Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 71

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Es bleiben jedoch natürlich 47 Prozent übrig. Und da muss man sagen: Bei diesen 47 Prozent, die diese gemeinsame Obsorge nicht wählen oder sich nicht dafür ent­scheiden, kommt es zu enormen Streitigkeiten.

Das heißt, man kann sagen, die Neuregelung der Obsorge ist ein wichtiger Schritt. Ich möchte jetzt nicht sagen, es ist ein Meilenstein, aber es ist immerhin eine Annäherung.

Besonders hervorzuheben ist aus meiner Sicht, dass sich die Novelle speziell mit dem Wohle des Kindes auseinandergesetzt hat. Ich weiß selbst aus meinem Bekannten­kreis, dass in Österreich speziell Obsorgestreitigkeiten viel zu lange dauern. Ich weiß von einem Obsorgestreit, der zwölf Jahre lang gedauert hat; mittlerweile ist der Bursch großjährig, das heißt, der Obsorgestreit hat sich quasi ungelöst selbst gelöst.

Mit diesem Gesetz soll es auch eine Verfahrensbeschleunigung geben – und das ist auch gut so. Das ist speziell für das Wohl des Kindes wichtig, denn die ewigen Streitig­keiten im Falle einer Trennung sind für Kinder unerträglich. Das kann auch zu psychi­schen Krankheiten führen.

Besonders hervorzuheben ist weiters die sechsmonatige gemeinsame elterliche Ver­antwortung. Dadurch kann einer Entfremdung des Kindes gegenüber einem Elternteil entgegengewirkt werden. Und sollte es dennoch zu Streitigkeiten kommen, gibt es ja noch immer die Rechtsprechung des Familiengerichtes.

Frau Bundesministerin Karl, Sie haben im Ausschuss auch gesagt, es stehe dem Staat nicht zu, über die Namensführung zu entscheiden. Daher ist es auch zu begrüßen, dass dieser Ansatz hier beinhaltet ist.

Es gibt natürlich auch Mängel in dieser Novelle, bei dieser Neuregelung der Obsorge. Ich glaube, wir sollten in Zukunft schon auch dafür sorgen, dass die Ungleichbehand­lung von Lebensgemeinschaften, also ehelich und unehelich, noch einmal diskutiert wird und vielleicht einmal eine Gleichstellung erfolgt.

Wir unterstützen dieses Gesetz, da es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Und, Frau Ministerin, wenn Sie in Zukunft noch Mittel für die Weiter- oder Ausbildung der Fami­lienrichter im Zusammenhang mit Obsorgefragen bereitstellen, dann haben wir zwar keine ehelichen oder unehelichen Lebensgemeinschaften gerettet, aber immerhin ein Zeichen für das Wohl der Kinder in unserem Land gesetzt. (Beifall beim Team Stro­nach.)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


11.18.50

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehschirmen! Als ich vor mehr als eineinhalb Jahren das Amt der Justizministerin angetreten habe, war mir klar, dass ich neben einer Fülle anderer Aufgaben und Herausforderungen vor allem auch zwei Themenbe­reiche dringend zu bewältigen habe. Das ist zum einen, das Vertrauen in die Justiz zu stärken; da geht es um die Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität. Und zum anderen geht es natürlich darum – das war mir ein besonderes Anliegen –, ein modernes, neues Familienrecht zu schaffen, das den heutigen gesellschaftlichen Strukturen angepasst ist.

Dieses neue, moderne Familienrecht sind wir meines Erachtens den Familien in Öster­reich, aber vor allem den Kindern schuldig, denn gerade die Kinder sind ja viel zu häu­fig die Leidtragenden, wenn sich die Eltern nicht mehr einigen können.

 


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