Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 82

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das politische Legat, das Praschak dem Hohen Haus, den politischen Verantwortungsträgern und der Öffentlichkeit gegeben hat, nicht einlöst.

Herr Dr. Praschak war Ihr Parteigenosse. Ich finde es in höchstem Maße verabscheuungswürdig, wenn Sie jetzt zur Tagesordnung übergehen und so tun wollen, als wäre nichts geschehen, obwohl Herr Praschak dieses Legat dem Hohen Haus geradezu aufgetragen hat. Es kommt ja nicht von ungefähr, daß wir hier heute Aufdecker spielen. Und auch wenn Sie das noch so oft wiederholen, Herr Kollege Stummvoll: Wir erfüllen den Auftrag von jemandem, der am politischen System, insbesondere der Sozialdemokratie, aber auch der ÖVP, nämlich an diesem Marionettensystem, gescheitert ist und der dieses System angeprangert hat, damit hier in diesem Hohen Haus und in unserer Republik dagegen etwas getan wird. (Beifall bei Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist keine Kleinigkeit, wenn man über solche Marionettenspiele derart wichtige Funktionen in unserer Republik beziehungsweise in der Bankenlandschaft vergibt. Es ist keine Kleinigkeit, wenn man keine Ausschreibung durchführt und sagt: Da ist ein Exminister, nämlich Scholten, und der muß versorgt werden, und wer sich diesem Diktat nicht beugt, dem werden wir schon Beine machen. – Meine Damen und Herren! Genau das ist die Bedrängnis, in der sich Gerhard Praschak gesehen hat, der auf einmal zum willenlosen Objekt Ihrer Manipulationen und Ihrer Machtgelüste gemacht werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es überrascht natürlich den "gelernten Österreicher", auch uns Parlamentarier von der Opposition überhaupt nicht, wenn Sie heute der Einsetzung eines solchen parlamentarischen Untersuchungsausschusses wieder einmal die Zustimmung verweigern. Das ist doch für Sie von SPÖ und ÖVP geradezu ein politisches Tauschgeschäft: Die SPÖ hilft der ÖVP bei der Vertuschung der Aufklärung rund um die Vorgänge bei den sogenannten Kurden-Morden. Die ÖVP wiederum hilft der SPÖ, wenn es darum gehen soll, die Hintergründe und auch Konsequenzen des Freitodes von Gerhard Praschak aufzuklären. Ein altes politisches Spiel! Versuchen Sie aber bitte nicht, der Öffentlichkeit glaubhaft zu machen, Sie seien aus demokratiepolitischen Gründen, aus Gründen demokratischer "Hygiene" gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses! Auf kaltem Weg – und das ist das Problem! – wollen Sie die Regelungen der Geschäftsordnung zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beseitigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Kier vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.00

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist einer von fünf Möglichkeiten. Ich möchte an der Spitze meiner heutigen Ausführungen in Erinnerung bringen, daß es ohne jeden Zweifel in der österreichischen Bankenlandschaft das eine oder andere gibt, was der dringenden Aufklärung bedarf. Wir haben daher von unserer Fraktion aus, unmittelbar nachdem der tragische Auslöser dieser heutigen Debatte bekannt war und wir auch Informationen hatten, angeregt, daß die betroffenen Aktionäre der Kontrollbank von der Möglichkeit Gebrauch machen sollten, die es in jeder Aktiengesellschaft gibt, nämlich unverzüglich eine aktienrechtliche Sonderprüfung für sich selbst zu beschließen, unabhängige Wirtschaftsprüfer einzusetzen und damit das Mittel des Privatrechtes in die Hand zu nehmen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Was ist geschehen? – Die Aktionäre haben – erwartungsgemäß – selbstverständlich von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht, obwohl dazu nicht einmal ein Mehrheitsbeschluß der Aktionäre notwendig gewesen wäre. Jeder Aktionär mit mehr als 10 Prozent Beteiligung an einem Institut kann das alleine durchsetzen.

Was ist die politische Schlußfolgerung daraus? – Die Aktionäre der Oesterreichischen Kontrollbank haben offenbar keinerlei Interesse, die Möglichkeiten der handelsrechtlichen Selbstreinigung in Angriff zu nehmen.


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