Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung, 19. Oktober 2018 / Seite 37

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Abg. Rosenkranz: Der grüne Rechtsbrecher ist halt immun! – Abg. Haider: Der grüne Rechtsbrecher! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich ersuche, die Stimmung wieder etwas herunterzufahren. (Abg. Rosenkranz: Der Kollege Pilz hat immer Magengrippe, wenn er bei Gericht sein soll!) Ich würde bitten, dass wir wieder zu einer gesitteten Dis­kussion gelangen. (Ruf: Komisch, ihn darf man ...!)


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Ich werde jetzt ein erstes Mal, Herr Kollege Rosenkranz, Ihnen gegenüber wirklich persönlich werden und etwas sagen, was fast jeder Mensch in dieser Republik mit Empörung zurückweisen würde: Sie freiheitlicher Abgeordneter! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Deimek: Das war jetzt witzig! – Abg. Rosenkranz: Bumsti! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – So, und jetzt weiter zum Thema. Ich bitte um Verständnis, dass ich mich jetzt nicht mehr weiter mit der freiheitlichen Fraktion, die sich in großer Aufregung befindet, beschäftige.

Herr Bundesminister, ein entscheidender Punkt ist schon vorhin in der Debatte ange­sprochen worden, und es wäre einfach gut, wenn Sie etwas dazu sagen, und noch besser, wenn Sie etwas tun. Es ist zu Recht angesprochen worden – ich kenne das Lager persönlich, weil ich es mir einmal selber angeschaut habe; dort sind im Schnitt 80 000 Flüchtlinge, hauptsächlich Frauen mit kleinen Kindern (Abg. Deimek: ... froh sein, dass Sie nicht dabei sind!) aus Syrien –, nämlich ein Lager in Jordanien: Zaatari. (Zwischenruf des Abg. Stefan.) Die sitzen dort fest und haben ein ganz einfaches Problem: die Nahrungsmittelhilfe bricht regelmäßig zusammen, weil das Geld ausgeht.

Jetzt gibt es einzelne Staaten der Europäischen Union wie Deutschland, die da im Jahr mit 500, 600 Millionen Euro, oder Länder wie etwa die Schweiz und die Niederlande, die mit 40 Millionen einsteigen und schauen, dass das System nicht zusammenbricht. Wir wollen, dass möglichst viele Flüchtlinge vor Ort bleiben können. Dazu brauchen sie Lebensmittel, Schulen und Unterkünfte. Österreich hat heuer fast nichts überwiesen. Wir liegen im Bereich UNHCR und World Food Programme bei unter 1 Million. Wir schicken denen einen Bettel; die rechnen gar nicht mehr mit Hilfe aus Österreich.

Wenn Sie durch das Lager Zaatari gehen, dann können Sie immer große Spender­tafeln sehen, da sind die Fahnen der einzelnen Spenderländer drauf. Ich bin durchs Lager gegangen, und es hat keine einzige österreichische Fahne gegeben: weder bei der Schule noch bei der Ausgabe von Nahrungsmitteln noch bei der Errichtung von Wohnungen, noch, noch, noch, noch – nichts! Dort gibt es kein Österreich, und (in Richtung Bundesminister Blümel) Ihr Bundeskanzler tritt immer wieder ans Rednerpult und sagt, das Allerwichtigste ist die Hilfe vor Ort. – Reden Sie nicht immer, tun Sie endlich etwas! (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ.)

Gehen Sie heute einmal ans Rednerpult und erklären Sie uns, was die Bundesre­gierung jetzt gerade für die Lebensmittelhilfe vor Ort zur Verfügung zu stellen be­schlossen hat! 5 Millionen Euro sind zu wenig, 10 Millionen Euro sind zu wenig, mindestens 20 Millionen Euro müssen es vom reichen Österreich sein, sonst sind wir immer noch weit unter dem europäischen Schnitt. – Darum geht es!

Ich bin nicht bereit, über sinnlose Grenzzäune im Süden meiner steirischen Heimat und über den Missbrauch und Fehleinsatz von Angehörigen des Bundesheeres zu reden, wenn Sie nicht bereit sind, dort zu helfen, wo die Flucht beginnt und wo eine Chance besteht, die Flucht vor Ort zu stoppen. Ich halte das, was Sie tun, für doppelbödig; das ist jederzeit an den Fakten überprüfbar. Sie lassen die Menschen im Stich und Sie gefährden die Republik Österreich, indem Sie einfach zuschauen, wie Menschen unorganisiert und auf desaströse Art zur Flucht gezwungen werden.

 


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