Früher waren ein Behördengang, Stift und Papier nötig. Heute braucht es lediglich eine stabile Internetverbindung und die ID-Austria: ein Volksbegehren zu unterschreiben war noch nie einfacher. Seit der Einführung der Online-Unterstützung 2018 gibt es viel mehr Initiativen als früher. Aber sind neue Initiativen auch erfolgreicher? Dieser und weiteren Fragen widmet sich ein neues Fachdossier des Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlichen Diensts.
Mehr Volksbegehren, aber geringere Erfolgsquote
Erfolgsquote sank auf 69 %
Von den insgesamt 106 Volksbegehren der zweiten Republik wurde der Großteil – nämlich 67 - seit 2018 eingebracht. Es gibt heute also mehr Volksbegehren, erfolgreicher sind diese jedoch nicht. Die Erfolgsquote von Volksbegehren lag vor Einführung der Online-Unterstützung bei knapp 90 %. Seit 2018 lag die Erfolgsquote nur mehr bei knapp 69 %. Ein Volksbegehren gilt dann als erfolgreich, wenn es genug Unterschriften erreicht, um im Nationalrat behandelt zu werden.
In absoluten Zahlen verzeichneten die erfolgreichen Volksbegehren einen Anstieg, die Erfolgsquote ist jedoch gesunken.
Unter den Top 10 der erfolgreichsten Volksbegehren jemals findet sich nur eines, das nach 2018 eingebracht wurde: "Don't smoke". Alle anderen Top-10-Plätze belegen Volksbegehren, die noch persönlich unterzeichnet werden mussten.
Wer bringt Volksbegehren ein?
Bis 2017 haben hauptsächlich Gewerkschaften, Parteien und Organisationen Volksbegehren eingebracht. Seit 2018 initiieren immer häufiger einzelne Gruppen gleich mehrere Volksbegehren zu ähnlichen Themen. Im März 2024 stammten etwa acht von 14 Volksbegehren von denselben beiden Bevollmächtigten.
Inhalte haben sich verändert
Vor 2018 enthielten Volksbegehren oft Forderungskataloge oder konkrete Gesetzestexte. Neuere Initiativen sind meist allgemeiner formuliert. Seit 2021 geht es außerdem häufig um besonders polarisierende Themen wie die Corona-Pandemie und die Neutralität Österreichs.
Seit der Einführung der Online-Unterstützung wird die Mehrheit der Unterschriften und Unterstützungserklärungen (54 %) online abgegeben.
"Geschäftsmodell" Volksbegehren?
Neu ist auch, dass zwei Volksbegehren mit gegensätzlichen Standpunkten von den gleichen Initiator:innen eingebracht werden. Ein Beispiel: "Smoke – JA” und "Smoke – NEIN”.
Kritiker:innen vermuten, dass manche ein Geschäftsmodell aus Volksbegehren machen würden. Ist ein Volksbegehren erfolgreich, lassen sich aufgrund der fünffachen Kostenrückerstattung derzeit 13.686 € verdienen.
Was ist ein Volksbegehren?
Das Volksbegehren ist ein direktdemokratisches Instrument. Bürger:innen können damit selbst ein Bundesgesetz in die Wege leiten.
Wenn ein Volksbegehren von mindestens 100.000 Stimmberechtigten oder von je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Bundesländer unterschrieben wird, muss der Nationalrat sich damit beschäftigen.