Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll204. Sitzung / Seite 40

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„Mit der Griechenland- und Zypern-Hilfe hat Österreich den EU-Vertrag gebrochen, der eindeutig festlegt, dass kein Land für das andere aufkommen darf. Auch im ESM-Vertrag steht, dass Zypern nicht geholfen werden darf, weil es nicht systemrelevant ist. Wir haben also in allen beiden Fällen gegen Verträge verstoßen. – Wie rechtfertigen Sie eine widerrechtliche Hilfe, die noch dazu den Steuerzahler viel Geld kosten und wahrscheinlich zu höheren Steuern führen wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Erstens gibt es ausreichend juristische Dienste der Europäischen Union – ich bin davon überzeugt, auch personell gut ausgestattet –, die in der Lage sind festzustellen, welche Maßnahmen die rechtlichen Grenzen zulassen. Ich bin überzeugt davon, dass diese Dienste um einiges rechtlich besser ausgebildet und erfahrener sind als jene in Ihrem Klub, und daher gehe ich davon aus, dass keine rechtlichen Grenzen oder Kriterien verletzt wurden.

Zweitens: Ich habe an den zwei Tagen Diskussion, als bei den Bankomaten in Zypern nicht das Richtige herausgekommen ist und dann eine Diskussion darüber war, dass in Zypern jeder plötzlich Geld verliert, gesehen, wie schnell die europäische Verant­wortung eingefordert wurde, wie rasch dann dieselben, die vorher gefragt haben, wieso man da überhaupt etwas macht, was uns das denn angeht, Schuldzuweisungen gemacht und gemeint haben, dass die europäische Politik da schneller eingreifen muss. Wochenlang war die Diskussion über Versagen, darüber, dass man Zypern nicht rasch genug, nicht schnell genug geholfen, unterstützt hat, dort eingegriffen hat, damit die zypriotische Bevölkerung, die kleinen Sparer geschützt werden.

Ich bin also im Gegensatz zu Ihnen der Meinung, wir sollten uns dieser europäischen Verantwortung nicht erst bewusst sein, wenn beim Bankomat nichts mehr heraus­kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Lugar.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie behaupten, dass hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist, es gibt aber sehr viele Experten, die beweisen, dass in den Verträgen eindeutig festgeschrieben ist, dass niemand für den anderen aufkom-men muss. Das heißt, Sie widerlegen diese These und sagen, wir müssen für die anderen aufkommen, obwohl das in Widerspruch zu den Verträgen steht. Es wurde da ganz bewusst von der Politik das Recht gebrochen, das war keine rechtliche, sondern eine politische Entscheidung.

Deshalb noch einmal meine Frage: Warum haben Sie Zypern gerettet, wobei Zypern nicht systemrelevant ist und laut ESM-Vertrag auch nicht unterstützt werden darf? Warum haben Sie da das Recht gebrochen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Aber Sie kennen doch hoffentlich auch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zum ESM, das ist ja auch bei uns geprüft worden: Die Hilfen der EU-Länder für Krisenländer, die unter strengen Auflagen vergeben werden, sind mit den Verträgen vereinbar. Das sehen auch die europäischen rechtlichen Dienste so. Und ich weiß und bin davon überzeugt, dass, würden wir diese Grenzen, die existieren, nicht als politische Verantwortung sehen, der Schaden ein sehr großer wäre, und daher ist es richtig, dass wir innerhalb der rechtlichen Grenzen das Mögliche, und zwar so, wie es politisch sinnvoll ist, nutzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


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