Parlamentskorrespondenz Nr. 645 vom 01.07.2014

Kulturausschuss: Klärungsversuche zur Bundestheater-Holding

Wien (PK) – Die jüngsten Entwicklungen rund um die Bundestheater-Holding GmbH beschäftigten den Kulturausschuss in seiner heutigen Sitzung. Die Opposition nützte die Debatte über den Kunstbericht 2012 dazu, ihre Forderungen nach grundlegenden Veränderungen in der Holding und nach mehr Kontrolle und Transparenz in den großen Kulturbetrieben Österreichs zu unterstreichen. Kulturminister Josef Ostermayer verteidigte sein Vorgehen in Bezug auf die Holding. Er erklärte, er sehe es nicht als seine Aufgabe, ein großes "Köpferollen" zu veranstalten, um den Applaus der Öffentlichkeit zu erhalten, sondern darin, rational vorzugehen, um die Lage des Burgtheaters zu verbessern und weiteren Schaden zu vermeiden.

Der Kunstbericht 2012 der Bundesregierung wurde schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen. Nach kurzer Debatte vertagt wurden mit Mehrheit der Koalitionsparteien sodann eine Reihe von Anträgen zum Themenkomplex Bundestheater-Holding, die FPÖ, NEOS und Grüne eingebracht hatten.

Die Grünen sind der Ansicht, dass im Sinne von Transparenz dem Parlament ein Interpellationsrecht bei Tochterunternehmen von im Bundesbesitz befindlichen Gesellschaften, insbesondere im Bereich der Bundestheater, eingeräumt werden müsse. Die FPÖ befindet es für richtig, die Bundestheater-Holding aufzulösen sowie Gehaltserhöhungen für Manager bundesnaher Kulturbetriebe aussetzen. Für die NEOS ist die umgehende Einsetzung einer interimistischen Geschäftsführung der Bundestheater Holding notwendig. Mehrheitlich vertagt wurden schließlich auch zwei weitere Oppositionsanträge zu Kulturthemen. Die NEOS wollen eine Selbstverpflichtung von Kulturbetrieben zur Schaffung fairer Arbeitsverhältnisse. Der Ausschuss verständigte sich darauf, das Thema im September intensiv zu diskutieren. Die FPÖ ist für eine gesetzliche Regelung, die den ORF verpflichtet, auf seinen Kanälen einen Anteil von zumindest 40 % deutschsprachiger Musik zu präsentieren.

Bundestheater-Holding sorgt weiter für Diskussionsstoff

Der Kunstbericht 2012 der Bundesregierung (III-48 d.B.), der bei der letzten Sitzung des Kulturausschusses im März aus Zeitgründen nicht mehr behandelt werden konnte, wurde heute debattiert und einstimmig zur Kenntnis genommen. Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) stellte die Frage, warum es nicht zu einer raschen Entlassung des Geschäftsführers der Bundestheater-Holding Georg Springer gekommen sei, nachdem der Rechnungshof-Rohbericht als auch Rechtsgutachten auf schwere Versäumnisse hingewiesen hätten. Ostermayer habe sich trotzdem noch im März hinter Springer gestellt. Auch die Rolle des Aufsichtsrats sei zu hinterfragen, der sicher über viele Vorgänge Bescheid wusste. Letztlich wäre das aber nur anhand der Protokolle beurteilbar, die den Abgeordneten, wie auch andere Informationen, nicht zur Verfügung gestellt wurden. Ostermayer berufe sich dabei stets auf Rechtsgutachten, wonach das Interpellationsrecht hier nicht anwendbar sei, sagte Zinggl, es gebe aber auch andere Auslegungen des Gesetzes. Jedenfalls sei es unumgänglich, das Interpellationsrecht auszuweiten, denn hätte der Nationalrat frühzeitig die notwendigen Informationen erhalten, hätte sicherlich viel Schaden abgewendet werden können.

Auch Ausschussvorsitzende Beate Meinl-Reisinger (N) schloss sich der Meinung an, es sei zu spät reagiert worden, insbesondere was die Überprüfung der Holding und die Rolle von Holding-Chef Georg Springer betreffe. Meinl-Reisinger hinterfragte die grundsätzliche Haltung der Holding, die ihrer Meinung nach stets, anstatt auf einen effektiven Einsatz der Budgetmittel zu drängen, auf die "Befüllung des Bankomaten" in Form der Basisabgeltung gewartet habe, kritisierte sie. Letztlich sei im Kulturbudget die Tendenz erkennbar, die großen Kulturinstitutionen abzusichern, was letztlich zu Lasten von kleinen Initiativen und Theatern gehe.

Für die FPÖ-Abgeordneten Wendelin Mölzer und Walter Rosenkranz ist das System der Kulturförderungen insgesamt zu wenig transparent. Doppelförderungen ließen sich bei Einsatz der Transparenzdatenbank besser vermeiden, argumentierten sie. Für die Vergaben von Förderungen in Jurys seien oft dieselben Personen zuständig, die selbst Subventionsempfänger sind. Rosenkranz wollte wissen, ob tatsächlich daran gedacht sei, Georg Springer in beratender Position bei der Umgestaltung der Holding heranzuziehen.

Kulturminister Josef Ostermayer verteidigte sein Vorgehen im Fall der Bundestheater-Holding. Er gehe stets davon aus, dass es gelte, rational vorzugehen, nicht darin, ein großes "Köpferollen" zu veranstalten, auch wenn er dafür vielleicht rasch den Applaus der Öffentlichkeit erhalten hätte. Ostermayer wies alle Vorwürfe zurück, dass er sich ungerechtfertigter Weise hinter Springer oder andere Personen gestellt habe oder ihnen ein "uneingeschränktes Vertrauen" ausgesprochen hätte. Er habe auch sicher keinen Einfluss auf das Ergebnis von Gutachten genommen, etwa im Fall von Rechtsanwalt Thomas Angermair, und er schütze sicher keine Personen aufgrund eines Naheverhältnisses zur SPÖ, hielt Ostermayer Abgeordnetem Zinggl entgegen. Er gehe immer davon aus, dass jemand Vertrauen verdiene, solange das Gegenteil nicht erwiesen sei, stellt Ostermayer fest. Das habe für Springer gegolten, wie es auch für die Aufsichtsräte gelte.

Seine Entscheidungen treffe er auf Grundlage der bekannten Fakten und der gesetzlichen Lage, das gelte auch für die Anwendung des Interpellationsrechts. Er halte sich hier an die Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts, unterstrich der Minister.

Ex-Holding-Chef Springer befinde sich nicht in seinem Beraterstab. Wenn dieser jedoch bereit sei, Fragen zu beantworten und über Vorgänge in der Vergangenheit Auskunft zu geben, werde er das aber nicht ablehnen und das Wissen nützen, stellte Ostermayer gegenüber Abgeordnetem Rosenkranz klar. Er habe auch keine Abfertigung erhalten, teilte er Zinggl mit.

Eine Tendenz, dass im Kulturbudget die Großen zulasten der Kleinen bevorzugt würden, sehe er nicht, hielt der Kulturminister gegenüber Abgeordneter Meinl-Reisinger fest. Das sei auch unter seiner Vorgängerin Claudia Schmied nicht der Fall gewesen. Dieser Aussage widersprach Zinggl vehement. Es sei klar, dass die Budgets der großen Institutionen zumindest inflationsgesichert seien, während kleine Theater und Kultureinrichtungen im Grunde unterhalb des Existenzminimums agierten und keine angemessene Bezahlung ihrer MitarbeiterInnen garantieren könnten. Zum Thema Förderungen meinte Ostermayer, die Transparenzdatenbank allein verhindere sicher keine Doppelförderungen. Wo es solche gebe, beruhten sie auf gewachsenen Verpflichtungen des Bundes. Er stellte aber auch klar, dass der Bund in der derzeitigen Budgetlage nicht dort einspringen könne, wo Länder und Gemeinden sich zurückziehen. Die Besetzung von Jurys mit Personen, die auch selber gefördert werden, sei im Kunstbereich mehr oder weniger unvermeidlich, meinte er. Es werde aber darauf geachtet, dass niemand in Bereichen eingesetzt werde, wo eine Befangenheit bestehe.

Festplattenabgabe muss noch letzte Hürden überwinden

Neben dem Hauptthema Bundestheater wurden von den Abgeordneten noch eine Reihe anderer Themen angesprochen. Die Filmförderung sei massiv ausgeweitet worden und man habe damit gute Erfolge erzielt, sagte Ostermayer zu Abgeordneter Elisabeth Hakel (S). Im Sinne des Gender-Budgetings weise der Bericht detailliert aus, wie sich die Kunstförderungen auf Männer und Frauen verteilen, hielt er auf Fragen von Abgeordneter Gisela Wurm (S) fest.

