Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 53

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Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung. Ich be­grüße die Mitglieder der Bundesregierung.

Im Anschluss an die Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers zum The­ma Steuerreform 2015/2016 wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entspre­chend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte stattfinden.

Als Erstem erteile ich Herrn Bundeskanzler Faymann das Wort. – Bitte, Herr Bundes­kanzler.

 


10.44.41

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Hochverehrte Abgeordnete! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens haben wir seit Längerem zu Recht ge­sagt – und da sehe ich eine gewisse Übereinstimmung mit den meisten Parteien die­ses Hauses –, dass der Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent zu hoch ist. Dies ist his­torisch durch eine gewisse Befreiung der unteren Einkommen von der Lohn- und Ein­kommensteuer entstanden, wobei aber kein Übergang geschaffen wurde, der dafür sorgt, dass am Beginn der Steuerpflicht eine flache Kurve ansetzt.

Dieses Thema hat auch im Wahlkampf eine Rolle gespielt. Da man ja auch gerade nach einer Wahl die Wahlkampfthemen in Erinnerung rufen soll, war es uns ein ge­meinsames Anliegen, diesen Eingangssteuersatz auf 25 Prozent zu senken.

Zweitens zeigen alle europäischen und internationalen Analysen, dass die Lohn- und Einkommensteuer bei uns zu hoch und vermögensbezogene andere Steuern niedriger als in anderen Ländern sind. Daher haben wir dort, wo wir zu hohe Steuern haben – nämlich bei den Lohn- und Einkommensteuern –, eine Senkung vorgenommen.

Ich möchte dazu im Folgenden nur ein Beispiel bringen: Die Lohnsteuer hat 2014 25,9 Milliarden € gebracht. Wenn ich nur den Teil der Senkung der Lohnsteuer heraus­nehme, dann sind das 4,6 Milliarden €. Wie Sie wissen, sind bei der Entlastung auch die Einkommensteuer und die Negativsteuern zu berücksichtigen. Doch wenn ich für diese Rechnung nur die Senkung der Lohnsteuer von 4,6 Milliarden € berücksichtige, dann ergibt das eine Senkung des Steuersatzes bei der Lohnsteuer um 17,7 Prozent. Also: Die Lohnsteuer um mehr als 17 Prozent zu senken, ist doch etwas Gewaltiges – vor allem in einer Zeit, in der wir europaweit alle unter engen Budgetkorsetts leiden, weil wir noch lange nicht die Trümmer der Wirtschaftskrise weggeräumt haben. Die Budgets und die uns selbst auferlegten Stabilitätskriterien – wobei bei den Stabilitäts­kriterien die niedrigen Zinsen, die wir derzeit für unsere Staatsanleihen bezahlen, sehr wichtig sind – geben uns relativ wenig Spielraum, so eine Steuersenkung einfach zu­sätzlich zu machen.

Daher war es notwendig, dass wir Spielräume nutzen, aber auch Gegenfinanzierungen schaffen.

Ein Schwerpunkt der Gegenfinanzierung ist, wie Sie wissen, die Betrugsbekämpfung. (Abg. Moser: Endlich! Das ist ja eigentlich selbstverständlich!) Es haben sich mittler­weile sehr viele Unternehmer gemeldet und gesagt, es sei aus ihrer Sicht verständlich und richtig, dass auch in ihrer Branche alle Steuern zahlen. Für einen Arbeiter und An­gestellten ist das sowieso selbstverständlich, denn dem wird die Steuer abgezogen. Aber es haben sich auch sehr viele Unternehmer gemeldet, die – im Unterschied zu den Einzelmeinungen, die es überall gibt – gesagt haben, dass das Ansinnen, Steuern zu zahlen und Betrug zu bekämpfen, richtig ist.

Bei der Betrugsbekämpfung haben wir einen besonders hohen Betrag von fast 2 Mil­liarden € eingestellt, aber nicht nur als Hoffnungsschimmer für eine Gegenfinanzierung, sondern im Zusammenhang mit Maßnahmen. Dabei haben uns die Verantwortlichen


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