BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 96

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schaffen könne. Diese haben ja auch immer so getan, als ob sie der einzige Garant dafür wären. Und zum anderen hat man den arabischen Völkern die Demo­kratie­fähigkeit abgesprochen.

Beide Ansätze sind zutiefst problematisch. Zu glauben, dass man Fundamentalismus damit schwächt, indem man demokratische Entwicklungen nicht zulässt, ist in Wirk­lichkeit die Verwechslung von Ursache und Wirkung. In Wirklichkeit war ja gerade die Unterdrückung der Menschen und der Demokratie und die soziale Ungleichheit der Grund für das Aufkommen des Fundamentalismus. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Gruber.)

Die Demokratisierung ist ein Recht, das allen Völkern zusteht. Sehr oft wurden und werden nach wie vor in den westlichen Medien Araber und Muslime als rückwärts­gerichtet dargestellt, vor allem seit dem 11. September 2001.

Man sollte aber auch nicht glauben, dass nach jeder Revolution die fertige demo­kratische Gesellschaft mit sozialer Gleichheit hervortritt. Es werden noch viele Rück­schritte auf diese Länder zukommen. Aber dies darf eben nicht als Vorwand gegen eine Demokratisierung benutzt werden. Es gibt keinen Weg an einer Demokratisierung vorbei.

Wie lange hat es in Europa gebraucht, bis sich die Menschen gegen absolute Herr­scher und gegen die Obrigkeit der Kirche durchgesetzt haben? – Jahrhunderte.

Die arabische Welt hatte bis vor 50 Jahren gar nicht die Möglichkeit zur Demo­kratisierung, weil sie jahrhundertelang unter Fremdherrschaft und bis ins 20. Jahr­hundert auch unter europäischer Kolonialherrschaft stand.

Um nochmals auf den EU-Bericht zurückzukommen: Was bedeuten diese Entwick­lungen in Europa? – Sie müssen uns eine politische Lehre sein. In diesem Zusammen­hang muss sich Europa damit auseinandersetzen, wie es die demokratischen Entwick­lungen fern von Eigeninteresse unterstützen kann. Der Aufbau der rechtsstaatlichen Strukturen – heute wurden schon einige Punkte genannt –, aber auch die Lösung sozialer Probleme stehen hiebei im Vordergrund.

Ich glaube, dass dieser EU-Bericht ein sehr ambitioniertes Programm aufweist, aber auch sehr, sehr viele Fragen noch in Zukunft auf uns zukommen werden, denen wir uns stellen müssen. Es ist auch sehr positiv zu sehen, dass in diesem Bereich nach dem arabischen Frühling auch mit der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum Akzente gesetzt werden. Das ist wirklich sehr löblich und auch zu begrüßen. Daher werden wir natürlich diesen Bericht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.26


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Kickert. – Bitte, Frau Kollegin.

 


14.26.21

Bundesrätin Dr. Jennifer Kickert (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Worum es geht, haben meine Vorredner und Vorrednerinnen schon skizziert. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf einige Punkte dieses wirklich sehr umfassenden Berichtes einzugehen – Punkte, zu denen wir Fragen haben, die wir gestern leider nicht stellen konnten, beziehungsweise wo wir uns generell bei der wirklich ausführlichen Aufzählung aller Programme und Maßnahmen hie und da einen Hinweis wünschen würden, welches bei all diesen Programmen eigentlich die Position Österreichs ist. Es ist eine sehr tech­nische Zusammenfassung, in der es Bereiche gibt, in denen ich mir mehr Infor­ma-


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