BundesratStenographisches Protokoll856. Sitzung / Seite 119

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Gerade diesen letzten Aspekt, nämlich den Fokus auf den Handlungsspielraum jedes einzelnen Menschen, finde ich im Hinblick auf historische, auf politische Bildung be­merkenswert. Da findet politische Bildung auf einem hohen Niveau statt, eigentlich muss man sagen: Persönlichkeitsbildung, denn nachhaltige politische Bildung geschieht ab dem Moment, in dem das Ich und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Sein ins Spiel kommen.

Im pädagogischen Konzept zur Vermittlung findet man dann immer wieder das päda­gogische Ziel, nämlich die Frage: Was hat das mit mir zu tun? Wenn es wirklich gelingt, dass sich junge Menschen an einer solchen Gedenkstätte diese Fragen stellen: Was hat das mit mir zu tun? Was ist mein Anteil daran, dass so etwas, wie es in Maut­hausen passiert ist, nie wieder auch nur ansatzweise passieren kann? Was kann ich dazu beitragen, dass niemals vergessen wird? Wann ist Zivilcourage gefragt?, dann fin­det schlussendlich antifaschistische Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit statt. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch dafür bedanken, dass Mario Lindner diesen wich­tigen Aspekt aufgreift.

Wie notwendig diese Arbeit ist, beweist der aktuelle Bericht des Verfassungsschut­zes – ich zitiere –: „Im Jahr 2015 sind den Sicherheitsbehörden in Österreich insge­samt 1.156 rechtsextremistische, fremdenfeindliche/rassistische, islamophobe, antise­mitische sowie unspezifische oder sonstige Tathandlungen, bei denen, teils mehrere ein­schlägige Delikte zur Anzeige gelangten, bekannt geworden“. Gegenüber dem Jahr 2014 bedeutet das einen zahlenmäßigen Anstieg um 54 Prozent.

Bei der Meldestelle NS-Wiederbetätigung sind im Jahr 2015 insgesamt 3 913 Informa­tionen und Hinweise eingegangen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies wiederum ei­nen Anstieg, nämlich um 16,7 Prozent. Dieser Anstieg macht mir schon gewaltig Angst. Da ist etwas in Bewegung, und das darf nicht verharmlost werden, da sind wir alle ge­fragt, zu verurteilen und mit allen Mitteln dagegenzuwirken.

Ich möchte auch noch auf die hervorragende Arbeit des Mauthausen Komitees einge­hen, ich denke dabei auch an die jährliche Gedenkfeier, die uns jedes Jahr wieder zu­tiefst bewegt und auch aufrüttelt, zu der immer noch Überlebende mit ihren Angehö­rigen kommen, aber eben zum Glück auch viele junge Menschen, viele VertreterInnen von Politik und Kirchen.

Das Mauthausen Komitee wirkt auch über die Gedenkstätte hinaus, denken wir an das Fest der Freude, das jährlich am 8. Mai am Heldenplatz gefeiert wird. Das Mauthausen Komitee führt auch eine Meldestelle für Rechtsextremismus auf seiner Homepage, um eben Vorfälle zu dokumentieren. Aktuell fordert das Mauthausen Komitee einen Natio­nalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus, um alle Kräfte zu bündeln, die diesen Wi­derstand leisten.

Ich komme zum Schluss: Die Gedenkstätte Mauthausen hat ein wirklich großes, schwe­res historisches Erbe und eine noch größere Verpflichtung daraus, Erinnerungsarbeit und antifaschistische Bewusstseinsarbeit zu leisten. Um das tun zu können, braucht es adäquate Ressourcen, geeignete zeitgemäße Strukturen, die wir mit diesem Beschluss heute gewährleisten werden, und natürlich fachliche Expertise.

Wir alle müssen wachsam bleiben, wir alle dürfen niemals vergessen und müssen ge­meinsam den Anfängen wehren. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.59


Vizepräsident Mag. Ernst Gödl: Als Nächster und vorläufig Letzter dazu zu Wort ge­langt Herr Bundesminister Brandstetter. – Bitte, Herr Minister.

 


15.59.31

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte! Wie zuletzt durch den Redebeitrag der Frau


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