Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 274

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ihn einfach links liegen gelassen, der Mörder konnte den Priester vor den Augen der Zuschauer zerstückeln. Und das ist schon etwas, was zu denken gibt.

Ich komme jetzt auf dieses Kloster zu sprechen, es ist eines der ältesten christlichen Klöster der Welt und besteht seit 1 600 Jahren. Und jetzt wird in der Türkei ein Urteil – ich möchte es einmal so sagen: ein eher muslimisches Urteil; anders kann ich mir das nicht erklären – getroffen, das dem widerspricht, was Herr Erdogan heute hier von sich gegeben hat.

Die Republik Türkei hat sich im Vertrag von Lausanne am 24. Juli 1923 dazu ver­pflichtet, dass türkische Staatsbürger, die nicht dem muslimischen Glauben angehören, gleichberechtigte Bürger mit gleichen politischen Rechten sind. Dass das in der Türkei derzeit nicht der Fall ist, wissen wir alle aus verschiedenen Berichten. Ich glaube, da ist noch sehr viel Aufklärungsarbeit notwendig.

Ich denke, dass der Herr Bundeskanzler und der Herr Außenminister dieses Thema beim heutigen Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten angesprochen haben.

Wir werden dem Antrag der FPÖ, des Kollegen Riemer zustimmen. Ich glaube, das ist ein vernünftiger Antrag. Etwas, das 1 600 Jahre alt ist, gehört zum Weltkulturerbe, es ist eine der christlichen Wurzeln. Das kann man nur befürworten. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abg. Mag. Unterreiner.)

23.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


23.25.12

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dem Entschließungsantrag können wir nicht beitreten, und zwar deshalb, weil das Kloster Mor Gabriel bereits zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben wurde. – Das zum Ersten. So schnell kann man Wünsche erfüllen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zum Zweiten: Das Kloster Mor Gabriel wurde eigentlich nicht erst 2008 zum Politikum, sondern bereits 1915, weil so wie die Armenier die christlichen Assyrer im Völkermord 1915 zu Hunderttausenden zu Tode kamen. Da waren auch die christlichen Assyrer dabei. Das Problem der christlichen Assyrer ist, dass sie nicht als Minderheit anerkannt werden und somit auch die Anerkennung seitens der Türkei nicht da ist, sie als Minderheit sozusagen in ihrem Kloster zu sehen.

Worum geht es eigentlich? – Drei Dörfer, die rund um das Kloster liegen, haben An­spruch auf die Ländereien erhoben. Es verhandelt ja das Kloster bereits in mehreren Gerichtsverhandlungen – es laufen bereits vier Gerichtsverhandlungen, in denen es immer wieder um die Enteignung dieser Ländereien geht. Einerseits hat das Gericht entschieden, dass diese Enteignung nicht gerechtfertigt war, weil das Kloster selbst seit 1937 Grundsteuer für diese Ländereien bezahlt hat, andererseits hat aber das Kassationsgericht in Ankara diesen Entscheid aufgehoben, und das ist nicht korrekt.

Dass es jetzt für dieses Kloster sehr, sehr schwierig ist, zeigt sich auch darin, dass es dort jetzt nur mehr drei Mönche und 14 Nonnen gibt. Aber nichtsdestotrotz fahren im Sommer sehr, sehr viele christliche Assyrer dorthin, die dort die aramäische Sprache lernen wollen. Aber dadurch, dass sie nicht als Minderheit anerkannt sind, ist es ganz einfach notwendig, dass es auch durch einen Verein, durch eine Stiftung gestützt und getragen wird.

Viele Familien, die damals vertrieben wurden, versuchen sich dort wieder anzusiedeln. Das wird ihnen aber nicht gelingen, solange es solche Aktionen der Türkei gibt.

 


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