Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 37

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4. Punkt

Erste Lesung des Antrages 507/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates und das Strafgesetzbuch geändert werden

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält als erste Frau Abgeordnete Dr. Petrovic.

10.07

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Wochen sind die drei parlamentarischen Oppositionsparteien den Ausschußberatungen ferngeblieben, weil wir in Übereinstimmung der Meinung waren, daß die Möglichkeiten für parlamentarische Kontrolle in der Praxis dieses Hohen Hauses so weit geschmälert sind, daß eine Wahrnehmung der Kontrollaufgaben, wie sie insbesondere der Opposition zusteht, gefährdet erscheint, ja nicht mehr möglich ist.

Die Regierungsparteien haben zunächst auf diesen Ausschußboykott mit Unverständnis geantwortet. Sie haben das Fernbleiben von den Ausschußberatungen kritisiert, und sie wollten nicht verstehen, daß es sich dabei nicht um irgendeinen Protest handelt, der aufgrund eines Justamentstandpunktes begonnen wurde, sondern daß es sich wirklich um einen Aufschrei gehandelt hat, einen Akt der Notwehr und einen Akt, der insgesamt für den Parlamentarismus in Österreich von einschneidender Bedeutung war und ist.

Die Entwicklung in der Zwischenzeit scheint den Oppositionsparteien recht zu geben. Es ist weder in dieser Legislaturperiode noch in den beiden vorangegangenen Legislaturperioden möglich gewesen, zu irgendeinem in den Medien, in der österreichischen Bevölkerung diskutierten, aufklärungsbedürftigen Thema eine parlamentarische Untersuchung durchzuführen. Das Hohe Haus hat sich damit von einer zuvor geltenden parlamentarischen Usance sehr weit entfernt. Davor war es zumindest in einzelnen sehr wichtigen Angelegenheiten stehender parlamentarischer Usus, daß auch die Parlamentsmehrheit, daß auch die Abgeordneten der Regierungsparteien in zentralen aufklärungswürdigen Materien einer parlamentarischen Untersuchung zugestimmt haben.

Das war insbesondere immer wieder der Fall im Zusammenhang mit Großinvestitionen des Staates, vor allem im Rüstungsbereich. Das war immer wieder der Fall im Zusammenhang mit der Wahrung der BürgerInnen- und Menschenrechte, etwa dem Schutz gegen unzulässige Polizeiübergriffe, gegen telefonische Abhörungen und ähnliches. Und das war auch der Fall im Zusammenhang mit Großbauvorhaben, mit der Tätigkeit großer Baugesellschaften.

Es war zwar nie leicht, eine derartige parlamentarische Untersuchung zu erreichen, stets waren mehrere Anläufe notwendig, aber irgendwann gab es dann doch das Einsehen der Mehrheit dieses Hauses, daß solche Vorwürfe nicht im Raum stehenbleiben dürfen und daß das Hohe Haus in seiner Gesamtheit der österreichischen Bevölkerung Aufklärung schuldig ist.

Von dieser Praxis sind die Abgeordneten der Regierungsparteien, nicht zuletzt auch im Lichte der drei Untersuchungsausschüsse, die es zuletzt gab, abgekehrt. Die Argumente, die vorgebracht wurden, haben im Tenor so gelautet, daß diese Untersuchungsausschüsse betreffend die Themen "Noricum", "Lucona", "Milchwirtschaft" den Charakter von Tribunalen angenommen hätten, und daß Personen, die zunächst als Zeugen, als Auskunftspersonen angehört wurden, durch widersprüchliche, unrichtige Aussagen in Details plötzlich zu Angeklagten geworden sind.

Es wurde beklagt, daß es keine Verfahrensordnung für derartige Untersuchungsausschüsse gebe und damit auch keinen Schutz für Auskunftspersonen, für Menschen, die vor diesen Untersuchungsausschüssen angehört werden. Die Gründe dafür, warum es eine derartige Ver


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