Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung, 21. November 2018 / Seite 59

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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz. – Bitte.


11.52.39

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Jetzt möchte ich Ihnen nur ein bisschen etwas zur Ratspräsidentschaft sagen: Stellen Sie sich einmal vor, wir sitzen in zwei Monaten zusammen und versuchen uns gemeinsam zu erinnern, was von der österreichischen Ratspräsidentschaft geblieben ist. – Das ist immer die entscheidende Frage, denn dann weiß man – das wissen wir alle –, was bewegt worden ist und wo nichts passiert ist. (Abg. Hafenecker: Versuchen Sie einmal, sich an Alpbach zu erinnern!)

Wenn ich versuche – und das ist nicht so schwierig –, zwei Monate in die Zukunft zu schauen, dann wird wahrscheinlich nur zweierlei bleiben. Erstens: Während der öster­reichischen Ratspräsidentschaft sind wir fast aus dem Berner Club geflogen, einem Gremium zur Zusammenarbeit der Inlandsgeheimdienste im Kampf gegen Terrorismus und Dschihadismus. – Na, das ist eine ganz erstaunliche Leistung! Ich habe mir nicht vorstellen können, dass es eine Sicherheitsregierung gibt, die es fast schafft, aus der europäischen Sicherheitsfamilie ausgeschlossen zu werden. Das ist das Erste, und da­ran werden nicht nur wir uns erinnern.

Und das Zweite ist: Wir alle wissen – und da muss man jetzt schon die FPÖ komplett und einen großen Teil der ÖVP leider auch abziehen –, große Fragen können nur ge­meinsam gelöst werden, und die erste europäische Ansage der österreichischen Rats­präsidentschaft war: Wir pfeifen auf jeden Versuch, gemeinsam Flüchtlings- und Wan­derungsprobleme zu lösen. – Das ist wirklich außergewöhnlich! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da gibt es eine globale Initiative, die von Österreich mitentwickelt und mitgetragen wor­den ist, und dann gibt es zwei Herren, nämlich Herrn Kurz und Herrn Strache, die sich im Regierungshinterzimmer zusammensetzen und sagen: Pass auf, ich gebe dir den 12-Stunden-Tag und du gibst mir dafür die Flüchtlinge! – Dann fällt die Freiheitliche Partei beim 12-Stunden-Tag um (Abg. Strasser: Jetzt reicht’s!), und die Österreichi­sche Volkspartei kündigt plötzlich einen UN-Pakt, an dem Österreich selbst intensiv mitgearbeitet hat. Sie haben die UN-Flüchtlingspolitik und eine gemeinsame europäi­sche Flüchtlingspolitik einem Hinterzimmerdeal der österreichischen Bundesregierung geopfert. Das ist wirklich außergewöhnlich. (Abg. Neubauer: Gehen Sie lieber zum Gericht! Ich gebe Ihnen Pulver gegen Magenschmerzen!)

Was bleibt sonst noch? – Nichts! Nichts! Das ist die erste Ratspräsidentschaft, an de­ren Ende ein Bundeskanzler nicht sagen kann, wir haben zumindest ein großes Projekt auf den Weg gebracht. Nichts! Gerechtigkeit: nichts! Klimapolitik: nichts! Stärkung der europäischen Demokratie: nichts! Eine große Null! (Abg. Steinacker: Eine selektive Wahrnehmung, Herr Pilz! Sehr selektiv!)

Es ist nur ein Einziges gelungen: In einer Situation, in der Europa gefährdet ist, in der die Europäische Union mit zahlreichen, nicht nur politischen Krisen konfrontiert ist, hat es eine große Hoffnung in Europa gegeben, nämlich dass die österreichische Ratsprä­sidentschaft so etwas wie die europäische Feuerwehr sein könnte, wie es vorher schon passiert ist und wie es hoffentlich nach der Kurz-Präsidentschaft wieder passieren wird. Wir stellen angesichts dieser vorläufigen Bilanz fest: Sebastian Kurz und H.-C. Strache waren nicht die Feuerwehrleute, sondern die Brandbeschleuniger der europäischen Krise (Beifall bei JETZT), und das ist ein Maß an politischer Verantwortungslosigkeit, für das Sie sich selbst noch verantworten müssen. (Abg. Neubauer: Stellen Sie sich Ihrer Verantwortung! Gehen Sie vor Gericht und stellen Sie sich! Immunitätsflüchtling!)

Meine zentrale Frage – und das ist das, was ich in über 30 Jahren gelernt habe – ist aber: Wie schaffen wir in Österreich Sicherheit? – Ganz einfache Antwort: indem wir in Europa Sicherheit schaffen. Wenn wir in Österreich und in Europa Sicherheit schaffen


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