Parlamentskorrespondenz Nr. 19 vom 18.01.2006

Auch bei Tempo 160 konsequentes Vorgehen gegen Raser

Verkehrsausschuss "deckelt" Führerscheinentzug bei 180 km/h

Wien (PK) - Vor dem Hindergrund der aktuellen Diskussion über eine allfällige Ausweitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf einzelnen Autobahnabschnitten auf 160 km/h verabschiedete der Verkehrsausschuss heute mit den Stimmen der Regierungsparteien einen Antrag, mit dem das Limit für den Führerscheinentzug bei 180 km/h gedeckelt wird. In der gegen die Stimmen der Opposition angenommenen Initiative der Koalitionsparteien auf Änderung des Führerscheingesetzes wird die Überschreitung von 180 km/h ausdrücklich als Entzugsdelikt ausgewiesen. Bei einer Geschwindigkeit von mehr als 180 km/h ist es auch bisher schon zum Entzug des Führerscheins gekommen, zumal die Bestimmungen auf eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h abstellte. Der heutige Beschluss präzisiert nun, dass diese Grenze für den Führerscheinentzug auch bei einer möglichen Anhebung des Tempolimits unverändert bestehen bleibt.

Während die Regierungsparteien mit diesem gemeinsamen Vorstoß ihre Entschlossenheit im Kampf gegen Raserei – unabhängig von der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit – unterstreichen wollten, bekräftigten SPÖ und Grüne ihre kritische Grundsatzposition in Sachen Tempo 160 und lehnten den Antrag ab. Sowohl Abgeordnete Petra Bayr (S) als auch Abgeordnete Gabriela Moser (G) erhoben massive Bedenken aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes gegen die Ausweitung des Tempolimits, wobei Bayr meinte, sämtlichen "Basteleien" rund um Tempo 160 sei eine klare Absage zu erteilen. Für Moser, die den aktuellen Testbetrieb in Kärnten als "Versuch an lebenden Wesen" anprangerte, zeigte der Antrag wiederum, dass die Koalition das Problem erkannt hat und nun" die Reißleine zieht".  

Abgeordneter Hannes Missethon (V) mahnte dem gegenüber eine sachliche Diskussion ein und unterstützte den Versuch in Kärnten. Seiner Meinung nach sollte vor einer endgültigen Entscheidung jedenfalls geprüft werden, ob Tempo 160 zu einer zusätzlichen Gefährdung der Verkehrssicherheit und zu größerer Umweltbelastung führt oder nicht doch eher die Flüssigkeit des Verkehrs verbessert. Die Deckelung für den Führerscheinentzug bei 180 km/h soll, wie Missethon betonte, nun verhindern, dass es im Fall von Tempo 160 zu einer "Lizenz zum Rasen" bis 210 km/h kommt. Die Grünen lud der VP-Sprecher ein, in ihre Überlegungen auch den technologischen Fortschritt der letzten 30 Jahre einzubeziehen.

Auch Abgeordneter Klaus Wittauer (F) hielt den Testbetrieb für sinnvoll und gab zu bedenken, niemand würde dadurch gezwungen, 160 km/h zu fahren. Er sah zudem keinen Zusammenhang zwischen höherer Unfallhäufigkeit und einer Ausweitung des Tempolimits auf Autobahnen und verwies auf das Beispiel Deutschlands.

Verkehrsminister Hubert Gorbach rief ebenfalls zu einer Versachlichung der Diskussion auf und stellte klar, es gehe um eine Flexibilisierung der Höchstgeschwindigkeit zwischen 80 und 160 km/h, wobei das Limit jeweils an die äußeren Verhältnisse angepasst wird. Der Ressortchef erwartete sich davon nicht nur eine Sensibilisierung der Autofahrer für die Wechselwirkung von Geschwindigkeit und Umweltbedingungen, sondern auch eine größere Verkehrsflüssigkeit und damit verbunden eine geringere Belastung der Umwelt durch Abgase.  

Brenner-Maut für Basistunnel zweckgebunden

Änderungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes und des ASFINAG-Gesetzes verpflichten die ASFINAG, vorerst einen Anteil der auf der Brenner-Autobahn eingehobenen Maut nach Abzug der Umsatzsteuer für die Verwirklichung des Eisenbahnbasistunnels auf der Brennerachse zweckzubinden. Ferner wird durch den Beschluss des Ausschusses auch die EU-Richtlinie über die Interoperabilität elektronischer Mautsysteme umgesetzt. - Der Beschluss des Ausschusses erfolgte mit V-F-Mehrheit.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) kritisierte, dass EU-Rechtsanpassungen nicht an die neue, sondern an die alte Wegekostenrichtlinie vorgenommen wurden und äußerte Bedenken, dass die von ihr grundsätzlich begrüßte Quersubventionierung von Schienen-Projekten durch Mauteinnahmen nicht EU-konform, weil nicht diskriminierungsfrei seien. Es drohe laut Moser eine weitere Verurteilung durch den EuGH.

