BundesratStenographisches Protokoll807. Sitzung / Seite 149

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Alles in allem ist dies wieder ein wichtiger Schritt, um die internationalen Auswüchse moderner Kriminalitätsformen wirksam bekämpfen zu können. Wir geben diesem Über­einkommen gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

18.11


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Schreuder zu Wort. – Bitte.

 


18.11.51

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Auch wir werden dieses Abkommen ablehnen. Wenn man bedenkt, dass dieses Abkommen wirklich zehn Jahre alt ist – also erinnert euch jetzt einmal: Wir alle waren 2001 auch schon online, aber wenn wir heute online sind, dann ist das tatsächlich eine andere Welt. Mittlerweile hat da eine Revolution stattgefunden, und auch die öffentliche Diskussion und die öffentliche Debatte sind mittlerweile ganz woanders, als dieses Abkommen ist und auch ACTA war.

Das Hauptproblem, das wir bei diesen Abkommen immer haben, ist, dass alles in ei­nen Topf geschmissen wird. Es werden schwere Verbrechen und Downloads in einem Abkommen in einen Topf geworfen. Und es gibt die Diskussion, die wir derzeit haben – und es findet derzeit nicht nur eine Diskussion, sondern fast schon ein Kampf statt, kann man sagen –, und zugleich eine unfassbare Verunsicherung, und zwar von allen Seiten. Die Künstler und Künstlerinnen, die Kunstschaffenden, haben berechtigterwei­se die Frage zu stellen: Wie werde ich in Zukunft bezahlt?, das ist eine berechtigte Frage, aber wenn man die Künstlerinnen und Künstler fragt: Seid ihr dann dafür, dass deswegen die Bürgerrechte ausgehebelt und dass alle überwacht werden sollen, wer wann welches Lied downloadet?, dann sagen sie auch alle Nein.

Wir sind da in diesem Dilemma, und gleichzeitig haben wir tatsächlich eine ganze Generation – ich kenne auch schon ältere Leute, die das gleichfalls machen, also das machen nicht nur Junge –, wir haben tatsächlich unfassbar viele Menschen, die jetzt teilweise auch nicht mehr wissen, was jetzt eigentlich noch legal, was illegal ist, und es herrscht völlige Ahnungslosigkeit, völlige Ratlosigkeit. Dann gibt es dieses Recht auf Privatkopie: Gilt das jetzt für diesen einen Download, ja oder nein?

Es wird auch von keiner Institution, von keiner Regierung irgendwie aufgeklärt. Jeder stellt sich diese Fragen, aber in den Schulen wird keine Medienkompetenz vermittelt. Dort wird auch nicht erklärt, was sein darf und was nicht und wie es derzeit ausschaut.

Jeder, der sich nur irgendwie mit dem Thema Netzpolitik beschäftigt, weiß, dass wir al­le jetzt nicht sofort die Lösung haben, aber dass wir die Lösung gemeinsam, demo­kratisch und partizipativ suchen müssen – und zwar gemeinsam, alle zusammen: die Künstler und Künstlerinnen und die NetzaktivistInnen, nennen wir sie einmal so, die Datenschutzmenschen und so weiter, die gegen Bürgerüberwachung sind.

Wir hatten jetzt laufend solche Sachen, die wir hier zu besprechen haben: Das war mit ACTA so, wir hatten die Vorratsdatenspeicherung, wir hatten – nicht zu vergessen – das Sicherheitspolizeigesetz, und jetzt haben wir dieses Abkommen. Und ich habe wirklich den Eindruck, die Politik wurschtelt sich noch irgendwie durch, nur eines pas­siert nicht: Es wird nicht demokratisch gemeinsam diskutiert, es werden keine neuen gesetzlichen Grundlagen geschaffen, weder in Österreich noch in der Europäischen Union im Übrigen. Da muss man auch im Europaparlament – dort fallen ja doch sehr wichtige Entscheidungen in dieser Frage – sagen: Bitte den Druck erhöhen, da muss dringend etwas geschehen!

Nebenbei bemerkt: Dass Österreich das Urheberrecht neu überdenken muss, das ist ja sowieso klar, weil es jetzt ein EuGH-Urteil gibt. Wir wissen, dass das österreichische Urheberrecht gegen EU-Recht verstößt. Der Grund ist folgender: Nach der derzeitigen


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