BundesratStenographisches Protokoll812. Sitzung / Seite 191

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sagen: Die erste war eher halbherzig, und die zweite, Frau Kollegin, war, mit Verlaub gesagt, äußerst naiv. Wenn Sie sagen, das ist ein internationales Zentrum, dann muss ich schon sagen – und der Kollege Schreuder hat es ja bereits gesagt –: Wer zahlt, schafft an! (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Duzdar.) Und zahlen tun die Saudis, und daher werden sie auch anschaffen.

Mich verwundert ganz besonders diese naive Diskussion, die wir hier haben. In den letzten zwei Bundesratssitzungen haben wir uns mit Menschenrechtsthemen befasst, wir haben uns über die Ukraine aufgeregt, aber vergleiche ich die Menschenrechte in der Ukraine mit denen in Saudi-Arabien, dann muss ich sagen: Da liegen Welten dazwischen! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Duzdar.)

Ich muss schon sagen, ich spreche aus persönlicher Erfahrung, denn ich war bereits mehrmals in diesem Land und habe aus beruflichen Gründen insgesamt fast ein Jahr meines Lebens dort verbracht, und ich weiß, wie unfrei dieses Land ist, welche Willkür dort herrscht. Und alles das, was hier von meinen Vorrednern Kollegen Jenewein und Kollegen Dönmez gesagt wurde, ist schlicht und ergreifend wahr.

Ich unterstelle die wahren Motive der Saudis für dieses Zentrum: Hier in Wien ist für die Schaffung eines Brückenkopfes die ideale geopolitische und europapolitische Position! Das wurde ja bereits angesprochen.

Was wir hier machen oder was wir hier glauben, bewirken zu können, nämlich, dass wir die Öffnung in Saudi-Arabien damit forcieren können, das ist wirklich den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Das nimmt Ihnen niemand ab! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen abschließend: Was wir uns hier einhandeln, das ist ein „Trojanisches Pferd“. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesräte Schreuder und Dönmez.)

20.29


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Waldner. – Bitte.

 


20.30.06

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Wolfgang Waldner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einige Anmerkungen zu den engagierten Wortmel­dungen machen. Zunächst möchte ich eingehen auf Herrn Bundesrat Kainz, der gesagt hat, der geplanten Ansiedlung dieses Zentrums ist ein langer Verhandlungs­prozess, ein Diskussionsprozess vorangegangen, und zwar nicht in Österreich, son­dern in anderen Städten. So war es auch. Die Vertreter der großen Weltreligionen haben sich über Jahre hinweg getroffen und diskutiert. Damals hat man von einer Kritik, wie sie jetzt anklingt, nichts gehört.

Es ging ja damals schon in Genf, in Madrid und in anderen Städten um den Dialog, und schließlich kam man in diesem Dialog zu dem Punkt, wo man sagte: Wir wollen diesen Dialog nicht immer an einem anderen Ort führen, sondern wir wollen diesen Dialog an einem permanenten Ort führen, und dafür wollen wir ein Zentrum einrichten! In diesem Wettbewerb, in dieser Diskussion um die Ansiedlung des Zentrums hat sich Österreich durchgesetzt. Das ist ja primär einmal nichts Schlechtes. Wir sehen das als sehr positiv, denn es bestätigt auch unsere bisherige Politik, unsere Linie und unsere Erfahrungen, die wir im interkulturellen Dialog und im interreligiösen Austausch ge­sammelt haben.

Wir sind bekannt als Vermittler und haben in diesem Prozess, der über Jahre und Jahrzehnte ging, das Vertrauen insbesondere und speziell der arabischen Welt erlangt. Wir sind bekannt als Amtssitz internationaler Organisationen. In Wien sind bekanntlich mehr als 20 solcher Organisationen angesiedelt. Wir sind besonders attraktiv für diese


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