Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 28

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Ich möchte an dieser Stelle insbesondere der Frau Außenminister, aber auch allen anderen Ministern, wie Scheibner und Strasser, und der Frau Vizekanzler danken, die sich bei diesen Besuchen eingebunden haben. Der Bundespräsident und ich selbst haben Österreich ebenfalls sehr aktiv im Ausland vertreten. Ich denke, dass wir dabei auch insgesamt Beachtung gefunden haben. Das zeigt sich auch darin, dass wir im Rahmen der UNO-Generalversammlung bei einer Sondertagung über den Dialog der Zivilisationen von Kofi Annan als Eröffnungssprecher ausgewählt wurden: Der iranische Präsident Khatami und ich haben diese Sondersession eingeleitet, und das zeigt auch die Achtung, die Österreich in diesem Kontext entgegengebracht wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Sie haben dazu ja in den letzten Wochen viele Gespräche mit Staats- und Regierungschefs geführt. Besondere Aufmerksamkeit hat Ihr Besuch in Teheran ausgelöst. Ich möchte Sie fragen: Haben Sie in diesem Zusammenhang bereits konkrete Ergebnisse dieser Gespräche in Teheran und in New York?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Der Iran ist einer der wichtigsten strategischen Partner in der Region für eine friedliche Lösung, denn das Problem in Afghanistan war ja immer, dass die großen Nachbarn Russland, Pakistan und Iran über ihre Gruppen in Afghanistan praktisch den Bürgerkrieg unterstützt, gefördert und eine gemeinsame Lösung verhindert haben. Jetzt gibt es zum ersten Mal eine wirkliche Chance: Der Iran ist durch die Drogenexporte, die weitgehend durch das Land laufen, massiv betroffen. Der Iran hat bisher etwa 4 000, 5 000 Soldaten und Polizisten im Kampf gegen die Drogenbarone verloren. Die Iraner müssen an die 800 Millionen Dollar pro Jahr ausgeben, um die Grenze, 700 Kilometer, gegenüber Afghanistan zu bewachen. Sie haben einen sehr schwierigen und in der Terrorfinanzierung und -beheimatung durchaus verdächtigen Partner im Westen, nämlich den Irak mit Saddam Hussein, und im Norden haben sie mit manchen zentralasiatischen Ländern oder dem Kaukasus, Nagorno-Karabakh, Schwierigkeiten. – Daher das Interesse des Iran, eine gute Beziehung mit der Europäischen Union zu bekommen – wir werden in diesen Tagen ein Mandat für ein Trade- und Cooperation-Abkommen mit dem Iran freigeben – und mit den Amerikanern erstmals in Kontakt zu treten.

Diese Botschaften und auch verschiedene andere, auf die ich jetzt aus verschiedenen Gründen klarerweise nicht öffentlich eingehen möchte, waren sowohl für die Amerikaner als auch für die Briten sehr interessant. Ich glaube, dass Österreich damit gute Dienste im Dienst der Sache, des Friedens und der Stabilität erbringen konnte, und das scheint mir wichtig zu sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundeskanzler! Sie haben gerade erwähnt, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit ist, gerade die nicht-militärische internationale Zusammenarbeit, die ja genauso wie die Nichtbeteiligung an Militärblöcken einen Kern der österreichischen Neutralität ausmacht. Sie haben auch den Kontakt zum Iran sehr breit ausgeführt. Es ist gerade der Iran, der die Kontakte zu Österreich sucht, weil Österreich neutral ist. Warum, Herr Bundeskanzler, wollen Sie genau diese Neutralität abschaffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Da Sie ja im Gegensatz zu mir nicht bei den Gesprächen dabei waren, kann ich Ihnen versichern, dass für den Iran im Hinblick auf die Gespräche mit Österreich nicht das Thema Neutralität eine Rolle spielt, wie Sie glauben, sondern etwas viel Wichtigeres: Wir haben mit dem Iran in dieser Frage in den schwierigsten Zeiten Kontakt gehalten, und das zahlt sich eben aus.


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