Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung, 28. Februar 2018 / Seite 119

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14.34.29

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Zum Antrag 82/A der Abgeordneten Dr. Peter Kolba, Professor Alfred Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend das soge­nannte Verbandsmusterfeststellungsklagegesetz, beziehungsweise besser bekannt als Sammelklage, möchte ich Folgendes festhalten, und ich möchte auch gleich auf den Punkt kommen:

Die neue Gruppenklage verspricht Vereinfachungen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Sie würde sogar zu mehr Verfahrensbürokratie bei den Gerichten und bei den Betrie­ben führen. So sind die neuen Verfahrensmodelle bekannterweise wesentlich kompli­zierter als die bestehenden Möglichkeiten der Sammelklage österreichischer Prägung und auch langwieriger in ihrer Umsetzung.

Im aktuellen Regierungsprogramm „Zusammen. Für unser Österreich.“ ist die Einfüh­rung von derartigen Sammelklagen nicht vorgesehen. Die Europäische Kommission hat aber bereits angekündigt, im Rahmen der Revision der Unterlassungsklagenricht­linie auch Elemente des kollektiven Rechtsschutzes aufnehmen zu wollen. Details wurden noch nicht bekannt gegeben, aber der Vorschlag wurde für den 11. April 2018 angekündigt – also demnächst.

Somit ist für uns klar: Die Diskussion auf europäischer Ebene muss zunächst abge­wartet werden, ein Alleingang Österreichs ist nicht zielführend. Ich halte aber fest, dass wir uns grundsätzlich nicht gegen neue sinnvolle Regelungen beziehungsweise Ergän­zungen und Erweiterungen des bestehenden Systems der Sammelklage österreichi­scher Prägung stellen.

Der Ansatz ist folgender: Materielle Rechte, die Verbrauchern und Unternehmern zu­kommen, müssen gleichwertig garantiert sein sowie verfahrensmäßig wirksam umge­setzt werden. Wir wollen gleiche Spielregeln für alle. Es darf keine Bevorzugung von Gruppen gegenüber Einzelpersonen und einzeln Klagenden geben. Jeder potenzielle Anspruchsinhaber muss nach unserer Auffassung die Möglichkeit haben, aktiv und selbstbestimmt an einem Prozess teilzunehmen. Das wäre bei Sammelklagen kaum zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Sammelklagen bergen auch die Gefahr von einseitiger Privilegierung einer Prozesspar­tei – bei den Kosten zum Beispiel oder beim Beweismittelrecht. Des Weiteren wollen wir sicherstellen, dass in Österreich nicht amerikanische Verhältnisse Einkehr halten. Dort geht es vor allem darum, bei Sammelklagen auf Unternehmen und Handwerksbe­triebe so lange durch Strafandrohung und durch Aufbauen von medialem Druck einzu­wirken, bis freiwillig Kulanzlösungen gefunden werden. Das brauchen wir in Österreich nicht.

Daher bergen Sammelklagen auch erhebliches Potenzial für Missbrauch. In Amerika gehört es zum Kalkül, Unternehmen öffentlich anzuprangern. Das heißt – und das hat bereits dazu geführt –, dass die häufigen Sammelklagen und die damit verbundene Rechtsunsicherheit ein Standortnachteil für Amerika sind. Herr Dr. Kolba, ich möchte nicht wissen, was passieren würde, wenn diese Lampe (auf die Lampe am Rednerpult deutend) drüben im Senat ausginge (auf die Lampe deutend und klopfend, worauf diese plötzlich leuchtet) – halt, jetzt geht sie wieder! (Heiterkeit) –, da gäbe es nämlich eine Klage! Ich möchte nicht die Firma in Amerika sein, die diese produziert hat, denn da gäbe es gleich eine Sammelklage, aber im Parlament in Österreich ist das noch kein Problem, da repariert sie der Abgeordnete. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Da müssen wir mit Bedacht darauf schauen, dass wir nicht amerikanische Zustände in Österreich bekommen. (Abg. Kolba: ... VW, toll!) Herr Dr. Kolba – da Sie gerade da-


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