Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll118. Sitzung / Seite 177

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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat gemäß Art. 49b B-VG einen Antrag betreffend die Abhaltung einer Volksbefragung über die Übernahme von Haftungen im Ausmaß von 21 Milliarden Euro im Wege der „European Financial Stability Facility“ zur Beschlussfassung vorzulegen.“

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


17.51.58

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für viele ist es eine große Über­raschung, dass Griechenland in Schwierigkeiten ist. Wenn man sich die Geschichte etwas ansieht, und zwar die letzten 200 Jahre, so muss man feststellen, dass Griechenland in den letzten 200 Jahren praktisch 100 Jahre in Zahlungsschwierig­keiten war. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Griechenland praktisch permanent pleite.

Jetzt hat man Griechenland in die Euro-Zone gelassen. Ich frage mich, was uns da geritten hat. Man hat sie in die Euro-Zone gelassen, hat akzeptiert, dass sie ihre Bilanzen dementsprechend frisiert haben, und hat seit dem Jahr 2006 schon gewusst, dass hier getürkt wird. Man hat 2006 gewusst, dass nicht nur die Konvergenzkriterien nicht eingehalten werden. Nein, man hat gewusst, dass falsche Zahlen geliefert werden und dass Griechenland auf dem Weg zur Pleite ist. Das hat man 2006 schon in der Kommission gewusst! Und was hat man gemacht? – Man hat gar nichts gemacht. Man hat einfach den Kopf in den Sand gesteckt und hat gehofft, dass dieser Kelch an uns vorübergeht. Nur, warum hat man das gehofft?

Aus der Geschichte wissen wir, Griechenland hat viel Erfahrung mit der Pleite. Es ist beinahe ein Teil der griechischen Kultur, pleite zu sein. Jetzt haben wir Griechenland zugestanden, dass es einen Schuldenberg anhäuft, der größer ist als der Olymp, und wundern uns jetzt, dass die Griechen diesen Schuldenberg nicht abbauen können.

Was wäre passiert, hätten wir sie pleitegehen lassen, so wie sie das auch in der Vergangenheit x-fach waren, so wie das auch schon viele andere Länder x-fach waren? Wir wissen alle, dass in den letzten 30 Jahren 30 Länder pleite waren. Das verdrängen wir ja. Da sind so Superstars dabei wie Russland, zweimal pleite, Brasilien und viele andere Länder, die jetzt erfolgreich sind. Das heißt, die Pleite ist ja in erster Linie ein Problem der Gläubiger und nicht des Landes. Es hat sogar früher Kriege deswegen gegeben. Wenn Länder früher ihre Zahlungen eingestellt haben, haben dann Gläubiger einen Krieg angefangen, um sie daran zu erinnern, dass sie noch etwas zu begleichen haben. Glauben Sie, dass die Deutschen und die Franzosen in Griechenland einmarschiert wären, hätten die Griechen ihre Zahlungen eingestellt, so wie in der Vergangenheit, so wie in der Geschichte schon x-fach? – Ganz sicher nicht!

Das heißt, gezahlt hätten die Gläubiger, und die Gläubiger waren damals noch die Banken. Und da hat es geheißen: Um Gottes willen, die Banken zahlen schon wieder! Die Banken haben 2008 schon einmal die Politik erpresst. Und wenn das 2008 gut funktioniert hat, warum nicht auch 2010? Somit sind die Banken zu den Politikern gegangen, vor allem die deutschen und die französischen, und haben gesagt: Liebe Freunde! Wenn Griechenland pleitegeht, was unausweichlich ist – das sehen mittler­weile alle –, dann müssen wir in die Kassa greifen, dann wird es teuer für uns. Und dann haben sich die Banken ein Verlustvermeidungspaket bei den Politikern bestellt. Die Banken haben es bestellt, die Politiker haben es geliefert, und wir werden es zahlen, wir Bürger. Und genauso funktioniert es.

 


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