Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 90

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ich sage dazu, ich kann den Fall nicht überprüfen, und ich bin auch nicht das Gericht, aber ich finde, was man jedenfalls sehen kann, ist, wie sich Betroffene mit dem Delikt, das ihnen widerfahren ist, auseinandersetzen und was für sie besonders zentral ist, nämlich eben Fragen der Wiedergutmachung, Fragen wie diese: Setzt sich der Täter mit der Tat auseinander? Gibt es eine Schuldeinsicht?

All das arbeitet in den Betroffenen, in den Opfern weiter, und darauf gibt das Strafrecht noch viel zu wenig Antworten. Es gibt die Idee von Restorative Justice, wo man sagt, man zieht im Strafrecht noch eine viel stärkere Komponente ein und fragt: Wie geht es den Betroffenen? Wie kann man ihnen sozusagen in der Situation beistehen?

Auf alle diese Fragen gibt aber der vorliegende Gesetzentwurf meiner Einschätzung nach keine Antwort. Er ist einzig und allein eine Reaktion auf eine mediale Debatte. Ob es die richtigen Antworten sind, kann ich nicht beurteilen, das ist schwer zu sagen. Ich lese, es gibt von unterschiedlichsten Einrichtungen massive Kritik an den Vorschlägen; es sind unverdächtige Einrichtungen: Rechtsanwaltskammer, Richtervereinigung und Universität. Ich glaube, dass es angesichts dieser Einwände und der Gesamtsituation – nämlich der Auseinandersetzung mit der Betroffenen und der Frage, welche Bedürf­nisse sie formuliert hat – eigentlich Sinn gemacht hätte, dass man nicht zu einem Schnellschuss neigt, sondern dass man sich grundsätzlich mit der Frage auseinan­dersetzt, wie man in so einer Situation adäquate Antworten geben kann.

Der zweite Punkt des Gesetzes betrifft den Maßnahmenvollzug. Im Maßnahmenvollzug besteht massiver Reformbedarf, weil wir seit Jahren steigende Zahlen beobachten müssen. Der Abgeordnete Pendl hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, im Aus­schuss vorgeschlagen, dass wir uns einmal in einer Enquete intensiver damit ausein­andersetzen. Das kann ich nur sehr unterstützen. Ich glaube, dass eine Enquete ein sinnvoller Beginn einer Reformdebatte sein kann, wo immer sie uns hinführt. Das wer­den wir sehen, in einer Enquete wird ja ergebnisoffen debattiert.

Ein Punkt ist jetzt drinnen, den ich ansprechen möchte: Das ist das Anliegen des Ge­setzes, dass nunmehr Außenstellen, in denen es Maßnahmenvollzug gibt, zu Außen­stellen des Normalvollzugs erklärt werden können. Ich weiß schon, dass sich an der or­ganisatorischen Situation grundsätzlich nichts ändert, habe aber trotzdem Bedenken.

Historisch ist man immer davon ausgegangen, dass es eine strikte Trennung zwischen Maßnahmenvollzug und Normalvollzug gibt. Natürlich wird das rein formal nicht durch­brochen, ich bin aber skeptisch bei allen Entwicklungen, die einen Schritt in diese Rich­tung darstellen können, und bin daher auch bei dieser Formulierung extrem skeptisch – obwohl ich sagen muss, dass in Asten meiner Einschätzung nach hervorragende Ar­beit getätigt wird.

Aber ich glaube eben – jetzt darauf zurückkommend –, wir sollten uns in einer Enquete Zeit nehmen und einmal ganz grundlegend über den Maßnahmenvollzug und Reform­möglichkeiten diskutieren. Es gibt Finanzierungsprobleme – der Maßnahmenvollzug ist teuer –, und es gibt natürlich auch ein menschenrechtliches Problem, wenn immer mehr Menschen im Maßnahmenvollzug sitzen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


12.30.38

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wie oft haben wir hier im Plenum schon das Wort „Anlassgesetzgebung“ gehört? – Wer sich zurückerinnert: jahrelang immer wieder!

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite