Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll118. Sitzung / Seite 76

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Meinem Bruder, der in Wien ein Installationsgeschäft hat, ist es nicht mehr möglich, geeignete Lehrlinge zu finden. Da kommen potenzielle Lehrlinge, Pflichtschulabgänger, die nicht einmal die einfachsten Rechenaufgaben lösen können, die nicht einmal einen ordentlichen Satz schreiben können. Mein Bruder ist, wie gesagt, Installateur, und die Anforderungen, die er stellt, sind ohnehin nicht weiß Gott wie hoch.

Ich frage mich: Wie sollen wir mit solch einem Bildungssystem die Herausforderungen der Zukunft meistern? – Ich kann Ihnen sagen, wir werden sie nicht meistern und wir werden im internationalen Vergleich immer weiter zurückfallen, und das ist genau der Punkt, auf den ich hinaus möchte.

Die Regierung nimmt sich der Zukunftsfragen nicht an. Die Regierung wurschtelt von einem Tag zum nächsten. Es wird da ein bisschen gedreht, es wird dort ein bisschen gedreht, ein bisschen Geld verschoben, damit ja alles irgendwie am Laufen bleibt, aber niemand macht sich Gedanken über die nächsten 10, 20 Jahre. Anscheinend sieht niemand, wohin das Ganze läuft. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Im Jugendbericht sind genau diese Punkte angeführt: das Bildungssystem, die Per­spektivenlosigkeit in vielen Bereichen. All das steht drinnen, aber es geschieht nichts. Und warum geschieht nichts? – Ich kann mir das nur so erklären: Das, was wir jetzt an den Jugendlichen verbrechen – und das ist ein Verbrechen –, macht sich erst in 10, 15, 20 Jahren wirklich bemerkbar, und anscheinend hoffen einige, dass sie dann nicht mehr in diesem Hohen Haus sein werden, vielleicht schon in Pension sein werden, ja vielleicht sogar noch eine Politikerpension genießen können. Und deshalb ist das nicht so vordringlich.

Verantwortungsvolle Politik würde bedeuten, dass wir uns der Zukunftsfragen anneh­men, und das erwartet man auch von uns. Es ist kein Wunder, dass sich die Men­schen, wenn wir nicht imstande sind, das zu leisten, von uns abwenden, dass die Menschen sagen: Okay, ihr bereichert euch nur selbst, aber wenn es darum geht, etwas Positives für die Zukunft zu bewegen, dann versagt ihr!

Jetzt muss ich hier eine Enthüllung machen: Ich bin auch ein Lobbyist. Ich bin ein Lobbyist! Ich muss diese Enthüllung heute machen. Ich bin ein Lobbyist für meine Kinder, die jetzt fünf und sechs Jahre alt sind. Mein Sechsjähriger geht gerade zur Schule, und ich bin ein Lobbyist meines Sohnes und möchte, dass er eine ordentliche Schulbildung bekommt. Ich möchte ihn nicht in eine Privatschule stecken müssen, damit er überhaupt etwas lernt.

Das heißt, ich bin ein Lobbyist und bin nur meinen Kindern verantwortlich, sonst niemandem. Und deshalb: Wenn wir es nicht schaffen, die Probleme der Zukunft zu lösen, und wenn wir das nicht sofort machen, dann werden unsere Kinder das aus­baden müssen. Und dann wird mein Sohn mich eines Tages fragen: Papa, warum hast du es zugelassen, dass es uns schlechter geht als euch damals? – Genau das würde nämlich eintreten, und das möchte ich verhindern. (Beifall des Abg. Tadler.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


12.29.30

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Die schriftliche Unterlage, die wir heute hier im Plenarsaal diskutieren, ist der Jugendbericht. Bereits im Jahr 1988 wurde mit einem Entschließungsantrag gefordert, dass der jeweilige Minister einmal pro Legislatur­periode einen Bericht zur Lage der Jugend zu erstellen hat.

 


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