Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 146

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Genau das sind die Gründe, meine Damen und Herren, warum Leute flüchten. Das sind die Gründe, warum die wirtschaftliche Grundlage der Menschen zerstört wird und warum sie sich auf den Weg nach Europa machen. Deswegen müssen wir dort an­setzen und dort was tun. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ.)

Einen wichtigen Punkt möchte ich unbedingt noch anbringen: Wir reden immer davon, dass sich Menschen auf den Weg machen und das Mittelmeer überqueren. Viele davon schaffen es nicht, viele davon sterben und ertrinken im Mittelmeer. (Abg. Gudenus: Das wollen wir verhindern!) 2015 waren es eine Million Menschen, die sich von Afrika nach Europa auf den Weg gemacht haben. Heute sind es nur 45 000. Trotzdem ist die Zahl derjenigen, die im Mittelmeer ertrinken, im Verhältnis bei Weitem gestiegen. Von Jänner bis Juni dieses Jahres sind 1 405 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Diese Menschen sind keine Zahlen. Das sind Menschen, das sind Personen, das sind Kinder, das sind Frauen, die im Mittelmeer ertrinken. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ. – Abg. Jenewein: Genau das soll aufhören!)

Und was tun wir? – Nichts, wir tun nichts. Wir kriminalisieren diejenigen, die helfen wollen. Und ich schäme mich dafür. Ich schäme mich dafür, dass wir zuschauen. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ.)

Es sind europäische Staats- und Regierungschefs, die zuschauen, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken, und es gibt keinen Aufschrei. Es gibt keinen Aufschrei, weil es halt keine europäischen Kinder sind. Es sind fremde Kinder. (Ein Blatt Papier mit einer Karikatur in die Höhe haltend.) Da muss ich unweigerlich an eine Karikatur aus dem Jahr 1941 denken, als die USA sich geweigert haben, jüdische Flüchtlinge aufzu­neh­men, als die USA sich geweigert haben, jüdischen Kindern Schutz zu gewähren. Da liest eine Mutter ihren zwei Kindern ein Märchen vor, und da steht: Und dann hat der Wolf die Knochen der Kinder ausgespuckt. Aber ihr Kinder, habt keine Sorgen, es waren ja nur fremde Kinder. Und dann steht da: America first. – Diese Karikatur möchte ich nicht für Europa haben. Diese Karikatur möchte ich auch nicht im Jahr 2018 haben. – Vielen Dank. (Beifall bei Liste Pilz, SPÖ und NEOS.)

15.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordneter Amon. – Bitte.


15.51.33

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn man sich mit der Rede der Frau Dr. Zadić auseinandersetzt – und das kann man durchaus, sie war über weite Strecken ja differenziert und sachlich, auch wenn ich zwar viele Punkte nicht teile, aber wie gesagt, da kann man sich damit auseinandersetzen –, dann zeigt sich, sie war jedenfalls das perfekte Gegenstück zur Rede des Herrn Dr. Pilz, denn die Rede des Herrn Dr. Pilz war ja über weite Strecken eigentlich unsachlich, polemisch und bösartig; lieber Herr Dr. Pilz, das möchte ich Ihnen sagen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich habe mir die Präsentation des Herrn Bundeskanzlers im Europäischen Parlament, dieses Mal in Straßburg, auch angesehen. Ich habe eigentlich nur festgestellt, dass da laufend Personen in den Saal hereingekommen sind, während – wenn ich mich recht erinnere – das bei Ihrer Angelobung hier im Saal genau umgekehrt war. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rossmann: Und das ist nicht polemisch? – Abg. Kassegger: Das ist eine Tatsachenfeststellung! – Weitere Rufe bei der FPÖ: Tat­sachen­feststellung!) – Aber so passend, Herr Dr. Rossmann, so passend.

Sie haben gemeint, die Präsidentschaft sei nicht von einem europäischen Geist ge­tragen. Ich möchte hier einen zitieren, der, glaube ich, wirklich über jeden Zweifel erha-


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