenn man sagt, die auslän­dischen Berufsverbrecher.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass man Datenmaterial hat. Planen Sie eine Verurteilungsstatistik, aus welcher die Festigkeit der Integrationsfaktoren wie Aufent­haltsdauer und so weiter ablesbar ist, damit wir einmal in diesem Themenbereich – Sie haben gesagt, 40 Prozent, 60 Prozent in der U-Haft – Daten bekommen, damit man auch die unterschiedlichen Integrationsfaktoren ablesen kann?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Tatsache ist, dass im Bereich der Statistik vieles verbesserungswürdig ist. Ich habe mir beim Amtsantritt sagen lassen müssen, dass es ein langjähriges Anliegen ist, im Bereich der Justiz eine verbesserte Statistik ganz generell einzuführen, im zivilrechtlichen Bereich, aber insbesondere im Bereich der Strafjustiz.

Wir haben jetzt verschiedene Maßnahmen in die Wege geleitet, die uns ermöglichen sollen, das, was wir derzeit schon an Daten haben, besser darstellen und besser aus­werten zu können, wobei qualitative Aspekte wie der Grad der Integration wahrschein­lich immer eine gewisse Schwierigkeit darstellen werden. Wir werden aber auch Auf­träge nach außen vergeben müssen, um generell im Bereich der Statistik Verbesserun­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 28

gen einzuführen. Tatsache ist, dass derzeit in vielen Fällen Einzelauswertungen not­wendig sind und wir hier die Instrumente sicher stark verbessern müssen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eine weitere Zusatzfrage kommt von Herrn Bundes­rat Reisenberger. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! In welcher Weise kann die Ausreise von Drittstaats­angehörigen nach ihrer Entlassung aus der Haft sichergestellt werden?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Die ausländischen Insassen sollen von den Betreuungsdiensten sofort nach der Übernahme in die Strafhaft über die Mög­lichkeit einer Strafvollstreckung im Heimatland informiert werden. Dies deshalb, weil eine Resozialisierungsarbeit nur im jeweiligen Heimatland tatsächlich erfolgreich sein kann. Ebenso sind zum Beispiel Therapiegespräche natürlich nur in der jeweiligen Mut­tersprache sinnvoll. Bei einer Strafvollstreckung im Heimatland können auch die fami­liären Bindungen besser aufrechterhalten werden. Daher sollte unter allen Umständen versucht werden, dass die Haft möglichst nahe bei Familienangehörigen et cetera voll­zogen werden kann.

Wir in der Justiz kooperieren mit dem Verein Menschenrechte Österreich, der derzeit Rückkehrberatungen in den Justizanstalten Wien Josefstadt, Wien Simmering, Korneu­burg und Sonnberg durchführt. Dadurch soll die freiwillige Rückkehr als normaler Pas­sagier in das jeweilige Heimatland erreicht und eine Schubhaft nach Möglichkeit ver­mieden oder zumindest verkürzt werden. Der Verein unterstützt Rückkehrwillige auch bei der Organisation der Heimreise.

Ferner werden derzeit mit dem Bundesministerium für Inneres, dort mit der Fremden­polizei und der Grenzkontrolle, Gespräche geführt, um die Kommunikation und die In-formation zwischen der Fremdenpolizei und dem Strafvollzug weiter zu verbessern. Nicht nur der ausländische Insasse, sondern auch die Justiz hat ein Interesse daran, dass der fremdenpolizeiliche Status des Insassen so schnell wie möglich geklärt wird. Dies kann Einfluss darauf haben, ob der Antrag auf Übernahme der Strafvollstreckung im Heimatland gestellt wird.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Krit­zinger. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Frau Ministerin! Bestehen seitens Ihres Ressorts – abgesehen von dem angesprochenen Bereich – Überlegun­gen zur Schaffung neuer Straftatbestände im materiellen Strafrecht?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Ich habe ja bereits einige Beispiele angesprochen. Im Rahmen der Verbesserungen zum Schutz vor häuslicher Gewalt soll insbesondere ein neuer Straftatbestand geschaffen werden, der lange anhaltende Ge­waltbeziehungen und die Kombination verschiedener Delikte, die üblicherweise eben kombiniert vorkommen, besser abdecken soll.

Wir werden im Zuge der Umsetzungen einiger EU-Vorgaben einige Straftatbestände nachschärfen müssen. Das gilt insbesondere für den Tatbestand der Verhetzung.

Im Hinblick auf die EURO 2008 wollen wir auch einen neuen Tatbestand einführen, der den Raufhandel im Kontext von Massenveranstaltungen von der Gefahr einer Körper­verletzung abkoppelt. Der Polizei soll es möglich sein, wenn es bei Großveranstaltun­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 29

gen zu Raufereien kommt, schon früher einzugreifen. Das sind einige Bereiche aus dem materiellen Strafrecht, in denen jetzt konkrete Änderungen geplant sind.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön.

Wir kommen zur 7. und vorletzten Anfrage, 1568/M. – Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Preiner, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin!

1568/M-BR/2007

„Sind die von Ihrem Vorgänger gehegten, für den ländlichen Raum sehr unerfreulichen Pläne über die Zusammenlegung von Bezirksgerichten endgültig ad acta gelegt?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Es ist nicht meine Absicht, die Zu­sammenlegung und Schließung von Bezirksgerichten im großen Stil weiterzuführen. Ich glaube, dass die Bezirksgerichte eine sehr wichtige Rolle haben, gerade im Sinne der Nähe zu den Bürgern. Ich selbst habe mich gerade jetzt bei einem Besuch in Vor­arlberg von der Attraktivität kleiner Bezirksgerichte – zum Beispiel im Montafon, in Schruns – überzeugen können.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir auf dem Stand, der jetzt auf Grund von Schlie­ßungen und Kürzungen erreicht ist, verbleiben, dass wir hier keine weiteren Schließun­gen oder Zusammenlegungen im großen Stil durchführen. Damit möchte ich Einzelfälle nicht ausschließen, wenn tatsächlich ein anderes Bezirksgericht sehr nahe liegt, die Bürger sich dort auch viel häufiger aufhalten als am Sitz des anderen Bezirksgerichtes. Also mit Ausnahme von ganz wenigen Einzelfällen möchte ich diese Politik nicht fort­setzen.

Gleiches gilt für andere Pläne, die es gegeben hat, zum Beispiel die strafrechtliche Zu­ständigkeit von Bezirksgerichten nur mehr beim Bezirksgericht am Sitz des Landesge­richts zum Tragen kommen zu lassen oder bezüglich der Abschaffung einiger Ebenen.

Ich möchte der Justiz oder der Justizorganisation durch diese Zusagen beziehungswei­se auch durch die Aufstockungen im Stellenplan, die gelungen sind, möglichst stabile Rahmenbedingungen geben. Es sollen sich die Personen in der Justiz wieder darauf konzentrieren können, ihre eigentlichen Leistungen, ihre eigentlichen Aufgaben zu er­füllen, und nicht all ihre Kräfte in Abwehrschlachten gegen Pläne des Justizministe­riums aufgehen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Wie sieht die Auslastungssituation der Bezirksgerichte derzeit und generell aus?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Wie Sie vielleicht wissen, gibt es in der Justiz eine Personalanforderungsrechnung. Wir können also vergleichbare, gerade über die Auslastung relativ gute Daten vorlegen. Für das Jahr 2006 sieht die Situation so aus, dass die Auslastung der Richter der Bezirksgerichte im Bundesdurchschnitt bei 106,53 Prozent liegt. Das ist genau in der vorgegebenen Bandbreite, die vorsieht, dass in etwa eine Auslastung zwischen 90 und 110 Prozent gegeben sein soll, um nicht entweder zu wenig ausgelastet oder übermäßig belastet zu sein.

 



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 30

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen jetzt zu einer weiteren Zusatzfrage, ge­stellt von Herrn Bundesrat Saller. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ihrer Antwort der ersten Frage entnehmend: Somit können Sie weitere Zusammenlegungen kleinerer Bezirksgerichte nicht ausschließen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Um das auf den Punkt zu bringen und auch die Größenordnungen deutlich zu machen: Für mich stellt sich derzeit nur für zwei Bezirksgerichte in Österreich die Frage, ob nicht doch die Zusammenlegung mit einem sehr nahe liegenden Bezirksgericht sinnvoll ist – zwei von 140.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eine weitere Zusatzfrage, gestellt von Herrn Bun­desrat Franz Breiner. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Frau Ministerin! Kleinere Bezirks­gerichte verlieren ja auch durch den Aufgabenbereich manchmal etwas an Bedeutung und geraten dadurch ins Strudeln, was dann die Möglichkeit bietet, eine Zusammenle­gung durchzuführen.

Meine Frage dazu ist: Wäre es nicht durch Spezialisierungen von Aufgaben, die durch­aus dezentral durchgeführt werden können, möglich, kleinere Bezirksgerichte aufzu­werten?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Ich denke, dass die jetzigen Zustän­digkeitsbereiche der Bezirksgerichte im Großen und Ganzen in Ordnung sind. Eine zu­sätzliche Aufwertung ist derzeit nicht im Gespräch.

Mir ist es schon wichtig – und das habe ich vorher auch schon gesagt –, dass diese Debatte und diese Pläne, die strafrechtliche Zuständigkeit der Bezirksgerichte abzu­schaffen beziehungsweise nur mehr beim Bezirksgericht am Sitz des Landesgerichtes zu konzentrieren, nicht weiterverfolgt werden sollen. Das heißt also, dass – was die Debatte ja immer war – die strafrechtliche Zuständigkeit wegfallen soll, das wird nicht der Fall sein. Im Gegenteil, wir wollen – und das ist auch durchaus ein Auftrag aus dem Regierungsübereinkommen – durchaus auch zum Beispiel die Anklagestruktur bei den Be­zirksgerichten, sprich die Bezirksanwälte, stärken und auch einiges in der Organisa­tion verbessern, gerade im Zusammenhang mit der anstehenden Reform der Strafpro­zessordnung. Aber eine größere Kompetenzverlagerung hin zu den Bezirksgerichten steht nicht zur Debatte.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke.

Wir kommen jetzt zur 8. Anfrage, 1565/M. – Ich bitte die Anfragestellerin, MMag. Eibinger aus der Steiermark, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin MMag. Barbara Eibinger (ÖVP, Steiermark): Frau Bundesministerin!

1565/M-BR/2007

„Sind bereits alle Voraussetzungen für den Übergang zum neuen staatsanwaltschaft­lich geführten Ermittlungsverfahren geschaffen?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Danke speziell für diese Frage, weil es uns derzeit ein sehr großes Anliegen ist, dass wir den 1. Jänner 2008 sehr gut vor­


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bereiten und die Umsetzung der Strafprozessreform mit diesem Tag auch tatsächlich gut gelingt.

Was hier noch zu tun war, war im Wesentlichen, die Ausbildungs- und Schulungsmaß­nahmen durchzuführen, und die laufen doch, glaube ich, zur allgemeinen Zufrieden­heit. Ich habe erst vor kurzem mit den Präsidenten der Oberlandesgerichte und der Oberstaatsanwaltschaften gesprochen, die das durchaus sehr positiv sehen.

Es sind auch alle praktischen Maßnahmen, wie zum Beispiel die Aktenbildung – der Übergang von einem gerichtlichen Akt zu einem Akt der Staatsanwaltschaft –, vor der Fertigstellung. Es wurde eine Reihe wichtiger Formulare entwickelt und den Anwen­dern zur Verfügung gestellt. Sehr wesentlich sind auch die Fortschritte bei der Schaf­fung einer elektronischen Schnittstelle zwischen der Kriminalpolizei und der Justiz, so­dass die Anzeigen auf elektronischem Weg eingebracht werden können.

Ein großer Teil der Begleitgesetzgebung – Anpassungen beim Haupt- und Rechtsmit­telverfahren, Anpassungen im StGB und im Jugendgerichtsgesetz – wird dieser Tage in Begutachtung versendet. Im Finanzstrafgesetz wurden die erforderlichen Umset­zungsarbeiten bereits abgeschlossen.

Ich darf auch hier noch ergänzend sagen, dass es natürlich insbesondere bei den Stel­lenplanverhandlungen wichtig war, zusätzlich zu den notwendigen Planstellen für Staatsanwälte auch nicht-richterliches Personal zur Verfügung stellen zu können. Das ist gelungen, und die Rückmeldungen aus den betroffenen Behörden sind auch so, dass sie sich personell ausreichend ausgestattet fühlen, um die neuen Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen zu können. Wir haben auch Vorsorge getroffen, dass ein Teil der Planstellen vorweg besetzt werden kann, sodass dann schon Personen da sind, die sich gut vorbereiten können.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin MMag. Barbara Eibinger (ÖVP, Steiermark): Wann werden Sie dem Parlament die legislativen Maßnahmen zur Anpassung des Hauptverfahrens an das Vorverfahren vorlegen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Wie bereits erwähnt, wurde der Ent­wurf am 17. Juli zur Begutachtung versendet. Die Regierungsvorlage wird dem Natio­nalrat in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause, also am 27. September, vorge­legt werden.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen zu einer weiteren Zusatzfrage von Herrn Bundesrat Giefing. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Bundesminis­ter! Wird es weitere Verbesserungen im Opferschutz geben?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Der Opferschutz ist tatsächlich auch im Zentrum unserer Arbeiten. Ich denke, dass gerade jetzt mit der neuen Notrufnum­mer und dem neuen Konzept dahinter einiges auch schon konkret verbessert werden konnte.

Was noch geplant ist: Zum einen soll Opfern, die sich am Verfahren beteiligen, die Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Freispruch aus dem Grund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO wegen eines zu Unrecht abgewiesenen Beweisantrags zukommen. Zum an­deren sollen alle Opfer, die einen Anspruch auf Prozessbegleitung haben, also auch


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von Gewalt in der Familie betroffene Opfer, auf ihren Antrag zwingend kontradiktorisch und schonend einvernommen werden.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eine weitere Zusatzfrage, gestellt von Frau Bundes­rätin Konrad. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Frau Bundesministerin! Sehen Sie bezüglich des neuen staatsanwaltschaftlich geführten Ermittlungsverfahrens – quasi schon im Vorfeld – mittelfristige Korrekturen oder Verbesserungsbedarf?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Es gibt natürlich insbesondere aus der Anwaltschaft einige Vorschläge dazu, was verbessert werden soll. Wir sind so ver­blieben, dass wir jetzt die Vorbereitungen so zügig wie möglich weiterführen und alles bereitstellen wollen, was notwendig ist, um einen guten Start zu haben. Dann werden sicher die Erfahrungen abzuwarten sein. Wenn Verbesserungsbedarf auftaucht, wer­den wir dem sicher gerne nachkommen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich danke.

Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde beendet.

Ich bedanke mich noch einmal bei Frau Bundesministerin Dr. Berger für die prompte Bereitschaft, dass die Fragestunde aufgrund gewisser Imponderabilien vorgezogen werden konnte.

10.00.01Antrittsansprache des Präsidenten

 


10.00

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine Da­men und Herren! Hohes Haus! Es gehört zu den Traditionen dieses Hauses, dass der Vorsitz jedes halbe Jahr von einem anderen Bundesland übernommen wird – als eines der vielen sichtbaren Zeichen unseres österreichischen Föderalismus.

Jeder von uns hat seinen eigenen Stil und Charakter, und jede Präsidentschaft sollte zumindest auch ihre eigene Note haben. Mit deiner gelassenen salzburgischen Le-bensart und deinem menschenfreundlichen und humorvollen Zugang zu diesem hohen Amt hast du, lieber Kollege und Vorgänger Manfred Gruber, nicht nur die Plenarsitzun­gen, sondern die gesamte Amtsführung des Bundesrates ohne Aufdringlichkeit, aber sehr effizient geleitet. Im Namen aller Mitglieder dieses Hauses, aber auch persönlich möchte ich dir für diese umsichtige und besonnene Vorsitzführung herzlich danken. (Allgemeiner Beifall.)

Ich gratuliere auch nachträglich noch einmal zu deiner hohen Auszeichnung. Der Herr Bundesrat hat vor kurzem das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern vom Herrn Bundespräsidenten verliehen bekommen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses parlamentarischen Segments schließe ich dabei ausdrücklich in diesen Dank mit ein. Auch ich freue mich auf eine gute Zusam­menarbeit mit Ihnen allen in der vor uns liegenden zweiten Jahreshälfte.

Ich bedanke mich an dieser Stelle auch beim Herrn Landeshauptmann Mag. Franz Vo­ves für das von ihm ausgestellte Vertrauen, sodass mich der Steiermärkische Landtag in diese Position, in diese Pole-Position quasi, wählen konnte. So wie meine Vorgänger und Vorgängerinnen werde auch ich mich bemühen, dieses Amt unparteiisch zu führen und alles daran setzen, dass in diesem Haus auch weiterhin die von mir erlebte Fair­ness und die von gegenseitigem Respekt geprägte politische Kultur vorherrschen. Ich würde mir wünschen, dass so manches Landesparlament daran Maß nimmt.


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Natürlich sehe ich diese Funktion als Präsident des Bundesrates in erster Linie als eine Verpflichtung, für den Parlamentarismus und seine Rolle in der Demokratie einzutre­ten, aber auch als Auftrag, auf die Notwendigkeit zur Fortentwicklung und des Aus­baues bundesstaatlicher Prinzipien in unserer Bundesverfassung in entsprechender mir möglicher Form hinzuweisen. Gerade die österreichische Bundesstaatlichkeit auf Gemeinde-, Länder- und Bundesebene hat ganz wesentlich zu jener innenpolitischen Stabilität und jenem sozialen Frieden beigetragen, die zusammen wir uns auch künftig in dieser Qualität wohl erhalten müssen.

Ich bin überzeugt davon, dass gerade föderalistische Strukturen die Bürgernähe staat­licher Entscheidungen und Verfahren erhöhen und sichern, weil auf regionaler Ebene qualitätsvollere Partizipationsmöglichkeiten und damit auch eine hohe Identifikation der Menschen mit diesen Maßnahmen gewährleistet sind. Es wird uns letztlich nur dann gelingen, das Zusammenwirken und den Zusammenhalt in Europa sicherzustellen, wenn den Bürgerinnen und den Bürgern das Recht verbrieft oder eingeräumt wird, die Gestaltung der Lebensverhältnisse in ihrem Lebensraum maßgeblich beeinflussen zu können.

Ich bin auch Historiker. Als ich das Geschichtebuch der Steiermark „Land an der Gren­ze“ von Ferdinand Tremel zur Hand nahm, um Ihnen hier auch ein paar historische Eckpfeiler aus der Geschichte meines Bundeslandes zu präsentieren, fiel mir eine Sei­te der „Kleinen Zeitung“ vom 15. Mai 1980 in die Hände. Ich habe dieses Blatt damals, also vor 27 Jahren – als Historiker sammelt man alles –, offensichtlich als aufbewah­renswert in dieses Geschichtebuch gelegt, erahnend, dass ich es in 27 Jahren hier ein­mal brauchen werde. (Heiterkeit.) Dieses Zeitungsblatt hier, 15. Mai 1980, berichtet über einen Festakt zur 25. Wiederkehr des Tages der Staatsvertragsunterzeichnung. Festredner war damals der Grazer Ordinarius für Österreichische Geschichte, Profes­sor Hermann Wiesflecker, bei dem ich auch einen großen Teil meiner Lehramtsprüfung abgelegt habe. Professor Wiesflecker legte damals bei dieser Festrede ein Bekenntnis zu einem möglichst weit interpretierten Föderalismus ab und sagte, der Zentralismus stärke den Staat nicht, im Gegenteil – ich zitiere –: „Übertriebener Zentralismus provo­ziert Separatismus“.

Und Wiesflecker plädierte auch – ich zitiere – für eine Sanierung der „Bauruine Bun­desrat“. Er verwies dabei auf die zahlreichen Kämpfe um eine bessere Verfassung im 19. Jahrhundert. – Sie wissen, Oktoberdiplom, Februarpatent und so weiter.

Er sagte weiter: „Nur wir tun, als ob die Verfassung von 1920 und 1929 keiner Verbes­serung fähig wäre.“ 

Ich meine, der Bundesrat hat sich diese Worte, wenn auch ein wenig zeitverzögert, doch zu Herzen und die Sanierung der „Bauruine“ in Angriff genommen. Nach jahrelan­ger Diskussion haben wir nun eine – so würde ich es zumindest sehen, unter dem Motto von Herrn Präsidenten Gruber – sehr reale Chance zu einer Reform des Födera­lismus in Österreich, insbesondere zu einer – ich sage jetzt nicht: Aufwertung des Bun­desrates, denn diese beiden Anfangsbuchstaben „Au“ würden bei Professor Konecny schmerzhafte Gefühle hervorrufen (Heiterkeit) – Stärkung und damit verbundenen bes­seren Wahrnehmung des Bundesrates von außen, zu kommen.

Doch ich meine – das sage ich hier schon –, dass der Bundesrat seine im Rahmen der Verfassung vorgegebenen Aufgaben bisher hervorragend wahrgenommen hat und dies auch bis zur Verwirklichung einer solchen Reform auch weiterhin tun wird. Ich wehre mich schon gegen etwas – ich gehe nicht weiter darauf ein –, und ich glaube, Herr Kollege Mitterer gibt mir Recht, dass Aussagen wie Abschaffung der Länderkam­mer und drittklassige Politiker verzichtbar sind. Diese Aussagen sind letztklassig. (Bei­


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fall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.) Und mit letztklassigen Aussagen, glaube ich, beschäf­tigen wir uns hier nicht.

In diesem Haus herrscht aber spätestens seit der Bad Gasteiner Konferenz nicht nur weitgehende Übereinstimmung über die Notwendigkeit eines solchen Reformschrittes. Auch inhaltlich hat man auf Basis der von Bundespräsidenten Heinz Fischer und Pro­fessor Pelinka ausgearbeiteten Reformvorschläge im Wesentlichen zu folgenden Lö­sungsansätzen weitgehende Übereinstimmung erzielt:

Der Bundesrat könnte, ohne dadurch eine Blockade der Verfassungsgesetzgebung wahrscheinlich zu machen, mit einem substantiellen Vetorecht bei allen Verfassungs­gesetzen ausgestattet werden. – Übereinstimmung.

Das ritualisierte Einspruchsverfahren beim Bundesrat in Fragen der einfachen Gesetz­gebung sollte, wenn es nach dem Bundesrat geht, in der bisherigen Form abgeschafft und ein Einspruchsverfahren nur dann durchgeführt werden, wenn dies von der Mehr­heit der Bundesräte eines Landes oder bundesländerübergreifend von mindestens vier Bundesräten verlangt wird. – Ich glaube, da gab es auch Übereinstimmung.

Gewünscht wird auch die Einrichtung eines Ständigen Ausschusses des Bundesrates, ähnlich dem Hauptausschuss des Nationalrates, dem unter anderem das Recht zu­stünde, auch während des Verfahrens oder vor dem Verfahren im Nationalrat eine Stellungnahme zu einer Vorlage abzugeben. Da könnte man auch entsprechende Auf­merksamkeit erzeugen.

Der Rechnungshofpräsident und die Volksanwälte sollten von der Bundesversamm­lung, das heißt unter Beteiligung des Bundesrates, gewählt werden.

Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes könnten je zur Hälfte vom Nationalrat und Bundesrat gewählt werden.

Hoch an der Zeit ist es wohl – und da gibt es auch Übereinstimmung –, das Teilein­spruchsrecht des Bundesrates bei Sammelgesetzen zu verwirklichen.

Das waren im Wesentlichen doch entscheidende und übereinstimmende Vorschläge.

Einen gewaltigen Entwicklungsschub würde der österreichische Föderalismus nach meinem Geschmack aber wohl dadurch erfahren, wenn dem Bundesrat bei Gesetzen mit finanziellen Auswirkungen auf die Länder ein substantielles Veto zugestanden würde. Wenn dadurch zwar das „Legitimitätsmonopol des Nationalrates“, wie Professor Pelinka meint, angekratzt, sage ich, und der Nationalrat in seinen Entscheidungen blo­ckiert würde, so meine ich doch, dass eine wirksame Durchsetzung von Länderinteres­sen ohnehin nicht ganz schmerzfrei über die Bühne zu bringen sein wird.

Meine Damen und Herren! Jedenfalls sollten wir uns weiterhin gemeinsam bemühen, den österreichischen Föderalismus aus seiner, wie Pelinka meint, „Versteinerung“ he­rauszuführen und so nicht nur die Legitimität des Bundesstaates, sondern auch die der österreichischen Demokratie zu untermauern.

Um doch noch auf ein paar historische Eckdaten der Steiermark zurückzukommen: 1980 war nicht nur das Gedenkjahr zur 25. Wiederkehr der Staatsvertragsunterzeich­nung, sondern auch für die Geschichte der Steiermark ein Jubeljahr: 800 Jahre Steier­mark.

Markgraf Ottokar IV., der Letzte aus dem Stamme der Traungauer, erwirkte im Jah­re 1180 von seinem Oheim Kaiser Friedrich Barbarossa – Sie sehen, die Steiermark hat schon immer eine berühmte Verwandtschaft gehabt – die Erhebung der Steiermark zum rechtlich schon im 12. Jahrhundert durchaus als Einheit anerkannten Herzogtum.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 35

Dieser Ottokar IV. tat aber noch ein anderes: Jung an Aussatz erkrankt – er war also unheilbar krank – und ohne Hoffnung auf Leibeserben setzte er für den Fall seines kin­derlosen Todes den Babenberger Herzog Leopold von Österreich in der berühmten Georgenberger Handfeste 1186 zum Erben ein. (Bundesrat Kneifel: In der bekannten Stadt Enns in Oberösterreich! – Heiterkeit.) – So ist es!

1192 starb dann Ottokar IV., und Leopold V. trat das steiermärkische Erbe an.

Das heißt, in den Jahren 1180 und 1186 waren Rechtsakte vollzogen worden, die die geschichtliche Entwicklung der Steiermark für immer bestimmen sollten. Einerseits för­derten sie ihre Entwicklung zur Einheit, zur steirischen Eigenart, zur steirischen Eigen­ständigkeit – Sie wissen, Steirerblut ist kein Himbeersaft, eventuell fließt in uns so ein dickflüssiges Kernöl –, andererseits bestimmten sie aber, dass die beiden Herzogtümer Österreich und Steiermark von nun an den gleichen Schicksalsweg zu gehen haben würden. – Von daher rührt wahrscheinlich auch diese steirisch-wienerische Seelenver­wandtschaft. Ich fühle mich jedenfalls in Wien sehr wohl.

Awaren, Magyaren, Türken, Kuruzzen, Franzosen – nach dem letzten Krieg Sowjets und Briten – haben die Steiermark bedroht, eingenommen oder besetzt, aber im Ver­laufe seiner Geschichte hat das Land immer wieder am Aufschwung der vorhergehen­den Jahre anknüpfen können.

Über all diese Stürme hinweg aber blieb – darauf sind wir sehr stolz – die Mannigfaltig­keit der steirischen Landschaft gleich. Franz Nabl hat diese – nämlich diese steirische Landschaft – treffend charakterisiert, und mit seiner Schilderung soll auch diese An­trittsrede enden. Nabl meint:

„Man könnte sich versucht fühlen, die Steiermark eine Landschaftssymphonie zu nen­nen. Und auf den ersten Blick schiene es leicht, dieses schöne Land in vier Sätze zu gliedern, wie eine richtige Symphonie sie haben soll, in ein Allegro, in ein Adagio, ein Scherzo und ein Presto. Die anmutig bewegte Mitte des Landes fügte sich gut in den ersten Satz ein, der tiefe, ergreifende Ernst der Niederen Tauern in den zweiten, das fröhliche Weinland in den dritten, und die scharfen Gefälle der Mur in ihrem Oberlauf, der Enns im Gesäuse – gäbe das nicht am Ende ein Presto oder gar Prestissimo? Doch wenn man näher zuschaute, dann stimmte das Bild freilich nicht ganz, dann er­blickte man in jedem einzelnen Satz auch Teile der anderen, und zuletzt müßte man erkennen, daß der freie, ungebundene Schwung und Fluß der Landschaft sich so we­nig wie das Wesen der Menschen in ein starres Bett zwängen, auf eine Formel bringen lässt ... Vielleicht darf man aber gerade darum mit gutem Gewissen sagen, daß kein anderes Gebiet Österreichs eine so unerschöpfliche Vielfalt von Erscheinungen und Reizen in sich einschließt wie gerade dieses Land.“ – Danke schön. (Allgemeiner Bei­fall.)

10.13

Ankündigung einer Erklärung des Landeshauptmannes der Steiermark
gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Meine Damen und Herren! Ich gebe nun bekannt, dass der Herr Landeshauptmann der Steiermark Mag. Franz Voves seine Absicht be­kundet hat, eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Thema „Regionext – die steirische Antwort auf den Standortwettbewerb in Euro­pa“ abgeben zu wollen. – Von der Geschichte in die Zukunft.

Bevor ich dem Herrn Landeshauptmann das Wort erteile, gebe ich darüber hinaus bekannt, dass mir ein schriftliches Verlangen von 5 Bundesräten im Sinne des § 38


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 36

Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an diese Erklä­rung eine Debatte durchzuführen.

Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich diesem entsprechen.

Ich erteile nun Herrn Landeshauptmann Mag. Voves das Wort.

10.13.49Erklärung des Landeshauptmannes der Steiermark zum Thema
„Regionext – die steirische Antwort auf den Standortwettbewerb in Europa“

 


10.14.33

Landeshauptmann der Steiermark Mag. Franz Voves: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Geschätzter Herr Vizepräsident! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich bedanke mich vorweg da­für, dass ich anlässlich der steirischen Präsidentschaft hier im Bundesrat und anläss­lich der steirischen Vorsitzführung in der Landeshauptleutekonferenz ganz kurz einige Überlegungen hier darlegen darf. Ich betone, dass ich zu Ihnen heute nicht als Vorsit­zender der Landeshauptleutekonferenz spreche, sondern Ihnen kurz persönliche Wert­haltungen zu einigen wichtigen Fragen – wie Föderalismus – darlegen möchte.

Dann möchte ich kurz darlegen, wie wir, die beiden Regierungsparteien in der Steier­mark – SPÖ und ÖVP –, gemeinsam versuchen, auf die Fragen des unglaublichen Standortwettbewerbs, mit dem wir uns jetzt in allen Regionen unserer Länder ausein­anderzusetzen haben, mit allen europäischen Regionen, eine steirische Antwort zu ge­ben.

Vorweg möchte ich auch ganz klar mein Bekenntnis zu unseren föderalistischen Struk­turen ablegen. Ich glaube, dass wir mit unseren drei Geschoßen Bund, Länder und Ge­meinden sehr gut fahren. Ich bin jetzt im sechsten Jahr Gemeindereferent und weiß, dass Sie – viele von Ihnen – aus der Kommunalpolitik, aus der Landespolitik kommen und dafür Verständnis haben werden, wenn ich sage: Die Keimzelle unserer demokra­tischen Strukturen ist die Gemeinde. Unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind dem Geschehen absolut am nächsten. Das heißt, dass sie die Probleme, die Sor­gen der Menschen am besten zuordnen können. Daher ist es gut, dass die Grundsatz­gesetzgebung beim Bund liegt, dass aber das Ausführende, Gesetzliche, Verordnende nach wie vor bei den Ländern und Kommunen liegt.

Ich glaube, so sollten wir es auch weiter halten. Wenn wir jetzt berechtigt über eine Verwaltungsreform auf Bundesebene diskutieren, dann hat das auch seine Konse­quenz für die Länder und die Gemeinden. Ich habe auch beim Präsidenten Mödlham­mer – es läuft gerade ein tolles kommunales Sommergespräch des Gemeindebundes gemeinsam mit der Kommunalkredit in Bad Aussee – Ähnliches formuliert, das ich jetzt darlegen möchte.

Ich stehe dazu, dass man eine Verwaltungsreform unbedingt mit einer Aufgabenreform kombinieren sollte, denn wir wissen alle, dass es viele Aufgaben gibt, wo Doppelglei­sigkeit und mehr absolut gegeben ist, und dass eine Verwaltungsreform nur dann wirk­lich Fortschritte bringt, wenn man auch über Aufgabenreformen nachdenkt – das heißt darüber, welche Aufgaben die einzelnen Gebietskörperschaften übernehmen.

Ich glaube, das wissen wir alle gemeinsam, dass unglaublich viele Aufgaben an der Basis, von der Kommune erledigt werden, dass den Ländern einiges zukommt und dann natürlich dem Bund. Wir wissen auch, dass für all diese Aufgaben, die in letzter Zeit wesentlich größer und umfangreicher geworden sind, auch die entsprechenden Fi­nanzmittel mitzugeben sind. Daher spreche ich kurz den Finanzausgleich, die Ver­handlungen an, die mit 5. Juli begonnen haben.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 37

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, vorweg festzuhalten, dass wir keinesfalls an den bestehenden Abgaben für die Gemeinden rütteln dürfen – an der Kommunalsteuer so­wieso nicht –, das heißt, dass wir aber auch im Bereich der Grundsteuer unbedingt zu Bemessungsgrundlagen kommen müssen, die möglichst über ganz Österreich einheit­liche Einheitswerte ergeben und für die Kommunen möglichst mehr Einnahmen als jetzt bringen sollten.

Ich halte nichts von der Diskussion über die Steuerhoheit von Kommunen und Län­dern, weil ich der Meinung bin, dass Österreich zu klein ist und ohnedies einem inter­nationalen Steuerdumping ausgesetzt ist – auf das ich kurz eingehen möchte –, und ich glaube, dass wir nicht noch in unseren und über unsere kleinen Regionen in Öster­reich in einen Dumping-Wettbewerb treten sollten.

Ich glaube, auch viele andere Fraktionen teilen mit mir die Einschätzung, dass das nicht unbedingt der richtige Weg ist. Daher bleibt uns primär nur der Finanzausgleich, wo wir als Landeshauptleutekonferenz im ersten Halbjahr eine ganz klare, einstimmige Auffassung vertreten haben.

Viele Landeshauptleute waren auch Teilnehmer an den Regierungsverhandlungen und am Koalitionsübereinkommen. Wir Landeshauptleute stehen zur 24-Stunden-Pflege-Thematik, wir stehen zur Mindestsicherung und zu anderen Programmen dieser Regie­rung. Aber wir sagen auch ganz klar, dass das von den Ländern und Kommunen nur dann finanzierbar ist, wenn über den neuen Finanzausgleich auch die entsprechenden Finanzmittel mitgegeben werden.

Wir freuen uns, dass unser Vorschlag, mit den Ländern keine Salamitaktik zu versu­chen, zum Beispiel beim Thema 24-Stunden-Pflege, vom Finanzminister letztlich auf­gegriffen wurde.

Wir wollen zum einen, dass Altes, Offenes im bestehenden Finanzausgleich, im grauen Finanzausgleichsbereich, noch erledigt wird und dass man dann all jene Themen, die aus dem Regierungsprogramm resultieren und letztlich Mitfinanzierung der Länder und Gemeinden bedeuten, jetzt en bloc behandelt. Das tut man seit dem 5. Juli sehr inten­siv.

Ich bin überzeugt, dass wir letztlich – diese Verhandlungen werden nicht leicht werden, das wissen wir alle – wieder zu einem neuen Finanzausgleich kommen, der die Ge­meinden und die Länder in die Lage versetzt, ihre Aufgaben – jetzt sind wir wieder dort – auch wirklich bestens erledigen zu können.

Ich meine, dass es weiterhin natürlich Grundvoraussetzung bleibt, diese Aufgaben gut erledigen zu können, dass wir uns darüber hinaus aber in den Ländern und mit den Kommunen gemeinsam auch entsprechende Dinge überlegen müssen.

Das heißt, es gibt keine Steuerharmonisierung in Europa. Wir erleben innerhalb der Europäischen Union nach wie vor ein Steuerdumping: In der Slowakei gibt es die Flat-Tax. Der tschechische Botschafter war vor Kurzem bei mir und hat mir dargelegt, dass auch Tschechien an eine Flat-Tax denkt. Das heißt, wir sind diesbezüglich in unglaubli­chem Wettbewerb mit anderen innereuropäischen Ländern, sodass wir, glaube ich, alle davon ausgehen müssen, dass – wenn auch momentan aufgrund des tollen Wirt­schaftswachstums die Steuereinnahmen sprudeln – das nicht immer so bleiben wird und dass wir eher damit rechnen müssen – auch von dieser großen Koalition ist eine große Steuerreform angedacht –, dass die Finanzmasse des Staates nicht unbedingt größer wird, sondern eher stagnieren und hoffentlich nicht kleiner wird. Es ist nicht un­bedingt zu erwarten, dass es über den Finanzausgleich sehr viel mehr an Geld geben wird.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 38

Ich glaube daher, dass sich Länder und Gemeinden auf diese Situation entsprechend vorzubereiten haben. Daher bin ich sehr glücklich, dass wir im Arbeitsübereinkommen der beiden Regierungsparteien in der Steiermark klar gesagt haben: Wir haben Studien auf dem Tisch – es wird Ihnen in allen anderen Bundesländern nicht viel anders erge­hen –, dass wir bis 2030 da und dort mit Abwanderungen der Menschen aus wunder­schönen steirischen Regionen in die Ballungsräume zu rechnen hätten und dadurch 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung verlieren würden und dass vor allem die Jugend – keinen Job mehr sehend – gezwungen ist, in die Ballungsräume, in unserem Fall nach Graz und Wien, oder überhaupt ins Ausland zu gehen.

Ich glaube, dass unsere Politik in Europa, in Österreich und in allen Bundesländern da­rauf Antworten geben muss. Ich glaube, wir sollten hier in Europa als Politiker nicht dasselbe zulassen, was in Nord- oder Südamerika stattgefunden hat. Dort hat man nämlich als Politik zugeschaut, würde ich sagen, und unter Umständen begünstigt, dass die Menschen in die Ballungsräume marschiert sind. Dort haben wir jetzt Millio­nenmetropolen, aber mit den Gürteln der Armut rund um diese Metropolen, und dahin­ter sind wunderschöne Regionen versiegt, verödet, ausgetrocknet, ausgestorben.

Dieser Weg darf es in Europa doch wohl nicht sein! Wir sollten schauen, dass wir un­sere wunderschönen Regionen erhalten. Deswegen haben die SPÖ und die ÖVP in der Steiermark als einen Punkt im Arbeitsübereinkommen das Thema „Steiermark der Regionen“, jetzt Arbeitsthema „Regionext“, klar fixiert. Das heißt, wir wollen als Politik dieser Entwicklung entgegenwirken. Wir wollen alle unsere 542 Gemeinden in der Stei­ermark erhalten. Jede ist uns gleich wichtig und wertvoll, weil wir wissen, dass dort die Menschen verwurzelt sind und ihre Identität haben. Was tun wir aber?

Im Arbeitsprogramm „Regionext“ haben Kollege Landeshauptmann-Stellvertreter Schützenhöfer und ich, denn in der Steiermark haben wir zwei Gemeindereferenten, daher geht es auch nur gemeinsam – das ist auch ein Novum –, jetzt sechs große Be­zirkskonferenzen mit allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern gehabt. Wir haben eine gute Stimmung unter den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, weil es um eines geht: Wir müssen stärker kleinregional kooperieren – da gibt es schon vieles an kleinregionalen Kooperationen, natürlich auf freiwilliger Basis –, und wir müssen im Bereich Verwaltungszusammenarbeit, aber vor allem auch in bestimmten Projekten im Inhalt aufsteigend dazu kommen, dass wir unter definierten Kleinregionen sinnvoll stär­ker kooperieren; wobei die Kleinregion nie von oben vorgegeben, nie aufoktroyiert wer­den darf. Das muss bottom-up entstehen. Da muss die Bevölkerung festlegen, was Kleinregion ist, und über die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister muss es dann ent­sprechend zu dieser Kleinregionsdefinition kommen. Das darf keinesfalls aufoktroyiert werden.

Wir sind jetzt mit einem professionellen Projekt begleitend dabei, bei dem wir in der Steiermark wahrscheinlich so 70 bis 80 Kleinregionen definieren, wo hoffentlich kein weißer Fleck bleibt und wo wir genau definieren, in welchen Fragen je nach Kleinst-, Klein- und mittlerer Gemeinde Kooperation sinnvoll und angebracht ist, ohne dass die Gemeinden deswegen nur im Ansatz ihre Identifikation verlieren.

Das heißt, rund um den Kirchturm müssen auch weiterhin der Kindergarten, die Schu­le, die Betreuungseinrichtungen der älteren Menschen, die Heimat für unsere vielen Vereine, Veranstaltungsmöglichkeiten, der normale Fußballplatz mit dem normalen „Klubhäusl“ gegeben sein. Das ist Lebensqualität. Darüber darf es auch in der Finan­zierung ohnedies keine Diskussion geben. Aber – da fängt es schon an – beim Altstoff­sammelzentrum, beim Bauhof, bei der Mehrzweckhalle, beim Hallenbad, beim multi­funktionalen Sportzentrum und so weiter glaube ich, dass wir aufhören müssen, zu glauben, dass wir ein- und dieselbe teure Infrastruktur dieser höheren Projektgattung 542 Mal um jeden Kirchturm brauchen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 39

Da ist die Einstellung der steirischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister glückli­cherweise schon sehr weit. Man hat gemeinsam erkannt, dass die Denkweise „Weil die oder der da drüben das hat, brauche ich das auch!“, langsam seltener wird – sonst ha­ben wir zum Schluss zwei Mehrzweckhallen, letztlich ist keine betriebswirtschaftlich führbar, anstatt dass man das Projekt etwa an der Gemeindegrenze oder woanders gemeinsam angesiedelt hätte. Kleinregionale Kooperation in Verwaltungs- und Projekt­fragen ist also ein ganz wichtiges Thema.

Dann geht es natürlich auch um die großregionalen Fragen. Da sind wir inzwischen auch auf einem guten Weg, jetzt einmal an zwei Großregionen – der Obersteiermark Ost, das sind die Bezirke Leoben, Mürzzuschlag und Bruck sowie Liezen – klar zu defi­nieren, was großregionale Aufgaben sind.

Also ich sehe die Steiermark in Zukunft in sechs großen Regionen. Was sind groß­regionale Aufgaben? – Das sind für mich alle Leitbetriebsüberlegungen, Headquarter-Überlegungen, bei denen es für die Wirtschaft notwendig ist, dass sie in der Region ge­macht werden; das sind die Leitprojekte des Tourismus, die Leitprojekte zu Kulturein­richtungen beziehungsweise vor allem auch die Bildungs- und Ausbildungseinheiten. Diese müssen akkordiert sein mit dem Potential, dass an Bevölkerung, ausbildungs­mäßig, historisch gewachsen vorhanden ist, damit man zu einem kommt: zu wirklich impulsgebenden Leitprojekten und Leitbetrieben, Wirtschaft, Kultur und so weiter, um die herum das Kleine, wie wir wissen – der Autocluster in der Steiermark hat das be­wiesen –, dann letztlich wachsen kann.

Das heißt aber auch für die Landespolitik – das ist jetzt ganz wichtig –, dass wir auf landespolitischer Ebene unsere Budgetpolitik dann auf die bottom-up-definierten Pro­jekte der Klein- und Großregionen auch zu fokussieren haben: aus mit der Gießkanne, aus mit Klientelpolitik. Im Sinne des Standortwettbewerbs in Europa ist es notwendig, zu fokussieren, und zwar auf die impulsgebenden Projekte einer Kleinregion und auf die impulsgebenden nachhaltigen großen Projekte in der Großregion.

Wir sind da auf einem guten Weg. Die obersteirische Wirtschaft hat sich in einer zwei­tägigen Klausur zusammengesetzt und ihr Leitbild für die Region Obersteiermark Ost hervorragend definiert. Es gibt den Material-Cluster, der rund um die voestalpine, um Böhler-Uddeholm gewachsen ist, und wir wollen, dass wir um diese Marken herum – jede Region braucht in Zukunft Marken der Wirtschaft, des Tourismus, der Kultur –, dass wir um diese Marken herum dann auch unsere weiteren Investitionsschwerpunkte aus öffentlicher Hand in unserer Begleitung sehen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte Sie nicht über Gebühr mit dieser steirischen Vorgangsweise strapazieren, aber ich bin sehr glücklich, dass sich beide Regierungsparteien auf diese Vorgangs­weise verständigt haben. Das ist jetzt natürlich ein Prozess, der wahrscheinlich zehn bis 15 Jahre in Anspruch nehmen wird, wir sind damit aber einen ersten – wie ich glau­be – guten und sinnvollen Schritt gegangen.

Ich wollte Ihnen damit nur sagen, wir müssen alles dazu beitragen, unsere föderalisti­schen Strukturen zu erhalten, damit vor allem die Menschen mit ihren Sorgen und Pro­blemen dort Service- und Dienstleistung erfahren, wo man diese Sorgen und Probleme auch wirklich erkennt, wo man das Angebot wirklich ganz spezifisch auf die Bevölke­rung in dieser Kommune, in dieser Region ausrichten kann. Wir müssen daher dafür sorgen, dass die Gemeinden dann auch ausreichend über finanzielle Mittel verfügen.

Ein „interkommunaler Finanzausgleich“ bei solchen Fragen wie Kleinregion/Großregion ist für uns natürlich auch ein sehr intensives Thema.


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Damit möchte ich den Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräten nur noch einmal sagen: Haben Sie weiter ein sehr wachsames Auge auf unseren Föderalismus! Ich denke, bestimmte Entwicklungen und Einstellungen in der Europäischen Union ha­ben gezeigt, was in der Emotion der Menschen passiert, wenn wir uns von dem, was die Menschen an der Basis berührt, wegbewegen oder damit beginnen, in der Politik abgehoben zu agieren. Das heißt, bleiben wir dort, wo die Menschen zu Hause sind, an der Basis – und dafür bietet unser föderalistisches System auch weiterhin eine, wie ich glaube, wirklich tolle Voraussetzung! Das heißt aber nicht, dass wir in unseren Strukturen, in unseren Aufgabendefinitionen, was jede Ebene zu erfüllen hat und wie das finanziert wird, nicht noch optimaler werden sollten – aber daran arbeiten wir ja gemeinsam.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen auch unter steirischer Präsidentschaft erfolgrei­ches Wirken im zweiten Halbjahr hier im Bundesrat.

Abschließend darf ich Sie für den 10. Oktober – wir haben den Termin gestern mit dem Herrn Präsidenten fixiert – sehr herzlich zu einem steirischen Abend hier in der Säulen­halle des Parlaments einladen. Merken Sie sich den Termin jetzt schon vor, es wird dann mehr als Kernöl geben! (Allgemeine Heiterkeit.) – Alles Liebe, ein herzliches stei­risches Glückauf, alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

10.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Aus­führungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Redner kommt der steirische Bundesrat Mag. Klug zu Wort. – Bitte.

 


10.33.56

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich im Namen der SPÖ-Fraktion des Bundesrates einerseits un­serem steirischen Bundesratskollegen Mag. Wolfgang Erlitz zur Übernahme der Präsi­dentschaft des Bundesrates auf das Herzlichste und Freundschaftlichste gratulieren. Mit Mag. Wolfgang Erlitz steht ein sehr erfahrener, weitsichtiger und engagierter Politi­ker an der Spitze der Länderkammer. Um es kurz in der Diktion einer steirischen Ta­geszeitung zu definieren: Lieber Wolfgang, für uns bist du heute „Steirer des Tages“, und wir freuen uns auf sechs Monate Präsidentschaft mit dir! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten von ÖVP und Grünen.)

Andererseits, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich mich auch gleich zu Beginn bei dir, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, sowohl für deine inhaltlichen Ausführungen im Zuge deiner Rede heute hier im Bundesrat als natürlich auch für die Teilnahme – trotz Stau auf der Autobahn – an der heutigen für die Steiermark so wich­tigen Plenarsitzung des Bundesrates bedanken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anwesenheit des zuständigen Landeshauptman­nes oder der zuständigen Landeshauptfrau beim Wechsel der Präsidentschaft mag im Allgemeinen eine politische Selbstverständlichkeit darstellen. Für die Steiermark – und da ersuche ich um allgemeines Verständnis – ist eine derartige – lassen Sie es mich so einfach formulieren – „Wien-Verpflichtung“ keine Selbstverständlichkeit. Alle Kollegin­nen und Kollegen hier im Saal können sich sicherlich sehr gut vorstellen, was das unter anderem terminlich bedeutet, dass es in einem großen österreichischen Bundesland nach 60 Jahren ÖVP-Landeshauptmann/Landeshauptfrau mit breiter Unterstützung der Steirerinnen und Steirer zu einem sozialdemokratischen Landeshauptmann an der Spitze dieses Landes gekommen ist. So betrachtet löst eine derartige Veränderung na­


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turgemäß einen politischen Umbruch, aber auch einen politischen völligen Neuanfang aus. Und dieser Neuanfang ist selbstverständlich auch mit einem hohen terminlichen Engagement des Landeshauptmannes verbunden. Daher, sehr geehrter Herr Landes­hauptmann, schätzen wir es besonders, dass du dir heute die Zeit genommen hast.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Steiermark steht gut da. Wir sind gut unterwegs. Nach Monaten der Irritationen ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerechnet habe ich mit diesem Zwi­schenruf, eingeplant war er nicht. Wenn ich sage, nach 60 Jahren ÖVP-Landeshaupt­mann/Landeshauptfrau – und das wird noch betont –, dann bin ich mir sicher, dass eben bedauerlicherweise dieser politische Umbruch und die damit hervorgerufenen Irritationen noch immer nicht ganz bewältigt wurden. Aber, liebe Kolleginnen und Kolle­gen, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, bereits im zweiten Jahr unter einem sozial­demokratischen Landeshauptmann ist der politische Leistungskatalog – und der sollte uns Politikerinnen und Politikern immer wichtig sein –, der im Allgemeinen schwer zu erstellen ist, für die Steiermark schon sehr beachtlich. Ich möchte nur vier Punkte kurz hervorheben:

die Abschaffung der Studiengebühren an den steirischen Fachhochschulen,

Wohnbeihilfe neu mit der erstmaligen Einbeziehung der Wohnnebenkosten,

die überproportionale Erhöhung der Sozialhilfe in der Steiermark als wichtiger Beitrag für die Armutsbekämpfung im Land

und – das wurde von unserem Landeshauptmann als Zukunftsmodell Steiermark der Regionen schon hervorgehoben – das Projekt „Regionext“.

Bei all diesen Eckpfeilern in nur zwei Jahren liegt mir eigentlich nur mehr der Spruch auf der Lippe: Vorwärts, Steiermark! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leicht – es ist schon bekannt –, leicht schnippisch formuliert, ohne das jetzt noch übertreiben zu wollen, schließe ich dieses Thema mit einem kurzen Satz: So wird eben eine sozial gerechte Steiermark gebaut.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Du hast in deinen Erläuterungen das Projekt Regionext als steirische Antwort auf den Standortwettbewerb besonders hervorgeho­ben – „Regionext kopfstark. steiermark“ als Projekt, welches im föderalen Österreich auf vielen Ebenen Modellcharakter haben könnte. Und dabei fällt mir eine Ebene, die von dir auch besonders hervorgehoben wurde, besonders auf: die sogenannte brand­aktuelle Bildungsebene.

Es wird auf Sicht nicht möglich sein, in jeder kleinen Einheit, auch wahrscheinlich nicht in jeder Kommune, alles anbieten zu können. Aber im Sinne: weg vom Kirchturmden­ken – so wie du es auch skizziert hast –, hin zu einer regionalen Zusammenarbeit, einer inhaltlichen und strukturellen Abstimmung!, wären Bildungsregionen ein erstre­benswertes Ziel, mit Sicherheit eine sehr fruchtbare Pflanze, die es regelmäßig verdie­nen würde, gegossen zu werden.

Solche Bildungsregionen, Kollegin Zwazl, nach unseren Überlegungen sollten auch mit den konkreten Bedürfnissen der Wirtschaft in Einklang gebracht und abgestimmt wer­den, weil wir auch aus der Vergangenheit wissen, dass diese inhaltliche Vernetzung einerseits zu Effizienzsteigerungen beiträgt und andererseits auch dazu dienen wird, letztlich ein Maximum an Qualität und ein Maximum an gut ausgebildeten jungen Men­schen und gut ausgebildeten Facharbeitern in der Region zu ermöglichen, weil wir wis­sen – und das steht mittlerweile wohl unter allen Wirtschaftstheoretikern und -experten


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außer Streit –: Das Vorhandensein von gut ausgebildeten Fachkräften ist ein unglaubli­cher, wichtiger regionaler Wettbewerbs- und Standortvorteil.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den Reformen des Bundesrates wurde auch in un­serem Kreis verständlicherweise schon sehr viel diskutiert. Die Fragen: Wer soll wofür zuständig sein?, Wer soll nicht nur formell, sondern auch materiell welche Kompeten­zen haben?, prägen naturgemäß jede Reformdebatte, daher auch die des Bundesra­tes. Viele dieser strukturellen, formellen, materiellen Überlegungen wurden bereits un­ter der Salzburger Präsidentschaft diskutiert, und es wäre daher müßig, sie an dieser Stelle nochmals zu wiederholen. Die derzeit vorhandenen Instrumente des Bundesra­tes bestmöglich auszunutzen, und zwar solange dem Bundesrat keine neuen oder an­deren Instrumente zur Verfügung gestellt werden, betrachte ich als unsere politischen Hausaufgaben.

Insofern haben wir in unserer Mai-Sitzung auch sehr gerne den gemeinsamen Ent­schließungsantrag zur Berichtspflicht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie einmal jährlich über geplante Infrastrukturprojekte in den Ländern einge­bracht, nicht nur, weil unsere Bundesratskolleginnen und -kollegen regelmäßig von der Bevölkerung angesprochen werden: Na, was wird denn wo gebaut von der Bundes­regierung?, sondern weil wir auch der Meinung sind, dass diese Vernetzung inhaltlich sinnvoll ist.

Dass dieser Antrag von einem steirischen Bundesrat begründet wurde – das habe ich damals schon kurz erwähnt –, dabei handelt es sich um einen reinen Zufall, und es hat nichts mit einem wichtigen Infrastrukturbauprojekt im Süden unseres Landes zu tun. So verstanden, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir gemeinsam auf einem guten Weg, auf einem guten, gemeinsamen politischen Weg.

Wenn wir all diese Überlegungen auch noch gemeinsam anpacken, ist nicht nur die steirische „Kürbiskernöl-Fraktion“ guten Mutes. – Ein herzliches steirisches Glückauf! (Beifall bei der SPÖ.)

10.44


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner aus der Steiermark ist Herr Bundesrat Perhab.

 


10.44.20

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Lan­deshauptmann! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Wenn man, so wie ich heute früh, vors Parlament fährt und die steirische Fahne am Parlamentsgebäude wehen sieht, da muss man ein Herz aus Stein oder Eisen haben, glaube ich, dass einen das nicht rührt – und ich glaube, ich bin schon in einem Alter, wo man das auch zugeben darf. Ich freue mich auf den heutigen Tag sowie da­rüber, dass die Steiermark für die nächsten sechs Monate hier im Bundesrat nicht nur den Vorsitz führt, sondern hoffentlich auch schwerpunktmäßig für die Steiermark rele­vante Themen und Anliegen bei unseren Kollegen hier im Parlament, im Nationalrat und im Bundesrat, und bei den Ministerien einbringt, um Verständnis und Zustimmung dafür bittet, beziehungsweise mit Bestimmtheit ersucht, und vielleicht doch einige An­liegen umsetzen kann.

Aber, Herr Kollege Klug, einen Fehler, glaube ich, haben Sie in Ihrer Rede gemacht: Sie haben im ersten Teil Ihrer Rede den falschen Ordner aufgelegt. Ich glaube, das war Wahlkampf 2005 in der Steiermark! Und das war, glaube ich, nicht kooperativ für den heutigen Tag. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht darf ich zur historischen Einleitung des Herrn Präsidenten noch ergänzen, dass auch unter Kaiser Friedrich III. der Ausbau von Graz als österreichische Kaiserre­


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sidenz erfolgt ist. Ich glaube, man darf daher mit Fug und Recht behaupten, dass die Steiermark ein Kernbundesland der Republik ist, und wir bekennen uns auch dazu.

Wenn Sie heute auf Ihren Tischen, auf Ihren Pulten das steirische Kernöl vorfinden, dann muss man dazusagen, dass das nur eine unserer Stärkemarken ist. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn es eine entsprechende Übergabefeierlichkeit gegeben hätte, und bin dankbar, dass der Herr Landeshauptmann angekündigt hat, dass im Oktober doch eine solche stattfinden wird, denn ich hätte mir gut vorstellen können, dass schon in dieser Woche eine der steirischen Tourismusregionen zwischen Dachstein und dem steirischen Weinland die Stärken der Steiermark hier im Hohen Haus präsentieren hätte können. Ich glaube, das wäre ein wichtiger touristischer Aspekt gewesen, obwohl wir natürlich glücklich darüber sind, dass die Steiermark das beliebteste Inländertouris­musland Österreichs ist und uns vor allem auch die Wiener die Treue halten. Vielen Dank dafür! (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich möchte aber doch zu den Ausführungen des Herrn Landeshauptmannes, auch zum Thema Regionext, aus unserer Sicht, aus der Sicht der steirischen Volkspartei einige Ausführungen tätigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Steiermark ist geprägt von einer sehr kleinräumigen Gemeindestruktur und hat im Österreich-Vergleich die höchste Anzahl von Klein- und Kleinstgemeinden. 187 der 542 Gemeinden haben eine Einwohnerzahl von unter 1 000, und 461 Gemeinden haben weniger als 2 500 Einwohner.

Eine Wifo-Studie hat ergeben, dass gerade Gemeinden beziehungsweise Kleinregio­nen mit zirka 3 000 Einwohnern die Aufgaben qualitativ und kostenmäßig am besten erledigen können. Wir treten daher für eine nachhaltige Gemeindezusammenarbeit auf kleinregionaler Ebene ein. Die Aufgaben für die Gemeinden werden immer umfangrei­cher, und 364 Bürgermeister in der Steiermark werden von Mandataren der steirischen Volkspartei gestellt. Wir kennen die Anliegen, die Sorgen, die Nöte dieser Bürgermeis­ter, und ich glaube, die steirische Volkspartei kann man als repräsentativ für den ländli­chen Raum bezeichnen, es gehört zu unseren Kernkompetenzen, die Menschen in die­sen Regionen nachhaltig zu vertreten.

Uns geht es hier um eine Stärkung des Spielraums für die Gemeinden, vor allem aber auch für die Kleinstgemeinden, die kaum mehr in der Lage sind, die Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Wir wollen keine Gemeindenzusammenlegung von oben, sondern durch Zusammenarbeit vieler Gemeinden mit gleich vielen Mitteln mehr schaffen. Ich bin Wirtschaftskammerobmann des größten Flächenbezirks Österreichs, des Bezirks Liezen, komme aus einer Gemeinde mit 654 Einwohnern und weiß daher, wovon ich hier spreche. Ich weiß, wie viele Synergien es gäbe. Ich weiß auch, welche Möglichkei­ten in Zukunft von uns gefordert werden, um eine allfällige Abwanderung aus unseren ländlichen Gemeinden hintanzuhalten. Der Herr Landeshauptmann hat es ausgeführt: Wir haben von den 17 Bezirken in der Steiermark bereits neun, wo wir bei der letzten Volkszählung, im Jahr 2000, Abwanderungen festgestellt haben.

Das, glaube ich, muss oberste Priorität sein, um den ländlichen Raum so attraktiv zu gestalten, dass wir die Menschen nicht nur in Form von Wohn- und Schlafgemeinden dort haben, sondern dass es in diesem Raum auch Wertschöpfung, Tourismus, Bil­dung gibt und er damit auch Zukunft hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Global denken, lokal handeln“ ist ein Schlagwort, das heute bei vielen Sonntagsreden immer wieder erwähnt wird. Es scheint auf den ersten Anschein ein Widerspruch in sich zu sein. Wenn man sich aber inhaltlich damit beschäftigt, dann kommt man darauf, was das in Wirklichkeit heißt. „Global denken“ könnte man bezeichnen als: über den Tellerrand schauen, die Chan­cen ausloten und sie in der Region, in der Heimatregion umsetzen. Es heißt, gegen


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Globalisierung gibt es nur zwei Mittel: mitmachen oder abdichten, seine Identität verlie­ren oder sein Geschäft. – Besser klappt es, meiner Meinung nach, umgekehrt: Die Welt erschließt sich durch Unterschied und Wettbewerb auf kleinstem Raum, nämlich in der Region. Und ich glaube, hier liegen viele Zukunftschancen für den ländlichen Raum.

Was wir allerdings nicht wollen – und da unterscheiden wir uns vom Konzept des Herrn Landeshauptmannes –: eine Region der Steiermark der Großregionen. Wir wollen kei­ne verordneten Großregionen von oben herab, wo die kommunalen Steuermittel hi­neinfließen, wo die Bedarfszuweisungen hineinfließen (Bundesrat Kaltenbacher: Das ist ja nicht der Fall! – Thema verfehlt, Herr Kollege! – Landeshauptmann Mag. Voves: Man kann es auch erfinden!) und wo es neue Parameter für eine Verteilung an die Ge­meinden, an die Zuständigen gibt. Das ist nicht unser Konzept, sondern unser Beitrag ist eine freiwillige, von unten herauf führende Kleinregion, die dann schlussendlich auch zu einer Großregion führen kann, wenn es wirtschaftlich Sinn macht.

Glauben Sie mir: Als Vertreter der gewerblichen Wirtschaft ist es mir wirklich ein Anlie­gen, hier sinnlose Vergeudung von Steuergeldern hintanzuhalten. Ich glaube, die Bud­gets der Gemeinden, und vor allem der Kleingemeinden, lassen es in Zukunft nicht zu, dass wir hier weiterhin Steuermittel vergeuden beziehungsweise verschwenden. Und das beginnt, wie der Herr Landeshauptmann schon gesagt hat, bei den kleinen Dingen, von der Feuerwehr bis zu den Veranstaltungshallen, und hier gibt es Handlungsbedarf. Wir müssen das aber gemeinsam schaffen und nicht von oben herab verordnen.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktionskollegen Barbara Eibinger, Bundesrat Kö­berl, Bundesrat Schnider und ich werden Sie in den nächsten sechs Monaten verstärkt mit steirischen Anliegen nicht nur belästigen, sondern, wie ich hoffe, diese auch mit Ihnen diskutieren, und wir werden mit Bestimmtheit und Bescheidenheit für unsere An­liegen werben. Wir sind bereit, Ihnen den weiß-grünen Weg aufzuzeigen und Ihnen das grüne Herz Österreichs in Zukunft noch besser zu präsentieren. – Glück auf! (Beifall bei der ÖVP.)

10.51


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Konrad zu Wort. – Bitte.

 


10.51.52

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn auch im Namen der Grünen Fraktion dem neuen Präsidenten Erlitz für seine Aufgabe alles Gute wünschen. Ich wünsche uns allen ein interessantes und ereignisreiches Halbjahr.

Mir wurde jetzt schon die Frage gestellt, ob ich als Tirolerin denn überhaupt berufen wäre, mich hier jetzt zu Wort zu melden. Ich habe dann gesagt: Ja. Ich kann es sogar begründen: Einerseits ist ja in der Grünen Fraktion keine steirische Abgeordnete oder kein steirischer Abgeordneter vertreten. Ich übernehme diese Aufgabe aber sehr ger­ne: Die Eltern meines Vaters waren aus der Steiermark. Das heißt, ich habe in meiner Kindheit doch sehr viel Zeit dort verbracht, spreche also hier jetzt doch auch mit einer gewissen Innensicht zur Steiermark.

Dass die Landeshauptleute jeweils zur Amtsübernahme des Bundeslandes hier eine Erklärung abgeben, ist inzwischen zur Tradition geworden. Ich halte das auch für eine sehr wichtige und gute Tradition, gibt es doch dem Bundesrat auch die Möglichkeit, halbjährlich wechselnd in den Bundesländern selbst mehr Aufmerksamkeit zu bekom­men. Ich glaube, das kann dem Bundesrat und uns allen auch nur guttun. Die Medien sagen zwar sehr gerne, der Bundesrat ist irgendwie langweilig und ist irgendwie un­


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nütz, fühlen sich aber oft dann auch nicht bemüßigt, darüber zu berichten, was im Bun­desrat passiert. Ich glaube, dass gerade diese wechselnden Präsidentschaften immer ein sehr gutes Mittel sind, das vielleicht zu verbessern. Denn die heimischen Medien werden dann auch einen gewissen Heimatstolz, so denke ich, verspüren und das The­ma vielleicht etwas williger, etwas liebevoller behandeln, als es sonst der Fall ist. Ich hoffe also, dass die Steiermark hier im nächsten halben Jahr viel an guter Presse auch für den Bundesrat bringen wird.

Und dass die steirischen Anliegen im kommenden Halbjahr verstärkt hier präsentiert werden, halte ich jetzt gar nicht für nötig, denn ich denke, wir sind die Vertretung der Bundesländer, und insofern ist es ja jedem Bundesland zu jeder Zeit möglich, hier die Anliegen auch vorzubringen. Da muss man, glaube ich, nicht auf die eigene Präsident­schaft warten.

Ich freue mich also, dass ich hier bei diesem, soll ich sagen: steirischen Gastspiel, stei­rischen Freundschaftsspiel, mitspielen, mitreden darf. Wobei ich mir jetzt nicht so ganz sicher bin, ob das Wort „Freundschaftsspiel“ wirklich stimmt, denn es sind jetzt doch einige Sticheleien gefallen. Ich weiß nicht: Ist der Landtagswahlkampf schon wieder so nah? Oder noch nicht so lange her? – Wie auch immer. (Bundesrat Schennach: Der hat nie aufgehört, wahrscheinlich!) Der hat nie aufgehört? Das kann natürlich auch sein.

Der Herr Landeshauptmann hat in seiner Präsentation dieses Programmes „Regionext“ betont, wie groß die Einigkeit sei, auch über die Fraktionsgrenzen hinweg. Wenn ich jetzt Ihren Gesichtsausdruck bei meinem Vorredner richtig gedeutet habe, gibt es wohl doch noch die einen oder anderen Unterschiede in der Auffassung, was denn Ziel des Programmes ist, in welche Richtung es gehen soll. Das ist, glaube ich, ein Problem, das jede Koalition immer wieder hat. Es ist zwar in der Opposition auch oft mühsam, aber dann schaue ich mir wieder diese Sticheleien an, die man hier doch öfters zu se­hen bekommt, und denke mir: Auch in der Koalition ist es bestimmt nicht immer so leicht, wie es die Leute gerne hätten.

Dieses Programm „Regionext“ habe ich mir im Vorfeld näher angesehen, und es hat tatsächlich einige sehr interessante Ansätze. Was vor allem mir auch immer wichtig ist, ist, das regionale Denken zu entwickeln und wegzukommen vom Kirchturmdenken.

Ich glaube, das kennen wir alle aus den ländlichen Bereichen, dass dort, wo Gemein­den eben nebeneinander gelegen sind, doch immer ein gewisser Wettbewerb zwi­schen den Gemeinden beginnt und dieser sich nicht immer zum Besten für die Ge­meindebürger und ‑bürgerinnen auswirkt. Es ist dann wichtig, dass jede Gemeinde die­selbe Infrastruktur aufbaut wie die Nachbargemeinde. Die Distanzen wären oft gar nicht ausschlaggebend. Es spricht nichts dagegen, dass Gemeinden auch gemeinsam, miteinander Infrastruktur aufbauen und sie gemeinsam nutzen. Es ist nur eben oft schwierig, aus einem gewissen patriotischen Gedanken heraus, das auch umzusetzen.

Der Herr Landeshauptmann hat das Thema Landflucht sozusagen angesprochen. Und so gerne ich selbst in Städten lebe, weil es einfach meinen Interessen, meinem Le­bensstil sehr entgegenkommt, muss man einfach sagen, dass Städte, dass Ansamm­lungen von vielen Menschen mit anderen Problemen konfrontiert sind, als das in klei­neren Gemeinden der Fall ist.

Österreich hat relativ wenig urbane Gebiete. (Unruhe im Saal.) – Störe ich? – Öster­reich hat ein relativ schwach ausgeprägtes urbanes Gebiet. Das heißt einfach, der Großteil der Menschen lebt in ländlichen Gebieten. Und das konnte ich in meiner Kind­heit auch sehr gut beobachten: Meine Heimatgemeinde in Tirol wächst und gedeiht. Da wird immer gebaut, da wohnen auch junge Menschen. Viele meiner Schulfreunde woh­nen dort, leben dort, planen auch, ihr Leben dort zu verbringen.


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Wenn man sich das Dorf ansieht, in dem meine Großeltern in der Steiermark gelebt haben, dann kann man wirklich gut sehen, dass diese Gemeinde einfach geschrumpft ist. Dort sind viele Dinge nicht mehr vorhanden, die früher dort waren. Man hat auch das Gefühl, immer weniger Menschen sind dort. – Diesen Unterschied konnte ich also sehr gut verfolgen, und ich halte es für ein sehr wichtiges Ziel, dass man versucht, hier gegenzusteuern, die Regionen auch weiterhin attraktiv zu gestalten und es den Men­schen möglich zu machen, dass sie auch weiterhin in den Regionen wohnen und dort bleiben, wenn sie das wollen.

Bei diesem Programm „Regionext“ sehe ich allerdings auch ein paar Punkte, wo man, glaube ich, aufpassen muss.

Wenn Sie jetzt neue Gremien schaffen, in denen die Bürgermeister und die Bürger­meisterinnen bestimmen, was in diesen neu geschaffenen Kleinregionen geschieht, dann denke ich, dass es natürlich sehr wichtig wäre, dass auch die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte in solchen Gremien vertreten wären. Alles über die Bürgermeister abzuwickeln, halte ich nicht für die bürgernäheste Form, denn auch Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sind natürlich Vertreterinnen und Vertreter der Bürger, und ein Bür­germeister allein hat auch nicht den Alleinvertretungsanspruch. Wozu gibt es Gemein­deratswahlen und wozu gibt es Gemeinderäte, wenn dann der Bürgermeister der Einzi­ge ist, der „die Weisheit mit dem Löffel gefressen“ hat?, frage ich jetzt einmal, im Sinne eines Gegenarguments.

Die Landespolitik hat gleichzeitig auch eine gestaltende Aufgabe, die hoffentlich nicht an diese Regionen delegiert werden soll, denn natürlich ist auch mit Geldverteilung, mit Finanzmitteln hier vieles möglich, was das Land steuern kann. Da ist immer wieder die Frage, ob sich die Gemeinden, die Regionen selbst wirklich darauf einigen können, dass sie die bestmögliche Lösung finden, ob da nicht vielleicht Lokalpatriotismus oft ein bisschen dagegen steht, dass dann wirklich die Lösung gefunden werden kann, die für alle am besten ist.

Sie haben betont, Herr Landeshauptmann, dass die Bürgermeister sehr für dieses Pro­jekt sind und sehr zusammenarbeiten. Ich kann das nur hoffen, weil ein solches Projekt natürlich nicht funktionieren kann, wenn sich Bürgermeister sperren. Ich hoffe also im Interesse auch der ländlichen Gebiete, dass dieses Interesse der Bürgermeister zur Zusammenarbeit ausgeprägt ist – vielleicht doch ausgeprägter, als ich jetzt den Ein­druck hatte. Es ist ein langfristiges Experiment, und ich bin gespannt, was dabei he­rauskommt. Ich hoffe, dass Ihr Ziel, die ländlichen Gebiete in der Steiermark zu bele­ben, am Leben zu erhalten, erreicht wird, und ich wünsche den Steirerinnen und Stei­rern hier im Raum ein schönes nächstes halbes Jahr. (Beifall bei Grünen und SPÖ so­wie bei Bundesräten der ÖVP.)

10.59


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


10.59.21

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Hochverehrter Herr Landeshauptmann! Geschätzte Damen und Her­ren! Liebe Kollegen!

Ich möchte auch die Gelegenheit nützen, dir, lieber Herr Präsident, zu gratulieren zu deiner Aufgabe als Präsident. Ich glaube, es ist eine schöne Aufgabe, eine Herausfor­derung, und ich hoffe, dass wir vieles für Österreich überzeugend umsetzen können, vor allem, was den ländlichen Bereich anlangt, auf den ich dann noch zu sprechen kommen werde.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 47

Herr Landeshauptmann! 57 Prozent der Menschen leben im ländlichen Raum. Uns al­len ist bekannt, dass da vieles nicht in Ordnung ist. Wenn man so lange wie ich in der Politik ist – ich bin wahrscheinlich einer derjenigen, die am längsten politisch tätig sind – und als langjähriger Bürgermeister und Mandatar im Landtag immer wieder da­rauf hingewiesen hat, wie die Situation im ländlichen Bereich ausschaut, und sich fast nichts tut, dann fragt man sich: Wozu haben wir eigentlich all die politischen Organi­sationen? Vor den Wahlen wissen alle Parteien – ich nehme einmal keine aus –, was alles besser gemacht werden soll, und dann müssen viele Menschen lange auf die Umsetzung warten – und sie warten Jahrzehnte, und sie warten Jahrzehnte verge­bens.

Wir sprechen heute auch von der Abwanderung. Herr Landeshauptmann! Es gibt Re­gionen, wo bis zu 20 Prozent der Menschen innerhalb von 10 Jahren abwandern. Das ist Ihnen bekannt. Der Kollege von der Steiermark meint, man solle von der Kommune, von unten hinauf arbeiten. Selbstverständlich schaffen wir selbst Organisationen und machen interkommunale Zusammenarbeit! Aber meine Freunde, wenn von oben hinunter – und das ist einmal der abgestufte Bevölkerungsschlüssel – das Unrecht nach über 60 Jahren noch immer vorhanden ist, dann stimmt etwas nicht! Wir wissen alle, dass nach dem Krieg die Notwendigkeit gegeben war – in der Stadt war alles zer­stört –, alles neu zu schaffen, aber heute ist die ländliche Region wirklich die, die es in Zukunft ohne Unterstützung nicht mehr schaffen wird.

Sie als Landeshauptmann wissen, wie die Bürgermeister gnädig anrücken und bitten und bitten! Mir tun ja die Bürgermeister sehr leid, die immer wieder gnädig beim jewei­ligen Landesrat darum bitten müssen: Bitte, darf ich das und das machen. – Es gibt die Zuschussgemeinden, es gibt die Problemgemeinden, und das ist das Um und Auf.

Herr Landeshauptmann! In der „Presse“ wurden vor zwei Tagen, am 17. Juli 2007 die zehn reichsten Gemeinden und die zehn ärmsten Gemeinden in Österreich vorgestellt.

Herr Landeshauptmann! Jetzt sind wir wieder beim Finanzausgleich. Da verhandelt der Bund, da verhandeln die Länder, da verhandelt der Gemeindebund, der Städtebund: Und was kommt heraus? – Der Städtebund mit seinen 70 Gemeinden und ein bisschen mehr als 40 Prozent der Bevölkerung, die er zu vertreten hat, ist derart stark, dass die 2 280 Gemeinden dann zuschauen und das Nachsehen haben. Es ist leider so! Als langjähriger Vizepräsident des Kärntner Gemeindebundes sind mir diese Dinge auch bekannt.

Sie stehen ja heute als Repräsentant der Landeshauptleute da! Ich muss sagen, mir gefällt der Herr Landeshauptmann Haider, mir gefallen Sie als Landeshauptmann (iro­nische Heiterkeit bei den Grünen) – na ja, es kommt schon noch! – und die Frau Lan­deshauptmann Burgstaller, die erstmals dazu bereit waren, da einmal hineinzuschau­en, erstmals dazu bereit waren, über diese Probleme zu reden.

Herr Landeshauptmann, Sie haben es heute angeschnitten. Die Frau Landeshauptfrau Burgstaller hat das hier versprochen, mir versprochen, dass sie diese Dinge aufs Ta­pet bringen und versuchen wird, das auf einen Nenner zu bringen. Ich hoffe auf die Erfüllung dieser Forderung von 2 300 Bürgermeistern.

Liebe Bürgermeister, stehen wir auf, da haben wir die Möglichkeit dazu! Der Herr Lan­deshauptmann Voves, der Herr Vorsitzende der Landeshauptmännerkonferenz, ist ja jetzt jemand! Wenn er das heute auf die Tagesordnung bringt und sagt: Das ist zu machen, und ich gehe nicht herunter!, dann könnte ich mir vorstellen, dass wieder ein bisschen etwas weitergeht beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel. Vor zwei Jahren ist ein bisschen etwas gegangen, aber das ist natürlich zu wenig.

Herr Landeshauptmann! Das Nächste ist die Kommunalsteuer. Diese ist eine derartige Ungerechtigkeit für die kleineren und mittleren Gemeinden in Österreich, die nicht die


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Arbeitsplätze haben, sondern Wohngemeinden sind, wo die Familien wohnen und der Vater abends heimkommt. Diese haben keinen Groschen davon! Das ist eine solche Ungerechtigkeit! Ich verstehe schon, dass da die starken Gemeinden sagen: Na bitte schön, wir haben es und basta! – Das ist die nächste Situation, die sicher nicht in Ord­nung ist.

Das Nächste ist das ländliche Wegenetz. Ich habe alle Agrarreferenten in Österreich gebeten, darzustellen, wie es in ihren Ländern aussieht, die Situation am ländlichen Weg zu beschreiben. Es geht um den Straßenbau, es geht um die Straßenerhaltung. Nur zwei Bundesländer – das ist das Bundesland Tirol und das Bundesland Salzburg – haben wirklich ein Modell gefunden, wo alle Bürger in einen Topf hineinzahlen – alle Bürger, auch die der Stadt Salzburg oder der Stadt Innsbruck! Und dann versucht man, diese Probleme zu lösen, sodass nicht die Betroffenen, die dort wirklich extrem leben, auch noch bis zu 15 Prozent dazuzahlen. Diese Wege darf ja jedermann benützen! Herr Landeshauptmann, und da kommen nur 2,2 Prozent von der Mineralölsteuer in Österreich für diese Wege dazu? – Das sind Dinge, die einfach einmal zur Diskussion stehen sollten. Ich würde Sie sehr bitten, dass wir auch da in Österreich Gerechtigkeit finden.

Herr Landeshauptmann! Wir warten auf diese Gerechtigkeit. Wir haben auch Hoffnung, dass Sie versuchen werden, das auf die Tagesordnung zu bringen. Man könnte für die ganze Situation viele Beispiele bringen, aber Ihnen als Landeshauptmann ist das ja be­kannt. Man braucht dazu keine Beispiele zu bringen. Gerade bei Ihnen in der Steier­mark gibt es Gemeinden, die auf der untersten Skala in Österreich liegen, und ein paar Gemeinden, die weit oben liegen. Das ist das Problem!

Deswegen bitte ich Sie, dass Sie da versuchen, einen Ausweg zu finden, damit die Menschen im ländlichen Bereich auch Hoffnung haben. Sie möchten ja dort leben. Der Raum, den Sie ja auch angeschnitten haben, soll ja in Zukunft nicht nur erhalten blei­ben, sondern die Menschen sollten dort ja auch leben. Sie sollten dort Lebensbedin­gungen haben, die ihnen das Leben dort ermöglichen. Dafür zu sorgen ist, glaube ich, unsere Pflicht.

Ich möchte Sie bitten, in diesem Geist und in diesem Sinne für uns Österreicher diesen Vorsitz auszuführen. – Danke schön. (Beifall des Bundesrates Mitterer sowie bei SPÖ und ÖVP.)

11.06


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

11.07.10Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und ver­teilten Anfragebeantwortungen 2313/AB bis 2319/AB sowie der Nominierungsschrei­ben des Bundeskanzlers gemäß Artikel 23c Abs. 5 B-VG verweise ich auf die im Sit­zungssaal verteilten Mitteilungen, die dem Stenographischen Protokoll angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe Seite 14)

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BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 49

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Nominierungen gemäß Art. 23c Abs. 5 B‑VG:

„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

DR. ALFRED GUSENBAUER

BUNDESKANZLER

An

Herrn Präsidenten des Bundesrates

Mag. Wolfgang ERLlTZ

Parlament

Dr. Karl Renner-Ring 3

1017 Wien                                                                                                            Wien, am 11. Juli 2007

GZ: 405.828/0006-IV /5/2007

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG kann ich Ihnen mitteilen, dass der Ministerrat entspre­chend den diesbezüglich stattgefundenen Konsultationen mit den im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen Parteien in seiner Sitzung vom 11. Juli 2007 gemäß Art. 23c Abs. 2 B-VG beschlossen hat, die Herstellung des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates vorausgesetzt, Herrn Präsidenten Dr. Hubert WE­BER für die Funktion eines Mitgliedes des Europäischen Rechnungshofes für die am 1. Jänner 2008 beginnende neue sechsjährige Amtsperiode zu nominieren.

Mit freundlichen Grüßen“

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„BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH

DR. ALFRED GUSENBAUER

BUNDESKANZLER

An

Herrn Präsidenten des Bundesrats

Mag. Wolfgang ERLlTZ

Parlament

Dr. -Karl-Renner-Ring 1-3

1017 Wien                                                                                                       Wien, am 11. Juli 2007

GZ 405.828/0008-IV/5/2007

Sehr geehrter Herr Präsident!

In Entsprechung der Bestimmung des Artikels 23c Abs. 5 B-VG darf ich Ihnen mitteilen, dass das stellvertretende österreichische Mitglied des Ausschusses der Regionen (AdR) der Europäischen Union, Herr Vizebürgermeister und stellvertretender Landes­hauptmann von Wien, Herr Dr. Josef RIEDER, am 25. Jänner 2007 aus allen seinen Ämtern ausgeschieden ist und damit auch sein Mandat im AdR verloren hat.

Als Nachfolgerin für Herrn Dr. RIEDER hat die Bundesregierung bei ihrer Sitzung vom 11. Juli 2007 über Vorschlag des Landes Wien Frau Vizebürgermeisterin und stellver­tretende Landeshauptfrau Mag. Renate BRAUNER für die Neubesetzung des offenen Sitzes als stellvertretendes Mitglied des AdR für die verbleibende Amtsperiode bis 2010 nominiert.

Gemäß Art. 263 Abs. 4 EGV werden die Mitglieder des AdR sowie eine gleiche Anzahl von Stellvertretern vom Rat auf Vorschlag der jeweiligen Mitgliedstaaten mit qualifizier­


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ter Mehrheit für die Dauer von vier Jahren durch den Rat ernannt. Gemäß Art. 263 Abs. 1 EGV muss ein Mitglied des AdR entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sein. Die Mitgliedschaft im AdR endet gemäß Art. 263 Abs. 4 EGV automatisch mit Wegfall dieser Voraussetzungen, weshalb im gegenständlichen Fall für die verbleibende Amtszeit eine Nachfolgerin zu ernennen war.

Mit freundlichen Grüßen

Beilage: Lebenslauf von Frau Mag. BRAUNER“

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Eingelangt ist der Entschließungsantrag 160/A(E)-BR/2007 der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend rechtsstaatliche Möglichkeit zum Verbleib integrierter Personen, der dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Darüber hinaus ist der Achte Umweltkontrollbericht eingelangt, der dem Umweltaus­schuss zugewiesen wurde.

Des Weiteren ist der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GMBH –Eisenbahnregulie­rung 2006 eingelangt, der dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zu­gewiesen wurde.

Ebenfalls eingelangt ist die Petition 21/PET-BR/2007 betreffend „Bleiberecht für Asyl­suchende“, überreicht durch Frau Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth, die unpräjudi­ziell dem Ausschuss für BürgerInnenrechte zur Vorberatung zugewiesen wurde.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden weiters jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jener Bericht, die beziehungsweise der jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind beziehungsweise ist.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Antrag gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gebe weiters bekannt, dass von den Bundesräten Wolfgang Schimböck, Sonja Zwazl, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 21 der Ge­schäftsordnung der Selbständige Antrag 161/A-BR/2007 auf Abhaltung einer parla­mentarischen Enquete gemäß § 66 der Geschäftsordnung zum Thema „Bildung – Be­ruf – Wirtschaft – Mehr Chancen für Alle“ eingebracht wurde.

Des Weiteren wurde gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung beantragt, diesen Selb­ständigen Antrag ohne Ausschussvorberatung in Verhandlung zu nehmen.

Ich lasse daher über den Antrag der Bundesräte Schimböck, Zwazl, Kolleginnen und Kollegen, den gegenständlichen Antrag auf Abhaltung einer parlamentarischen En­quete ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu neh­men, abstimmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erfor­derlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


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Ich werde daher die Tagesordnung um den Antrag 161/A-BR/2007 ergänzen und die­sen als 31. Punkt der Tagesordnung in Verhandlung nehmen.

Darüber hinaus haben die Bundesräte Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 21 der Geschäftsordnung den Entschließungsantrag 162/A(E)-BR/2007 betreffend „Ernennung des Donau Limes zum Weltkulturerbe“ eingebracht.

Weiters wurde beantragt, auch diesen Selbständigen Antrag ohne Ausschussvorbera­tung in Verhandlung zu nehmen.

Ich lasse daher über den Antrag, den gegenständlichen Entschließungsantrag ohne Vorberatung unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, abstimmen.

Hierzu ist wieder eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln erforderlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich ergänze daher die Tagesordnung um den Entschließungsantrag 162/A(E)-BR/2007 als 32. und somit letzten Tagesordnungspunkt.

Der Präsident hat die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände und den Selbständi­gen Antrag 161/A-BR/2007 sowie den Selbständigen Entschließungsantrag 162/A(E)-BR/2007 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2, 11 bis 16, 17 bis 20, 21 und 22, 24 und 25, 26 und 27, sowie 28 bis 30 unter einem zu verhandeln.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Es wird daher so vorgegangen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

11.11.321. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflege-Übergangsgesetz geändert wird (228/A und 187 d.B. sowie 7728/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2007 (Bundesfinanzgesetz 2007) geän­dert werden (253/A, 246/A und 188 d.B. sowie 7723/BR d.B. und 7729/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Seitner. – Bitte.

 


11.12.00

Berichterstatterin Renate Seitner: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für So­


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ziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflege-Übergangsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2007 (Bundesfinanzgesetz 2007) geändert werden.

Der Bericht liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor, und ich komme damit zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juni 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte. Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


11.13.38

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir ha­ben ja schon im Dezember ein Pflege-Übergangsgesetz beschlossen, das im Juli im Nationalrat verlängert worden ist, weil damals das Problem bestanden hat, dass sich legale Pflege kaum jemand leisten kann. Das heißt, die Menschen, die Pflege und Be­treuung brauchen, haben auf die Nachbarstaaten Slowakei, Ungarn et cetera zurück­gegriffen und haben sich illegal Pfleger genommen.

Das ist durchaus verständlich aus der Sicht des Betroffenen, aber natürlich illegal, das heißt, das ist einfach ungesetzlich. Um hier eine Amnestie zu machen, hat man im De­zember dieses Pflege-Übergangsgesetz beschlossen. Das muss jetzt noch einmal ver­längert werden, weil es beide Regierungsparteien einfach nicht geschafft haben, in einem halben Jahr ein tragbares Pflegemodell zu erarbeiten, das auch leistbar ist.

Kollege Klug hat heute bezüglich der Steiermark gesagt: Es kann ja nicht so schwierig sein, so einen Leistungskatalog abzuarbeiten. – Man sieht, so einfach ist es offensicht­lich nicht.

Was ich dabei interessant finde, ist, dass man hier bereit ist, Amnestie zu üben, beim Kinderbetreuungsgeld aber, wo einige über die Zuverdienstgrenze hinausgegangen sind – und ich glaube nicht, dass wir den Frauen oder den Eltern einfach unterstellen können, dass sie das wissentlich und absichtlich gemacht haben –, ist es aber mit der Toleranz schon wieder vorbei. Da will man vor allem von Seiten der ÖVP mit aller Här­te des Gesetzes drübergehen. Was in dem einen Fall nicht stört, stört in dem anderen Fall schon.

Was mich daran stört, ist, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Also entweder einigt man sich darauf, dass ungesetzliche Sachen auch ungesetzlich sind, selbst dann, wenn man die Betroffenen verstehen kann, oder man tut es nicht. Aber man kann nicht sagen: Da drücken wir beide Augen zu und da schauen wir mit aller Schärfe hin.

Dass die Versorgung der Alten und der Betreuungsbedürftigen schon lange ansteht, ist wirklich nichts Neues. Nur, im Wahlkampf war es halt so, dass die ÖVP gesagt hat, es gibt überhaupt keinen Pflegenotstand, und die SPÖ gesagt hat, es gibt sehr wohl einen


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Pflegenotstand. Jetzt sind wieder beide in einer Koalition, und da wird dann alles als nur mehr halb so schlimm gesehen – und zwar von beiden Seiten. (Ruf bei der ÖVP.) – Dass es ein Problem gibt, wird ja mittlerweile schon zugegeben. Das ist ja schon etwas Positives.

Wenn es aber um die Lösungen geht, findet man offensichtlich keine Einigkeit. Da ent­steht der Eindruck, dass keiner dem anderen etwas gönnt. Es gibt ja von beiden Seiten durchaus gute Ideen. In dem Moment aber, in dem die eine Seite eine Idee bringt, sagt die andere Seite: Das ist entweder undurchführbar oder ohnehin unmöglich oder nicht machbar. Das geht wechselseitig so hin und her. Das hilft dem Betroffenen, der im Mit­telpunkt stehen sollte, in überhaupt keiner Weise.

Wir sollten uns immer vor Augen führen – und ich bitte auch Sie, das zu tun, wenn Sie über Lösungsansätze sprechen –: Es geht um Menschen, es geht um Betroffene, und wir alle, die wir hier sitzen, wissen nicht, ob wir nicht eines Tages auch in derselben Si­tuation sein werden, dass wir Pflege und Betreuung brauchen werden. Es sollen sich alle darauf verlassen können, dass diese Pflege sichergestellt ist, und zwar so, dass man es sich leisten kann.

Dazu ist es aber einerseits notwendig, das Pflegegeld endlich einmal zu valorisieren – übrigens ein Wahlversprechen der SPÖ, allerdings vor der Wahl, und wir wissen, nach der Wahl ist nicht dasselbe wie vor der Wahl. Die Anpassung des Pflegegeldes, die seit 1995 nicht mehr erfolgt ist (Bundesrat Mayer: Das stimmt nicht!), wäre dringend notwendig, und es müsste auch Jahr für Jahr valorisiert werden. – Ganz genau! Das war ein Versprechen, davon hört man aber jetzt nichts mehr! Das ist aber nichts Neu­es. Das kennen wir alle.

Wir brauchen aber auch entsprechende Ausbildungsmaßnahmen. Jene Pflegerinnen und Pfleger aus den Nachbarländern, die jetzt bei uns tätig sind, werden auch irgend­wann einmal nicht mehr da sein, weil das Einkommen in ihren Heimatländern steigt. Und was ist dann? Bevor wir dann wieder in ganz Europa zu suchen beginnen, wo sich vielleicht doch noch Pfleger finden, wäre es natürlich gescheit, das jetzt schon zu ma­chen, die Dinge jetzt schon anzugehen und nicht erst dann darauf zu schauen, wenn man sie wirklich braucht. Interesse daran gibt es ja genug.

Das Zweite: Bund, Länder und Gemeinden müssen sich endlich einmal einigen. Das wird im Moment wie so eine heiße Kartoffel hin- und hergeschupft, keiner will sich wirk­lich zuständig fühlen. Jeder sagt: Ich kann da leider nicht so viel dazuzahlen, denn wir haben viel zu wenig Geld! – Das heißt, die heiße Kartoffel will in Wirklichkeit keiner auf­fangen, und das kann so nicht sein. Da muss wirklich geschaut werden, dass es eine Einigung gibt.

Mit der Vermögensverwertung, mit diesen 5 000 €, die da schon im Raum gestanden sind, bin ich überhaupt nicht glücklich, Herr Minister! 5 000 € sind in Wirklichkeit nicht wahnsinnig viel Geld. Man kann nicht die Pflege im Heim und zu Hause gleichstellen. Im Heim gibt es eine komplette Versorgung, da schaut die Geschichte anders aus. Wenn ich zu Hause bin, muss ich Miete bezahlen, alle laufenden Kosten tragen, die eben entstehen, wenn man zu Hause wohnt. Wenn etwas kaputt wird, muss die Repa­ratur natürlich auch bezahlt werden. Etwas relativ Einfaches: Eine Heiztherme kostet mindestens 2 500 € bis 3 000 € – und das soll man sich ja auch noch leisten können!

Das heißt, es kann nicht so sein, dass das gesamte Vermögen verwertet wird. Am En­de hat der Betreffende dann gar nichts. Und erst wenn er dann schon wirklich in der Ar­mutsfalle drinnen steckt, sagen wir ihm: Wir geben dir ohnehin zum Pflegegeld noch eine Förderung dazu! – Ich glaube, das kann doch nicht sozialdemokratisches Denken sein! Zumindest hat man es bis jetzt von Ihrer Seite immer anders gehört.


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Dass die Betreuer jetzt auch als Selbständige tätig sein können, darüber freut sich der Wirtschaftsflügel der ÖVP. Man muss da aber wirklich aufpassen, dass das nicht wie­der zu einer Scheinselbstständigkeit einerseits und zu einem Preisdumping anderer­seits führt. Das ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit, das ist eine schwierige Aufgabe, und da sagen viele: Um Gottes willen, ich bin froh, dass ich das nicht machen muss! Dankenswerterweise aber funktioniert das ja auch in den Familien noch sehr gut. 85 Prozent werden ja zu Hause betreut, aber auch dort schafft man es natürlich oft nicht allein und braucht daher Hilfe. Aber jene, die diese schwere Arbeit auf sich neh­men, sollen dann nicht in so einem Preisgefälle drinnen sein, wo der, der es am billigs­ten macht, dann zum Zug kommt, und der, der durchaus qualifiziert ist, aber eben auch seinen Lebensstandard hat, auf der Strecke bleibt. Das wäre wirklich schade, und da muss man wirklich aufpassen, denn so kann man es nicht machen.

Und was noch zufriedenstellend geklärt werden muss, das ist eine entsprechende Re­gelung, was der Einzelne darf. Da gibt es ja jetzt verschiedene Wertigkeiten: Der Be­treuer darf eine Sache machen, die diplomierte Fachkraft eine andere. Ein Beispiel: Der Betreuer darf das Essen zubereiten, darf es mundgerecht herrichten, aber er darf es dem zu Betreuenden nicht verabreichen. Das ist wirklich grotesk, das muss man schon sagen. Es soll die diplomierte Fachkraft jene Tätigkeiten machen, die eben nur die Fachkraft machen darf. Aber es gibt Dinge, wo die Grenzen fließend sind, wie etwa, dass ich das Essen kochen darf, aber es dem zu Pflegenden nicht verabreichen darf. Das ist wirklich völlig praxisfern, und da sollte man auf jeden Fall zu einer befriedigen­den Lösung kommen.

Was dieses Pflege-Übergangsgesetz angeht: Ich habe es ja im Dezember schon abge­lehnt, weil ich die Amnestie überhaupt nicht verstanden habe. Ich sehe nicht ein, dass man sagt: Na gut, den Zustand gibt es halt, den legalisieren wir jetzt auf ein halbes Jahr und dann schauen wir eben weiter. Ich habe es damals schon abgelehnt, und ich lehne es auch diesmal ab, denn es sind noch sehr, sehr viele Fragen offen in diesem Zusammenhang.

Man kann im Sinne der Betroffenen nur dringend an Sie, an beide Seiten, SPÖ und ÖVP, appellieren, sich im Sinne der Betroffenen auf ein wirklich tragbares Modell zu einigen. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

11.23


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Blatnik.

 


11.23.24

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Herr Bundesminister! Gospod minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Wenn meine Vorrednerin gesagt hat, es geht um Menschen, so bin ich ihrer Meinung: Es geht wirklich um Menschen! Sie hat auch gesagt – und sich darüber ge­wundert –, dass dieses Pflege-Übergangsgesetz noch einmal diskutiert und geändert worden ist. Ich bin sehr froh darüber, dass es so ist, denn es geht um Menschen, und jede Verbesserung ist für die Menschen etwas Positives. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Änderung des Pflege-Übergangsgesetzes, der wir zustimmen werden, ist ein An­fang einer Pflegereform, und jeder Anfang braucht eine Fortsetzung. Und ich bin mir ganz sicher, dass diese Fortsetzung durch unseren Bundesminister erfolgen wird. Gute Pflege ist ohne Kenntnis des anderen kaum möglich, denn Pflege heißt Beziehung. Nur dort, wo der pflegebedürftige Mensch im Mittelpunkt des Geschehens steht, kann eine menschenwürdige Pflege geleistet werden. Unzureichende Pflege bedeutet für die Pflegebedürftigen Verlust an Lebensqualität, Leid und Schmerzen.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon zu Beginn betont, dass diese Ände­rung ein Anfang ist. Bei diesem Gesamtprojekt Pflege und Betreuung sind sehr viele Dinge noch nicht gelöst worden, aber, wie ich ebenfalls schon erwähnt habe, ich ver­traue unserem Bundesminister, dass er auch diese Thematik angehen und lösen wird. Dazu gehören selbstverständlich die Unterstützung pflegender Angehöriger, eine aus­reichende Anzahl qualifizierter und motivierter Fachleute, eine soziale, verbesserte Vernetzung, pflegegerechtes Wohnen, ein entsprechendes Wohnumfeld, barrierefreier Wohnbau, die Möglichkeit einer optimalen Nutzung der sozialen Dienste, der Ausbau der teilstationären Einrichtungen, Ausweitung der Kurzzeitpflege, eine Mindestanzahl von qualifiziertem Betreuungspersonal in den Pflegeheimen, Tagesbetreuung, Arbeiten nach modernen Pflegekonzepten, aber auch nach modernen Pflegeleitbildern, Festle­gung von Qualitätskriterien, um die Qualität der Betreuung zu sichern, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Gesundheitsförderungen, Vorsorge und Rehabilitation. Es ist also noch enorm viel zu leisten, aber Nörgeln und politisches Hickhack sind da fehl am Platz. Gehen wir an die Arbeit – und das sind unsere Zukunftsthemen, die wir noch zu lösen haben.

Mit dem heutigen Beschluss werden Verbesserungen im Bereich der Pflege und Be­treuung erreicht werden. Und ich betone es noch einmal: Es ist ein Teilaspekt des Ge­samtprojektes Pflege und Betreuung. Was wird geändert? – Die Pflegestufen 3 und 4 werden auch in das Fördermodell einbezogen. Enthalten sind Maßnahmen zur Qua­litätssicherung in der Betreuung, die ergänzend zu den in anderen gesetzlichen Re­gelungen geltenden Maßnahmen für die Ausübung der Betreuungstätigkeit festgesetzt werden.

Die Betreuung, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann sowohl im Rahmen selbstständiger als auch im Rahmen unselbstständiger Erwerbstätigkeit erfolgen. Die wesentliche Verbesserung ist vor allem aber, dass ab 1. Juli eine legale, qualitätssi­chernde 24-Stunden-Betreuung auch zu Hause möglich ist. Es wird die Möglichkeit ge­schaffen, pflegebedürftigen Menschen oder ihren Angehörigen Zuwendungen aus Un­terstützungsfonds für Menschen mit Behinderung zur Förderung der 24-Stunden-Be­treuung zu Hause zu gewähren.

Die Geltungsdauer des Pflege-Übergangsgesetzes soll um ein halbes Jahr verlängert werden. Dies war notwendig, um die Unsicherheit von den Betroffenen abzuwenden. Meine Damen und Herren, auch die Finanzierung ist nun gesichert. Im laufenden Jahr übernimmt der Bund die gesamten Kosten für diese Förderung. Danach sollten sich natürlich auch die Länder beteiligen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Verbesserung ist unserem Bundesminister in nur fünf Monaten gelungen. Und ich betone noch einmal, weil es für mich ganz wichtig ist: Das ist der Anfang, und eine Fortsetzung muss folgen. Der jetzige Bundesminister hat in seiner Arbeit eine für uns Sozialdemokraten besonders wichtige Priorität gesetzt, nämlich Verbesserung der Pflege und Betreuung. Ich bin mir auch ganz sicher, dass diese Problematik, vor der die vorherige Bundesregierung sieben Jahre lang die Augen verschlossen hat und damit eine Verbesserung verschleppt und verhindert hat, jetzt gelöst wird. (Bundesrat Mitterer: Sieben Jahre war sie gar nicht im Amt!)

Dass für die Verbesserung von Pflege und Betreuung selbstverständlich finanzielle Mit­tel und auch entsprechende Maßnahmen notwendig sind, dessen ist sich, da bin ich mir ganz sicher, auch unser Bundesminister bewusst, und ich vertraue darauf, dass er auch diese noch nicht gelösten Probleme angehen und für weitere Verbesserungen im Bereich Pflege und Betreuung sorgen wird.

Mir ist aber auch bewusst, dass dieses Reparieren der Versäumnisse der vorherigen Regierung nur step by step erfolgen kann. Auch wenn Sie darüber vielleicht lächeln:


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 56

Der Anfang ist getan, und die Fortsetzung wird folgen. Diese heute beschlossene Ver­änderung des Pflege-Übergangsgesetzes ist der Anfang – die Fortsetzung muss fol­gen, denn es liegt noch viel Arbeit vor uns.

Zum Schluss gilt mein besonderer Dank allen Menschen, die mit hohem persönlichem Einsatz ihre schwere Arbeit für immer mehr Pflegebedürftige leisten. (Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.) – Danke. Hvala lepa. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl.

 


11.31.51

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen des Bundesrates! Zum Pflege-Übergangsgesetz, Herr Bundesminister, könnte man sehr, sehr viel sagen. Vieles ist versäumt worden, vieles hat man überhaupt nicht berücksichtigt. Ich glaube aber, Ziel muss es sein, Herr Bundesminister, dass bestmög­liche Betreuung und Pflege auch in der eigenen Wohnung möglich sind. 80 Prozent der Österreicher sind dieser Meinung. Daher sollten auch Ihre Überlegungen in diese Rich­tung gehen.

Problematisch ist in Ihrem Gesetzestext, dass keine Valorisierung und keine Verbesse­rung bei der 24-Stunden-Pflege vorgesehen sind. Das ist aus dem Gesetzestext nicht ersichtlich. Einmal spricht man vom Molterer-Modell, einmal spricht man vom Buchin­ger-Modell, aber unsere älteren Menschen erwarten sich Hilfe, politische Eitelkeiten von SPÖ und ÖVP sind zu wenig.

Die Verbesserung ab der Pflegestufe 3 ist sehr positiv. Offen ist noch die öffentliche Unterstützung, in welcher Höhe und von wem. Sehr problematisch ist auch die Vermö­gensobergrenze. Sparer und Fleißige sollen bestraft werden, ich glaube, das ist unge­recht.

Herr Bundesminister! Warum wollen Sie nicht das Modell, das ja in Kärnten und in der Steiermark schon erfolgreich praktiziert wurde, anwenden? Wir wissen, dass die Men­schen dort mit diesem Pflegescheck sehr zufrieden sind. Damit wird wirklich jenen Menschen geholfen, die Hilfe brauchen.

Offen ist die Freiwilligkeit bei den Pflege- und Betreuungsberufen. Und offen ist natür­lich die Aufteilung der Finanzierung zwischen Bund, Land und Gemeinden. Derzeit ist es ja so, dass wieder Kosten auf die Gemeinden abgeschoben werden sollen. Herr Bundesminister, das kann nicht sein! Ich bin davon überzeugt, dass das eine sehr ungerechte Lösung wäre, weil ja letzten Endes der Bund die Verantwortung trägt und auch die Steuerhoheit innehat.

Wichtig ist – und das wäre ein Appell an die Bundesregierung – eine rasche einmalige Erhöhung des Pflegegeldes um 10 Prozent, eine dauerhafte Valorisierung des Pflege­geldes sowie die Einführung eines zweckgebundenen Pflegeschecks zusätzlich zum Pflegegeld zur Unterstützung der Pflege zu Hause. Herr Bundesminister! Wir sollten al­les tun, dass jene Mitbürger, die unsere Pflege und Betreuung brauchen, keine Bittstel­ler sind. Sie haben ein Recht darauf, in Würde alt zu werden. 80 Prozent der betroffe­nen Mitbürger wollen zu Hause ihre letzten Lebensjahre, ihren Lebensabend verbrin­gen, und das sollten wir voll unterstützen.

Herr Bundesminister! Ob es die Trümmerfrauen sind, von denen hier schon oft die Re­de war, ob es die letzten Kriegsheimkehrer sind oder Menschen, die die Zweite Repu­blik aufgebaut haben, die zum Wohlstand und zum Ansehen Österreichs beigetragen haben: Wir sollten uns sehr bemühen, jene Menschen nicht in eine Bittstellerrolle zu


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drängen, sondern ihnen eine dauerhafte Lösung für ihren Lebensabend anzubieten und ihren Angehörigen eine entsprechende Hilfestellung zu geben. Es muss ein Modell sein, das finanzierbar ist, und es muss eine klare Zuordnung geben in Bezug auf die Finanzierbarkeit. – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

11.36


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Saller.

 


11.36.45

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! In Salzburg wurde vor zirka einem halben Jahr von Lan­deshauptmann-Stellvertreter Dr. Wilfried Haslauer eine Pflegeplattform eingerichtet, bei der rund 60 Personen aus dem ganzen Bundesland, also Experten, Planer, Anbieter, Angehörige, ehrenamtliche Helfer, aber auch Betroffene in Arbeitsgruppen zusammen­kamen mit dem Ziel, Herausforderungen im Pflegebereich genau zu analysieren und auch Lösungen zu erarbeiten.

Wenn man im Informationsdienst des Österreichischen Institutes für Familienforschung zum Thema Entwicklung der Pflegesituation und ihre Auswirkungen auf die Kommunen nachliest, stellt man fest, dass die nachhaltige Veränderung der Altersstruktur der Be­völkerung und ihre Auswirkungen auf Arbeitswelt, Pensionssystem, aber im Speziellen auf die Pflege älterer Menschen immer stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Zahlen im Pflegebereich sagen ja aus, 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause betreut, davon 55 Prozent allein von Angehörigen, 25 Prozent von Angehörigen und mobilen Diensten, 15 Prozent befinden sich in stationären Einrichtungen, und für die restlichen 5 Prozent wird jetzt eine gesetzliche Grundlage geschaffen.

In Zukunft müssen wir auch davon ausgehen, dass das Pflegepotential in den Familien aus verschiedenen Gründen abnehmen wird. Gründe dafür sind die geringere Kinder­zahl, die Mobilität der Jugend, man ist nicht mehr nur zu Hause, man ist flexibel in der Arbeitswelt, und ein weiterer Grund sind auch Trennungen, Scheidungen. Es gibt also auch wichtige Veränderungen im häuslichen Bereich.

Von der Pflegeplattform in Salzburg greife ich nur drei wichtige Kernpunkte heraus:

Erstens: die bessere Koordinierung und Beratung im gesamten Pflegebereich. Betrof­fene Personen und Angehörige sind mit dem kurzfristigen Eintritt eines Pflegefalles sehr oft überfordert. Man braucht daher eine rasche, ortsnahe und umfassende Koordi­nierung. Es muss eine individuelle und kostenlose Beratung angeboten werden, und es muss eine fallbezogene, zuverlässige Information erfolgen.

Die Seniorenverbände zum Beispiel praktizieren das ja jetzt schon ausgezeichnet; un­ser Seniorenbund, aber auch alle anderen bieten Beratungen vor Ort an. Da geschieht ja bereits seit vielen Jahren sehr viel, und es sind auch alle dabei, das weiter auszu­bauen.

Der zweite Punkt ist die Schaffung eines leistbaren Systems. Menschen, die ihr Leben lang auf eigene vier Wände gespart haben, sollen im Alter keinen Nachteil haben, wenn sie ihr Wohnhaus oder ihre Wohnung nicht rechtzeitig an die Nachkommen über­schrieben haben, sie sollen also nicht die Dummen sein, das muss man auch einmal klar sagen.

Wichtig sind auch eine bundesweite Vereinheitlichung der Finanzierung und die Prü­fung verschiedener weiterer Möglichkeiten ohne ideologische Vorbehalte – ich spreche hier durchaus auch die Pflegeversicherung an, ich meine aber nicht die private, son­dern eine staatliche, die sicher irgendwann im Rahmen einer Neugestaltung wird ge­schaffen werden müssen. Ich weiß zwar, das hören viele nicht sehr gerne, durchaus auch in den eigenen Reihen, aber irgendwann werden wir nicht darum herumkommen.


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Weiters darf und soll auch nicht damit verbunden sein eine Erhöhung der Belastung der Arbeitgeber in Summe.

Der dritte Punkt ist eine bessere Unterstützung für Angehörige und Ehrenamtliche. Man braucht durchaus eine professionelle und kostenlose Aus- und Weiterbildung von pflegenden Angehörigen und Ehrenamtlichen sowie deren Sicherstellung hinsichtlich Rechtsschutz und Haftpflicht. Da geschieht bereits einiges, aber es ist durchaus weiter auszubauen.

Weiters die Anrechnung der Pflegezeiten auf Pensionsbeitragszeiten, die Unterstüt­zung der mobilen Dienste, die Förderung von Gemeindekooperationen zum gemeinsa­men Betrieb von Pflegeeinrichtungen, weiterer Ausbau – das gibt es auch teilweise jetzt schon, meine Heimatgemeinde Bischofshofen und Mühlbach zum Beispiel haben das gemeinsam gemacht; das ist also verstärkt zu forcieren –, und bei Kleingemein­den, denen hier doch bestimmte Grenzen gesetzt sind, Förderung von Tageszentren mit erweitertem Gesundheitsangebot, um einige Dinge zu nennen.

Pflege ist eine schwierige Materie, das wissen wir. Das vorliegende Gesetz ist sicher ein Schritt zur Lösung, wobei natürlich einige Punkte weiterhin im Auge zu behalten sind, wie der Regelungsbedarf bei der Trennung zwischen Pflege und Betreuung. Das ist eine wichtige Sache, und darauf wird oft vergessen.

Ebenfalls positiv anzumerken ist, dass es auch eine Unterstützung für die Pflege­stufen 3 und 4 beziehungsweise eine Gleichbehandlung von selbstständigen und un­selbstständigen Pflegekräften gibt.

Abschließend merke ich an, dass bei der Behandlung dieses wirklich wichtigen Geset­zes und Themas nicht vergessen werden darf, welch sozialpolitische Leistungen bisher schon in Österreich aufgebaut und erbracht wurden, denn das vergisst man in dieser ganzen Debatte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.43


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


11.43.33

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln heute ja zwei Maßnahmen, einerseits die Verlängerung der Amnestie um ein halbes Jahr, anderer­seits kann der Zuschlag für die 24-Stunden-Betreuung nunmehr auch für die Pflegestu­fen 3 und 4 – bisher ab Pflegestufe 5 – beantragt werden.

Wir werden beiden Maßnahmen unsere Zustimmung geben. Ich finde es allerdings schon ein wenig absurd, dass wir erst vor einem Monat über genau dasselbe Thema geredet haben und dieses Gesetz jetzt schon wieder novelliert wird.

Das ist wahrscheinlich symptomatisch dafür, wie die Diskussion im Pflegebereich ge­laufen ist, und zwar seit Beginn der Debatte: Zuerst wurde debattiert: Gibt es über­haupt etwas, worüber wir diskutieren müssen, gibt es überhaupt einen Pflegenot­stand?, und nachdem irgendwann niemand mehr leugnen konnte, dass hier etwas unternommen werden muss, hat man einmal damit begonnen, überhaupt darüber zu reden, und die Diskussion, auch die politische Diskussion zwischen den Koalitionspar­teien, wurde vor den Augen aller geführt.

Ich bin zwar ein großer Fan von Transparenz auch in politischen Diskussionen, glaube aber, dass es für die betroffenen Personen alles andere als beruhigend und alles an­dere als vertrauenserweckend war, zu sehen, wie jeden Tag, jede Woche neue Vor­schläge kommen und von der anderen Seite immer wieder verworfen werden. Man konnte hier wirklich erste Reihe fußfrei zusehen, wie eine politische Auseinanderset­


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zung stattfindet. Das ist zwar sehr spannend, es ist aber gerade für die Betroffenen in diesem Bereich sicher nicht angenehm, da zuschauen zu müssen.

Ich habe in der letzten Sitzung, als ich zu diesem Thema gesprochen habe, gesagt, dass es sehr große Verunsicherung bei den betroffenen Personen gibt, einerseits bei den zu pflegenden Personen selbst, andererseits auch bei den Angehörigen, die natür­lich wissen müssen, ob sie nun selbst einen Verwandten/eine Verwandte pflegen wer­den, ob sie die finanziellen Mittel haben, sich Hilfe zu holen, wie sie ihr Leben, auch ihr Arbeits- und Privatleben um diese Situation herum gestalten.

Diese Verunsicherung existiert immer noch, sie wurde weder durch unseren Beschluss im letzten Monat noch durch das, was wir heute hier beschließen, in irgendeiner Form stark verändert.

Die Amnestie wird jetzt um ein halbes Jahr verlängert, das ist nicht gerade viel, und es ist fraglich, ob das genug Zeit ist, tatsächlich die Probleme, nämlich die generellen Pro­bleme bei der Pflege zu lösen.

Das, was wir jetzt haben, ist nämlich bestenfalls eine mittelfristige Lösung, denn in Österreich basiert die 24-Stunden-Pflege darauf, dass Frauen aus der Slowakei, aus Tschechien und ähnlichen Staaten bei uns für Beträge arbeiten, für die fast niemand in Österreich diese wirklich schwere, anstrengende, intensive Arbeit machen würde. Böse gesagt: Österreich profitiert davon, dass in anderen Ländern das Lohnniveau sehr schlecht ist. Wir alle wissen, das ist eine nicht zufriedenstellende Situation, es ist keine nachhaltige Situation. Man muss aber verstehen, dass die Betroffenen es einfach nicht anders organisieren können, als diese illegale Pflege oder jetzt eben nicht mehr illegale Pflege in Anspruch zu nehmen.

Sobald diese Frauen, die jetzt hier für wirklich sehr wenig Geld diese Arbeit leisten, für dieselbe Arbeit woanders mehr Geld bekommen – und das Lohnniveau ist im Steigen begriffen –, haben wir ein Problem. Das bedeutet, wir brauchen im Pflegebereich keine mittelfristige, sondern eine langfristige und prinzipielle Lösung.

Eine solche liegt heute nicht auf dem Tisch, das ist klar, das wäre auch in diesem Mo­nat nicht zu machen gewesen. Diese Lösung wird aber auch in einem halben Jahr nicht auf dem Tisch liegen. Es geht dabei nicht „nur“ – unter Anführungszeichen – um eine Lösung der Frage der 24-Stunden-Pflege, sondern auch um die Frage, wie wir ge­nerell die Pflege, die Versorgung von alten Menschen regeln können, dass sie für alle zufriedenstellend ist. Um eine solche Regelung zu finden, braucht es Zeit, und ich glau­be nicht, dass dieses halbe Jahr der Amnestieverlängerung genug Zeit bringt, hier eine Lösung zu finden.

Die inhaltlichen Kritikpunkte, die ich in der letzten Sitzung vorgebracht habe, bleiben aufrecht. Es besteht zum Beispiel ein Rechtsanspruch auf einen finanziellen Zuschuss auch in Zukunft nicht, und das bringt meiner Meinung nach Schwierigkeiten mit sich, was die Planungssicherheit betrifft, auch wenn jetzt eine Ausweitung auf die Pflegestu­fen 3 und 4 beschlossen wird – das ist natürlich eine Erleichterung, aber immerhin noch ein Minderheitsprogramm, das heißt, es werden viele Menschen, die einen finan­ziellen Zuschuss nötig hätten, auch in Zukunft davon ausgeschlossen bleiben.

Ich bin gespannt darauf, wie sich die Situation weiterentwickeln wird. Ich hoffe, Herr Mi­nister, dass Sie hier viele gute Ideen haben, diese vor allem auch schnell präsentieren, sodass wir in absehbarer Zeit im Interesse aller zu einer Lösung kommen werden. (Beifall bei den Grünen.)

11.48


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Wolfinger. – Bitte.

 



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11.48.21

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vie­les wurde von den Vorrednern schon gesagt – ich bin leider immer der Letzte und muss daher manches wiederholen, was vorher schon gesagt wurde (Bundesrat Bo­den: Musst nicht reden!), aber Sie haben sicher Verständnis dafür.

Meine Damen und Herren! Mit dem Fördermodell zur 24-Stunden-Betreuung wurde, wie bereits gesagt, ein erster Schritt gesetzt. Die dringendste seniorenpolitische Aufga­be ist die Erreichung einer grundlegenden Neugestaltung des Pflege- und Betreuungs­systems. Der Pflegeaufwand wird in den kommenden Jahren gewaltig steigen, daher muss unser System den neuen Anforderungen gewachsen sein.

Am wichtigsten ist es den Menschen, dass sie so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Das eigene Haus oder die Wohnung wird zum Pflegeheim der modernen Zeit. Die Menschen wollen dort bleiben, wo sie sich wohlfühlen.

Am 4. Juli hat der Nationalrat eine Änderung des Pflege-Übergangsgesetzes beschlos­sen. Noch einmal kurz die wichtigsten Punkte dieses Gesetzes: Die Straffreiheit für bis­her illegal beschäftigte ausländische Betreuungskräfte wird bis zum 31. Dezember 2007 verlängert. Das geförderte legale Pflegemodell zur 24-Stunden-Betreuung tritt am 1. Juli dieses Jahres in Kraft und wird vorerst bis 31. Dezember 2007 befristet sein.

Es muss ein 24-Stunden-Betreuungsverhältnis zu einer pflegebedürftigen Person im privaten Haushalt in Form einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit vorliegen. Die zu pflegende Person muss Pflegegeldbezieher/in sein. Bei den Stufen 5, 6 und 7 wird der Bedarf der Rund-um-die-Uhr-Betreuung als gegeben angenommen. Für Pflegegeldbezieher der Stufen 3 bis 4 ist ein ärztlicher Nachweis erforderlich.

Geschieht die 24-Stunden-Betreuung durch zwei selbständige Betreuungskräfte mittels Werkvertrag, beträgt die staatliche Förderung maximal 225 € zwölf Mal jährlich. Bei zwei unselbständigen Beschäftigungsverhältnissen wird ein Zuschuss von maximal 800 € monatlich gewährt.

Um die Pflegeförderung zu erhalten, darf das monatliche Nettoeinkommen ohne Pfle­gegeld der zu pflegenden Person 2 500 € nicht übersteigen. Weiters gilt eine Vermö­gensgrenze von 5 000 €. Über diese Vermögensgrenze ist ja viel diskutiert worden. Vielen erscheint diese Grenze als zu niedrig, vielleicht kann man auf Sicht gesehen doch etwas ändern.

Weitere Forderungen zur Neuregelung der Pflege und Betreuung, die aus unserer Sicht auf eine Umsetzung warten: automatische Einstufung Demenzkranker in die Pfle­gestufe 3, jährliche Anpassung des Pflegegeldes wie bei den Pensionen, Ausbau der mobilen Dienste, stärkere Unterstützung pflegender Angehöriger, Ausbildungsoffensive für Pflegeberufe – das erscheint mir sehr wichtig, ich werde noch darauf zu sprechen kommen –, Förderung betreuter Wohnformen sowie Stärkung und Förderung der Eh­renamtlichen.

Meine Damen und Herren! Für die Zukunft brauchen wir unbedingt eine Ausbildungsof­fensive im Pflegebereich. Es wird der Tag kommen, an dem die Einkommen in Tsche­chien und in der Slowakei so hoch sein werden, dass die Pflegerinnen nicht mehr nach Österreich kommen, um hier sehr günstig Betreuungs- und Pflegearbeiten durchzufüh­ren. Woher nehmen wir dann Menschen, die Alte und Kranke betreuen und pflegen? Daher brauchen wir meiner Meinung nach eine Ausbildungsoffensive, das Berufsbild des Altenfachbetreuers und eine Aufwertung der Pflegeberufe.


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Sie erlauben mir, dass ich hier aus dem „Forum Gesundheit“ der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse kurz einen Artikel vorlese; in diesem wird das Pflegesystem in Dänemark dargestellt, dort hat sich folgende Situation ergeben: 

„Ein drängendes Problem des dänischen Gesundheitswesens ist der eklatante Mangel an Pflegepersonal. Angeblich fehlen landesweit nicht weniger als 1 500 Kranken­schwestern und Pfleger. Das führt zu seltsamen Entwicklungen. Da immer mehr Kran­kenhäuser auf Leasingkräfte zurückgreifen, boomt der Sektor der Personalvermittler. Krankenschwestern und Pfleger kündigen massenhaft ihre fixen Jobs im Spital und las­sen sich lieber von Zeitarbeitsbüros vermitteln. So können sie bis zum Doppelten ver­dienen. Für das Gesundheitswesen, aber auch für die PatientInnen ist die Entwicklung fatal. Einerseits muss mehr Geld für die Pflege aufgewendet werden, andererseits schafft der ständige Wechsel Verunsicherung und steigert die Fehleranfälligkeit. Die Spirale soll nun mit politischen Maßnahmen gestoppt werden.“ Als erster Schritt wird die Kapazität der Pflegeschulen um einige Hundert Plätze erhöht.

Ich weiß selbst aus Oberösterreich, dass es wirklich Fehlentwicklungen gibt, wenn hier jemand eine Umschulung machen möchte.

Wie gesagt, mit diesem Gesetz wurde der erste Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Weitere Verbesserungen, die Sie, Herr Bundesminister, ja bereits angekündigt haben, die in Abstimmung mit den Ländern erfolgen müssen, sind noch auszuverhandeln.

Jetzt war es wichtig, dass die Pflege daheim legal, leistbarer und qualitätsgesichert wird. Wie schon gesagt, bis zum Jahresende übernimmt der Bund die gesamten Kos­ten für die Förderungen, bei den anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen sind die Beteiligungen der Länder auszuverhandeln.

Ich komme zum Schluss und möchte allen Menschen, die in Pflegeberufen arbeiten, aber auch jenen Menschen, die zu Hause ihre Angehörigen pflegen und betreuen, herzlich danken, denn diese Arbeit ist ein unverzichtbarer Beitrag für unsere älteren und kranken Mitbürger. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Konrad.)

11.54


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Buchinger das Wort. – Bitte.

 


11.54.57

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bedanke mich vorerst für die sehr sach­lich und differenziert geführte Diskussion, die von Vertreterinnen und Vertretern aller Fraktionen hier geführt wurde. Respekt von mir auch für die Sachkunde, die in den Stellungnahmen zum Ausdruck gekommen ist.

Erlauben Sie mir, auf einige Fragen Antworten zu geben und natürlich auch einige poli­tische Kritikpunkte aus meiner Sicht zu kommentieren!

Es ist mir wichtig, bei der Amnestie auf Folgendes hinzuweisen – damit kein Missver­ständnis entsteht –: Der Vergleich mit der Kindergeldregelung ist deswegen unzuläs­sig, weil bei der Amnestie, die Sie heute auch beschließen, Frau Kollegin Mühlwerth, im Zusammenhang mit dem Pflege-Übergangsgesetz der materiell-rechtliche Inhalt der Leistung und die Frage, wie sie einzuordnen ist, nicht berührt werden. Also, Sozialver­sicherungsbeiträge und arbeitsrechtliche Ansprüche können durch dieses Pflege-Über­gangsgesetz nicht amnestiert werden. Amnestiert werden ausschließlich und einzig allfällige Verstöße gegen verwaltungsstrafrechtliche Bestimmungen – das ist der große Unterschied zu der Diskussion, die Sie zum Kindergeld geführt haben, denn dort geht es ja in der Diskussion um die Amnestie um die Frage, ob inhaltlich, materiell-rechtlich zurückgefordert werden soll oder nicht; dort geht es nicht um verwaltungsstrafrecht­


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liche Bestimmungen. Es wird also in der Regierung nicht mit zweierlei Maß gemessen, sondern es wird nach meiner Überzeugung derselbe Maßstab angelegt.

Sie haben Widersprüche bei den Regierungsparteien in der Beurteilung der Frage, ob es einen Pflegenotstand gibt oder nicht, angesprochen. Dieser Widerspruch ist aus meiner Sicht vergleichsweise leicht zu lösen: Ich bin überzeugt davon, es gibt in Öster­reich keinen generellen Pflegenotstand. Qualität und Quantität der Pflege- und Betreu­ungsleistungen, die in den Gemeinden, in den Ländern von Nicht-Regierungsorganisa­tionen geleistet werden, sind vorzüglich und brauchen auch europaweit keinen Ver­gleich zu scheuen – das gilt heute, hat letztes Jahr gegolten und auch vor fünf Jahren. Es ist so, dass da hohes Niveau besteht, aber es hat einen Bereich gegeben, wo die Politik konsequent weggeschaut hat, das war der Bereich der Pflege und Betreuung zu Hause, die bis 30. Juni 2007 mit legalen Mitteln nicht finanzierbar war.

