Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 102

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10. Ist es richtig, daß Ihnen von Amnesty International ein Fall vorgelegt wurde, wonach ein Kosovo-Albaner von Ungarn nach Jugoslawien weitergeschickt wurde?

11. Werden Sie in diesem Zusammenhang Ihre Haltung betreffend die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von Kosovo-Albanern nach Ungarn beziehungsweise in ein anderes Drittland ändern? Wenn nein, warum nicht?

12. Werden Sie dafür eintreten, daß Kosovo-Albanern, die aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen nach Österreich flüchten, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht erhalten?"

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile Frau Abgeordneter Mag. Stoisits als Fragestellerin zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.00

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane gospodin president! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister Edlinger! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die derzeit im Kosovo herrschende Krise geht wohl an niemandem vorüber. Es gibt dramatische Menschenrechtsverletzungen – so dramatische Menschenrechtsverletzungen, daß die NATO überlegt, selbst ohne Beschluß des Sicherheitsrates möglicherweise im Kosovo einzugreifen. Es ist eine Krise, die uns allabendlich oder auch jeden Tag via Rundfunk, via Fernsehen, via Zeitungen ins Haus geliefert wird, ohne Anstrengung für uns. (Abg. Jung: Jaja, Frau Kollegin, Sie wissen, daß Sie mit dieser Dringlichen ins Fernsehen kommen, deswegen schauen Sie ...!) 80 000 bis 100 000 Menschen – das sind die Schätzungen, die auch via Medien kolportiert werden – sind auf der Flucht. Sie sind auf der Flucht innerhalb Jugoslawiens, dort vor allem nach Crna Gora/Montenegro, sie sind auf der Flucht nach Albanien gelangt – diese Bilder sind Ihnen sicherlich noch vor Augen –, und sie sind auch auf der Flucht in den Nachbarstaat Makedonien.

Einige wenige Menschen aus dem Kosovo, nämlich vor allem solche, die Anknüpfungspunkte in Österreich haben, aber auch in der Bundesrepublik Deutschland, flüchten nach Österreich. Das sind – wie ich vor allem von Betreuungsorganisationen, von Flüchtlingsorganisationen und von Menschenrechtsorganisationen weiß – in erster Linie verzweifelte, um ihr Leben besorgte Menschen, die in Österreich Anknüpfungspunkte in Form von Verwandten haben, die hier schon lange als Gastarbeiter leben oder schon früher als Flüchtlinge nach Österreich gekommen sind. Das ist ja nicht etwa ein Phänomen, das jetzt neu auftritt – wir kennen es von der Krise in Bosnien –, daß man sich natürlich, wenn man in Not ist, wenn man unter Repression lebt, wenn man Angst um sich selbst, aber vor allem auch um die Familie hat, dorthin flüchtet, wo man Hilfe erwarten kann oder wo es einem realistisch erscheint, Hilfe zu bekommen. Das ist logischeweise bei Verwandten, bei Freunden, bei Menschen aus dem gleichen Dorf. Und in Österreich leben ja Tausende Kosovo-Albaner als sogenannte Gastarbeiter oder Zuwanderer seit vielen Jahren, ja Jahrzehnten. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Die Situation im Kosovo hat sich in den letzten Monaten – und es wird ja von Tag zu Tag schlimmer – so dramatisch entwickelt, daß es wirklich zulässig ist, ohne sich dabei dem Vorwurf einer Übertreibung aussetzen zu müssen, von ethnischen Säuberungen im Kosovo zu sprechen. Es kommt zu politisch motivierten Vergewaltigungen, und es passieren permanent Menschenrechtsverletzungen vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Das geschieht nicht etwa im Verborgenen, das ist kein Land, das unbekannt ist – es liegt sehr nahe bei Österreich, nur ein ganz kleines Stück weiter als Bosnien, und Sie werden sicherlich noch alle sehr gut in Erinnerung haben, was dort passiert ist –, es geschieht nicht im Geheimen, sondern absolut öffentlich, vor den Augen der gesamten Weltöffentlichkeit!

Und genauso öffentlich, wie ethnische Säuberungen, politische Verfolgung, drastische Menschenrechtsverletzungen, Vergewaltigungen passieren, genauso öffentlich suchen auch Men


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