Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 90

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Das heißt – und das haben auch meine Vorredner schon gesagt –, man muss schau­en, was der Status quo ist und was sich durch den Vertrag verändert. Der Status quo ist der Vertrag von Nizza, der in diesen demokratiepolitischen und sozialpolitischen Fragen tatsächlich ein Problem hat. (Abg. Dr. Graf: Dem Sie zugestimmt haben!) Aber wenn Sie das ändern wollen, wenn Sie der politischen Durchsetzbarkeit von Sozial­politik, von Demokratiepolitik eine Chance geben wollen, dann brauchen Sie eine Verbesserung des Nizza-Vertrages. (Abg. Strache: Dann dürfen wir unsere Kompe­tenzen nicht abtreten! Dann müssen wir Kompetenzen behalten!)

Diese Verbesserung wird im vorliegenden Vertrag von Lissabon zumindest versucht. Es ist zugegebenermaßen ein kleiner Schritt, ein sehr kleiner Schritt auch deswegen, weil der ursprüngliche Verfassungsvertrag da sehr viel mehr an Möglichkeiten gegeben hätte. Es stimmt ja, wenn Kollege Scheibner sagt, dass das, was jetzt vorliegt, weniger ist als das, was im Verfassungsvertrag im Hinblick auf die Grundrechte und auf soziale Fragen ursprünglich schon gedacht war. Aber warum? – Weil nationale und nationalis­tische Tendenzen es verhindert haben! Weil nämlich diese Volksabstimmungen auch sehr viel mit den nationalen Interessen zu tun hatten und weil dadurch verhindert wurde, dass dieser Vertrag angenommen werden konnte.

Das heißt, die Conclusio müsste ja, wenn Ihnen der derzeitige Zustand nicht passt, diese sein: eine Verbesserung, auch mit einem kleinen Schritt, und ein Schritt in die Zukunft, den dieser Vertrag mit Sicherheit bringt, aber nicht in die Vergangenheit, zurück zu einer nationalistischen Abgrenzung. (Abg. Strache: Dann lassen Sie doch die Österreicher darüber abstimmen! Warum verwehren Sie das den Österreichern?)

Ein Wort noch zu dem, was Sie unter Kultur verstehen: Wir haben dort hinten heute schon darüber gesprochen, dass das, was Sie in der Debatte an Zwischenrufen nach vorn rufen, zum Teil wirklich schon schwer erträglich ist. Einer dieser Zwischenrufe – das war einer der harmloseren – hat sich auf die Kultur bezogen. Als unser Klubob­mann Van der Bellen darüber gesprochen hat, was für ein Vorteil es ist, dass junge Leute jetzt in Europa von Nord bis Süd, von West nach Ost reisen können, Arbeit suchen können, studieren können, lautete einer der Zwischenrufe: Ja, und sie werden damit kulturell entwurzelt.

Was haben Sie da für ein Verständnis? – Ich frage mich auch, von welcher Kultur Sie denn sprechen, wenn Ihr Europa-Abgeordneter Mölzer zum Beispiel den Rechtsanwalt Schaller zu Diskussionen lädt und ihm eine Bühne bietet – jenem Rechtsanwalt Schal­ler (Abg. Strache: Wir reden einer Zeitung nicht hinein!), der ein ausgewiesener Holocaust-Leugner, ein Leugner der Konzentrationslager ist! (Präsident Dr. Spindel­egger gibt das Glockenzeichen. – Abg. Strache: Wir reden keiner Zeitung hinein!)

Das ist Ihre Kultur, und dem werden wir sicher keinen Platz geben! (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Abg. Strache: Das ist genau der Unsinn, den Sie verzapfen!)

12.49


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Vilimsky. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.49.55

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben heute wirklich eine Premiere seit der Konstituierung des Nationalrates, denn hinter mir auf der Regierungsbank ist erstmals kein Platz frei zwischen einem Roten und einem Schwarzen, oder einer schwarzen Außenministerin und einem roten Bundeskanzler. Sie sind irgendwie zusammengerutscht, es gibt so etwas wie eine neue Koalitions­liaison; das ist etwas Schönes.

 


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