Zur Förderung des Zugangs von Kindern und Jugendlichen zu Kunst und Kultur setze neben dem Bildungsministerium auch sein Ressort eine Reihe von Maßnahmen, informierte er Abgeordneten Georg Strasser (V). Als besonders erfolgreich erweise sich der freie Zugang zu den Bundesmuseen bis 19 Jahren. Die Anregung von Abgeordneter Maria Fekter (V), im Kunstbericht künftig auch Kulturförderung im Ausland zu berücksichtigen, beantwortete der Kulturminister mit dem Hinweis, dass er darüber im Gespräch mit dem Außenministerium sei. Was die von Abgeordnetem Marcus Franz (T) und auch von Wolfgang Zinggl angesprochene Festplattenabgabe betrifft, so obliege die Ausarbeitung des Gesetzes dazu dem Justizminister, mit dem er in ständigem Gespräch sei. Es gebe noch einige Hürden zu überwinden, er sei aber sicher, dass dies bald gelinge. Ein Vergleich mit anderen Staaten in Europa zeige, dass es in vielen Staaten, etwa in Deutschland, bereits Abgaben auf Speichermedien gebe, ohne dass dort ein Problem gesehen werde, sagte Ostermayer. Eine Regelung über einen Aufschlag auf die GIS oder die Breitbandabgabe werde jedenfalls nicht funktionieren, meinte er.

Oppositionsanträge zu Bundestheatern einstweilen vertagt

Auf der Agenda des Kulturausschusses standen zudem vier Oppositionsanträge, die als Konsequenz für die Entwicklungen bei den Bundestheatern zu sehen sind.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) fordert eine Ausweitung des parlamentarischen Interpellationsrechts auf Tochterunternehmen von im Bundesbesitz befindlichen Gesellschaften, insbesondere im Bereich der Bundestheater (241/A(E)). Die Möglichkeit des Parlaments, von den zuständigen Ministerien Auskünfte über staatsnahe Unternehmen zu erhalten, werde durch zwischengeschaltete Holding-Konstruktionen ausgehebelt, vor allem den Tochtergesellschaften der zu 100 % in Bundesbesitz befindlichen Bundestheater-Holding (Burgtheater GmbH, Staatsoper GmbH, Volksoper GmbH und ART for ART Theaterservice GmbH), kritisiert Zinggl.

FPÖ-Abgeordneter Walter Rosenkranz will eine Auflösung der Bundestheater-Holding GmbH und die Übertragung der Aufsicht über die Bundestheater des BMKKV (432/A(E)). Die Holding unter Geschäftsführer Georg Springer sei ihren Verpflichtungen nur unzureichend nachgekommen, wie das Desaster rund um das Burgtheater gezeigt habe, und erfülle die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht. Die Bundestheater-Holding GmbH sei daher aufzulösen, der Bund müsse wieder die 100%-Eigentümerschaft über die Tochtergesellschaften übernehmen, fordert Rosenkranz. In diesem Zusammenhang hatte Rosenkranz schon früher eine Aussetzung von Gehaltserhöhungen für "hochdotierte Kulturmanager", also Geschäftsführer und Vorstände bei den fünf Gesellschaften im Kulturbereich, die sich direkt oder indirekt im Besitz der Republik Österreich befinden, gefordert(182/A(E)). Das müssten die Konsequenzen aus der "Misswirtschaft" für sein, meinte er.

NEOS-Kultursprecherin Beate Meinl-Reisinger sprach sich für sofortige Einsetzung einer/eines in Sanierungsfällen und Change-Managementerfahrenen interimistischen Geschäftsführerin/Geschäftsführers der Bundestheater-Holding (528/A(E)) aus. Diese Person sollte aber bisher in keinem Naheverhältnis zur Holding gestanden haben.

Die vier Entschließungsanträge der Opposition wurden mit den Stimmen der SPÖ und ÖVP unter anderem mit Verweis auf das anstehende Informationsfreiheitsgesetz und angekündigte Strukturreformen innerhalb der Bundestheater-Holding vertagt.

Ausschuss-Schwerpunkt im September: Faire Arbeitsverhältnisse für österreichische KünstlerInnen

Der Kulturausschuss will sich nach dem Sommer verstärkt mit den Arbeitsverhältnissen der österreichischen Kunst- und Kulturschaffenden auseinandersetzen. Darauf hat er sich heute in der Debatte über einen entsprechenden Antrag der NEOS geeinigt. Abgeordnete Beate Meinl-Reisinger fordert darin eine Selbstverpflichtung der Kulturbetriebe für faire Arbeitsverhältnisse (530/A(E)). Sie soll zumindest bei den Institutionen, die vom Bund gefördert werden, gelten, die Basis der Vereinbarung soll eine umfassende Erhebung über die derzeitige Situation der Kulturschaffenden bieten. Subventionen sollen künftig an die Einhaltung dieser Selbstverpflichtung gekoppelt werden, geht es nach den NEOS.

Meinl-Reisinger machte auf die Initiative "artbutfair" aufmerksam, die derzeit eine Selbstverpflichtung für unterschiedliche Akteure des Kunst- und Kulturschaffens erarbeitet. Es sei eine wichtige Initiative, KünstlerInnen in ihrer Rolle zu stärken. Sie sah die Aussicht auf intensive Diskussionen im September positiv und meinte, man müsse sich zudem das Förderwesen kritisch ansehen. Als durchaus sinnvoll wertete auch Walter Rosenkranz (F) den NEOS-Antrag, wobei der entscheidende Punkt für ihn darin liegt, Subventionen an die Einhaltung der Selbstverpflichtung zu koppeln. Wo staatliches Geld reinfließe, sollten prekäre Bedingungen vermieden werden, sagte er. Von Seiten der SPÖ merkte Ulrike Königsberger-Ludwig an, dass es wichtig sei, über Arbeitsverhältnisse der österreichischen Kunstschaffenden zu sprechen. Die Aspekte des Antrags seien aber differenziert zu debattieren. Das werde im nächsten Kulturausschuss im September passieren, stellte sie in Aussicht. Für eine intensivere Auseinandersetzung hinsichtlich prekärer Arbeitsverhältnisse sprach sich auch Maria Fekter (V) aus, die im Zusammenhang mit einer im Dezember veröffentlichten Studie über die soziale Lage der Künstler und KünstlerInnen in Österreich auf die schwierige Grenzziehung zwischen Ehrenamtlichkeit und schlechter Bezahlung im Kultur- und Kunstbereich hinwies.

FPÖ will mehr deutschsprachige Musik im ORF

Für eine gesetzliche Regelung, die den ORF verpflichtet, auf seinen Kanälen einen Anteil von zumindest 40 % deutschsprachiger Musik zu präsentieren, spricht sich die FPÖ aus (433/A(E)). Diese Quote müsse vor allem für Ö3 und Radio Wien gelten. Die Selbstverpflichtung des ORF zur Einhaltung einer Musikcharta sei gescheitert, daher müsse eine verbindliche Quotenregelung eingeführt werden. Der Antrag wurde im Kulturausschuss mit den Stimmen der SPÖ und ÖVP vertagt.

Als problematisch erachteten es die übrigen Fraktionen, eine Quote nicht für österreichische, sondern deutschsprachige Musik zu fordern. Elisabeth Hakel (S) meinte, das sei keine Forderung der österreichischen Musikschaffenden, denn es gebe viele MusikerInnen in Österreich, die auch auf englisch singen. Gespräche zwischen dem ORF und der österreichischen Musikwirtschaft würden bereits stattfinden, versicherte Hakel ferner. In diese Argumentation reihte sich auch Harald Walser (G) ein. Österreichische MusikerInnen seien zu fördern, würden jedoch nicht nur auf deutsch oder englisch, sondern auch in anderen Sprachen wie kroatisch oder slowenisch singen, sagte er. Der Antrag gehe deswegen in die falsche Richtung. Auch Beate Meinl-Reisinger (N) erteilte dem FPÖ-Antrag eine Absage. Wichtig sei es, den ORF zu entpolitisieren, sagte sie. Sie sehe es nicht als Auftrag der Politik an, sich "Sendungen zu bestellen". Trotzdem müsse man etwas für die österreichische Musik tun. Dem entgegnete Katharina Kucharowits (S), es gehe keinesfalls darum, dass die Politik entscheidet, was gesendet werden soll, sondern darum, österreichischen KünstlerInnen eine öffentliche Plattform zu geben.

Man habe im Hinblick auf die Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht auf deutschsprachige Musik gesetzt, argumentierte Wendelin Mölzer (F) gegenüber seinen AusschusskollegInnen. Es sei an der Zeit, einen symbolischen Akt zu setzen, um Verantwortliche beim ORF zu Taten zu bewegen, sagte er. Auf die Frage von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G) sowie Walter Rosenkranz (F), ob das Radiosymphonieorchester (RSO) aktuell in Gefahr sei, sagte Ostermayer, dass er keine diesbezüglichen Informationen habe. (Schluss) sox/keg

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