13.58
Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Für Weihnachtswünsche ist es mir jetzt noch ein bisschen zu früh. Ich denke, wir sitzen heute noch ein bisschen länger beieinander.
Zu den Gerichtsgebühren: Wir werden dem Gesetz natürlich gerne zustimmen. Wir sind natürlich auch froh, dass vor allem für Kinder und besachwaltete Personen die Gebühren niedriger werden. Das finden wir sehr erfreulich.
Ich möchte nur darauf hinweisen, aber Sie kennen das wahrscheinlich schon, weil es im Nationalrat auch schon diskutiert worden ist, dass Österreich bezüglich der Gerichtsgebühren ein extremes Hochpreisland ist. Jetzt kann man das so oder so sehen, das ist mir schon klar. Das Positive ist, dass sich das Gerichtssystem selbst finanziert, weil durch die Gerichtsgebühren 108 Prozent der Kosten hereinkommen. In diesem Sinne kann man das positiv sehen. Das Negative ist natürlich, dass der Zugang zum Recht eine grunddemokratische Frage ist und auch dementsprechend leistbar für die Menschen sein muss.
Ich möchte darauf hinweisen, dass Österreich, wenn es um die absoluten Zahlen geht, also nicht auf die Bevölkerungszahl gerechnet, in diesem Bereich an zweiter Stelle in Europa liegt. Das heißt, dass Großbritannien, Italien, Spanien, also Länder mit viel mehr Einwohnern und Einwohnerinnen, weniger über die Gerichtsgebühren einnehmen als Österreich. Nur Deutschland nimmt mehr ein, aber die haben ja auch 80 Millionen Einwohner. Das heißt, der Durchschnitt des Grades der Finanzierung durch die Gerichtsgebühren europaweit beträgt 21 Prozent, in Österreich sind es, wie gesagt, 108 Prozent. Das sollte uns noch einmal zu denken geben, ob wir bei den Gerichtsgebühren nicht noch ein paar Schritte weitergehen sollten.
Mir ist schon klar, dass es hier auch Personalnot gibt, dass wir mehr RichterInnen brauchen, dass wir mehr StaatsanwältInnen brauchen und dass das alles Geld kostet. Das weiß ich alles. Dreht man bei einer Schraube, muss man auch bei einer anderen drehen – auch das ist mir klar –, aber ich denke mir, dass das unser Signal ist und wir zustimmen, weil wir den Schritt richtig finden. Wir hoffen und wir wünschen uns weitere Maßnahmen, dass auch arme Leute sich nicht aus Kostengründen überlegen müssen, ob sie vor Gericht gehen oder nicht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
14.00
Präsidentin Ana Blatnik: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte.
14.00
Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich habe jetzt inhaltlich dem, was vorweg gesagt wurde, wenig hinzuzufügen, ich möchte aber ganz bewusst auf die Kritik, die auch im Nationalrat schon geäußert wurde, eingehen.
Vielleicht beginne ich mit einer kurzen Klarstellung. Grundsätzlich ist es ja nichts Schlechtes, wenn sich staatliche Systeme selbst finanzieren können, aber dieser Wert von 108 Prozent Kostendeckung ist wirklich nicht ganz verlässlich, und zwar aus folgendem Grund: Er ist missverständlich. Wenn man nur die Gerichtsgebühren betrachtet, dann kann man zu diesem Ergebnis kommen, man darf aber nicht vergessen, dass wir im Bereich der Justiz viele, viele Aufgaben finanzieren müssen – insbesondere auch Aufgaben wie etwa im Bereich der heute bereits erwähnten Familiengerichtshilfe, im Rahmen unserer Präventionsmodelle, die sehr erfolgreich laufen, aber natürlich auch solche im gesamten Bereich des Strafvollzugs –, und würde ich jetzt die unmittelbar von der Justiz zwingend zu erbringenden Leistungen und deren Kosten in Abzug bringen, dann wären wir bei einem Kostendeckungsgrad von rund 70 Prozent. Das ist – glaube ich – auch international herzeigbar und grundsätzlich nichts Schlechtes.
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite