BundesratStenographisches Protokoll829. Sitzung / Seite 31

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Wir müssen uns klar sein, dass TTIP die Spielräume nationaler Regierungen drastisch reduziert. Auch die Regulierungsmöglichkeiten des Staates, wie etwa die Lizenzierung von Gesundheitseinrichtungen oder die Zulassungen von Schulen und Unis, könnten eingeschränkt werden.

Noch einmal: Zu viel Macht in wenigen Händen ist nicht gut und war nie gut für die Menschheit. Die Erhaltung der Gewaltenteilung und die Erhaltung des Gleichgewichts der Mächte zwischen Finanzkapital auf der einen Seite und demokratisch gewählter bürgerlicher politischer Macht auf der anderen Seite muss bei sämtlichen TTIP-Verhandlungen unsere Priorität sein. Die nationalen Parlamente und das EU-Parla­ment gehören zwecks Transparenz und demokratischer Kontrolle intensiv in die TTIP-Verhandlungen zwischen EU-Kommission und US-Regierung eingebunden. – Danke schön.

10.27


Präsident Michael Lampel: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme hat sich nochmals der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm und darf ihn bitten, die Redezeit von 5 Minuten nach Möglichkeit einzuhalten.

 


10.27.56

Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bedanke mich für die Diskussion und kann vieles unterstreichen. Ich möchte nur auf zwei, drei Argumente eingehen.

Ich hatte bei der Diskussion das Gefühl, dass viele versucht haben klarzumachen, unter welchen Bedingungen sie eine Verbesserung der ohnehin schon bestehenden Handelsbeziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten wollen, und natürlich, so wie ich auch, gemeint haben, dass wir Sorge dafür tragen müssen und sehr darauf zu achten haben, dass es sich um eine Verbesserung der Beziehungen handelt und nicht um eine Verschlechterung. Ausgenommen ist natürlich Herr Jenewein. Aber jemand, der, wenn ein Bundesratskollege hier über die Sorgen der Unternehmer spricht, hineinruft: „Gehn S’ ham, gehn S’ schlafen!“ (Zwischenruf des Bundesrates Jenewein), der hat diese Art von Witzigsein, die ich peinlich finde. Angenehm war, dass die jungen Leute schon draußen waren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wissen Sie, Respekt ist eine Grundvoraussetzung in allen Gremien (neuerlicher Zwi­schenruf des Bundesrates Jenewein), und auseinandersetzen sollte man sich mit Argumenten. Und das möchte ich mit einem Argument von Ihnen, nämlich jenem zu Großkonzernen, tun.

Auch ich bin über viele Entwicklungen besorgt, etwa darüber, dass Großkonzerne, insbesondere auch Konzerne, die gar nichts produzieren und auch gar nicht im Dienstleistungsbereich tätig sind, sondern etwa nur im Finanzmarktbereich, stärker sind als die Demokratien, als demokratisch gewählte Politikerinnen und gewählte Politiker. Diese werden mit deutlich schwächeren Instrumenten ausgestattet, in einer so internationalen Marktwirtschaft, in einer Gesellschaft, die immer globalisierter wird. Das ist auch meine Sorge.

Da frage ich inhaltlich: Ist dem ein Abschotten von anderen europäischen Ländern mit gleicher Wertehaltung entgegenzuhalten, oder ist dem eine gemeinsame europäische Entwicklung und darüber hinaus eine gemeinsame Entwicklung mit anderen Demo­kratien entgegenzuhalten, die auch etwas übrig haben für Instrumente der Kontrolle von Konzernen? Ich bin der inhaltlichen Überzeugung, dass jemand, der geistig einen Zaun um ein Land bauen möchte und eher auf Modelle setzt, gegen alles zu sein und sich abzuschotten, überhaupt nicht in der Lage ist, das zu erreichen, was wir gemein-


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