News 15.05.2025, 15:26

Parlament feiert 70 Jahre Staatsvertrag

Vor 70 Jahren, am 15. Mai 1955, wurde der Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich in Wien unterzeichnet. Aktive und ehemalige Spitzenpolitiker:innen sprachen aus diesem Anlass im Parlament über die Leistungen von damals und deren Bedeutung für die Zukunft.

Der Festakt im Bundesversammlungssaal würdigte einen Meilenstein der Demokratiegeschichte Österreichs.

Parlamentsspitze würdigte Staatsvertrag

Nationalratspräsident Walter Rosenkranz erinnerte an die zehn Jahre andauernden Verhandlungen bis zum Staatsvertrag. "Ich verneige mich heute mit großem Respekt vor der Leistung und dem diplomatischen Geschick der großen Staatsmänner dieser Jahre", sagte er. Das Vermächtnis fordere uns auf, den Staatsvertrag auch heute noch mit Leben zu erfüllen, so Rosenkranz.

Für Zweiten Nationalratspräsidenten Peter Haubner ist der Staatsvertrag nicht nur ein juristisches Dokument, sondern ein lebendiger Auftrag. "Freiheit, Demokratie und Neutralität sind nicht selbstverständlich", sagte Haubner. Diese Werte müssten im Parlament tagtäglich gelebt, verteidigt und weiterentwickelt werden.

Dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures sprach von einer "Meisterleistung der damaligen politischen Führung". Österreich habe mit seiner souveränen Entscheidung zur immerwährenden Neutralität die Positionierung zwischen den Blöcken des Kalten Krieges geschafft. Bures sprach sich dafür aus, die Tradition der aktiven Friedenspolitik wieder aufleben zu lassen.

In ihren Abschlussworten erinnerte Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler an den Geist von 1955 und bezeichnete den Staatsvertrag als Auftrag, das Erreichte zu bewahren und es "klüger, gerechter und menschlicher" zu machen. Das Stenographische Protokoll zum gesamten Festakt finden Sie hier.

Heinz Fischer und Andreas Khol teilten Erinnerungen

Der ehemalige Bundespräsident und Nationalratspräsident Heinz Fischer und der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol schilderten im Gespräch mit Moderatorin Susanne Höggerl (ORF) ihre persönlichen Erinnerungen an den Mai 1955. Als der Staatsvertrag unterzeichnet wurde, war der ehemalige Bundespräsident und Nationalratspräsident Heinz Fischer 16 Jahre alt. Er sei am 15. Mai 1955 zum Schloss Belvedere geradelt und habe "mit sehr guten Gefühlen in die Pedale getreten", erzählte er.

Als Gymnasiast in Tirol hat der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol die Zeit der Besatzung anders erlebt. Er habe im glücklichen Teil Österreichs gelebt, der von den Franzosen besetzt war, so Khol. Dennoch sei die Unterzeichnung des Staatsvertrags für ihn ein "unglaubliches Glücksgefühl" gewesen.

Von einem "unglaublichen Glücksgefühl" erzählte Andreas Khol in Erinnerung an die Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955.

Klubobmänner debattieren über Souveränität, Neutralität und Bedeutung der Erinnerung

Die Obmänner bzw. stellvertretenden Obmänner der Nationalratsklubs Norbert Nemeth (FPÖ), August Wöginger (ÖVP), Philip Kucher (SPÖ), Yannick Shetty (NEOS) und Werner Kogler (Grüne) tauschten sich über die Bedeutung des Staatsvertrags und der darin festgehaltenen Wertvorstellungen für das alltägliche politische Handeln aus. Moderator Tobias Pötzelsberger fragte diese dabei auch nach ihren Perspektiven auf die Themen Souveränität, Neutralität und Minderheitenschutz. Einigkeit herrschte darüber, dass die Wahrung der Errungenschaften der Architekten des Staatsvertrages überparteiliches Ziel sein müsse – insbesondere angesichts sich verschärfender Rahmenbedingungen.