Abgeordneter Roderich Regler (V) bekannte sich nachdrücklich dazu, schon jetzt Geld aus Mauteinnahmen für den Bau des Brenner-Basistunnels zurückzustellen und begrüßte effiziente Lösungen bei der Mautaufsicht.

Abgeordneter Kurt Eder (S) kündigte namens seiner Fraktion ein Verlangen auf getrennte Abstimmung über die ASFINAG-Vorlagen im Plenum und die Zustimmung zur Rückstellung von Mauteinnahmen an. Bedenken meldete Eder bei der Erweiterung der Befugnisse von Mautaufsichtsorganen an. Das Strafausmaß dürfe nicht dem Ermessen von ASFINAG-Organen unterliegen.

Abgeordnete Karin Hakl (V) zitierte Experten, die es für möglich halten, die Quersubventionierung des Brenner-Basistunnels aufgrund des vorliegenden Gesetzentwurfs EU-kompatibel durchzuführen.

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) sah im Beschluss über die Querfinanzierung des Brenner-Basistunnels ein positives Signal an die Tiroler Bevölkerung. Der Spatenstich für den Sondierungsstollen sei der "point of no return" auf dem Weg zum Brenner-Basistunnel. Die ablehnende Haltung der Grünen sei für ihn unverständlich.

Verkehrsminister Hubert Gorbach teilte dem Ausschuss mit, dass das Projekt Brenner-Basistunnel für die EU unbestritten den ersten Rang unter den TEN-Projekten einnehme und die Kommission bereit sei, 50 % der Finanzierung des Pilotstollens zu übernehmen. Er erwarte den Spatenstich für Mitte des Jahres, sagte Minister Gorbach. Auf Grund sehr sorgfältig erstellter Rechtsgutachten sah Minister Gorbach kein Problem, die Quersubventionierung der Schiene mit Einnahmen aus der Straßenmaut diskriminierungsfrei zu gestalten. Er sehe daher keine Gefahr einer Verurteilung durch den EuGH. Die Bedenken des Abgeordneten Eder hinsichtlich der Befugnisse der Mautkontrollorgane zerstreute der Minister. Die Maut-Aufsichtsorgane hätten auch künftig nicht das Recht, über die Höhe von Strafen zu entscheiden.

Weitere Harmonisierung des Flugverkehrsmanagements in Europa

Eine einstimmig angenommene Neufassung des Internationalen Übereinkommens über die Zusammenarbeit zur Sicherung der Luftfahrt "EUROCONTROL" schafft die institutionellen Voraussetzungen für eine weitere Harmonisierung und Modernisierung des Flugverkehrsmanagements in Europa. Durch die vorliegende Revision soll vor allem das Einstimmigkeits- durch das Mehrstimmigkeitsprinzip bei der Entscheidungsfindung ersetzt werden, um die Effizienz der Organisation zu verstärken. Ein eigenes Protokoll sieht in diesem Zusammenhang den Beitritt der Europäischen Union zu "EUROCONTROL" vor.

Oppositionsanliegen werden vertagt

Vertagt wurde hingegen eine Reihe von Entschließungsanträgen der Oppositionsparteien bzw. Bürgerinitiativen, die durchwegs Straßenbauprojekte zum Inhalt haben. Es waren dies zunächst eine Initiative des Abgeordneten Anton Heinzl (S) auf Realisierung der Traisenschnellstraße (612/A(E)) sowie ein Antrag des Abgeordneten Hannes Bauer (S) betreffend vierspurigen Ausbau der B 303 (242/A(E)). Gegen das Anliegen des Weinviertler Mandatars richtete sich eine Bürgerinitiative (17/BI), die den Ausbau der B 303 als Schnellstraße ablehnt. Keine Entscheidung fiel auch über einen von Abgeordneter Petra Bayr nachdrücklich vertretenen SP-Antrag (342/A(E)) für eine zusätzliche Verbindungsspange zu der in Bau befindlichen Wiener Außenringschnellstraße. Eine Bürgerinitiative (20/BI) gegen den Bau einer Schnellstraßenverbindung von der A 2 in den westungarischen Raum südlich der Lafnitz wurde ebenfalls vertagt. Noch nicht entscheidungsreif war nach Ansicht der Ausschussmehrheit auch das Anliegen (357/A(E)) des Abgeordneten Johann Maier (S) betreffend eine Lösung des Problems der Doppelmaut in manchen Teilen Österreichs.