Das ist der große Fortschritt, den Sie mit Ihrem Beschluss zum 1. Juli 2007 schaffen. Der große Fortschritt ist nicht, dass damit alle Entwicklungsnotwendigkeiten im Bereich Pflege und Betreuung erledigt wären, nein, es gibt sehr viele weitere Entwicklungsnot­wendigkeiten, aber ein Feld, das bisher nicht legal abgedeckt war, wird nun einer lega­len Form der Abwicklung zugänglich, dass nämlich auch bei 24-Stunden-Pflege und -Betreuung zu Hause Rechtsverhältnisse möglich sind im Einklang mit der Rechtsord­nung, freilich auf einem arbeitsrechtlichen, auf einem besoldungsrechtlichen Niveau, das man sich besser vorstellen kann.

All die Kritik, die hier geübt wird, von der Arbeiterkammer, Gewerkschaften, auch von Berufsverbänden, hat natürlich etwas für sich, aber auf der anderen Seite war es not­wendig, die Leistbarkeit, nicht nur die Legalität, sondern auch die Leistbarkeit, sicher­zustellen sowohl für die Betroffenen als auch für die öffentliche Hand. Daher musste hier ein Kompromiss gefunden werden.

Ich sage mit voller Überzeugung, der Kompromiss, den die beiden Regierungsparteien gefunden haben, den Minister Bartenstein und ich gefunden haben, ist letztlich ein Kompromiss, der eine gute Grundlage wahrscheinlich für weitere Verbesserungen in den nächsten Jahren ist, die durch eine Evaluierung, die wir nach eineinhalb Jahren planen, eingeleitet werden können. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vor­sitz.)

Hinsichtlich des Finanzierungsanteils ist, denke ich, die Kritik am Bund unzutreffend, die Sie geäußert haben, dass hier die „heiße Kartoffel“ zwischen dem Bund und den Ländern hin- und hergeschoben wird. Ich darf das hier in der Länderkammer sagen – da gibt es doch einen wesentlichen Unterschied oder hat es gegeben –, der Bund hat sich nämlich bereit erklärt, mindestens 60 Prozent der Kosten zu tragen, und er tut das, wie die Kollegen Saller und Wolfinger zu Recht auch gesagt haben, bis Jahresende so­gar zu 100 Prozent! Entsprechende Erklärungen der Länder hat es erst relativ spät im Juni gegeben, verknüpft mit dem Finanzausgleich. Diese Verhandlungen sind derzeit im Gange, und ich bin optimistisch, dass sie zu einem guten Abschluss finden können.

Ich gebe Ihnen recht, Frau Kollegin, wenn Sie darauf hinweisen, dass wir im Bereich der Selbstständigkeit alle gemeinsam aufpassen müssen, dass hier nicht Scheinselbst­ständigkeit herauskommt. Dabei haben Minister Bartenstein und ich durch die entspre­chenden Verordnungsentwürfe nach § 62 der Gewerbeordnung und durch die Gestal­tung der Werkverträge das Mögliche getan, um diese Gefahr zu minimieren.

Wenn Sie die Frage stellen, was der oder die Einzelne im Bereich Pflege und Betreu­ung darf, so sind die Fragestellungen berechtigt. Freilich sind sie nicht an das Pflege­geldgesetz oder an das Hausbetreuungsgesetz zu richten, sondern das sind Fragen, die in Gesetzen, die Sie beschlossen haben, nämlich im Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz, im GuK, geregelt sind und auch dort einer allfälligen Änderung zugeführt


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 63

werden könnten. Ich bestätige, dass es da durchaus einen Bedarf nach einigen praxis­gerechten Änderungen gibt; dies ist aber ein Bestandteil des Gesundheitsbereichs.

Die sehr geschätzte Bundesrätin Blatnik hat mit Recht darauf hingewiesen – auch Kol­lege Wolfinger und Kollege Saller haben das gesagt –, dass die jetzige Regelung im Bereich der 24-Stunden-Betreuung ein erster Schritt – ein zwar wichtiger, aber doch nur erster Schritt – in einer Gesamtreform des Pflege- und Betreuungssystems in Ös­terreich ist. Ich nenne, ohne zu lang zu werden, nur vier Stichworte, wo die weiteren Ausbauprogramme hinmünden müssen und auch werden. Entsprechende Gespräche mit den Ländern sind seit 26. Feber eingeleitet und werden im September auch wieder­aufgenommen.

Da geht es natürlich zum einen um die Frage eines neuen Finanzierungsmodells. Auch da bin ich beim geschätzten Bundesrat Saller: Man muss ohne ideologische Vorbehal­te an diese Fragegestellungen herangehen. Wir werden alle Modelle prüfen, bewerten und beurteilen und schließlich in der Regierungskoalition ein Modell zur Umsetzung vorschlagen.

Ein zweiter Bereich ist der, dass es im Pflegegeld zu einer Reihe von Änderungen kommen wird. Die Themen sind angesprochen. Die Demenzerkrankungen sind neu zu fassen und zu regeln; da sehen wir, dass es Änderungsbedarf gibt. Ob das in die Rich­tung einer Mindesteinstufung in Pflegegeldstufe 3 geht oder in anderer Form erfolgt, ist noch offen. Aber der Aspekt, der bei Demenzerkrankten von so großer Bedeutung ist, dass man neben Pflege und Betreuung auch die Beaufsichtigung als Anknüpfungs­punkt für die Einstufung in einem gewissen Ausmaß mit anerkennt, das wäre etwa eine Richtung der Überlegung.

Aber auch die Stufeneinteilung im Pflegegeldgesetz und die Einstufungsverordnung muss man kritisch anschauen, etwa in Bezug auf die Einstufung von Kindern. Da gibt es aktuelle Fälle in der Steiermark, aber auch in anderen Bundesländern, die mit gro­ßer Vehemenz darauf verweisen, dass die bestehenden Regelungen nicht wirklich völ­lig befriedigend sind.

Der dritte Bereich ist die Qualitätssicherung, und der vierte Bereich – auch dieser wur­de genannt – ist der, die Sachleistungen quantitativ auf die Erfordernisse der kommen­den Jahre auszubauen, insbesondere im Bereich teilstationärer und mobiler ambulan­ter Dienste, aber auch in der Hinsicht, betreuende Angehörige noch stärker als bisher in Förderungen einzubeziehen und hier die ehrenamtliche Tätigkeit auszubauen und zu fördern, wie es auch im Regierungsprogramm festgelegt ist.

Auch Kollegin Konrad hat mit Recht auf diese Entwicklungsnotwendigkeiten hingewie­sen. Die Prozesse sind eingeleitet. Hier zu Ergebnissen zu kommen – davon bin ich überzeugt –, das schaffen wir nicht in einem halben Jahr. Wir brauchen dazu eine grö­ßere Zeitspanne in dieser Legislaturperiode, aber wir müssen und werden es in dieser Legislaturperiode schaffen.

Die Verknüpfung mit der Amnestie, die Sie, geschätzte Frau Bundesrätin Konrad, an­gesprochen haben, sehe ich nicht. Die gesamte Verbesserung der Pflegelandschaft hängt mit der Amnestie für die 24-Stunden-Betreuung nicht zusammen! Die Amnestie für die 24-Stunden-Betreuung hängt damit zusammen, ob es gelingt, in den kommen­den Wochen und Monaten die Information über die 24-Stunden-Betreuung bei den be­troffenen Menschen ausreichend zu streuen und ihnen ein größeres Ausmaß an Si­cherheit zu geben, dass mit diesen neuen Modellen, ob auf selbstständiger oder un­selbstständiger Basis, tatsächlich die Leistbarkeit, Legalisierung und auch die Quali­tätssicherung ausreichend eingeleitet ist.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 64

Finanzierung ist Hauptverantwortung des Bundes. Pflegegeld, Demenz und Einstufung ist Hauptverantwortung des Bundes. Qualitätssicherung ist gemeinsame Verantwor­tung Bund/Länder. Die Sachleistungen quantitativ und qualitativ auszuverhandeln, das ist Hauptverantwortung der Länder, wobei der Bund eine unterstützende, anleitende und moderierende Rolle auch spielen kann, muss und wird.

Abschließend: Wenn Frau Bundesrätin Konrad Kritik daran übt, dass dieses Bundes­pflegegeldgesetz nach einem Monat zur Novelle ansteht, dann kann ich ihr nicht wider­sprechen. Das war nicht wirklich ein Lehrstück politischer Eleganz, das ist kritisierbar. Freilich ist zu berücksichtigen, dass Sie heute nicht nur zum Bundespflegegeldgesetz eine Novelle nach einem Monat zur Abstimmung haben, sondern gleichzeitig auch eine Novelle zum Bundesfinanzgesetz, wodurch Sie eine Verdoppelung der Überschrei­tungsermächtigung heute, wie ich hoffe – und Sie haben es ja auch angekündigt –, be­schließen werden. Diese Verknüpfung macht das qualitativ Neue aus, damit haben wir sowohl finanziell als auch materiell eine neue Verbesserungsstufe geschaffen.

Dazu, geschätzter Herr Bundesrat Kampl, mein Schlusssatz: Da ist es relativ gleich, ob man sagt: das ist ein Molterer-Modell, oder: es ist ein Buchinger-Modell. Es ist ein Modell der gemeinsamen Bundesregierung, das für viele Menschen die Grundlage für Verbesserungen bieten wird. Darauf sollten wir alle ein bisschen nicht stolz, aber froh sein und die entsprechende Information unter den Betroffenen breit verankern. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

12.05


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und diese Abstimmung erfolgt über die gegen­ständlichen Beschlüsse des Nationalrates getrennt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflege-Übergangsgesetz geän­dert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2007 geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.07.293. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Landarbeitsge­setz 1984 geändert werden (141 d.B. und 191 d.B. sowie 7733/BR d.B.)

 



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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zum 3. Punkt der Ta­gesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Kaltenbacher übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


12.07.51

Berichterstatter Günther Kaltenbacher: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeit­gesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor. Daher komme ich gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


12.08.40

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Arbeitsver­längerung ist, wie wir wissen, eng mit dem Thema Ladenöffnungszeiten verknüpft. Schließlich macht eine Verlängerung der Öffnungszeiten für GeschäftsinhaberInnen nur Sinn, wenn sich die Arbeitszeiten entsprechend anpassen können, damit kein zu­sätzliches Personal notwendig ist.

Die Debatte läuft in Österreich schon lange. Stück für Stück verkaufen wir erkämpfte Rechte der ArbeitnehmerInnen. Betrachtet man sich den Verlauf der Debatte genauer, so ist die Argumentation der gewerkschaftlich organisierten Mitglieder dieses Hohes Haus interessant.

Wir hatten die letzte große Debatte vor zirka vier Jahren. Damals ging es um die Aus­weitung der Ladenöffnungszeiten und die Veränderung der Arbeitsruhegesetze, eben­falls einen kleinen Schritt in Richtung Flexibilisierung. Vor vier Jahren regierte die ÖVP ziemlich absolut, die SPÖ war in der Opposition. Die Debattenbeiträge aus dieser Zeit waren kämpferisch, und immer wurde daran erinnert, wie schwer es seinerzeit war, dem kapitalistischen Lager die sozialen Standards abzuringen: Man dürfe doch nicht einfach die Rechte so mir nichts, dir nichts über Bord werfen!

Wir sind nach wie vor dieser Meinung: Das Beschneiden der Rechte der Arbeitnehme­rInnen hat langfristig negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Es bringt nur eini­gen wenigen etwas, und die Folgen einer Umverteilung nach oben kennen wir ja: Ar­beitslosigkeit, geringe Kaufkraft, Armut, weniger öffentliche Investitionen et cetera.

Heute vermisse ich diese kritischen Beiträge der KollegInnen aus den Gewerkschaften. Dabei ist dieser Schritt in Richtung Flexibilisierung kein kleiner! Ganz im Gegenteil: Diese neue Bestimmung untergräbt das Bestreben nach betrieblicher sozialpartner­schaftlicher Mitbestimmung. Diese neue Bestimmung schafft für den Arbeitgeber und die Arbeitgeberin den Anreiz, keinen Betriebsrat in seinem oder ihrem Unternehmen zu installieren. (Bundesrat Mayer: Das ist schon einmal ein Schmarren!)

Dieses Vorgehen widerspricht jedem gewerkschaftlichen Interesse. Wie können die VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen hier im Hause so eine Entwicklung unterstüt­zen? – Das neue Arbeitsgesetz ermöglicht es, abseits des Kollektivvertrages auf be­trieblicher Ebene direkte Vereinbarungen zwischen ArbeitgeberInnen und Arbeitneh­


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merInnen zu treffen. Was ist das für ein Fortschritt? – Das ist doch viel eher ein Schritt zurück!

Denn zu glauben, dass die betriebliche Ebene der Beschäftigten dadurch gestärkt wür­de, ist doch ein gewaltiger Irrtum. Lediglich 55 Prozent der ArbeitnehmerInnen werden in Österreich von einem Betriebsrat vertreten. Mit anderen Worten: Fast die Hälfte aller Kolleginnen und Kollegen wird hier allein gelassen und muss selbst, individuell mit ihrem Arbeitgeber beziehungsweise ihrer Arbeitgeberin, über die Arbeitszeit verhan­deln. Wo hier der große Fortschritt steckt – ich habe es schon gesagt –, das müssen Sie mir erst erklären.

Wo bleibt denn der Aufschrei der VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen hier im Hohen Haus? – 13 FunktionärInnen habe ich gezählt, die hier herinnen und in den Arbeitneh­merInnenvertretungen beheimatet sind. Sie sind dafür verantwortlich, dass ein großer Teil unserer Kollegenschaft allein gelassen wird und persönliche Arbeitsvereinbarun­gen zu treffen hat. Ganz anders würde die Sache ausschauen ... (Bundesrat Mayer: Das ist schon ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es freut mich, dass Sie jetzt darauf reagieren. Sie beschließen die Gesetze mit, Herr Kollege. (Bundesrat Mayer: Ja, schon! Sonst wären wir nicht da herinnen ...!) – Ich ge­be Ihnen recht: Also sind Sie mitverantwortlich für das, was hier passiert!

Ganz anders würde die Sache ausschauen, hätte der Inhalt unseres Antrages Eingang in das neue Arbeitszeitgesetz gefunden. Dann wäre nämlich eine Ausweitung der Ar­beitszeit nur möglich, wenn es einen Betriebsrat im Unternehmen gäbe! Aber das ist hier offenbar nicht erwünscht.

Dass ein Arbeitstag von zehn Stunden ein sehr langer sein kann, zum Beispiel an einer Supermarktkasse, das ist die eine Seite der Medaille, und da geht es wirklich in die verkehrte Richtung. Aber dass das neue Arbeitszeitgesetz zur Entsolidarisierung unse­rer Gesellschaft beiträgt und dass das von den Vertretern der Gewerkschaft nicht ge­sehen oder nicht beachtet wird, ist beunruhigend.

Die Frage, die sich natürlich stellt, ist: Wem nützt diese Regelung? – Immer längere Öffnungszeiten, immer mehr Umsätze und immer weniger Beschäftigte! Da erleben wir ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Ja, Herr Kollege Kühnel, das wird lang! Die ArbeitnehmerInnen werden uns dafür danken, wenn wir das ordentlich disku­tieren.

Immer längere Öffnungszeiten, immer mehr Umsätze und immer weniger Beschäftigte! Da erleben wir nach all den Jahren der relativen Stagnation endlich wieder einen Auf­schwung, die Geldumlaufgeschwindigkeit steigt, Menschen geben mehr Geld aus. Wir erleben auch gleichzeitig, dass die Senkung der Arbeitslosigkeit nicht in dem Ausmaß erfolgt, wie der Konjunkturmotor läuft. Immer mehr Menschen müssen mehr arbeiten, und das Gesetz, das uns hier zur Abstimmung vorliegt, wird diesen Trend verstärken. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das ist Ihre Meinung!)

Na ja! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dann werden wir uns das einmal anschauen, wenn wir die Folgen dieses Gesetzes erleben – weil Sie es ja beschließen –, ob da nur ein Arbeitsplatz geschaffen wurde (Bundesrat Dr. Kühnel: Ihre Meinung ...!) oder ob nicht doch wieder weniger Menschen mehr arbeiten müssen!

Zudem werden vor allem ... (Bundesrat Mag. Baier: Sie kennen aber schon die Situa­tion am Arbeitsmarkt, die momentane?) – Ja, kennen wir! (Bundesrat Mag. Baier: Wenn ich mir das anhöre, kann ich mir das nicht vorstellen!) Es gibt durchaus andere Meinungen dazu, je nachdem, wie man es interpretiert. (Bundesrat Mag. Baier: Nein, das sind keine Meinungen! Das sind Fakten, Herr Kollege!) – Ja, diese Fakten – glau­ben Sie wirklich, dass die für die ArbeitnehmerInnen heutzutage so rosig sind? (Bun­


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desrat Mag. Baier: Die Situation am Arbeitsmarkt haben Sie erfragt! Sie haben Zeit und Möglichkeit, sich zu informieren! Das ist fast eine Zumutung! – Bundesrätin Kerschbaum: Ihre Zwischenplapperei aber auch!)

Es freut mich, dass ich so viel Interesse auf Ihrer Seite erwecke! Es wäre aber sinnvoll, wenn es im Sinne der ArbeitnehmerInnen wäre. (Bundesrat Mag. Baier: Ja!) Na, jetzt müssen Sie wieder zurückrudern. (Ruf bei der ÖVP: Nein, wir rudern gar nicht!)

Zudem werden vor allem die großen Handelsketten von der Regelung profitieren. Das ist doch unzweifelhaft, denke ich. Kleine und mittlere Betriebe werden davon sehr we­nig haben, wenn sie überhaupt etwas davon haben. Das heißt, große Handelsketten können mit noch weniger Personal noch längere Öffnungszeiten bewältigen, kleine Un­ternehmen werden sukzessive verschwinden. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Jetzt mischen Sie aber Öffnungszeitengesetz und Arbeitszeitgesetz!)

Aber in der Folge ist ja das eine mit dem anderen durchaus eng verknüpft. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist aber wirklich nett von Ihnen – ich danke! (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.)

Wie gut die ArbeitnehmerInnen in betriebsinternen Strukturen versorgt sind, das hat man ja bei der KiK-Debatte miterleben dürfen. Die Nahversorgung – wie ich schon sag­te – bleibt da natürlich weit hinten.

Es mag schon zutreffen, dass das neue Arbeitszeitgesetz nicht so schlimm ist. Schließ­lich dürfen ohnehin nur Acht-Wochen-Blöcke durchgerechnet werden, und das eh nur drei Mal im Jahr. Das ist aber immerhin fast ein halbes Jahr!

Den ArbeitnehmerInnen wird dabei nichts geschenkt, sie profitieren nicht davon. Ich kann hier keine Vorteile erkennen. Es ist ein Gesetz, das auf Kosten der Arbeitnehme­rInnen geht, es ist für sie ein Rückschritt, und deshalb werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

12.18


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.

 


12.18.15

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Die Diskussion zeigt, vieles ist noch nicht ganz ausgesprochen oder noch nicht durchgesickert. Das heißt, wenn wir uns die Diskussio­nen zum Arbeitszeitgesetz, zum Arbeitsruhegesetz und zum Landarbeitsgesetz 1984 in Erinnerung rufen, so war in den Diskussionen aus ArbeitnehmerInnensicht eines deut­lich erkennbar: Arbeiten rund um die Uhr, Flexibilisierung um jeden Preis, und dies möglichst noch um weniger Geld!

Hätten die sogenannten – unter Anführungszeichen – „guten“ Ratschläge, welche im­mer wieder aus einer bestimmten Richtung gekommen sind, Niederschlag gefunden, wäre dieses vorher erwähnte Szenario mit Arbeiten rund um die Uhr, Flexibilisierung um jeden Preis und Arbeiten um weniger Geld höchstwahrscheinlich eingetreten. Durch die Einigung in der Sozialpartnerschaft, um welche uns viele Länder außerhalb Österreichs beneiden und welche erst jetzt wieder auch im eigenen Land – und hier durch die richtige Reihenfolge der politischen Besetzung der Regierung! – an Akzep­tanz gewinnt, war es möglich, ein Gesetz so zu verändern, dass es diesmal auch posi­tive Aspekte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufweisen kann. In den letzten Jahren, unter schwarz-blau-oranger Regierung, wäre dies wahrscheinlich nicht möglich gewesen.


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Als positive Änderung im Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz für die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer möchte ich als Erstes den Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 25 Prozent für Teilzeitbeschäftigte hervorheben, und zwar auch deshalb, weil das be­reits eine jahrzehntelange Forderung der Frauen ist. Es sind zwar nicht 50-Prozent-Überstundenzuschläge, wie sie bei Überschreitung der Normalarbeitszeit üblich sind, geworden, doch ich bin davon überzeugt, dass dies einmal ein erster positiver Schritt in die richtige Richtung war.

Auch die Beschränkung des Beobachtungszeitraumes auf drei Monate anstatt, wie ur­sprünglich gefordert und in den Vorlagen festgehalten, eines Jahres zur Beobachtung, ob Mehrstunden regelmäßig anfallen, ist wichtig, um nicht die Möglichkeit zu bieten, durch längere Zeiträume den positiven Effekt der Zuschläge zunichte machen zu kön­nen.

Im Arbeitszeitgesetz und im Arbeitsruhegesetz werden Bedürfnisse, die sowohl auf ArbeitnehmerInnenebene als auch ArbeitgeberInnenseite – das hat die Sozialpartner­schaft nun einmal an sich – liegen, gedeckt.

Künftig besteht die Möglichkeit der Einführung der Vier-Tage-Woche. Dies war auch bisher unter bestimmten Voraussetzungen bereits möglich. Im Zusammenhang damit besteht unter anderem auch die Möglichkeit des Zehn-Stunden-Tages, was auch da­raus resultiert, dass hier rechtliche Angleichungen gemacht werden, um etwa den Vo­raussetzungen für eine Vier-Tage-Woche nachkommen zu können und damit eine Ver­längerung der Freizeitphase zu erreichen. Eine Vereinfachung der Regelung über die Gleitzeit soll ArbeitnehmerInnen ebenfalls die Möglichkeit geben, Zeitguthaben rascher ansparen zu können, um diese dann nach ihren persönlichen Bedürfnissen auszuglei­chen.

Auch die Möglichkeit der Einarbeitung in Verbindung mit Feiertagen wurde von bisher sieben Wochen auf 13 Wochen erhöht. Das ist eine Erleichterung für ArbeitnehmerIn­nen, da der Zeitraum der einzuarbeitenden Zeit somit ausgedehnt werden kann.

Aber auch bei noch so positiver Betrachtung – und wir sind all diesen Bereichen ge­genüber nicht unkritisch – ist nicht zu verleugnen, dass es auch weniger positive As­pekte in diesem Gesetz gibt, die allerdings auch aus der allgemeinen Diskussion und dem Verständnis, das über die Medien vermittelt wird, resultieren. Die tägliche Höchst­arbeitszeit – wobei die Betonung auf Höchstarbeitszeit liegt; die Höchstarbeitszeit wird nämlich immer wieder mit der Normalarbeitszeit verwechselt – kann durch Betriebsver­einbarung auf zwölf Stunden und die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf 60 Stunden ausgedehnt werden, was künftig zwölf Wochen im Jahr möglich sein wird. Allerdings gibt es hier aus Sicht der ArbeitnehmerInnen notwendige Einschränkungen im Hinblick auf deren Bedürfnisse, und zwar dahin gehend, dass es immer nur für acht Wochen möglich ist, die Arbeitszeit auf diesen Höchstbereich ausdehnen, und dazwischen eine zweiwöchige Pause liegen muss.

Dies bedarf allerdings ebenfalls einer Betriebsvereinbarung. Auch hier spielt der be­triebliche Aspekt eine Rolle: Betriebsvereinbarungen können nur dann abgeschlossen werden, wenn es auch eine betriebliche Interessenvertretung gibt, das heißt, es müs­sen auch diesbezüglich entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Wenn diese „Möglichkeit“ – unter Anführungszeichen – der betrieblichen Interessenvertretung nicht gegeben ist, sondern die Vereinbarung auf einer einzelvertraglichen Regelung beruht, so muss als Voraussetzung dafür eine sogenannte arbeitsmedizinische Unbedenklich­keitserklärung vorliegen. Das heißt, auch hier wurden entsprechende Vorkehrungen getroffen, damit der Willkür nicht Tür und Tor geöffnet wird.

Zu all dem müssen ArbeitgeberInnen immer einen vorübergehend auftretenden be­sonderen Arbeitsbedarf zur Verhinderung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 69

Nachteiles nachweisen. Das heißt, es ist immer notwendig, wenn auf der einen Seite abweichende Arbeitszeiten ermöglicht werden, dass auf der anderen Seite Schutzbe­stimmungen eingeführt worden sind.

Zudem können nunmehr Zwölf-Stunden-Schichten durch Kollektivvertrag zugelassen werden. Auch dies war bis dato bereits möglich, wie man feststellen kann, wenn man sich das Arbeitszeitgesetz vor Einführung der jetzigen Vorlage ansieht. Allerdings wird hiebei der arbeitsmedizinische Aspekt eine sehr große Rolle spielen, denn es kann ja nicht nur mehr ein Zwölf-Stunden-Tag eingeführt werden, sondern es geht hiebei um die Umsetzung von Schichtmodellen, und dafür ist eine arbeitsmedizinische Unbedenk­lichkeitsbestätigung gefordert und wird eine wesentliche Rolle spielen.

Künftig wird allerdings auch arbeitsmedizinischen Expertisen in Fragen der Arbeitszeit eine starke Bedeutung zukommen. Damit gerade der Wichtigkeit der Einhaltung der Ar­beitszeit und der Arbeitsruhe Nachdruck verliehen werden kann, war es notwendig, die Strafbestimmungen im bisher bestehenden Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz zu überarbeiten, um die ArbeitnehmerInnen vor überlangen Arbeitszeiten zu schützen.

Mindeststrafen werden im Wiederholungsfall verdoppelt, und für mehr als 20-prozen­tige Überschreitungen der täglichen oder wöchentlichen Höchstarbeitszeit sind Strafen von 218 € bis 3 600 € vorgesehen. Auch hier beziehen sich die Bestimmungen auf den einzelnen Arbeitsnehmer/die einzelne Arbeitnehmerin, und es wird nicht, wie bis dato, in Pauschalen gerechnet.

Bei allen Für-und-Wider-Abwägungen sowie im Hinblick auf die unter Schwarz-Blau-Orange geführten Diskussionen und die wieder aufkeimenden negativen schwarzen Ansätze in Fragen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes bildet die Än­derung des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes in der vorliegenden Form einen für uns – die ArbeitnehmerInnen – möglichen positiven Kompromiss, dem wir un­sere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.27


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


12.27.36

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Selbst dann, wenn man nicht der Meinung ist, dass man einen Arbeitnehmer unter den Quar­gelsturz stellen muss, weil er so schützenswert ist, dass sich überhaupt nichts mehr bewegen kann und darf, kann ich den Enthusiasmus der ÖVP in Bezug auf dieses Ge­setz nicht teilen. Es ist nämlich nicht im Sinne der Arbeitnehmer, sondern es liegt doch eher im Interesse der großen Handelsketten und der Industrie. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Von Großkapital habe ich nichts gesagt.

Es klingt gut, wenn man sagt, dass die Flexibilisierung ohnehin vereinbart werden muss, jedoch nicht einseitig erklärt werden kann. Das klingt im ersten Moment be­stechend, und man sagt: Warum eigentlich nicht? – Tatsache ist aber, dass nur die Hälfte aller ArbeitnehmerInnen betriebsrätlich organisiert ist. Diesfalls würde es ja viel­leicht noch gehen. Aber in dem Fall, in dem das Ganze in Einzelverhandlungen verein­bart werden muss, schaut die Sache schon anders aus. Da würde ich gerne Mäuschen spielen, um zu sehen, was da geschieht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sie können es immer wieder in Studien nachlesen, Sie können es in der Zeitung und in Wirtschaftsblättern lesen: Die Angst um den Arbeitsplatz ist einfach da. Ein Arbeitneh­mer, der Angst um seinen Arbeitsplatz hat, weil vielleicht schon zehn dahinter stehen und auf seinen Arbeitsplatz warten, wird sich gut überlegen, ob er nein zu einer sol­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 70

chen Regelung sagt oder doch zustimmt. Daher wird die Einzelverhandlung wahr­scheinlich in der Praxis nicht so stattfinden, selbst dann, wenn sie auf dem Papier so schlecht nicht klingt.

Die Befürchtung, dass bei überlangen Arbeitszeiten über einen längeren Zeitraum das Unfallrisiko steigt, ist auch seitens der Ärztekammer geäußert worden. Auch die Ärzte­kammer hat gesagt, dass das Risiko wahrscheinlich steigen wird. Hoffen wir, dass das nicht der Fall ist! Allerdings weiß man, dass, wenn zu lange gearbeitet wird, das Risiko tatsächlich größer ist.

Dass es einen 25-prozentigen Zuschlag bei Teilzeitarbeit geben wird, was von Kollegin Kemperle so sehr begrüßt wurde, hört sich im ersten Moment für die Teilzeitbeschäftig­ten gut an. Wenn man sich jedoch im Gesetz die Aber-Bestimmungen ansieht, in de­nen es dann heißt, dass der Zuschlag nur unter bestimmten Umständen ausbezahlt werden kann, dann merkt man, dass von diesem großartigen 25-Prozent-Zuschlag nicht mehr sehr viel übrig bleibt.

Entscheidend, wenn wir über Arbeitszeiten reden, ist, dass es eine tatsächliche Verein­barung geben soll und das Verhältnis halbwegs ausgeglichen sein sollte. Natürlich ist mir klar, dass ein Betrieb gewisse Erfordernisse hat, auf die er auch Rücksicht nehmen muss, wenn er Dienstleistungen anbietet oder wenn er produziert. Da kann man natür­lich nicht einseitig sagen, dass die Rechte des Arbeitnehmers der bestimmende Faktor sind, wie der Wirtschaftsstandort zu funktionieren hat. Das ist schon klar! Das Verhält­nis darf aber auch nicht umgekehrt sein, dass der Wirtschaftsstandort ganz allein be­stimmt und der Arbeitnehmer sich zu fügen hat.

Ich weiß, dass der Herr Minister sagen wird, dass man genau das mit dem Gesetz er­reichen will. – Ich sehe das nicht so, denn ich meine, dass man den Menschen nicht nur als reines Arbeitstier sehen kann. Es bedarf in diesem Zusammenhang sehr wohl einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, denn jeder Arbeitnehmer hat auch eine fami­liäre Situation und auch noch andere Interessen, denen er auch nachgehen soll, denn sein Leben soll ja nicht allein von Arbeit bestimmt sein. Daher wäre es wichtig, dass man auch auf die familiäre Situation eingeht.

Herr Minister! Ich kann mich noch erinnern, dass Sie, als ich das erste Mal im Bundes­rat war, damals als Familienminister das Familien-Audit gemacht haben. Dabei wurde darauf geachtet, dass die familienfreundlichsten Betriebe ausgezeichnet werden. Ge­nau das vermisse ich jetzt aber in dieser Vorlage. Einerseits klingt es nämlich be­stechend, wenn ich vereinbaren kann, dass ich zwar 60 Stunden in der Woche arbeite, dann aber Freitag, Samstag und Sonntag frei habe und mit der Familie verbringen kann, also mehr Zeit für die Familie habe. Andererseits brauchen die Kinder aber – und Sie als Familienvater wissen das! – ihre Eltern oder wenigstens einen Elternteil täglich. Wenn die Eltern die ganze Woche nicht da sind, nützen auch der beste Hort oder die beste Tagesmutter nichts, denn die Kinder brauchen ihre Eltern täglich.

Daher halte ich diese Regelung für wirklich familienfeindlich! Gerade Sie als Familien­partei beschwören immer wieder zu Recht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Stärkung der Familien. Das findet sich aber in diesen Gesetzen nicht wieder! Ihren Spruch, den Sie immer wieder bringen: Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es den Menschen gut!, unterstütze ich diesfalls nicht! (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Selbstverständlich brauchen wir die Wirtschaft, und selbstverständlich muss sie auch unterstützt werden, das Verhältnis muss aber, wie gesagt, halbwegs ausgeglichen sein. Ich finde es wirklich schade, wenn die Familien unter diesen Regelungen leiden, und es wäre wirklich wesentlich, darauf zu schauen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf tatsächlich möglich gemacht wird, was ja noch immer nicht der Fall ist.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 71

Nachdem die Erziehungslast immer noch hauptsächlich auf den Schultern der Frauen ruht, betrifft das auch meistens Frauen. Daher sollten Sie mit ihnen reden! Ich meine aber auch, dass Erziehungsarbeit für Frauen und für Männer möglich sein muss, und dafür, dass es für beide Teile möglich sein muss, wurde zumindest nach meinem Da­fürhalten nicht ausreichend gesorgt. Das wäre mir aber ein wirklich wichtiges Anliegen!

Weiters ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass diese Einkommensschere, hinsichtlich welcher wir uns europaweit auch nicht gerade auf einem tollen Platz wiederfinden, end­lich einmal geschlossen wird. Das wird seit der SPÖ-ÖVP-Regierung immer wieder be­klagt, mal von dem, mal von dem, je nachdem, wer gerade an der Regierung ist, und natürlich immer von jenen, die in Opposition sind. Aber das wäre wirklich ein wichtiger Punkt!

Es wurde heute schon erwähnt, dass sich die Gewerkschaft diesbezüglich interessan­terweise überhaupt nicht zu Wort gemeldet hat, und auch Frau Kollegin Kemperle scheint mir nur mit Bauchweh zustimmen zu wollen.

Insgesamt empfinde ich diese Regelung als eine Verschlechterung für die Arbeit­nehmer, und daher werde ich dieser Regelung nicht zustimmen. (Beifall des Bundes­rates Schennach.)

12.34


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


12.34.49

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Mühlwerth! Ich stelle fest, dass Frau Kemperle offensichtlich nicht Bauchweh hat! Sie sieht sehr frisch und – auch im übertragenen Sinn – überhaupt nicht leidend aus! (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Auch mir geht es so weit gut, ich habe zumin­dest den Weg hierher geschafft, Frau Kollegin Mühlwert!

Es geht nicht ums selbst Sprechen. Wenn Sie sagen, dass Sie das im übertragenen Sinn verallgemeinert haben, dann kann ich das natürlich auch im übertragenen Sinn verallgemeinern!

Wie bereits meine Vorrednerinnen und Vorredner erwähnt haben, geht es beim Ar­beitsruhegesetz und beim Arbeitszeitgesetz um ein in guter Art und Weise vereinbartes Gesetz; das möchte ich wirklich betonen. Es geht um ein zwischen den Sozialpartnern vereinbartes Gesetz, und das ist, glaube ich, entscheidend, da die Sozialpartner in Ös­terreich einen gewissen Stellenwert haben. Dieser Stellenwert wurde in letzter Zeit noch in besonderem Maße aufgewertet. Die Qualität ist hervorragend, da werden mir auch Herr Kollege Klug und Frau Kollegin Kemperle zustimmen. (Beifall des Bundesra­tes Mag. Klug.) – Man kann selbstverständlich auch applaudieren.

Dazu möchte ich unserem Minister für Arbeit und Wirtschaft gratulieren! Ich denke, den Rückenwind von Seiten der Sozialpartner kann man in Zeiten wie diesen sehr gut ge­brauchen.

Es liegt auf der Hand, dass es in Anbetracht von geänderten Strukturen im Arbeitspro­zess auch zu Adaptierungen im Arbeitsrecht kommen muss. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist auch im Regierungsprogramm festgeschrieben, dass wir eine gene­relle neue Kodifizierung des Arbeitsrechtes in Angriff nehmen werden, und das ist, wie ich meine, auch ein ganz wichtiger Schritt, den sich diese Regierung auferlegt hat.

Sehr verehrte Damen und Herren! Flexibel sind wir ArbeitnehmerInnen schon lange, und der Begriff „flexibel“ ist nicht nur ein Modewort, sondern ist auch in den realen Ar­beitsprozess mit eingeflossen. Die vorliegende Flexibilisierung wurde auch unter Ein­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 72

beziehung einer EU-Richtlinie mit den Sozialpartnern, wie schon erwähnt, ausgehan­delt.

Es geht darum, die Normalarbeitszeit auf zehn Stunden pro Tag auszuweiten, die Höchststundenzahl auf zwölf Stunden anzuheben und somit eine 60-Stunden-Woche auf die Dauer von acht Wochen zu ermöglichen – und diese Vorgangsweise kann man drei Mal wiederholen. Das wurde bereits erwähnt, und das kann ich hier unterstreichen.

Lieber Kollege Breiner! Wenn Sie sagen, dass das an der Betriebsratsebene vorbei­geht, dann ist das nicht richtig! Wir wissen, dass nicht alle Betriebe mit Betriebsräten ausgestattet sind, das bedauern wir, wir arbeiten daran, das zu ändern, und es ist wichtig, dass man dieses Szenario unterstützt. Aber es muss auch dann, wenn kein Betriebsrat vorhanden ist, gesetzlich ermöglicht werden, derartige Arbeitsfortschritte umzusetzen. Wenn es keinen Betriebsrat gibt, dann muss es andere Möglichkeiten ge­ben, und das ist in diesem Gesetz normiert.

Es ist mir klar, dass diese Gesetze nicht die Zustimmung aller Interessenvertretungen haben. Das haben wir heute schon gehört. Insbesondere haben die Arbeiterkammer, die Vorarlberger Arbeiterkammer, aber auch das Land Vorarlberg Einwendungen vor­gebracht, dass bei der Ausweitung auf Zwölf-Stunden-Schichten die Zahl der Arbeits­unfälle steigen könnte. Deshalb wurde festgelegt, dass die in Betrieben tätigen Arbeits­mediziner und die Kollektivvertragspartner je nach Arbeitsgebiet die praxisnahe Umset­zung genauer beobachten. – Ich denke, das kann man allgemein mittragen.

Wir haben aber im Ausschuss überraschenderweise von den Experten des Wirt­schaftsministeriums gehört, dass es hiezu eine Studie gibt, laut welcher es nicht gegen Ende der Arbeitszeit, also nach zehn oder zwölf Stunden, zu einer Häufung von Ar­beitsunfällen kommt, sondern bereits nach zwei bis drei Stunden. Genau dann ereig­nen sich die meisten Arbeitsunfälle, in diesem Zeitrahmen besteht also die größte Ge­fahr für Unfälle. Im Hinblick darauf meine ich, dass man auch diese besondere Studie beachten muss.

Ich möchte auch den Entschließungsantrag unterstützen, der im Nationalrat gefasst wurde – Kollegin Mühlwerth hat das in ihre Betrachtung mit eingezogen. Ich möchte aus diesem Antrag zitieren, weil es mir wichtig ist, dass wir auch im Bundesrat darüber diskutiert haben, weil ich den Herrn Minister um die entsprechende Umsetzung ersu­chen möchte. – Ich zitiere:

Der Bundesminister wird ersucht, nach seinen Möglichkeiten dazu beizutragen, dass bewusstseinsfördernde Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gesetzt werden, dass eine begleitende Beobachtung der Entwicklung der Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten erfolgt und dass die ArbeitsmedizinerInnen zu den neuen Bestim­mungen und Möglichkeiten gezielt informiert und sensibilisiert werden.

Zweitens: Nach Ablauf von zwei Jahren ist eine Evaluierung dahin gehend durchzufüh­ren, ob sich die Möglichkeit der Erteilung der erforderlichen arbeitsmedizinischen Gut­achten durch jeden Arbeitsmediziner oder jede Arbeitsmedizinerin bewährt hat oder ob eine spezielle Ermächtigung zur Durchführung derartiger Gutachten sinnvoll ist. – Zitat­ende.

Ich denke, das ist eine ganz wichtige Maßnahme und wir im Bundesrat sollten diesen Entschließungsantrag mittragen und unterstützen.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, den auch Frau Kollegin Kemperle erwähnt hat – Frau Kollegin Mühlwerth hat das, wie ich meine, irgendwie in Abrede gestellt oder fast lächerlich gemacht –, die fortschrittliche Bestimmung der Überstundenzuschläge für Teilzeitarbeitskräfte in Höhe von 25 Prozent, die innerhalb eines Begutachtungszeit­raumes von drei Monaten eine entsprechende Abgeltung ihres Mehraufwandes erhal­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 73

ten. Man braucht kein Prophet zu sein, um zu wissen, dass das natürlich insbesondere Frauen betrifft. Und wenn Sie hier die Frauen angesprochen haben, muss ich betonen, das ist wirklich ein Fortschritt, den man hier auch entsprechend erwähnen muss.

Wenn Sie, liebe Frau Kollegin Mühlwerth, gesagt haben, Sie möchten gerne ein Mäus­chen sein und einmal in einen Betrieb hineinschauen, dann meine ich, da müssten Sie das Mäuschen aber oft bemühen, bis Sie alle österreichischen Betriebe durchgemacht haben. Und dann sind Sie nicht mehr die Frau Mühlwerth, sondern wahrscheinlich die „Frau Mäuschen“.

Es ist mir auch bewusst, dass die Teilzeitarbeit oft schlechtgemacht wird. Teilzeitarbeit ist aber oft im Interesse der Arbeitgeber und der ArbeitnehmerInnen, weil sie ausdrück­lich angestrebt wird und in vielen Fällen auch eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht, und vor allem verbleibt Frau beziehungsweise Mann, sollte sie/er Teilzeit arbeiten, auch im Arbeitsprozess und verliert nicht den Anschluss. Das dürfen wir nicht vergessen, sehr verehrte Damen und Herren.

Ich möchte noch einen Punkt anschneiden, weil das auch eine langjährige Forderung der ArbeitnehmerInnen war, nämlich die Möglichkeit der Einführung der Vier-Tage-Wo­che. Damit steigt auch die Möglichkeit, durch Gleitzeit längere Freizeit zu haben, was insbesondere für Pendler eine wesentliche Aufwertung, eine wesentliche Verbesserung ist.

Im Großen und Ganzen ein sehr ausgewogenes Paket, dem wir sehr gerne unsere Zu­stimmung geben werden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.42


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Klug. – Bitte.

 


12.42.35

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man braucht sich keine Sorgen zu machen, zu den einschlägigen gesetzlichen Materien werden sich die Ge­werkschafterinnen und Gewerkschafter auch in diesem Haus immer zu Wort melden.

Ich möchte eingangs unserer Kollegin Kemperle recht herzlich dafür danken, auch dem Kollegen Mayer, dass es ihnen, wie ich meine, sehr gut gelungen ist, die Materie No­vellierung des Arbeitszeitgesetzes inhaltlich wieder so ins Blickfeld zu rücken, dass eventuelle Überschneidungen mit einem anderen Tagesordnungspunkt ausgeschlos­sen sind und so klargestellt wird, dass es sich wirklich um das Arbeitszeitrecht handelt.

Wenn man sich den einen oder anderen Redebeitrag noch einmal kurz in Erinnerung ruft, dann hat man das Gefühl, das Sein bestimmt halt das Bewusstsein, die Rolle der Opposition besteht im Wesentlichen darin, dass jeglicher gemeinsamer neuer Erfolg möglichst schlechtgeredet wird. Und wenn man sich bei den einzelnen Debattenbei­trägen vielleicht dann noch in das politische Lager einen Schritt weiter vorwagt, dann wundert es einen natürlich auch nicht, dass eine Regelung – und das wurde schon mehrmals festgestellt – auf Basis einer schon etwas älteren Sozialpartnereinigung, nämlich des ersten gemeinsamen Projekts Wachstum und Beschäftigung, im Zuge der Koalitionsverhandlungen in das Regierungsprogramm Eingang gefunden hat und es zu einem weiteren gemeinsamen Paket gekommen ist. Aber so ist es dann eben. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Der Punkt ist, Kollegin Mühlwerth – und daran führt auch kein Weg vorbei –, entweder man steht zu einer funktionierenden Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft oder man steht zu dieser nicht. Uns wundert aber nicht, dass aus Ihrer politischen Heimat diesbe­züglich permanent schwierige und skeptische Überlegungen kommen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 74

Ich möchte vielleicht einen Satz zu den Ausführungen des Kollegen Breiner sagen, einiges wurde schon angeschnitten, eine Wiederholung ist sinnlos. Kollege Breiner, wenn Sie sagen, dass es in einigen Betrieben bedauerlicherweise keine betriebsrät­liche Vertretung gibt, dann ist das eben so. Kollege Mayer hat schon angeschnitten, wir arbeiten gemeinsam daran. Aber wenn Sie das bedauern und es auch ehrlich gemeint hätten, dann wäre es schön gewesen, in diesem Haus zu hören, dass auch Sie, wo im­mer Sie können, daran arbeiten, dass in Österreichs Betrieben mehr Betriebsräte ge­wählt werden.

Zur vorliegenden Arbeitszeitgesetz-Novelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir, weil es im Zusammenhang steht, zwei Punkte kurz zu strapazieren. Das eine wurde schon angeschnitten: arbeitsmedizinische Unbedenklichkeitsbescheinigung. Da muss ich jetzt vielleicht ein bisschen die Achse, auch wenn es ein Zwiegespräch gibt, zu unserem Minister suchen. Sehr geehrter Herr Minister, wir haben im Ausschuss zu dieser arbeitsmedizinischen Unbedenklichkeitsbescheinigung eine kurze Debatte ge­habt. Wir alle wissen, dass die Position der Arbeitsmediziner in den Betrieben eine nicht immer einfache ist. Ich versuche, sie vorsichtig so zu beschreiben. Einschlägige Arbeitsmediziner informieren uns, dass die arbeitsmedizinische Unbedenklichkeitsprü­fung keine einfache ist.

Ich habe den Vertreter des Ministeriums um weitere Informationen darüber ersucht, wie der Letztstand dieses neuen Terminus in den Beratungen im Ministerium aussieht. Die Information an uns war, dass in der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin an Leitlinien in diesem Zusammenhang gearbeitet wird. Ich hoffe auch, dass es so ist. Wenn Sie eine Möglichkeit haben, in diesem Bereich mitgestaltend zu wirken, sehr ge­ehrter Herr Minister, dann wäre uns das heute ein großes Anliegen.

Zweiter ganz kurzer Punkt: Es ist sicherlich schwierig, also nicht immer einfach, festzu­stellen, wie viel Arbeitszeit pro Tag, pro Woche, pro Monat und auch pro Jahr indivi­duell der einzelnen Arbeitnehmerin, dem einzelnen Arbeitnehmer zumutbar ist. Wenn man sich einmal auf einen gesetzlichen Arbeitszeitrahmen gemeinsam verständigt hat, dann ist es zweckmäßig, wenn dieser Rahmen bestmöglich genutzt ist.

In den letzten Tagen, konkret am 19. Juli, war in der „Kleinen Zeitung“ Folgendes zu le­sen: Ein Drittel der Arbeitszeit wird nicht gearbeitet. Ich darf vielleicht die beiden Sätze kurz vorlesen, wie das begründet wird. Es hat eine Untersuchung in diesem Zusam­menhang gegeben: Der ganz große Zerstörer von Produktivität sei die mangelnde Steuerung und Planung, die sich auf Managementebene herauskristallisiert. Durch die­se Schwäche in der Planung verschenken Österreichs Firmen im Durchschnitt 44 Ar­beitstage.

Ich glaube schon, dass man bei dieser Gelegenheit sagen sollte, es geht nicht darum, dass nicht viel und fleißig gearbeitet wird, sondern es geht auch darum, dass auf Ma­nagementebene jene Personen, die insbesondere für Planung, für Controlling, für die Strukturen verantwortlich sind, dafür sorgen, dass die Ressourcen auch entsprechend genutzt werden. Und ich bin mir ganz sicher, Herr Bundesminister, dass Sie in diesen Kreisen, auf diesen Ebenen auch einmal eine gute Gelegenheit finden werden, auf die­ses Thema einzugehen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.49


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Schöls. – Bitte.

 


12.49.19

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Klug, ich


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 75

freue mich, wenn Sie meinen, dass der Standort den Standpunkt bestimmt. Da Sie bei der letzten Sitzung so sehr auf die Einlösung der Wahlversprechen der SPÖ zu spre­chen gekommen sind, habe ich mir heute extra einen Eurofighter (der Redner verweist auf eine goldene Anstecknadel auf seinem Sakko) angesteckt, weil ich mich darüber freue, dass wir einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung des Luftraums geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber sonst stimme ich Ihnen bei sehr vielen Dingen zu.

Ich kann auch nur sagen, sowohl an Kollegen Breiner als auch an Kollegin Mühlwerth gerichtet: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben.

Herr Kollege Breiner, ich fordere wirklich alle, die sich immer in Sonntagsreden hinstel­len und beklagen, dass die betriebliche Interessenvertretung da und dort nicht vorhan­den ist, auf und lade sie ein, daran mitzuwirken, dass in den Betrieben Betriebsratskör­perschaften gewählt werden. Ich würde mich freuen, wenn wir hier Verstärkung finden würden.

Aber wir wissen, dass das aus verschiedenen Gründen eben nicht in allen Bereichen der Fall ist. In Gesprächen habe ich schon oft versucht, Leute zu motivieren, als Inte­ressenvertreter zu kandidieren. Da ist manches Mal festzustellen, dass die eigene Be­quemlichkeit größer ist als alles andere. Daher finde ich, dass die Regelungen, die wir hier im Arbeitszeitgesetz und im Arbeitsruhegesetz gefunden haben und die auf sozial­partnerschaftlicher Ebene zustande gekommen sind, genau für diese Bereiche die Möglichkeit geben.

Wir haben die Regelung zehn, zwölf Stunden. Wir haben die Vier-Tage-Woche, was eine wesentliche Verbesserung für den Bereich der Teilzeitbeschäftigten darstellt, das ist unbestritten. Es liegt daran, dass das ausgenützt wird. Wir haben klargestellt, dass es unter dem Strich zu keiner Verlängerung der Arbeitszeit, der persönlichen Arbeits­zeit kommt. Wir haben klargestellt, dass die Sonntagsarbeit kein Thema ist. Herr Kol­lege Klug, ich bin überzeugt davon, da tue ich mir in unserem Klub wesentlich leichter als ihr in eurem Klub mit dem Kollegen Zach und anderen, weil die diesbezüglich manchmal sehr liberale Ansätze haben, die sozialpartnerschaftlich und sozialpolitisch nicht zu vertreten sind. Somit also eine gute Regelung, von der ich überzeugt bin.

Kollege Mayer hat auch schon den Entschließungsantrag angesprochen, wo wir mit der Evaluierung im Bereich der Arbeitsmedizin die Möglichkeit geschaffen haben, dass wirklich ein entsprechender Schutz der Arbeitnehmer gegeben ist.

Also, wie gesagt, es geht darum, weiter vernünftige Lösungen zu finden. Die Sozial­partnerschaft und sozialpartnerschaftliche Lösungen sind nicht erst wieder im letzten halben Jahr gekommen; so ehrlich können wir da schon auch sein. Wir haben uns im Gewerkschaftsbereich immer geeinigt. Wir haben ja heute noch Gelegenheit, uns bei einem anderen Tagesordnungspunkt darüber zu unterhalten, dass es keine Frage der politischen Einstellung ist, wie man mit Sozialpartnern umgeht, denn soviel ich weiß, ist Peter Korecky von der gleichen Partei wie die zuständige Ministerin. Und da haben wir gerade bei einem Thema, zu dem ich heute noch die Ehre habe zu sprechen, gemerkt, dass auch dort der Standort den Standpunkt bestimmt.

In diesem Sinn: Ich habe immer den Standpunkt vertreten, jeder Verbesserung im Hin­blick auf mehr Arbeitnehmerrechte stimmen wir zu. Daher werden wir dieser Regelung heute gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.53


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Mitterer. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 76

12.53.33

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mein kurzer Redebeitrag ist ein Beispiel dafür, dass Opposi­tion und Koalition nicht immer prägend sein müssen, sondern dass man darüber hi­naus auch einmal nach eigenem Gewissen entscheiden kann. Deshalb haben mir auch die Bedenken des Kollegen Breiner sehr gut gefallen, der gemeint hat, dass die SPÖ in dieser Frage über ihren Schatten springt. Für mich ist das zwar erstaunlich, aber nicht verwunderlich. Nach den vielen Umfallern, die unter Bundeskanzler Gusenbauer be­reits passiert sind, wird es auch hier einen Totalumfaller geben. Denn genauso, wie ich hier heraußen stehe und nicht wie die Nationalratsfraktion abstimmen werde, werde ich heute sehr wohl für den Gesetzesantrag, den die Koalition beschlossen und im Natio­nalrat durchgezogen hat, stimmen. Ich glaube nämlich, dass es notwendig ist, in einer Zeit, in der sich der Osten geöffnet hat, rechtzeitig, noch bevor die Übergangsfristen enden, Maßnahmen zu setzen.

Wenn wir Vorteile aus der Wirtschaft daraus erzielen, müssen diese Vorteile natürlich auch an die Mitarbeiter weitergegeben werden. Das heißt, es muss Belohnungssys­teme geben, die gemeinsam in der Sozialpartnerschaft auszuhandeln sind. Ich bin der Meinung, dass, wenn die Wirtschaft davon profitiert, ein großes Maß von diesem Profit auch an die Mitarbeiter der Betriebe überzugehen hat.

Ich denke, dass eine solche Maßnahme, wie wir sie heute beschließen, auch eine Ab­sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich darstellt. Deshalb werde ich als Vertre­ter der Wirtschaft, auch als Vizepräsident der Wirtschaftskammer Kärnten, diesem Ge­setz selbstverständlich zustimmen. (Beifall des Bundesrates Ing. Kampl sowie Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.55


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, Sie haben das Wort.

 


12.55.41

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Sozialpartnereinigungen sind im Regelfall, insbesondere für einen Arbeits- und Wirtschaftsminister eine sehr angenehme Grundlage für die Aufbereitung einer Gesetzesinitiative, einer gesetzlichen Reform. Die Sozialpartnereinigung in Sa­chen Arbeitszeitflexibilisierung geht aber noch weit darüber hinaus.

Ich selbst habe seit 2000 in etwa diesen Verantwortungsbereich inne und habe mehr­mals vergeblich Anläufe genommen, in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung wirklich Fort­schritte zu erzielen. Das ist und war nur deshalb möglich, weil die Sozialpartner zu einem Konsens gefunden haben, und dafür bedanke ich mich. Ich glaube, dass damit ein Schritt gesetzt ist, der Österreich in vielem einmal mehr auf die Überholspur bringt oder, wenn Sie so wollen, da wir ja niemanden zu überholen haben oder fast nieman­den, unsere führende Stellung als Standort bestätigt, dass gleichzeitig hier auch das seltene Kunststück gelungen ist, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen sehr ausge­wogen auszuverhandeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht ja nicht nur darum, dass jetzt für Teilzeitbeschäftigte 25 Prozent Überstundenzuschläge ausverhandelt werden können, sondern es geht zum Beispiel auch darum, dass viele Arbeitnehmer – weil heute Stei­rertag ist, der Herr Landeshauptmann hat ja offensichtlich Kernölspuren hinterlassen –, dass Zigtausende Steirer, Burgenländer und andere nach Wien pendeln, und das sehr gerne viermal pro Woche machen und nicht fünfmal, respektive auch ganz gerne ein­mal schon am Donnerstag wiederum den Weg in die Heimat antreten. Das war bisher


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 77

nur auf Kollektivvertragsebene möglich. In Zukunft wird das auf einfacher Ebene mög­lich sein.

Oder – es wurde von der Frau Bundesrätin schon angeschnitten – das Thema der Ein­arbeitung von Weihnachten und Neujahr: Das ging bisher oftmals nur mit Augezudrü­cken, jetzt geht das deutlich leichter, weil hier eine längere Zeitspanne vorgesehen ist. Oder insgesamt jetzt zehn Stunden pro Tag als Arbeitszeit vorzusehen, im Regelfall per Kollektivvertrag: Das kann auch im Interesse des Arbeitnehmers sein!

Jetzt gibt es natürlich Berufsbilder, wo man sich arbeitsmedizinisch und aus Sicher­heitsgründen die Dinge ansehen wird. Und ich unterstütze voll und ganz – und wir wer­den das auch kontrollieren – die Vorgangsweise, dass Unbedenklichkeitsgutachten vorzusehen sind bei Schichtarbeit von täglich über zehn Stunden oder dann, wenn zwölf Stunden gearbeitet werden soll, je nach Betriebsvereinbarung beziehungsweise wenn kein Betriebsrat vorhanden ist. Da stehe ich ja voll und ganz dahinter.

Aber Hand aufs Herz, die Mehrheit der Arbeitsplätze in diesem Land sind im weiteren Sinne des Wortes Büroarbeitsplätze, Bildschirmarbeitsplätze, wo jetzt klassische Si­cherheitsthemen, klassische, es gibt auch andere, aber klassische im Sinn von körper­lichen Unfällen und zu körperlichen Konsequenzen führenden Unfällen, nicht das The­ma sind und wir in Wirklichkeit nicht wissen, wie wir die Kids oder auch ältere Kids vom Schirm wegbringen. Es geht ja nicht nur um solche, die dann zu Hause neben der Schule vom Bildschirm nicht wegzubringen sind, sondern auch um solche, die am Ar­beitsplatz nicht wegzubringen sind, weil sie dort weit über acht oder zehn Stunden hi­naus tätig sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Also so gesehen ein AZ-Flexibilisierungs­paket, das Sinn macht, das auch im Ausland bei Investoren für große Aufmerksamkeit sorgen wird. Was uns jetzt nicht damit gelingt, ist, das Arbeitszeitgesetz per se über­sichtlicher zu gestalten. Neukodifizierung – das klingt immer sehr gut, das wurde auch andernorts schon versucht, zum Beispiel im Sozialversicherungsrecht. Jetzt unterneh­men wir einen Anlauf in Sachen Arbeitsrecht insgesamt, eine unglaublich breite Aufga­be. Auch die Sozialpartnerschaft wird sich dem widmen. Aber so einfach ist das nicht. So gesehen sind das jedenfalls deutliche Verbesserungen, für die wir gemeinsam dankbar sein sollten.

Im Übrigen waren es die Sozialpartner, die hier – ich habe das schon gesagt – wich­tigste Grundlagenarbeit verrichtet haben. Ohne sie wäre es nicht gegangen; ich wie­derhole das. Sie waren aber auch in der Regierungsperiode 2000 bis 2006 vielfach mit an Bord.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es mag schon sein, dass die eine Seite der Sozialpartnerschaft mit der jetzt im Amt befindlichen großen Koalition leichter und bes­ser kann – no na, das mag so sein! –, aber ich selbst war stolz darauf, das große Ar­beitnehmerschutzpaket auf Basis einer Sozialpartnereinigung in das Parlament ge­bracht zu haben.

Und auch die Jahrhundertreform der „Abfertigung neu“, die Mitarbeitervorsorge für alle, war eine Sozialpartnereinigung, die auch unter Schwarz-Blau einen guten Weg gegan­gen ist.

Man soll also das Licht der Sozialpartnerschaft auch in den Jahren 2000 bis 2006 oder 2007 nicht unter den Scheffel stellen, das hat sie nicht verdient. Umso besser – und das ist einzigartig, jedenfalls in der jüngeren Geschichte Österreichs –, wenn die So­zialpartner durch eine Reihe von Einigungen zum Erfolg der Koalitionsverhandlungen einen ganz entscheidenden Anstoß geliefert haben.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 78

In Sachen AZ-Flexibilisierung war ich peinlichst darum bemüht, dass der Begutach­tungsentwurf, der von uns hinausgegangen ist, Frau Sektionschefin, auf Punkt und Bei­strich mit den Sozialpartnern abgestimmt war, weil ich mir der Sensibilität des Themas bewusst bin. Natürlich haben wir auch bewusst die Linie mitgetragen, dass das Ganze erst mit 1. Jänner in Kraft tritt. Es könnte auch früher in Kraft treten, aber wir wollen
den Kollektivvertragsverhandlern des Herbstes, der Herbstrunden, die entsprechenden Möglichkeiten bieten, hier noch auf diese neue Gesetzeslage zu reagieren, weil die Sensibilität zum Beispiel in Sachen Überstunden und Bezahlung eine große ist – aber das ist Sozialpartner-Aufgabe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Letztes noch zum Thema Betriebsver­einbarung: Ich glaube, dass wir mit der Stufeneinteilung, die in Österreich nun einmal gelebte Praxis ist – für manches ist das Gesetz zuständig, für manches der Kollektiv­vertrag, für manches die betriebliche Ebene –, gut fahren und weiter fahren werden. Wir sollten auch nicht ausschließen, dass es hier zu bestimmten Verschiebungen kom­men kann und kommen soll.

Vom Prinzip her halte ich es für am sinnvollsten, wenn jetzt gesetzliche Öffnungsklau­seln da sind, in die dann die Sozialpartner mit Kollektivvertragsvereinbarungen einstei­gen können, die dann wiederum den Betrieben Möglichkeiten eröffnen. Wir müssen aber auch immer an die Kleinen denken. Hand aufs Herz: Die Kleinen sind nun einmal betriebsratsmäßig nicht so organisiert wie die Großen, und auch dort soll es natürlich entsprechende Freiräume geben. Ich glaube, dass auch da die vorliegende Einigung ein sehr gutes Beispiel für eine ausgewogene Vorgangsweise ist. So gesehen: Wir werden uns diese Entwicklung ansehen.

In vielem – Hand aufs Herz! – wird hier etwas legalisiert, was ja betriebliche Praxis ist, und ich kenne Unternehmungen, wo Betriebspartner, Sozialpartner in Wirklichkeit kon­tra den Kollektivvertrag agiert haben. Das wird in Zukunft auch etwas einfacher sein. Da muss dann niemand mehr ein Auge zudrücken, vor allem nicht Arbeitsinspektoren, die ja die Kontrollinstanz für die Einhaltung des Arbeitszeitrechtes sind, und nach wie vor ist ja der überwiegende Teil von Verstößen in Sachen Arbeitnehmerschutz bei der Arbeitszeit zu sehen. Dass hier die Sanktionen adaptiert werden, wie das auch schon erwähnt wurde, wird von mir unterstützt und ist eine wichtige, gute Sache. Es wurde über viele Jahre wenig valorisiert, um das einmal so zu sehen.

Hoher Bundesrat! Abschließend: eine sehr ausgewogene AZ-Flex-Reform! Ohne die Sozialpartner – ich sage es zum dritten Mal – wäre es nicht gegangen. Ein großer Wurf der Sozialpartnerschaft – ein großer Wurf, von dem ich auch erwarte, um das in Rich­tung der Betriebe zu sagen, dass die Flexibilisierungsmöglichkeiten, die jetzt gegeben sind, dann auch wiederum zu einem stärkeren Bekenntnis zu einer Stammarbeitneh­merschaft führen.

Ich erachte Leiharbeiter und Leiharbeitsverträge für absolut nichts Schlechtes, aber sie sollen dazu da sein, um Kapazitätsschwankungen und Ähnliches abzufangen. Prakti­ken, und zwar insbesondere auch sehr großer Arbeitgeber, das Gros oder zumindest einen wesentlichen Teil der Mitarbeiterschaft über Leiharbeitsfirmen abzudecken, sehe ich nicht ganz unkritisch, auch wenn man – Hand aufs Herz! – sagen muss, dass es in Sachen Leiharbeitnehmer in Österreich ja deutlich besser aussieht als zum Beispiel in England. In Österreich ist es selbstverständlich, dass von Tag 1 an dieselben kollektiv­vertraglichen Grundlagen gelten; die Engländer wollen das absolut nicht wahrhaben. Das ist mit ein Grund, warum die Leiharbeitnehmer-Richtlinie seit Jahr und Tag auf der europäischen Ebene „hängt“. – Das zum Schluss.

Wie gesagt: Das ist ein großes, ein wichtiges Paket, das den Standort Österreich wei­ter voranbringen wird und in diesem Sinne langfristig auch für bessere und sicherere


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 79

Arbeitsplätze sorgen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrä­ten der SPÖ.)

13.05


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.06.284. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird (140 d.B. und 152 d.B. sowie 7734/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Ta­gesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Frau Bundesrätin Kemperle übernommen. – Ich bitte um den Bericht.

 


13.06.37

Berichterstatterin Monika Kemperle: Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Damen und Herren des Bundesrates! Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – es fällt mir immer noch ein bisschen schwer, das Wort „Wirtschaft“ zuerst zu sagen, Herr Minister, es tut mir leid; ich bin eine ArbeitnehmerInnenvertreterin (Heiterkeit bei der SPÖ) – über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird, liegt Ihnen schrift­lich vor. Ich erspare Ihnen daher dessen Verlesung und komme gleich zum Antrag.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat den gegenständlichen Beschluss des Na­tionalrates in seiner Sitzung am 17. Juli 2007 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


13.08.03

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Wir alle haben ja nichts dagegen, wenn wir flexiblere Öffnungszeiten vorfinden. – Und was finden wir hier vor? – Dass man nun an Werktagen zwischen 6 Uhr und 21 Uhr aufsperren kann und dass man um sechs Stunden pro Woche länger offen haben kann.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 80

Aber sind hier wirklich alle Parameter bedacht worden? – Dass es hier Lobbying gege­ben hat, das uns diese Novellierung eingebracht hat, ist klar. Und ich denke oft daran – es werden heute nach mir zwei Wirtschaftskämmerer reden –, wie oft uns zum Beispiel die Bundeswirtschaftskammer sagt, wie wichtig die Kleinen sind, und wie oft ich von der ÖVP immer wieder höre: Wir müssen etwas gegen das Greißlersterben tun!

Was machen wir hier? – Wir machen hier ein Shoppingcenter-Unterstützungsgesetz, ein Großmarkt-Unterstützungsgesetz. Das sind nämlich jene, die dieses Gesetz aus­nützen können, und nicht die Kleinen. Die Kleinen werden diese Öffnungszeiten auf Dauer nicht mehr durchstehen: Entweder sie beuten sich aus, oder sie sind nicht kon­kurrenzfähig. Sie beuten sich innerhalb ihrer Familie zu dann letztlich absurden Um­rechnungen aus, nämlich, was es noch abwirft, wenn man trotzdem versucht, so wie die Großen um 6 Uhr zu öffnen. – Das bringt es letztlich nicht! Es zeigen ja auch die Studien immer wieder, inwieweit eigentlich der Bedarf da ist.

Ich meine, das, wofür wir hier wahrscheinlich alle sind – so hoffe ich zumindest, Frau Präsidentin Zwazl –, ist, dass jede Gesellschaft eine kollektive Auszeit braucht. Auch wenn es immer wieder den Griff nach dem Sonntag gibt, braucht eine Gesellschaft eine kollektive Auszeit. Wir seitens der Grünen haben immer gesagt, wir brauchen zum Beispiel in Wien so etwas wie einen 24 Stunden pro Tag offenen Night Shop pro Be­zirk. Wenn Sie heute an einem Sonntag zum Billa am Julius-Tandler-Platz gehen, dann haben Sie das Gefühl, dass wir eine Stunde vor Kriegsausbruch stehen (Heiterkeit bei den Grünen), und Sie warten ungefähr eine halbe Stunde lang, dass es Ihnen über­haupt möglich ist, ein Einkaufswagerl zu ergattern. – Das alles muss man ja nicht so machen!

Wenn man zum Beispiel in Wien einen solchen Shop pro Bezirk oder in Graz meinet­wegen vier Stück oder in Linz fünf Stück davon eröffnet – auch was die großen Märkte betrifft; das kann man ja einteilen, wer in welchem Bezirk einen eröffnet, das kann man ja innerhalb der Branche aufteilen: so viele bekommt Billa, so viele bekommt Spar und so weiter –, dann nimmt man ja etwas heraus, aber mit der Regelung, die wir heute haben, ist das eine generelle Ausdehnung, bei der der Greißler nicht mehr mithalten kann. Er kann da einfach nicht mehr mit Gattin und vielleicht einem Kind von 6 Uhr bis 21 Uhr mitspielen. Da müsste er dann vielleicht Montag und Dienstag zusperren. Ich kenne auch solch einen Greißler, der das bereits sehr phantasievoll macht, aber man sieht, welche Ausbeutung das bereits jetzt ist.

Das Zweite ist: Ich nehme an, der Herr Bundesminister wird heute sagen: Ich werde dem zweiten Titel meines Ressorts gerecht, ich schaffe Arbeit! – Ja, aber Sie verteilen die Arbeit ja nur! Sie schaffen hier sehr viele Teilarbeitszeiten. Sie schaffen Teilarbeits­zeiten insbesondere für Frauen, und diese Summen an Teilarbeitszeiten für Frauen rä­chen sich dann, wenn man ein lebenswertes Auskommen am Ende eines Arbeitsle­bens, in der Pension, braucht – da werden sie dann mit den Teilarbeitszeiten nicht mehr das Auslangen finden. Außerdem verunmöglichen Sie mit diesen vielen Teilar­beitszeiten bei den Frauen auch, jetzt auch aus dem Blickwinkel der Wirtschaft, eine entsprechende Kaufkraft.

Wir haben überhaupt nichts gegen phantasievolle Regelungen, wie ich das vorher schon mit den Night Shops oder mit einem „24 Stunden-Shop“ in einem größeren Rah­men angedeutet habe, wir haben überhaupt nichts dagegen, dass wir in Tourismusge­bieten oder zu ganz speziellen Zeiten Ausnahmen machen, aber wenn wir heute Spar oder Billa anschauen und die Wurstverkäuferin, die dort bis 21 Uhr arbeitet, mit dem Zusammenräumen wird es vielleicht schon fast 22 Uhr, dann soll sie nach Hause ge­hen, hat dort vielleicht ein Kind, das irgendjemand in der Zwischenzeit betreut hat oder auch nicht?!


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Ich muss parallel dazu überlegen: Was heißt das regionalpolitisch? Was heißt das für den öffentlichen Verkehr? – Die Shoppingcenter sind ja irgendwo – jetzt muss ich wie­der vorsichtig sein bei der Wortwahl – am flachen Land, vor den großen Städten, plat­ziert, das heißt also, ich muss fragen: Der öffentlichen Verkehr, die Kinderbetreuungs­einrichtungen und so weiter und so fort, funktioniert das? – Das heißt, das zieht einen Rattenschwanz an Folgen nach sich, und die, so behaupte ich, sind hier nicht berück­sichtigt worden.

Das ist einer der Gründe, warum wir sagen, dieses Gesetz ist weder familienfreundlich noch frauenfreundlich und schützt die Kleinen nicht, Frau Präsidentin Zwazl; es schützt nur die großen Shoppingcenter und löst keines der sonntäglichen Probleme mancher Groß-Supermärkte.

Jetzt sind so viele Kämmerer nach mir gemeldet, die das alles wahrscheinlich begrü­ßen werden, daher bin ich neugierig, was uns die letzte Rednerin, Frau Blatnik, die ja keine Wirtschaftskämmerin ist und die diesem Gesetz zustimmt, aus ihrer Sicht zu der Familien- und Frauenfreundlichkeit dieses Gesetzes erzählen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.15


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


13.15.19

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Bundesrats-Kolleginnen und –Kolle­gen! Ich glaube, dass man auf dieses Gesetz wirklich sehr differenziert zugehen muss, und ich muss sagen, mein Vorredner von der grünen Fraktion hat hier viel Wahres aus­gesprochen.

Ich erinnere daran, dass Herr Kollege Kampl, aber auch unser heutiger Gast, Landes­hauptmann Voves, sehr genau erklärt haben, wie wichtig es ist, dass die Gemeinden – ich möchte das für die Städte auch sagen: dass die Stadtteile – weiter mit Leben erfüllt sind, dass dort Geschäftsflächen sind, die auch frequentiert werden, und – wenn ich als Oberösterreicher an das Mühlviertel, an das Innviertel und so weiter denke – dass es dort auch Versorgungsbetriebe, Handelsbetriebe gibt. Und da bin ich durchaus der Meinung meines Vorredners, dass man sehr differenziert an diese Sache herangehen muss, denn wenn es nur mehr große Einkaufscenter gibt – und dafür birgt dieses Ge­setzeswerk natürlich schon die eine oder andere Gefahr –, dann wird es irgendwo pro­blematisch.

Es ist natürlich so, dass, so glaube ich, auch von den Kleinen her durchaus eine Erwar­tungshaltung vorhanden ist, Herr Bundesminister, dass ein bestimmtes Regelwerk ge­geben ist. Ich sehe hier zum Beispiel das Offenlassen bis 21 Uhr an einem Einkaufs-Eventtag: Ich darf als Linzer sagen, dass dabei auch die sogenannte kleine Wirtschaft mitspielt, also auch viele kleine Filialgeschäfte oder selbständige Händler tun bei sol­chen Aktivitäten mit. Das ist durchaus etwas Positives.

Nur möchte ich eines zu bedenken geben: Wir hatten bisher eine Aufsperrzeit von bis zu 66 Stunden und haben jetzt 72. Schauen wir einmal in den vom Vorredner zitierten Lebensmittelhandel! Das sind ja eigentlich nicht 66 Stunden gewesen, Herr Bundesmi­nister, denn ich brauche ja, um ein Lebensmittelgeschäft aufzusperren, zumindest ein­mal eine halbe bis eine Dreiviertelstunde Vorarbeit, in der Feinkost eingeräumt wird, und nach Schluss des Geschäfts noch einmal diese Zeitdauer. Ich muss also, wenn ich an sechs Tagen in der Woche offen habe, zu den 66 Stunden noch einmal sechs Stun­den dazurechnen, und damit sind wir schon auf 72 Stunden. Und wenn wir jetzt auf 72


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 82

sind, so sind es dann eigentlich 78. Und wenn das ein kleiner Betrieb ist, mit der Fami­lie, mit einigen wenigen Mitarbeitern, dann wird es natürlich ein bisschen eng. Da bin ich durchaus der Meinung jener, die fragen: Wo ist da der Familiengedanke?

Mir hat Folgendes zu denken gegeben: Am letzten Sonntag war ein großartiges Inter­view der scheidenden amerikanischen Botschafterin zu lesen. Und wer einmal in Ame­rika war, der weiß ja, da gibt es überall diese Geschäfte, von denen mein Vorredner gemeint hat, irgendwie brauchen wir die; ich bin mir da nämlich gar nicht so sicher. In Amerika steht bei solchen Geschäften „24 Stunden“. Da hat die Frau Botschafterin ge­meint, sie braucht das eigentlich nicht. Sie war hier sehr glücklich, und ihr hat es gefal­len, dass sich die Menschen in diesem Land zu einem freien Sonntag bekennen.

In Linz hatten wir so eine Diskussion, Kollege Kneifel hat sie sehr aufmerksam mitver­folgt. Ich glaube, Gottfried, wir können auch damit leben, dass der große Spar-Markt am Bahnhof in Linz mit, wie ich glaube, 700, 800 Quadratmetern am Sonntag ge­schlossen hat. Ich glaube, es ist in Linz noch niemand verhungert oder hat keine Ge­tränke gehabt oder was immer – nötigenfalls gibt es ja noch die Tankstellen-Shops. Al­so ich denke, man sollte das wirklich sehr differenziert betrachten.

Gerade wir als Länderkammer sollten hier eine anwaltschaftliche Funktion für die Klein- und Mittelbetriebe haben, denn ich mache mir, ehrlich gesagt, keine Sorgen darum, wie es dem REWE-Konzern mit all seinen Untergliederungen von Mondo bis Billa und den großen Möbelhäusern und so weiter und so fort geht, sondern ich mache mir Sor­gen um die Klein- und Mittelbetriebe. Dort gibt es nämlich auch – und da kehre ich jetzt wieder ein bisschen zur Arbeitnehmerseite zurück – eine sehr enge Bindung zum Ar­beitnehmer/zur Arbeitnehmerin, denn dort sitzen sie nämlich wirklich in einem Boot, und wenn da einer nicht rudert, dann bewegt sich das ganze Boot nicht.

In diesem Zusammenhang würde ich Folgendes sagen – wir haben auch in unserer Fraktion darüber nachgedacht –: Ich weiß, diese Regelung ist sicher wichtig, und es kann mit solchen Aufsperrzeiten – ich glaube ein Kollege von der ÖVP hat das gesagt; du hast, glaube ich, erwähnt, dass der touristische Bereich bei dir, in deinem Bundes­land, ganz wichtig ist – auch zusätzliche Attraktivität für den Tourismusstandort, für die­nen Ort, für deine Stadt und so weiter gewonnen werden. Da bin ich auch voll d’accord, aber ich glaube, wir sollten hier ein Zeichen für jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen, die diese Betriebe aufrechterhalten.

Wir haben uns daher entschlossen, heute einen Entschließungsantrag abzugeben. Kollege Schöls – ich glaube, jetzt ist er gerade nicht da – hat gesagt, er werde sich in diesem Haus allem anschließen, wodurch es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mern besser geht. Dieser Entschließungsantrag – es wird ein Selbständiger Antrag sein, ich darf ihn daher nachher der Präsidentin überreichen – wird dann erst in der nächsten Sitzung, im Laufe des Wirtschaftsausschusses, abgehandelt. Ich habe mir aber bereits jetzt erlaubt, eine Fotokopie für den Herrn Bundesminister zu machen, denn es hindert Sie niemand daran, interministeriell so vorzugehen.

Ich darf ihn Ihnen ganz kurz zur Kenntnis bringen: Die Ausweitung der Öffnungszeiten, von der sich die österreichische Wirtschaft, insbesondere im Tourismusbereich, bes­sere Marktchancen erwartet, erfordert von den MitarbeiterInnen ein höheres Maß an Flexibilität. Gerade mittelständische, selbst im Betrieb tätige Unternehmer mit meist langjährigem Stammpersonal wissen, dass geänderte Arbeitszeiten für die Mitarbeite­rInnen nur möglich sind, wenn auch die Rahmenbedingungen passen. Dazu gehören Kinderbetreuungseinrichtungen, entsprechende Öffnungszeiten ebenso wie öffentliche Verkehrsmittel, die es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichen, auch noch nach einer längeren Öffnungszeit ihren Wohnsitz zu erreichen.


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Wir werden daher an die Bundesregierung herantreten – sofern es der Wirtschaftsaus­schuss das nächste Mal so befinden wird –: Die Bundesregierung wird ersucht, mit flankierenden Maßnahmen die Länder dabei zu unterstützen, Kinderbetreuungseinrich­tungen und öffentliche Verkehrsverbindungen, den erweiterten Öffnungszeiten ange­passt, zur Verfügung zu stellen. (Bundesrat Schennach: Aber Niederösterreich ist aus­genommen!)

Ich darf das unserer Präsidentin überreichen und habe auch noch eine Kopie des An­trags für den Herrn Bundesminister und würde Sie bitten, das in der nächsten Sitzung zu unterstützen.

Abschließend noch eines, weil das gerade mir selbst als Mittelständler immer ein gro­ßes Anliegen ist: Wir können, glaube ich, 24 Stunden aufsperren. Präsident Leitl zeigt immer gerne einen 10-€-Schein her – Sie werden ihn auch schon gesehen haben, Herr Bundesminister – und sagt, 6 dieser 10 € kommen bekanntlich aus dem Export. Ich ha­be mir jetzt so einen 10-€-Schein gebastelt, den habe ich ein bisschen „aufgeblasen“. (Der Redner hält ein vergrößertes Exemplar eines 10-€-Scheines in die Höhe.) Genau das funktioniert nämlich nicht. Es werden nämlich die Bürgerinnen und Bürger in die­sem Land nicht einen auseinander gedehnten 10-€-Schein haben, sondern im Sack des Konsumenten, der Konsumentin wird nicht mehr Geld drinnen sein, ob jetzt 24 Stunden aufgesperrt ist oder die Geschäfte nur von 9 bis 19 Uhr offen sind. – Das vielleicht noch abschließend als kleinen Anker, Herr Bundesminister, wenn Sie über Öffnungszeiten nachdenken. Ich weiß, Sie sind ein Freund des liberalen Gedankens in dieser Hinsicht, aber ich bitte Sie, hier auch an die kleinen Unternehmen, an die Mittel­ständler mit ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu denken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: War das eine Pro- oder eine Contra-Rede?)

13.23


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte. (Bundesrat Schennach: Das war eine Contra-Rede!)

 


13.23.08

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Kollege Schennach hat gemeint, er ist ge­spannt, was die beiden Kämmerer, die nach ihm reden, vom Zaun brechen werden. Er wird jetzt überrascht sein. Bei mir hat er übrigens übersehen, dass ein kleines C statt P, also contra statt pro, hinter meinem Namen steht. Er hätte also wissen müssen, dass ich bei diesem Gesetzesvorschlag nicht mitgehen werde.

Etwas erstaunt bin ich jetzt natürlich über meinen Vorredner, der ja wie ich auch in der Wirtschaftskammer Österreich sitzt, der eine Argumentationsnotbremse gezogen hat und jetzt letztlich etwas eingebracht hat, wonach er im Nachhinein dann argumentieren kann, warum er heute ja sagen muss, nämlich, dass zu einem späteren Zeitpunkt, wenn überhaupt, möglicherweise Maßnahmen folgen werden, die der Familienfeind­lichkeit dieses Gesetzes, das ja in Kraft treten wird, die Zähne ziehen werden.

Als einer, der einen Betrieb leitet, der 119 Wochenstunden offen hat, nämlich sieben Tage in der Woche mal 19 Stunden, von 7 Uhr in der Früh bis Mitternacht, weiß ich, was Familienfeindlichkeit bedeutet.

Ich sehe aber die Notwendigkeit im Tourismusbereich, diese Öffnungszeiten zu haben, denn es gibt Kunden und Gäste in meinem Hause, die um 7 Uhr ihr Frühstück haben möchten, weil sie berufstätig sind, und es gibt solche, die auch noch bis Mitternacht ihren Tag ausklingen lassen wollen.

Ich sehe aber keine Notwendigkeit, die bisherige Regelung von 66 Stunden im Handel, wo man es sich einteilen kann, einzukaufen, auszuweiten. Das nützt wirklich jenen


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 84

Großen, die es sich leisten können, mit Teilzeit, mit einem Radl in verschiedensten Ar­beitsbereichen zu hantieren, und das schadet den kleinen Handelsbetrieben, die ja bei uns vorwiegend auch noch am Lande tätig sind. Es gibt also die Möglichkeit im touristi­schen Bereich. Da bin ich mir auch sicher, dass hier Ausweitungen möglich sein müs­sen, denn der Gast – im Unterschied zu Einheimischen – kann es sich nicht so genau einteilen.

Zur Frage – weil wir in Kärnten diese Sonntagsöffnungszeiten bereits haben, auf Erlass des Landeshauptmannes –, wer am Sonntag einkauft: Es sind nicht vorwiegend die Touristen, es sind nicht vorwiegend jene, die nur sonntags freihaben, weil sie unter der Woche berufstätig sind, sondern es sind nämlich jene, meistens Pensionisten, die ge­nug Zeit hätten, die ganze Woche über einzukaufen, die aber, weil es so bequem ist, auch am Sonntag einkaufen zu gehen, hier einfach nachlässig hantieren.

Ich glaube, dass das ganze Gesetz auch eine Anlassgesetzgebung für den Bereich Wien darstellt, wo es einen Landeshauptmann Häupl gibt, der nicht den Mut hat wie der Landeshauptmann von Kärnten, der sehr wohl in Tourismusregionen im Sommer und im Winter eine Verordnung erlässt, mit der es möglich ist, diese Zeiten ausgeweitet in Anspruch zu nehmen. Auch an den Sonntagen vom 1. Mai bis zum 30. September sind in Kärnten die Öffnungszeiten der Geschäfte, wo es eine gewisse Anzahl an Nächtigungszahlen pro Gemeinde gibt, ausgeweitet. Das Gleiche gilt auch im Winter.

In Wien hat der Herr Landeshauptmann den dazu Mut nicht. Ich behaupte deshalb zum einen, dass es teilweise auch eine Anlassgesetzgebung ist, und zum anderen, dass es in erster Linie den Großen nützt.

Ich werde deshalb diesem familienfeindlichen Gesetz meine Zustimmung verweigern. (Beifall des Bundesrates Schennach.)

13.27


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Knei­fel. – Bitte.

 


13.27.13

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte im Zuge der Debatte um das Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird, noch einen wesentlichen Aspekt einbringen, der mir in der bisherigen Debatte un­terbelichtet erscheint und von dem ich glaube, dass wir ihn festhalten sollten, zumal die anderen Aspekte wirklich zur Genüge ausgebreitet und beleuchtet wurden.

Es steht im Bericht des Ausschusses unter Punkt 4: „Die geltenden Bestimmungen be­treffend die Sonn- und Feiertagsruhe werden beibehalten.“

Ich halte es für einen ganz wesentlichen Aspekt in dieser Debatte, dass wir uns den freien Sonntag erhalten. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Schimböck.) Das ist ein Bestandteil unserer europäischen Kultur, sicherlich auf Grund einer bestimmten Tradition, die entwickelt wurde und die einen gewissen Sinn hat. Es hat einen Sinn, dass unter der Woche gearbeitet wird, mehr oder weniger – das haben wir heute in die­ser Debatte auch verfolgt –, aber ich glaube, ein Tag sollte einfach für die Familie, für Vereinskontakte, für gesellschaftliche Kontakte, für die Pflege freundschaftlicher Bezie­hungen, wenn einer will, zur Religionsausübung und so weiter, zur Verfügung stehen.

Unsere Gesellschaft zerfällt, wenn wir uns den Sonntag auch noch aufteilen lassen, und ich begrüße es, dass sich eine breite Allianz gebildet hat, die sogenannte „Allianz für den freien Sonntag“, von Vertretern der Gewerkschaft, von Vertretern der Unterneh­merschaft, von Vertretern der Arbeiterkammer und anderer, und zwar auch religiöser, Gruppen und weiterer Organisationen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 85

Ich glaube, das ergibt einen Sinn, und ich halte es für wichtig, dieses ordnungspoli­tische Prinzip aufrechtzuerhalten. Wer denn sonst, wenn nicht wir als Vertreter unserer Bevölkerung, sollte auf diesen Aspekt hinweisen? – Ich glaube sogar, dass der freie Sonntag ein Produkt wäre, das europafähig ist, das auch für die Welt interessant wäre. (Bundesrat Schimböck: Bravo!) Das ist ein Bestandteil des europäischen Lebensmo­dells, das wir auch in der Zeit unserer Präsidentschaft so sehr in den Vordergrund ge­stellt haben. Gott sei Dank gibt es den freien Sonntag! (Präsident Mag. Erlitz über­nimmt wieder den Vorsitz.)

Ich sage hier, auch als Vertreter eines wirtschaftlichen Verbandes: Die Wirtschaft, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren, ist kein Selbstzweck. Die Wirtschaft ist Mittel zum Zweck, um für den Menschen bestimmte Bedürfnisse zu decken. Die Wirtschaft ist kein Selbstzweck. Und wenn wir uns zum freien Sonntag bekennen, geben wir wieder Orientierung. Ich bedanke mich ausdrücklich für diesen Kompromiss, für den Bundes­minister Martin Bartenstein eingestanden ist.

Es ist ein Kompromiss. Es gibt Leute, die sagen: Tag und Nacht öffnen – Late-Night-Shopping das ganze Jahr! Es gibt andere, die sagen: Nein, ganz eng halten! Und es gibt dann solche, die die Entscheidung treffen müssen. Ich bedanke mich für diese Ent­scheidung, die im Einvernehmen mit den Sozialpartnern mit sehr viel Gespür und Ge­fühl errungen wurde. Das wird uns in Österreich weiterbringen. Ich bedanke mich sehr herzlich für diese Entscheidungen und bei allen, die daran mitgearbeitet haben.

Ich möchte noch einen Aspekt erwähnen: Ich war vor kurzem bei einem psychiatri­schen Kongress in Linz. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der ÖVP.) – Ja, das ist ganz gut, wenn man sich das hin und wieder anhört. Der Leiter des Wagner-Jau­regg Krankenhauses in Linz, Primarius Dr. Schöny, hat dort gesagt, dass bereits mehr als 20 Prozent der Menschen in Österreich mehr oder weniger von psychiatrischen Er­krankungen betroffen sind. Ich führe das – und er hat das auch so begründet, ich be­richte nur darüber – auf eine zunehmende Entwurzelung des Menschen aus seiner Heimat, auf einen Mangel an Einbettung in die Gesellschaft, auf weniger soziale Kon­takte, keine richtig vertraute Umgebung mehr und einen Mangel an Identität zurück – einen Mangel an Heimat, einen Mangel an Identität, einen Mangel an sozialer Einbet­tung.

Ich kann ihm da nur recht geben. Ich glaube, dass das, wenn wir für den freien Sonn­tag eintreten, eine ausgezeichnete Perspektive für unsere Bevölkerung ist. Es gibt natürlich immer wieder Gruppen, die am Sonntag arbeiten müssen, wie etwa im Frem­denverkehr, im Gesundheitswesen, im Verkehrswesen und so weiter, aber es sind mei­ner Meinung nach ohnehin schon genug. Wir müssen diese Grenzen am Sonntag nicht bewusst noch weiter öffnen. Das ist in diesem Gesetz auch festgeschrieben, und dafür bedanke ich mich. Das hat Sinn, und das ergibt eine entsprechende Perspektive.

Insgesamt ist das, glaube ich, ein guter Kompromiss, dieses Öffnungszeitengesetz. Es sind alle betroffenen Gruppen eingebunden worden, und dazu sollten wir jetzt stehen. Ich glaube, dass das auch unsere Unterstützung und unsere Hilfe verdient. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Sodl.)

13.33


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Bundesrätin Blat­nik. – Bitte.

 


13.34.04

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Gospod president! Herr Mi­nister! Gospod minister! Selbstverständlich ist das keine leichte Materie. Wie schon meine Vorredner gesagt haben, es ist ein Kompromiss. Und ich gebe rundweg zu,


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 86

dass ich betonen muss, dass nicht alle unsere Wünsche und Vorstellungen in diesem Kompromiss zu finden sind. Es ist halt ein Kompromiss.

Selbstverständlich könnte man sich – und das vor allem aus frauenpolitischer Sicht –mehr vorstellen und mehr wünschen: mehr Geld für die Beschäftigten im Handel. Wir wünschen uns einen gesetzlich verankerten Mindestlohn, der eine Garantie dafür ist, dass man mit dem eigenen Einkommen auch ein Auskommen findet. Wir wünschen uns selbstverständlich weniger zusätzliche Arbeitsbelastung, und selbstverständlich wünschen wir uns auch, aus unserer Sicht, dass der Mehrleistungsstundenzuschlag von 25 Prozent ein höherer wäre. Natürlich würden wir uns notwendige und bessere fa­milienpolitische und arbeitszeitrechtliche Begleitmaßnahmen wünschen. Wir streben ein Elternzeitmodell für Eltern bis zum zehnten Lebensjahr ihres Kindes an, flexiblere Öffnungszeiten in den Kinderbildungseinrichtungen, und natürlich würden wir uns eine Sicherung der Nahversorgung wünschen.

Es wäre auch falsch zu sagen, dass dies eine Verbesserung für die Klein- und Mittel­betriebe ist. Es geht leider zulasten der Klein- und Mittelbetriebe. Faktum ist aber auch, dass wir die Augen nicht davor verschließen können und dürfen, dass die negativen Auswirkungen des Globalisierungs- und Flexibilisierungsdrucks nicht aufzuhalten sind. Es gibt noch viele nicht gelöste Probleme. Hier sind die Politik und die Sozialpartner aufgefordert, auch die anderen, noch ungelösten Probleme zu lösen. (Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.) – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Barten­stein. – Bitte.

 


13.37.15

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Die Themen Ladenöffnung und Liberalisierungsschritte in diesem Bereich gehören ja zu den besonders sensiblen Fragen. Die Grundlage für diese Gesetzesnovelle wurde eigentlich schon damit gelegt, dass die letzte Novelle von den Ländern nicht oder nur zu einem sehr kleinen Teil genützt wurde, respektive die Länder ihre Möglichkeit aus­genutzt haben – sehr weitgehend –, die Liberalisierungsschritte, die getroffen wurden, einzuschränken.

Wovon spreche ich? – Die letzte Novelle hat es ermöglicht, eine Ladenöffnung bis 21 Uhr gewissermaßen als Bundesstandard zuzulassen, mit der Möglichkeit für die Länder, entweder auszuweiten oder auf den alten Status einzuschränken. Es haben mit Ausnahme Niederösterreichs alle Länder eingeschränkt, wiederum auf 19.30 Uhr. Einige Bundesländer, wie zum Beispiel Wien, haben gesagt, ein, zwei Abende pro Wo­che geht es doch bis 21 Uhr. Aber ansonsten wurde eingeschränkt, de facto also der Status quo fortgeschrieben.

Das war nicht im Sinne des Bundesgesetzgebers, und daher mein Vorstoß im Zuge der Koalitionsverhandlungen, einen neuerlichen, gleichzeitig aber maßvollen Liberali­sierungsschritt zu setzen. Auch hier haben die Sozialpartner einen wichtigen Input ge­leistet, aber ich gebe gerne zu, dass mein Co-Verhandler Bürgermeister Häupl und ich über den Sozialpartnervorschlag hinausgegangen sind, nicht nur was die 72 Stunden anbelangt, sondern auch was die 21-Uhr-Regelung betrifft. Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich aber, dass die Sozialpartner im Endeffekt auch die­se Novelle zumindest im Wesentlichen mittragen können, die Koalitionspartner allemal.

Ich bin da gerne auch, sehr geehrte Frau Bundesrätin, der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft. Abgesehen davon, dass das ohnehin immer wieder verwechselt wird,


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 87

können wir das gerne halbe-halbe machen, wenn es der gute Amtskalender nur aus­hält.

Wenn Herr Bundesrat Schennach in seiner sehr differenzierten Stellungnahme meinte, es würde an manchen Stellen Österreichs, zum Beispiel am Julius-Tandler-Platz, so aussehen, als würde ein Krieg oder irgendeine andere Ursache für eine Lebensmittel­verknappung bevorstehen, so viele Leute würden dort am Sonntag einkaufen, so ist das von der Analyse her richtig. Sie kennen das und wir wissen, wie es in manchen Landeshauptstädten auf den Bahnhöfen zugeht.

Nur, wie gehen wir mit diesem Thema um? – Das ist nicht so ganz unkritisch. Sie ha­ben von Billa und Spar gesprochen.

Erstens einmal: Es gibt nicht nur den „Billa“ und den „Spar“. Man kann nicht nur sagen, liebe Billas und Spars, teilt es euch auf, und damit haben wir es.

Zum Zweiten gibt es Interessengruppen, wie insbesondere die ÖBB, die zur Aufwer­tung ihrer Bahnhofsstandorte dort sehr gerne weitere Liberalisierungen haben wollen. Aber wie halte ich es dann mit demjenigen, der auch 50 oder 100 Meter vom Bahnhof entfernt gerne gut verdienen möchte? Ist das Wettbewerbsgleichheit? – Natürlich nicht. Schaffe ich hier Sonntagskonzessionen, die ich dann versteigern muss? Würden dann nicht ohnehin wiederum die Großen zum Zug kommen?

Wie wäre das in meiner Kärntner Urlaubsgemeinde am Millstätter See, wo die Ge­schäfte am Sonntag selbstverständlich offen haben, sonst würden Hunderte deutsche und holländische Camper vermutlich verhungern und ganz, ganz sicher verdursten? Wie würde ich es dort also handhaben? Das ist eine sehr sensible Geschichte. So ge­sehen kann die Antwort auch nicht sein: Am Sonntag haben alle zu, nur die Tankstel­len, die machen es dann. Auch das ist nicht im Sinne des Erfinders, denn an Tankstel­len sollte man tanken, aber nicht unbedingt am Sonntag den Lebensmitteleinzelhandel betreiben. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

All diese Probleme im Kopf habend glaube ich, dass diese Novelle, wie sie jetzt auf dem Tisch liegt, erstens einmal breit mitgetragen wird. Auch Häupl und ich sind von Anfang an davon ausgegangen, dass am Sonntag alles beim Alten bleibt. Lieber Bun­desrat Kneifel, du hast völlig recht, es arbeiten schon eine Menge Leute am Sonntag, Hunderttausende, und sie werden das weiter tun. Vergessen wir hier nicht diejenigen Menschen in Durchfahrbetrieben, die deswegen auch immer wieder sonntags arbeiten, weil es im weltweiten Wettbewerb vielfach nicht anders ginge! Allerdings haben sie dann entsprechende Ausgleichszeiten; Arbeit am Sonntag wird ja auch deutlich besser bezahlt, im Regelfall mit hundertprozentigen Zuschlägen, soviel ich weiß. Auch diese Leute sollten wir nicht vergessen!

Aber im Bereich des Handels wollen wir hier, wie gesagt, alles beim Alten lassen. Das wird auch – alle erreichen Sie nie – von den großen Ketten und von einer deutlichen Mehrheit der großen Anbieter im Handel mitgetragen. Es ist nicht so, dass ich täglich Lobbyisten vor meinem Büro hätte, die meinen, „an einem Sonntag muss aufgemacht werden“, oder „wir brauchen hundert Stunden“ oder Ähnliches mehr. Ich denke, dass wir bis auf Weiteres mit dieser Regelung und mit den 72 Stunden pro Woche das gute Auslangen finden werden; da sehe ich jetzt einmal auf einige Jahre hinaus keinen Handlungsbedarf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluss kommend möchte ich dem Bundesrat noch berichten, dass wir Koalitionsverhandler zwar, wie schon gesagt, über den Sozialpartnervorschlag hinausgegangen sind, dass wir aber auf der anderen Seite mit der Ministerratsbeschlussfassung gewartet haben, bis die Sozialpartner den ein­schlägigen Kollektivvertrag ausverhandelt haben.


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Es gibt zu diesem Gesetzeswerk einen einschlägigen Kollektivvertrag. Dieser wurde an einem Dienstag fertig verhandelt, am Mittwoch haben wir dann im Ministerrat die Ge­schichte beschlossen, und jetzt erfährt sie wahrscheinlich oder mit Sicherheit im Bun­desrat in ein paar Minuten dann den endgültigen legislativen Sanktus – also ein Schritt in die richtige Richtung und gleichzeitig ein maßvoller Schritt, sonntags bleibt alles beim Alten. Aus meiner Sicht ist das auch ein Schritt, der von breiten Teilen nicht nur des Handels, sondern auch der Sozialpartnerschaft und der Koalition mitgetragen wird. So gesehen ist das auch ein Schritt, der nicht nur gegenüber den Konsumenten als Konsumenten, sondern auch gegenüber den Konsumenten als Familienmitgliedern gut zu verantworten ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.44


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist damit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Dann gelangen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.44.555. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006 geändert wird (127 d.B. und 186 d.B. sowie 7730/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zu Tagesordnungspunkt 5.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


13.45.10

Berichterstatter Franz Perhab: Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des National­rates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabege­setz 2006 – BVergG 2006 geändert wird, liegt schriftlich vor. Ich darf mich daher kurz fassen:

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich bedanke mich beim Berichterstatter.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


13.45.58

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Betreffend Ladenöff­nungszeiten kann man sich dem Thema ja differenziert annähern, jetzt beim Bundes­vergabegesetz ist es einfach ein Ärgernis. Herr Kollege Mayer ist ja der SPÖ hier schon im Ausschuss zu Hilfe gekommen und hat gemeint, mein Gott, sie seien klüger


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geworden. Es ist auch ein Ärgernis in Richtung der SPÖ, sage ich hier ganz offen und ehrlich. Ich meine, die Eurofighter überdecken alles, aber dass man hier, kaum dass man in der Regierung sitzt, so mir nichts, dir nichts, gemeinsame Initiativen der letzten Jahre beiseite schiebt und einfach vergisst, das ist einfach ein Ärgernis.

Was heißt denn „Bundesvergabe“? – „Bundesvergabe“ heißt, dass man durch das Ver­gabegesetz in viele Richtungen steuern kann. Man kann sozial steuern, man kann öko­logisch steuern, man kann steuern im Sinne der Nachhaltigkeit. All das fußt derzeit auf den Bestimmungen des Jahres 1998. Es war 2004 etwas, das die damalige Opposition von SPÖ und Grünen der Regierung abgerungen hat. Die damalige Opposition hat der Regierung abgerungen, dass Leitlinien für die ökologische Beschaffung erlassen wer­den, und zwar abgerungen beim Vergabegesetz 2006, das 2005 beschlossen wurde. – Und bis heute liegt das nicht vor!

Jetzt wird ein Bundesvergabegesetz vorgelegt, wo es das wieder nicht gibt. Seit 2004 werden Leitlinien für die ökologische Beschaffung versprochen, 2005 schafft die Oppo­sition, dass das gemeinsam beschlossen wird – und nichts ist. 2007 wird ein Bundes­vergabegesetz einer neuen Regierungskonstellation beschlossen – und nichts ist. Das ist unverständlich!

Der Rechnungshof hält bei seiner Prüfung 2006 zur Nachhaltigkeitsstrategie fest, dass das nicht da ist und eingefordert werden soll. Wo sind die gesamtwirtschaftlichen und ökologischen Effekte? Der aktuellste Umweltkontrollbericht sagt ebenfalls, wir brau­chen Leitlinien im öffentlichen Beschaffungswesen, um emissions- und verbrauchs­arme Kraftfahrzeuge anzuschaffen.

Jetzt haben wir den Umweltkontrollbericht, den Rechnungshof, wir haben die Wil­lensbildung, zu gemeinsamen Leitlinien zu kommen – und von alldem ist nichts da. Sie werden jetzt sagen: Na ja, aber wir haben ja wenigstens die Energieeffizienz da hinein­geschrieben. – Ja, aber auf welcher Basis? Die Energieeffizienz, die hier festgehalten wurde, ist ja irgendwie der geringste Level, den man gerade noch finden konnte oder der vielleicht gerade noch irgendwo durchgegangen wäre.

Eine SPÖ in der Opposition wäre mit dieser Energieeffizienz nicht einverstanden ge­wesen. Wir vergeben hiermit eine enorme Chance; zum Beispiel die Chance für Pro­dukte von TransFair, die Chance im Bereich der Nachhaltigkeit, der Umwegrentabilität, der ökologischen Grundlinien, die in ein Beschaffungswesen hineinkommen.

Wenn etwas verändert werden soll – ökologisch, sozial, von den Grundprinzipien –, dann muss man doch sehen, dass es sich hier um einen der größten Auftraggeber handelt, die das machen können. Das ist ein Bundesvergabegesetz, und der Bund ist ein megamäßiger Auftraggeber. Er kann Dinge fördern, er kann Entwicklungen anzie­hen, er kann mit gutem Beispiel vorausgehen – oder er macht es dermaßen halbherzig wie in diesem Fall: Seit 2004 versprochene Leitlinien der Bundesvergabe – wir haben 2007, und es ist wieder nichts da! Die Regierung hat gewechselt, aber es ist von alle­dem nichts zu sehen. Ein bisschen Energieeffizienz – das war’s.

Das, meine Damen und Herren, ist ärgerlich! Das ist einfach nur ärgerlich. Während man bei den Öffnungszeiten unterschiedliche Dinge abwägen kann, ist etwas, das är­gerlich ist, nichts anderes als ärgerlich, und deshalb sagen wir hier laut und deutlich: Nein! (Beifall bei den Grünen.)

13.51


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Todt. – Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 90

13.51.19

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Kollege Schennach, Energieeffizienz – das stimmt zum Teil schon, was du sagst, aber man kann diese Leitlinien auch in Artikel-15a-Verträge hi­neingeben, und in diesen 15a-Verträgen kann man auch die Frage der ökologischen Beschaffung mitberücksichtigen.

Im Grundsatz beschäftigen wir uns heute mit dem Bundesvergabegesetz, weil der Ver­fassungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen festgestellt hat, dass die Gebührenre­gelung verfassungswidrig war. Es liegt uns nunmehr ein umfangreiches Regelwerk vor, ein Gesetzeswerk, das sich mit den Vergaberegeln auseinandersetzt; Regeln, die Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen betreffen. Dieses Gesetz wird Rechtssi­cherheit geben. Gerade bei Vergaben der öffentlichen Hand ist ein besonderes Maß an Objektivität und Transparenz gefordert. Aber im Zusammenhang mit der heimischen Wirtschaft sind Kontroversen auch vorprogrammiert. Es sind – und das ist erfreulich – sehr viele Anregungen der Städte, Gemeinden, der Länder und besonders der Sozial­partner eingearbeitet worden, sodass dem Praxisbezug besonders Rechnung getragen wurde.

Bereits beim Bundesvergabegesetz 2002 hat sich gezeigt, dass Anpassungen erfor­derlich sind. Ihren Ursprung haben diese Anpassungen in den materiellen Vergabe­richtlinien der Europäischen Union. Schon beim Bundesvergabegesetz 2006 hat es eine rege Beteiligung am Begutachtungsverfahren gegeben. Das zeigt, welche Bedeu­tung diese Rechtsmaterie hat.

In dem vorliegenden Gesetz sind die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes ent­halten, und es wurden legistische Bereinigungen und rechtliche Klarstellungen vorge­nommen.

Ich darf noch ganz kurz auf die Kommunen zu sprechen kommen. Diese sind gerade beim Vergabegesetz ganz besonders gefordert. Fehler sollten vermieden werden – bei einem Regelwerk mit über 300 Paragraphen ist dies keine leichte Aufgabe.

Wenn man das Investitionsvolumen der Kommunen betrachtet, bekommt man eine Vorstellung davon, welchen Beitrag die Städte und Gemeinden unter Verwendung des Bundesvergabegesetzes leisten. Die österreichischen Gemeinden und Städte bestrei­ten 50 Prozent aller öffentlichen Investitionen – ohne Wien.

Kollege Schennach hat schon betont, und auch ich möchte noch einmal hervorheben, dass in dieses Gesetz der Verweis auf die Energieeffizienz als ökologischen Aspekt mit aufgenommen worden ist.

Das Gesetz wurde zwischen Bundesministerium, Bundeskanzleramt und der Bundes­wirtschaftskammer akkordiert. Ich meine, dass mit diesem Gesetz ein vernünftiges Re­gelwerk vorliegt, das vor allem zum Ziel hat, ein handhabbares und praxisorientiertes Gesetz zu sein.

Wir stimmen diesem Gesetz zu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.55


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Ich erteile ihr dieses.

 


13.55.13

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Todt, die Änderungen aufgrund des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses waren not­wendig und sind auch ordentlich durchgeführt worden, aber wir werden dennoch nicht


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zustimmen. Der Grund dafür ist ganz einfach: Es hat 2004 einen Entschließungsantrag gegeben, die öffentliche Vergabe soll ökologisiert werden – und bis jetzt ist nichts pas­siert! Wie lange sollen wir noch warten, um nicht zustimmen zu können, um zu sagen: Das passt uns nicht!, um uns zu ärgern? Wie lange sollen wir jetzt warten, um uns zu ärgern? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Bitte macht es nächste Woche, dann sind wir zufrieden und stimmen zu!

Kollege Todt hat schon kommentiert, wie wichtig die öffentliche Vergabe ist, und insbe­sondere die Kommunen angesprochen. Ich würde sogar sagen, die öffentliche Verga­be und die Bestimmungen zur öffentlichen Vergabe sind auch marktbestimmend, und gerade deshalb ist eben die Ökologisierung der öffentlichen Vergabe besonders wich­tig und darf nicht nur ein Schlagwort bleiben. Und gerade deshalb ist auch die Energie­effizienz zu berücksichtigen; sie ist zu berücksichtigen, nicht: sie darf berücksichtigt werden. Das ist der kleine feine Unterschied, der uns wirklich stört. Solange nämlich nicht verpflichtend vorgeschrieben ist, dass man nach ökologischen Kriterien vergibt, solange es da nicht einen gewissen Druck gibt, so lange wird in den Gemeindestuben nichts geschehen.

Ich sitze auch im Gemeinderat – bin zwar keine Bürgermeisterin, werde ich auch nie werden mit meiner Parteizugehörigkeit; ist zumindest eher unwahrscheinlich –, und ich weiß, wie solche Vergaben vonstatten gehen. Da geht es dann um Kleinigkeiten, die kann man sich nicht mehr leisten, weil das Budget drängt. Es rechnet niemand nach, was die Investitionen dann mit sich bringen, wie ein Gebäude, das relativ günstig er­richtet worden ist, dann möglicherweise in den Betriebskosten ein großer Hammer wird für das Gemeindebudget. Das wird leider nach wie vor nicht berücksichtigt, weil es kei­ne Verpflichtung dazu gibt und weil in öffentlichen Medien und überall sonst immer nur die Rede von „Investitionskosten“ und nie von „Betriebskosten“ ist.

Ganz besonders schlimm wird es dann, wenn eine öffentliche Verwaltungsstelle ein Haus baut, zum Beispiel eine Schule, und eine andere für die Betriebskosten aufkom­men muss. Wo ist da der Anreiz, wirklich schon beim Bau an Energieeffizienz zu den­ken? – Das muss gesetzlich festgeschrieben werden. So, wie das jetzt festgeschrieben ist, können wir damit nicht zufrieden sein.

Eine Folgekostenrechnung über die Lebensdauer eines Produkts müsste in der öffentli­chen Vergabe meiner Meinung nach Standard sein, anderenfalls hört sich nämlich die Nachhaltigkeit in der öffentlichen Vergabe dort auf, wo die Budgetmittel knapp werden. Das ist leider so.

Was schon bisher im Gesetz gestanden ist: „Im Vergabeverfahren ist auf die Umwelt­gerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen. Dies kann insbesondere durch die Be­rücksichtigung ökologischer Aspekte bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festle­gung der technischen Spezifikationen oder durch die Festlegung konkreter Zuschlags­kriterien mit ökologischem Bezug erfolgen.“ – Das ist schon bis jetzt dringestanden.

In den Erläuterungen wird dann eine Viertelseite lang erklärt, dass jetzt mit diesem Ge­setz auch die Energieeffizienzrichtlinie umgesetzt oder zumindest teilweise umgesetzt wird. Wenn man dann schaut, ob man diese Viertelseite auch im Gesetzestext findet, kann man nur staunen: Das Einzige, das sich geändert hat, ist, dass nach den „ökolo­gischen Aspekten“ im Gesetzestext ein Klammerausdruck kommt, und zwar „(wie etwa Energieeffizienz)“. – Also das ist eine Erklärung für alle, die noch nicht gewusst haben, dass Energieeffizienz etwas mit Ökologie zu tun hat. Das haben, glaube ich, aber in­zwischen schon alle oder fast alle verstanden.

Was wir deshalb nicht verstehen, ist, dass es trotz aller Probleme, die wir im Bereich des Klimawandels haben, trotz aller Probleme, die wir mit der Endlichkeit der Ressour­cen haben, noch möglich ist, dass wir jetzt ein Vergabegesetz beschließen, in dem


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eben diese ökologischen Aspekte der Energieeffizienz nur in „Bedacht genommen wer­den können“. Dass man sie berücksichtigen muss, das würden wir uns wünschen.

Das, was jetzt festgeschrieben ist, ist uns zu wenig. Und solange es in den Gemeinde­stuben und in den Ministerien und in der Landesverwaltung eher darum geht, über Kli­mawandel und Energieeffizienz zu reden, als danach zu handeln, wird es uns auch zu wenig bleiben, und deshalb stimmen wir nicht zu. (Beifall bei den Grünen.)

13.59


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mayer. – Ich erteile es ihm.

 


14.00.01

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Lieber Kollege Schennach! Ich bedanke mich ausdrücklich für die Erwähnung, dass ich der SPÖ im Ausschuss zu Hilfe gekommen bin. Das zeigt auch meine soziale Einstel­lung und die Gemeinsamkeit der Koalition – das möchte ich hier untermalen und unter­streichen.

Die Gebührenregelung in diesem Bundesvergabegesetz ist also aufgehoben worden – das haben wir schon mehrmals gehört und zur Kenntnis genommen, das muss ich nicht mehr extra ausführen. Besonders erwähnenswert ist für mich auch, dass dieses Ergebnis zusammen mit den Interessenverbänden und vor allem auch mit den Ländern zustande gekommen ist, wobei auch hervorzuheben ist, dass die Bundesländer bereits im Jahr 2000 ihren Beitrag geleistet haben, weil wir als Länder damals auch sehr viel zur Kompetenzbereinigung beigetragen haben.

Ich darf aus dem Bundesvergabegesetz 2002 kurz zitieren:

„Der Bund hat den Ländern Gelegenheit zu geben, an der Vorbereitung von Gesetzes­vorhaben in Angelegenheiten des Abs. 1 mitzuwirken. Nach Abs. 1 ergehende Bundes­gesetze, die Angelegenheiten regeln, die in Vollziehung Landessache sind, dürfen nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.“

Schon damals hat Vizepräsident Jürgen Weiss angemerkt, dass solche Bereinigungen keine Einbahnstraßen sein können, weil es genügend Beispiele gibt, wo sich der Bund aus Doppelgleisigkeiten mit den Ländern zurückziehen könnte. Das Bundesvergabege­setz sollte Modellcharakter auch in dieser Hinsicht haben. Und es untermauert den Wil­len der Länder, hier wirklich konstruktiv mitzuarbeiten.

Es gab auch einige technische Änderungen in diesem Gesetz, wie die Verringerung der Gebührensätze, Erleichterung bei statistischen Pflichten und der Administration.

Wichtig ist auch eine Anpassung – man höre und staune, weil von euch von der Grü­nen Fraktion das ja total in Abrede gestellt wird – an die Richtlinie für Energieeffizienz. Und damit wird der Weg vorgezeichnet, sage ich jetzt einmal, bei der Vergabe verstärkt auf ökologische Beschaffung zu achten. Energieeffizienz wird im Bereich der öffentli­chen Hand bereits in großem Umfang angewendet – ich habe dann einige Beispiele für Sie –; das entspricht ja auch der EU-Richtlinie für öffentliche Verwaltung.

Hier kann ich als Vertreter einer Vorzeigegemeinde – das ist auch ein Tipp für die Kol­legin Gemeinderätin Kerschbaum, die gerade so liebevoll telefoniert, wahrscheinlich mit ihrem Bürgermeister (Bundesrätin Kerschbaum: Nein, mit meinem Kind!) – einige Tipps geben, aus Sicht der Gemeinderäte, wie es die dreizehntgrößte Stadt Öster­reichs, nämlich Feldkirch, macht, denn wir haben bereits das Beschaffungswesen öko­logisiert und das entsprechend umgesetzt.

Sie kennen sicher Folgendes – weil es auch ein besonders schöner Name ist –: „Der grüne Einkaufswagen“. – Auch die Begrifflichkeit ist wunderschön: „Der grüne Ein­


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kaufswagen“! – Hier ist die Stadt Feldkirch zwei Mal bei einem Wettbewerb mit dabei gewesen, und wir haben bei der ersten Einreichung drei von fünf möglichen Einkaufs­wägen bekommen, und bei der nächsten Ausschreibung 2004 vier von fünf möglichen Einkaufswägen, was dieses ökologische Beschaffungswesen in der Gemeinde, für Ge­meinden anbelangt.

Ich kann jetzt auch noch aus dem Land Vorarlberg ein Beispiel bringen. Hier gibt es ein Konzept „ÖkoBeschaffungsService Vorarlberg“, wo alle Gemeinden Vorarlbergs die Möglichkeit haben, hier mitzuarbeiten, sich einzubringen, und wo der Umweltverband Ausschreibungen insbesondere für kleine und mittlere Gemeinden durchführt, um hier wirklich diese Vorgaben umsetzen zu können.

Man kann also, lieber Kollege Schennach, nicht generalisierend davon ausgehen, dass alles schlecht ist, was in diesem Bereich geschieht. Sie reden es schlecht, aber es ist nicht schlecht! (Bundesrätin Kerschbaum: ... das Bundesvergabegesetz! – Das, was ihr macht, ist eh super!)

Nehmen Sie Vorarlberg als Beispiel (Bundesrat Schennach: Schön, dass die Länder­vergabe funktioniert, ...!), und dann können Sie das auch in Ihren Ländern, in Ihren Be­reichen, in Ihren Gemeinden umsetzen. – Es funktioniert, weil wir hier auch das Bun­desvergabegesetz umzusetzen haben.

Ich möchte auch noch einen Punkt, der ganz, ganz wichtig ist, ansprechen, und zwar die Erleichterungen im Unterschwellenbereich: weil es nun nicht mehr notwendig ist, den zwingenden Widerruf aufrechtzuerhalten, und damit dem Auftraggeber ein ent­sprechender Gestaltungsspielraum eingeräumt wird. Das wird sicher zu beschleunigten Verfahrensszenarien führen.

In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass Vizepräsident Jürgen Weiss bereits bei der 688. Sitzung des Bundesrates am 6. Juni 2002 in weiser Voraussicht der Schwierigkeiten, die es bei dieser damaligen gesetzlichen Formulierung, was den Pas­sus des Unterschwellenbereiches anbelangt, geben könnte, einen Entschließungsan­trag eingebracht hat, in dem der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ersucht wird, zu beobachten, in welcher Weise sich die Ausdehnung des Rechtsschutzes auf den Bereich unterhalb der Schwellenwerte auswirkt, insbesondere ob es hier zu unvertret­baren Verfahrensverzögerungen kommt. – Deshalb war auch eine Änderung beim Un­terschwellenbereich eine wichtige Maßnahme in diesem Gesetz.

Wir stellen mit diesem Gesetz nicht nur die Verfassungskonformität her, sondern set­zen auch EU-Bestimmungen im Sinne der Lissabon-Ziele um.

Wir bringen dabei auch für unsere Wirtschaft einen entsprechenden Beitrag, sichern Arbeitsplätze in den Regionen und hoffen auch auf eine entsprechende Umsetzung des Entschließungsantrages des Bundesrates, der sich im Rahmen des Gesetzes bei der Beschaffung und Vergabe für die Stärkung der regionalen Wirtschaft und die Stär­kung der ländlichen Strukturen eingesetzt hat.

Deshalb werden wir diesem Gesetz gerne die Zustimmung erteilen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.05


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zum Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Silhavy. Ich erteile es ihr.

 


14.05.54

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Heidrun Silhavy: Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich möchte in meiner Wortmeldung die Ausführungen der Bundesräte Toth und Mayer unterstützen. Ich glaube, in beiden Beiträgen ist deutlich


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 94

hervorgekommen, warum wir diese Novelle angegangen sind: Auf der einen Seite geht es um Verfassungskonformität und um eine Neuregelung der Gebühren, auf der ande­ren Seite war es uns auch wichtig, die EU-Konformität, was unter anderem auch die Endenergieeffizienz anbelangt, umzusetzen.

Aber ich glaube, wesentlich, gerade auch für den Bundesrat, ist, dass diese Novelle dadurch zustande gekommen ist, dass die Länder, aber auch andere beteiligte Stellen aktiv mitgewirkt haben und auch ihre Ideen, ihre Anregungen in diese Novelle einge­flossen sind. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel und ein Beispiel guter Praxis, wie Gesetze entstehen und wie auch dann der Gesetzesvollzug in der Praxis sichergestellt wird, indem eben die vollziehenden Stellen bereits bei der Entstehung des Gesetzes und bei der Novelle einbezogen sind.

Vielleicht noch ganz kurz, Herr Bundesrat Schennach: Persönlich tut es mir leid, dass Sie verärgert sind – das ist ja bekanntlich nicht gesund für einen Menschen. (Bundes­rat Konecny: Vor allem bei dieser Hitze!) Aber ich hoffe, dass es sich nicht allzu nega­tiv auf Sie auswirkt. (Ruf: Hatschen tut er schon!) Es tut mir leid, dass Sie uns trotz all dieser positiven Punkte, auf die Sie nicht einmal eingegangen sind, hier das Nein erteilt haben und dass Sie sozusagen eine Chance vertan haben.

Ich darf Sie daran erinnern, dass es seit 1998 die Leitlinien für die Ökologisierung der Bundesverwaltung gibt (Bundesrat Schennach: Sehr alt!), dass es seit 2004 Bemü­hungen gibt, auch die Umweltzeichenrichtlinien in die Bundesvergabe hineinzubekom­men. Und weil es eben hier noch unterschiedliche Interpretationen gibt, haben wir auch fünf Pilotprojekte (Bundesrat Schennach: Das stimmt!), die bei der BBG angesiedelt sind. Ich weiß, dass Sie sich sehr genau vorbereiten, und ich nehme an, Sie werden auch in die Homepage der BBG hineingeschaut haben (Bundesrat Schennach nickt), sich diese fünf Projekte, die sich auf Verkehr und Fuhrpark, auf elektronische und Elek­trogeräte und IT, Papier und Hygienepapier, Energie und Reinigung beziehen – also wesentliche Punkte, die Sie eigentlich auch angesprochen haben, umfassen –, ange­sehen haben und wissen, dass diese Pilotprojekte auf drei Jahre ausgerichtet sind. Wir warten deren Ergebnisse ab. Sie wissen, dass es gerade, was die Umweltzeichenricht­linie anbelangt, sehr unterschiedliche Positionierungen gibt und daher die Erfahrungs­werte von besonderer Bedeutung sind.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass wir bereits seit 2006 eine grundsätzliche Ver­pflichtung aller öffentlichen Auftraggeber im Gesetz haben, bei der Beschaffung auf Umweltgerechtheit der Leistungen zu schauen.

Also ganz – das muss ich ehrlich gestehen – kann ich Ihren Ärger nicht nachvollziehen. Aber wie gesagt, ich wollte noch einmal auf die Punkte, die wir bereits berücksichtigt haben, hinweisen, und ich hoffe, dass Sie diese Punkte wenigstens anerkennen. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.08


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke, Frau Staatssekretärin.

Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird vom Berichterstatter noch ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Dann gelangen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein


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Handzeichen. – Ich stelle hier die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag ist somit ange­nommen.

14.09.356. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz, das ORF-Gesetz und das KommAustria-Gesetz ge­ändert werden (139 d.B. und 194 d.B. sowie 7731/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen zu Punkt 6 der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Roth-Halvax. – Ich bitte um Ihren Bericht.

 


14.10.00

Berichterstatterin Sissy Roth-Halvax: Sehr geehrter Herr Präsident! Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz, das ORF-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich stelle daher den Antrag des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus, der nach den Beratungen am 17. Juli 2007 mit Stimmeneinhelligkeit festgestellt hat, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke, Frau Berichterstatterin.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Sodl. Ich erteile es ihm.

 


14.10.42

Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Österreich nimmt die Vorreiterrolle bei Handy-TV ein. Das schafft für die Bevölkerung die Möglichkeit, mit einer neuen Technik mittels Handy Zugang zu Fernsehprogrammen zu bekommen. Mit einem Wort: Fernsehen überall! Ich halte das für einen guten und für einen wichtigen Schritt. Man soll und darf sich mo­derner Telekommunikation nicht entziehen.

Wir kennen die rasante Entwicklung in der Telekommunikation. Im vergangenen Jahr 2006 wurde „125 Jahre Festnetz Österreich“ gefeiert. Damit hat die einzigartige Erfolgsgeschichte der Telekommunikation begonnen, denn die Telekommunikation ist die Voraussetzung und die Grundlage des sozialen und des wirtschaftlichen Lebens.

Viele technische Quantensprünge gab es in diesem Zeitraum: Vom „Fräulein vom Amt“, sprich von der händischen Vermittlung, über den Selbstwählverkehr nach dem Zweiten Weltkrieg, das einheitliche „Wählsystem 48“, Anfang der siebziger Jahre die Errichtung der Erdfunkstelle in Aflenz, in den achtziger Jahren das neue digitale OES-System – Österreichisches Elektronisches System –, bis hin zum Startschuss für ISDN Anfang der neunziger Jahre; in der Folge der offensive Einstieg in das Internet.

Auch im Mobilfunkbereich gab es und gibt es eine rasante technische Entwicklung. Um nun zur neuen Technologie des Handy-TV zu kommen: Bereits im März 2007 wurde ein Testbetrieb für das mobile Fernsehen gestartet. Es liegen die Ergebnisse des Pilot­projektes auf dem Tisch, und diese sind sehr zufriedenstellend. Die Bild- und Übertra­gungsqualität begeisterte die Konsumenten und übertrifft alle Erwartungen. Aber auch Schwachstellen kamen bei dem Pilotprojekt zutage. So nannten die Tester neben den Akkubetriebszeiten und bedienerfreundlicheren Endgeräten Empfangsstörungen und Übertragungsverzögerungen als verbesserungswürdig. Die Betreiber des Pilotprojektes


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sind sich jedoch sicher, dass diese Schwachstellen mit dem Start des Echtbetriebs spätestens bis zur EURO 2008 beseitigt werden. Die Empfangsstörungen betrafen nur die Randgebiete.

Übertragen werden die Programme über Multiplexplattformen, wobei es technisch möglich sein wird, bis zu 20 Handy-TV-Programme und mehr auszustrahlen.

Was mich besonders freut und mir sehr wichtig erscheint, ist die Tatsache, dass Öster­reich hier eine Vorreiterrolle in Europa übernommen hat und dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden – neue, hochwertige und qualifizierte Arbeitsplätze in einem moder­nen Technologiebereich. Ein Grundsatz, den wir verfolgen sollten: wo immer es mög­lich ist, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen und dabei nicht in Konkurrenz mit Nied­riglohnländern zu treten.

Mir erscheint es sehr wichtig, dass die neue Telekommunikation Handy-TV für die Kon­sumenten leistbar wird. Wir wissen alle, dass dieses Angebot primär Jugendliche in Anspruch nehmen werden, und darum halte ich es für sehr wichtig, dass dieses Ange­bot nur mit Fixpreisen ausgestattet wird. Wir kennen die Problematik, dass die Handy-Benützung oft zur Verschuldung von Menschen und Familien führt.

Es hat sich auch ein gewisses Spannungsfeld zwischen dem öffentlich-rechtlichen Be­reich und den privaten Fernsehbetreibern herausgestellt. Ich glaube, es ist sehr gut gelungen, hier einen Ausgleich zwischen dem ORF und den Privaten zu erzielen. Der Start, wie wir schon gehört haben, des Echtbetriebes wird bis spätestens zu Beginn der EURO 2008 erfolgen. Besondere Interessenten haben dann die Möglichkeit, via Handy genau zu beobachten, wie erfolgreich Fußball gespielt wird und wie erfolgreich die ös­terreichische Nationalmannschaft ist. Wir wünschen uns einen ähnlichen sportlichen Erfolg wie jenen der U20 bei der WM mit dem burgenländischen Trainer Paul Gludo­vatz. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Himmer.)

14.15


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich erteile es ihm.

 


14.16.04

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Kollege Sodl hat ja das Wesentlichste schon fast alles gesagt. Er hat das von der Geschichte her aufgearbeitet, wie sich die Telekommunika­tion, seit es das „Fräulein vom Amt“ gegeben hat, weiterentwickelt hat. – Ich will ja nie­manden enttäuschen, aber in Österreich war das letzte „Fräulein vom Amt“ ein Mann; das hat die Geschichte so mit sich gebracht. – Es ist völlig richtig, dass die Telekom­munikation heute bei Weitem nicht nur mehr Sprachtelefonie anbietet, und Sie wissen alle, dass die meisten, die heute einen Festnetzanschluss zu Hause haben, diesen in­zwischen deshalb haben, damit sie ins Internet hineingehen können. Wenn Sie ins In­ternet hineingehen, haben Sie heute bereits die Möglichkeit, wie es Kollege Sodl ange­sprochen hat, auch Fernsehdienste in Anspruch zu nehmen. Das ist ein weiterer revo­lutionärer Schritt in der Entwicklung der Telekommunikations-Infrastruktur, und das ver­ändert natürlich auch das gesamte wirtschaftliche Umfeld in dieser Branche, und es verändert auch das User-Verhalten.

Auf der mobilen Seite hat sich auch einiges weiterentwickelt. Früher hat man auch nur das Mobiltelefon gehabt, dann sind Fotografiemöglichkeiten dazugekommen, dass man filmen kann, dass man ins Internet einsteigen kann, und jetzt ist es eben auch möglich, über Mobiltelefone Fernsehdienste in Anspruch zu nehmen. Das ist natürlich ein weiterer revolutionärer Schritt in der gesamten Konvergenz zwischen Telekommu­nikation und Medien.


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Diese Entwicklung ist natürlich auch eine tolle Chance für unterschiedlichste Content-Anbieter. Und wie das halt im guten, alten Wettbewerb der Fall ist, wird man sehen, was diese neue Technologie jetzt auszulösen imstande ist. Wir alle können es uns na­türlich anhand von Fußball am besten vorstellen. Ich gehöre da auch zu jenen, die sa­gen: Wenn ich ein solches Gerät verwende, dann möchte ich einfach, dass eine Mel­dung kommt, dass die Austria ein Tor geschossen hat, und dass ich mir das dann an­schauen kann. Ich weiß aber schon, das ist so wie beim Premiere-Fernsehen. Wenn es dort immer heißt, Tor irgendwo, weiß man aber nie, in welche Richtung das gegan­gen ist. Es kommt da immer zuerst der Schock, und dann schaut man, was es für ein Tor gegeben hat.

Was ich aber daraus ableiten möchte, ist im Prinzip Folgendes: Ich gehe nicht davon aus, dass man beim Handy-Fernsehen dasselbe User-Verhalten haben wird wie beim normalen Fernsehen – denn es wird sich keiner am Samstag am Abend vor sein Handy setzen und eine Flasche Wein aufmachen und einen Film anschauen. Daher wird ja auch die Frage sein: Was macht die Kreativwirtschaft mit neuen Formaten? Was entsteht hier an neuen Inhalten?

Was ich am vorliegenden Gesetzentwurf positiv finde, ist, dass hier eine koordinierte Vorgangsweise zwischen den Telekom-Betreibern, den Rundfunk-Veranstaltern und der entsprechenden Regulierungsbehörde gefunden worden ist. Es ist ein ganz we­sentlicher Schritt in die richtige Richtung. Wenn es dem ORF auch noch gelingt, die Rechte für die Fußball-EM zu bekommen, dann mag die Europameisterschaft ein guter Start sein. Wir haben zwar keinen burgenländischen Trainer bei der Nationalmann­schaft, aber vielleicht können wir dafür dann auch noch über das Semifinale hinaus­kommen.

In diesem Sinn werden wir dem Gesetzentwurf die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.19


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schen­nach. Ich erteile es ihm.

 


14.20.32

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Ich war ja beeindruckt, von Kollegem Sodl die lange Liste unserer Großartigkeiten zu hören. Die gibt es in die andere Richtung auch: Man muss­te zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gehen, damit Österreich ein privates Radio bekommt. Wir haben uns mit China und Albanien gerade noch duelliert, um ein privates Fernsehen in diesem Land zuzulassen. Das hat es überall auf der Welt schon gegeben, nur in Österreich nicht. Wir haben ORF International abgeschaltet. Und wir haben die Digitalisierung zu einem Zeitpunkt terrestrisch in einem Gesetz festgeschrie­ben, wo eigentlich schon die Satellitenwelt das Um und Auf war. Also, so großartig ist die Sache nicht.

Wir stimmen dem gerne zu. Es hat im Vorfeld einiges bedurft, um den ersten Entwurf, der ja ein wahrlich abenteuerlicher Entwurf war, in diese Form zu bekommen. Wir stim­men dem zu, aber ich muss ganz ehrlich sagen, Frau Bundesministerin: Das als erstes Gesetz, als erstes Mediengesetz?

Deutschland ist mit einer WM wunderbar gefahren und hat auch kein Handy-TV ge­habt. Muss man jetzt sagen, weil die EM kommt, brauchen wir das Handy-TV? – Soll es sein, mit all den Korrekturen, aber die Medienwelt hätte sich schon anderes erwar­tet! Sie haben hoffentlich auch die vielen Aussendungen und Reaktionen aus der Me­dienwelt gesehen, die gesagt haben: Nach einer so langen Periode schwarz-blauer


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Regierung kommt jetzt eine rote Medienverantwortliche – da waren viele mit großen Hoffnungen, was da kommen wird! –, und es kommt ein Handy-TV-Gesetz, das übri­gens anders als in Ihren Inseraten, Frau Bundesministerin, erst nach der heutigen Be­schlussfassung und auf dem Weg zum Bundespräsidenten in Kraft tritt und nicht schon in Kraft getreten ist, wie es in den Inseraten, in den Zeitungen derzeit zu lesen steht.

Nun, was war jetzt wichtig? – Es ist wichtig, dass man zwischen den technischen An­bietern und den Programmentwicklern trennt. Es ist schön, dass die Telekommunika­tion hier viele Möglichkeiten hat und auch in ihren eigenen Bereichen ja teilweise schon in die Programmentwicklung gegangen ist, aber es ist wichtig, dass man das hier trennt.

Kollege Himmer, ich wundere mich übrigens darüber, dass jemand aus der Privatwirt­schaft wie Sie so sehr hofft, dass gerade der ORF die Rechte bekommt! (Bundesrat Mag. Himmer: Das habe ich nicht gesagt!) – Oja, das haben Sie zum Schluss gesagt: Und jetzt können wir nur mehr hoffen, dass der ORF die Rechte bekommt! (Bundesrat Mag. Himmer: Für die Fußball-EM!) – Da gibt es unterschiedliche Anbieter, nur ... (Bundesrat Mag. Himmer: Ich gönne es jedem anderen auch!) – Wunderbar! Ich wollte das nur hören.

Es tut gut, zu hören, dass sich auch bei der ÖVP dieses duale System ganz im Be­wusstsein niedergelassen hat, das ja eine Veränderung erfahren hat: Früher haben wir gesagt, öffentlich-rechtliches Fernsehen finanziert sich aus Gebühren und Werbung – das ist dual. Mittlerweile, seit zehn Jahren, gibt es eine Metamorphose zwischen öffent­lich-rechtlich und privat – das ist jetzt dual. – Also gut.

Ich bin auch froh, dass der ORF jetzt nur mehr zwei Kanäle hat – von sechs auf vier auf zwei. Das ist eine ganz wichtige Sache. Nur, Frau Bundesministerin: Das Handy ist ein junges Medium, das vor allem die Jungen so zu bedienen wissen. Warum soll es nicht einen offenen Kanal für diese jungen Formate wie „okto“ und „gotv“ geben? Das sind nämlich genau die Sender, die Jugendliche über ein Handy abrufen würden. Nie­mand glaubt, dass ein Spielfilm oder ein ganzes Fußballspiel über ein Handy ange­schaut wird!

Was keiner meiner Vorredner gesagt hat: Es gibt 10 Prozent Werbung! Das heißt, da­mit kommt die Werbung auch über das Handy! 10 Prozent Werbung werden da mitge­liefert. Ich halte diesen Anteil für viel zu hoch, das sage ich Ihnen ganz offen.

Die drei ersten Testphasen bezüglich des Handy-TVs zeigen, wo die Leute derzeit das Handy-TV benützen – Kollege Himmer, Sie wissen es, wie ich glaube –, nämlich zu Hause! Das ist ein völliger Unfug! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) – Oja. Es gibt bereits die ersten tausend Auswertungen, und in erster Linie wurde es zu Hau­se probiert. Da habe ich aber an sich mein schönes Fernsehgerät und bräuchte eigent­lich nicht das kleine Gerät. Natürlich zum Ausprobieren!

Ich bin auch froh, dass die Entschärfung der Must-Carry-Regelung in dem Sinn zurück­genommen oder entsprechend gefallen ist. Ganz wichtig waren auch die Bestimmun­gen des Urheberrechts. Das sichert in der Form, wie es jetzt übernommen wurde, den Produzenten, den Künstlerischen, dass sie auch hier ihre Rechte haben.

Also, alles in allem ist das Gesetz so, wie es jetzt vorliegt, passabel, aber als erstes Gesetz, das die Medienministerin Doris Bures vorlegt, ist es meiner Meinung nach das falsche Gesetz, liebe Frau Bundesministerin, da warten einfach zu viele in dem Land darauf, dass Sie jetzt ein anderes Gesetz dringend vorlegen! Für diejenigen ist es eine Enttäuschung.

Wir wünschen diesem Gesetz alles Gute, deshalb tragen wir es auch mit. Mehr Con­tent in diesem Bereich ist nur wünschenswert. Die Entwicklung rollt ohnehin in einem


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hohen Tempo vorwärts – gerade in der Telekommunikation, in der Vielfältigkeit der Be­nützung. Das ist spannend!

Der Medienbereich an sich bräuchte aber einmal eine unabhängige Medienbehörde! Er braucht ein Förderungsinstrument für die freien und nicht kommerziellen Medien. Er braucht weiters eine echte Medienförderung, die unabhängig davon, ob nicht kommer­ziell oder kommerziell, alle elektronischen Medien und Printmedien zusammenfasst und einen großen Impuls schafft, so wie es in anderen Ländern auch gegeben ist. Das sind die Dinge, die wir in Wirklichkeit medienpolitisch ganz dringend brauchen. Es ist daher die Frage, ob eben das Handy-TV-Gesetz so sehr das vorrangige war.

Aber in diesem Sinne: Wir tragen es mit und hoffen, dass das Misstrauen zwischen den beiden Regierungsparteien nicht weitere Feststellungen braucht, wie sie im Natio­nalrat getroffen wurden, wo in einer Ausschussfeststellung festgehalten wurde – die drei Oppositionsparteien waren quasi als Notare dabei –, dass SPÖ und ÖVP verein­baren, miteinander zu reden. Ich finde das eine „großartige“ Geschichte! (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) – Mein lieber Kollege Mayer, wenn ihr die Opposition als No­tar braucht, dass SPÖ und ÖVP irgendwie reden, weil sie sich keinen Millimeter über den Weg trauen, und hier die Opposition fassungslos einer Feststellung zwischen zwei Parteien zuhören muss, ist das irgendwie absurd! Es steht drinnen: Wir reden dann im Herbst weiter. Wir reden im Herbst weiter, weil keiner dem anderen über den Weg traut! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Lieber Kollege Kühnel, genau Ihre Partei traut in medienpolitischen Fragen der SPÖ keinen Millimeter. Das formuliert auch Ihre Partei so. Reden Sie nicht so daher und grinsen Sie nicht so, als wüssten Sie nicht, wovon ich spreche! (Bundesrätin Roth-Halvax: Wovon?)

Frau Bundesministerin! In diesem Sinne erwarte ich, dass wir über die unabhängige Medienbehörde im Herbst hoffentlich zu einem Abschluss kommen. Ich wünsche Ihrem Handy-TV-Gesetz – das erst jetzt in Kraft tritt, nachdem es hier beschlossen wurde und der Bundespräsident unterzeichnet hat –, dass es jenen Erfolg hat, den Sie sich erhoffen. (Beifall bei den Grünen.)

14.29


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Bures. Ich erteile es ihr.

 


14.29.35

Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Erste, was ich in Erinnerung rufen möchte – ich denke, allen Bundesräten ist das auch bekannt –, ist, dass die neue österreichische Bundesregierung – so wie alle Regierungen – ein Regie­rungsübereinkommen abgeschlossen hat und dass in diesem Regierungsübereinkom­men Punkte enthalten sind, die Bundesrat Schennach angesprochen und eingefordert hat, nämlich, dass es eine unabhängige Medienbehörde in Österreich geben soll – auch deshalb, weil das ganz einfach europäischen Standards entspricht, die umzuset­zen sind.

Insofern kann ich Ihnen mitgeben, dass das nicht nur eine Absichtserklärung ist, son­dern ich zu den Regierungsmitgliedern gehöre, die ein Regierungsübereinkommen sehr ernst nehmen, und auch zu jenen gehöre, die sagen, das ist dann auch auf Punkt und Beistrich umzusetzen. Daher wird es zu dieser unabhängigen Medienbehörde kommen, ebenso wie zu einer neuen Medienförderung. Hier ist es allerdings ganz wichtig, sich auch die notwendige Zeit zu nehmen, weil es bei Förderungen im Medien­bereich – ob das in der Presse-, Publizistik- oder einer allgemeinen Medienförderung ist – ganz wesentlich ist, zu versuchen, zwei Elemente zu vereinen. Das eine ist, dass wir für Medienvielfalt und damit für Meinungsvielfalt sorgen. Auf der anderen Seite geht


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es aber auch um Wettbewerb. Das ist auch in dieser Ausgewogenheit zu sehen. Ich halte es für richtig, dass es hier Veränderungen geben soll, aber, wie gesagt, mit der richtigen Gewichtung.

Die Frage, ob es ein besonders ambitioniertes Anliegen ist, dass man sich in Öster­reich darum bemüht, jene gesetzlichen Maßnahmen zu schaffen, die einen technologi­schen Fortschritt ermöglichen, oder nicht, halte ich für eine sehr spannende Diskus­sion. Man könnte sich auch irgendwann einmal die Frage gestellt haben: Wozu brau­chen wir Fernsehen? Wir können ja Radio hören! Oder man könnte sich irgendwann einmal die Frage gestellt haben: Wozu brauchen wir einen Farbfernseher – der im Übrigen flächendeckend auch mit einem Fußballereignis 1974 auf den Markt gekom­men ist? Man kann ja auch schwarz-weiß sehen. 

Herr Bundesrat Schennach, insofern kann man sich natürlich die Frage stellen: Muss ich jetzt auch noch fernsehen am Handy? – Ich bin der Auffassung, es gibt den techno­logischen Fortschritt und es gibt die technologische Entwicklung, und ich als zuständi­ge Bundesministerin will die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen und dem nicht im Weg stehen. Daher halte ich es für eine medienpolitisch ganz wichtige Vor­lage, die hoffentlich heute – ich hatte schon ein bisschen Zweifel, ob es einstimmig wird – einstimmig beschlossen wird, damit wir jene gesetzlichen Bestimmungen schaf­fen, die einer technologischen Entwicklung nicht nachhinken, sondern mit denen wir dem technologischen Fortschritt tatsächlich gerecht werden.

Die heutige Beschlussfassung ist auch deshalb ein großer Erfolg, weil wir mit dieser rechtlichen Möglichkeit zur Avantgarde im medienpolitischen Bereich gehören werden. Es gibt ganz wenige europäische Länder, die erste Versuche gemacht haben, Handy-TV rechtlich in einen guten Rahmen zu bringen, aber in Wirklichkeit leisten wir hier in ganz Europa Pionierarbeit. Ich glaube, wir können stolz darauf sein, dass gerade im medienpolitischen Bereich Österreich – wie auch schon oft in der Vergangenheit – hier wieder eine Vorreiterrolle übernimmt.

Ich möchte in Ergänzung zu den Ausführungen Ihrerseits, denen ich mich großteils auch anschließen kann, vor allem den wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen As­pekt – nicht nur aus medienpolitischer Sicht; denn da liegen, wie ich glaube, die positi­ven Argumente auf dem Tisch – kurz ausführen.

Es ist so, dass mobile Dienste – und das trifft nicht nur das Fernsehen, sondern das trifft auch mobiles Internet, MP3-Player – ein ganz entscheidender Wirtschaftsfaktor sind und dass diese ganz entscheidend auch zu einer Stärkung der Wachstumsmärkte beitragen und vor allem für Beschäftigung sorgen. Ich glaube, das ist ein ganz wesent­licher Punkt, den wir nicht aus den Augen verlieren sollten. Wenn es uns gelingt, den Technologiestandort Österreich zu stärken, sichern wir auf der einen Seite Arbeitsplät­ze und schaffen auch in Zukunft neue Arbeitsplätze.

Mein ganz persönliches Interesse am Fußball 2008 – das kann ich Ihnen versichern! – hält sich in Grenzen. Ich werde nicht zu jenen gehören, die sehr gespannt auf die Tore warten, weil mich andere Sportarten mehr interessieren, aber ich habe Verständnis da­für, dass es viele gibt, die Fußball sehr interessiert. Es ist daher eine gute Gelegenheit, Interesse am Markt zu wecken. Mit so einem sportlichen Großereignis besteht die Chance, dass sich eine neue Technologie am Markt etabliert, was, wie gesagt, für Beschäftigung und Wachstum und einen innovativen Wirtschaftsstandort in Österreich sorgt.

Ich habe schon ausgeführt, es gibt ein paar Beispiele dafür, etwa die Fußballweltmeis­terschaft 1974, die dazu geführt hat, dass man von Schwarz-Weiß-Fernsehen prak­tisch flächendeckend auf Farbfernsehen umgestiegen ist. Es gibt aber auch ganz ak­tuelle Beispiele, wie die WM 2006 in Deutschland, die sie angesprochen haben. Diese


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hatte auch einen innovativen Aspekt, nämlich es wurden zu halbwegs erschwinglichen Preisen die Flatscreens flächendeckend am Markt eingeführt. Das heißt, Sportereig­nisse wirken sich wirtschaftspolitisch, wie wir wissen, in vielen Bereichen positiv aus. Wir sollten diese Chance ebenfalls nützen! Es ist daher sehr wohl eine Zeitfrage! Es ist wichtig, jetzt die gesetzlichen Möglichkeiten zu schaffen, damit wir eben die Fußball-Europameisterschaft 2008 schon nützen können, um dieser Technologie einen Schub zu geben und die Marktchancen damit zu erhöhen.

Es war in den Verhandlungen recht schwierig, einen Interessenausgleich zu finden. Ich habe daher – wie schon lange nicht mehr im Medienbereich – eine Begutachtung ein­geleitet, in die wir wirklich alle am Markt Beteiligten einbezogen haben. Darin sehe ich im Übrigen in allen Bereichen den Sinn von Begutachtungen, nämlich dass man die eingebrachten Vorschläge in der Gesetzesreform dann auch berücksichtigt. Ich glaube, wir haben einen ausgewogenen Kompromiss erreicht zwischen den Rundfunkveran­staltern, den Infrastrukturbetreibern und – das ist mir besonders wichtig – den Interes­sen der Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich.

Ich glaube, dass diese Vorlage eine sehr gute ist und dass der Zeitpunkt wichtig und richtig ist. Ich glaube, dass es uns damit gelingt, einen Impuls in Richtung Wachstum und Beschäftigung zu setzen. Bezüglich des Hinweises von Bundesrat Himmer: Es stimmt, es wird nicht nur zusätzliche Beschäftigung im Bereich der Mobiltelefonproduk­tion geben, sondern auch in der Kreativwirtschaft. Es gibt ein anderes ZuseherInnen­verhalten beim Handy-TV. Es wird daher auch neue Programme geben müssen. Daher ist das auch eine Chance, im Kreativbereich, wo viele junge Menschen beschäftigt sind, einen Impuls zu setzen.

Ich denke also, es war ein guter und wichtiger Schritt. Ich freue mich, wenn Sie heute endgültig dem Gesetz zustimmen und es damit auch in Kraft treten kann. Ich halte Handy-TV für ein zentrales Innovationsprojekt, das wir damit auf den Weg bringen, und ich bedanke mich bei Ihnen dafür sehr herzlich. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.38


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich bedanke mich bei Frau Bundesministerin Bures für diesen dynamischen Beitrag.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu heben, um ein Handzeichen. – Ich stelle hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit an­genommen.

14.38.387. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ver­tragsbedienstetengesetz 1948, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Väter-Ka­renzgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bezügegesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz,


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das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundesleh­rer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsge­setz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Bun­desbediensteten-Sozialplangesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsge­setz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novel­le 2007) (255/A und 193 d.B. sowie 7732/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nunmehr zu Punkt 7 der Tagesord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Roth-Halvax. Ich bitte um den Bericht.

 


14.39.02

Berichterstatterin Sissy Roth-Halvax: Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, die Reise­gebührenvorschrift 1955, das Väter-Karenzgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bezügegesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Bundes-Gleichbe­handlungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundes-Be­dienstetenschutzgesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsge­setz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensi­onsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Bun­desbediensteten-Sozialplangesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsge­setz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden.

Der Ihnen in schriftlicher Form vorliegende Bericht gliedert sich in 15 Punkte und liegt Ihnen, wie bereits gesagt, vor.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich danke der Berichterstatterin.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

 


14.40.44

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zweifel­los gibt es in diesem Gesetz so manches Gute. So begrüße ich etwa die Änderung im Ausschreibungsgesetz, die es Frauen möglich machen soll, eher Zugang zu Leitungs­funktionen zu bekommen. Ich finde es sehr positiv, dass in der Begutachterkommission zwingend eine Frau vorgesehen ist. Und ich finde es auch gut, dass im Ausschrei­bungstext die Anforderungen schon festgeschrieben sein müssen, also die Qualifika­tionen, auf die es ankommen wird.

Ich muss aber bei dieser Gelegenheit natürlich auch anmerken, es gibt ja das Gleich­behandlungsgesetz, das das ja eigentlich alles schon hätte möglich machen müssen. Wir wissen aber von vielen Beispielen aus der Vergangenheit, dass auch das Gleich­behandlungsgesetz nicht immer gegriffen hat. Es hat genügend Beispiele gegeben, wo zwar die Frauen die besser Qualifizierten waren, aber letzten Endes aus irgendwel­chen Gründen doch ein Mann die entsprechende Position erhalten hat. Ich hoffe wirk­lich sehr, dass dieses Gesetz besser greift.

Was ich auch positiv finde, das ist die Abschaffung der schulfesten Stellen. Gerade die FPÖ plädiert schon lange dafür, die schulfesten Stellen abzuschaffen. Allerdings hat


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man sich da offensichtlich mit der Beamtengewerkschaft nur so einigen können, dass es da ein „Hintertürl“ gibt, denn es tritt ja erst 2008 in Kraft, und bis dorthin können noch 25 Prozent der jetzigen Planstellen als schulfeste Stellen eingerichtet werden.

Der eigentliche Grund, warum ich diesem Gesetz nicht die Zustimmung geben kann, ist, weil Privilegien eben wieder einzementiert werden.

Das Sabbatical ist grundsätzlich eine gute Sache. Ich finde das grundsätzlich gut. Das gab es bisher nur für Lehrer – in der Privatwirtschaft, soweit ich weiß, gibt es das nur bei den Journalisten –, und es soll jetzt auf alle Beamten, ausgenommen Staatsanwäl­te und Richter, ausgeweitet werden. – Ja, es ist sicher gut, sich eine Auszeit nehmen zu können, eine Sprache zu lernen, sich sonst irgendwie weiterzubilden, eine Reise zu machen, den Horizont zu erweitern. Das ist sicher alles sehr positiv. Was mich daran stört, ist, dass es ein Privileg ist, weil es jedem anderen Arbeitnehmer am Privatsektor völlig verwehrt bleibt, und für die wäre das auch gut. Es wäre auch für diese Leute gut, sich einmal herausnehmen zu können, um wieder neu motiviert und mit neuen Ideen versehen in den Arbeitsprozess einzusteigen. Aber es haben leider nur die Beamten die Garantie, dass sie wieder auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren können.

Auch wenn das für diese sicher auch ein Motivationsschub ist, ist und bleibt es ein Pri­vileg. Und ein Privileg, das nicht jedem zur Verfügung steht, ist einmal schon grund­sätzlich abzulehnen, auch wenn es im Grunde sehr gut ist. Der normale Arbeitnehmer kann das nur noch mit Staunen und manchmal wahrscheinlich auch mit Ärger zur Kenntnis nehmen.

Die Gleichstellung der Universitätsabsolventen und Fachhochschulabsolventen, was die A-Wertigkeit anbelangt, ist durchaus begrüßenswert. Da bin ich mir aber jetzt nicht ganz sicher, ob das so stimmt, und daher stelle ich gleich eine Frage: Ist es wahr, dass die Militärakademieabsolventen nicht dabei sind? Ist das richtig so? (Bundesministerin Bures bejaht.) Dann frage ich: Warum eigentlich nicht? Es gibt nach meinem Dafür­halten keinen Grund, warum man gerade diese Berufsgruppe ausschließt. Es kann ja nicht so sein, dass man jetzt gegen das Bundesheer ist oder gegen alles, was Heeres­angestellte haben. Da bitte ich wirklich um Aufklärung. Und wenn das tatsächlich so ist, sollten Sie es aber auch ändern, weil hier wieder eine Ungleichheit besteht. Wieso neh­me ich die aus, während alle anderen dürfen? Das ist nicht verständlich, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

Was ich ebenfalls sehr bedauere, ist, dass wieder einmal die Chance vertan worden ist, ein einheitliches Beamten-Dienstrecht zu schaffen, auf das wir alle schon lange warten. Das wäre auch dringend notwendig, weil das jetzige schon ein Fleckerlteppich ist. Da war man sich in Vorwahlzeiten, auch wenn man in manchen Sachen viel strei­tet, doch immer einig, aber wenn es um die Umsetzung geht, schaut es anders aus: Was den stärkeren Gehaltseinstieg mit einer im weiteren Berufsverlauf flacheren Kurve angeht, habe ich bis jetzt von keiner Partei gehört, dass sie da dagegen wäre, nicht einmal von der ÖVP. Also wäre es einmal ein Gebot der Stunde, da einmal auch im Sinne der jüngeren Beamten, vor allem auch der Lehrerinnen und Lehrer, tätig zu wer­den und ein Beamten-Dienstrecht zu schaffen, das vorsieht, dass der Einstieg eben ein bisschen höher ist und dann die Gehaltskurve etwas flacher ansteigt. Das wäre, finde ich, schon wichtig.

Auch wenn es sehr positive Ansätze in diesem Gesetz gibt, werde ich diesem Fest­schreiben eines Privilegiums – ich sehe es als solches, wenn auch als gutes Privile­gium, aber doch als ein Privilegium – gegenüber dem allgemeinen Dienstnehmer, ge­genüber dem privaten Sektor nicht zustimmen.

14.46



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 104

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kemperle. Ich erteile es ihr.

 


14.46.41

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Damen, werte Herren des Bundesrates! Ich habe mich im Rahmen der Dienstrechts-Novelle logischerweise auf Grund meines Geschlechtes mehr oder weniger auf diesen Punkt der Dienstrechts-Novelle konzentriert, weil ich glaube, dass das ein sehr wichtiger Punkt ist im Zusammenhang mit dem Ausschrei­bungsgesetz, dass es hier Chancen für Frauen gibt. Wenn der Bund hier nicht Vorreiter ist und nicht einige Maßnahmen in diesem Sinne setzt, glaube ich nicht, dass es in der Privatwirtschaft möglich ist, bestimmte Dinge als Erster umzusetzen, wobei es in der Privatwirtschaft mit dem Gleichbehandlungsgesetz umgekehrt war und es früher einge­führt wurde, als es im Bund selbst verwirklicht wurde. Das heißt, die Privatwirtschaft hatte viel früher ein Gleichbehandlungsgesetz, als es der Bund hat.

Was das Sabbatical angeht, muss ich Ihnen, Frau Mühlwerth, mitteilen, dass es hier sehr wohl Möglichkeiten auch der Freistellung gibt, ähnlich, wie es jetzt in der Dienst­rechts-Novelle beschlossen wird. Das heißt aber, vom Grundsatz her ist es für mich einfach in diesem Bereich eine Notwendigkeit, auch darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, gerade in Bereichen wie dem Ausschreibungsgesetz Chancen für Frauen zu er­möglichen, in höhere Positionen zu kommen und auch echte Verbesserungen in der Praxis zu erreichen. Denn bis dato haben die bisherigen Maßnahmen offensichtlich nicht den gewünschten Effekt erzielt.

Auf das Ausschreibungsgesetz eingehend möchte ich in erster Linie auf einen kleinen, oft belächelten Punkt hinweisen: die geschlechterspezifische Bezeichnung, die nun­mehr verwendet werden soll. Das mag für manche etwas lächerlich klingen und als nicht unbedingt notwendig erachtet werden. Tatsache ist aber, dass durch die Nen­nung beider Geschlechter in den Bezeichnungen Bewusstsein dafür geschaffen wer­den soll, dass zum Beispiel bei Ausschreibungen für Leitungspositionen, an beiderlei Geschlecht gerichtet, suggeriert wird, dass auch Frauen für solche Positionen in Be­tracht kommen, dies alleine schon durch die sprachliche Veränderung, durch die sprachliche Anerkennung des weiblichen Geschlechts.

Eine inhaltliche Änderung im Ausschreibungsgesetz ergibt sich dann durch Einfügen dessen, mit welcher Gewichtung die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Beurteilung der Eignung jeweils zur Berücksichtigung kommen. Diese sind in der Aus­schreibung nun so angeführt, dass ein nicht unbedeutender Punkt bei der Bewertung, ob eine Eignung beziehungsweise Nichteignung beziehungsweise in welchem Ausmaß eine Eignung vorliegt, die Offenlegungspflicht hinsichtlich der Angabe der Gewichtung der verlangten besonderen Kenntnisse ist.

Durch die Offenlegungspflicht hinsichtlich der Angabe der Gewichtung der verlangten besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten wird ein Stück mehr Transparenz geschaffen. Entscheidungen sind leichter nachvollziehbar, und allfällige Diskriminierungen, die der­zeit gerade aus diesen besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten heraus entstehen, sollten mit dieser Regelung hintangehalten werden. Dies ist auch sichtbar, gerade was die Kenntnisse und Fähigkeiten in diesem Zusammenhang bei Ausschreibungen be­trifft, eigentlich der diskriminierende Bestandteil dessen, warum Frauen in den Bewer­tungen oft in die schlechtere Position kommen als ihre männlichen Kollegen.

Positiv ist auch die Neuregelung der Zusammensetzung der einschlägigen Kommissio­nen, die über die derzeitige Regelung des § 10 Abs. 1 Bundes-Gleichbehandlungsge­setz hinausgehen und jedenfalls die Besetzung mit einem weiblichen Mitglied vorse­hen – dies schon aufgrund der geschlechterparitätischen Besetzung –, plus ein weibli­


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ches Mitglied, also eine Bedienstete aus der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfra­gen.

Trotz dieser vorab positiven Sicht der Änderungen ist abzuwarten, ob sich tatsächlich eine sichtbare Veränderung für die Frauen ergibt, zumal die verpflichtenden Kriterien für diesen Bereich, also die Kenntnisse und Fähigkeiten, nur auf zwei Jahre befristet eingeführt werden, aber maßgeblich für die Beurteilung sind. Es ist zwar erwähnt, dass nach diesem Zeitraum eine Evaluierung stattfinden soll. Allerdings wäre es wünschens­wert, nach dieser Evaluierung auch die Bewertung neu zu überdenken.

Ein erfreulicher Punkt bei der Dienstrechts-Novelle 2007 ist auch – und ich erwähne es durchaus positiv –, dass die ÖVP mittlerweile anerkennt, dass es auch andere Formen des familiären Zusammenlebens außer der Ehe gibt, und dass die Pflegefreistellung auch auf die im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder von Lebensgefährten und Le­bensgefährtinnen ausgedehnt wird. Das ist schon einmal ein Schritt in die richtige Rich­tung, wie ich glaube.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass mit der Dienstrechts-Novelle endlich auch eine Gleichstellung von UniversitätsabsolventInnen und AbsolventInnen von Dip­lom- und Magister/Magistra-Fachhochschul-Studiengängen erfolgt und diese dienst­rechtlich völlig gleichgestellt werden, also eine A1-Wertigkeit erhalten werden. Dies ist etwas, was bereits seit langem fällig ist, da nicht nachvollziehbar ist, warum praxisbe­zogene Ausbildungen nicht einem Studium gleichgesetzt werden sollen.

Wie sich die durch die Dienstrechts-Novelle 2007 insbesondere für die Frauen erge­benden Veränderungen auswirken werden, wird sich in der Praxis weisen. Dem Gesetz wird in der vorliegenden Form unsererseits die Zustimmung erteilt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.53


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mitterer. Ich erteile es ihm.

 


14.53.56

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Es erweist sich bei diesem Punkt wieder ein­mal als Schwachstelle der Geschäftsordnung, dass wir ein Gesetz entweder bestätigen oder ablehnen und nicht Teile daraus gutheißen und Abänderungsanträge einbringen können.

Tatsächlich ist es nämlich so, dass die Dienstrechts-Novelle insgesamt viele positive Punkte beinhaltet, dass vieles in die richtige Richtung weist. Zum Beispiel wird die „Hackler-Regelung“, vor einiger Zeit noch von der sozialdemokratischen Fraktion als denkbar schlecht hingestellt, nun übernommen und sogar verlängert. Es ist der richtige Schritt in Richtung Gleichbehandlung, und es ist im Bereich der Pflegefreistellung eini­ges positiv. Vielleicht fehlt aber hier noch die Gleichstellung im Bereich der in der Pri­vatwirtschaft Tätigen.

Es sind aber einige Dinge nicht enthalten, die wir gerne gehabt hätten, unter anderem die Lebensverdienstsumme, wo wir meinen, dass gerade in diesem Bereich des Beam­tendienstrechts diese Kurve kontraproduktiv ist, indem man also mit einem niedrigeren Level anfängt, der zum Schluss nach oben schnellt, also genau konträr zum Bedarf im betreffenden Lebensabschnitt: In der Jugend, in der man sein Nest baut, sollte es eine größere Steigerung geben, und erst später sollte die Kurve abflachend verlaufen.

Wie gesagt, man kann eben nicht alles auf einmal machen. Unsere Fraktion hat im Na­tionalrat bei der letzten Plenarsitzung einen Antrag eingebracht, in dem Nachhilfeunter­richt für die leider über 50 000 Schülerinnen und Schüler angeregt wird, die mit einem


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 106

oder mehreren „Nicht genügend“ abschließen, um hier Lehrer vielleicht früher aus den Ferien zurückzuholen, die ja in der Summe 60 bis 70 Tage im Jahr frei haben. Der Normalbürger hat 30 Tage frei. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Deshalb bleibt uns im Großen und Ganzen nichts anderes übrig als zu sagen: Große Teile dieser Beamten-Dienstrechtsreform sind positiv, aber in der Summe werden sie von uns als zu wenig weitreichend und teilweise unzulänglich abgelehnt. (Beifall des Bundes­rates Ing. Kampl.)

14.56


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Küh­nel. Ich erteile es ihm.

 


14.56.43

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Staatssekretärinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon sehr viel Positives gesagt worden. Auch die Opposition hat das eine oder andere unterstrichen, das sie durchaus gut findet.

Ich möchte hier ganz allgemein sagen, wir sprechen über ein Bundesgesetz. Der Bund versucht hier eine Regelung für verschiedene Materien zu finden; daher der umfang­reiche Titel. Es geht schwergewichtsmäßig um die allgemeine Verwaltung, aber sicher sind auch sehr viele Angelegenheiten, die die Lehrer betreffen, hier hineinverpackt. Und jeder von uns hat Erfahrung mit der Gemeinde-, mit der Landes- und mit der Bun­desverwaltung, und aufgrund dieser Erfahrung können wir fast alle zu diesem Gesetz natürlich auch etwas sagen.

Positiv ist zweifelsohne, dass man das so genannte Sabbatical – wobei mir recht ange­nehm gewesen wäre, wenn man dafür vielleicht eine deutsche Übersetzung gefunden hätte – nun von den Lehrern auch auf die Beamten überträgt. Wichtig ist, dass man einmal schaut, wie sich das in der Praxis bewähren wird, dass man es probeweise ein­führt und dann einer Bewertung zuführt, ob man es dann ständig einrichtet oder nicht.

Eines hoffe ich nur bei dem so genannten Sabbatical: dass nicht findige Personalisten in den einzelnen Ministerien es dazu verwenden, Beamte und Bedienstete ab einem gewissen Alter langsam vorzeitig in die Pension hinübergleiten zu lassen, sondern dass man es wirklich dazu verwendet, die Beamten entsprechend auszubilden. – Das ist das eine.

Das Zweite ist, dass es eine Art verpflichtende Weiterbildung für unsere Lehrer geben soll. Und da wäre es jetzt wichtig – was auch Sie ein bisschen angeschnitten haben, Herr Kollege Breiner –, dass diese Weiterbildung in den Ferien stattfindet und nicht während des Schuljahrs, denn als Elternteil weiß ich, wie schön es ist, wenn die Lehrer immer wieder von irgendjemandem vertreten werden und wie die Vertretungen dann teilweise mit den Kindern umgehen. – Ich meine jetzt nicht, dass sie die Kinder irgend­wie drangsalieren, sondern mit welchem Impetus sie eine Klasse, die sie normalerwei­se nicht haben, unterrichten. Das kann sich Herr Kollege Breiner wahrscheinlich bes­tens vorstellen, da er ja schließlich Hauptschuldirektor ist.

Ich hoffe, dass das nicht während des Schuljahres stattfindet und dass die so genann­ten Pädagogischen Universitäten, wie sie demnächst eingerichtet werden oder schon eingerichtet sind, auch in den Ferienmonaten entsprechende Kurse anbieten. Nicht, dass man sich dann ausredet: Ja, ja, die Universitäten, die machen eben nur Kurse im Mai, Juni, und daher können wir im Juli, August keine Weiterbildung für die Lehrer ma­chen. Aber wir werden sehen, wie das sein wird.

Eine weitere Bestimmung, die meiner Meinung nach wichtig ist, um vor allem der Kor­ruption oder schleichenden Korruption vorzubeugen, ist, dass in Hinkunft eine unver­


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zügliche Untersagung einer unzulässigen Nebenbeschäftigung bei Bundesbedienste­ten zu erfolgen hat. Das ist sehr wichtig, und ich hoffe, dass die Ministerien das auch in der Praxis umsetzen werden, denn mir ist bekannt, dass nicht nur in einem, sondern in verschiedenen Ressorts mit den Nebenbeschäftigungen – sagen wir es so – ein biss­chen schlampig umgegangen wird.

Als Nächstes eine Bemerkung zur Gleichstellung der Fachhochschüler mit den Univer­sitätsabsolventen. Es ist sicher richtig, dass hier in der Besoldung gleichgezogen wird, aber eines sollte man im Auge behalten: dass bei unseren Beamten der höchsten Be­dienstetenstufen keine zu große Verwässerung eintritt.

Ich möchte nur Folgendes kurz erwähnen: Um heute in A1, das ist die oberste Stufe, zu kommen, gibt es dann bereits vier Möglichkeiten. Eine ist, mit einem Ministerratsbe­schluss ohne entsprechende Ausbildung in die höchste Gruppe zu kommen; es gibt einige, es sind relativ wenige, aber es gibt diese Möglichkeit. Das Zweite ist mit dem sogenannten Aufstiegskurs, früher an der Verwaltungsakademie, durch den man diese Stufe erreichen konnte. Und jetzt gibt es eben die Fachhochschule und die Universität. Da der Mensch ja auch eine gewisse Bequemlichkeit entwickelt, könnte es sein, dass man sich dann natürlich das aussucht, wo man am leichtesten die höchste Stufe errei­chen kann, und das ist à la longue sicher mit einer Qualitätsverminderung verbunden. Das heißt, diese Entwicklung ist zu beobachten. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Zusammenhang ist es nämlich ganz besonders wichtig, dass man bei den Ausschreibungen im Bundesbereich, was die Kenntnisse und Fähigkeiten betrifft, sehr darauf achtet, dass es keine zu schwammigen Formulierungen in diesen Ausschrei­bungstexten gibt, sondern dass man sehr präzise hineinschreibt, welche Kenntnisse, Fähigkeiten und so weiter für eine bestimmte Funktion erforderlich sind. Daher ist es gut, dass es in Hinkunft notwendig ist, dass man offenlegen muss, welche Kenntnisse und Fähigkeiten zu dieser oder jener Entscheidung geführt haben.

Noch einmal: Ich hoffe, dass die Texte nicht zu weit und zu breit formuliert sind, son­dern dass man hier sehr genau und präzise vorgeht.

Das Zweite ist dann, dass die Minister, vor allem im Ausschreibungsbereich, die Kom­missionen wirklich so besetzen, dass auf diese Kriterien ganz besonders eingegangen wird, denn da gibt es auch einen gewissen Gestaltungsspielraum – das werden Sie, Frau Bundesministerin, in Ihrer kurzen Amtszeit sicher schon erfahren haben.

Das Nächste, das ich ganz kurz erwähnen möchte, ist: Jeder Staat – wir haben nun einmal einen sehr gut entwickelten Staat – braucht besonders qualifizierte Leute, sei es in der Wissenschaft, in der Wirtschaft, bei den Richtern, bei den Politikern, Beamten und Offizieren. Daher muss man auch ein bisschen schauen, dass die sogenannten Alphatiere, um einen Begriff aus der Soziologie zu nehmen, entsprechend unterstützt und gefördert werden, denn Alphatiere haben Führungsqualitäten, sie haben in der Re­gel Erfahrung, sie haben auch eine gute Ausbildung, sie sind bereit, sich weiterzubil­den, und sie sind auch bereit, was vor allem bei Alphatieren sehr, sehr wichtig ist, Ver­antwortung zu übernehmen und im Rahmen ihrer Verantwortung auch kritisiert zu wer­den.

Zuletzt noch kurz ein Wort zur Pragmatisierung, weil das ja auch diskutiert wird; es steht zwar in der Novelle noch nichts drinnen, aber demnächst wird es anstehen. Ich plädiere sehr stark dafür, dass bestimmte Beamtengruppen weiterhin pragmatisiert werden, um politischem Druck nicht allzu sehr ausgesetzt zu sein. Dazu gehören auf jeden Fall die Richter und Staatsanwälte, der Bereich der Exekutive, das österreichi­sche Bundesheer, aber auch in den Ministerien ist es unbedingt notwendig, dass die


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Abteilungsleiter, die Gruppenleiter, die Sektionsleiter einer Pragmatisierung unterlie­gen.

In diesem Zusammenhang wäre auch einmal eine Bewertung interessant, ob sich die Fünf-Jahres-Verträge, die man heute bestimmten höheren Beamten, Amtsleitern und so weiter, gibt, bewährt haben.

Zuletzt noch etwas über die Waffengleichheit zwischen der Verwaltung und der Öffent­lichkeit im Allgemeinen. Ich darf an den berühmten Bescheid bezüglich des Lainzer Tunnels erinnern, wo es ständig hin- und hergegangen ist, Klage hin, Klage her. Uns muss heute bewusst sein, dass in vielen Verfahren hervorragende Rechtsanwälte der Ministerialbürokratie im weitesten Sinne gegenüberstehen. Es ist daher unbedingt not­wendig, dass die Ministerialbürokratie in der Lage ist, mit den diversen Vertretern auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln und auch zu bestehen, damit im Endeffekt das Ver­fahren schneller abgewickelt werden kann.

Daher: Das Gesetz, das heute zur Abstimmung steht, ist in der Theorie sicher sehr, sehr gut, wir werden sehen, was es in der Praxis bringt, und vor allem auch feststellen können, ob die Intentionen des Gesetzgebers auch in der Praxis umgesetzt werden. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.05


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Franz Breiner. – Bitte.

 


15.05.47

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Die vorliegende Novelle findet durchaus unsere Zustimmung. Es sind viele Punkte enthalten, die meines Erach­tens selbstverständlich sind, die aber tatsächlich wesentliche Verbesserungen gegen­über dem, was bisher war, darstellen, sei es die Diplomanerkennung der Fachhoch­schul-AbsolventInnen, das Sabbatical, die Pflegefreistellung für alle im Haushalt leben­den Kinder oder die verpflichtende Frauenquote bei Aufnahme- und Begutachtungs­kommissionen; Dinge, die wir mehr als unterstützen.

Kollege Kühnel hat etwas angesprochen, was durchaus interessant ist: Lehrerausbil­dung in den Ferien. Ich darf ihm kurz darauf antworten, was die Erfahrung aus Ober­österreich zeigt. Ich bin selbst Arbeitsgemeinschaftsleiter und weiß daher, was sich am Pädagogischen Institut, so hieß es ja bisher, abspielt.

Die Erfahrung war, dass die Sommerkurse, die angeboten wurden, alle überbelegt wa­ren, dass für Kolleginnen und Kollegen immer Absagen gekommen sind. Ich stelle mir vor, es ist in den anderen Bundesländern nicht anders. Wenn das Angebot stimmt, Herr Kollege Kühnel, dann wird es auch in den Ferien wahrgenommen. Das Problem, das wir generell bei der LehrerInnenausbildung haben, ist, dass das auch während des Jahres so gilt. LehrerInnen sind Gott sei Dank bildungswütig. Das heißt, sobald das Programm herauskommt, wird geschaut, dass man dort unterkommt. Die Erfahrung ist, dass sich LehrerInnen für sechs, sieben Veranstaltungen anmelden, um bei zwei ge­nommen zu werden. So schaut die Wirklichkeit in der LehrerInnenausbildung aus. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Das Problem ist nicht, dass wir uns in den Ferien nicht ausbilden wollen, sondern dass das Angebot nicht ausreicht.

Von verpflichtend – darüber lässt sich tatsächlich reden.

Genau diese LehrerInnenausbildung kommt ja auch in der Dienstrechts-Novelle vor. Hier geht es darum, dass sich LehrerInnen an den Pädagogischen Hochschulen wei­


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ter- und fortbilden können, auch Zusatzqualifikationen erreichen können. Auch in die­sem Zusammenhang stellt die Novelle natürlich einen Fortschritt dar, wobei aber ange­merkt werden muss, dass das Problem auch hier woanders liegt, nämlich bei den Pä­dagogischen Hochschulen. LehrerInnen ist es mehr oder weniger untersagt, an ihrer eigenen Fachhochschule eine Graduierung zu erlangen, die universitäre Werte dar­stellt. Das wurde 2005 nicht eingeführt, und daran leiden wir in jeder beliebigen Rich­tung.

Bildung ist grundsätzlich auch eine Voraussetzung für den Wirtschaftsstandort Ös­terreich, und die Ausbildung der LehrerInnen darf nicht universitär sein, aus welchen Gründen auch immer, nämlich noch dazu, jetzt muss ich wirklich differenzieren, eines Teils der LehrerInnen, nämlich der PflichtschullehrerInnen – der AHS-Lehrer wird ja universitär ausgebildet. Das ist eine ganz kuriose Sache: Er unterrichtet in derselben Stufe, erste bis vierte Klasse, unter denselben Bedingungen, verdient etwas anderes, hat eine grundsätzlich andere Ausbildung, hat grundsätzlich bessere Perspektiven. Eine Angleichung ist hier nicht erfolgt.

All diese Dinge ziehen sich ja weiter, man muss das nur gedanklich weiterentwickeln. Fähigkeiten, Fachrichtungen, die in der Wirtschaft dann abgehen, Facharbeiter zum Beispiel, hängen ja auch mit diesem Bildungssystem zusammen. Aber da wird dem Bil­dungsgedanken anscheinend kein hoher Stellenwert beigemessen, denn von diesem Facharbeitermangel hat man schon in den neunziger Jahren gewusst, reagiert hat man darauf aber wenig oder kaum.

Diese Dienstrechts-Novelle – ich komme zum Schluss – beinhaltet wichtige, aber klei­ne Weichenstellungen. Das Element des Verharrens, das wir in den vergangenen Jah­ren erleben mussten, ist ein wenig unbedeutender geworden. Die reaktionäre Bewe­gung hat eine kleine vorwärts gerichtete Brise bekommen. Diese Novelle wird von vie­len kleinen Wellen getragen. Auf einen kräftigen Wind, der uns zu neuen Ufern führen wird, warten wir noch. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Breiner – das Rednerpult verlassend –: Die Frage ist: Wie lange? – Bundesministerin Bures: Die Frage ist: Was wären die großen Erfolge ohne die kleinen?)

15.11


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Bures das Wort. – Bitte.

 


15.11.33

Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich über die Ausführungen, die vorangehend gemacht wurden. Man hat ein bisschen das Ge­fühl, es zieht eine neue Zeit durchs Land, denn die ersten beiden Rednerinnen haben gleich zu Beginn und als Hauptpunkt der positiven Bewertung dieser Dienstrechts-Novelle die für Frauen so wichtigen Aspekte hervorgehoben. Das erfreut natürlich das Herz einer Frauenministerin ganz besonders.

Es ist so, dass wir sehr gute gesetzliche Rahmenbedingungen haben, wie zum Beispiel das Gleichbehandlungsgesetz im Bundesdienst, dass wir aber offensichtlich noch die Instrumente schärfen müssen, damit Gleichbehandlung auch tatsächlich zum Durch­bruch kommt. Genau das ist einer der wesentlichen Punkte, die ich mit dieser Dienst­rechts-Novelle erreichen möchte, nämlich sozusagen die Instrumente ein bisschen schärfen, damit gute rechtliche Bestimmungen zum Durchbruch kommen.

Ich glaube, es liegt ein, wie wir auch in der Diskussion gehört haben, wirklich ausgewo­genes Gesetz, eine ausgewogene Novelle vor. Es geht uns darum, einem gemeinsa­men Ziel ein Stück näher zu kommen, nämlich einer modernen und effizienten Verwal­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 110

tung im öffentlichen Dienst. Das wünschen sich auch die Bürgerinnen und Bürger: eine Verwaltung, die effizient, kostengünstig für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger eintritt.

Eine Voraussetzung für eine effiziente Verwaltung ist die Zufriedenheit der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Daher hat die Novelle auch die Aufgabe, die Motivation der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu steigern, denn ich gehe da­von aus, dass motivierte Beschäftigte auch bessere Leistungen erbringen, wovon alle in diesem Land profitieren.

Ich möchte nur noch ein paar Punkte erwähnen. Angeschnitten wurde ja bereits, wel­che die positiven Veränderungen der Dienstrechts-Novelle sind. Ich möchte diese in Überschriften noch einmal kurz aufzeigen.

Ein ganz wesentlicher Punkt auch in meinen Augen ist mehr Gerechtigkeit und mehr Chancen für Frauen im öffentlichen Dienst. Es sind zwei Punkte, nämlich die Aus­schreibungstexte mit der Gewichtung der erforderlichen Kenntnisse und die paritäti­sche Besetzung der Bewertungskommissionen, um Frauen bessere Chancen für die Karriere im öffentlichen Dienst zu geben.

Mein Rezept, vor allem bei der Ausschreibung, heißt also mehr Transparenz. Das wird dazu führen, dass bei Ausschreibungen Vermutungen oder gar Verdächtigungen hint­angestellt werden können und dass man, wenn man den Eindruck hat, dass man nicht zu seinem Recht gekommen ist und das Gleichbehandlungsgesetz nicht eingehalten wurde – nämlich die Bevorzugung von Frauen bis zur Erreichung der 40-Prozent-Quo­te –, leichter die Möglichkeit hat, das auch zu beweisen, und damit auch das Gesetz mit Leben erfüllt wird.

Mit dieser Dienstrechts-Novelle haben wir, wenn Sie sie heute beschließen, die Mög­lichkeit, dass ausschließlich männlich besetzte Bewertungskommissionen in Zukunft der Vergangenheit angehören, weil in der Novelle die Regelung enthalten ist, dass in Zukunft eine Frau vertreten sein muss. Nachdem wir im öffentlichen Dienst zwei Ver­treter nominieren, bedeutet das halbe-halbe bei der Besetzung.

Ein zweiter mir ganz wichtiger Punkt sind die flexibleren Arbeitszeiten auf Wunsch der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Aber dieses Sabbatical ist ausschließlich möglich, wenn die Beschäftigten im öffentlichen Dienst das für sich in Anspruch nehmen möch­ten, sich sozusagen eine Auszeit nehmen wollen, wofür auch immer – ob das für die persönliche Regeneration oder für die Fortbildung ist, entscheiden die Beschäftigten. Diese Möglichkeit einer flexibleren Arbeitszeitgestaltung soll eben auch ein Beitrag da­zu sein, eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit zu erreichen.

Dritter Punkt: die Ausdehnung der Pflegefreistellung. Ich glaube, dass wir damit, ähn­lich wie beim Handy-TV, einer gesellschaftlichen Entwicklung nicht länger hinterher hinken. Wir wissen, es gibt so etwas wie Patchwork-Familien, es gibt neue Familienfor­men, und die sollten wir auch dienstrechtlich berücksichtigen. Für im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder soll auch der nicht leibliche Elternteil der Kinder in Zukunft die Möglichkeit bekommen, die Kinder im Krankheitsfall zu betreuen.

Vierter Punkt – auch von vielen angesprochen –: Universitäts- und Fachhochschul-Ab­solventInnen werden dienstrechtlich gleichgestellt. Das halte ich für einen sehr wesent­lichen Schritt. Wir werden damit in diesem Bereich auch europäische Standards errei­chen.

Es ist mir wichtig, im Zusammenhang mit der militärischen Ausbildung zu sagen, dass hier ein wichtiger Unterschied besteht. Die Militärakademie wird jetzt eher zurückgefah­ren, auch die Dauer der Ausbildung, es findet hier eine Umstrukturierung statt, sodass sie nur mehr einem Bakkalaureats-Abschluss gleichgestellt wird, und der akademische


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Abschluss im Militärdienst obliegt der Generalstabsleitung. Das heißt, beim Militär gibt es eine eigene innere Struktur, es ist auch eine interne Ausbildung, die eine Ausnahme rechtfertigt, die übrigens in engster Absprache mit dem Landesverteidigungsministe­rium akkordiert wurde. Daher gilt die Gleichstellung hier nicht, aber, wie gesagt, in allen anderen Bereichen gibt es sie künftig, und das ist  auf Grund der Studiendauer und der Struktur der Ausbildung meiner Auffassung nach auch richtig und gerechtfertigt. In al­len anderen Bereichen werden wir damit eine wirkliche Gleichstellung erreichen und jungen Menschen auch mehr Chancen im öffentlichen Dienst geben.

Fünfter Punkt: die lange Diskussion, die stattgefunden hat – weil das vorhin auch ange­schnitten wurde –, betreffend schulfester Stellen. Ich glaube, dass gute Lehrer keine schulfesten Stellen brauchen. Ich habe mit vielen darüber diskutiert, dass einer moder­nen Schule auch das Dienstrecht nicht im Weg stehen soll und es mehr Flexibilität ge­ben soll.

Daher werden wir das nicht erst mit 2008 umsetzen, sondern für die Bundeslehrer schon mit 2007. Das Einzige, was es 2007 noch gibt, ist die Ermächtigung der Länder, um ein Jahr zu verlängern. Meine Informationen, Frau Bundesrätin, sind: Kein Bundes­land wird diese Ermächtigung in Anspruch nehmen. Das heißt, dass wir mit 2007 die schulfesten Stellen tatsächlich stoppen werden.

Die Diskussion über die Fragen: Wie wird das jetzt umgesetzt? Werden sich auch alle an diese Regelungen halten? Sollten wir nicht für die Weiterbildung der Lehrer, Herr Dr. Kühnel hat das angeschnitten, auch den Sommer heranziehen?, halte ich für sehr spannend. Ich würde Sie gerne einmal einladen, Herr Dr. Kühnel, wenn ich koalitionär verhandle mit Herrn Abgeordnetem Neugebauer, mich da in der Argumentation ein bisschen zu unterstützen, denn der sieht das nämlich genau umgekehrt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Breiner.)

Ich bin in vielen Punkten Ihrer Auffassung, aber, wie gesagt, hier geht es um einen In­teressenausgleich. Wir sind uns in diesen Fragen einig. Wir müssen aber beim Koali­tionspartner noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten. Man hat auch bei dieser Dienstrechts-Novelle gesehen, dass sehr viele harte Gespräche und Auseinanderset­zungen notwendig waren.

Wie gesagt, ich glaube, das ist eine sehr ausgewogene Dienstrechts-Novelle, mit der wir viele Vereinfachungen im öffentlichen Dienst schaffen, mit der wir aber auch den Beschäftigten im öffentlichen Dienst Sicherheit geben und mit der wir letztlich auch mehr Motivation erreichen können. Wie gesagt, eine moderne und effiziente Verwal­tung kommt allen Österreichern und Österreicherinnen zugute, und darum geht es uns ja. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Breiner.)

15.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Sodl. – Bitte.

 


15.20.21

Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerinnen! Sehr geschätzte Frau Staatssekretärin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es überaus erfreulich und begrüße es, dass die Dienstrechts-Novelle 2007 im Bundesrat noch vor der Sommerpause Ihren Zu­spruch findet. Diese Dienstrechts-Novelle wurde von meinen Vorrednerinnen und Vor­rednern bereits sehr ausführlich besprochen, zahlreiche positive Änderungen und Be­stimmungen im Beamtendienstrecht wurden bereits angeführt.

Darum möchte ich mich in meiner Rede sehr kurz halten und für mich wichtige Punkte noch ansprechen, zum Beispiel die Schaffung einer Sabbatical-Regelung für alle Be­amten und öffentlich Bediensteten, die besoldungsrechtliche Gleichstellung – wie wir


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 112

schon gehört haben – von Fachhochschulabsolventen und Universitätsabsolventen, die Verbesserung im Pensionsrecht analog zum ASVG-Bereich und die Ausdehnung der Pflegefreistellung sowie mehr Transparenz bei der Besetzung von Leitungsfunktio­nen.

Ich meine, dass es nur gerecht und fair ist, die geforderte und in weiterer Folge in den Koalitionsverhandlungen und im Regierungsprogramm ausverhandelte „Hacklerrege­lung“ dem ASVG anzupassen und diese auch umzusetzen. Wie Sie sicher alle wissen, ist dies im ASVG bereits beschlossen worden. Der abschlagsfreie Pensionsantritt für Langzeitversicherte sowie die Halbierung des Abschlags bei der Inanspruchnahme der Korridorpension ist uns immer eine wichtige Forderung gewesen. Das ist mit der neuen Dienstrechts-Novelle auch gelungen. Ich glaube, davon profitieren alle.

Es scheint mir weiters sehr wichtig zu sein, dass die Pensionsbeitragsgrundlage für Zeiten des pensionsbeitragsfreien Karenzurlaubes zur Pflege eines behinderten Kindes berücksichtigt wurde. Im Bereich der Verleihung von schulfesten Lehrstellen möchte ich festhalten, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, diese Regelung aufrechtzuerhalten.

Im kommenden Schuljahr werden österreichweit zirka 1 500 Lehrerinnen und Lehrer mehr in unseren Schulen unterrichten. Dadurch wird die Qualität gesteigert, dadurch kann auf jedes einzelne Kind besser eingegangen werden. Gerade im Bereich der Bil­dung und Ausbildung müssen wir seitens der Politik die besten Rahmenbedingungen für unsere Jüngsten schaffen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Abschließend möchte ich mich bei allen, die an dieser umfangreichen, fortschrittlichen und innovativen Novelle mitgearbeitet ha­ben, recht herzlich bedanken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.23


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

 


15.23.42

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen auf der Regierungsbank, in welchen Funktionen immer anwesend! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh darüber, als Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst feststellen zu können, dass wir, einer alten Tradition folgend, auch diese Frühjahrs-Dienstrechts-Novelle wieder beschließen können, heute auch hier in der zweiten Kammer des Hauses. Es war ja in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer so, dass es eine Frühjahrs-Dienstrechts-Novelle und in der Folge auch eine Herbst-Dienstrechts-Novelle gegeben hat.

Der Berichterstattung konnten wir schon entnehmen, dass mit dieser heutigen Novelle mehr als 22 Gesetze geändert, angepasst und an die reale Situation angeglichen wer­den. Es hat mich ein bisschen betrübt, dass sich an der Frage der schulfesten Stellen letztendlich alles für einige Zeit gespießt hat.

Frau Bundesminister! Ich bin schon bei Ihnen gewesen, als Sie gesagt haben, man möge den Kollegen Neugebauer in die Verhandlungen mit einbeziehen. Aber so billig können Sie es sich nicht machen, weil Kollege Neugebauer in seiner Verantwortung als Vertreter der GÖD gemeinsam mit Ihren Fraktionskollegen Korecky und Holzer ge­handelt hat. Dass man hier so tut und den Ball an den Schwarzen Neugebauer spielt – so ist es nicht! Wir haben hier in allen Punkten unsere gewerkschaftliche Verantwor­tung wahrgenommen, und ich bin froh darüber, dass diese Regelung jetzt so kommt.

Die Frage der Anerkennung der Fachhochschulabsolventen hat weit über den Bereich des öffentlichen Dienstes hinaus Bedeutung. Ich kann mich daran erinnern, dass ich in meiner ersten Bundesratsperiode von dieser Stelle aus an Herrn Staatssekretär Einem


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appelliert habe. So lange ist es schon her, dass wir hier versuchen, die Anerkennung durchzuführen.

