BundesratStenographisches Protokoll867. Sitzung / Seite 21

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Meine Frage ist: Von den 2 071, glaube ich, ausländischen Häftlingen ist ja fast ein Vier­tel aus Serbien. Sollte man sich hier nicht eher auf Serbien konzentrieren? Das ist sehr nahe, und das wäre bereits ein Viertel dieser Häftlinge. Aus Nigeria sind es weniger als 140, aus Algerien noch weniger, deshalb meine ich, diese wären doch eher nicht so stark zu berücksichtigen.

 


Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Bundesrat! Sie haben na­türlich völlig recht. Ich konzentriere mich auf jene Staaten, wo ich eine echte Chance se­he, Überstellungen vornehmen zu können. Selbstverständlich konzentriere ich mich ge­rade in letzter Zeit auch besonders auf Serbien. Selbstverständlich hat es da auch schon Kontakte mit den Vertretern Serbiens gegeben. Ich habe jetzt den Termin nicht im Kopf, aber ich glaube, es ist auch ein Besuch in Belgrad geplant. Und hier sehe ich Möglich­keiten, hier sehe ich Chancen. Daher wollen wir uns auch verstärkt darum bemühen. Da haben Sie völlig recht.

Es gibt natürlich Länder und Staaten, wo ich von vornherein weiß, da ist eine Überstel­lung rechtlich nicht möglich, denn würden wir das tun, würden wir in Straßburg verur­teilt werden. Das ist so. Das ist eine Vorgabe, das habe ich zu akzeptieren, das ist über­haupt keine Diskussion wert. Daher konzentriere ich mich natürlich auf die Staaten, in die eine Überstellung rechtlich möglich ist. Da muss man schauen, dass man es fak­tisch zustande bringt.

Aber Sie haben völlig recht, wie ich schon gesagt habe: Bulgarien und Serbien sind heuer ein gewisser Schwerpunkt.

 


Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann: Zu einer Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Dr. Reiter zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Mich würde noch interessieren, wie das eigentlich innerhalb der EU-Mitgliedstaaten gehandhabt wird. Ich habe heraus­gehört, dass es auch dort der persönliche Kontakt von Justizminister zu Justizminister ist. Werden hier sozusagen Übereinkünfte mit den einzelnen Staaten angestrebt, gibt es so etwas? Oder wird das innerhalb der EU als solches behandelt?, denn Menschen­rechtsprobleme dürfte es da ja nicht geben. Also: Wie schaut es da ganz konkret mit Rumänien, Bulgarien, der Slowakei und Ungarn zum Beispiel aus?

 


Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, was die EU-Staaten be­trifft, ist es ganz klar: Da gibt es ein entsprechendes Regelwerk der Europäischen Uni­on, an das alle Mitgliedstaaten gebunden sind. Da haben wir rechtlich überhaupt keine Probleme, es sei denn, es gäbe im Einzelfall Entscheidungen des Europäischen Gerichts­hofs für Menschenrechte in Straßburg, die uns sagen würden, dass man in bestimmte Staaten, auch EU-Staaten, derzeit nicht überstellen könnte, weil dort die Zustände un­ter dem Aspekt der EMRK nicht wirklich befriedigend wären oder jedenfalls nicht so, dass man EMRK-konform überstellen könnte.

Solche Entscheidungen gibt es immer wieder, auch einzelne EU-Staaten betreffend. An diese bin ich dann natürlich auch gebunden. Aber wie ich schon gesagt habe: Auch in diesem Bereich ist die Judikatur in Straßburg etwas, das im Fluss ist. Natürlich re­agieren solche Staaten, ist es doch mehr als peinlich, wenn man in Straßburg verurteilt wird, und man kann davon ausgehen, dass es dann doch innerhalb relativ kurzer Zeit entsprechende Verbesserungen gibt. Dann kann man wieder einen Anlauf machen.

Aber primär ist in so einem Fall einmal zu klären: Ist da rechtlich irgendwo ein Hin­dernis in Bezug auf die EMRK-Judikatur in Straßburg zu sehen?, und wenn das nicht der Fall ist, dann muss man die faktischen Möglichkeiten entsprechend nützen.

 


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