Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 116

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Die neueste Studie in Deutschland – und die wird auch für Österreich nicht ganz so falsch sein – hat ergeben, dass alleine im ärztlichen Bereich die Dokumentation circa viereinhalb Stunden pro Tag ausmacht.

Ich glaube, unser Ziel sollte es sein, die Dokumentation abzubauen – und da sind wir von der ÖVP sehr dahinter –, statt sie aufzubauen hin zu einem völlig sinnlosen Po­panz, bei dem am Schluss auch das Personal sagt: Ich bin nicht Arzt oder Kranken­schwester geworden, um zu dokumentieren! Ich will mit Menschen reden, und ich will Menschen in ihren schwierigen Situationen auch helfen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


14.13.16

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Es freut mich, dass ich so eifrig erwähnt werde. Ich möchte mich aber jetzt auf ein Thema kon­zentrieren, und zwar möchte ich mit Ihnen über die Menschwerdung und über die rechtliche Definition, ab wann ein Mensch ein Mensch ist, reden. Das ist eine Grund­satzfrage, und die muss man sehr wohl im Parlament diskutieren, ebenso wie überall anders. Einige von uns, oder sogar sehr viele, wollen sich um diese Grundsatzfragen ständig herumschwindeln.

Gehen wir einmal zurück zum ABGB. Da gibt es den § 22, der uns sagt:

„Selbst ungeborne Kinder haben von dem Zeitpuncte ihrer Empfängniß an, einen An­spruch auf den Schutz der Gesetze.“

Das ist eine relativ eindeutige Formulierung, die jedoch in Zeiten wie diesen nicht mehr wirklich brauchbar ist, denn es stellt sich die Frage: Was ist die Empfängnis?

Für diesen Zeitpunkt der Empfängnis gibt es keine klare juristische und medizinische Definition. Daher müssen wir uns durchringen, das definieren zu wollen. In anderen Ländern gibt es ganz klare Embryonenschutzgesetze, dort gibt es Gesetze, wie man mit dieser sehr heiklen Phase der Menschwerdung umzugehen hat, dort setzt man sich gesellschaftlich und politisch damit auseinander.

Meine Damen und Herren! In Österreich haben wir zuletzt 1996 im Rahmen eines OGH-Urteils mit dieser Frage zu tun gehabt. Damals hat der Oberste Gerichtshof diese Frage im Zuge von Erbstreitigkeiten behandelt und festgestellt: Der relevante Zeitpunkt der Empfängnis ist die „Vereinigung von Samen und Eizelle“. – Das ist in dem Urteil von 1996 nachzulesen.

Seit damals haben wir uns damit nicht mehr beschäftigt, uns reicht also ein Richter­spruch, ohne dass wir ein Gesetz dazu haben. Meine Fraktion und auch die Fraktion der FPÖ finden, dass sich der Gesetzgeber sehr wohl mit dieser Frage auseinander­setzen muss. Das ist keine österreichische Eigenart oder österreichische Idee, sondern ein EU-weites – um nicht zu sagen: weltweites – Problem oder Thema.

Warum ist es so wichtig, für diese Phase des Lebens klare Gesetze zu haben? – Wir haben internationale Rechtsdebatten um die Stammzellen, um Embryonen im Frühsta­dium. Wir haben zum Beispiel in England circa 2 Millionen tiefgefrorene Embryonen, und kein Mensch weiß, was man mit diesen kleinen Menschlein anfangen soll. Wir ha­ben Patentrechtstreitigkeiten von Gentechnikfirmen, und wir stehen unmittelbar vor der Frage: Wie weit soll die technische Erzeugung des Menschen gehen? – Am Horizont ist ein großes Ziel erkennbar, und zwar die absolute Trennung von Sexualität und Fort­pflanzung: Die Fortpflanzung wird technologisiert, und die Sexualität wird zum Spaß erklärt. Das halte ich für eine Grundsatzfrage des Menschseins überhaupt.

 


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