BundesratStenographisches Protokoll839. Sitzung / Seite 55

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

diesem Prozess soll ja von der Europäischen Union bewertet werden. Da stellt sich Ös­terreich eigentlich ganz klar gegen eine Aufnahme der Kultur in die 2020-Strategie, und zwar aus der Befürchtung heraus, dass sich die vorwiegende Beurteilung des Kultur­sektors nach Wachstumsfaktoren, also nach Einnahmen, Besucherzahlen und so wei­ter langfristig negativ auf Vielfalt, Qualität und Nachhaltigkeit – auch da lässt sich natür­lich diskutieren, was das im Hinblick auf Kultur bedeutet – auswirken würde.

Es besteht also die sicher nicht unberechtigte Befürchtung, dass es in dieser Debatte zu einer Reduktion von Kultur auf rein ökonomische Indikatoren kommt.

Die Frage stellt sich aber – oder man muss sie sich stellen –: Was sonst? Welche an­deren Kriterien werden hier definiert? Gerade das Kulturland Österreich sollte da Ant­worten haben und Initiativen setzen, die über eine Ablehnung dieser Aufnahme der Kul­tur in die 2020-Strategie und die Befürchtungen hinausgehen, denn es läuft ja gleich­zeitig der Prozess, dass es, um die faktengestützte Politikgestaltung zu verbessern – das ist ein tolles Wort: faktengestützte Politikgestaltung –, europaweit vergleichbare Kul­turstatistiken unter der Federführung von Eurostat geben soll. Das soll also weiterent­wickelt werden, es soll in Zukunft doch ein Zahlenwerk geben, um eben diese fakten­gestützte Politikgestaltung zu verbessern.

Da stellen sich natürlich Fragen wie: Wechselwirkung von Kultur und Innovation, Kultur und ökonomischer Nachhaltigkeit, Kultur und sozialer Inklusion. Was heißt das dann für Förderungen, für Subventionen und eben für die tägliche Politik im Umgang mit Kul­tur?

Vielleicht hat das gerade bei mir so einen sensiblen Nerv getroffen, weil ich natürlich in Salzburg von diesen Debatten sehr betroffen bin, wenn es eben darum geht, Hochkul­tur entsprechend zu subventionieren oder nicht, oder was stattdessen. Was heißt das dann für die Entscheidungsfindung in diesem Bereich?

Es ist auch nicht unerheblich, was das für Kultur in den Außenbeziehungen heißen kann. Ich darf daran erinnern, dass die USA das UNESCO-Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen nicht unterzeichnet haben und dass damit der Kultursektor zum Beispiel im Bereich von Handelsabkom­men wie TTIP unter Umständen völlig den Gesetzen des freien Marktes ausgeliefert werden könnte. Das ist im Zusammenhang mit dieser Debatte ein ganz entscheidender Punkt, denke ich. Einige europäische Staaten besitzen in diesem Bereich bereits Zah­lenwerke, sogenannte Satellitenkonten. Österreich, das habe ich dem Bericht entnom­men, gehört nicht dazu.

Ich glaube, dass es da für Österreich durchaus Handlungsbedarf gibt. Wir würden uns wünschen, dass es gerade in diesem Bereich nicht nur ein Nachhinken gibt oder dass nicht erst hinterher Handlungsbedarf festgestellt wird, sondern dass das Kulturland Ös­terreich – als das wir uns, glaube ich, doch wirklich alle verstehen – da eine Vorreiter­rolle einnimmt und dass gerade in unserem Land diese Debatte ganz progressiv und aktiv geführt wird, um Grundlagen für eine faktengestützte Politikgestaltung zu schaf­fen, wie sie offensichtlich im Rahmen der Europäischen Union und im Rahmen dieser Zusammenarbeit gefordert ist. Diesen einen Punkt wollte ich herausgreifen, weil er für die Kulturnation Österreich, glaube ich, ein sehr wesentlicher ist. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Schreyer sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

12.27


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt nun Frau Staatssekretärin Mag. Steßl. – Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


12.27.22

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Mag. Sonja Steßl: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich bedanke mich für die sehr anregende


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite