Parlamentskorrespondenz Nr. 909 vom 26.11.2003

SOZIALAUSSCHUSS BESCHLIESST JOBS FOR YOU(TH)-INITIATIVE 2004

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Wien (PK) - Am Schluss der mehr als sechsstündigen Sitzung des Sozialausschusses standen Änderungen von einer Reihe von Sozialgesetzen auf der Tagesordnung. Überdies brachten die Regierungsfraktionen einen Abänderungsantrag ein, der eine Jugendbeschäftigungsinitiative ab 2004, die mit 25 Mio. € dotiert ist, zum Inhalt hatte. Weiters debattierten die Ausschussmitglieder über die Arbeitszeitregelungen bei den Krankenanstalten, wo mit V-F-Mehrheit Ausnahmebestimmungen im Falle von Betriebsvereinbarungen bzw. bei Einvernehmen mit den Personalvertretern beschlossen wurden. Die zahlreichen Anträge der Opposition, die von der Forderung nach Abschaffung der Unfallrentenbesteuerung bis hin zur Beseitigung der Ungleichbehandlung im Bereich der Rehabilitation reichten, wurden alle vertagt.

JUGENDBESCHÄFTIGUNGSINITIATIVE SOLL AB 2004 GESTARTET WERDEN

Eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 und weiterer Sozialgesetze bringt die Beseitigung der Benachteiligung von Nebenerwerbslandwirten in der Arbeitslosenversicherung. Außerdem soll die Altersteilzeit aufgrund früherer Altersteilzeitvereinbarungen bei Weiterbeschäftigung trotz Erfüllung der „Hacklerregelung“ gewährt und die mit der Laufzeit des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes (JASG) befristete Gleichstellung von LehrgangsteilnehmerInnen mit Lehrlingen beibehalten werden. Im Rahmen dieser Diskussion wurde auch ein V-F-Abänderungsantrag eingebracht, der die Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen im Rahmen der Initiative "JOBS FOR YOU(TH)´04" zum Ziel hat. Man erwartet sich, dass in den Jahren 2004 und 2005 zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten für rund 5000 junge Menschen geschaffen werden können. Die Mittel dafür kommen aus dem Insolvent-Ausfallgeld-Fonds und betragen insgesamt 25 Mio. €.

Diese Initiative sei zwar zu begrüßen, aber schon seit dem Jahr 2000 habe man echte Maßnahmen im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit gefordert, meinte Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (S). Außerdem würden viel zu wenig Mittel zur Verfügung gestellt. Abgeordneter Franz Riepl (S) schloss sich dieser Meinung an und erkundigte sich danach, wie es mit der aktiven Arbeitsmarktförderung aussehe.

Heinisch-Hosek ging dann auf den Entschließungsantrag ihrer Fraktion ein, der ebenfalls unter diesem Punkt mitverhandelt wurde. Er enthielt ein 10-Punkte-Programm, das u.a. folgende Forderungen umfasste: bessere Berufs- und Bildungsberatung für Jugendliche, gebührenfreies Nachholen des Hauptschulabschlusses für alle, eine Ausbildungsgarantie für Jugendliche, die Schaffung eines Lehrlingsfonds, die Schaffung neuer Lehrberufe mit Zukunftsperspektive, die Aufwertung der Berufsschulen, beste Qualifizierung der AusbildnerInnen. Konkret regte die SPÖ etwa an, Lehrlingen ein Modulsystem anzubieten, bei dem die Lehrlinge neben einem Basismodul mehrere Zusatzmodule ohne Verlängerung der Lehrzeit wählen können.

Schon beim Beschluss des Jugendausbildungssicherungsgesetzes waren er und viele andere sehr skeptisch und man sei auch tatsächlich keinen Schritt weiter gekommen, urteilte Abgeordneter Karl Öllinger (G). So sei etwa die Unterbringung in Ausbildungslehrgängen suboptimal und auch die Dotierung für die neue Initiative falle viel zu gering aus.

Abgeordneter Reinhold Mitterlehner (V) machte Abgeordnete Heinisch-Hosek zunächst darauf aufmerksam, dass sich die Lage seit dem Einbringen des SPÖ-Entschließungsantrags im Sommer verbessert habe. Die Lehrvertragseintragungen, die am besten die Situation am Arbeitsmarkt belegen, haben nämlich um 800 zugenommen; dies beweise, dass die Lehrlingsprämie forcierend gewirkt habe. Einige Anregungen der SPÖ sind zwar überlegenswert, aber nicht sinnvoll seien z.B. die Lehrlingsstiftungen, weil damit am Markt vorbeiproduziert werde.

Die Einbeziehung der Nebenerwerbslandwirte in die Arbeitslosenversicherung war eine Frage der Gerechtigkeit und garantiere, dass auch diese Berufsgruppe einen fairen Zugang habe, stellte einleitend Bundesminister Martin Bartenstein fest. Was den Abänderungsantrag betrifft, könne man mit den zur Verfügung gestellten 25 Mio. € für zumindest 5000 Jugendliche (im Regelfall zwischen 19 und 24 Jahre) Nachqualifizierungsmaßnahmen ermöglichen, zeigte sich der Minister erfreut. Die Tatsache, dass bereits jetzt über 800 Lehrverträge mehr abgeschlossen wurden sei im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation eine Sensation. Außerdem gebe es noch 5.500 Lehrgangsplätze, die auch zu einem Lehrabschluss führen können. Das Modell der Lehrlingsstiftungen sei für ihn u.a. deshalb keine adäquate Lösung, weil damit große oder staatsnahe Unternehmen motiviert wurden, ihre Ausbildungen auszulagern. Abgeordnetem Riepl teilte der Minister mit, dass im Jahr 2004 ungefähr gleich viele Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen werden wie im Vorjahr. Der neue Lehrlingsbeauftragte werde danach trachten, insbesondere für "schulscheue junge Menschen" Lösungen zu entwickeln und neue Ausbildungsmodelle konzipieren.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage in der Fassung des V-F-Abänderungsantrages mit V-F-Mehrheit angenommen; der Entschließungsantrag der SPÖ wurde vertagt.

IN EINZELFÄLLEN KANN VON DEN KRANKENANSTALTEN-ARBEITSZEITEN-BESTIMMUNGEN ABGEGANGEN WERDEN

Ab 1.1.2004 tritt die letzte Etappe der Herabsetzung der zulässigen Anzahl an verlängerten Diensten in Krankenanstalten in Kraft; dann wären nur mehr durchschnittlich sechs verlängerte Dienste pro Monat zulässig. Um ein Eingehen auf die spezifischen Erfordernisse einzelner Krankenanstalten bzw. Abteilungen zu ermöglichen, wird ein Abgehen von dieser weiteren Herabsetzung durch Betriebsvereinbarung bzw. im Einvernehmen mit der Personalvertretung ermöglicht, heißt es in einem Antrag der Regierungsparteien.

Abgeordneter Fritz Neugebauer (V) begrüßte ebenso wie Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) den vorliegenden Antrag. Es handle sich dabei um eine sinnvolle Maßnahme im Sinne der Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung, meinte Dolinschek.

Abgeordneter Dietmar Keck (S) wies zunächst darauf hin, dass die Situation schon länger bekannt war und die Krankenanstalten vorbeugend Personal aufnehmen hätten können. Seine Fraktion könne dem Antrag grundsätzlich zustimmen, aber nur wenn eine Befristung der Maßnahme festgelegt wird. In einem entsprechenden G-S-Abänderungsantrag wird dies auch zum Ausdruck gebracht: Durch Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung kann für den Zeitraum bis 31.12.2005 festgelegt werden, dass bis zu acht verlängerte Dienste zulässig sind. In einem weiteren Abänderungsantrag trat er dafür ein, dass die Aufzeichnungspflichten auch in Ausnahmefällen nicht entfallen sollen.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) brachte einen Entschließungsantrag ein, der die Änderung der Strafbestimmungen bei Übertretungen im Bereich des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes betraf. Während im privaten Bereich nämlich Geldstrafen vorgesehen sind, habe im Bereich des öffentlichen Dienstes lediglich eine Meldung an das oberste Verwaltungsorgan zu erfolgen. Außerdem wird ein privater Krankenanstaltenträger, der für seine Dienstnehmer überhaupt keine Aufzeichnungen führt, nur einmal bestraft; ein Krankenanstaltenträger, der Aufzeichnungen führt, hat hingegen für jede Übertretung Strafe zu bezahlen. Überdies wäre es seiner Meinung nach sinnvoll, eine grundsätzliche Evaluierung des KA-AZG per 31.3.2004 durchzuführen.

Der Antrag der Regierungsparteien wurde mehrheitlich angenommen; die Abänderungsantrage der Opposition sowie der G-Entschließungsantrag fanden keine Mehrheit.

ZAHLREICHE ANTRÄGE DER OPPOSITION WURDEN MIT V-F-MEHRHEIT VERTAGT

Vertagt wurde zunächst ein S-Antrag, in dem die Abgeordneten für die ersatzlose Streichung der "unsozialen Unfallrentenbesteuerung" eintreten; die bereits entrichteten Steuern seien von Amts wegen rückzuerstatten.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) meinte, dass die Ungleichbehandlung im Jahr 2003 noch immer offen sei und man deshalb bald wieder darüber diskutieren werde.

Geht es nach G-Sozialsprecher Öllinger, soll die "sozial ungerechte und extrem bürokratische" Ambulanzgebühr abgeschafft werden. Dieser Meinung war auch die Abgeordnete Heidrun Silhavy (S). Die geplante Reparatur sei ihrer Meinung nach sowohl aus verwaltungstechnischer Hinsicht als auch im Sinne des Patienten untragbar. - Auch dieser Antrag wurde vertagt.

Die Grünen forderten die Bundesregierung in einem weiteren Antrag dazu auf, bis zum 30. Juni 2003 dem Nationalrat eine Regierungsvorlage betreffend die jährliche Valorisierung des Pflegegeldes, rückwirkend mit 1.1.2003 vorlegen. Bundesminister Herbert Haupt wies darauf hin, dass sich derzeit eine Arbeitsgruppe mit diesem Thema befasse und die Beratungen daher abgewartet werden sollten. - Mehrheitliche Vertagung.

Vertagt wurde sodann auch ein G-Antrag, in dem eine Gleichbehandlung von Arbeits- und Freizeitunfällen, somatischer und psychischer Erkrankungen sowie einer Behinderung im Hinblick auf den Umfang und Qualität der Rehabilitation sowie der Versorgung mit Hilfsmitteln gefordert wird. Orientieren sollte sich das System an den Rehabilitationsleistungen für Opfer von Arbeitsunfällen.

Schließlich wünschten sich die Sozialdemokraten, dass Notstandshilfe nicht in die Sozialhilfe integriert werden, sondern eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bleiben soll. Konkret wird im Antrag verlangt, dass die entsprechende Passage aus dem Regierungsprogramm gestrichen und dem Nationalrat bis Ende Oktober ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, mit dem die Leistungen der Notstandshilfe - vor allem durch Beseitigung der Anrechnungsbestimmungen des Partnereinkommens - verbessert werden. - Mehrheitlich vertagt.

Sodann wurde noch eine Neufassung des Übereinkommens über den Mutterschutz einstimmig genehmigt. Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) hob positiv hervor, dass damit die Mindeststandards verbessert werden, z.B. was die zeitliche Ausdehnung des Kündigungsschutzes angeht. (Schluss)