Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll119. Sitzung / Seite 83

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Daher hoffe ich, dass morgen einiges Konkretes beim Rat gelingt. Es wäre wirklich dringend notwendig, weit über die Frage hinausgehend – und damit möchte ich schlie­ßen –, wie wir die Migrationsströme lösen sollen, nämlich hinsichtlich der Frage, wie es mit dieser Europäischen Union weitergeht. Das ist die Schlüsselfrage. Ich hoffe sehr, dass es morgen konkrete Ergebnisse gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


13.17.13

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Ja, die Entwicklungen in der Europäischen Union sind be­sorgniserregend, und es ist mehr Europa gefordert als weniger.

Das ist nicht die Frage – nur: Österreich, Herr Klubobmann Lopatka, handelt nicht dem­entsprechend. Österreich agiert, und das wissen Sie ganz genau, äußert unilateral und antieuropäisch, und das alles ist durchaus nach innenpolitischem Kalkül ausgerichtet.

Die österreichische Außenpolitik existiert in erster Linie gerade nur mehr als Innen­politik, und somit wird auch die Innenpolitik über die Außenpolitik gestülpt. Nur ein paar Beispiele: die Schließung der Grenzen Österreichs und die Festlegung von absoluten Obergrenzen von Spielfeld bis zum Brenner – nicht sehr europäisch –, die Balkankon­ferenz, deren Ausrichtung und der Ausschluss Griechenlands und Deutschlands. Be­wusst hervorgerufen waren die diplomatischen Verwerfungen mit Griechenland. Es kann mir niemand erzählen, dass die Diplomatinnen und Diplomaten des Außenmi­nisteriums zu so einem Schritt geraten hätten. Das kann ich mir nicht vorstellen. Es war vollkommen klar, dass es zu Verwerfungen kommen würde, wenn Griechenland und Deutschland als Hauptakteure in der Flüchtlingspolitik Europas nicht eingeladen sind.

Weitere Beispiele sind die abrupte Schließung der Grenzen von Mazedonien gegen­über Griechenland und somit auch das Forcieren, dass Griechenland tatsächlich zum größten Flüchtlingslager Europas wird, die bilaterale Aktion in Bulgarien – Österreich drängt ja auch Bulgarien zur Schließung der Grenzen gegenüber Griechenland –, die Übertragung der Hauptverantwortung der Erstaufnahme der Flüchtlinge an Griechen­land, die Abwendung von einer Politik der Zusammenarbeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das alles hat nichts mehr mit der Tradition der österreichischen Europa- und Außenpolitik zu tun. Das ist meiner Ansicht nach nicht nur zynisch und menschenverachtend, das ist in erster Linie innenpolitisch moti­viert. (Beifall bei den Grünen.)

Österreichs Außen- und Europapolitik war doch immer vom Versuch geprägt, den Dia­log zu forcieren, Brücken zu bauen, zu schauen, dass die Schwerpunkte der Rechts­staatlichkeit, Friede und Sicherheit sowie Entwicklung tatsächlich vorangetrieben wer­den, nämlich für alle, unabhängig von der politischen Ausrichtung eines anderen Lan­des, unabhängig von der Situation vor Ort, denn Friede und Sicherheit sind doch das, was das neutrale Österreich tatsächlich anbieten kann. Das, was jetzt passiert, hat nichts mehr mit der Tradition, mit einer sehr balancierenden Tradition, der österreichi­schen Außenpolitik zu tun.

Die Auswirkungen dieser Zaun-Politik, die jetzt forciert wird, werden wir noch lange zu spüren haben: Derzeit sitzen zigtausend Menschen in Griechenland vor der Grenze fest, und es gibt keine Lösung für diese Menschen. Eine humanitäre Katastrophe wird auch von der Caritas attestiert, die vor Ort gemeinsam mit der Volkshilfe und anderen Organisationen tatsächlich humanitäre Hilfe leistet, aber eine Lösung für die Menschen gibt es noch nicht. Die notwendige Verteilung jener, die jetzt festsitzen – im Schlamm, im Zelt, mit Babys, mit Kleinkindern –, sehe ich überhaupt nicht, und auch Österreich for-


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