Wir haben uns in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst immer darum bemüht, weil ne­ben der klassischen Beamtenkarriere damit ja auch verbunden ist, dass die Absolven­ten der Fachhochschulen in der freien Wirtschaft eine bessere Einstufung bekommen. Da geht es nicht nur darum, ob jemand die A-Laufbahn in einem Ministerium oder in der Landesverwaltung erreicht, sondern wenn derjenige als Fachhochschulabsolvent zu einem Steuerberater oder sonst irgendwohin in die Privatwirtschaft geht, dann sagt man ihm dort: Im Bund bist du in B eingestuft, was willst du daher von mir? – Darum ist es wichtig, dass wir hier für viele Bereiche endlich die Gleichstellung haben.

Genauso haben wir jetzt – weil Frau Kollegin Mühlwerth immer wieder so gern von den Privilegien der Beamten spricht – die Möglichkeit, dass der öffentliche Dienst in der Frage der Langzeitversicherten nachzieht. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber in der Privat­wirtschaft ...!) Frau Kollegin Mühlwerth! Wenn Sie mir 2 Minuten zuhören, dann verste­hen Sie vielleicht auch den Unmut mancher unserer KollegInnen, die im pragmatischen Bereich sind und die als „privilegierte“ Beamte wesentlich später in Pension gehen kön­nen als die Versicherten im ASVG.

Also: Immer nur so zu tun, als ob im öffentlichen Dienst der Himmel voller Geigen hin­ge und die anderen keine anderen Maßnahmen hätten, so billig kann man es sich auch nicht machen! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Es werden hier nicht neue Privilegien festgeschrieben, auch nicht in der Frage des Sabbaticals. Diese Regelung ist eine, zu der wir uns bekennen.

Zur Frage der Pflegefreistellung für die Kinder und auch zum Karenzurlaub für behin­derte Kinder: Ich bin froh darüber, dass wir in der Frage der Nebenbeschäftigung jetzt eine Regelung gefunden haben, mit der auch die Dienstbehörde in die Pflicht genom­men wird. Denn so einfach kann es ja nicht sein! Ich bin sicherlich kein Klassenkämp­fer und sage: die Hofräte und die Dienststellenleiter sind so arm, aber es gehört auch in die Verantwortung der Dienstbehörde, hier zu entscheiden und nicht zu sagen: Da wissen wir nichts!

Was die leidige Diskussion um die Besetzung der Disziplinarkommissionen betrifft – Frau Bundesminister, Sie wissen, was damit gemeint war –, ist es Gott sei Dank auch zu einer Regelung gekommen, sodass wir rundum sagen können: Die Frühjahrs-Novel­le zum Dienstrechtsgesetz 2007 ist eine, die wir auch aus der Sicht der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst begrüßen.

Ich bedanke mich bei allen, die mitverhandelt haben, auf Regierungsebene genauso wie bei meinen Kollegen im Vorstand der Gewerkschaft, bei den sozialistischen Ge­werkschaftern Korecky und Holzer – die bis zum Schluss gehalten haben – genauso wie bei unserem Vorsitzenden Fritz Neugebauer! (Beifall bei der ÖVP.)

15.28


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 114

15.28.518. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden (142 d.B. und 153 d.B. sowie 7724/BR d.B. und 7741/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Fröhlich. Ich bitte um den Bericht.

 


15.29.12

Berichterstatterin Christine Fröhlich: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Der Bericht des Gesundheitsausschusses über den Be­schluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchenge­setz geändert werden, liegt Ihnen vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


15.30.01

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Frau Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Tiertransportgesetz, das wir heute zu behandeln ha­ben, ist ein sehr wichtiges Gesetz, insbesondere wenn man all die Tiertragödien be­denkt, die sich auf den Straßen abspielen. Ich weiß nicht, ob schon jemand von euch dabei war. Ich war einmal dabei, als ein Fohlen-Transporter gestoppt wurde; was man da sieht, ist, dass 14, 15 Fohlen drinnen schon liegen und bereits Schaum vor dem Maul haben. Und es ist niemand da, der das gesetzlich geregelt hat!

Deswegen freue ich mich, dass diese Kontrolltätigkeit zur Pflicht wird. Nur, Frau Bun­desminister, wer bildet da eigentlich die Begleitpersonen oder die Fahrer aus? Da fährt einer heute mit Schotter, morgen mit Kohle – und dann soll er Tiertransporte durchfüh­ren?! So war es bisher, und im neuen Gesetz ist nirgends festgehalten, wie das neu geschehen soll. Es soll ja noch eine Verordnung darüber kommen, wie diese Ausbil­dung der Tierwärter oder dieser Fahrer sein sollte. Darauf wird es angekommen.

Es ist nämlich so, dass wir zum Beispiel in Kärnten im Jahr 2004 insgesamt 94 Kontrol­len durchgeführt haben. Dabei kam es zu 16 Anzeigen, 42 Abmahnungen und 11 Or­ganmandaten, 80 Prozent der Fälle waren nicht in Ordnung. Im Jahr 2006 gab es 201 Kontrollen; es kam zu 24 Anzeigen, 34 Abmahnungen und 73 Organmandaten. In 131 Fällen gab es Gesetzesübertretungen, das sind 65 Prozent!

Frau Bundesminister! Ein Zeitraum von nur 250 Stunden pro Jahr ist dafür aufgewen­det worden, die Tiertransporte zu überwachen. Wenn man sich vorstellt, dass man das rund um die Uhr machen sollte, dann kann man sich vorstellen, was da alles passiert, daher: dauernde Kontrolle!

Entscheidend ist aber auch der Befähigungsnachweis, Frau Bundesminister. Damit wird zwar schon ein Teil erbracht, aber es soll damit gleichzeitig irgendwie ein Teil mit einer Veterinärausbildung verbunden sein. Oder sind es dann zwei Personen, die diese Schulung oder diese Betreuung machen?


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Mich wundert nur eines, Frau Bundesminister. Ich möchte Tiere und Menschen nicht gleichsetzen, aber die Tiere sind uns anvertraut. Ich habe mich heute beim Heraus­fahren danach erkundigt und habe eine Rotkreuzstation angerufen, um zu fragen: Wie lange muss ein Rotkreuzhelfer ausgebildet werden, dass er überhaupt mitfahren und Betreuungen durchführen kann? – Er muss 400 Stunden ausgebildet werden, damit er diese Betreuung vornehmen darf.

Daher lege ich als Landwirt, als Bauer großen Wert darauf, Frau Bundesminister, und würde Sie um diese zusätzliche Verordnung bezüglich der begleitenden Personen bit­ten, ob das der Fahrer oder jemand anderer ist – beim Tierarzt ist es ohnehin klar, weil er das ja versteht, aber er ist nicht immer da –, und überhaupt verstärkte Kontrollen, weil das nicht nur so begrenzt bleiben soll. Das ist übrigens noch ausgelagert, das heißt, eine Privatfirma macht das, und man nimmt die Polizei zu Hilfe, die die Fahrzeu­ge stoppt.

Da ist meiner Meinung nach ein sehr großer Nachholbedarf gegeben. Man sollte das wirklich einmal anschauen und Erfahrungswerte über diese Missstände sammeln. Ich habe schon gesagt, dass ich nur einmal bei den Fohlen dabei war. Ich sage Ihnen, wenn Frauen, wenn Mütter das sehen würden, die würden einen Aufschrei, einen Auf­stand machen, dass so etwas überhaupt vom Gesetz geduldet wird.

Frau Bundesminister, was die Kilometer, die Entfernungen angeht: Es ist ja so, dass es von Polen bis zu uns praktiziert wird. In Österreich ist das geregelt mit 5 Stunden oder 4 Stunden, 4 Stunden und dann 45 Minuten Ruhezeit. Aber das ist im anderen Bereich nirgends geregelt.

Frau Bundesminister, dafür sind ja wir da! Die können nicht von Polen kommen und fahren über 1 000 Kilometer bei uns durch. Da haben wir nur eine Möglichkeit: Ich mei­ne, das muss europäisch geregelt werden. Wir reden immer von Europa, wir sind ein Vorzeigeland, und immer ist Österreich der Pionier. Dann müssen wir eben auch dort einmal sagen: Meine Herrschaften, alles muss stimmen! – Frau Bundesminister, danke schön! (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

15.35


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Wiesenegg. – Bitte.

 


15.35.34

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nister! Frau Staatssekretärin! Wenn man, so wie ich, mehr als vier Jahrzehnte in den Tierschutz eingebunden ist, davon zehn Jahre hauptverantwortlich, dann werden Sie verstehen, dass ich die Maßnahmen des neuen Tiertransportgesetzes 2007 begrüße, natürlich grundsätzliche Überlegungen mit einbringe, jedoch in weiten Bereichen die­ses Gesetz als unzureichend zum Schutz unserer Tiere beurteile.

Meine geschätzten Damen und Herren! Was glauben Sie, wie viele Tiertransporte le­gal – von den nicht legalen möchte ich hier gar nicht sprechen – in der EU durchgeführt werden? – Sage und schreibe mehr als 170 Millionen Tiertransporte, auf ein Jahr bezo­gen! Ein unsagbares Leid, wie jeder, der Verständnis für die Kreatur Tier aufbringt, mir auf jeden Fall bestätigen wird! Geschätzte Damen und Herren, Frau Minister: Mit wel­chem Recht maßt sich die Kreatur Mensch an, dem Tier solch unsagbares Leid zuzufü­gen?

Geschätzte Frau Minister! Somit stellt sich für uns die generelle Frage: Warum müssen Tiere überhaupt lebend transportiert werden und nicht das Fleisch der bereits getöteten Tiere? – Hier stellt sich wiederum die Frage, gnädige Frau, dass es prinzipiell um die


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finanziellen Mittel geht (Zwischenrufe bei der ÖVP), um Kühlwägen und dergleichen zu bezahlen.

Wenn nun in Österreich erfreulicherweise die Tiertransportdauer von viereinhalb Stun­den gesetzt wird, ist doch die Ausnahmeregelung – und Kollege Kampl hat das bereits angeschnitten – zur Verlängerung der Transportdauer nicht explizit, was alles zu ge­schehen hat, und dies noch regional festgelegt.

Meine geschätzten Damen und Herren! Natürlich ist die österreichische Regelung ge­genüber der EU mit bis zu 29 Stunden positiv, jedoch kein Grund für uns, die Hände in dieser Sache des Tierschutzes in den Schoß zu legen. Im Gegenteil, wir werden daran arbeiten müssen, generell in der EU, aber auch weltweit, meine geschätzten Damen und Herren, wenn es schon notwendig ist, tiergerechte Bedingungen zu schaffen. So­mit ist es unsere Aufgabe, vielleicht schon im Herbst in dieser Richtung parlamenta­risch tätig zu sein.

Ich sehe somit, Frau Minister, in diesem Gesetz keinen Meilenstein gegenüber unse­ren Tieren und zu deren Schutz. Daher kann ich schon aus ethischen Gründen diesem Gesetz nicht zustimmen, weil es die Problematik nicht löst. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

15.39


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


15.39.32

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Kollege Wiesenegg hat eigentlich vieles von dem vorweggenommen, was ebenso unsere Bedenken sind. Ich muss sagen, ich verstehe ihn hier sehr gut.

Der einzige Teil, der unsere Sympathie findet, ist, dass der Tierschutz-Ombudsmann Parteienstellung bekommt.

Nun eine kleine Anmerkung am Rande: Wir haben gerade vorhin über die gender­gerechte Sprachregelung gesprochen, die versagt wurde. Das ist aber nur das kleinere Übel. Das größere Übel dieses Gesetzes ist, dass es unserer Meinung nach nicht EU-konform ist. Gesetze, die nicht den EU-Richtlinien entsprechen und nicht mit der öster­reichischen Bundesverfassung übereinstimmen, hat es in den vergangenen Jahren ja schon mehrere gegeben. Solche Gesetze wurden immer wieder aufgehoben, anschei­nend hat sich aber gerade in diesem Punkt auch jetzt nichts geändert!

Ich meine, dass wir hier im Hohen Haus die Gesetzeskompetenz in diesem Land ha­ben und dass nicht die Gerichte und Einsprüche die Gesetze so machen sollten, wie sie letztlich sein sollten. Wir sollten Gesetze machen, die sowohl unserer Verfassung, aber auch den EU-Richtlinien entsprechen.

Diese Problematik finden wir auch bei den Transportzeiten. In Österreich – so steht es im neuen Tiergesetz – dürfen Tiere nur 4,5 Stunden lang am Stück transportiert wer­den. Das ist an und für sich eine ganz gute Regelung. Es gibt aber Ausnahmen, und zwar erstens aus geografischen Gründe, zweitens aus strukturelle Gründen und drit­tens im Fall, dass bestehende Verträge dagegen sprechen. Das heißt, wir verabschie­den heute eine neue gesetzliche Regelung, die eigentlich nur so vor Ausnahmen strotzt und die durchlöchert ist. Die gesetzliche Regelung mit den 4,5 Stunden, die wir beschließen, wird höchstwahrscheinlich gar nicht zum Tragen kommen, und es kann doch nicht Sinn eines Gesetzes sein, dass wir schon von vornherein eine Aushöhlung mitbeschließen! Noch dazu ist eine Konsequenz dieses Gesetzes Tierquälerei und Missbrauch von Tieren.


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Im selben Gesetz werden auch die Befugnisse des Tierschutzrates eingeschränkt. Die­sem Tierschutzrat, der einen anderen Zugang zur Tierhaltung und zum Tiertransport hat, werden Kompetenzen entzogen, und diese Kompetenzen werden dem Landwirt­schaftsministerium, der Landwirtschaftskammer, der Forschungsanstalt Gumpenstein und den Agrarlandesräten untergeordnet. Das heißt, die freie, unabhängige Organi­sation wird eingestellt. Man könnte sagen: Alles, was lästig ist, wird einfach abge­schafft. – Ich meine: Das kann es doch eigentlich nicht wirklich sein!

Das Tierschutzgesetz und das Tiertransportgesetz berühren zutiefst ethische Fragen. Wir haben es heute schon von meinem Vorredner gehört. – Wie gehen wir wirklich mit lebenden Tieren um? Sie sind unsere Nahrungsquelle, und ich weiß wirklich nicht, wa­rum man Tiere schlecht behandeln muss, noch dazu, da das auch nicht im Interesse unserer Bauern und Bäuerinnen sein kann! Wir sollten stolz darauf sein, dass wir in Österreich eine qualitativ hohe Landwirtschaft haben, die durchaus bemüht ist, die Pro­dukte – gerade im Gegensatz zur industrialisierten Landwirtschaft mancher unserer Nachbarländer und auch der EU-Länder – in bester Qualität auf den Markt zu bringen.

Dabei wäre es durchaus einfach, dem durch mehr Schlachtbetriebe Einhalt zu gebie­ten, denn damit verringern sich die Transportwege. Das Problem ist mit kurzen Trans­portzeiten zu beseitigen, und hinzu kommt noch der Aspekt, dass das die Kleinstruktu­ren durchaus fördern würde. All das, was uns hier vorliegt, weist aber in eine ganz an­dere Richtung, da nicht das Gesetz die Grundlagen darstellt, sondern die Ausnahmen ausschlaggebend sind. Die Ausnahmen sind hier tatsächlich die großen Probleme.

Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass die VertreterInnen der Landwirtschaft die­sem Gesetz mit diesen Ausnahmen zustimmen können!

Einem Gesetz, das den Grundprinzipien unseres Rechtssystems widerspricht, das für niemanden Verbesserungen vorsieht und das gegen das ethische Empfinden gerichtet ist, stimmen wir nicht zu. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

15.46


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais.

 


15.46.44

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich bin ein biss­chen verwundert über meine Vorredner.

Wenn Herr Kollege Wiesenegg sagt, das Gesetz ist unzureichend, dann wundert mich das vor allem in Anbetracht dessen, dass Bundeskanzler Gusenbauer, der ja auch der SPÖ-Fraktion angehört, Inserate schalten lässt, in welchen steht, dass dieses Gesetz ein Meilenstein ist und dass er es sehr befürwortet. (Zwischenruf des Bundesrates Wiesenegg.) Darüber bin ich wirklich ein bisschen verwundert! (Bundesrat Schen­nach: Er hat es nicht gelesen!) Ach so, er hat es nicht gelesen! Dann werden wir es ihn eben lesen lassen! (Bundesrat Stadler: Haben Sie nie eine eigene Meinung?) Oh ja! (Bundesrat Stadler: Verbreiten Sie jetzt Ihre eigene Meinung, oder ist das aufge­schrieben?)

Wenn dann noch gesagt wird, das Gesetz ist eigentlich nicht mit der EU-Richtlinie kon­form, dann kann ich nur dazu sagen: Das Gesetz stellt sogar eine Verschärfung dar, denn laut EU-Richtlinie sind die Fahrt- und Transportzeiten wesentlich länger! (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Der Tierschutzrat wird in diesem Gesetz aufgewertet. Außerdem möchte ich Ihnen noch etwas sagen: Tierschutz wird nicht von jenen am Schreibtisch betrieben, die nur schreien, sondern Tierschutz wird draußen von jenen betrieben, die mit den Tieren zu


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tun haben, nämlich von den Bauern und Bäuerinnen. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dann schauen wir uns einmal die privaten Tierhalter an, welche die Tiere nicht als Nutztiere, sondern nur zum privaten Vergnügen halten, ob dort alles in Ordnung ist! – Ich glaube, gerade in der Landwirtschaft achtet man sehr viel stärker darauf, die Tiere wirklich gut zu halten, denn eine Kuh gibt nur dann Milch, wenn sie auch gut gehalten wird. Daher legen die Bauern natürlich sehr viel Wert darauf, dass die Tiere gut gehal­ten werden. Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns alle einig: Wir wollen gesunde, qualitativ hochwertige Nahrungsmittel, bei denen auch die Rückverfolgbarkeit der Her­kunft möglich ist, und das natürlich auch zu günstigen Preisen. (Zwischenruf des Bun­desrates Schennach.)

All diese Anforderungen erfüllen unsere Bauern tagtäglich, und wir in der Politik haben die Aufgabe, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Bauern alle wichtigen Punkte erfüllen und natürlich auch ihren Lebensunterhalt verdienen können.

Wenn wir heute das Tiertransportgesetz beschließen, so nehmen wir einerseits eine Anpassung der EU-Verordnung vor. Andererseits gab es im Vorfeld und gibt es noch heute zu dem Gesetz große Diskussionen, denn dieses Gesetz soll den artgerechten Umgang der Tiere zum Ziel haben, gleichzeitig soll es für unsere Bauern und unsere Unternehmen aber auch praktikabel sein. Wir wollen nämlich weiterhin garantieren, dass wir heimisches Fleisch in den Verkaufsläden vorfinden.

Tiertransport ist unumgänglich. Wie Sie schon angesprochen haben, brauchen die Schlachthöfe eine gewisse Auslastung, damit sie wirtschaftlich sind, und daher gibt es in vielen abgelegenen Gebieten keine Schlachthöfe mehr. Ich sehe mir jetzt zum Bei­spiel nur meine Region, nämlich das Waldviertel, an: Wir wollen dort gesunde Tiere biologisch produzieren. Dadurch kommt es natürlich auch zu einer gewissen Fahrtzeit, bis die Tiere eingesammelt sind und zum nächsten Schlachthof kommen. Wir wollen, wie gesagt, das Fleisch dieser Tiere in den Verkaufsläden vorfinden, weil wir wissen, wie sie gefüttert werden und woher sie kommen. Es ist nicht in unserem Sinn, dort nur Fleisch aus Brasilien und Argentinien zu listen.

Wir haben in Österreich im Jahr 2005 ein Tierschutzgesetz geschaffen, das ein Muster­gesetz ist. Und auch das Tiertransportgesetz regelt, dass die Tiere keinem unnötigen Stress unterliegen, bis sie zum nächsten Schlachthof kommen. Tiertransport muss nämlich nicht immer mit Tierleid verbunden sein, wie es heute hier dargestellt wurde. (Bundesrat Wiesenegg: Tiertransport ist immer mit Tierleid verbunden!) – Nein!

Wir wollen kein Tierleid, und wir sind stets bemüht, Tierschutz auch in der Praxis zu le­ben. Ein Eckpunkt dieses Gesetzes ist die Transportdauer von viereinhalb Stunden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Dauer auf achteinhalb Stunden erhöht werden. Weiters bekommen all jene einen Befähigungsnachweis, die ihn bereits jetzt hatten, und zwar auf unbürokratische Weise. Die Zulassung der Transportunternehmen ist auf fünf Jahre vorgesehen, und sie wird um fünf Jahre verlängert, wenn keine maß­geblichen Verstöße vorliegen.

Dieses Gesetz steht aber auch für vermehrte Kontrollen, das haben wir gestern schon gehört: Es wird doppelt so viel kontrolliert wie bis jetzt. Und natürlich ist auch Seuchen­prävention ein wichtiger Punkt. Wie ich schon angeführt habe, wird zudem der Tier­schutzrat aufgewertet.

Abschließend gesagt: Dieses Tiertransportgesetz ist ein Gesetz zum Wohle unserer Tiere und für die Qualität unserer Lebensmittel, und es ist auch in der Praxis vollzieh­bar. Daher stimmen wir diesem Gesetz zu, und ich hoffe, Sie auch! (Beifall bei der ÖVP.)

15.53



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 119

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächste kommt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


15.53.34

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Diesner-Wais! (Zwischenruf der Bundesrätin Diesner-Wais.) – Ich habe ja gewusst, warum ich mich nach dir zu Wort melden möch­te.

Ihr hättet im Ausschuss vielleicht zuhören, der Beantwortung meiner Fragen lauschen und nicht nur dreinschauen sollen, als ob das eine fürchterliche Belästigung ist, wenn man Punkte im Ausschuss klarstellen möchte.

Du sagst, dass die Tiere gut behandelt werden und beim Transport nicht leiden müs­sen. Ich habe nachgefragt, wie sich das mit den verordneten Pausen verhält, die beim innerösterreichischen Transport anfallen, wobei diese Pausen ja jetzt gar nicht mehr gemacht werden müssen. Die Auskunft war, dass man den Lkw zumindest im Schatten abstellen sollte. – Glaubst du ehrlich, dass es nach acht Stunden Fahrt hinten in einem Lkw lustig ist, wenn eine Pause gemacht und man dann nur im Schatten abgestellt wird? Da steht nämlich auch nichts davon, dass die Tiere zum Beispiel etwas zu trin­ken bekommen müssen. Glaubst du ernsthaft, dass das Tierschutz ist? Das kannst du doch nicht ernst meinen! Hättest du aufgepasst, dann hättest du es auch gehört: Neun Stunden können sie durchfahren, ohne dass die Tiere zwischendurch getränkt werden müssen! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Zu den vermehrten Kontrollen habe ich auch eine Frage gestellt. In vermehrte Kontrol­len setzt das Gesundheitsministerium große Hoffnungen. Man will das seitens des Mi­nisteriums, darauf „können wir uns verlassen“. Es steht aber nirgends im Gesetz, dass es mehr Kontrollen geben wird. Es steht nur im Gesetz, dass die Kontrollen für die Bundesländer etwas kosten werden, es ist aber nirgends angeordnet, wie viele Kontrol­len gemacht werden müssen und wie dieser Kontrollplan auszusehen hat. Dieser wird erst kommen, und wir werden diesen zu beurteilen haben, wenn er vorliegt. Derzeit steht, wie gesagt, noch nirgends festgeschrieben, dass es doppelt so viele Kontrollen geben wird wie bisher.

Prinzipiell rede ich jetzt zum Tierschutzgesetz, das wollte ich jetzt nur aufklären. Wir würden aber dem Tierschutzgesetz, selbst bei getrennter Abstimmung, nicht zustim­men können: Diese Änderung bedeutet nämlich nicht eine Aufwertung des Tierschutz­rates. Ganz im Gegenteil! Meiner Meinung nach kommt da extremes Misstrauen zum Vorschein. Ich würde wirklich gerne wissen, warum Sie das machen! Wenn ein Gre­mium zu lästig wird, dann lässt man sich etwas einfallen. Wenn man ein Gremium ein bisschen mundtot machen will, dann setzt man zum Beispiel ein Drittel neue Leute ein, die mehr oder weniger in eine gewisse Richtung tendieren. (Zwischenruf des Bundes­rates Bader.)

Als besonders problematisch bei dieser Aufstockung des Tierschutzrates betrachte ich die Einbeziehung der Landesveterinärdoktoren, weil diese sich in Wirklichkeit dann ja indirekt auch selbst kontrollieren.

Wenn man will, dass ein Gremium ein bisschen weniger kritisch ist, dann kann man die Laufzeit der Verträge verkürzen und die Leute nur mehr auf fünf Jahre bestellen und nicht für den Zeitraum, so lange sie dabei sein wollen. Bisher mussten die diversen ausgewählten Gremien nur jemanden nennen, der sie im Tierschutzrat vertritt. Jetzt muss die Frau Ministerin diese Menschen bestellen.


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Im Übrigen tut mir in diesem Gesetzestext sehr weh, dass überall vom Bundesminister und von den Tierschutz-Ombudsmännern die Rede ist. Es gibt nämlich auch Frauen unter den Tierschutz-Ombudsmännern. Ich glaube, Sie sind auch eine Frau! Ich finde es schade, dass das gerade bei Ihnen geschieht. (Zwischenruf der Bundesrätin Gans­terer.) Ich weiß ja nicht, wie das passieren konnte, aber Ihnen hätte ich das wirklich nicht zugetraut. Bei Ihnen hätte ich erwartet, dass es gegendert ist, ehrlich! (Zwischen­ruf des Bundesrates Bader.)

Jedenfalls werden die Tierschutzratmitglieder jetzt entsendet und dann von der Minis­terin bestellt. Das heißt, es gibt einen Schritt dazwischen, und die Ministerin muss be­stellen. Weiters ist, im Gegensatz zu früher, die Bestellung nach fünf Jahren zu Ende beziehungsweise kann die Ministerin auch abberufen, was bisher auch nicht möglich war. Natürlich muss man eine Abberufung begründen, aber man kann abberufen, was bisher nicht möglich war, und das ist meiner Meinung nach ein Zeichen des Misstrau­ens gegenüber diesem Tierschutzrat.

Ein weiteres Zeichen von Misstrauen gegenüber diesem Tierschutzrat ist auch, dass im Gesetz festgeschrieben ist, dass die Kommunikation nach außen über das vom Mi­nisterium beigestellte Sekretariat laufen muss. Das verstehe ich auch nicht ganz, denn das hat ja offenbar bisher auch funktioniert. (Bundesrat Bader: Das dient zur Unterstüt­zung!) – Man kann es als Unterstützung sehen. Man kann es aber auch, wenn man will, als Misstrauen auslegen.

Der Tierschutzrat war eine der wichtigsten Neuerungen im letzten Tierschutzgesetz, und dieser Tierschutzrat wird jetzt in einer gewissen Form entmündigt. Diese Entmün­digung stellen nicht nur wir fest, sondern diese Entmündigung stellen auch die Arbeiter­kammer, die Veterinärmedizinische Uni und die Tierärztekammer fest. Den Österrei­cherinnen und Österreichern ist der Tierschutz ein wichtiges Anliegen. Uns ist der Tier­schutz auch ein wichtiges Anliegen, und es ist uns auch ein wichtiges Anliegen, dass die Einhaltung dieses Tierschutzgesetzes weiterhin möglichst unabhängig und seriös überprüft wird.

Deshalb werden wir dieser Entmündigung des Tierschutzrates nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.59


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Jany. – Bitte.

 


15.59.34

Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Mit dem Tiertransportgesetz wird die bestehende EG-Verordnung, die mit 5. Jänner 2007 erlassen wurde, ersetzt.

Herr Kollege! Die Eckpunkte dabei sind Meilensteine, die Festlegung der Dauer der Tiertransporte, die Zulassung der Transportunternehmen und die Ausstellung von Be­fähigungsnachweisen. Es wird dadurch verhindert, dass Tiere quer durch Europa transportiert werden. Es kann nicht jeder x-Beliebige Tiere transportieren. Jene Perso­nen, die Tiere transportieren, müssen in Zukunft einen Schulungsnachweis erbringen. Also eine bessere Ausbildung für jene Personen, die sich mit dem Tiertransport be­schäftigen.

Es ist eine innerösterreichische Höchstbeförderungsdauer bei Schlachttiertransporten von 4,5 Stunden bis zum nächstgelegenen Schlachthof vorgesehen. Im Hinblick auf die Struktur der heimischen Landwirtschaft und auf die geographischen Gegebenheiten besteht die Möglichkeit, nach 45-minütiger Pause den Transport von Tieren weitere vier Stunden fortzusetzen. Dies soll es Bergbauern auf entlegenen Höfen und auch


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Biobauern in geographisch gesehen ungünstigen Gebieten ermöglichen, Tiertransporte innerhalb Österreichs durchzuführen.

Im Falle von Nutz- und Zuchttieren wird eine innerstaatliche Beförderungsdauer von acht Stunden festgesetzt. Sollte aus geographischen Gründen eine Erreichung des Zieles in dieser Zeit nicht möglich sein, ist eine Verlängerung bis maximal zehn Stun­den erlaubt. Die österreichischen Bauern, die tagtäglich Verantwortung für ihre Tiere tragen und denen der Tierschutz immer am Herzen liegt, weil sie nicht nur mit den Tie­ren, sondern auch von den Tieren leben, sind es gewohnt, mit Lebewesen schonungs­voll umzugehen.

Dieses Gesetz, bei dem der Tierschutz im Vordergrund steht, ist richtungweisend in Europa. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.02


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky das Wort. – Bitte.

 


16.02.12

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Bundesräte! Ja, der Tiertransport ist am 1. März dieses Jahres zum Gesundheitsministerium gekommen, und seit vielen, vielen Jahren liegt er in vielen Bereichen auch im Argen. Es ist eigentlich einer aktiven Gesundheits­ministerin und vor allem einem hervorragenden Expertenstab dahinter und vielen Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern, auch einem ganz hervorragenden Mann vonseiten des Koalitionspartners, der uns hier auch im Tierschutzausschuss geholfen hat, Meilen­steine zu setzen, zu verdanken, dass es uns möglich war, so schnell, nämlich seit 1. März letztendlich innerhalb von zweieinhalb Monaten, zu reagieren. Dies ist nicht aus Jux und Tollerei geschehen, sondern wir mussten reagieren, und zwar nicht nur deswegen, weil wir der tiefen Überzeugung sind, dass wir einen entsprechend quali­tätsvollen Umgang mit Tieren haben sollen, sondern wir müssen ein EU-Gesetz umset­zen, nämlich letztendlich die europäische Verordnung Nr. 1/2005 über den Schutz der Tiere beim Transport. Daher ist es auch notwendig gewesen, sehr schnell zu reagie­ren.

Lassen Sie mich vielleicht zu den angesprochenen Themen, bevor ich allgemein da­rauf eingehe, etwas sagen! Das Schließen von Schlachthöfen ist eine bedauerliche Tatsache, die aber nicht im Rahmen des Bundesministeriums liegt. Letztendlich haben wir Ausnahmeregelungen auch deswegen geschaffen, weil wir in vielen Bereichen Ös­terreichs leider Gottes sehen – ich kenne Niederösterreich sehr gut und weiß, dass dort vielfach zentrale Schlachthöfe geschlossen worden sind –, dass der nächste Schlachthof nur durch den Transport von Tieren erreicht werden kann. Wir alle wün­schen uns, dass wir diesen Transport im Sinne der Tiere so gering wie möglich halten, müssen aber auch im Sinne von regionaler und saisonaler Qualität dafür sorgen, dass ein Transport trotzdem möglich ist.

Zum Beratungsgremium: Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich kritische Auseinander­setzung nicht scheue. Tatsache ist aber, es ist ein Beratungsgremium der Ministerin, und diese hat auch die Möglichkeit, darauf zu achten, dass ein möglichst breites Spek­trum von Menschen in diesem Gremium ist, die von den verschiedensten Seiten her In­formationen bringen. So haben wir auch EU-Verantwortliche mit einbezogen. Und ich glaube auch, dass die Einbeziehung von Vertretern der Landwirtschaft etwas Positives ist, denn das ist ein Teil dieses Bereiches.

Ich glaube auch, dass die Transparenz wesentlich ist. Bis jetzt war es nämlich so, dass Beschlüsse nicht nach außen getragen werden durften. (Ruf bei der ÖVP: Richtig!) Ich


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bin ein sehr transparenter Mensch. Ich denke, dass da hochqualifizierte Arbeit geleistet wird, und diese kann man auch sehr gerne nach außen tragen. Daher sehe ich über­haupt keinen Grund dafür, warum wir da Geheimhaltungspflichtungen haben. Persön­liche Eitelkeiten von Einzelnen sollten auch nicht der Grund dafür sein, dass ein Ge­samtkonzept nicht in irgendeiner Weise oder in eine Richtung verändert wird.

Ich möchte aber schon darauf hinweisen, welche Ziele diesem Gesetz zugrunde lie­gen. Da gibt es für mich drei ganz spezielle Ziele und auch Meilensteine. Das eine ist letztendlich die Förderung des respektvollen Umgangs mit dem Tier. Dass mir das ein Anliegen ist, habe ich ja schon bewiesen, indem wir unter dem Titel „Tierschutz macht Schule“ einige sehr gut dotierte Aktivitäten aus der Taufe gehoben haben. Ich halte es für sehr wesentlich, dass wir uns mit dem qualitätsvollen Umgang mit Tieren beschäfti­gen. Ich gebe Ihnen recht, wir haben diese Schulungen vorgesehen. In einer weiteren Verordnung wird noch darauf hingewiesen werden, wie diese Schulungen vonstatten gehen sollen. Ich glaube aber, dass es notwendig ist, ganz spezifisch auf diese Situa­tion Rücksicht zu nehmen.

Eines möchte ich Ihnen sagen – ich habe mir das in Spanien angeschaut und ich habe mir das auch in Österreich schon angeschaut –: Die größte Belastung der Tiere bedeu­tet das Auf- und Abladen. (Bundesrat Breiner: Genau diese Zeiten wurden herausge­nommen!) Die Beine werden beim Auf- und Abladen gebrochen, das ist also die Pro­blematik. (Bundesrat Ing. Kampl: Der Wassermangel!) Probleme gibt es nicht, wenn Transportwägen eine entsprechende Qualität haben und die Tiere transportiert werden. Das Abladen der Tiere stellt das eigentliche Problem dar, somit auch das zu häufige Auf- und Abladen.

Es ist für mich aber auch wesentlich, dass vor allem qualitätsvolle Schulungen stattfin­den und dass die Menschen wissen, dass sie mit Lebewesen umgehen. Ich glaube schon, wenn ich replizieren darf, dass es einen Unterschied zwischen Mensch und Tier gibt und daher der Notfallsanitäter natürlich eine andere Stundenanzahl bekommt als ein Tierbetreuer, wiewohl ich glaube, dass auch da eine hochqualifizierte Ausbildung vonnöten ist.

Zweitens ist es aber natürlich auch die Förderung der heimischen Lebensmittelqualität. Es wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass diese gerade in Österreich dank unserer Bauern, dank unserer Verantwortlichen eine sehr hochwertige ist und dass wir da sicher Vorbildfunktion haben können. Und ich glaube, dass diese Einschränkung von 4,5 Stunden durchaus ambitioniert ist. Ich bitte um Pardon, dass ich nicht EU-Kom­missar bin und mich daher in erster Linie nur für die Verbesserung der österreichischen Situation einsetzen kann. Aber ich werde mich natürlich bemühen, auch im Rahmen der EU-Gremien dafür zu sorgen, dass dieser unser Vorstoß in Österreich – wir haben sehr oft Vorstöße gemacht – auch in der EU umsetzbar wird. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke, dass wir hier in Österreich wieder ein deutliches Zeichen setzen. Und ich habe nach Vorlage des Gesetzentwurfes auch mit den zuständigen Juristen Kontakt aufgenommen, die Gesetzeskonformität festgestellt haben. Ich habe das auch im Aus­schuss mehrfach betont.

Mir ist aber auch wichtig, dass wir drittens durch Vorgaben hinsichtlich Beschaffenheit der Fahrzeuge, Reinigung und Desinfektion auch einen wichtigen Vorstoß im Hinblick auf Seuchenprävention gemacht haben, was immer wesentlicher wird, wenn wir Me­dienberichten über das Auftreten von Seuchen folgen. Und ich glaube, dass wir hier ein rundes Gesetz geschaffen haben, das noch nicht am Ende ist. Ich denke nur, wenn man nichts tut, dann ist man in der Kritik, und wenn man etwas tut, verständlicherweise auch. Das ist auch das Recht eines freien, demokratischen Landes. Und es hat nie­


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mand die Allwissenheit gepachtet. Aber ich glaube, es ist ein sehr guter erster Schritt, an dem wir arbeiten können und an dem wir auf der einen Seite zeigen können, wie wesentlich Tierschutz für uns ist, aber auf der anderen Seite auch, dass wir Rücksicht auf die spezifische geographische Situation Österreichs nehmen. Es muss auch in un­günstigeren Lagen das Transportieren von Tieren möglich sein.

Wir können Leute von der Teilnahme an Gütesiegelprogrammen nicht deswegen aus­schließen, weil sie das Pech haben, im hinteren Lesachtal einen Bauernhof zu betrei­ben, und ein Problem haben, mit ihren Tieren bis zum nächsten Schlachthof zu kom­men. Daher auch diese Ausnahmeregelungen, damit der unmittelbar nächste Schlacht­hof angefahren werden kann. Aber es muss zulässig sein, auch wenn es nicht immer innerhalb einer gewissen Stundengrenze ist. Ich glaube, dass das wichtig ist.

Ich bedanke mich auch für die sehr konstruktive Zusammenarbeit in allen Gremien, es ist eine schnelle Umsetzung gewesen und es waren gute erste Schritte. Es haben hier eigentlich alle Beteiligten sehr, sehr positiv mitgearbeitet. Ich glaube auch, dass wir so­wohl im Ausschuss als auch im Plenum wesentliche Punkte angeführt haben.

Ich ersuche Sie daher, heute diesem Meilenstein in der österreichischen Tierschutzge­setzgebung zuzustimmen, und bedanke mich dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

16.11


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

16.11.279. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle) (136 d.B. und 167 d.B. sowie 7725/BR d.B. und 7742/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


16.11.39

Berichterstatter Werner Stadler: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahr­gesetz 1967 geändert wird. Da Ihnen der Bericht schriftlich vorliegt, komme ich gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorla­ge am 17. Juli 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Sodl. – Bitte.

 


16.12.25

Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Die 28. Novelle des Kraft­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 124

fahrgesetzes beinhaltet im Wesentlichen Erleichterungen für den kombinierten Ver­kehr. Es handelt sich um ein reines Sachgesetz. Um den kombinierten Verkehr zu för­dern und zu einer Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene bei­zutragen, werden Erleichterungen für den kombinierten Verkehr geschaffen.

Bisher war die Möglichkeit der Ausnützung höherer Gewichte im Vorlauf- und Nach­laufverkehr auf die Verwendung von Containern und Wechselaufbauten beschränkt. Nunmehr sollen generell alle Fahrzeugkombinationen, die im kombinierten Verkehr unterwegs sind, die höhere Gewichtsgrenze ausnützen dürfen.

In weiterer Folge wird eine zeitgemäße Anpassung des Kraftfahrgesetzes vorgenom­men, eine praxisgerechte Gestaltung der Bestimmungen über Kraftstoffuntersuchun­gen und die Berücksichtigung der EU-Verordnung 561/2006 zur Harmonisierung be­stimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr.

Unter anderem wird eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für Ausnahmegenehmi­gungen für die Zulassung von Fahrzeugen aus auslaufenden Serien geschaffen.

Zur Erleichterung der Kontrolle der Entrichtung der Normverbrauchsabgabe können Finanzbehörden Zulassungssperren in die Genehmigungsdatenbank eingeben und diese auch wieder aufheben. Die bisherige Papierbestätigung entfällt in dieser Form.

Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Seitens der SPÖ werden wir natür­lich unsere Zustimmung erteilen. Ich ersuche auch Sie um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

16.14


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.

 


16.14.39

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Verkehr wird uns die nächsten Jahr­zehnte begleiten, es ist also ein ganz wichtiges Thema. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Zwei Drittel aller Gütertransporte werden heute mit dem Lkw durchgeführt.

Wir haben also da schon eine gewisse Verpflichtung, andere Möglichkeiten anzubie­ten. Und da gibt es zwei: die Wasserwege beschränkt auf die Donau, möglicherweise, aber vor allem durch den Ausbau der Bahn. Der Handel ist darauf angewiesen, dass wir da etwas machen, Infrastruktur bereitstellen, Ausbau der Infrastruktur.

Da ist für uns natürlich der Brenner-Basistunnel ein ganz wichtiger Faktor. Die Ver­handlungen über den Brenner-Basistunnel laufen gut, positive Signale aus Italien. Man hat sich das vor einigen Jahren gar nicht vorstellen können. Ein Van Miert kommt nach Tirol, um das Land zu besichtigen, um sich das Problem anzuhören, sagt seine volle Unterstützung in diesem Bereich zu. Das ist dem Landeshauptmann van Staa zu ver­danken. Durch seine Zähigkeit, aber auch durch sein Verhandlungsgeschick haben wir das erreicht. Die Gegner des Brenner-Basistunnels, zu denen auch das Tiroler Transit­forum und die Grünen gehören, haben in den letzten Wochen eine empfindliche Nie­derlage erlitten. Der Tunnel wird gebaut. Österreich, die EU entscheiden selbst, wie der gesamte europäische Verkehr verlaufen soll, ob über den Brenner oder unter dem Brenner.

Der Transport muss qualitativ hochwertig sein. Voraussetzung dafür sind aber Investi­tionen in die Verkehrsinfrastruktur.

Mein Vorredner hat ja die Vorteile der Novelle schon erläutert. Ich möchte vielleicht nur noch hinzufügen, eine neue Regelung findet sich auch für den Transport von Gefahr­gut, für Lenk- und Ruhezeiten. Diesbezüglich gibt es jetzt auch ganz genaue Bestim­mungen. Ein schwerer Verstoß ist zum Beispiel, wenn ein Lenker die tägliche oder wö­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 125

chentliche Höchstleistungszeit um 20 Prozent überschreitet und auch die Vorschriften betreffend Ruhezeiten nicht einhält. Die Erfahrung zeigt, wie Experten uns erzählen, dass manche EU-Länder die geltenden Vorschriften zu wenig ernst nehmen. Daher sind einheitliche Regelungen und Kontrollmöglichkeiten, wie sie diese Gesetzesnovelle enthält, unbedingt notwendig. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

16.18


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


16.18.54

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesrat Kritzinger! An und für sich wollten wir ja jetzt zustimmen, aber ich habe nicht gewusst, dass vom Brenner-Basistunnel da auch etwas in der KFG-No­velle drinnen steht, jetzt muss ich mir das ernsthaft überlegen.

Ich habe das in dem Gesetzestext nicht gelesen, dass wir jetzt den Brenner-Basistun­nel behandeln. Die einzige Verbindung, die mir einfallen würde, ist, dass wir vielleicht die Strafgelder künftig für Investitionen in den Brenner-Basistunnel verwenden könn­ten, damit die Infrastruktur Bahn nicht so belastet wird.

Scherz beiseite, wir werden natürlich trotzdem zustimmen, auch wenn der Basistunnel nicht drinnen steht. Wir werden natürlich dieser Änderung zustimmen.

Es gibt einige positive Kleinigkeiten, EU-Umsetzungsmaßnahmen im Bereich Lenk- und Ruhezeiten und bessere Kontrollierbarkeit. Es gibt Änderungen beim Kombiver­kehr, wurde schon erwähnt. Was uns doch ein bisschen stört, ist der Entfall des vorde­ren Kennzeichens beim Quad – warum das jetzt wegfällt, weiß ich nicht – und auch, dass bei den Rundholztransporten nach wie vor zu viel erlaubt ist und dass die erlaub­ten Distanzen leider auch oft überschritten werden.

Wir haben auch schon im Ausschuss angesprochen: Wir würden uns wünschen, dass bei der Winterreifenpflicht doch auch im Pkw-Bereich etwas weitergeht. Es wurde uns zwar gesagt, Lkw kann man nicht stehen lassen, deshalb brauchen sie Winterreifen, Pkw könnte man stehen lassen. – Ich denke, die wenigsten tun das dann auch. Darum würde ich schon sehr für eine Winterreifenpflicht auch für Pkw plädieren.

Auch die Zählregel im Omnibusverkehr bei den Schulbussen wäre doch ein wichtiges Anliegen, wo man vielleicht noch einmal nachrechnen könnte. – Wenn sich der Bren­ner-Basistunnel ausgeht, vielleicht geht es sich dann auch aus, dass Schulbusse nicht mehr überfüllt sein müssen. (Beifall des Bundesrates Boden.)

16.20


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 126

16.21.0610. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2007) (138 d.B. und 168 d.B. sowie 7743/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist wieder Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


16.21.19

Berichterstatter Werner Stadler: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Ver­kehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geän­dert wird.

Der Bericht liegt schriftlich vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorla­ge am 17. Juli mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


16.21.55

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Damen und Herren! Der Novelle des Gefahrgutbeförderungsgesetzes können wir leider nicht zustimmen. (Ruf bei der ÖVP: Überraschung!) – Wieso seid ihr immer so überrascht? Ihr werdet euch heute noch über unser Stimmverhalten fürderhin bei den EU-Themen aus dem Verkehrsausschuss wundern.

Aber ich wundere mich, dass ihr alle zustimmt, denn interessanterweise, wenn man sich die Stellungnahmen zu dieser Novelle des Gefahrgutbeförderungsgesetzes an­sieht: Der ARBÖ fordert, dass die Regelungen aus vor der Zeit der Novelle 2005 mehr oder weniger wieder eingeführt werden. Die Arbeiterkammer sieht das auch so. Das Innenministerium spricht sich gegen die Gefahrgutkategorisierung aus, ebenso der ARBÖ und die Arbeiterkammer. – Darum: So verwunderlich ist das jetzt nicht, dass wir es ablehnen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na ja, das Innenministerium hat, glaube ich, mit euch auch schon einmal ein bisschen etwas zu tun gehabt, und ARBÖ und Arbeiterkammer wären auf dieser Seite auch noch vertreten gewesen. Darum wundere ich mich jetzt, dass hier alle zustimmen. Und ihr könnt euch schon wundern, denn wenn die Grünen einmal einer Meinung mit dem ARBÖ sind, dann ist das doch ein wichtiges Zeichen, oder? Das sollte einem doch zu denken geben.

Uns gibt es jedenfalls zu denken, dass die Verantwortung für Gefahrguttransporte, die 2005 von den Arbeitgebern zu den Arbeitnehmern gewandert ist, jetzt unter einem so­zialdemokratischen Verkehrsminister nicht zurückwandert. Uns gibt zu denken, dass seit 2005 eine Fahrtunterbrechung wegen festgestellter Mängel zwar angeordnet wer­den kann, die Behebung dieses Mangels aber nicht unbedingt eine Grundvorausset­zung für die Weiterfahrt darstellt. Und uns gibt es auch zu denken, dass die Strafrah­men mit dieser Kategorisierung der Transporte stark eingeschränkt werden.

Ich glaube, das ist die Arbeiterkammer, die ich da jetzt zitiere: Bei einem Verstoß der Gefahrenkategorie zwei, bei dem die Gefahr einer erheblichen Verletzung oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt gegeben ist, ist der betreffende Unternehmer nur


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 127

mehr mit einer Strafe von 100 bis 4 000 € bedroht; bei Kategorie drei, geringe Gefahr einer Verletzung oder einer Schädigung der Umwelt, gibt es Strafen bis zu 80 € oder ein Organstrafmandat.

Ich habe so vergleichend nachgeschaut: Der Strafrahmen für die Nichtentfernung
eines Hundstrümmerls in einem Wiener Park liegt bei 200 bis 300 € und ich würde doch bitten, dass hier die Relationen wiederhergestellt werden. (Beifall des Bundes­rates Schennach.)

16.24


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster kommt Herr Bundesrat Molzbichler zu Wort. – Bitte.

 


16.24.48

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Staatssekretä­rin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund der Modifikation bei den internationalen Vereinbarungen und Vorschriften sowie wegen der Anwendungserfahrung kommt es zu einer weiteren Anpassung und Aktualisierung im Gefahrgutbeförderungsgesetz.

Konkret handelt es sich dabei um die Angleichung der Rechtsvorschriften der euro­päischen Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße und Bahn an den technischen Fortschritt. Mit dieser vorliegenden Novelle, werte Kolleginnen und Kolle­gen, werden einerseits die zwei Richtlinien der Europäischen Union umgesetzt und an­dererseits wird auf international geltende Übereinkommen und Empfehlungen bezüg­lich der Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, Schiene oder im Luftverkehr Rücksicht genommen.

Es spielt aber auch die praktische Erfahrung in Österreich eine meiner Meinung nach wichtige Rolle bei der Aktualisierung der Gesetzgebung. Damit soll das Gefahrgut­beförderungsgesetz noch wirkungsvoller werden, gleichzeitig soll der Verwaltungsauf­wand verringert beziehungsweise vereinfacht werden. So spiegelt die explizite Nen­nung der Austro Control als Empfängerin von Unfallmeldungen im Luftverkehr die Re­alität wider und verursacht keine Mehrkosten.

Aufgrund eines Vorschlages der Kontrollbehörden soll es zu einer Verringerung der Strafdrohung für den Lenker in der Gefahrenkategorie eins kommen, jedoch gleich­zeitig zu einer leichten Erhöhung bei den Gefahrenkategorien zwei und drei. Es wird davon ausgegangen, dass es sogar zu einer Einsparung seitens der Länder kommen könnte, da über die Anordnung der Unterbrechung einer Beförderung auf der Straße künftig in einem einzigen Verfahren zu entscheiden ist und das nicht mehr zunächst vorläufig und ausschließlich vom Landeshauptmann endgültig auszusprechen ist.

Somit kann die Kontrollbehörde direkt entscheiden, ob und wie die weitere Beförderung innerhalb Österreichs stattfinden soll. Ob dies jedoch tatsächlich zu Einsparungen füh­ren wird, bleibt meiner Meinung nach abzuwarten. Bei dem Gefahrgutbeförderungsge­setz muss jedoch unbedingt darauf hingewiesen werden, dass die Gefahrgutbeförde­rung in Österreich, etwa auch durch das ständig wachsende Aufkommen von Lkw-Transporten, steigt.

Der Kontakt mit gefährlichen Gütern gehört heute schon zum Alltag, und jeden Tag fin­den tausende Gefahrguttransporte mit der Bahn oder per Lkw statt. Vor allem für die Einsatzkräfte ist es sehr wichtig, sich, etwa bei einem Unfall, rasch Informationen über den Inhalt solcher Transporte beschaffen zu können, um darauf auch professionell re­agieren zu können. Und wichtig ist dabei eine genaue Deklarierung des Gefahrgutes seitens der Transportunternehmen, aber auch eine entsprechende Ausrüstung und vor allem Ausbildung der Einsatzkräfte. Immer wieder höre ich von Feuerwehrleuten, spe­ziell in Kärnten, dass die Ausrüstung aufgrund des steigenden Schwerverkehrsaufkom­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 128

mens verbessert werden müsste. So fordert beispielsweise. sehr aktuell, die Feuer­wehr in Oberdrauburg in meinem Bezirk, in Spittal an der Drau, ein Gefahrgutfahrzeug, da der Schwerverkehr und somit auch der Transport von Gefahrgut im Drautal ständig steigt. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt wieder den Vorsitz.)

Erschwerend kommt hinzu, dass in Österreich noch immer falsch oder nicht deklarierte Gefahrguttransporte aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Laut Polizei ist die Dunkelziffer enorm hoch. So wurde etwa ein nicht deklarierter Gefahrguttransport von der Polizei in Villach vor zirka 14 Tagen aus dem Verkehr gezogen; beladen war das Fahrzeug mit 3,5 Tonnen giftigen Stoffen. Das Fehlen der Kennzeichnung des mitge­führten Gefahrgutes hätte bei einem Unfall für die Einsatzkräfte fatale Folgen gehabt. Darum, meine Damen und Herren, sind internationale Übereinkommen im Bereich des Gefahrguttransports, gute Ausrüstung für die Einsatzkräfte sowie weitere intensive Kontrollen notwendig, um die daraus resultierenden Risken zu minimieren.

Aufgrund der Verbesserung sowie der Anpassung und Aktualisierung stimmen wir der Novelle des Gefahrgutbeförderungsgesetzes selbstverständlich zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.29


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


16.29.31

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Über die Wichtigkeit der Reglementierung von Gefahrguttransporten dürfte Konsens bestehen. Dass wir hier Maßstäbe anlegen, die besonders sorgfältig und genau sind, darüber brauchen wir uns auch nicht lange zu un­terhalten.

Gefahrguttransporte sind eine sehr sensible Angelegenheit; bei Unfällen kann es zu enormen Umweltbelastungen, zu lebensgefährlichen Situationen kommen, deren Fol­gen oft nicht einschätzbar und auch nicht absehbar sind. Insbesondere im Alpenraum, in unserem sensiblen Lebensraum, sind deshalb auch entsprechende Sicherheitsas­pekte im Güterbeförderungsverkehr mit Gefahrgut unabdingbar.

Kollege Molzbichler hat schon einiges über die internationalen Vorschriften erwähnt, die im zweijährigen Rhythmus überarbeitet werden. Es ist auch wichtig, dass wir die­sen Beobachtungszeitraum haben, denn wir haben einen sich rasch entwickelnden technischen Fortschritt. Deshalb gilt es auch, diese EU-Richtlinien, dieses EU-Recht in österreichisches Recht umzuwandeln.

Übrigens: Bei dieser Novellierung sind wir bereits über der Zeit, auch die Übergangs­regelung ist bereits vor einigen Wochen abgelaufen. Also: Als „vorauseilend“ kann der heutige Beschluss ohnehin nicht bezeichnet werden.

Es ist auch wichtig, denke ich, im Rahmen dieses Gesetzes über Verwaltungsverein­fachungen im Sinne von Erleichterung bei der Ausstellung von Beförderungsgenehmi­gungen zu reden und diese auch zu beschließen. Damit soll aber auch die Forderung verbunden sein, dass Fachleute mit der Ausstellung dieser Genehmigungen befasst und beauftragt werden.

Bei allem Verständnis für Frau Kollegin Kerschbaum muss ich schon erwähnen, dass das, was sie gesagt hat, der Minister übe hier seine Kompetenz nicht aus, nicht stimmt. Da muss ich ihn ausreichend in Schutz nehmen, denn die Verkehrssicherheit ist in kei­ner Weise gefährdet. Das ist in Abrede zu stellen. Oder: dass die Einstufungen bei den Gefahrenkategorien nicht ausreichend sorgfältig seien, das scheint mir auch maßlos


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 129

überzogen zu sein. Außerdem haben wir festgestellt, dass wir heute ja die Umsetzung einer EU-Richtlinie beschließen.

Wenn man von einem Strafenkatalog spricht, den man ausweiten oder erhöhen soll, dann wundert mich das insbesondere bei der grünen Fraktion, die an und für sich im­mer dafür eintritt, keine Strafen zu verhängen. Dass ausgerechnet Ihre oder eure Frak­tion sich für die Ausweitung von Strafen einsetzt, das ist auch eine besondere Facette des heutigen Tages.

Noch etwas sei erwähnt: Natürlich können wir auch die Fahrer dieser Gefahrguttrans­porte nicht aus der Verantwortung entlassen, denn sie sind ja schließlich für die Siche­rung der Ladung, für die sichere Verwahrung der Ladung zuständig. Und ich glaube, es geht auch quer durch das Kraftfahrzeuggesetz, dass man hier eine entsprechende Ver­antwortung wahrzunehmen hat.

Ich kann jedoch unterstützend bekräftigen: Ziel sollte sein, auch gefährliche Güter so gut wie möglich auf die Schiene zu bringen. Aber es wird dem Verkehrsminister nicht so leicht möglich sein, zu jedem Betrieb eine Schiene, ein Gleis zu legen – da würde er wahrscheinlich in die Geschichtsbücher eingehen. Deswegen müssen wir auch hier entsprechendes Recht beschließen, um dann diese Gefahrguttransporte vor Ort und ans Ziel zu bringen. – Das wäre es zum Gefahrguttransport. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.33


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mosbacher. – Bitte.

 


16.33.16

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Staatsse­kretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle des Gefahr­gutbeförderungsgesetzes enthält einige Änderungen, die auf einen effizienteren Voll­zug abzielen und der Entwicklung anderer Rechtsbereiche Rechnung tragen.

Mit dem Gesetz werden umfangreiche Vorschriften des internationalen Gefahrgutbeför­derungsgesetzes einschließlich solcher der Europäischen Union in das nationale Recht umgesetzt. Die Änderung, die den Transport von Gefahrgut regelt, muss im zweijäh­rigen Rhythmus überarbeitet und immer wieder an die technische Entwicklung ange­passt werden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gefahrgut zu transportieren, das ist eine äußerst sensible Materie. Die Topographie beziehungsweise die geographische Lage von Österreich machen es nicht gerade leicht, optimale Sicherheit für Mensch und Tier und im Speziellen für die Verkehrsteilnehmer zu schaffen. Wichtig ist, dass jede Maß­nahme zu begrüßen ist, die mehr Sicherheit bietet, um Gefahren auszuschalten oder hintanzuhalten. Daher gilt es auch in diesem Zusammenhang, einen Appell an die Auf­traggeber zu richten, die mit dem Transport von besonders gefährlichen Gütern beauf­tragt sind, diesen über die Bahn abzuwickeln, sozusagen weg von der Straße, rauf auf die Schiene.

Ich bin froh, sehr geehrte Frau Staatssekretärin, dass Minister Faymann seitens des Bahnausbaus Prioritäten geschaffen hat – nicht nur in Richtung Brenner, sondern auch in Richtung Steiermark. Er hat in Kooperation mit dem Land Steiermark die Zusage ge­macht, dass der Semmering-Basistunnel endlich gebaut wird. Dafür möchte ich mich bedanken. Und Sie können mir glauben, sehr geehrte Damen und Herren, es ist höchst an der Zeit, dieses Projekt in Angriff zu nehmen.

Ich komme aus dem Bezirk Mürzzuschlag, der unmittelbar an den Semmering an­grenzt, ich kann Ihnen sagen: Der Lkw-Verkehr auf der S 6 hat enorm zugenommen;


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 130

selbstverständlich auch der Pkw-Verkehr. Und mit der Steigerung des Lkw-Verkehrs hat natürlich auch der Transport von gefährlichen Gütern zugenommen. Daher ist der Bau des Semmering-Basistunnels ein weiterer Schritt für mehr Sicherheit. Und opti­male Sicherheit ist das Ziel dieser Gesetzesänderung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion wird dieser Novelle ihre Zu­stimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

16.36


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Daher gelangen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.37.0511. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999 (36 d.B. und 160 d.B. sowie 7744/BR d.B.)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Europa-Mittelmeer-Luft­verkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhän­gen (69 d.B. und 163 d.B. sowie 7745/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Kooperationsabkom­men über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Repu­blik Korea andererseits samt Erklärung (84 d.B. und 164 d.B. sowie 7746/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Kooperationsabkom­men über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Ukraine (85 d.B. und 165 d.B. sowie 7747/BR d.B.)

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Kooperationsabkom­men über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 131

Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie dem Königreich Marokko (86 d.B. und 166 d.B. sowie 7748/BR d.B.)

16. Punkt

Jahresvorschau des BMVIT 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-321-BR/2007 d.B. sowie 7749/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zu den Punkten 11 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 11 bis 16 ist Herr Bundesrat Boden. – Ich darf um die Berichte bitten.

 


16.38.41

Berichterstatter Karl Boden: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Da­men und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Erklärung ge­mäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999.

Dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf die Antragstel­lung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 17. Juli 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technolo­gie über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Europa-Mittel­meer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen.

Auch da liegt Ihnen der Bericht schriftlich vor. Ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 17. Juli 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technolo­gie über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Kooperations­abkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem zwischen der Euro­päischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits samt Erklärung.

Auch dazu liegt Ihnen der Bericht schriftlich vor. Ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 17. Juli 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters komme ich zum Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Techno­logie über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Kooperations­abkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem zwischen der Euro­päischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten und der Ukraine.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Daher komme ich sogleich zur Antrag­stellung.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 132

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 17. Juli 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technolo­gie über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend Kooperations­abkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem zwischen der Euro­päischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten sowie dem Königreich Marokko.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich wieder auf die An­tragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 17. Juli 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technolo­gie über die Jahresvorschau des BMVIT 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Ra­tes.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorla­ge am 17. Juli 2007 den Antrag, die Jahresvorschau des BMVIT 2007 auf der Grund­lage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte. Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


16.42.31

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Mosbacher, wir Steirer sind gebrannte Kinder, was die Zusagen zu unseren Tunnel-Projekten betrifft. Ich glau­be, wir sollen uns erst dann bedanken, wenn wirklich gebaut wird. Aber wir haben alle die berechtigte Hoffnung, dass wir irgendwann einmal auch die Realisierung der ewi­gen Geschichte Semmering-Basistunnel erleben dürfen.

Der Grund meiner Wortmeldung ist aber die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits­programms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Berichte der Europäischen Kommission und auch des Rates und grundsätzlich aller Europäischen Institutionen sind ja an und für sich so formuliert, dass man von Grund auf eigentlich ohnehin nie dagegen sein kann. Daher habe ich mich bemüßigt gefühlt, auf zwei Punkte einzugehen, wo die ös­terreichische Haltung doch sehr wesentlich für die zukünftige Verkehrsentwicklung ist.

Ich denke, dass die gemeinsame österreichische Ablehnung der Einführung des soge­nannten Gigaliners auf unseren österreichischen Straßen für die Zukunft durchaus Sinn macht, sowohl, was die Belastung betrifft, als auch von der Topografie her. Es ist ja ohnehin nicht möglich, sich in Österreich mit diesen Fahrzeugmonstern, würde ich sagen, zu bewegen, denn damit kann man, glaube ich, nur auf geraden Autobahnen ohne Steigung fahren. Daher macht diese österreichische Haltung aus meiner Sicht durchaus Sinn und ist weiter zu verfolgen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 133

Dasselbe gilt auch für den Schienengüterverkehr. Da ist die klare Haltung vorhanden, dass wir natürlich den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern wollen. Auch da muss man jedoch realistischerweise hinzufügen, dass es momentan nicht einmal gelingt, den jährlichen Zuwachs des Lkw-Güterverkehrs auf die Schiene zu verla­gern – geschweige denn überhaupt größere Prozentanteile des Güterverkehrs von der Straße! –, weil wir wissen, dass wir in der Schieneninfrastruktur noch immer nachhin­ken.