Vertagt wurde auch ein Antrag (90/A(E) der Abgeordneten Evelin Lichtenberger (G) betreffend Eindämmung der Bundesausgaben für Landesstraßen ebenso wie Initiativen der Abgeordneten Gabriela Moser (G) gegen den Bau der A 3 im Gemeindegebiet von Wulkaprodersdorf (681/A(E)) bzw. der S 7 im Raum Oststeiermark/Südburgenland (687/A(E)).

Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V), der die verkehrspolitischen Anliegen für das Weinviertel als berechtigt bezeichnete, begründete die Vertagungen durch die Regierungsparteien mit den bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen für eine gesicherte Finanzierung der Straßenbauprojekte.

Bundesminister Hubert Gorbach informierte darüber, dass die Verhandlungen zwischen Finanzminister, Bundeskanzler, Landeshauptmann Pröll und ihm über die neuen Straßenverbindungen nach Norden auf gutem Wege seien. Auf Grund eines Grundsatzentscheidung über die Aufnahme der Projekte in das Bundesstraßennetz werde nun über eine Spezialvereinbarung zur Finanzierung verhandelt. Diese Verhandlungen befänden sich im finalen Stadium, sagte Gorbach.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) argumentierte dennoch gegen eine Vertagung und sah in einem Beschluss der Entschließungsanträge ein parlamentarisches Instrument, um weitere Verzögerungen zu verhindern. Die Region Hollabrunn brauche eine Schnellstraße bis zur Staatsgrenze, um die wirtschaftlichen Chancen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs endlich nützen zu können.

Abgeordneter Roderich Regler (V) verwies ebenfalls auf die gut laufenden Verhandlungen für Straßenprojekte in Niederösterreich, der Steiermark und in Kärnten und zeigte sich zuversichtlich, dass die Regierung bereits in wenigen Wochen eine entsprechende Novelle zum Bundesstraßengesetz vorlegen werde.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) unterstützte die Bedenken der Bürgerinitiative Lafnitztal wegen zusätzlicher Feinstaubbelastung in der Region, forderte die Eindämmung der Bundesausgaben für Landesstraßen und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und verlangte,die Meinung der Bevölkerung von Wulkaprodersdorf ernst zu nehmen.

Dem gegenüber sagte VP-Abgeordneter Franz Glaser, dass die Bevölkerung dem Projekt S7 mehrheitlich positiv gegenüberstehe, wobei er ausdrücklich die Vorgangsweise der ASFINAG bei der Planung lobte.

Auch Abgeordneter Erwin Kaipel (S) unterstrich die Bedeutung der S7 für die positive Entwicklung der Region Oststeiermark-Südburgenland.

Nicht durchsetzen konnte sich vorerst Abgeordnete Gabriela Moder (G) mit dem Antrag (657/A(E)), in dem sie eine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung von Behindertenparkplätzen vor Arztpraxen verlangt.

Die Abgeordneten Elke Achleitner (F) und Christoph Kainz (V) argumentierten für die Vertagung, indem sie darauf aufmerksam machten, dass für Parkplätze bei Spitälern und Arztpraxen nicht der Bund, sondern Länder und Gemeinden zuständig seien. Abgeordnete Gabriela Moser (G) drängte dem gegenüber auf die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes.

Gegenstand eines Vertagungsbeschlusses war darüber hinaus auch eine Initiative (599/A(E)) der Abgeordneten Gabriela Moser (G) betreffend Ausbau der Informations- und Kommunikationstechnologien. - Abgeordnete Karin Hakl (V) berichtete, dass der Vollausbau bei der Breitband-Technologie im Jahr 2006 erreicht werde und es nun darum gehe, die Aufklärung der Bevölkerung für eine stärkere Nutzung der neuen Informationstechnologien zu intensivieren. Hakls Vorschlag, darüber weitere und tiefer gehende Diskussionen zu führen, wurde vom Ausschuss-Vorsitzenden Kurt Eder und grundsätzlich auch von der Antragstellerin positiv aufgegriffen. Abgeordnete Moser drängte aber zugleich auf die Einrichtung einer Stabsstelle zur Realisierung von Vorschlägen, die reif zur Umsetzung seien, um weitere Verzögerungen zu vermeiden. (Schluss)