Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 12. und 13. Dezember 2018 / Seite 80

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Vergleich zu bestehenden, bewährten Strukturen und Gremien auf EU-Ebene notwen­dig sei. – Diesen Mehrwert kann jetzt niemand zeigen.

Hartinger-Klein sagte: „Wichtig ist, dass die Kompetenzen nationaler Behörden vom Vorschlag nicht berührt werden dürfen und kein bürokratischer Mehraufwand betrieben wird.“

Ja, sie hat sogar davon gesprochen, dass man statt dieser ELA die Eures, die Arbeits­marktvermittlungsbehörde, in ihren Kompetenzen ausdehnen könnte. Nichts davon ist passiert! Wir haben jetzt eigentlich mehr Fragen als Antworten, nämlich: Inwiefern wird jetzt durch die Schaffung der ELA der bürokratische Aufwand reduziert? Was macht jetzt diese europäische Behörde, was nationale Behörden nicht mehr machen müs­sen? Wo fällt etwas weg? Oder was macht eine der anderen vier zuständigen europäi­schen Behörden nicht mehr, das jetzt die ELA macht? – Gar nichts dergleichen!

Wir feiern also eine Einigung, die auf europäischer Ebene mehr Bürokratie bringt. Das ganze Gefasel von Subsidiarität, das ganze Gefasel von nationaler Souveränität, wie wir es von Sebastian Kurz immer hören, diese Entbürokratisierungsgeschichte ist eine leere Showpolitik: null Substanz, null Kraft und vor allem null Umsetzung. (Beifall bei den NEOS.)

12.48


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Efga­ni Dönmez. – Bitte.


12.48.51

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Blümel! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschir­men! Ich möchte in die Fußstapfen der Frau Dr. Griss treten, die das vollkommen rich­tig gesagt hat: hier Lob, da vernichtende Kritik. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte.

Es wurden schon sehr viele Aspekte angesprochen. Ich möchte diese jetzt nicht wie­derholen und nicht dazu beitragen, dass Ihre Füße einschlafen. Ich möchte nur zwei Bereiche herausgreifen, die unsere Bundesregierung primär angesprochen und in An­griff genommen hat, und zwar einen sehr wichtigen und wesentlichen Aspekt: die He­ranführung des Balkans an die Europäische Gemeinschaft.

Nimmt man das Wort Balkan, setzt es sich im Türkischen aus zwei Wörtern zusam­men – wir wissen, dass sehr lange Zeit die Osmanen dort waren –, einerseits bal, ins Deutsche übersetzt Honig, und kan, ins Deutsche übersetzt Blut. Diese Region war im­mer von kriegerischen Auseinandersetzungen, Konflikten und Spannungen geprägt, bis in die Gegenwart. Und wenn wir den Fokus auf den Balkan richten, dann sind diese Spannungen heute größer denn je. Deshalb ist es ganz, ganz wichtig, dass man eine Beitrittsperspektive einräumt, da die Europäische Union in ihrem Geist eben auch ein riesengroßes Friedensprojekt war und ein Friedensprojekt ist.

Es stimmt mich äußerst bedenklich, wenn durch unterschiedliche Interessen auf inter­nationaler Ebene der Versuch gestartet wird, diese Europäische Union, diese Errun­genschaft zu schwächen, aber auch von innen heraus, wenn rechtsextreme oder isla­mistische Kräfte versuchen, unsere Gesellschaft zu torpedieren. Dem dürfen wir nicht nachgeben. Wir müssen diese Errungenschaften unserer Großväter, die sehr viel Leid auf sich genommen haben, zu schätzen wissen, wir müssen sie zu erhalten wissen – gerade auch im Kontext der Türkei. Da ist auch unsere Bundesregierung eine der wenigen, die ganz klar gesagt haben, dass eine Beitrittsperspektive der Türkei zur Eu­ropäischen Union unter dieser Regierung der AKP nicht möglich ist und die Beitritts­gespräche zu beenden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

 


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