Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 119

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Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass der Arzt, die Ärztin, der Pfleger, die Schwes­ter wieder Zeit für die Patienten haben und diese Dokumentationswut nicht weiter vo­rangetrieben wird. Ich glaube, in diesem Sinne wäre es einfach auch interessant, ein solches Berufsbild zu haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


14.24.01

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich mit dem Antrag vom Herrn Abgeordneten Dr. Franz beschäftigen. Er fordert in seinem Entschließungsan­trag die Gesundheitsministerin auf, ein Gesetz vorzulegen, dass die Eizelle ab dem Zeitpunkt der Befruchtung als Embryo gilt und auch als Mensch definiert ist.

Herr Dr. Franz zitiert in seinem Antrag aus einem Artikel in der „Zeit“. Ich habe mir das angeschaut. Aufgrund eines Anlassfalls – da ist es um einen Patentstreit gegangen, einem kanadischen Unternehmen war das Forschen mit Stammzellen untersagt wor­den – hat der EuGH mehr oder weniger tätig werden müssen, weil das EuGH-Urteil aus dem Jahr 2011, das auch Sie heute in Ihrer Rede angesprochen haben, die Frage eigentlich offenlässt, wann ein Embryo nicht getötet werden darf. Deswegen musste oder sollte der EuGH tätig werden, um zu definieren, wann ein Embryo tatsächlich auch als Embryo gilt.

Jener Herr Villalón, den Sie angesprochen haben, hat in seinem Gutachten gesagt, dass es entscheidend ist, ob die Eizelle ein Potenzial zur Menschwerdung hat. Genau da, Herr Kollege Dr. Franz, fängt für uns und auch für mich eigentlich die Schwierigkeit an, wie man mit dieser Frage umgeht. Frau Kollegin Mückstein hat es angesprochen: Es ist eine zutiefst ethische Frage, es ist eine religiöse Frage, es ist eine philosophi­sche Frage. Es ist auch eine wissenschaftliche Frage – das wurde ebenfalls angespro­chen –, weil es natürlich auch um Patente, um Stammzellenforschung geht.

Ich habe mir das angeschaut: Auch da gibt es ja unterschiedliche Richtungen. Die eine Ebene in der Wissenschaft sagt, dass der Organismus vom Moment der Befruchtung an als Embryo gilt. Die andere wissenschaftliche Meinung besagt aber, dass erst dann von einem Embryo gesprochen werden kann, wenn sich nach mehreren Zellteilungen einer befruchteten Eizelle die sogenannten Keimblätter bilden. Das ist jetzt natürlich sehr wissenschaftlich, aber so definiert das eben die Wissenschaft.

Und, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich habe mir auch angeschaut, wie Reli­gionen mit dem Lebensrecht eines Embryos umgehen. Auch da gibt es eigentlich keine einheitliche Meinung. Die katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen sagen na­türlich, dass das menschliche Leben mit der Befruchtung beginnt; dies aber erst – und das habe ich auch nicht gewusst – seit dem Jahre 1869, als Papst Pius sagte, dass es um die Beseelung der Eizelle geht.

Bei der protestantischen Kirche beginnt das menschliche Leben zwar auch schon mit der befruchteten Eizelle, aber sie hat eine ganz andere Meinung zur Stammzellenfor­schung. Auch das ist ein interessanter Aspekt seitens der protestantischen Kirche.

Die jüdische Religion und auch der Islam sagen, dass das menschliche Leben erst ab dem 40. oder ab dem 120. Tag beginnt und erst dann die Eizelle als Embryo gesehen werden kann.

Der Hinduismus und der Buddhismus sagen, dass das Leben beginnt, wenn Eizelle und Samen verschmelzen. Aber auch sie sagen, dass man betreffend Stammzellen­forschung – speziell dann, wenn es dem Lebensschutz oder der Gesundung von ande­ren Menschen dienen kann – noch nicht ausdiskutiert hat.

 


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