BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 82

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Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Duzdar. – Bitte, Frau Kollegin.

 


13.30.31

Bundesrätin Mag. Muna Duzdar (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Richtung FPÖ kann ich nur sagen, eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass heute wieder einmal eine verbale Attacke auf Entwicklungszusammenarbeit geritten wird, aber das, was Kollege Krusche gesagt hat, hat auch meine Erwartungen übertroffen. Sich nämlich hier herzustellen und Freude darüber zu bekunden, dass im Bereich der Entwicklungs­zusam­menarbeit endlich Kürzungen vorgenommen worden sind, und dann festzu­stellen, dass möglicherweise in Zukunft das Budget aufgestockt wird, worüber man enttäuscht sei, das empfinde ich als unerhört. Das muss ich schon einmal in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Manchmal frage ich mich schon, was Ihr politisches Verständnis von internationaler Politik ist. Ich meine, viele Kollegen und Kolleginnen aus Ihrer Fraktion sitzen auch in den verschiedensten parlamentarischen Gruppen, wo es darum geht, den Austausch zu Parlamentariern und Parlamentarierinnen aus den Entwicklungsländern zu stärken. Und ich denke, die haben sicher keine Freude, wenn Sie ihnen jedes Mal erzählen, dass Sie am liebsten dafür sind, dass die Projekte der Entwicklungszusammenarbeit aufgelöst werden oder nicht mehr vorhanden sind.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr schwierig, über dieses Programm für 2010 bis 2013 zu sprechen – darauf richte ich jetzt meinen Fokus –, ohne natürlich die Kürzungen in Betracht zu ziehen, und die sind für mich anders als für Kollegen Krusche sehr schmerzvoll. Darauf geht auch der Herr Außenminister in seinem Bericht ein. Er sagt selbst, dass die Kürzungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit eine bittere Pille sind, bekennt sich aber auch – und das muss man in aller Deutlichkeit festhalten – zum Ziel von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens im Bereich der öffentlichen Entwicklungsfinanzierung. Er schließt in seinem Vorwort damit: „Auch wenn wir das 0,7-Ziel leider nicht zeitgerecht erreichen werden, dürfen wir es nicht aus den Augen verlieren.“

Ich finde, dass dies Hoffnung gibt, dass Österreich nach wie vor anstrebt, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, allerdings zeitverzögert. Ich hoffe nur, dass wir die Einhaltung unserer internationalen Pflichten nicht allzu lange auf die lange Bank schieben. Denn Entwicklungszusammenarbeit – wir haben das heute sehr gut sehen können – wird sehr oft in der politischen Gesamtbetrachtung als politisch nicht bedeutend genug gesehen. Das ist auch der Grund dafür, dass dieser Bereich immer wieder Gefahr läuft, bei diversen Sanierungen des Budgets als erster Bereich unter die Räder zu kommen.

Gerade deshalb ist es unbedingt notwendig, wieder ein stärkeres öffentliches Bewusst­sein für die Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, die Wichtigkeit und die Notwen­digkeit dieses Bereiches für Österreich hervorzukehren, dem Ganzen auch eine positive Komponente zu geben. Denn wenn wir dies nicht schaffen, dann wird es immer politische Kräfte geben, die die Entwicklungszusammenarbeit infrage stellen und die sagen: Wozu überhaupt das Ganze? Wozu sollen wir überhaupt Menschen in anderen Ländern in ihrer Entwicklung unterstützen?

Das ist natürlich sehr problematisch, denn Entwicklungspolitik ist Ausdruck unseres politischen Verständnisses von politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen in dieser Welt. Sie ist Ausdruck unserer Fähigkeit, zu erkennen, dass wir in einem wirt­schaftlichen und politischen Geflecht leben, dass Revolten in einem Staat auf andere Staaten übergreifen und sich zu einem Flächenbrand ausweiten können, dass sich


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