21.24

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und die Herrschaften zu Hause und auf der Galerie! Vergangenes Jahr begingen wir den 100. Geburtstag un­serer Republik, im kommenden Jahr begehen wir ein zweites Jubiläum: den 65. Ge­burtstag unseres Staatsvertrages vom 15. Mai 1955 über die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich. Das ist nun eben 65 Jahre her.

Unser Land ist nach dem Krieg mit dem Willen aufgebrochen, das dunkelste Kapitel unserer Geschichte zu schließen und ein neues zu schreiben. Wir gingen daran, die Ruinen im Land aufzubauen – bei den sichtbaren gelang uns das sehr gut, bei den unsichtbaren nur teilweise, denn manche Taten haben wir verabsäumt oder viel zu spät gesetzt. Heute können wir eine kleine Geste setzen, verbunden mit der Hoffnung, sie möge von den Betroffenen gesehen werden. Wir setzen heute eine kleine Geste für jene NS-Verfolgten und deren Nachkommen, die unser Land vor vielen Jahren ver­lassen mussten, aber trotzdem wieder eine Verbindung mit Österreich eingehen wollen und daran bisher rechtlich gehindert wurden.

Wie kam es zu dem konstruktiven Miteinander hier im Parlament? – Mit unserem im November 2018 eingebrachten Antrag erinnerten wir die Regierungsparteien an ihre eigene Zusage aus dem Regierungsprogramm, denn die Regierungsparteien ver­sprachen den Nachkommen von NS-Verfolgten, die Wiedererlangung der Staatsbür­ger­schaft zu erleichtern. In der Folge engagierte sich auch die SPÖ aktiv mit Anträgen, und nun gibt es einen Abänderungsantrag der drei Mittelparteien, den wir gerne mitgetragen hätten; aber so stimmen wir ebenso freudig zu.

Der Antrag ging uns NEOS nicht weit genug, wenn wir nämlich an jene Mitbürgerinnen und Mitbürger denken, die als Nachfahren von Bürgern der Donaumonarchie zwar nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besaßen, aber ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hatten und aufgrund des Naziregimes sehr wohl auch ihre Heimat verlassen mussten. Und wir denken auch an diejenigen, die aufgrund der Verfolgung erst nach dem Kriegsende am 9. Mai 1945 emigriert sind, weil sie in Österreich auf­grund der Nachwirkungen der Verfolgung nicht mehr Fuß fassen konnten. All diesen Menschen haben wir bisher nicht die Hand gereicht; daher unser Abänderungsantrag, der weiter geht, der auch ermöglicht, den Nationalfonds der Republik Österreich in das Verfahren offiziell miteinzubeziehen.

Ich möchte an den Nationalfonds erinnern: Er wurde 1995, also vor 25 Jahren, als Gremium des Parlaments eingerichtet, um die besondere historische Verantwortung unseres Landes zum Ausdruck zu bringen.

Schließen möchte ich mit einem besonderen Dank, und zwar danke ich der Israeli­tischen Kultusgemeinde und dem Verein Esra, dem Psychosozialen Zentrum der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, der eine wichtige Anlaufstelle für Jüdinnen und Juden ist. Die IKG, Esra und Rechtsanwalt Vana haben uns dabei unterstützt, einen umfassenden Antrag auszuarbeiten. Ich möchte mich auch bei SPÖ, ÖVP und FPÖ sehr für die finalen konstruktiven Gespräche bedanken und ich freue mich, dass sie den Antrag sogar mittragen.

Ich vergesse auch nicht, den Entschließungsantrag einzubringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Petra Steger, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erwerb der Staatsbürgerschaft für Nachkommen der Opfer des Nationalsozialismus“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres die zusätzlichen Per­sonal- sowie Finanzressourcen zur Verfügung zu stellen, damit die betroffenen Ver­tretungsbehörden die Neuregelung der Doppelstaatsbürgerschaft für Nachkommen der Opfer des Nationalsozialismus kundenfreundlich, professionell und rasch durchführen können.“

*****

Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

21.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Dr.in Pamela Rendi-Wagner, Petra Steger, Dr. Nikolaus Scherak, Karl Mahrer, B.A., Angela Lueger, M.A.,Dr. Stephanie Krisper, Dr. Alfred Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwerb der Staatsbürgerschaft für Nachkommen der Opfer des Nationalsozialismus

Im Hinblick auf das Vorhaben einer Doppelstaatsbürgerschaft fur Nachfahren der Opfer des Nationalsozialismus aus Österreich wird die unbefristete Möglichkeit geschaffen, die österreichische Staatsbürgerschaft in direkter absteigender Linie der Verfolgten durch eine Anzeige im Wege einer österreichischen Vertretungsbehörde annehmen zu können.

Dieses Vorhaben stellt einen weiteren Schritt der Wiedergutmachung für erlittenes Un­recht während der Nazi-Diktatur dar und soll zur Versöhnung sowie der Verständigung zukünftiger Generationen dienen. Mit der professionellen Umsetzung des Vorhabens soll der historischen Verantwortung Österreichs Rechnung getragen werden.

Der Berechtigtenkreis umfasst 500.000-800.000 Personen, mit ungefahr 50.000-80.000 Antragstellungen und damit auch einer deutlichen Erhöhung der Zahl der Auslands­österreicherInnen ist zu rechnen. Der zusätzliche Arbeitsaufwand wird sich zunächst voraussichtlich an den Vertretungsbehörden London, New York, Tel Aviv, Washington, Los Angeles, Canberra, Buenos Aires und in Südafrika konzentrieren und ist mit dem bestehenden Personalstand des Bundesministeriums für Europa, Inte­gration und Äußeres (BMEIA) nicht zu bewältigen.

Um eine kundenfreundliche, professionelle und rasche Abwicklung der Verfahren an den voraussichtlich am stärksten betroffenen Vertretungsbehörden zu gewährleisten wird daher eine Aufstockung bei entsandtem Personal sowie bei Lokalkräften nötig sein, wie auch die Deckung des budgetären Mehrbedarfs.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres die zusätzlichen Per­sonal- sowie Finanzressourcen zur Verfügung zu stellen, damit die betroffenen Vertretungsbehörden die Neuregelung der Doppelstaatsbürgerschaft für Nachkommen der Opfer des Nationalsozialismus kundenfreundlich, professionell und rasch durchfüh­ren können.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist eingebracht, steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Sabine Schatz ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.