Geplant ist seitens der Europäischen Kommission, auch im Logistikbereich europaweit Verbesserungen im Güterverkehr durchzuführen. Das heißt, man will gewisse Schie­nenstrecken für den Güterverkehr freihalten. Das ist eigentlich ein Projekt, das in Ös­terreich schon vor Jahren angeregt worden ist. Österreich ist dabei, und zwar mit dem Nord-Süd-Korridor, also der Brenner-Route.

Wie Herr Kollege Kritzinger schon gesagt hat: Der Brenner-Basistunnel ist, glaube ich, ebenfalls einmal grundsätzlich auf Schiene, wobei erfreulich ist, dass sich Österreich und Italien gestern dazu entschlossen haben, über 764 Millionen € an Co-Finanzierung von der Europäischen Kommission einzufordern. Ich glaube, bei diesem Finanzie­rungsvolumen des Brenner-Basistunnels geht es ohne Co-Finanzierung der Europäi­schen Union ohnehin nicht.

Der zweite West-Ost-Korridor wäre die Donauachse, aber da ist ebenfalls die Schie­neninfrastruktur im Ausbau, und ich glaube, à la longue gesehen und in Zukunft wird es ja auch erfolgreich sein, dass man die Güter doch dorthin bringt, wo wir sie gemeinsam haben wollen, nämlich auf die Schiene. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.46


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


16.46.18

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Da die Vertreter des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, was die Ausschüsse des Bundesrates betrifft, nicht ge­rade die Aufmerksamsten sind, das heißt, sehr oft durch Abwesenheit glänzen, hätten wir bezüglich der Jahresvorschau zwei, drei Fragen an Sie, Frau Staatssekretärin, die wir Sie ersuchen, nun in diesem Rahmen zu beantworten, da es nicht möglich war, in den Vorberatungen im Ausschuss dazu eine Information zu bekommen.

Im Prinzip ist es eine sehr beeindruckende Jahresvorschau auf fast 130 Seiten. Es gibt aber von unserer Seite vier Bereiche, Frau Staatssekretärin, bei denen ich glaube, dass eine Antwort von Ihnen notwendig wäre.

Bei der Post-Liberalisierung steht zum Beispiel etwas von dem Binnenmarkt der Post­dienste, der geschaffen werden soll. Da wäre es wichtig, zu wissen, was da die Posi­tion Österreichs ist und wie die Schaffung des Binnenmarktes bei der Post-Liberalisie­rung weitergeht.

Die zweite Frage, die wir in diesem Zusammenhang an Sie haben, ist: Wie geht es mit der Internalisierung der externen Kosten im Bereich des Straßengüterverkehrs – also Wegekostenrichtlinien und Eurovignette – weiter? Was sind da die nächsten konkreten Schritte?

Der dritte Punkt – und das ist einer, der besonders unter den Nägeln brennt, weil die ICAO-Generalversammlung bereits im Herbst 2007 stattfindet –: Wie schaut es im Sin­ne der Einbeziehung unter das Kyoto-Regime mit dem Emissionshandel und insbeson­dere mit der Kerosinbesteuerung aus? Wenn man das ernst nimmt, dann muss man


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eine Initiative genau zu der ICAO-Vollversammlung im Herbst setzen. Ist das geplant? Wie sieht das aus? Dazu steht in der Jahresvorschau nichts.

Kollege Perhab ist in der Auslegung dieser Jahresvorschau hinsichtlich eines Punktes sehr großzügig gewesen, indem er gesagt hat, dass die EU-Kommission plant, Schie­nen freizuhalten. Da haben Sie etwas unscharf gelesen, Herr Kollege! Es steht näm­lich auf den Seiten 4 und 5 – falls Sie nachlesen wollen –, dass die EU-Kommission plant, ein eigenes Netz für den Schienengüterverkehr zu schaffen.

Etwas beunruhigend dazu ist, was dort als österreichische Position steht: nämlich, dass es noch keine endgültige Position zu diesem Vorhaben gibt. Die Vorstellung eines eigenen Schienennetzes für den Güterverkehr ist sogar für unseren Eisenbahner Karl Boden etwas „grausam“!

Die Bundesregierung schreibt zwar, dass man topographische Gutachten einholt – das finde ich schon einmal gut –, aber ich glaube, dass man von österreichischer Position ein solches Ansinnen von vornherein eher zurückweisen sollte und vor allem das be­stehende Schienennetz ausbauen, intensivieren, verbessern und so weiter sollte.

Ich halte dieses Ansinnen, ein eigenes Netz für den Schienengüterverkehr quer über Europa zu legen, für völlig über das Ziel hinausgeschossen, und es macht mir einfach die österreichische Position, von der es in dieser Vorschau heißt, es gebe keine end­gültige Position der Bundesregierung dazu, ein bisschen Sorge.

Liebe Frau Staatssekretärin! Zu diesen vier Fragen würden wir Sie bitten, Stellung zu nehmen, da es nicht möglich war, im Ausschuss irgendjemanden vom Bundesmi­nisterium dazu zu befragen. Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesra­tes Boden.)

16.49


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort. – Bitte.

 


16.50.13

Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Christa Kranzl: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möch­te mich vorerst einmal für die doch breite Zustimmung zu den vorliegenden Gesetzes­anträgen bedanken, möchte aber auch ein paar Erklärungen anführen.

Vorrangige Verkehrsprojekte sind heute schon angesprochen worden. Sie wissen, heu­te ist ein ganz besonderer Tag: der letzte Tag der Antragstellung. Österreich hat heute TEN-Projekte eingereicht – insgesamt fünf vorrangige TEN-Achsen. Wir hoffen und erwarten uns da – im besten Falle –1 Milliarde € an EU-Fördermitteln.

Diese wichtigen fünf Achsen sind folgende: Einerseits die Eisenbahnverbindung von Paris bis nach Budapest. Davon ist sehr stark der Hauptbahnhof in Wien betroffen, aber selbstverständlich auch Maßnahmenprojekte in Niederösterreich und in Oberös­terreich, auch der Hauptbahnhof in Salzburg. Es sind auch die Nordautobahn in Nie­derösterreich und die Eisenbahnverbindung Prag-Linz betroffen, die sogenannte Su­merauerbahn.

Es ist damit auch die Einreichung des Projektes NAIADES verbunden – Ausbau NAIADES, das heißt, das flussbauliche Gesamtkonzept östlich von Wien, das mir be­sonders wichtig ist. Ich darf an dieser Stelle bemerken und auch besonders darauf auf­merksam machen: Es geht um die Verlagerung des Güterverkehr von der Straße auf die Schiene, aber selbstverständlich auch wieder auf die Wasserstraße – eine natür­lich vorhandene Ressource, die in der Vergangenheit wesentlich stärker genutzt wor­den ist und die sich für bestimmte Güter, und zwar sehr große, sperrige Güter, vor al­


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lem dort, wo der Zeitfaktor nicht unbedingt eine große Rolle spielt, anbietet. Es herrscht Übereinstimmung innerhalb der Europäischen Union, diese Achse wieder wesentlich stärker ins Leben zu rufen.

Der Brenner-Basistunnel ist natürlich das größte Projekt, das eingereicht worden ist. Zu Ihrer Information: Es ist ja vor Kurzem das „Memorandum of Understanding“ unter­zeichnet worden. Ich möchte wirklich betonen, dass da Verkehrsminister Werner Fay­mann ausgezeichnete Arbeit geleistet hat, denn er hat jetzt Schwung hineingebracht. Der Brenner-Basistunnel wird nach großer Diskussion tatsächlich gebaut, und auch innerhalb der Europäischen Union sind die Signale auf größtmögliche Unterstützung sehr positiv eingestellt.

Das, was vielleicht auch noch sehr wichtig ist, ist das Thema Galileo. Ich möchte Ihnen dazu auch eine Information geben, die wichtig ist: Es werden ja heute diese Koopera­tionsabkommen angenommen. Die breitflächige Nutzung der Satellitennavigation ist natürlich enorm wichtig, und zwar deshalb, weil globale Erdbeobachtung – das ist von ganz besonderem Interesse von österreichischer Seite her – natürlich auch möglichst international angesehen wird.

Sie wissen wahrscheinlich auch, dass Galileo in der bisherigen Form – nämlich als PPP-Modell mit einem Industriekonsortium zur entsprechenden Abwicklung – leider ge­scheitert ist. Das muss man offen und ehrlich eingestehen. Die Europäische Union hat das erkannt und hat im letzten Verkehrsministerrat im Juni den Auftrag erteilt, Vor­schläge zu erarbeiten, wie die Umsetzung und wie vor allem die Finanzierung erfolgen soll.

Es wird sich an den Gesamtkosten von geschätzten 12 Milliarden € nichts ändern, aber sehr wohl am öffentlichen Beitrag: Es war in dieser Budgetperiode bis 2013 1 Milli­arde € vorgesehen gewesen; jetzt werden 2,4 Milliarden € aufzubringen sein, und man wird, wie gesagt, nach Finanzierungsformen innerhalb der Europäischen Union Aus­schau halten müssen.

Positiv ist, dass alle Mitgliedstaaten von der Bedeutung von Galileo überzeugt sind, denn die Entwicklung macht nicht halt. Es haben neben den USA natürlich auch Russ­land und vor allem China und Indien bereits Projekte vorgestellt. Ich glaube, dass es ein ganz entscheidender Wettbewerbsnachteil wäre, würde die Europäische Union auf ein eigenes Satellitennavigationssystem verzichten.

Nun zu Ihren Fragen: Es tut mir sehr leid, wenn das Verkehrsministerium für die Aus­schüsse nicht immer Zeit gefunden hat. Sie wissen aber, dass es eben immer auch Termine in der Europäischen Union in Brüssel wahrzunehmen gilt, und leider Gottes überschneiden sich diese oft mit anderen Terminen. Ich werde diese kritische Bemer­kung aber trotzdem mitnehmen.

Ich versuche nun, Ihre Fragen zu beantworten.

Zur Postliberalisierung: Ich glaube, da haben wir alle die gleiche Meinung und Einstel­lung: Es gilt, den Versorgungscharakter zu wahren – das ist mir ganz persönlich wich­tig –, das bedeutet die Versorgung der österreichischen Bevölkerung nicht nur im städ­tischen Bereich, sondern selbstverständlich auch im ländlichen Bereich. Soweit die In­formationen mittlerweile auch hinausgegangen sind, gibt es in diesem Bereich in der Europäischen Union mittlerweile doch ein gewisses Umdenken – zumindest ist das et­was hinausgeschoben worden, weitere Schritte sollen erst 2009 diskutiert werden. Es ist jetzt also, würde ich sagen, einmal etwas Zeit gewonnen worden, aber der Versor­gungscharakter ist sicherzustellen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 136

Zur Wegekostenrichtlinie: Auch da, muss ich ganz ehrlich sagen, ist Österreich wirklich etwas ganz Hervorragendes gelungen: Wir haben die Zustimmung erhalten, Mautge­bühren anheben zu können. – Das war keine Selbstverständlichkeit!

Es schaut mittlerweile auch durchaus positiv aus, dass verstärkt externe Kosten in eine anstehende Novellierung eingerechnet werden können. Das bedarf aber natürlich ge­meinsamer Kraftanstrengung. Es ist noch nicht unbedingt so, dass das schon „geges­sen“ ist, aber wir werden da natürlich Lobbying betreiben. Ich halte das für ganz wich­tig, denn immer nur Errichtungskosten einzurechnen, stimmt einfach mit der Realität nicht mehr zusammen.

Das ist also, wie gesagt, ein ganz wichtiger Bereich, wobei 2008 die entsprechenden Arbeitskreise intensiv zu laufen beginnen werden. Die Eurovignette wird, wie es aus­sieht, aber erst irgendwann ab 2012 in die Realisierungsphase gehen können. – Wie gesagt, das ist noch nicht topaktuell.

Zur Kerosinbesteuerung: Sie kennen auch die österreichische Haltung, dass es da so­wohl Pro-Stimmen als auch Contra-Stimmen gegeben hat. Tatsache ist, dass eine Kerosinbesteuerung aber nur im internationalen Kontext funktionieren kann, denn sonst wäre das natürlich ein wesentlicher Wettbewerbsnachteil für die Fluglinien. – Da schaut es derzeit – zumindest was die Haltung von ICAO betrifft – nicht so aus.

Betreffend Emissionshandel und Einbezug des Luftverkehrs: Da gibt es sehr wohl Übereinstimmung, auch innerhalb der Europäischen Union. Das wird sich aber vorerst auf Europa konzentrieren, und dann soll versucht werden, besonders auch Länder wie die USA entsprechend mit einzubeziehen. Für Österreich und für die Europäische Uni­on ist aber geplant, den Luftverkehr ebenfalls in den Emissionshandel einzubezie­hen. – Das sind meine Kurzinformationen.

Zur Vorschau des BMVIT 2007 möchte ich wirklich auf einen Punkt hinweisen, der mir besonders wichtig ist, und zwar auf das Programm NAIADES. – Das ist die Wasser­straße Donau. Ich lebe ja direkt an der Donau, daher kenne ich natürlich die Entwick­lung sehr gut. Da liegt tatsächlich Potential, das derzeit viel zu wenig bekannt ist.

Ich darf vielleicht anführen: Es wird dazu ein großes Symposion geben. Österreich zählt momentan wirklich zu den aktivsten Ländern, denn die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, bis 2015 die nationalen Aktionspläne umzusetzen.

Da geht es einerseits um die Beseitigung von Engstellen an der Donau. Sie kennen das flussbauliche Gesamtkonzept östlich von Wien: Das ist ein sehr ausgereiftes und gut durchdachtes Konzept, auch in Abstimmung mit dem Nationalpark Donau-Auen. Meiner Meinung nach wurde da auch sehr große Rücksicht auf die natürlichen Verhält­nisse genommen.

Es ist aber auch ein Flottenausbausystem integriert, wo besonders die Modernisierung der Schiffe – mit umweltfreundlichen, leisen Motoren – entsprechend verankert ist. Es zählt dazu natürlich auch der kombinierten Verkehr, der für die Häfen besonders wich­tig ist. Das heißt: Wie kann man Güter zu den Hafenanlagen hinbringen? Da gibt es ganz tolle, bereits umgesetzte Maßnahmen, zum Beispiel im Ennshafen, wo bereits di­rekt Schienen hinführen. Natürlich geht es auch um Bewusstseinsbildung und Schu­lungen, überhaupt auch den Logistik-Unternehmungen die Wasserstraße beziehungs­weise den Verkehrsweg Donau wieder näherzubringen. – Das als Kurzinformation.

Ich bedanke mich noch einmal, dass diesen Gesetzesvorlagen die Zustimmung erteilt worden ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Bundesrat Schennach: Was ist mit dem eige­nen Netz für einen Schienengüterverkehr?) – Dazu werde ich Ihnen die Informationen noch zukommen lassen, wenn Sie einverstanden sind. Das würde den Rahmen heute sprengen. Okay? – Danke schön.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 137

Ich darf aber diese Gelegenheit auch dazu nützen – untypisch –, all jenen, denen der Urlaub noch bevorsteht, einen wunderschönen, erholsamen Urlaub zu wünschen. (All­gemeiner Beifall.)

16.59


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise den gegenständlichen Bericht getrennt erfolgt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnver­kehr, Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäi­schen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satelliten­navigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits samt Erklärung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satelliten­navigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten und der Ukraine.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen des Weiteren zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satelliten­navigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten sowie dem Königreich Marokko.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 138

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die Jahresvorschau des Bundesministe­riums für Verkehr, Innovation und Technologie 2007 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den ge­genständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.03.0117. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Abkommen zur Än­derung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unter­zeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 samt Schlussakte (100 d.B. und 174 d.B. sowie 7735/BR d.B.)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Internes Abkom-
men zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitglied­staaten über die Finanzierung der im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeit­raum 2008–2013 bereitgestellten Gemeinschaftshilfe im Rahmen des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens und über die Bereitstellung von Finanzhilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der vierte Teil des EG-Vertrags Anwendung findet (98 d.B. und 175 d.B. sowie 7736/BR d.B.)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Internes Abkom-
men zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitglied­staaten zur Änderung des Internen Abkommens vom 18. September 2000 über die zur Durchführung des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren (99 d.B. und 176 d.B. so­wie 7737/BR d.B.)

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend das Protokoll über explosive Kampfmittelrückstände (Protokoll V) (97 d.B. und 173 d.B. sowie 7738/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zu den Punkten 17 bis 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 17 bis 20 hat Herr Bundesrat Bader übernom­men. – Ich bitte um die Berichte.

 


17.04.52

Berichterstatter Karl Bader: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich bringe die Be­richte des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zu den Tagesordnungspunk­ten 17 bis 20, die alle in schriftlicher Form vorliegen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 139

Zu allen vier Tagesordnungspunkten hat der Ausschuss für auswärtige Angelegenhei­ten nach Beratung der jeweiligen Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag gestellt, gegen den jeweils vorliegenden Beschluss des Nationalrats keinen Einspruch zu erhe­ben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Molzbichler. – Bitte.

 


17.05.44

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Änderung des EU-AKP-Partnerschaftsab­kommens ist bedingt durch eine Änderung des Internationalen Verfahrensabkommens, speziell Artikel 96 und 97. Wenn eine Vertragspartei wesentliche Elemente des Coto­nou-Abkommens verletzt – dazu gehören zum Beispiel Menschenrechte, demokra­tische Grundsätze, das Prinzip des Rechtstaates sowie Korruption –, dann sind Kon­sultationsverfahren und geeignete Maßnahmen vorgesehen.

Darüber hinaus soll auch der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen im neuen Artikel 11b Rechnung getragen werden.

Auch der politische Dialog soll dadurch gestärkt werden.

Wir werden dieser Änderung zustimmen. Gerade dieser politische Dialog auf gleicher Augenhöhe ist meines Erachtens absolut notwendig.

Wenn man die gegenwärtige Situation genauer unter die Lupe nimmt, dann stellt man Folgendes fest: Das Cotonou-Abkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den derzeit 79 AKP-Staaten, der insbesondere die Zollkonditionen regelt und sich im Spannungsfeld zwischen der Handels- und Entwick­lungspolitik der Europäischen Union bewegt. Dabei, meine Damen und Herren, sind die Bereiche Entwicklungshilfe, Handel, Investition und Menschenrechte von sehr gro­ßer Bedeutung.

Im Mittelpunkt stehen jedoch die wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommen. Afrikani­sche Parlamentarier, werte Kolleginnen und Kollegen, Initiativen der afrikanischen und der europäischen Zivilgesellschaft kritisieren jedoch die gegenwärtige beziehungswei­se geplante Form dieser Partnerschaftsabkommen, da sie davon ausgehen, dass die­se Abkommen der lokalen Wirtschaft eher schaden und nicht für eine soziale und öko­logische Nachhaltigkeit stehen.

Die Europäische Union verlangt einen zollfreien Zugang zu einem Großteil der Märkte in den AKP-Ländern, und im Gegenzug dazu erhalten diese Länder einen weiteren Zu­gang zum europäischen Markt. Gegen die Preise importierter und hoch subventionier­ter EU-Nahrungsmittel haben aber Landwirtschaftsbetriebe der AKP-Staaten überhaupt keine Chance. Dazu gibt es mittlerweile unzählige Beispiele, so etwa das Trocken­milchpulver. Dieses hoch subventionierte Pulver aus Europa ist bereits jetzt um einiges billiger als vor Ort die produzierte Milch von afrikanischen Kleinbauern. Allein West­afrika wird mit über 21 Tonnen Milchpulver zu Dumping-Preisen überschwemmt; weit unter den Produktionskosten der einheimischen Bauern. Das ist weder für den Markt in Afrika noch für den Markt in Europa positiv.

Meine Damen und Herren! Immer häufiger sind vor allem junge Menschen gezwungen, ihr Land zu verlassen, da sie keine Existenzgrundlage mehr in ihren eigenen Heimat­ländern haben. Sie riskieren immer häufiger ihr Leben bei einer dubiosen Überfahrt ins vermeintlich goldene Europa.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 140

Freihandelsabkommen müssen gerecht und fair gestaltet werden, will man sich für die Millenniums-Entwicklungsziele und das oberste Ziel Armutsbekämpfung stark machen. Wenn wir, meine Damen und Herren, eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Europa und den AKP-Staaten anstreben, so muss dies auch vor Ort und speziell auch hier in Österreich geschehen. Das bedeutet etwa eine Erhöhung der Gelder für Ent­wicklungszusammenarbeit oder die Förderung der Bildungszusammenarbeit für Ju­gendliche und auch Studierende.

Ich hatte die Gelegenheit, einige Studierende aus AKP-Staaten kennenzulernen, die mit Hilfe eines Stipendiums einen Teil ihrer Ausbildung hier bei uns in Österreich absol­vieren. – Ich bin von ihrem entwicklungspolitischen Engagement und Wissen sehr an­getan. Solche Leute braucht es, die nicht nur hier als Fachkräfte ausgebildet werden, sondern auch Kooperationen und Vernetzungen zwischen Universitäten, Unternehmen und NGOs, zwischen Menschen in ihren Heimatländern und Österreich aufbauen und auch pflegen.

Das, werte Kolleginnen und Kollegen, verstehe ich unter einer gelungenen Partner­schaft. Die Förderung der Menschenrechte, die Stärkung der demokratischen Grund­sätze und des Prinzips des Rechtsstaates sowie die Bekämpfung von Korruption kön­nen meines Erachtens nur Hand in Hand gehen mit dem Miteinbinden zivilgesellschaft­licher Organisationen und Initiativen vor Ort. Was Österreich oder die Europäische Union dabei tun kann, ist die Forderung nach mehr Beteiligung der Abgeordneten der AKP-Staaten sowie der zivilgesellschaftlichen Initiativen am gesamten politischen Pro­zess der Verhandlungen zwischen Europa und den AKP-Staaten.

Diese Änderungen, meine Damen und Herren, können als Schritt in diese Richtung ge­nutzt werden, und daher sind wir für diese Änderungen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

17.11


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kühnel. – Bitte.

 


17.11.15

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Molzbichler hat schon eine Menge über das Cotonou-Abkommen gesagt. Ich möchte jetzt keine Wiederholungen vornehmen, aber doch kurz bemerken, um es auf den Punkt zu bringen: Wenn ein Land, ein Staat in Afrika vor allem versucht, mit der Zeit eine gute Regierung zu entwickeln, dann soll er eben durch die EU in gewissem Maße belohnt werden.

Auch wenn Afrika – wie Kollege Molzbichler ein bisschen darzustellen versucht hat – immer noch im wahrsten Sinne des Wortes ein „schwarzer Kontinent“ sei – bildlich ge­sprochen –, dann ist doch feststellbar, dass in einigen Ländern große Fortschritte ge­macht worden sind. Dazu gehören zum Beispiel sicher Botswana, Ghana, Tansania; aber auch Ägypten, Marokko haben auf wirtschaftlichem Gebiet einiges vorangebracht. Senegal ist sicher schon besser dagestanden, ist aber immer noch ganz gut dran. Na­mibia und Südafrika bemühen sich auch redlich, große Fortschritte zu machen.

Es gibt natürlich einige Länder in Afrika mit – sagen wir so – bemitleidenswerten Zu­ständen in jeder Richtung. Dazu gehören auf jeden Fall Simbabwe, Kongo und die total heruntergewirtschaftete Côte d’Ivoire.

Über die politische Dimension ist schon gesprochen worden. Außerdem hat der Herr Staatssekretär in einem Vorgespräch in der Säulenhalle gesagt, dass er zu dem Co­tonou-Abkommen einiges sagen wird, und ich möchte dem nicht vorgreifen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 141

Daher werde ich mich nun dem zweiten Thema zuwenden, nämlich dem sogenannten Kampfmittelrückstände-Abkommen, das beschlossen worden ist und bei dem es darum geht, dass nach der Beendigung von bewaffneten Konflikten Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Gefahren und Wirkungen explosiver Kampfmittelrückstände auf ein Min­destmaß zu beschränken, beziehungsweise dass durch die Räumung von nicht zur Wirkung gelangter explosiver Kampfmittel keine weiteren Gefährdungen eintreten.

Diese Kernbestimmungen des Protokolls sind einerseits hoch interessant. Man kann nur empfehlen, dass sich die diversen Beteiligten auch daran halten, denn – und hier einige kritische Bemerkungen –: Es gibt in den Vereinten Nationen zirka 190 Staaten, die EU hat 27, und im Ausschuss hat sich herausgestellt, dass bisher 32 Staaten die­ses Abkommen ratifiziert haben. Also 190 zu 32 – das ist eine sehr kleine Gruppe. Ich nehme an, so aus dem Bauch heraus, dass sicher die Hälfte der EU-Länder die Ratifi­kation schon vorgenommen hat, aber leider sind sehr wichtige Länder diesem Abkom­men noch nicht beigetreten. Das sind natürlich die USA, das ist sicher die Russische Föderation, das sind China, Israel, Libanon, nehme ich an, Irak, Iran und so weiter, die sind alle nicht dabei. Jene Länder, wo diese Auseinandersetzungen stattfinden, küm­mern sich im Grunde genommen um dieses Abkommen nicht besonders.

Es ist sehr schön, dass ein hoher ideeller Wert bei diesem Abkommen gegeben ist, aber in der praktischen Durchführung kann man im Grunde genommen, wenn man ehr­lich ist, nur an das Gute im Menschen appellieren und hoffen, dass es besser wird. In diesem Sinne spreche ich einen derartigen Appell aus.

Meine Fraktion ist selbstverständlich mit allen Abkommen einverstanden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

17.15


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


17.15.28

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich beim Kollegen Molzbichler für seine Ausführungen bedanken. Das waren sehr viele wichtige und sehr interessante Anhaltspunkte, die er hier vorgebracht hat. Ich halte es für wichtig, dass gerade solche Debatten auch mit Hintergrund geführt werden und auch Informationen für alle, die sich vielleicht nicht so mit den Themen befasst haben, bringen. Es war je­denfalls sehr interessant zuzuhören.

Wir dürfen bei allen Diskussionen über die AKP-Staaten zum Beispiel nicht vergessen, dass die Armut, die in vielen dieser Länder herrscht, eine direkte Folge von jahrhunder­telanger Ausbeutung durch europäische Staaten ist. Allein angesichts dieses Hinter­grundes haben wir eine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich diese Staaten bes­ser entwickeln können. Diese Verantwortung darf aber nicht so aussehen, dass wir die Rahmenbedingungen vorgeben und sagen: Ihr müsst euch jetzt so entwickeln, wie wir uns das vorstellen und wie wir es gerne hätten!, sondern das muss wirklich eine Part­nerschaft sein.

Dieser alte Kolonialgedanke, würde ich sagen, ist noch nicht aus allen Köpfen ver­schwunden. Es ist unsere Verantwortung, danach zu trachten, dass wir gemeinsam mit diesen Staaten dazu beitragen können, dass sich die Welt zu einem gerechteren Ort entwickelt und dass diese Staaten auch – wie Sie angemerkt haben, Herr Bundesrat Kühnel – ihren Willen umsetzen können, sich zu Demokratien zu entwickeln, sich auch wirtschaftlich auf eigene Füße zu stellen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 142

Ich möchte nur kurz auf zwei Punkte eingehen, die wir hier gemeinsam abstimmen. In Punkt 18 der Tagesordnung behandeln wir ein Abkommen, das die Finanzierung des 10. Europäischen Entwicklungsfonds zwischen den EU-Mitgliedstaaten regelt. Dieser EEF ist die finanzielle Hilfe der EU an die AKP-Staaten und die überseeischen Gebiete und Länder. Dieser Fonds wird von der Kommission verwaltet, ist aber nicht Teil des EU-Budgets, und gerade hier gibt es von Seiten des EU-Parlaments immer wieder Kri­tik. Das EU-Parlament kritisiert, dass es über den Fonds kein Kontrollrecht hat, da er ja auch nicht Teil des EU-Budgets ist.

Von den Mitteln dieses Fonds geht leider nur ein sehr kleiner Prozentsatz in die Berei­che ländliche Entwicklung und Landwirtschaft. Das ist insofern schade, weil ein Groß­teil der dortigen Bevölkerung gerade von der Landwirtschaft lebt. Es wäre also wichtig, dass mehr Geld in diese Bereiche fließt. Es ist auch eine lange Forderung von NGOs, dass man bei Entscheidungen über die EEF-Förderungen vor allem die Armutsbe­kämpfung berücksichtigt und auch hier einen Schwerpunkt auf die ländliche Bevölke­rung legt.

Noch ein paar Sätze zu Tagesordnungspunkt 20. Dieses Protokoll über explosive Kampfmittelrückstände tritt nach sechs Monaten in Kraft, sobald es von 20 Staaten no­tifiziert wurde. Laut Auskunft, die wir im Ausschuss bekommen haben, haben inzwi­schen 32 Staaten dieses Protokoll notifiziert. Es hat sich ein bisschen in die Länge ge­zogen, weil die russische Sprachfassung relativ lange Zeit nicht vorlag. Das ist jetzt der Fall, und wir können also jetzt hier auch über dieses Protokoll abstimmen.

Inzwischen ist Österreich glücklicherweise ein Vorreiter in Sachen Forderung eines in­ternationalen Verbotes von Streubomben und Streuminen. Das ist sehr erfreulich. Wir Grünen treten allerdings in diesem Zusammenhang dafür ein, dass, wenn wir von anderen Ländern fordern, ein Verbot für Streuminen und Streubomben zu verhängen, auch der Bestand des österreichischen Bundesheeres vernichtet wird. Ich finde, es wä­re nur konsequent, wenn wir uns international für ein Verbot dieser Waffen einsetzen, dass wir auch selbst keine besitzen und dass unsere Bestände vernichtet werden. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

17.19


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär Dr. Winkler, Sie ha­ben das Wort. – Bitte.

 


17.19.05

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angele­genheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Ich begrüße jede Gelegenheit, über Entwicklungszusammen­arbeit zu diskutieren. Wie sehr richtig gesagt wurde, ist Entwicklungszusammenarbeit nicht nur eine Sache der Regierungen. Natürlich haben die Regierungen Geld zur Ver­fügung zu stellen, aber Entwicklungszusammenarbeit ist auch eine sehr wesentliche Angelegenheit der Zivilgesellschaft – das wurde gesagt – und eine sehr wesentliche Angelegenheit der Parlamente. Gerade die Rolle der Parlamente, wenn es um die Ent­wicklungszusammenarbeit geht, scheint mir ganz besonders wesentlich zu sein.

Wir alle wissen, dass in den AKP-Staaten das parlamentarische Element, die parla­mentarische Dimension sehr oft noch nicht so entwickelt ist wie in unseren europäi­schen Ländern. Umso wichtiger ist es, dass unsere Parlamentarier, dass die europäi­schen Parlamentarier regelmäßig Kontakt mit ihren Partnerinnen und Partnern von den Parlamenten in den AKP-Staaten haben.

Nur so nebenbei bemerkt: Ich habe es als besonders ungehörig empfunden, dass an­lässlich eines solchen wichtigen Treffens zwischen den Parlamentariern der Europäi­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 143

schen Union auf der einen Seite und den AKP-Ländern auf der anderen Seite – die ab­wechselnd immer einmal in einem afrikanischen, einmal in einem karibischen, einmal in einem pazifischen und einmal in einem europäischen Land stattfinden – eine Me­dienkampagne entfacht wurde, nur weil das in einem eben sehr schönen Land stattge­funden hat. Ich sehe nicht ein, warum Tagungen, internationale Konferenzen immer nur am Nordpol oder, ich weiß es nicht, in Darfur stattfinden müssen.

Ich halte diese Diskussion, die die Parlamentarier führen, für ganz besonders wichtig.

Ich danke auch für die Zustimmung zu den drei Abkommen, die wir unter diesem Ta­gesordnungspunkt zu Cotonou heute behandeln. Der 10. Europäische Entwicklungs­fonds hat ja einen besonderen Bezug zu Österreich. Ich darf daran erinnern, dass der 10. EEF unter österreichischem Vorsitz in Papua-Neuguinea verhandelt worden ist. Wir reden hier immerhin von einem Betrag von 22,4 Milliarden € für die nächsten sechs Jahre. Dazu kommen noch ungefähr 2 Milliarden aus Mitteln der Europäischen Investi­tionsbank, und die Kommission bekommt für ihre Tätigkeit, für ihre Verwaltungstätigkeit noch weitere 460 Millionen €. Wir reden also von über 24 Milliarden €. Hier gilt es, den sinnvollen, richtigen, effizienten Einsatz dieser Mittel sicherzustellen.

Zwei Stichworte möchte ich, ohne in diesem Rahmen in allzu viele Details gehen zu können, doch erwähnen: Das eine ist Effizienz. Es war ebenfalls unter österreichi­schem Vorsitz, dass die Entwicklungszusammenarbeits-Minister einen sehr wesentli­chen Beschluss zu Fragen der Effizienz gefasst haben. Hier gilt es, eine Balance zu finden: einerseits zwischen dem Erfordernis und der Notwendigkeit zu kontrollieren, dass diese Mittel richtig eingesetzt werden, andererseits aber nicht ein Übermaß an Bürokratie einzuführen, das eben verhindert, dass diese Mittel effizient eingesetzt wer­den. Das ist ein schwieriges Unterfangen. In zahlreichen meiner Reisen, die ich in der letzten Zeit unternommen habe, auch gerade in afrikanische und karibische Länder, wurde mir immer wieder die Klage zugebracht, dass die Europäische Kommission so wahnsinnig kompliziert ist, dass es sehr schwierig ist, zu diesen Mitteln zu kommen; manchmal bekommt man die Mittel erst, wenn die Projekte schon vorbei sind.

Selbstverständlich ist es notwendig, den Einsatz dieser Mittel entsprechend zu kontrol­lieren – das sind unsere Steuermittel, das sind die Steuermittel der Mitgliedstaaten der Europäischen Union –, andererseits aber wollen wir ja keine Hürden aufbauen, son­dern wir wollen dafür sorgen, dass die Staaten, die das brauchen, für die Zwecke, für die sie es brauchen, diese Mittel auch bekommen.

Ein zweites Stichwort ist die Kohärenz. – Die Kohärenz, das heißt die Gesamtschau der Außen- und Entwicklungspolitik der Europäischen Union gegenüber Entwicklungs­ländern, ist ganz besonders wesentlich, denn wir dürfen nicht auf der einen Seite mit der einen Hand Mittel für die Armutsbekämpfung, für die ländliche Entwicklung, für Ge­sundheit, für Erziehung an die Entwicklungsländer ausgeben und mit der anderen Hand Politiken unterstützen und Politiken führen, die diese Ziele gefährden. Das kras­seste Beispiel ist natürlich die Lieferung von Waffen, aber nicht nur: Es geht hier auch um die Frage von Umweltschutz, es geht um die Frage des Sustainable Development, also der nachhaltigen Entwicklung. Hier muss eine gesamthafte Politik Platz greifen. Und wir in Österreich, die Bundesregierung hat sich vorgenommen, hier ebenfalls – das Außenministerium ist hier zuständig  – dafür zu sorgen, dass diese Mittel – Öster­reich beteiligt sich ja immerhin mit 2,4 Prozent an diesen 24 Milliarden € – effizient und kohärent eingesetzt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Es ist hier auch von den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen die Rede gewesen. Ich kenne die Kritik. Ich möchte aber schon darauf hinweisen, dass erstens die Notwendigkeit, solche Abkom­men abzuschließen, eine Tatsache ist, die darin begründet ist, dass die WTO entschie­


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den hat, dass die bisherigen Präferenzregime nicht dem WTO-Regime entsprechen, und es daher notwendig ist, andere Mittel zu finden, um diese Länder zu bevorzugen. Denn darum geht es: Es geht um eine Bevorzugung dieser Länder im Rahmen des ge­samten WTO-Regimes. (Der Redner stößt die vor sich auf dem Pult stehende Wasser­karaffe um.) – Ich bitte um Entschuldigung, Frau Präsidentin! Ich bin etwas stürmisch heute. Aber es ist so heiß. Vielleicht ist kühles Wasser ganz gut.

Das heißt, bis zum Ende dieses Jahres müssen diese Wirtschaftspartnerschaftsab­kommen, Economic Partnership Agreements, abgeschlossen sein. Und ich möchte schon darauf hinweisen – das wird immer wieder verschwiegen oder übersehen –, dass es sehr wohl asynchrone Marktzugänge gibt. Es ist nicht so, dass die Euro­päische Union verlangt, vollständigen Zugang zu den Märkten der Entwicklungsländer zu haben, und nur dann bereit ist, selbst Zugang zu den eigenen Märkten zu geben. Es gibt asynchrone Marktzugänge!

Zweitens: Es gibt sehr lange Übergangsfristen. Peter Mandelson, der zuständige Kom­missar für den Handel, hat davon gesprochen, dass die Europäische Union bereit ist, 15- bis 25-jährige Übergangsfristen vorzusehen.

Und drittens: Es ist richtig, dass die Europäische Union – ich sage: leider – immer noch einige wenige Produkte hat, wo sie selbst protektionistisch ist. Auch wir – ich will das ganz offen eingestehen – haben in Österreich ein durchaus legitimes Interesse, zum Beispiel was den Zucker betrifft. Hier sprechen wir aber von relativ kurzen Übergangs­fristen, und bis 2009 soll hier eine Liberalisierung eintreten. Ich glaube also, dass diese EPAs, diese wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommen, letztlich im Interesse der Ent­wicklungsländer sind, dass sie nützlich und sinnvoll sind und dass sie eine Ergänzung darstellen zu den Mitteln der Entwicklungshilfe an sich, also zu den bevorzugten Kredi­ten, zu den Grants und zu anderen Formen der technischen Zusammenarbeit.

Ich danke also für die Zustimmung zu den Cotonou-Abkommen. Ich glaube, das ist eine wichtige, gute Sache, und wir sollen weiterhin auch diesen Dialog über die Politik, über die Entwicklungszusammenarbeitspolitik führen.

Lassen Sie mich nur einige wenige Worte zu dem Abkommen über die Kampfmittel­rückstände sagen. – Herr Abgeordneter Kühnel! Sie haben ein Grundproblem des Völ­kerrechts angesprochen – und ich würde sogar weiter gehen und würde sagen: Sie ha­ben ein Grundproblem des Rechts angesprochen –: Sind deswegen, weil es Men­schen, Staaten gibt, die sich nicht an Vorschriften halten, die Vorschriften unnötig? – Natürlich nicht. Im Völkerrecht ist es ein bisschen komplizierter, denn da können Staa­ten in der Regel selbst entscheiden, ob sie wo teilnehmen wollen oder nicht teilnehmen wollen. Und es ist richtig: Wenn wir von 192 Staaten vorläufig einmal nur 32 haben, die dieses Abkommen ratifiziert haben, so ist das wenig. Und Sie haben auch recht, es haben wichtige Staaten traditionell – leider! – Abrüstungsabkommen, Rüstungskontroll­abkommen nicht ratifiziert.

Ich glaube aber dennoch, dass es eine Verantwortung von Ländern wie Österreich ist, das traditionell im Rahmen seiner Außenpolitik für Abrüstung und Rüstungskontrolle eintritt, dennoch nicht den Mut zu verlieren und dafür einzutreten, dass weitere Fort­schritte erzielt werden. Wir sind immerhin jetzt schon beim 5. Zusatzprotokoll. Wir ha­ben vor Jahren begonnen – ich kann mich noch sehr gut erinnern, ich war damals noch im Völkerrechtsbüro – mit einem bescheidenen Abkommen. Heute haben wir fünf Ab­kommen über Waffen, die unnötige Leiden verursachen und deren Herstellung, deren Einsatz kontrolliert wird. Wir werden hoffentlich bald – Sie haben es erwähnt, Frau Bundesrätin – ein 6. Abkommen haben über die Cluster Ammunition, über die Streu­munition. 


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Österreich ist hier auch wieder in einer Vorreiterrolle. Wir beginnen klein. Wir haben auch bei den Landminen klein begonnen und sind fast ausgelacht worden. Einige weni­ge Staaten haben gesagt, da wird nie etwas daraus. Heute sind über 130 Staaten Mit­glied dieser Konvention über Minen. – Wir werden auch hier nicht den Mut verlieren, dafür eintreten, und wir sind selbstverständlich auch im Gespräch mit den Kollegen vom Landesverteidigungsministerium, um zu sehen, wie wir in Österreich hier sinnvol­lerweise vorgehen können, damit wir Vorbildwirkung für andere Staaten haben.

Ich halte diesen Einsatz für Rüstungskontrollabkommen, für Abrüstungsabkommen ... (Aufgrund eines Ausfalls der Mikrophonanlage beendet der Redner seine Ausführun­gen.) – Danke schön, ich wünsche einen schönen Abend! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Staatssekretär Dr. Winkler – zu Präsidentin Haselbach –: Ich war eh schon fertig!)

17.29


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Daher ist die Debatte ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die Beschlüsse getrennt erfolgt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Abkommen zur Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 samt Schluss­akte.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten über die Finanzierung der im mehrjährigen Fi­nanzrahmen für den Zeitraum 2008–2013 bereitgestellten Gemeinschaftshilfe im Rah­men des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens über die Bereitstellung von Finanzhilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der vierte Teil des EG-Vertrags An­wendung findet.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Ver­tretern der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Änderung des Internen Abkommens vom 18. September 2000 über die zur Durchführung des AKP-EG-Partnerschaftsab­kommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend das Protokoll über die explosiven Kampfmittelrückstände (Protokoll V).

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

17.33.4221. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Energiegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft (133 d.B. und 177 d.B. sowie 7739/BR d.B.)

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal (29 d.B. und 178 d.B. sowie 7740/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zu den Punkten 21 und 22 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. (Staatssekretär Dr. Winkler erhebt sich von seinem Platz und verabschiedet sich von einigen der im Saal anwesenden Personen, nimmt aber nach Beginn der Verlesung der nunmehr zur Verhandlung gelangenden Tagesordnungspunkte durch die Präsiden­tin wieder auf der Regierungsbank Platz.)

Die Berichterstattung zu den Punkten 21 und 22 hat Herr Bundesrat Bader übernom­men. Ich bitte um die Berichte, und ich freue mich, dass der Herr Staatssekretär noch bei uns ist. (Heiterkeit.)

 


17.34.23

Berichterstatter Karl Bader: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Bundesmi­nister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, und zwar zunächst über das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Ener­giegemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft.

Der Ausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Zum nächsten Tagesordnungspunkt, Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal, berichte ich ebenfalls, dass der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten nach Beratung der Vorlage am 17. Juli mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


17.35.28

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Gestatten Sie, dass ich mit einigen Worten auf diese doch nicht ganz unwichtige Situie­rung einer Einrichtung in Wien verweise, die für die Entwicklung der Energiesituation im Südosten Europas eine große Rolle spielen kann und soll. Die Energiegemeinschaft


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ist eine internationale Organisation, die auf einem Vertrag zwischen der Europäischen Union einerseits und den Staaten Albanien, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien – Verzeihung: die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien; ich will mich ja keiner Kritik aussetzen –, Montenegro, Rumänien, Serbien und, vertreten durch die UNMIK, auch dem Kosovo aufbaut.

Das Ziel dieser Organisation ist es, für Südosteuropa einen verbindlichen Rechtsrah­men für stabile Regulierungsbedingungen für einen integrierten Energiemarkt, sowohl Gas wie Elektrizität, zu erreichen, die Versorgungssicherheit zu stärken, die Umwelt­standards und vor allem auch die Energieeffizienz zu verbessern und, was in diesem konfliktbeladenen Raum besonders wichtig ist, den Energieaustausch zwischen den Partnern zu stärken. Weiters soll die Energiegemeinschaft internationalen Finanzinsti­tutionen Investitionen in dieser Region erleichtern.

Dabei haben die Vertragspartner in Südosteuropa auch die Aufgabe übernommen, den Energie- und Umwelt-Acquis der Europäischen Union – zweifellos schrittweise – umzu­setzen, weil es ja das langfristige Ziel dieser Vereinbarung ist, diesen Bereich in den europäischen Strom- und Gasbinnenmarkt zu integrieren. Das ist ein Vorhaben, das naturgemäß in erster Linie für diese Staaten und die Menschen, die dort leben, große Bedeutung hat, aber es ist keine Frage, dass vor allem dort, wo es um die Umwelt­standards geht, das auch für benachbarte Regionen und damit für Österreich Bedeu­tung hat.

Es ist außerordentlich zu begrüßen, dass Österreich sich erfolgreich um den Sitz des Sekretariats dieser Energiegemeinschaft beworben hat, weil damit die Vielzahl von Ak­tivitäten Österreichs in Südosteuropa eine wirkungsvolle Fortsetzung findet.

Das gegenständliche Abkommen regelt in der üblichen Art und Weise die „Privile­gien“ – unter sechs Anführungszeichen gesprochen –, die einem solchen Sekretariat zu gewähren sind. Ich halte das, ich betone es nochmals, für einen höchst begrüßens­werten Schritt und die Tatsache, dass dieses Sekretariat in Österreich nun seinen Amtssitz genommen hat, vielleicht auch ein bisschen für eine Anerkennung für die be­sonderen Anstrengungen, die Österreich in Südosteuropa unternommen hat und, wie ich hoffe, auch weiter unternehmen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


17.38.54

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Dieses Bestreben, das Kollege Konecny gerade be­schrieben hat, ist natürlich auch in unserem Sinne zu sehen. Energiepolitik ist ein wesentlicher Faktor; diese nachhaltig und ökologisch sinnvoll zu gestalten immer eine wesentliche Forderung von unserer Seite. Diesem Gesetz werden wir natürlich unsere Zustimmung nicht versagen.

Dass aber dadurch, dass die Personen, die dort arbeiten, diplomatischen Status erhal­ten, gerade die Beschäftigten einer Energiegemeinschaft, deren Anliegen es ist, eben diese Energiepolitik umzusetzen, ausgerechnet von der lenkungsorientierten Steuer, der Mineralölsteuer, befreit sind, das ist wohl eine Ironie des Schicksals.

Der Wirtschaftsminister hat in diesem Zusammenhang Wien zur Energiehauptstadt Europas erklärt. Es könnte tatsächlich von großer Bedeutung sein, was die Vorhaben der EU hier sind. Wien selbst als solche zu bezeichnen, dazu fehlt noch ein ordentli­ches Stück an eigener Energiepolitik, wenn man bedenkt, wie die letzten Gesetze in diese Richtung ausgesehen haben. Wenn man dann noch nach Deutschland schaut,


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was man mit einer Energiepolitik bewirken kann, dann sieht man, dass man von der Energiehauptstadt Europas noch weit entfernt ist.

Wie gesagt: Dem Gesetz stimmen wir gerne zu. (Beifall bei den Grünen.)

17.41


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es liegen keine weiteren Wortmeldun­gen vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Energie­gemeinschaft über den Sitz des Sekretariats der Energiegemeinschaft.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit, obwohl ich Ihre Stimme, verehrte Frau Kollegin, nicht zählen kann. (Bundesrätin Mühlwerth ist nicht auf ihrem Platz.) Sie wissen, unsere Geschäftsordnung sagt, die Stimme ist vom, wie es so schön heißt, zugewiesenen Platz abzugeben. Aber es war trotzdem die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2007 betreffend ein Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

17.43.3723. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorga­nisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007) und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA‑Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden (Agrarrechtsänderungsge­setz 2007) (37 d.B. und 195 und Zu 195 d.B. sowie 7757/BR d.B.)

 



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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zum 23. Punkt der Tages­ordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Jany übernommen. – Ich bitte um den Bericht.

 


17.44.07

Berichterstatter Reinhard Jany: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsa­men Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007) und ein Marktordnungs-Über­leitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 und das Landwirtschafts­gesetz 1992 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2007).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Ich komme zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich weise gleich zu Beginn der Debatte darauf hin: Bei der Abstimmung ist natürlich dann ein erhöhtes Quorum vonnöten. Ich bitte, das zu berücksichtigen, wenn Sie sich die Rednerliste anschauen.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


17.46.11

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Österreichs Landwirtschaft ist geprägt von klein- und mit­telbäuerlichen Strukturen. 190 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe bewirtschaf­ten insgesamt 82 Prozent des Bundesgebietes. Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt bei 18,4 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, der mittlere Viehbesatz pro Hektar ist sehr niedrig.

Wer nun glaubt, dass die traditionelle Standesvertretung, der ÖVP-Bauernbund, die In­tereressen dieser vielen Kleinbetriebe vertritt, unterliegt offensichtlich einem Irrtum. Die Agrarrechtsänderungen der letzten Jahre sind immer zu Lasten von kleinen Bauern und Bäuerinnen gegangen – der Kleinstruktur.

Manche Funktionäre und Funktionärinnen bemühen sich sehr wohl, mehr Transparenz und Gerechtigkeit in die Verteilung der Fördermittel zu bekommen, letztendlich mit we­nig Erfolg. Manche Bauern nehmen daraufhin ihr Schicksal selbst in die Hand, gründen – wie man es zum Beispiel bei der IG-Milch gesehen hat – eigene Vertretun­gen, die dann regional, aber auch international agieren. Die IG-Milch hat zum Beispiel 6 500 Mitglieder in Österreich. (Ruf bei der ÖVP: Das ist international?!) – Sie agiert auch international! – Man kann nur hoffen, dass diese Organisation durchaus erfolg­reich agiert.

Ein wesentlicher Teil der Vergabe von Fördermitteln ist die Transparenz dieser Verga­be. Die größte ausgezahlte Subvention für einen Betrieb beträgt 894 000 €; die kleinste


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Subvention – so habe ich gelesen – beträgt 1,63 €. Bei der großen Summe ist es dem Steuerzahler nicht möglich, zu erfahren, wer diese Förderungen bekommt. 9 Prozent der Betriebe erhalten mehr als 50 Prozent aller Förderungen. (Ruf bei der ÖVP: Weil sie groß sind!) – Ja, diese unterliegen aber einer Geheimhaltung. Man weiß nicht, wer die bekommt. (Bundesrat Mitterer: Ihr wolltet ja in die EU! Oder seid ihr jetzt gegen die EU?) In Oberösterreich haben wir erreicht, dass Fördermittel offengelegt werden. (Rufe bei der ÖVP.) Die vom Land Oberösterreich vergebenen Förderungen, Subventionen. (Bundesrat Schöls: Schlecht informiert! Bingo!) Aber Sie werden offengelegt, und die­se Offenlegung fordern wir auch vom Bund!

Ich denke, es braucht sich in Wirklichkeit niemand hinter diesen Förderungen zu ver­stecken. Wenn sie rechtens gegeben sind, Herr Minister, steht einer Veröffentlichung doch im Prinzip nichts entgegen, so denke ich. Alles andere – und das gilt auch für Oberösterreich, Herr Kollege! – ist Geheimnistuerei dort, wo sie nicht notwendig ist, außer man unterstellt, dass hier Fördermittel in ungerechtfertigter Weise gegeben wer­den – und das will ich doch nicht machen. (Bundesrat Schöls: Das ist aber eine Un­terstellung!) – Das habe ich gerade gesagt: Das will ich nicht machen. (Bundesrat Schöls: Warum haben Sie es dann gemacht?)

Wir sind dafür, dass die Prämien der ... (Bundesrat Mag. Himmer: Anderen etwas un­terstellen ... und dann sagen: Ich will ja nicht unterstellen!) – Herr Himmer! Wir können schon weitermachen mit rhetorischen Spielereien! – Wir sind für die Vereinheitlichung der Acker- und Grünlandprämien, wie sie auch die EU vorsieht.

Das vorliegende Gesetzeswerk wird vermutlich auch vor dem Verfassungsgerichtshof nicht halten, weil es dessen bereits vorliegenden Erkenntnissen widerspricht. Wir sind unzufrieden mit diesen Änderungen im Agrarrecht. Es ist nicht zukunftsweisend, es betoniert Ungerechtigkeiten ein, und es entspricht nicht den Erkenntnissen des Verfas­sungsgerichtshofes. Deshalb werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

17.51


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. – Bitte.

 


17.51.53

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Sie haben gemeint: agrarisch angezogen! Nicht nur wegen dem neuen Markt­ordnungsgesetz, sondern weil heute Steirertag ist, habe ich das Jopperl rausgenom­men und gedacht, ich repräsentiere heute die Steiermark. (Der Redner weist auf sei­nen Steireranzug. – Beifall und Bravorufe bei SPÖ und ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Nach monatelangen zähen Verhandlungen, die teil­weise kurz vor dem Abbruch standen – flankiert von Demonstrationen, teilweise Falschaussagen in der Öffentlichkeit –, hat letztendlich die ÖVP den Weg für ein ver­fassungskonformes Gesetz, für mehr Gerechtigkeit, Transparenz und Mitbestimmung freigemacht. Ein Erfolg für die kleinen Bauern, für die Konsumenten, für den Tier­schutz, aber auch für uns.

Die Verfassungskonformität – Herr Kollege, ich glaube, diese ist gegeben, nicht, wie Sie meinten, diese gebe es nicht – für das gesamte Marktordnungsgesetz wurde sehr wohl hergestellt. Wichtige und grundlegende Änderungen werden mittels Gesetz gere­gelt, nur mehr technische Entwicklungen über Verordnungen. Eine Verrechtsstaatli­chung des Marktordnungsgesetzes ist damit gelungen.

In Zukunft werden bei Aufteilung der nationalen Reserve Milchquoten aliquot auf alle Milchbauern aufgeteilt. Dies hätte beispielsweise für die Vergabe im Jahr 2003, die sei­nerzeit Anlassfall für die Klage war, bedeutet, dass 38 000 Milchbauern, die damals


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 151

leer ausgegangen sind, ein Kontingent erhalten hätten. Konkret bedeutet dies für einen Bauern mit beispielsweise 70 000 Kilo Milchkontingent, dass dieser ein Kontingent im Wert von 1 000 € zusätzlich erhalten hätte.

Zusätzlich wurde in diesem Zusammenhang auch über die sogenannte Milchkompres­sion Einigung erzielt, was für Milchbauern, die Quoten zugekauft haben, bedeutet, dass es Erleichterungen im Zusammenhang mit Pachtverhältnissen gibt. Es wird in Zu­kunft nicht mehr nötig sein, einem Zuchtverband anzugehören, um eine Kälber-Prämie zu bekommen. Für Neueinsteiger wird es nicht erst, wie von der ÖVP verlangt, ab 12 Hektar, sondern bereits ab vier Hektar eine Prämie geben.

Einen ersten Schritt zur Anerkennung und Abgeltung von Härtefällen gibt es für die Be­troffenen der Betriebsprämien. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht kann zwar momen­tan das bestehende System nicht geändert werden. Die ÖVP konnte allerdings über­zeugt werden, dass eine Kommission eingerichtet wird, die aus Vertretern beider Re­gierungsparteien, neutralen Experten und betroffenen Bauern beschickt wird. Deren Aufgabe wird sein, alle Härte- und Problemfälle dahin gehend zu prüfen, eine EU-kon­forme Lösung für diese Menschen anzubieten. Darüber hinaus ist eine Überprüfung des bestehenden Betriebsprämienmodells im Rahmen des Health Check vereinbart.

Ein erster Schritt konnte auch in Richtung Mitsprache bei der Vergabe der Gelder für die ländliche Entwicklung gesetzt werden. Diese wird im Rahmen der paritätisch zu be­setzenden § 7 Abs. 2-Kommission auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes abgehan­delt werden. Diese erarbeitet Vorschläge und Konzepte, in deren Rahmen die Vergabe der Finanzmittel der ländlichen Entwicklung breit diskutiert werden muss.

Darüber hinaus wurde mittels Entschließungsantrag des Nationalrates der Herr Bun­desminister für Land- und Forstwirtschaft aufgefordert, die rechtlichen Möglichkeiten für eine spezifische Rechtsbasis für die Programme zur Entwicklung des ländlichen Rau­mes auf Grundlage von gemeinschaftlichen Normen zu prüfen. Verbraucherrechte und Tierschutz sind als Zielbestimmungen im Marktordnungsgesetz verankert.

Damit sind die berechtigten Interessen nach gesicherten Informationen über die Le­bensmittel im Allgemeinen oder Transparenz über Gentechnik in Nahrungsmitteln für Konsumentinnen und Konsumenten erstmals berücksichtigt. Aufgeklärte Konsumentin­nen und Konsumenten haben auch verstärktes Interesse an hohen Tierschutzstan­dards, was damit sichergestellt wurde.

Die Offenlegung der Agrarförderung für jeden bäuerlichen Betrieb wird ab 2009 die Diskussion um eine gerechte Verteilung der Agrarförderungen nach Maßgabe der Ar­beitserschwernis, des Arbeitsaufwandes und der sozialen Gerechtigkeit unterstützen.

Wir werden dieser Gesetzesvorlage gerne unsere Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.57


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


17.57.20

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren im Bundesrat! Zum Herrn Kollegen Breiner: Wenn Sie sagen, der Bauernbund vertritt die Bauern nicht, dann muss ich da­zu sagen, der Bauernbund vertritt die Bauern bereits seit 100 Jahren – egal, ob groß oder klein. Er vertritt sie gut, und er ist die einzige Organisation, die sie wirklich vertritt. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei SPÖ und Grünen.)


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 152

Wenn Sie mit Zahlen argumentieren, dann sollten Sie auch die richtigen nennen, denn Sie sagen, der, der am wenigsten bekommt, bekommt zirka 1,63 €. Dazu muss ich ent­gegnen, so eine kleine Summe wird gar nicht ausbezahlt.

Was mich auch noch sehr gestört hat, ist, dass Sie ständig von Fördermitteln spre­chen. Wir mussten mit 1992 und dann mit dem EU-Beitritt 1995 eine starke Reduktion der Preise der landwirtschaftlichen Agrarprodukte erfahren. Damals wurden Aus­gleichszahlungen für den niedrigen Preis, der eben jetzt auf dem Markt erzielt werden kann, festgelegt – und keine Förderungen!

Zum Marktordnungsgesetz als Gesamtem: Das war im wahrsten Sinne des Wortes eine sehr schwere Geburt, denn bereits vor eineinhalb Jahren ist der Begutachtungs­entwurf aufgelegt worden, und heuer am 14. März gab es im Ministerrat einen einstim­migen Beschluss für das Marktordnungsgesetz. Dann gab es eine lange Zeit der Dis­kussion, und erst heute, am 20. Juli, können wir das Gesetz wirklich endgültig – rück­wirkend mit 1. Juli 2007 – verabschieden. – Das ist bereits fünf Minuten nach zwölf. (Präsident Mag. Erlitz übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich möchte mich aber trotzdem im Namen aller Bauern, ob klein, ob groß, ob Acker-, Wein- oder Milchbauer, dafür bedanken, dass wir dieses Gesetz heute beschließen. (Bundesrat Stadler: Danke den SPÖ-Bauern!)

Das Marktordnungsgesetz ist nämlich ein Herzstück der Landwirtschaft. Es ist die Le­bensgrundlage für alle wirtschaftlichen Entscheidungen auf unseren Bauernhöfen. Vor allem die jungen Hofübernehmer waren jene, die in einem rechtsleeren Raum gestan­den sind, die eigentlich nicht gewusst haben, wie sie jetzt weiter ihren Arbeitsplatz Bau­ernhof gestalten und absichern sollen, denn sie brauchen natürlich auch Rechtssicher­heit und Planungssicherheit, um ihren Betrieb zukunftsorientiert gestalten zu können. Die Politik ist verpflichtet, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Poli­tische Parteitaktiken, glaube ich, sind da fehl am Platz. Politik soll nicht auf Kosten der Bauern ausgetragen werden.

Ich war am 2. Juli bei einer Familie, die 26 Mutterkühe hat, und diese Familie hat am 2. Juli eigentlich nicht gewusst, ob sie für die Mutterkühe Zahlungen bekommen wird; es war eine sehr große Verunsicherung da. Es hat mich ebenfalls eine Frau angerufen, deren Mann plötzlich gestorben ist, und sie allein kann die Viehzucht, die Milchwirt­schaft nicht mehr betreiben. Sie hat auch schon einen Käufer für ihr Milchkontingent gehabt, jedoch war es nicht möglich, das Milchkontingent in dieser Zeit zu handeln. – An solchen Beispielen wird deutlich, wie schwierig es für manche Familien in dieser Zeit war, und daher, glaube ich, ist es gut, dass wir jetzt dieses Gesetz beschließen.

Was ist damit gelungen? – Rechtssicherheit für 130 000 bäuerliche Betriebe zu errei­chen. Wir lassen mit diesem Gesetz keinen Cent in Brüssel, die Milchquoten werden eben wieder handelbar, die Kalbinnen-Prämien können ausgezahlt werden, die Zucht­organisationen werden gestärkt, die Mutterkuh-Prämien sind gewährleistet, die Milch-Kompression ist möglich, es erfolgt eine lineare Aufteilung der Milchquoten, das heißt, dass jeder etwas davon bekommen kann. Und natürlich können Neueinsteiger, die bis jetzt keine Betriebsprämie mehr bekommen, mit vier Hektar einsteigen, und die Aus­zahlung für die Betriebe ist gesichert.

Das ist die Basis dafür, dass wir wieder gesunde Nahrungsmittel produzieren können, eine schöne Landschaft erhalten, aber das ist natürlich auch eine Basis für die Stär­kung des ländlichen Raums, denn die Landwirte investieren auch, und damit werden auch Arbeitsplätze in der Region gesichert und geschaffen.

Ein Punkt, der vom Kollegen Breiner auch schon sehr stark angesprochen wurde, ist die Transparenz. Dazu muss ich sagen, es ist jetzt, Gott sei Dank, gelungen, die


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Transparenz-Debatte dahin gehend zu verschieben, das EU-weit lösen zu wollen, denn ich denke, es sollen gleiche Spielregeln und auch gleiche Bedingungen für alle gelten. Und wenn wir bei der Transparenz-Debatte sind, dann können wir nicht sagen, dass Transparenz nur für die Landwirtschaft gelten soll. Wenn es eine Transparenz-Debatte geben soll, soll sie für ganz Europa und für alle Bereiche, sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber und Landwirte, gelten. (Bundesrätin Kerschbaum: Arbeitnehmer be­kommen relativ wenig Förderungen!) – Wir bekommen auch keine Förderungen, son­dern Ausgleichszahlungen, falls du nicht zugehört hast.

Abschließend möchte ich noch allen danken, allen Bauern, dem Bauernbund der ÖVP in Niederösterreich, die dreimal angetreten sind, um die prekäre Situation auch unse­rem Koalitionspartner aufzuzeigen. Ich danke allen, die dem Gesetz heute zustimmen, denn ihr Tisch wird auch in Zukunft gedeckt sein. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

18.04


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile es ihr. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

 


18.05.00

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! – Ich würde doch niemals eine Rede auslassen. (Heiterkeit.) Liebe Martina, ich hoffe, ich kann mir das mit den Förderungen verkneifen. Da gebe ich dir schon recht, das sollte man richtig „be­namsen“. Du hast gesagt, das Gesetz war so eine schwere Geburt. Jetzt frage ich mich: Warum hat das dann so lange gedauert? Ich habe nämlich das Nationalratspro­tokoll gelesen, und im Nationalrat hat Herr Minister Pröll gesagt, es hat sich eigentlich eh nichts geändert. – Und diesen Eindruck habe ich auch. Also: Warum hat das so lan­ge gedauert, wenn sich ohnehin nichts geändert hat? Offenbar ist das mit den schwe­ren Geburten so eine Sache.

