19.42

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zu­seher! Ja, ich war jetzt auch einigermaßen verwirrt, weil ich mir gedacht habe, das soll­te eigentlich die Bühne sein für die, die eingemeldet waren, Claudia Gamon etwa, also die Kandidaten, die jetzt doch nicht da sind oder etwas anderes zu tun haben, wie auch immer. Sie haben das gut übernommen, Frau Duzdar. Was ich schade finde: Es ist wichtig, dass wir hier auch einmal über die Europäische Union sprechen, dass wir über den Vorhabensbericht sprechen, aber wie man sieht, geht es eigentlich kaum in die Tiefe, sondern halt doch wieder darum, ein kleines Vorwahlkampftheaterstück zu in­szenieren. Das ist leider nicht besonders gut gelungen, weil die falschen Schauspieler an Bord waren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Schimanek – erheitert –: Bravo, Car­men!)

Sie haben jetzt wiederholt, was Ihr Kollege Schieder, der selbsternannte Rächer der Enterbten in Europa, im Slim-Fit-Designeranzug – also auch nicht besonders authen­tisch in dieser Rolle – im Ausschuss gesagt hat, und zwar hat er unseren Bundeskanz­ler Sebastian Kurz für den Brexit verantwortlich gemacht. Ich finde, das ist an Skurrilität kaum zu übertreffen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wer ist es denn, der sich wirklich um eine konstruktive Lösung in dieser Sache be­müht? (Abg. Jarolim: Der Bundeskanzler jedenfalls nicht!) Das sind einzelne Men­schen, ganz, ganz wenige, handverlesen, die da mit Umsicht und diplomatischem Ge­schick agieren, ja dabei mitunter ganz vorne mitdiskutieren, und ganz vorne dabei ist unser Kanzler – und als Österreicherin bin ich unglaublich stolz darauf. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn Ihnen Europa wirklich so am Herzen liegt, wie Sie alle sagen, dann würden Sie wahrscheinlich die notwendige Sensibilität und auch das Feingefühl haben, dass man da jetzt nicht noch herumhackt, sondern einfach einmal die Situation hinnimmt und es denen überlässt, die sich in diesen Belangen wirklich auskennen.

Nun zur Sache, denn ich möchte eigentlich auf den Vorhabensbericht eingehen, und zwar auf ein spezielles Thema: Der Brexit kommt, aber wir haben auch neue Perspek­tiven in Südosteuropa. Natürlich dominiert das Thema Brexit momentan alles, wir soll­ten aber den Scheinwerfer bewusst auch auf diese Länder richten, um unsere Zu­kunftsperspektiven dort zu sehen. Das Heranführen dieser Länder an die EU wird mas­siv unsere Zukunft in Europa bestimmen.

Ich möchte da auch Danke sagen für das großartige Engagement: Gernot Blümel, Frau Außenministerin Karin Kneissl, unserem Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, aber auch den Leitern der parlamentarischen Freundschaftsgruppen. Ich finde es wun­derschön, dass die Fraktionen da vorbildlich zusammenarbeiten, quer durch alle Frak­tionen. Wenige Regionen der Welt können nämlich eine größere kulturelle, religiöse und demografische Vielfalt für sich in Anspruch nehmen. Dafür braucht es auch unter­schiedliche Menschen, die sich dem annehmen. Vielleicht kennen Sie den viel zitierten Satz von Tito: „Ich regiere ein Land mit zwei Alphabeten, drei Sprachen, vier Reli­gionen und fünf Nationalitäten, die in sechs Republiken leben, von sieben Nachbarn umgeben sind und mit acht Minderheiten auskommen müssen.“

Die Situation am Westbalkan ist auch heute nach wie vor sehr, sehr komplex. Slowe­nien und Kroatien sind längst Mitglieder der EU, Montenegro und Serbien seit Jahren in Beitrittsverhandlungen, Mazedonien und Albanien haben Kandidatenstatus, Bosnien, der Kosovo und Serbien hängen momentan mehr oder weniger ein bisschen in der Luft. Die EU muss die Länder der Region gemeinsam zu Reformen ermutigen, Hilfe­stellung geben und die EU-Beitrittsperspektive mit einem realistischen Zeithorizont of­fenhalten. Außer Frage steht für mich, dass diese Reformen zum Teil mit erheblichen, mit massiven Anstrengungen verbunden sind und dass es da vieles braucht. Ich bin aber überzeugt davon, dass diese transformative Kraft, ausgelöst durch die Perspekti­ve, wirklich Mitglied in der EU zu werden, in dieser Region vieles bewirken kann. Das sehen wir gerade in Nordmazedonien, wo es gelungen ist, einen jahrzehntelang schwelenden Konflikt zu lösen. Dass es eine reale Chance gibt, einmal Mitglied zu wer­den, hat vieles bewirkt. Überlegen wir, was bei uns alleine in der Steiermark oder in Niederösterreich passiert, wenn man Bezirke oder Gemeinden zusammenlegt! Diese Menschen haben es geschafft, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Ich glaube, Österreich ist hier als diplomatischer Brückenbauer unglaublich geeignet. Wir haben eine gemeinsame Mission, und wir sind vielfältig, auch wirtschaftlich, in der Region vernetzt. Etwa eine halbe Million Österreicher haben dort ihre familiären Wur­zeln. Unsere Unternehmen waren in den letzten Jahren unter den größten ausländi­schen Direktinvestoren. Ich danke allen, die dazu beitragen: der Außenwirtschaft, den Ministerien und allen, die an den vielen Konferenzen mitarbeiten, die in den letzten Wochen stattgefunden haben und in den kommenden Wochen stattfinden werden.

Zum Schluss, was mich besonders freut: Viele aus unseren Reihen arbeiten hier zu­sammen, sind engagiert. Ich freue mich, wenn mit 26. Mai, nach der Europawahl, der Vorhang gefallen ist, das Theaterstück hoffentlich ohne Zugabe beendet ist, die Prota­gonisten dann ihren neuen Engagements erfolgreich nachgehen. Wir werden am 27. Mai mit einer Delegation nach Priština reisen, in den Kosovo. Nikolaus Scherak ist dabei, Carmen Schimanek ist dabei, Eva Maria Holzleitner, Alma Zadić. Ich glaube, das ist auch für uns eine schöne Sache, dass wir nicht nur den Menschen dort Brücken bauen, sondern dort auch Brücken zueinander bauen, in einem gemeinsamen Geist. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

19.47

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. (Abg. Jarolim: Die Frau Außenministerin kann das ja – der Bundeskanzler ist ja das Pro­blem! – Abg. Schimanek: Herr Jarolim! Immer wieder verhaltensauffällig!)