BundesratStenographisches Protokoll807. Sitzung / Seite 153

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Präsident Gregor Hammerl: Herr Bundesrat Schreuder hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.28.04

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Ich möchte jetzt doch kurz, wenn Sie mir das erlauben und verzeihen, auf meinen Vorredner eingehen, weil ich nicht glaube, dass wir hier jetzt unterschiedliche Ansichten haben, ich glaube, dass hier einfach Missverständnisse vorliegen.

Der Briefvergleich, wie Sie ihn jetzt gebracht haben, war insofern nicht korrekt, weil ich ja mit der Vorratsdatenspeicherung gemeint habe, dass jede Briefsendung jeder Staatsbürgerin und jedes Staatsbürgers mit den Daten von wo an wen gespeichert wird.

Das ist etwas anderes, als wenn es einen begründeten Verdacht gibt und ein Staats­anwalt sagt: Jetzt wollen wir aber wissen, was der schreibt! – Das ist etwas anderes, denn bei der Vorratsdatenspeicherung wird das von jedem Staatsbürger und von jeder Staatsbürgerin sechs Monate gespeichert.

Jetzt nehmen wir wirklich einmal an, man würde das bei der Post verlangen und jeder Brief – jeder Brief! –, jede Postkarte, jede Postwurfsendung, alles muss sechs Monate gespeichert werden: Wo haben Sie es abgegeben? An wen haben Sie das geschickt?, um die Netzwerke herauszufinden.

Das andere Missverständnis, das ich auch aufklären möchte, ist folgendes: Es gibt auch einen Unterschied zwischen Daten, die ein User, ein Benutzer oder eine Benut­zerin – „Benutzerin“?, sagt man das, „Benutzerin“?; das klingt irgendwie komisch (Bun­desrätin Kerschbaum: Userin!); eine Userin, das klingt besser –, also eine Userin oder ein User selbst ins Netz stellt, und wenn der Staat überwacht. Entschuldigung, das sind ja zwei völlig verschiedene Paar Schuhe!

Mit einem haben Sie recht: Es wird sorglos damit umgegangen. Jetzt sind wir wieder bei dem vorigen Problem – ich habe es auch erwähnt –, nämlich dass wir keine Ver­mittlung von Medienkompetenz an den Schulen haben. Das ist ein Riesenproblem! (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Jenewein.)

Gleichzeitig – das muss man dazusagen – sammelt Google wirklich unfassbar viele Daten. Facebook und Google sind die größten Datensammler des Planeten. (Ruf bei der ÖVP: Die dürfen!) – Das ist keine Frage. Da gebe ich Ihnen ja recht.

Ich kenne allerdings auch keinen Missbrauch, das muss ich auch dazusagen. Ich ken­ne keinen Fall, wo diese Daten missbräuchlich verwendet worden wären. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Im Gegenteil, man kann ja auch sagen, wenn Google mein Surfverhalten kennt, dann weiß es auch, was ich eher suche, und dementspre­chend werden ja auch die Suchergebnisse an das Userverhalten angepasst. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden.

Ich bin der Meinung – und deswegen unterstütze ich beispielsweise die Klage von Max Schrems in Irland gegen Facebook –, die Userinnen und User müssen mehr Hoheit be­kommen, um selbst entscheiden zu können: ich will, dass das öffentlich ist, oder: ich will, dass das privat ist; und nicht andersrum. – Das ist wichtig. Daran müssen wir ar­beiten.

Es gibt aber auch eine Generation von Leuten  Nicht, dass ich diese Meinung teile, aber es gibt das Buch: Wunderbar leben ohne Datenschutz. – Das sind die soge­nannten Post-Privacy-Anhänger, so nennen die sich. Das sind Menschen, die sagen: So what? Jeder darf wissen, wer ich bin. Ich stelle mich im Internet dar, und man darf


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