Wir werden der „schweren Geburt“ jedenfalls nicht zustimmen, aus diversen Gründen. Zur Abwechslung haben wir hier wieder einmal ein Sammelgesetz. Das kritisieren wir so bei ziemlich jedem Gesetz, das Sie vorlegen, Herr Minister. Ich weiß nicht, warum Sie das nicht schaffen, dass Sie Gesetze getrennt vorlegen. Es gibt eine Entschließung des Bundesrates, soweit ich weiß, dass wir Sammelgesetze ablehnen. Wir wollen ge­trennt abstimmen, denn manchen dieser Gesetze würden wir vielleicht zustimmen wol­len. Aber so brauche ich mir nur eines durchzulesen, dem ich nicht zustimme, und ich muss alle ablehnen. Ich finde es nicht sinnvoll und hilfreich, und ich würde es auch schaffen, sieben Mal meine Hand zu heben oder unten zu lassen. Ich weiß nicht, wa­rum es nicht möglich ist, hier sieben Gesetze auch in sieben Durchgängen abzustim­men.

Der zweite Grund ist das Begutachtungsverfahren. Seit 2006 gibt es regelmäßig Vor­schläge, die begutachtet werden sollten. Aber begutachtet worden ist eigentlich nur der Vorschlag aus 2006. Das, was jetzt vorliegt, ist nicht mehr genau das, was begutachtet worden ist, oder nicht einmal mehr annähernd das. Das hat übrigens auch das Burgen­land in einer Stellungnahme kundgetan. Und 24 Stunden vor dem Ausschuss gab es wieder einen umfangreichen Abänderungsantrag. Die Begutachtung ist also immer ein bisschen schwierig.

Ein weiterer Punkt ist, dass den Verfassungsgerichtshoferkenntnissen nicht Rechnung getragen worden ist. Der Verfassungsgerichtshof hat diverse Prämienverordnungen aufgehoben mit der Begründung, dass die EU hier mehrere Möglichkeiten zulässt, und wenn das der Fall ist, darf nicht der Herr Minister eine Verordnung erlassen, sondern


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muss der Gesetzgeber, sprich das Parlament, entscheiden. Wenn ich mir die Vorlage jetzt so anschaue, dann sehe ich, es steht in der Vorlage überhaupt nur mehr drinnen: Verordnung, Verordnung, Verordnung oder Richtlinie. Es gibt keinen Text mehr in die­ser Gesetzesvorlage, sondern es gibt nur mehr „Richtlinie“ und Verordnung.

Sie haben das natürlich ganz fein ausformuliert, aber in der Stellungnahme des Bun­deskanzleramtes/Verfassungsdienst steht, dass man bezweifle, dass diese Formulie­rung halten werde und eine gute Lösung sei. Das Bundeskanzleramt schreibt dezidiert: „Im Lichte dieses Erkenntnisses ist zur fraglichen Formulierung anzumerken, dass die­se nicht das Verweisungsobjekt näher bestimmt, sondern lediglich Bestimmtheits-, Be­stimmbarkeits- respektive Begrenzungserfordernisse an das Verweisungsobjekt nor­miert. Insoweit erscheint zweifelhaft, ob dem Erfordernis des Art. 18 B-VG vor dem Hintergrund des genannten Erkenntnisses Genüge getan ist.“ 

Also: Das Bundeskanzleramt bezweifelt es – oder hat es zumindest 2006 noch bezwei­felt. Ich bezweifle es nach wie vor auch, dass dieses Gesetz den Verfassungsgerichts­hoferkenntnissen entspricht.

Was ich weiters nicht richtig finde, ist, dass wir heute ein Gesetz beschließen, das mit Anfang Juli in Kraft treten soll, also rückwirkend. (Zwischenbemerkung von Bundesmi­nister Dipl.-Ing. Pröll.) Ja, weil ihr zu spät dran seid. Aber dann machen wir es eben im August. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das ist ja noch später!) Und dann gibt es so­gar Teile, die mit 1.1.2005 in Gültigkeit treten. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man ein Gesetz rückwirkend ändern kann. Obwohl: Wenn man ein Gesetz ändert, das sich ohnehin gar nicht ändert, kann man ja auch den Beginn der Änderung festlegen, wie man will. Das ist ja dann eigentlich ohnehin egal. Sie, Herr Minister, haben im National­rat gesagt, es ändert sich nichts. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Zum Ministerratsvor­trag nicht, zum alten Stand schon!) Ach so! Ich habe verstanden, es ändert sich „eh“ nichts. Im Prinzip ändert sich nicht wirklich viel, und alles, was Sie bisher als Verord­nung erlassen haben, wird jetzt in Gesetzesrang erhoben, und das war es dann, und damit soll der Sache Genüge getan sein.

Das ist für uns nicht genug. Wir würden uns eine ganz andere Umsetzung der EU-Ver­ordnung vorstellen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sind wir uns einig? Ach, das wisst ihr ohnehin? Wir sind nicht der Meinung, dass ein historisches Betriebsprämienmodell et­was besonders Innovatives ist. Die Grünen würden sehr stark dafür eintreten, dass man einmal eine Entkoppelung der Direktzahlungen unter schrittweiser Einführung einer regionalen Flächenprämie angeht. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das hat der Pirklhuber aufgeschrieben!) Ja, das hat der Pirklhuber aufgeschrieben in einem Ent­schließungsantrag. Haben Sie den Entschließungsantrag auswendig gelernt? (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll: Ich kenne ihn!) – Na warum haben Sie es dann nicht ge­macht? (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Wir würden uns wünschen, dass es mehr um den Faktor Arbeit geht. Wir würden uns wünschen, dass die Prämien gebunden werden an Konsumentenschutz, Umweltschutz und Tierschutz. Wir würden uns wünschen, dass ökologische Formen der Landwirt­schaft besonders gefördert werden. Und wir würden uns wünschen, dass frei werdende Gelder insbesondere für den biologischen Landbau eingesetzt werden.

Das alles ist in der Vorlage nicht annähernd vorhanden. Im Prinzip ist es eine Fort­schreibung der bisherigen Politik. Das ist uns zu wenig, und deshalb werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

18.10


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile es ihm.

 



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 155

18.10.41

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Prä­sident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Laut Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes müssen neue Regelungen geschaffen werden. Herr Bundesminister, Sie sind Landwirtschaftsminister, Ernährungsminister, Umweltminister und – neu – Minister für den ländlichen Raum. Großartig, Herr Minister! Ich beglück­wünsche Sie dazu, und ich hoffe, dass Sie Ihre Tatkraft und Ihren Geist, den Sie bisher gezeigt haben, auch so durchsetzen können. Das werden wir ja sehen. (Demonstrati­ver Beifall und Bravorufe bei Bundesräten der ÖVP.)

Es geht um das Weingesetz, Weinbezeichnungsrecht, das Forstgesetz, die Änderung der Berufsqualifikation, um den Bereich Pflanzenschutzmittel, vereinfachte Zulassung-neu, darum, die bisherige Marktordung durch die Marktordnung 2007 zu ersetzen. –Das nur in Stichworten, denn ich habe nicht so viel Zeit. – Es geht um eine neue Milch­quotenregelung 2007, offene Fälle betreffend Tierprämien, neue Betriebsprämie.

Das Konzept, Herr Bundesminister, hat 54 Seiten, und wenn ich ein bisschen an­schaue, was da alles drinnen geregelt wird, Herr Bundesminister, muss ich sagen, da muss man schon wirklich ein doppelter Jurist sein, um das alles zu verstehen. Herr Minister, da hat die Kollegin von den Grünen nicht ganz unrecht: Wir machen da so viele Gesetze in so vielen Bereichen, und wir fördern nur mehr – und kommen über­haupt nicht mehr zu einem gerechten Bauerngeld.

Meine Damen und Herren! Wenn die österreichischen Bauern nur mehr durch Prämien und Subventionen bestehen können, dann sind wir auf dem falschen Dampfer, das kann ich der ÖVP und auch Ihnen, Herr Minister, sagen! 60 Jahre lang geht das schon so, diese Politik, mit Unterstützung der SPÖ – ob der Bundeskanzler Kreisky geheißen hat oder wie auch immer. Es war immer so, dass man den Bauern ihre Leistungen mit Subventionen abgegolten hat, aber nicht auf Grund der von ihnen erarbeiteten Produk­te. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) – Herr Bundesminister und meine Damen und Herren! Wenn Sie glauben, dass wir auf dem richtigen Dampfer sind, dann können doch die Zahlen nicht so miserabel sein für die österreichische Landwirtschaft! (Ruf bei der ÖVP: 16 Prozent Einkommenszuwachs!) Nicht das Ein­kommen, Herr Kollege, sondern die Reduzierung der Zahl der bäuerlichen Betriebe! Wir haben zum Beispiel 1980 noch 318 000 Bauern in Österreich gehabt, und wir ha­ben 27 Jahre später, also 2007, nur mehr 170 000 Bauern! Bitte schön, da stimmt doch etwas nicht!

Liebe Kollegen, die wir alle vom Bauernstand etwas verstehen, bitte schön, reden wir nicht herum, sondern sagen wir es dem Herrn Minister, wie wir es sollten. Herr Minis­ter, es muss beides passen! Wir können nicht auf dem Bergbauernhof oben produzie­ren, ohne dass der Bauer dort einen entsprechenden Preis für seine Produkte erzielt! Es kann natürlich nicht so sein, dass der Bauer im Tal einen guten Gewinn macht und der Bauer oben nichts hat! Wir brauchen den Ausgleich. Aber das alles ist nur eine Folge dessen, dass es Subventionen gibt, Herr Bundesminister, und auf die Produktion keine Rücksicht mehr genommen wird. Das ist einfach nicht mehr tragbar. (Ruf bei der ÖVP: Das geht ja gar nicht anders!) Lieber Herr Kollege, von der Landwirtschaft ver­stehst du halt nicht viel. Das muss ich dir sagen, tut mir leid. (Heiterkeit. – Ruf bei der ÖVP: Erstens bin ich ein „Bauernbua“, und zweitens möchte ich wissen, wie viel Sie von der Landwirtschaft verstehen! Machen Sie einen Vorschlag!)

Lieber Kollege, soll ich meine Vorschläge einmal bringen? Soll ich? (Rufe bei der ÖVP: Bitte!) Liebe Kollegen, ihr braucht nicht dazwischenzureden, ich werde euch gerne ein­mal vorbringen, was ich vor 20 Jahren als Molkereiobmann schon alles getan habe, welche Vorschläge ich damals dem Milchwirtschaftsfonds gemacht habe, welche Vor­schläge ich dem Herrn Minister gemacht habe, was ich für Vorschläge persönlich dem


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Herrn Bundeskanzler Kreisky habe machen dürfen in seiner Wohnung. Auch der war nicht zu hochnäsig und hat die Bauern empfangen, sondern wir haben das Problem der Bauern vorgebracht, und das hat auch eine gewisse Berücksichtigung gefunden. Aber mir zu sagen, dass ich nichts verstehe – ich bringe gerne die Unterlagen! (Ruf: Das habe ich nicht gesagt!) Ich habe gesagt: Wenn man nicht so viel versteht, sollte man nicht dazwischenreden.

Liebe Kollegen, tun wir da nicht so weiter! Es geht um das Marktordnungsgesetz, und ich habe dem Herrn Minister schon gesagt, wie ich mir das vorstelle, dass es nicht nur der Preis allein sein kann. Wir müssen wieder dorthin kommen, Herr Bundesminister, wo wir alle herkommen. Der bäuerliche Stand hat seinen Stellenwert, und dieser Stel­lenwert geht mit dieser Subventionspolitik verloren. Herr Bundesminister, bitte, wie ist es sonst möglich, dass es nur noch 170 000 Bauern gibt und 148 000 Bauern den Hof verlassen haben? Die machen es ja nicht freiwillig, die hängen ja an Grund und Boden!

Herr Minister! Wir alle haben, glaube ich, hier eine gemeinsame Aufgabe. Der österrei­chische Konsument möchte von uns mit heimischen Grundnahrungsmitteln versorgt werden. Der österreichische Konsument möchte trotz all der internationalen Probleme, die auf uns zukommen, ob das Murenabgänge sind, ob das die Hitze ist, ob das die Wasserknappheit ist, auch in Zukunft die Sicherheit haben, dass er auch morgen einen gedeckten Tisch hat.

Herr Bundesminister! Es kommt Brasilien dazu – die Entfernungen werden kleiner –, es kommt die Schwarzmeer-Produktion dazu. Wir wissen, dass Brasilien doppelt soviel Agrarfläche hat wie ganz Europa. Wir wissen, dass die Schwarzmeerproduktion – Uk­raine und Russland – die doppelte Produktionsfläche von Europa hat. Herr Bundesmi­nister, welchen Schutz haben die österreichischen Bauern bei dieser Politik? Wie weit ist das abgesichert, dass wir auch in Zukunft sagen können: Liebe Bauern, ihr könnt auch in Zukunft auf eurem Hof bleiben!? Das ist eigentlich die Kernfrage dabei. Herr Bundesminister, ich stimme dem ja gern zu, weil es keine Alternative gibt, aber wir müssen eine andere Lösung suchen.

Und da komme ich auf die Masse der Konsumenten zu sprechen. Der Konsument ist ja bereit zu zahlen, sonst hätten wir in Österreich nicht schon so viele gute bäuerliche Bio-Betriebe. Daran sieht man, dass der Konsument bereit ist zu bezahlen, Herr Minis­ter, wenn er den Nachweis hat, dass das wirklich eine heimische Produktion ist. Und diesen Nachweis hat der Konsument mit der neuen Bezeichnung. Daher ist es richtig gewesen, Herr Bundesminister, dass der Nationalrat diesen Beschluss gefasst hat, aber die Kompliziertheit dieser Texte ist enorm! Sicher verstehen Fachleute das we­sentlich besser als wir Agrarier oder kleine Bürgermeister, aber dass mit dieser Politik die Zukunft bewältigt werden kann, das glauben Sie ja selber nicht, Herr Bundesminis­ter!

Wir müssen gemeinsam einen Weg finden, und diesen Weg müssen wir suchen – auch innerhalb der EU. Da sollten wir Motor sein – was Sie ja sehr gut verstehen, und ich bewundere Sie ja ... (Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei Bundesräten der ÖVP.) Ja, meine Herren, sagt einmal: Ist das irgendein besonderes Lob, wenn ich den Minister bewundere, weil er sich sehr bemüht? (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diesbezüglich seid ihr sehr kleinlich. Wenn von SPÖ-Seite etwas Gutes kommt, werdet ihr nie applaudieren, da werdet ihr nie sagen: Das ist etwas Positives. Das ist der Unterschied zu unserer Politik: Wir unterstützen gute Politik, ob sie von rechts oder von links kommt, und diese Politik werden wir auch in Zukunft fortführen. (Beifall bei den Bundesräten Mühlwerth und Mitterer.)

18.19



BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 157

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Preine­der. Ich erteile es ihm.

 


18.20.03

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Das Bundesland Steiermark und damit ein gro­ßes Agrarland hat heute den Vorsitz übernommen. Ich glaube, das rechtfertigt auch eine breite Agrardebatte. Der Vorsitzende der Landwirtschaftskammer Österreich ist auch ein Steirer, und ich darf ihm zu seiner neuen Tätigkeit gratulieren.

Vom Herrn Kollegen Breiner sind einige Fragen aufgeworfen worden: mehr Transpa­renz bei den Förderungen. Ich glaube, wenn wir diesen Maßstab hier anlegen wollten, sollten wir das allgemein und breiter denken, ob wir diese Transparenz auch bei Alt­haussanierungskrediten, bei Wohnbauförderungen möchten. Ich glaube, dass hier eher das Neidgefühl als tatsächlich ein Vorteil zu sehen ist.

Zweites Thema: einheitliche Betriebsprämie. Ich weiß, dass das ein Wunsch der Grü­nen ist, nur muss man das historisch sehen. Die bestehenden Flächenprämien auf Ackergrünland sind auf Grund dessen entstanden, dass durch den EU-Beitritt Einkom­mensverluste von 50, 60 Prozent bei den Marktfrüchten entstanden sind; in guten Lagen wesentlich mehr als in schlechten Lagen. Wir haben uns in Österreich für ein einheitliches System entschieden. Das heißt, egal, ob ein Bauer in Hollabrunn mit 6 000 Kilo Weizenertrag oder im Steinfeld mit 1 500 Kilo Weizenertrag einen Ausgleich erhalten hat, er war immer derselbe. Hier wurde bereits eine soziale Maßnahme durch­geführt. Deshalb ist es, glaube ich, nicht notwendig, hier noch einmal etwas zu nivellie­ren.

Frau Kollegin Kerschbaum hat hier gesagt, dass zu wenig Verknüpfung zwischen den Prämien und dem Umweltschutz oder dem Tierschutz besteht. Diese Verknüpfung besteht. Mit Cross Compliance wurden die rechtlichen Bedingungen eingearbeitet, und Prämien können nur dann ausbezahlt werden, wenn diese auch entsprechend einge­halten werden.

Zu den Ausführungen des Kollegen Kampl: Wir alle in der Landwirtschaft erbringen Leistungen. Wir produzieren Nahrungsmittel, wir produzieren Umweltleistungen und wir pflegen die Landschaft. Die Nahrungsmittelproduktion wird über den Preis abgegolten, und die Preise sind Gott sei Dank im Steigen – dank der Exportoffensive unseres Bun­desministers, dank der Genussregionen, die sich entwickeln. (Zwischenruf des Bun­desrates Ing. Kampl.) Die Leistungen für die Umwelt werden im Umweltprogramm ab­gegolten – das ist keine Förderung, das ist ein Entgelt für eine Leistung. Und die Leis­tung für die Landschaftserhaltung wird in der Bergbauernförderung entsprechend ab­gegolten – auch das ist keine Förderung, sondern ein Leistungsentgelt. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Das Marktordnungsgesetz wurde vom Verfassungsgerichtshof bekrittelt beziehungsweise wurde eine Klarstellung hin­sichtlich der Durchführungsbestimmungen gefordert, und dies bis 30. Juni dieses Jah­res. Es hat dann sehr, sehr lange gedauert, obwohl die rechtlichen Vorschläge und die Entwürfe bereits im vergangenen Jahr eingereicht wurden. Der Grund dafür, dass es so lange gedauert hat, bis man sich auf einen Termin im Agrarausschuss einigen konn­te und wir Gott sei Dank eine Einigung herbeiführen konnten, war durchaus ein politi­sches Spiel. Diese Marktordnungsgesetze sind für die Bauern sehr, sehr wichtig, sind quasi der Kollektivvertrag für die Bauern. Sie regeln alle marktkonformen Bestim­mungen und stellen die EU-Ausgleichszahlungen sicher – 700 Millionen sind im Spiel, 5 000 € pro Betrieb.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 158

Ich bin froh, dass eine entsprechend breite Mehrheit erreicht werden konnte, um hier wieder Rechtssicherheit für die Bauern herzustellen, auch wenn es notwendig war, mit Protestmaßnahmen diese Einigung herbeizuführen.

Wir haben in Niederösterreich drei, vier Protestaktionen durchgeführt, bei denen klar war, dass es dabei wirklich um die Grundlage und um die Existenz unserer Bauern geht.

Ich darf noch an die Worte des Herrn Landeshauptmannes Voves anschließen, der heute „Regionext“ vorgestellt hat, eine Initiative, die Regionen aktiver zu gestalten, der Landflucht entgegenzuwirken. Es gibt Studien, die besagen, dass ab 2050 mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten und nicht im ländlichen Raum leben wer­den. Es gilt daher, den ländlichen Raum entsprechend zu stützen.

Es gilt auch, das wurde bereits gesagt, die Finanzierung der Gemeinden zu stärken. Ich glaube nicht, dass das über eine Erhöhung der Grundsteuer gehen kann, weil sonst die Belastung bei jenen liegt, die im ländlichen Raum wohnen, nämlich bei den Grund­besitzern, bei den Eigenheimbesitzern, bei jenen, die den ländlichen Raum besiedeln und ihn attraktiv erhalten, die in der Feuerwehr, in den Vereinen tätig sind.

Ich glaube, hier muss man wirklich beim Finanzausgleich ansetzen, den Bevölkerungs­schlüssel ändern und darf nicht die ländliche Region die Stärkung der ländlichen Re­gion selbst zahlen lassen.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir eine Stärkung der Landwirtschaft und eine Stär­kung des ländlichen Raumes immer wieder brauchen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

18.25


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. Ich erteile es ihm.

 


18.25.27

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Agrarrechtsänderungsgesetz – ein großer Teil davon ist natürlich die Marktord­nung. Eine sehr emotional geführte Debatte und auch unterschiedliche Meinungen hier im Bundesrat. Ich möchte darauf zurückkommen, warum erstens die Debatte um die­ses Gesetz aus meiner Sicht so kontroversiell geführt wurde und zweitens so wichtig ist, dass es heute beschlossen wird, nämlich damit rückwirkend mit 1. Juli Rechtssi­cherheit für die Bauern gegeben ist.

Beim Marktordnungsgesetz geht es um nicht mehr und nicht weniger als um so etwas wie einen Kollektivvertrag für die bäuerlichen Familien in diesem Land. Das Marktord­nungsgesetz wird in Zukunft nach der VfGH-Entscheidung Rechtssicherheit bieten, um pro Jahr zirka 780 Millionen € an 130 000 Betriebe auszahlen zu können.

Ich verstehe auch die Diskussion überhaupt nicht, die da heißt: groß und klein, wer und wie?! – Wir setzen mit dem Marktordnungsgesetz EU-Vorgaben um – auch jetzt mit der Beschlussfassung – in einer Größenordnung pro Hektar, wie sie die EU vorgibt, mit einem System, das wir in der Europäischen Union gemeinsam beschlossen haben.

Herr Bundesrat Breiner und Frau Bundesrätin Kerschbaum von den Grünen! Es ist völlig klar, dass ein Betrieb mit 3 Hektar viel weniger bekommt als ein Betrieb mit 4 000 Hektar, weil er ganz andere Kostenstrukturen, ganz andere Bedingungen hat. Und eines vergessen Sie immer dazuzusagen: dass der kleine Betrieb pro Hektar ja wesentlich mehr bekommt mit dem Umweltprogramm und dem Sockelbetrag als der große Betrieb pro Hektar – und der Betrieb mit 4 000 Hektar hat seine 4 000 Hektar auch nicht gestohlen!


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 159

Wenn jemand – daher kommt ja auch diese Geschichte des Marktordnungsgesetzes – nach dem Beitritt zur Europäischen Union 1995 pro Hektar Getreide durch den Preis­verlust – 40, 50, 60, 70 Prozent – einen Ausgleich bekommt, dann hat aus meiner Sicht der große Betrieb pro Hektar genauso viel Anspruch aufgrund des Verlustes wie der kleine Betrieb. Und nichts anderes regelt das Marktordnungsgesetz! – Gilt auch für die Tierhaltung.

Die Frage der Abpufferung groß : klein nehmen wir ganz woanders wahr, nämlich im Bereich der ländlichen Entwicklung; wir haben das auch in den letzten Tagen und Wochen unter Dach und Fach gebracht. Dort geben wir zirka eine Milliarde € pro Jahr aus, und da geben wir für die Bergbauern 276 Millionen aus wie kein anderes Land der Europäischen Union, gerade für die kleinsten und kleinen Betriebe, die Umweltleistun­gen erbringen, für ein Umweltprogramm, und für die Investitionsförderung, die wir ver­doppeln, ob klein, ob groß.

Deswegen muss man im Agrarbereich sehr feinziseliert und getrennt voneinander dis­kutieren. Die Emotionen sind das eine, um Neidkomplexe zu schüren und politische Stimmung zu machen, die Fakten sind das andere!

Beim Marktordnungsgesetz geht es im europäischen Kontext um die richtigen Antwor­ten. Ich bin froh darüber, dass wir nach eineinhalb Jahren Begutachtung und Diskus­sionsphase und nach etwas Druck eine Zweidrittelmehrheit erreichen konnten. Die Emotion auch in der Demonstration – das wurde heute angesprochen – vor Ort, das, was sich aufgeschaukelt hat, kam nicht in der Frage groß oder klein und Geldum­schichtung ja oder nein, sondern es ging schlicht darum, dass ohne Beschlussfassung die Rechtsgrundlage für mehr als 50 Prozent des Einkommens fehlt. Und wer lässt sich das schon gerne wegnehmen?

Das war die Debatte, die zu führen war, worüber zu entscheiden war. Das Marktord­nungsgesetz gibt jetzt Rechtssicherheit für die Bäuerinnen und Bauern, und darum ha­ben sie gekämpft und aus meiner Sicht auch Verlässlichkeit von der Politik verlangt und auch bekommen.

Ein Wort noch zur SPÖ, weil es eine spannende Entwicklung war – wir haben dafür eine Zweidrittelmehrheit gebraucht –: Was mich überrascht hat, war – aber ich bin froh, dass wir heute da stehen –, es gab einen einstimmigen Ministerratsbeschluss und dann auf einmal eine Debatte darüber, dass das im Parlament nicht geht und dass die­se und jene Änderung noch zu vollziehen sei.

Ich bin froh darüber, dass der Ministerratsbeschluss im Großen und Ganzen, Frau Bundesrätin Kerschbaum – und das habe ich gesagt –, gehalten hat. Mit marginalen Änderungen, die nichts an der Substanz geändert haben, geht jetzt die Marktordnung trotz einer langen Diskussion auf parlamentarischer Ebene in die Endphase. Ich danke dafür, dass diese Bereitschaft da ist, dass es diese Rechtssicherheit jetzt geben kann. Eine kluge politische Entscheidung, da haben wir gemeinsam viel bewegt. Und ich habe auch gelernt, es ist oft so ähnlich wie mit dem Rindfleisch: Je länger es wo hängt, umso besser wird es! – Alles Gute und danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

18.29


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 160

Da der gegenständliche Beschluss eine zustimmungspflichtige Verfassungsbestim­mung enthält, bedarf dieser nach Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zu­stimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle auch hier die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

18.31.4224. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 – WAG 2007) erlassen wird sowie das Bankwe­sengesetz, das Börsegesetz 1989, das Investmentfondsgesetz, das Kapitalmarkt­gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Konsumentenschutzge­setz und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden (143 d.B. und 182 d.B. so­wie 7726/BR d.B. und 7750/BR d.B.)

25. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehör­dengesetz geändert werden (VAG-Novelle 2007) (128 d.B. und 181 d.B. sowie 7751/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 und 25 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 24 und 25 ist Herr Bundesrat Sodl. – Ich bitte um die Berichte.

 


18.32.14

Berichterstatter Wolfgang Sodl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundes­gesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichts­gesetz 2007 – WAG 2007) erlassen wird sowie das Bankwesengesetz, das Börsege­setz 1989, das Investmentfondsgesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz, das Konsumentenschutzgesetz und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 161

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe nun den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des National­rates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsauf­sichtsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (VAG-Novelle 2007).

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2007 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schimböck. Ich erteile ihm dieses.

 


18.33.56

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegt uns das Kernstück der EU-Finanzmarktharmonisierung vor, eine eigentlich sehr schwierige Richtlinie. – Der Herr Bundesminister für Finanzen und der Herr Wirtschaftsminister sind leider nicht hier, aber da ja historisch das Wirtschaften, Herr Bundesminister, eigentlich in der Landwirtschaft begonnen hat, werden Sie den Herrn Minister, glaube ich, heute hier vertreten.

Es waren hier Gegensätze aufzulösen, denn es ging auch darum, um Ihre Rindfleisch­metapher zu gebrauchen, dass man über diesen schwierigen Weg in der EU zusam­mengefunden hat in den europäischen Staaten, denn die Finanzmarktaufsicht ist et­was, das nicht vor den Grenzen haltmachen darf.

Es hat eine Reihe von großen Finanzskandalen im Anlagebereich gegeben – ich den-
ke dabei nur an AMIS, aber eine viel eklatantere Geschichte waren die sogenannten Fälle um die Göttinger Gruppe, die in der Bundesrepublik Deutschland zu immerhin 170 Haftbefehlen geführt haben, im Anlagebereich, im Anlagebetrug. Und treffen tut es dort – wie in der Landwirtschaft – natürlich den Konsumenten, oft den kleinen Sparer. Es war daher, glaube ich, sehr wichtig, hier entsprechende Richtlinien zu schaffen und diese jetzt national umzusetzen.

Das war natürlich nicht immer zur Freude auch der Finanzdienstleister, die sich in der Wirtschaftskammer ja in mehreren Gruppen befinden. Es sind dies zum einen Finanz­dienstleister im eigentlichen Sinn, Versicherungsmakler, selbständige Versicherungs­vertreter und Agenten, die wechselweise Anlageprodukte anbieten, die natürlich jetzt, wenn sie Kundengelder verwalten, entsprechende Verantwortlichkeiten haben. Es kommt hier nach dieser Richtlinie zu einer Beweislastumkehr, es kommt dazu, dass bereits bei Fahrlässigkeit entsprechende Haftungen gegeben sind. Es war für die Kol­leginnen und Kollegen in diesem Bereich oft gar nicht so einfach, das jetzt hinzuneh­men. Es konnte hier ein Konsens gefunden werden, und dank Ihres Regierungskolle­gen, des Herrn Bundesministers, und des Herrn Staatssekretärs Matznetter konnte hier ein Kompromiss gefunden werden, bei dem der Konsumentenschutz entsprechend ge­geben ist.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 162

Ich möchte aber bei diesem Punkt – denn hier geht es auch darum, dass die entspre­chenden Geldflüsse auch von den Instituten mit Eigenkapital unterlegt werden – noch auf etwas hinweisen, das mir immer ein besonderes Anliegen war. Es geht darum, dass es hier gelungen ist – Basel II wäre bei der Eigenkapitalunterlegung fast für viele Betriebe zu einem unüberwindbaren Hindernis geworden –, dass die kleineren, mittle­ren Betriebe jetzt quasi im Privatkundenbereich abgehandelt werden und daher andere Bedingnisse gelten.

Insgesamt möchte ich hier zusammenfassen, dass durch die Rückversicherungsricht­linie, die hier festgelegt wurde, die Konzessionspflicht im Versicherungsbereich bei der Rückversicherung sowie bei der Direktversicherung, die gegeben ist, hier ein erhöhter Rechtsschutz zustande gekommen ist. Das ist durchaus zu begrüßen, und unsere Fraktion wird natürlich hier im Bundesrat die Zustimmung zu diesem Gesetzeswerk ge­ben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

18.37


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile es ihm.

 


18.37.13

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch unsere Fraktion wird dieser Gesetzesvorlage selbstverständlich zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass sie eine Verbesserung sowohl für den Konsumenten, für den Anleger als auch für die österreichischen Finanz­dienstleister bringen wird, weil hier Rechtssicherheit geschaffen und die nötigen recht­lichen Begleitmaßnahmen gesetzt werden, auf europäischem Niveau und auf europäi­scher Ebene.

Vor einem möchte ich aber, Herr Kollege Schimböck, warnen: Wir können die besten Gesetze beschließen mit seitenweise Erläuterungen, ganz werden wir die Kriminalität in diesem Bereich sowieso nicht ausschalten können, aber präventiv können wir – ich glaube, da sind wir einer Meinung – hier vorsorgen.

Wenn Sie den BAWAG-Prozess zurzeit verfolgen, wissen Sie ja, dass nie jemand an einem Debakel oder an einem Finanzdebakel schuld ist. Ich glaube, bei AMIS war es so und in Deutschland ist es so. Wir müssen hier, glaube ich, wirklich darauf hinwirken, dass die Transparenz für den Anleger, für den Kunden verstärkt wird.

Diese Vorgaben sind in dieser Novelle verwirklicht, daher unsere Zustimmung. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.38


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schen­nach. Ich erteile es ihm.

 


18.38.43

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Auch unsere Fraktion wird beiden Gesetzen zustimmen. Das zweite ist ja, was Österreich betrifft, eher von literarischer Qualität, denn die gro­ßen Rückversicherer sind ja nicht in Österreich zu Hause, sondern eher von München aufwärts. Trotzdem ist es eine wichtige Nachvollziehung der EU-Richtlinien, wobei bei­de Regierungsvorlagen, die wir heute behandeln, ja mit etwas Verspätung beschlossen werden.

Zum Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen: Hier gibt es von uns eine Art Vorschuss. Wir haben ja jetzt durch den Untersuchungsausschuss gesehen, dass das, was nicht funktioniert, die Finanzmarktaufsicht ist.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 163

Wie wir im Ausschuss erfahren haben, gibt es bereits die ersten Vorarbeiten für eine Reform der Finanzmarktaufsicht, und wir können erwarten, dass es im Herbst zu Vor­schlägen kommen wird. Denn das beste Gesetz über die Beaufsichtigung nützt uns nichts, wenn die beaufsichtigende Behörde nicht funktioniert. Und dass die Finanz­marktaufsichtsbehörde derzeit nicht funktioniert, ist, glaube ich, evident!

Es hat immerhin 10 000 Geschädigte in Österreich durch die AMIS-Affäre gebraucht, mit einem Schadensfall von weit über 100 000 €, um auch die Dringlichkeit des Schut­zes von Kleinanlegerinteressen zu zeigen. Mit diesem Bundesgesetz schaffen wir auf jeden Fall eine höhere Anforderung an das Risikomanagement, eine höhere Anforde­rung an die interne Revision und vor allem auch, dass die operationellen Risiken in die Eigenmittelunterlegung einbezogen werden.

Überhaupt verbessert sich das Verhältnis von Anlegerschutz und Verwaltungsvereinfa­chung, und das wird auch in diesem Gesetz, glaube ich, sehr klar dargestellt. Was viel­leicht Frau Präsidentin Zwazl interessiert: Belastungen für Unternehmen gibt es aus diesem Gesetz nicht – was ja nicht ganz unwesentlich ist.

Allerdings wird der Konsumentenschutz gestärkt, und wenn es Kritik gibt, Herr Bundes­minister, dann in zwei oder drei Bereichen. Das eine ist, dass die Beweislastumkehr meiner Meinung nach nicht ausreichend ist. Sie kennen das natürlich aus einem ganz anderen Bereich, in dem wir viel strenger mit der Beweislastumkehr operieren; das fehlt hier. Die kleinen Anleger in eine Beweisvorlage zu bringen, das ist meiner Mei­nung nach der falsche Weg. Hinsichtlich Beweislastumkehr könnte man hier aus dem ökologischen Bereich durchaus lernen.

Das Zweite ist, dass die Pensionskassen doch ausgenommen sind. Das ist eine Schwäche des Gesetzes. – Ich sehe, dass Sie dazu nicken, also verstehen wir uns: Das ist eine Schwäche.

Das Dritte ist: Man hat uns zwar dankenswerterweise sehr genau erläutert, dass das in unserer Gesetzesordnung und verfassungsmäßig nicht anders geht, aber der Strafrah­men scheint mit 50 000 € etwas gering zu sein. Darüber, dass das eine Balance zu anderem haben muss, habe ich mich belehren lassen. Aber wir wissen auch, dass mit einem entsprechenden Mitteleinsatz die Gewinne ein Vielfaches sein können. Und dass eine Verjährung mit 18 Monaten gegeben ist, scheint etwas sehr zögerlich zu sein.

Insgesamt jedoch gibt es, vor allem aus Sicht der Kleinanleger, aus Sicht der Konsu­menten und Konsumentinnen, eine respektable Verbesserung, und deshalb stimmen wir auch gerne zu. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesräten der SPÖ.)

18.42


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Beschlüsse des Natio­nalrates getrennt erfolgt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 erlassen wird sowie das Bankwesengesetz und weitere Gesetze geändert werden.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 164

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit ange­nommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und ein weiteres Gesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle auch hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist so­mit angenommen.

18.44.0526. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 geändert wird – Kraftfahrzeug­steuergesetz-Novelle 2007 (KfzStG-Novelle 2007) (96 d.B. und 179 d.B. sowie 7752/BR d.B.)

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz-NoVAG 1991 geändert wird (180 d.B. so­wie 7727/BR d.B. und 7753/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 26 und 27 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 26 und 27 ist Herr Bundesrat Schimböck. – Ich bitte um die Berichte.

 


18.44.06

Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich berichte über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraft­fahrzeugsteuergesetz 1992 geändert wird.

Dieser Gesetzesvorschlag wurde im Finanzausschuss des Bundesrates am 17. Juli 2007 eingehend beraten, und ich stelle daher den Antrag, der dort mehrheitlich be­schlossen wurde, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben.

Ich berichte weiters über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz 1991 geändert wird.

Auch in Bezug auf diesen Beschluss hat der Finanzausschuss nach eingehender Bera­tung mehrheitlich beschlossen, den Antrag zu stellen, dass gegen diesen Beschluss des Nationalrates kein Einspruch erhoben wird.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum. Ich erteile es ihr.

 


18.44.07

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Contra-Reden sind ein­fach immer meine, warum auch immer. – Die Kfz-Steuergesetz-Novelle werden wir ab­


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 165

lehnen. Das war eigentlich logisch, und das habt ihr sicher auch erwartet. (Bundesrätin Zwazl: Nein! – Heiterkeit.)

Es geht um 70 Millionen €, die die Halbierung der Kfz-Steuer für die Lkws kostet. (Bun­desrätin Zwazl: ... alle Zahlen herausgearbeitet!) Es steht in der Regierungsvorlage so drin, dass es um 70 Millionen € geht. Darauf würde ich ja doch vertrauen. Aber viel­leicht hast du andere Zahlen.

Fixkosten zu reduzieren, das ist an und für sich eine Geschichte, die ganz okay ist. In diesem Fall ist sie aber nicht okay, weil dies beim Lkw, gerade beim Lkw, einfach noch weit weg von einer auch nur irgendwie gearteten Kostendeckung ist. Gleichzeitig zu einer Fixkostenreduzierung müsste es deshalb eine Anpassung der variablen Kosten geben; die gibt es so noch nicht. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Mineralölsteuer! – Bundesrätin Zwazl: Vielleicht gibt es nur ...!)

Na ja, Mineralölsteuer – dass der Lkw seine Kosten nicht deckt, ist, glaube ich, offiziell bekannt; selbst im Umweltministerium, hoffe ich.

Eine aktuelle VCÖ-Studie sagt dazu, dass der Lkw-Verkehr in Österreich im Jahr 2006 Kosten in der Höhe von 5,73 Milliarden € verursacht hat, davon aber nur 2,06 Milliar­den € selbst durch Maut, MöSt und die Kfz-Steuer finanziert. Den Rest von 3,67 Milli­arden € zahlt die Allgemeinheit – das sind wir alle –, und zu diesen 3,67 Milliarden € kommen jetzt noch 70 Millionen durch diese Kfz-Steuergesetz-Novelle dazu.

Im Regierungsprogramm ist die Rede davon, dass eine neue Strategie für mehr Kos­tenwahrheit im Verkehr ausgearbeitet werden soll. Wie gesagt, die Wahrheit ist in die­sem Fall, dass die ÖsterreicherInnen künftig 70 Millionen € mehr an Kosten für die Lkws übernehmen müssen. (Bundesrätin Zwazl: Wieso werden sie ...?)

Kostenwahrheit, das wäre eine flächendeckende Lkw-Maut, also nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen, denn die Bahn als Konkurrenzunternehmen zahlt ja auch für jeden Kilometer Schienenmaut, nicht nur für die Hauptstrecken. Kos­tenwahrheit, das wäre eine Einbeziehung der externen Kosten in die Berechnung der Maut. Kostenwahrheit wäre es, wenn die ASFINAG ihre Straßen aus den eigenen Bud­getmitteln bezahlen und sich selbst finanzieren könnte. Aber von dieser Kostenwahr­heit sind wir leider nach wie vor weit entfernt, und deshalb ist ein Steuerzuckerl mit 70 Millionen € weniger an Kfz-Steuer für Lkws für uns unannehmbar.

Im Übrigen, weil es ja auch einen gewissen Zusammenhang mit der Mineralölsteuer­erhöhung gibt: Wir haben auch damals dagegen gestimmt, obwohl uns Herr Staats­sekretär Matznetter versichert hat, dass der Länderanteil der Mineralölsteuererhöhung in den öffentlichen Verkehr fließen soll. Vielleicht können Sie ihm in Vertretung mittei­len, dass das in Niederösterreich irgendwie ein bisschen anders ausschaut.

In Niederösterreich wird jetzt mit den Mitteln der MöSt-Erhöhung ein Klimafonds ge­speist – insgesamt 15 Millionen €, was mir sehr wenig vorkommt; was mit den anderen Mitteln passiert, weiß ich nicht –, und dieser Klimafonds kann unter anderem auch den öffentlichen Verkehr finanzieren. Unter anderem finanziert er auch Dinge wie „Radl­land“; das ist eine nette Aktion, nur hat es nichts mit öffentlichem Verkehr zu tun. Ich weiß nicht, ob auch die Helme des Herrn Landeshauptmanns unter „öffentlichen Ver­kehr“ fallen.

Dass das alles unter öffentlichen Verkehr fällt, wage ich also zu bezweifeln. Ich denke, es war doch ein bisschen zu hoffnungsfroh, zu glauben, dass die Länder diese Mittel wirklich zweckgebunden verwenden. Offensichtlich – und von Niederösterreich weiß ich es – schaut es anders aus.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 166

Zur Normverbrauchsabgabe: Auch da geht es wieder um die Kostenwahrheit. 80 Pro­zent der Neuzulassungen beim Diesel haben bereits einen Partikelfilter; jetzt diese 80 Prozent mit zusätzlichen 300 € für den Dieselpartikelfilter zu fördern, ist doch eine sehr ausgiebige Förderung. Sie kostet – ich habe es nur überschlagsmäßig gerech­net – in etwa 48 Millionen € ... (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Ich bin der Meinung, dass die Menschen inzwischen schon von Haus aus sehr viel Wert darauf legen, dass sie einen Dieselpartikelfilter haben. Wenn das Angebot am Markt bereits in diesem Ausmaß vorhanden ist (Bundesrätin Zwazl: ... jedes Auto dann wieder haben!), glaube ich nicht, dass es notwendig ist, dies mit 300 € pro Stück zu för­dern. (Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und Grünen.)

Diese 48 Millionen € – ich weiß nicht, haben Sie eine andere Zahl? – habe ich aus­gerechnet, es steht darüber leider nichts in der Unterlage. 48 Millionen €; ich kann mich erinnern, wir haben über den Klimaschutzfonds diskutiert, und da haben Sie mir er­zählt, die 150 Millionen € im Jahr, die wir für den Klimaschutz ausgeben, sind irrsinnig viel Geld. Wenn ich jetzt diese 48 Millionen € und 70 Millionen € zusammenrechne ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.)

Super, Feinstaubbekämpfung – aber das würde auch ohne die Förderung gehen, keine Sorge! Man könnte zum Beispiel auch Verordnungen verhängen, dass Autos ohne Die­selpartikelfilter an manchen Tagen und in manchen Zuständen nicht fahren dürfen. So etwas funktioniert auch in anderen Ländern, warum sollte es in Österreich nicht funk­tionieren? – Das wäre dann auch ein Anreiz. (Bundesrat Schennach – in Richtung ÖVP –: Aber es ist die letztmalige Verlängerung, das können Sie garantieren?) Sei es, wie es sei: 48 Millionen €, das ist ungefähr ein Drittel von dem viel gepriesenen Klima­schutzfonds, was jetzt genau in den Kfz-Verkehr fließt, und das ist kontraproduktiv.

Was den Vorteil beim CO2-Ausstoß betrifft, den der Diesel hat oder gehabt hat – in ers­ter Linie gehabt hat –, werden Sie sicherlich auch die Studie des Umweltbundesamtes kennen. Das Umweltbundesamt sagt, der Diesel ist zwar an und für sich besser beim CO2, er verspielt diesen Vorteil aber, indem die Autos einfach größer sind, mehr Hub­raum haben, mehr durchschnittliche Leistung erbringen und die Benziner üblicherweise etwas kleiner gekauft werden. Sprich: Der Diesel hat auch keinen wirklichen CO2-Vor­teil gegenüber dem Benzinauto.

Da frage ich mich schon: Was ist das jetzt für eine Förderung für einen besonders um­weltgerechten Verkehr? – Eine Förderung für einen umweltgerechten Verkehr wäre eine Finanzierung der Schiene. Finanzieren Sie vielleicht ein paar frisch ausgemalte Bahnhöfe oder vielleicht ein paar zusätzliche Züge! Denn die Belastung ... (Bundes­rätin Zwazl: Tun wir!)

Na ja, ich merke nichts davon! Uns in Korneuburg erzählen Sie seit ungefähr zehn Jah­ren jedes Jahr einmal, dass wir einen neuen Bahnhof bekommen. Wirklich viel merkt man nicht von den neuen Bahnhöfen. Bis jetzt ist noch nichts passiert, und momentan ist es wieder abgeblasen. Ja, hin und wieder gibt es auch ein paar neue, das gebe ich zu. Korneuburg hätte einen wunderschönen Bahnhof, wenn man ihn abreißen und neu hinstellen würde. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) Ich kann Ihnen schon sagen, dass dann mehr Leute fahren würden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schiene und Bahnhof: Mehr Züge und einen schöneren Bahnhof! Denn wenn Sie sich einmal im Winter hingestellt haben, ein Zug ausfällt und Sie eine halbe Stunde in der Kälte warten, weil es auf so einem Bahnhof nicht einmal eine Wartehütte gibt, dann werden Sie vielleicht auch sagen: Ein neuer Bahnhof trägt ein bisschen dazu bei, dass man die Bahn benützt. Und wenn, so wie in den meisten Bahnhöfen, ein behinderten­gerechter Zugang absolut nicht gegeben ist und man mit Kinderwagen, Rollstuhl und


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 167

sonstigen Dingen einfach nicht durchkommt, dann ist das eine Behinderung, und viele werden das öffentliche Verkehrsmittel nicht benützen.

Also ist Bahnhofsausbau auch eine Möglichkeit, den öffentlichen Verkehr zu subven­tionieren. Seien wir uns einig! (Bundesrat Schennach: Elisabeth, vielleicht ladest du einmal den Herrn Baier zu einer Bahnhofsbesichtigung ein! – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Da ist der Bürgermeister in Korneuburg schuld!) Nein, da ist nicht der Bür­germeister schuld, das ist schon der Herr Verkehrsminister!

Kurzum, wenn Sie wirklich in umweltfreundliche Verkehrsmittel investieren wollen, dann wird der Dieselpartikelfilter nicht das große Nonplusultra sein. Dann investieren Sie in die Bahn, dann stecken Sie die 110 Millionen € aus der NoVA und der Kfz-Steuer in die Bahn und werden einen Erfolg damit erreichen. Ansonsten wird man mit dem Dieselpartikelfilter außer vielen Spesen nichts erreichen. (Beifall bei den Grünen.)

18.53


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Zum Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Zwazl. Ich erteile es ihr.

 


18.53.57

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Mei­ne sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit der vorliegenden Novelle zum Kraft­fahrzeugsteuergesetz verbinde ich die Worte „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Existenz­sicherung“. Keineswegs kann man mit der Novelle die Worte „Steuergeschenk für die Transportwirtschaft“ verbinden.

Diese Maßnahme entspricht einer langjährigen Forderung nicht nur der Transportwirt­schaft, sondern generell der Wirtschaft. Anlässlich des österreichischen Beitritts zur Europäischen Union im Jahr 1995 wurde das Steuersystem für Lkw sehr entscheidend geändert. Die Wegekostenrichtlinie der Europäischen Union hat uns dazu gezwungen, den bis dahin geltenden Straßenverkehrsbeitrag abzuschaffen und gleichzeitig die Ge­samtgewichtsteuer einzuführen.

Da diese Straßenbenützungsabgabe wesentlich niedriger als der Straßenverkehrsbei­trag war, wurde die Kraftfahrzeugsteuer für österreichische Lkw angehoben. Das hat bereits damals zu massiven Wettbewerbsverzerrungen geführt, da österreichische Un­ternehmen mit einer relativ hohen Kraftfahrzeugsteuer belastet waren.

Mit der Einführung der kilometerabhängigen Lkw- und Bus-Maut im Jahr 2004 wurde die Kraftfahrzeugsteuer wieder geringfügig reduziert, sie war aber nach wie vor noch mit Abstand die höchste in Europa. Durch die EU-Erweiterung wurde der Binnenmarkt in Richtung mittel- und osteuropäische Länder erweitert, sodass die Konkurrenzfähig­keit der österreichischen Unternehmen noch weiter gesunken ist.

Ich glaube, es ist viel gescheiter, wenn unsere Betriebe hier wirklich ein Geschäft ma­chen, statt dass unsere Leute ausflaggen oder dass ausländische Lkw, die umwelt­technisch und in Bezug auf Schadstoffe noch nicht so gut wie unsere sind, eingesetzt werden. Das ist schon noch der Fall. (Bundesrätin Kerschbaum: Die Zeiten sind vor­bei!) Nein, das ist nicht vorbei.

Mit Zahlen untermauert heißt das: Bei einem Lkw mit einem höchsten zulässigen Ge­samtgewicht von 40 Tonnen beträgt bis dato die Kraftfahrzeugsteuer pro Jahr 2 962 €. Im zweitteuersten EU-Land, Finnland, sind es 1 924 €, und im EU-Durchschnitt beträgt diese Steuer für einen solchen Lkw nur 943 €. Es ist also schon ein Unterschied von 2 962 auf 943 € – wenn das nicht wettbewerbsverzerrend ist! Mit der nun zu beschlie­ßenden Halbierung der Steuer liegen wir mit 1 481 € zwar unter Finnland, sind aber nach wie vor noch weit vor dem EU-Durchschnitt. Das kann man wirklich nicht als Ge­schenk für unsere Transportwirtschaft bezeichnen.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 168

Von einem Geschenk kann auch deshalb nicht gesprochen werden, weil gleichzeitig mit der Senkung nicht nur die Mineralölsteuer um 5 Cent je Liter Diesel, sondern auch die fahrleistungsabhängige Maut erhöht wurde. Diese Zusatzbelastungen übersteigen die Ersparnisse durch die Senkung der Kraftfahrzeugsteuer bei Weitem.

Durch diese Maßnahmen – und das meine ich jetzt, Elisabeth – werden die Staatsfi­nanzen nicht beansprucht, sondern erhöht. Die Erhöhung der Mineralölsteuer bringt jährlich geschätzte Mehreinnahmen ... (Bundesrätin Kerschbaum: Die zahlen die Pkw auch!) Das ist so: Es sind geschätzte Mehreinnahmen für den Staat in der Höhe von 400 Millionen €. Die Absenkung der Kfz-Steuer (Zwischenruf der Bundesrätin Kersch­baum) kostet im selben Zeitraum lediglich 75 Millionen €, und die ASFINAG kann sich über eine zusätzliche Mauteinnahme pro Jahr in einer geschätzten Höhe von 150 Mil­lionen € freuen. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heimische Transportwirtschaft zu kritisie­ren und noch mehr zu benachteiligen, kann allzu leicht einen Bumerangeffekt auslö­sen. Ich habe jetzt schon gesagt, dass es für uns wichtig ist, dass unsere heimischen Transporter fahren können und dass wir nicht auf ausländische zurückgreifen müssen. Außerdem ist auch eines zu bedenken: Es gibt keine Nahversorgung ohne Lkws. Neun von zehn Lebensmitteln bringt der Lkw direkt ins Geschäft, 80 Prozent der Produkte des täglichen Bedarfs werden durch unsere Transporteure gedeckt und befördert.

200 000 Menschen in Österreich leben direkt von der Transportwirtschaft, weitere 100 000 Menschen sind in der Logistik tätig. Die indirekten Effekte des Transportwe­sens sind aber um ein Vielfaches größer, das soll man auch nicht vergessen. Und es steht außer Zweifel, dass uns allen das Zusammenspiel zwischen Ökonomie und Öko­logie sehr wichtig ist. Unsere Transporteure investieren laufend in die Modernisierung und in die Umweltverträglichkeit ihrer Verkehrsmittel, da sind sie wirklich vorbildlich. (In Richtung Bundesrätin Kerschbaum:) Geh einmal hin, du hast in deinem Ort genug Transporteure, und schau dir an, welche wirklich modernen und umweltverträglichen Lkws sie haben und was die für eine „Mörderkohle“ kosten!

Solche Maßnahmen müssen natürlich auch im Konsumbereich greifen. In diesem Sin­ne ist auch die Verlängerung der Bonusregelung bis zum 30. Juni 2008 beim Kauf eines Kraftfahrzeuges mit Dieselpartikelfilter zu begrüßen. Mich überrascht die Ableh­nung von euch, auch wenn bereits vier von fünf der neu auf dem Markt befindlichen Autotypen mit Rußpartikelfilter ausgestattet sind. In Verbindung mit der Malusregelung beträgt der NoVA-Unterschied zwischen Pkw mit und ohne Partikelfilter 600 €, und ich glaube schon, dass das ein ziemlich starker Anreiz ist, Autos mit Partikelfilter zu kau­fen. Außerdem verstärkt man damit auch den Druck auf die Hersteller, die noch immer Pkws ohne Partikelfilter auf den Markt bringen. (Bundesrat Mag. Baier: Richtig!)

Aus diesem Grund sind beide Novellen, jene zum Kraftfahrzeugsteuergesetz und auch jene zum Normverbrauchsabgabegesetz, zu begrüßen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.00


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ist auch nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend eine Kraftfahrzeugsteuergesetz-Novelle 2007.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 169

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle hier die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag ist angenom­men.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz 1991 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Danke. Ich stelle hier die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

19.01.4328. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz 1981 geändert wird (251/A und 183 d.B. sowie 7754/BR d.B.)

29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird (252/A und 184 d.B. sowie 7755/BR d.B.)

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und Neuseeland auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (83 d.B. und 185 d.B. sowie 7756/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Nun gelangen wir zu den Punkten 28 bis 30 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 28 bis 30 ist Herr Bundesrat Schimböck. – Ich bitte um die Berichte.

 


19.02.19

Berichterstatter Wolfgang Schimböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich berichte über die Beratun­gen des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz 1981 geändert wird.

Der Finanzausschuss stellt nach eingehenden Beratungen mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben.

Ich berichte weiters über den Punkt 29, über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförde­rungsgesetz 1981 geändert wird.

Der Finanzausschuss stellt nach eingehenden Beratungen mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben.


BundesratStenographisches Protokoll747. Sitzung / Seite 170

Ich berichte weiters über Punkt 30, Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 be­treffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Neuseeland auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Auch hier stellt der Finanzausschuss nach eingehenden Beratungen den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich danke dem Berichterstatter.

Wortmeldungen liegen hiezu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz 1981 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Danke. Ich stelle hier die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

Des Weiteren kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförde­rungsgesetz 1981 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle auch hier die Stimmenmehrheit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2007 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Neuseeland auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle auch hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist so­mit angenommen.

19.05.4731. Punkt

Selbständiger Antrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Sonja Zwazl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer parlamentarischen Enquete ge­


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mäß § 66 GO-BR zum Thema „Bildung – Beruf – Wirtschaft – Mehr Chancen für Alle“ (161/A-BR/2007)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun aufgrund der ergänzten Tagesord­nung zu Punkt 31 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


19.06.30

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf kurz diesen von Kollegin Zwazl und mir eingebrachten Antrag begründen. „Bildung – Beruf – Wirtschaft – Mehr Chancen für Alle“ – im Titel dieser Enquete liegt eigentlich schon der ganze Hintergrund. Es geht darum, auf einer sehr sachlichen Ebene unser Bildungssystem abzuhandeln, zu hinter­fragen. Wenn wir sagen „Mehr Chancen für Alle“, so heißt das ganz einfach, für die in diesem Land heranwachsenden Menschen entsprechende Chancen für ihr berufliches Fortkommen zu schaffen, aber auch für jene Menschen, die im Erwerbsleben stehen, im Sinne der von der Europäischen Union festgelegten Schwerpunkte des lebenslan­gen Lernens entsprechende Bildungschancen bereitzustellen. Und es geht vor allen Dingen auch darum, älteren Menschen – wir wissen, das Erwerbsleben wird künftig länger dauern – durch entsprechende Bildungsmaßnahmen auch eine berufliche Exis­tenz zu sichern.

Ich ersuche Sie, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. (Allgemeiner Beifall.)

19.07


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


19.08.00

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Kollege Konecny! Lieber Kollege Ludwig Bieringer! Bisher waren wir doch eigentlich in all den Jahren bemüht, eine parlamentarische Enquete gemeinsam zu tragen. Wir haben es ja auch in der Präsidiale besprochen. Ich verstehe nicht die plötzliche Vor­gangsweise, dass es hier letztlich zu keiner Abstimmung dazu gekommen ist.

Weiters steht auf dem Antrag Frau Sonja Zwazl. Ich glaube, dass sie nicht wahnsinnig viel an der Textierung mitgearbeitet hat, denn der Frau Zwazl würde ein nicht ge­genderter Text niemals passieren. Dass in dem Antrag von Teilnehmern und Abgän­gern die Rede ist und keine weiblichen Formen verwendet werden, entspricht meiner Meinung nach nicht dem Standard.

Das Nächste würde der Kollege Schnider auch nicht durchgehen lassen. In dem An­trag ist von „einer sehr niederschwelligen Bildung“ die Rede, das ist ein peinlicher Aus­druck.

Offensichtlich wurde mit Textprogrammen gearbeitet, woraus keine vollständigen Sätze resultieren. Plötzlich stirbt ein Satz: „Einbeziehung des AMS“. Das hängt irgendwie in der Luft.

Ich halte das für eine sehr eigenartige Vorgangsweise. Wir werden dem zustimmen, aber ersuchen doch die Regierungsfraktionen, wenn wir das schon vorher besprechen, dass wir hier wieder zu der Form der gemeinsam getragenen parlamentarischen En­queten im Bundesrat zurückkehren, denn wir haben bisher in den letzten sechs Jahren alle gemeinsam beantragt. Wenn nun die Regierungskoalition künftig sagen will, wir machen unsere Enqueten, wie wir wollen, ist es eure Entscheidung. Ich denke, wenn wir sie gemeinsam machen, werden sie auch gemeinsam getragen. Diese ist nicht ge­


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meinsam getragen. Wir werden zustimmen, aber die textlichen Fehler hätten wir Ihnen sofort mitgeteilt, hätten wir nur ein Gespräch von fünf Minuten darüber geführt. (Beifall bei den Grünen.)

19.09


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­rätin Zwazl. Ich erteile es ihr.

 


19.10.05

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich habe gerade mit unserem Fraktionsvorsitzenden gespro­chen. Also wir laden dich, Stefan, recht herzlich ein, auch deine Unterschrift unter den Antrag zu setzen. (Bundesrat Konecny: Geht nicht mehr!) – Geht nicht mehr? – Gut, dann, bitte, fühlt euch eingeladen und steckt den Groll weg. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich bedanke mich für das Aufmerksammachen darauf, dass der Text nicht gender­gerecht ist; darüber freue ich mich sehr, denn es ist mir lieber, du hast es jetzt gesagt, als du hättest uns dann bei der Enquete aufgeblattelt. Aber ich bitte euch trotzdem, im Interesse der Sache – denn Ausbildung, Weiterbildung ist uns allen ein Anliegen –, auch mental über euren Schatten zu springen und hier bei der Enquete mitzuma­chen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.11


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbstän­digen Antrag 161/A-BR/2007 der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Sonja Zwazl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Abhaltung einer Enquete gemäß § 66 der Geschäfts­ordnung des Bundesrates zum Thema „Bildung – Beruf – Wirtschaft – Mehr Chancen für Alle“.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag ihre Zustimmung ge­ben, um ein Handzeichen. – Ich stelle hier die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag auf Abhaltung der gegenständlichen Enquete ist somit angenommen.

Hinsichtlich des Termins, der Tagesordnung und des Teilnehmerkreises für die soeben beschlossene Enquete darf ich auf den bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zu­gegangenen Selbständigen Antrag 161/A-BR/2007 verweisen.

19.11.4532. Punkt

Selbständiger Entschließungsantrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernennung des Donau Limes zum Weltkulturerbe [162/A(E)-BR/2007]

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen schließlich zum 32. Punkt der Tages­ordnung. Wir sind wieder bei der Geschichte gelandet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kneifel. Ich erteile ihm dieses.

 


19.12.05

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Es liegt ein Entschließungsantrag betreffend Ernennung des Donau Limes zum Weltkulturerbe vor. Limes heißt Grenze, Limes war die Nord­grenze des Römischen Reiches. Der trockene Teil von Großbritannien bis Bayern wur­de bereits zum Weltkulturerbe ernannt. Es ist nicht einzusehen, dass unsere Donaulän­der, die ebenfalls die römische Grenze nach Norden bildeten, nicht dabei sind.


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Die Philosophie, die dahintersteckt, ist, neben wissenschaftlichen, touristischen, wirt­schaftlichen, historischen und museumspädagogischen Initiativen und Zielen, auch ein Denkmal des Friedens zu errichten und bewusst zu machen. Das, glaube ich, verdient Unterstützung. Darum bitte ich Sie. Es geht darum, aus der Geschichte zu lernen. Ge­schichtslosigkeit ist Gesichtslosigkeit, wie mir der Herr Präsident sicher bestätigen wird. Deshalb bitte ich um Unterstützung dieses Antrages, den Donau Limes zum Welt­kulturerbe zu ernennen. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

19.13


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Ent­schließungsantrag 162/A(E)-BR/2007 der Bundesräte Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernennung des Donau Limes zum Weltkulturerbe ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Danke, ich stelle hier die Stimmen­einhelligkeit fest. Der gegenständliche Entschließungsantrag 162/A(E)-BR/2007 der Bundesräte Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Kolleginnen und Kollegen ist somit ange­nommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft, wir auch.

Einlauf

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich gebe bekannt, dass seit der letzten beziehungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt 28 Anfragen eingebracht wurden.

Weiters teile ich mit, dass die Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kolle­gen den Entschließungsantrag 163/A(E) betreffend flankierende Maßnahmen zur Aus­weitung der Öffnungszeiten eingebracht haben, der dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zugewiesen wurde.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, 11. Oktober 2007, 9 Uhr in Aussicht ge­nommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Mittwoch, 10. Oktober 2007, ab 13 Uhr vorgese­hen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.15.02Schluss der Sitzung: 19.15 Uhr

 

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