Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 100

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Seit fast 100 Jahren fällt in Österreich radioaktiver Abfall an. Abfallverursacher sind der medizinische Bereich zu 51 Prozent, die Industrie zu 21 Prozent, Lehre und Forschung zu 22 Prozent, und andere zu zirka 6 Prozent.

Gelagert werden radioaktive Abfälle seit 2003 in Seibersdorf. Dafür gibt es langfristige Verträge bis 2030. Wir sind in Österreich in der privilegierten Situation, dass keine hoch­radioaktiven Abfälle anfallen. – Der Grund wurde schon erwähnt. – 95 bis 98 Prozent der bei uns anfallenden radioaktiven Abfälle sind niedrigaktiv und etwa 2 bis 5 Prozent sind mittelaktiv. Man unterschiedet demnach auch nach kurzlebigen Abfällen. Diese enthalten Radionuklide mit Halbwertszeiten von weniger als hundert Tagen und Radio­nuklide mit Halbwertszeiten von mehr als hundert Tagen.

Im Zwischenlager der NES – das wurde auch bereits erwähnt – können konditionierte Abfälle, das heißt volumenmäßig komprimierte Abfälle mit einem Fassungsvermögen von maximal – so die Konzeption – 13 900 Fässern aufgenommen werden. Es können dabei aber auch längere Lagerzeiten von bis zu 300 Jahren erforderlich werden. Da­raus leiten sich schon verantwortungsvolle, nachhaltige und strategische Überlegungen bezüglich eines Endlagers ab, die man sicherlich nicht weiterdelegieren kann. Da ha­ben wir als Österreicher auch die Verantwortung. Wir sind sehr kritisch gegenüber der Atomenergie in Europa und haben daher natürlich auch die Verantwortung, unsere an­gefallenen radioaktiven Abfälle auch selbst zu verarbeiten und zu entsorgen.

Ich möchte noch kurz auf die Richtlinie 2629 eingehen, die derzeit aktiv ist, die umzu­setzende Richtlinie 2011/70 und 2013/59/EURATOM 2018. Es werden restriktive Si­cherheitsnormen und Vorgaben zum Schutz vor einer Exposition durch ionisierte Strah­lung als Schwerpunkt gesetzt. Wir kritisieren sehr oft die EU, aber gerade bei diesen Richtlinien für radioaktive Abfälle und für mögliche Expositionen ist man sehr, sehr re­striktiv. Diese Restriktionen greifen in unser aller Leben sehr intensiv ein – das betrifft Nahrungsmittel, das betrifft die Luft, das Wasser, das betrifft Baustoffe. Ich möchte ein kleines Beispiel für die Gesamtaktivität von radioaktiven Abfällen nennen: Im Metall­handel ist zum Beispiel eine Obergrenze von 0,1 Becquerel pro Gramm vorgegeben. Die Umgebungsstrahlung bewegt sich in Österreich im Durchschnitt zwischen 5 bis 8 Bec­querel pro Gramm, ist also fast um den Faktor Hundert größer.

Bemerkenswert finde ich die Position der FPÖ in Bezug auf EURATOM: Es gab hier im Haus am 22. Oktober 2014 einen einstimmigen Beschluss zur Vertragsrevisionskonfe­renz, um Möglichkeiten zu schaffen, unter Umständen von EURATOM auszutreten. Das kann man aber nur dann, wenn man drinnen ist. Gleichzeitig aber Polemik zu betreiben und Angst zum Thema „radioaktive Abfälle“ zu machen, ist gerade hier in Österreich nicht angebracht. Und für unseren eigenen Müll sind wir immer noch selbst verant­wortlich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


14.09.22

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her! Es geht um Strahlenschutz und es geht um eine zu späte Umsetzung einer EU-Richtlinie betreffend den EURATOM-Vertrag.

Offensichtlich bin ich – und davon bin ich jetzt auch relativ überrascht – der einzige Für­sprecher der Opposition, diese Richtlinie umzusetzen. Warum? – Weil sie eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur bestehenden Gesetzeslage darstellt. Es ist natürlich nicht der große Wurf, da ein wesentlicher Punkt nicht ausgeräumt ist – das wurde von­seiten der Grünen auch schon angesprochen –, nämlich die Frage, ob vonseiten der Bun-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite