Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll119. Sitzung / Seite 92

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Vorwürfe kommen wie zum Beispiel, Europa habe versagt oder die EU habe versagt, dann ist das, ob man es will oder nicht, immer auch eine Feststellung darüber, dass man selbst ein Stück weit versagt hat.

In diesem Sinne: Wenn ich mir den Bericht anschaue, den das Außenministerium be­ziehungsweise das Ministerium für Europa, Integration und Äußeres zum EU-Arbeits­programm 2016 vorgelegt hat, dann vermisse ich sehr viele Standpunkte, sehr viele Linien, aus denen im Normalfall hervorgehen sollte, welche Linie die Bundesregierung vertreten will. Das ist zum Beispiel beim Brexit unklar, das ist bei vielen anderen Punk­ten unklar.

Heute haben wir alle aus einer Tageszeitung erfahren, dass einer der Verfassungs­rechtler, die die Bundesregierung mit der Erstellung von Rechtsgutachten zur Asylober­grenze beauftragt hat, nämlich Professor Funk, sagt, dass diese Asylobergrenze klar verfassungswidrig sei. Da stellt sich schon die Frage, was die Regierung mit diesem Ergebnis macht. Das Grenzen-zu-Domino, das die Bundesregierung ganz bewusst be­trieben hat, mit dem sie sich auch schmückt und das sie als Erfolg preisen möchte, hat ganz massiv mit dieser Asyl-Obergrenze zu tun.

Wie tun Sie jetzt weiter und wie gehen Sie in der EU vor, wenn einer der renommier­testen Verfassungsrechtler des Landes sagt, das geht gar nicht, das ist klar menschen­rechtswidrig, das ist klar verfassungswidrig? Uns wird in dieser Situation ein Bericht vor­gelegt, in dem die Bestrebungen der österreichischen Bundesregierung dargelegt wer­den.

Ich möchte da einen klaren Unterschied zum Land machen, denn wir haben im Land sehr viele Menschen, die diese Linie, diese Scharfmacherlinie der Bundesregierung eben nicht mittragen, die sagen, wir sollten unseren Anteil an Solidarität leben. Ja, 90 000 Men­schen wurden letztes Jahr aufgenommen, und das ist sehr, sehr stark der Zivilgesell­schaft, den vielen Aktivisten und Aktivistinnen und den vielen Hilfsorganisationen zu verdanken. Die staatlichen Strukturen, die Strukturen, die die Bundesregierung hätte aufbauen sollen, haben leider sehr stark versagt. Das muss man an dieser Stelle auch ganz klar und deutlich aussprechen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn die Bundesregierung sich damit schmückt, dass 90 000 Menschen letztes Jahr in Österreich um Asyl ansuchen konnten, dann ist das sehr stark ein Verdienst der ös­terreichischen Zivilgesellschaft, leider viel weniger der österreichischen Bundesregie­rung – Stichwort Zelte, die aufgestellt wurden, weil nicht genug Vorsorge getroffen wurde.

In diesem Sinne möchte ich diesen Bericht zum EU-Arbeitsprogramm 2016 zum An­lass nehmen, um noch einmal die Stimme gegen die verfehlte Grenzen-zu-Politik zu erheben, die die österreichische Bundesregierung seit einigen Wochen betreibt. Deren Ergebnis sind konkret im Schlamm liegende Menschen und Familien in Idomeni und auch anderswo. Es geht nur gemeinsam!

Man muss aber, um dieses Gemeinsame zu ermöglichen, von der sturen, national­staatlichen, letztendlich nicht effektiven und nicht funktionierenden Linie des Grenzen-zu-Dominos abgehen. Und da erhoffe ich mir, dass die Bundesregierung ihre Linie überdenkt und endlich zu einer gemeinsamen europäischen Politik zurückfindet. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


13.52.45

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende EU-Arbeitsprogramm 2016 ist für europa­politisch und international politisch interessierte Menschen ein Konvolut, das zu lesen


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