Seit 2007 darf man in Österreich mit 16 Jahren wählen. Die Wahlrechtsreform regelte das Wahlalter für bundesweite Wahlen neu. Länder und Gemeinden mussten aufgrund des Homogenitätsprinzips in der Verfassung nachziehen. Österreichische Staatsbürger:innen dürfen seither also bei Gemeinderats-, Landtags- und Nationalratswahlen sowie bei der Wahl des Staatsoberhaupts und zum Europäischen Parlament mit 16 Jahren wählen.
Österreich als Vorreiter für Wählen mit 16
Wählen mit 16 nur in wenigen Ländern
Im internationalen Vergleich gehört Österreich zu den wenigen Ländern, in denen man bereits mit 16 Jahren zur Wahl gehen darf. In Europa ist Wählen mit 16 auf nationaler Ebene sonst nur in Malta erlaubt. Die überwiegende Zahl der Länder weltweit gewährt das aktive Wahlrecht ab 18 Jahren. Doch Debatten über die Absenkung des Wahlalters gibt es laufend. Zuletzt wurde für die Europawahl das Wahlalter etwa in Belgien und Deutschland abgesenkt. Auch auf nationaler Ebene steht das in unserem Nachbarland schon länger zur Diskussion.
Wahlrechtsreform 2007: "Positiven Vaterschaftsstreit" um Idee zu Wählen mit 16
In Österreich waren sich die Parteien bei der Reform 2007 weitgehend einig. Von einem "positiven Vaterschaftsstreit" um die Idee zur Senkung des Wahlalters berichtete die Parlamentskorrespondenz Nr. 439/2007, als die Wahlrechtsreform im Nationalrat zur Debatte und Abstimmung stand. Demnach wurde das Wählen mit 16 nicht nur von allen damals im Nationalrat vertretenen Parteien (SPÖ, ÖVP, Grüne, FPÖ und BZÖ) befürwortet, gleich mehrere Fraktionen wollten die Idee dazu gehabt haben.
Die Grünen-Abgeordnete Eva Glawischnig-Piesczek etwa erinnerte an zahlreiche Anträge ihrer Partei und nannte die Absenkung "längst überfällig". Bereits 1992 hätten die Grünen das Wählen mit 16 gefordert, sagte ihre Kollegin Barbara Zwerschitz. SPÖ-Abgeordnete Laura Rudas hingegen meinte, schon in den 1980er-Jahren habe der damalige Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Alfred Gusenbauer dieselbe Forderung gestellt. Von der ÖVP legte Abgeordneter Thomas Einwallner dar, dass die Junge ÖVP Steiermark sich ebenfalls bereits 1992 für eine Senkung des Wahlalters ausgesprochen habe. Und vom BZÖ betonte Gernot Darmann, dass das Bundesland Kärnten Wählen mit 16 als eines der ersten Bundesländer auf regionaler Ebene eingeführt habe. Die FPÖ stimmte insgesamt gegen die von der damaligen Regierung vorgelegte Wahlrechtsreform, befürwortete die Senkung des Wahlalters aber ebenfalls. Abgeordnete fast aller Fraktionen forderten damals verstärkte Angebote zur politischen Bildung von Jugendlichen als begleitende Maßnahme.
Parlament reagiert mit neuem Angebot zur Demokratiebildung
Im Parlament eröffnete im Oktober 2007 die Demokratiewerkstatt. Sie bietet Workshops für junge Menschen zwischen acht und 19 Jahren, die interaktiv die Themen Demokratie, Parlamentarismus und Verfassung vermitteln. Ins Leben gerufen hat das Projekt die damalige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Frühjahr 2007. "Gerade im Hinblick auf die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 ist es notwendig, jungen Menschen Instrumentarien in die Hand zu geben", sagte Prammer damals.
Wahlaltersenkung – Pro und Kontra
Was spricht nun für und was gegen Wählen mit 16? Junge Menschen sind mit 16 Jahren bereits strafmündig und erweitert geschäftsfähig, wird die Wahlaltersenkung etwa auf der Website des Bundeskanzleramts begründet. Jungen Menschen wird also in diesem Alter bereits zugetraut, eine Reihe an Entscheidungen zu treffen – auch die Wahlentscheidung. Außerdem: Je früher man junge Menschen an Politik und Wahlen heranführt, desto mehr interessieren und beteiligen sie sich später.
Befürworter:innen von Wählen ab 16 bringen auch vor, dass dadurch weniger Menschen von Wahlen ausgeschlossen werden. Die Zahl der Wahlberechtigten – und damit jene Teile der Bevölkerung, die mitentscheiden dürfen – ist somit höher. Junge Menschen sind außerdem von den Entscheidungen, die heute getroffen werden, am längsten betroffen.
Neben der Sorge, dass eine Absenkung des Wahlalters auch dazu führen könnte, die Grenze zur Volljährigkeit zu senken, äußern Kritiker:innen insbesondere, dass Jugendliche mit 16 Jahren noch nicht die nötige persönliche Reife für eine verantwortliche Wahlentscheidung hätten. Auch das Argument, dass 16-Jährige noch nicht über ausreichend politische Bildung verfügten, wird immer wieder vorgebracht.
Widerlegt wird das in der letzten Studie über Erstwähler:innen, die nach der Nationalratswahl 2017 – zehn Jahre nach der Senkung des Wahlrechts - im Auftrag des österreichischen Parlaments von der Universität Wien durchgeführt wurde. 16- bis 17-Jährige waren bei der Befragung sogar besser politisch informiert als die älteren Erstwähler:innen mit 18 bis 20 Jahren.