BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 221

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Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. Ich erteile ihm dieses.

 


21.37.35

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Groß war die Freude vor rund fünf Jahren, als Verhandlungen der Parlamentsdirektion und der Bundesratsdirektion im Besonderen – ich war damals Präsident des Bundesrates – mit dem ORF zu dem Erfolg geführt haben, dass auch Sitzungen des Bundesrates auf ORF III übertragen werden. – Ich halte das für einen Fortschritt, und ich halte das insbesondere für einen Vorteil für jene Österreicherinnen und Österreicher, die am demokratischen Prozess teilnehmen wollen, die sich ein abgerundetes Bild machen wollen, wie ihre gewählten Vertreter agieren, wie sie reden, wie sie handeln und was sie bewirken. Daher war es eine große Überraschung, als wir zum vergangenen Jahreswechsel zur Kenntnis nehmen mussten, dass ORF-Generaldirektor Wrabetz die Weisung erteilt hat, nicht mehr jede Sitzung des Bundesrates zu übertragen, sondern nur mehr ausgewählte Sitzungen, also jede zweite oder dritte Sitzung.

Ich glaube, dass die Journalistinnen und Journalisten, die Redakteurinnen und Redak­teure des ORF in diesem Bereich sehr gute Arbeit leisten, dass sie sich entsprechend dem Redakteursstatut und dem ORF-Gesetz bestens informieren und verhalten und ihre Arbeit ganz toll leisten. Ihre Arbeit stößt aber an Grenzen, wenn es eine Weisung des Generaldirektors gibt, dass manche Sitzungen des Bundesrates nicht mehr übertragen werden.

Ich glaube, dass es auch falsch ist, dass wir in Geiselhaft genommen werden, dass die Ländervertretung, die Länderkammer in Geiselhaft genommen wird, weil die Gebüh­ren­rückvergütung nicht im Ausmaß dessen erfolgt, wie sich der ORF das vorstellt, oder, wie Generaldirektor Wrabetz in seiner Antwort an den verdienten Vorgänger im Präsidium, Michael Lampel, mitgeteilt hat, dass der ORF diese Sitzungen deshalb nicht mehr übertragen kann, weil ein besonderes Gedenkjahr ist und viele Gedenkver­anstaltungen zu übertragen sind und deshalb nicht alle Bundesratssitzungen, sondern nur mehr ausgewählte übertragen werden.

Was können wir als Länderkammer dafür, dass gerade vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg ausgebrochen ist, dass es ein Jubiläum des Zweiten Weltkriegs gibt, dass es andere Gedenkjahre gibt?! Das kann man, glaube ich, der Länderkammer nicht aufrechnen, wenn es darum geht, die Grundsätze des ORF-Gesetzes einzuhalten. Und ich verweise darauf, dass es in § 1 Abs. 3 des ORF-Gesetzes heißt:

„Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder sowie auf den Grundsatz der Freiheit der Kunst, Bedacht zu nehmen …“

Und weiters heißt es in der Bestimmung zum öffentlich-rechtlichen Kernauftrag, im § 4 des ORF-Gesetzes:

„die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen“.

Die umfassende Information – damit sich der Staatsbürger ein Bild machen kann, wie die Bundesgesetzgebung erfolgt. Und ein Gesetz ist erst ein Gesetz, wenn es auch den Bundesrat passiert hat! (Beifall bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Mühlwerth.)

Außerdem ist der ORF in seinem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag verpflichtet, „die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens“


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